Politikfeldanalysen Referenten: Catharina Müller, Fabian Koehler, Stefan Heine, Kai Barthel, Maik Schindler Gliederung: 1.) Definition Politikfeldanalyse 2.) Politikinhalte als abhängige Variable 3.) Politikinhalte als unabhängige Variable 4. )Bedeutung und Probleme der Policy-Forschung für den Vergleich 5.) Methoden in der Politikfeldanalyse 1.) Definition: Politikfeldanalyse wird auch Policy-Analyse genannt Kurze Wiederholung: Polity (Strukturen und konstitutive Normen) Politics (Analyse politischer Prozesse) Policy (Planung, Durchführung und Überprüfung konkreter politischer Aufgabendefinitionen) Fragt nach den Inhalten der Politik und deren Zustandekommen und rückt die inhaltliche Dimension von Politik in den Mittelpunkt der Betrachtung Befasst sich mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden einzelner Politikfelder und versucht diese zu erklären 1. Wie haben sich Politikinhalte entwickelt? 2. Wie verändern sich Politikinhalte im politischen Prozess? 3. Welche Auswirkungen rufen Politikinhalte hervor 2.) POLITIKINHALTE ALS ABHÄNGIGE VARIABLE Forschungsgeschichtlicher Überblick 1. Phase Methodologisch: Fokussierung auf Input- Output Korrelationen Ideengeschichtlich: Konvergenz-, Modernisierungs- und Kapitalismustheorie „Does politics matter?“ 2. Phase Erweiterung des Spektrums der Variablenanalyse „Wie groß ist die relative Erklärungskraft, die politische und sozioökonomische Variablen zur Erklärung von policies beitragen?“ 3. Phase • Erweiterung des Input-Output Modells -> Mit Einbeziehung intervenierender politischer Variablen und der Handlungszwänge politischer Prozesse • „Auf welche Weise und im Rahmen welcher Handlungszwänge und –grenzen macht Politik im Sinne von polity und politics einen Unterschied für die Inhalte politischer Entscheidungsprozesse (policy)?“ 4. Phase Erweiterung des Feldes der Ursachenforschung „Inwieweit werden nationalstaatliche Entscheidungsprozesse (policies) durch Einflüsse der Internationalisierung und Europäisierung geprägt?“ 3.) Politikinhalt als unabhängige Variable Unabhängige Variablen: Faktoren, die zur Erklärung herangezogen werden werden für Variation der abhängigen Variable verantwortlich gemacht Bsp: Regen (unabhängige Variable) führt dazu, dass das Auto nass wird (abhängige Variabale). Zentrale Forschungsfrage: „Wie werden durch Politikinhalte die Konfliktstrukturen und Entscheidungsprozesse verändert und lassen sich entlang verschiedener Politikinhalte verschiedene Entscheidungsstrukturen herausarbeiten?“ Forschungen in diesem Bereich auf unterschiedlichen Politikfeldern vor allem auf kommunaler Ebene Ergebnis: Dominanz der Verwaltung in den Entscheidungsstrukturen Kommunale Vertretungskörperschaften meist nur noch Legitimationsbeschaffer für Verwaltungshandeln Entscheidungen lassen sich unterschiedlich durchsetzen, abhängig davon ob Politik redistributiv (umverteilend) oder regulativ ist (z.B. Auflagen, Gebote, Verbote) bei vorhandener Lobbystruktur kommt es zum „Hineinregieren“ der Lobbyisten in die Fachverwaltungen oder zu „Kumpaneien“, z.B. zwischen Unternehmen und Fachverwaltungen bei neuen Politikinhalten (z.B. Umweltschutz, Datenschutz usw.) fordern neue Gruppen Mitwirkungsansprüche → politikfeldnahe Akteure versuchen, diese Gruppen zu instrumentalisieren, um eigenen Einfluss zu erhöhen These: Staat agiert immer weniger mit Zwangsgewalt, sondern kooperiert und verhandelt → Politikinhalt beeinflusst Konfliktstrukturen und Entscheidungsprozesse 4.) Bedeutung und Probleme der Policy-Forschung