Einführung in die romanische Sprachwissenschaft VIIc - UK

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Einführung in die
romanischeSprachwissenschaft
VIIc/VIII
23./30.11.2010
1
Syntax
Algemeines
2
Syntax
 Untersuchungsgegenstand
 Die Syntax (gr. σύνταξις < σύν ‚zusammen‘ + ταξις
‚Ordnung‘) ist ein Teilbereich der Grammatik und
beschäftigt mit dem Bau und der Gliederung von
Sätzen im System einer Sprache.
 Syntaktische Phänomene können aus einem
deskriptiven und einem theoretischen
Blickwinkel betrachtet werden.
3
Syntax
 Das Prinzip der Kongruenz (Beisp.)
 Erst die formale Übereinstimmung (verbale
Kongruenz) von Subjekt und Prädikat verwandelt
die Wortreihe Lorenzo – studiare – Storia
dell’arte in einen wohlgeformten italienischen
Satz:
 Lorenzo studia Storia dell’arte
 Vgl. ebenso
 L. estudia História del Arte
 L. estuda História da Arte
 L. étudie l‘Histoire de l‘Art
 L. studiert Kunstgeschichte’.
4
Syntax
 Das Prinzip der Kongruenz (Beisp.)
 Neben der verbalen Kongruenz gibt es auch eine
nominale
 i nuovi libri
 los nuevos libros
 os novos livros
 etc.
 sowie eine prädikative
 lui è italiano; lei è italiana
 il est français; elle est française
 etc.
5
Syntax
 Der Hauptgegenstand der Syntax ist der Satz,
den man als Wortfolge einer aus mehreren
Wörtern bestehende sprachliche Einheit
definieren kann, die eine Aussage, Frage oder
Aufforderung enthält.
 Traditionellerweise wird zwischen einfachem
und zusammengesetztem Satz unterschieden.
6
Syntax
 EINFACHE SÄTZE
 Es handelt sich hierbei um Sätze, denen ein
einziges Verb (Prädikat) zugrunde liegt, welches
in finiter Form auftritt (z.B. Lorenzo legge un
libro).
 Hierunter fallen auch Sätze, in denen ein
Modalverb mit einem Verb im Infinitiv
kombiniert wird (z.B. Lorenzo vuole leggere tutto
il libro oggi pomeriggio).
 Ein einfacher Satz besteht also stets aus einem
ein- oder mehrteiligen Prädikat.
7
Syntax
 ZUSAMMENGESETZTE SÄTZE
 Unter einem zusammengesetzten Satz hingegen
ist ein Satz zu verstehen, in dem mehr als ein
finites Verb vorkommt und sich aus Teilsätzen
zusammensetzt.
8
Syntax
 ZUSAMMENGESETZTE SÄTZE
 Wenn die Teilsätze eines zusammengesetzten
Satzes gleichgeordnet sind, werden sie als
Hauptsätze definiert (z.B. Lorenzo guarda la TV
e Tiberio guarda dalla finestra).
 Den gesamten Satz bezeichnet man als Parataxe.
9
Syntax
 ZUSAMMENGESETZTE SÄTZE
 Im Falle einer Über- und Unterordnung spricht man
von Hypotaxe, wobei ein Teilsatz als Hauptsatz
fungiert, der andere als Nebensatz.
 Letzterer dient einer näheren Bestimmung des
Hauptsatzes (z.B. Lorenzo, che è un vero e proprio
topo di biblioteca, vuole leggere tutto il libro oggi
pomeriggio).
 Nebensätze lassen sich semantisch in Kausal-,
Konditional-, Final-, Konsekutiv-, Konzessiv-,
Adversativ-, Temporal- und Modalsätze
untergliedern.
10
Syntax
 Der Satz ist nicht nur eine grammatisch-
syntaktische Größe, sondern auch eine
pragmatisch kommunikative und kann somit als
kleinste selbständige, in sich abgeschlossene
Sinneinheit der Rede bezeichnet werden, die
im Rahmen eines kommunikativen
Handlungszusammenhangs geäußert wird.
 Um kommunikativ wirksam zu sein, muss das
Prinzip der Grammatikalität sowie der
Akzeptabilität gewährleistet sein.
11
Syntax
 Die Grammatikalität wird beispielsweise
verletzt, wenn die Wörter in der falschen
Reihenfolge erscheinen (z.B. *la mangia mucca
l’erba oder *l’erba mangiata viene mucca dalla).
Zur grammatikalischen Korrektheit gehört
nicht nur die Wortstellung, sondern auch deren
Kongruenz.
12
Syntax
 Oder anders ausgedückt, die Form eines Wortes
steht in direkter Abhängigkeit von der Form
anderer Wörter.
 So erfordert der Singular des Subjekts la mucca
die dritte Person Singular des Prädikats (mangia).
 Grammatisch einwandfreien Sätzen kann es aus
semantischen oder sachbedingten Gründen dennoch
an Akzeptabilität fehlen (z.B. *l’erba mangia la
mucca oder *la mucca viene mangiata dall‘erba).
13
Syntax
 Der Klassifikation in Satzarten liegt die
emotionale und kommunikative Einstellung des
Sprechers gegenüber dem im Satz geäußerten
Sachverhalt zugrunde.
 Es werden für gewöhnlich





Aussagesätze (Deklarativsätze),
Fragesätze (Interrogativsätze),
Aufforderungssätze (Imperativsätze),
Wunschsätze (Optativsätze) sowie
Ausrufesätze (Exklamativsätze)
 unterschieden.
14
Syntax
 Die besondere Aufmerksamkeit gilt der
Wortstellung innerhalb des Aussagesatzes in
Bezug auf die Anordnung von Subjekt, Objekt
und Prädikat.
 Diese Anordnung basiert auf bestimmten
Regeln, die wiederum in der Grammatik fixiert
sind und auf den Verlust der lateinischen
Kasusendungen zurückgeführt werden können.
15
Syntax
 Alle natürlichen Sprachen lassen sich typologisch
nach der normalen Anordnung von Subjekt, Objekt
und Prädikat in einem aus diesen drei Bestandteilen
bestehenden Aussagesatz einteilen.
 Die romanischen Sprachen gehören zu den
sogenannten SPO-Sprachen (mit der Folge Subjekt
– Prädikat – Objekt):
 Il gatto (S) mangia (P) il topo (O)
 El gato (S) come (P) el ratón (O)
 O gato (S) come (P) o rato (O)
 Le chat (S) mange (P) le souris (O)
16
Syntax
 Vgl. hierzu das Lateinische
 CATTUS EDIT MURUM
 MURUM EDIT CATTUS
 CATTUS MURUM EDIT
 MURUM CATTUS EDIT
 EDIT CATTUS MURUM
 EDIT MURUM CATTUS
17
Die Syntax im Rahmen
linguistischer Grammatiktheorien
Dependenz- und Valenztheorie
18
Die Syntax im Rahmen
linguistischer Grammatiktheorien
 Dependenz- und Valenzgrammatik
 Die Dependenz- und Valenzgrammatik wurde
von dem französischen Sprachwissenschaftler
Lucien Tesnière (1893-1954) entwickelt und
durch dessen posthum erschienenes Werk
Eléments de syntaxe structurale (1959)
international bekannt.
 Sie spezifiziert die fakultativen und
obligatorischen Ergänzungen der lexikalischen
Einheiten, die in einem Satz auftreten.
 Für Tesnière ist „structural“ identisch „Syntax“.
19
Die Syntax im Rahmen
linguistischer Grammatiktheorien
 Im Modell der Dependenzgrammatik wird die
hierarchische Struktur von Sätzen in
Abhängigkeit vom Verb beschrieben. Gemäß
seiner Valenz, d.h. seiner Wertigkeit, verlangt
das Verb eine gewisse Zahl von Ergänzungen.
 Die Ergänzungen werden von Tesnière in
 Aktanten (frz. actants),
 Zirkumstanten (frz. circonstances)
 und Indices (frz. index)
 eingeteilt.
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Die Syntax im Rahmen
linguistischer Grammatiktheorien
 Der Terminus Valenz ist aus der Chemie
entlehnt.
 Nach der Anzahl der Leerstellen eines Verbs
unterscheidet man zwischen:
21

Nullwertig
(0)
il pleut
(0-V)

Einwertig
(1)
Alfred frappe Bernard
(N-V)

Zweiwertig
(2)
Alfred donne aux pauvres
(N-V-N)

Dreiwertig
(3)
Alfred donne le livre à Charles
(N-V-N-P-N)
Die Syntax im Rahmen
linguistischer Grammatiktheorien
 Aktanten
 Unter Aktanten sind alle durch Substantive oder Pronomina zum
Ausdruck gebrachte Wesen, Gegenstände oder Sachverhalte zu
verstehen, die aktiv oder passiv an dem vom Verb angegebenen
Vorgang (frz. procès) beteiligt sind.
 Aktanten entsprechen in traditioneller Terminologie dem Subjekt
sowie dem direkten und indirekten Objekt.
 Tesnière unterscheidet drei Arten von Aktanten, und zwar
Erstaktant, Zweitaktant und Drittaktant (frz. prime actant,
second actant, tiers actant), die im Großen und Ganzen den
traditionellen Fällen Nominativ, Akkusativ und Dativ entsprechen:

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Die Syntax im Rahmen
linguistischer Grammatiktheorien
 Erstaktant = Subjekt
 Francesco dorme.
 F. dort.
 F. duerme.
 Zweitaktant = direktes Objekt
 Lorenzo cerca il suo libro.
 L. cherche son livre.
 L. busca su libro.
 Drittaktant = indirektes Objekt
 Marco regala un libro al suo amico.
 M. donne un livre à son ami.
 M. regala un libro a su amigo.
23
Die Syntax im Rahmen
linguistischer Grammatiktheorien
 Zirkumstanten
 Zirkumstanten sind Umstandsangaben, d.h.
Adverbien oder adverbiale Bestimmungen:
 Modale Adverbien
Luigi corre come un pazzo.
 Temporale Adverbien
 Carlo non torna prima di sabato prossimo.
 Ort oder Richtung
 Lorenzo va a teatro.
 Prädikatsnomen
 Maurizio è medico.

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Die Syntax im Rahmen
linguistischer Grammatiktheorien
 Die Indices sind dem Verb indirekt
untergeordnet, denn sie stehen in einem
direkten Abhängigkeitsverhältnis zu Aktanten
und Zirkumstanten.
 Zu dieser Kategorie gehören beispielsweise
Artikel, Demonstrativa, Possessiva und
Adjektive.
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Die Syntax im Rahmen
linguistischer Grammatiktheorien
 Die Repräsentation der Struktur eines Satzes
geschieht bei Tesnière im STEMMA.
 Le signal vert indique la voie libre.
indique
signal
le
26
voie
vert
la
libre
H.-M. Gauger / W. Oesterreicher / R. Windisch: Einführung in die
Romanische Sprachwissenschaft. Darmstadt 1981, S. 224-240.
Generative Syntax
27
Generative Syntax
 In der generativen Syntax wird von der
kognitiven Fähigkeit zur Anwendung von
rekursiven Regeln ausgegangen.
 Dabei können mit einem einfachen Grundgerüst
von Regeln mit einem begrenzten Inventar
unendlich viele Strukturen.
28
Generative Syntax
 Sätze bestehen nicht aus Wörten, sondern aus




29
KONSTITUENTEN
Die Konstituenten werden durch schrittweise
Zweiteilung des Satzes ermittelt.
Die Wörter, die am Ende der letzten Verzweigung
stehen, werden TERMINALE SYMBOLE genannt.
Der Punkt, an dem die zwei Verästelungen beginnen
bzw. Zusammenlaufen werden als KNOTEN
bezeichnet.
Die jeweils von einem Knoten dominierten Elemente
werden als KONSTITUENTEN bezeichnet.
Generativistik – das Prinzip der
Strukturabhängigkeit
S = Satz
NP = Nominalphrase
VP = Verbalphrase
Det = Artikel
N = Nomen
V = Verb
Die Darstellung mit Hilfe eines Baumdiagramms
S
ZWEIGE
KNOTEN
NP
Det
N
VP
V
NP
Det
30
Il
El
A
L‘
bambino
niño
criança
enfant
compra
compra
compra
achète
un
un
un
une
N
gelato
helado
gelado
glace
Generativistik- Syntaktische
Prozesse
 Syntaktische Prozesse
 Syntaktische Prozesse betreffen nur
Konstituenten (Syntagmen), niemals Wortketten.
 Für die Identifizierung von Konstituenten gibt es
mehrere Möglichkeiten.
 Hierzu gehören folgende Bereiche…
31
Generativistik- Syntaktische
Prozesse
 Topikalisierung
 die Voranstellung von Konstituenten aus Gründen der
besonderen Hervorhebung:
 A Paris, je vais souvent
*Paris je vai souvent à
 A Roma vado spesso
 *Roma vado spesso a
 A Madrid voy a menudo
 *Madrid voy a menudo a
 A Lisboa vou frequentemente
 *Lisboa vou frequentemente à

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Generativistik- Syntaktische
Prozesse
 Koordination
 ist nur in Bezug auf Konstituenten möglich:
 Je mange une pomme et une cerise
*Je mange une et une cerise
 Mangio una mela e una ciliegia
 *Mangio una e una ciliegia
 Como una manzana y una cereza
 *Como una y una cereza
 Como uma maça
e uma cereja
 *Como uma e uma cereja

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Generativistik- Syntaktische
Prozesse
 Parenthese
 Parenthetische Ausdrücke (z.B. je crois, credo, creo,
creio) können nur an den Grenzen zwischen einzelnen
Konstituenten eingeschoben werden:
 Marie va – je crois – à Paris
*Marie va à – je crois Paris
 Maria va – credo – a Roma
 *Maria va a – credo – Roma
 María va – creo – a Madrid
 *María va a – creo – Madrid
 A Maria vai – creio – a Lisboa
 *A Maria vai a – creio – Lisboa

34
Generativistik- Syntaktische
Prozesse
 Pronominalisierung
 nur bei Konstituenten möglich:
 Marie voit une fille et Jean la voit aussi.
 Maria vede una ragazza e anche Gianni la vede
 María ve una muchacha y Juan la ve también
 A Maria vê uma rapariga e o Joao vê-a também
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Generativistik – das Prinzip der
Strukturabhängigkeit
Synthetische Verbformen
NP
S
INFL
VP
V
Tu
(Tu)
(Tú)
(Tu)
36
INFL
= engl. inflexion
Person, Numerus,
Tempus
-s
-i
-es
-es
mangemangcomcom-
NP
la pomme
la mela
la manzana
a maça
Außerhalb der Verbalphrase
Generativistik – das Prinzip der
Strukturabhängigkeit
 Die syntaktische Kategorie INFLEXION
(INFL)
 Die syntaktische Kategorie INFL ist nicht nur
für synthetische Tempora anzunehmen, sondern
auch für analytische Tempusformen und
Modalkonstruktionen.
37
Generativistik – das Prinzip der
Strukturabhängigkeit
Analytische Verbformen
NP
S
INFL
VP
Vaux
Vous
(Voi)
(Vosotros)
38
-ez
-ete
-éis
Vpart
NP
av- mangé la pomme
av- mangiato la mela
hab- comido la manzana
Es geht nun weiter mit dem Thema
SEMANTIK…
39
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