für den Vergleich Bisherige Ergebnisse Notwendigkeit von Polity und Politics für den Policy-Vergleich Eigenschaften der PolicyForschung Verbindung aller drei Politikbereiche Neutralismus der Instrumente Voraussetzung eines Alltagsverständnisses der Politikfelder Problem: Komplexität der Politikfelder Theodore Lowi Vier verschiedene Grundtypen von Policies: Distributiv Redistributiv Regulativ Konstitutiv Problem Wahrnehmung der Akteure Überschneidung der Kategorien Definition der Politikbereiche Einbeziehung weiterer Kategorien Symbolische/ materielle Policy Selbstregulierung Entscheidungskosten Begünstigte Etc. Weiteres Problem Verwaltungstradition Bürokratische Tradition Stärke des Parlaments Etc. Fazit Eine Policy in verschiedenen Systemen Zwei Policies in einem System Eine Policy in einem System zu verschiedenen Zeitpunkten Sehr unterschiedliche Systeme auf eine Policy Aber vielversprechend: Wie kommen relativ gleiche Systeme auf relativ unterschiedliche Ergebnisse? Wie kommen relativ unterschiedliche Systeme auf relativ gleiche Ergebnisse? 5. Methoden in der Politikfeldanalyse Generell keine Festlegung der Policy- Forschung auf einzelne Methoden; Auswahl aus einem großen Methoden-Pool ideales, aber eher seltenes Vorgehen: Einsatz aller Methoden aus den einzelnen Forschungsansätzen gutes Beispiel: Stadtforschungsprogramm der Robert-Bosch-Stiftung Ende Siebziger/Anfang Achtzigerjahre, umfasste komplexes Forschungsdesign (MethodenMix) mit qualitativen und quantitativen Verfahren meist: Aggregatdaten-Analysen und Fallstudien früher meist quantitativ und makroskopisch angelegte Studien, dabei Auswertung großer Mengen von Zahlen im Output-Bereich der Politikfelder; oft im Bereich der Sozialpolitik, da viele vergleichbare Daten Problem: Rückschluss reiner Aggregatdaten auf Politikinhalte oft fragwürdig Explorative Fallstudien: dienen Präzisierung von Fragestellungen Pilotstudien: neue Problembereiche Hypothesen testende Fallstudien: setzen Problem- und Theoriewissen voraus; exemplarische Fälle oder Abweichungsanalye eines Falls Phasenweises Vorgehen: Heraussuchen sehr vieler Fallstudien (Experteninterviews, Beobachtung, Zeitungsanalyse); Systematisieren und Kategorisieren der Fallstudien; Aufarbeiten der Fallstudien mittels vergleichbarer qualitativer Erhebungsinstrumente (Dokumentenanalyse, Interviews) Allgemein wichtig ist hier die Methode der Beobachtung von politischen Schlüsselentscheidungen Praktisches Beispiel für Methodenvergleich in Policy-Feldern: Gesetzgebungsprozess zur Parteienfinanzierung 1992/1993 Zusammenwirken verschiedener Akteure brachte Gesetz, welches für Parteien und kritische Öffentlichkeit annehmbar war Gesellschaftlicher Bedarf für ein neues Gesetz wird meist unterschiedlich eingeschätzt Hier: 1992 erklärte BVG Teile des Parteiengesetzes für verfassungswidrig Expertenkommission erarbeitete Vorschlag, Mehrheit des Bundestags stimmte zu Wichtig: zahlreiche Kommunikationszusammenhänge (Netzwerke) und Politikbühnen (Arenen) als informelle Beteiligte und zusätzliche politische Schauplätze Akteure in Arenen machen ihre Vorstellungen und ihren Einfluss geltend; Voraussetzung für annehmbares Politikergebnis Bild: Drehbühne mit heller öffentlicher und dunkler nicht-öffentlicher Seite Formelle Akteure (Institutionen der Gesetzgebung) und informelle Akteure (Wissenschaftler, Schatzmeister) Viele aktuelle Probleme haben lange Geschichte und entspringen aus Entscheidungen der Vergangenheit Drei Phasen: Vorentscheidung, Entscheidungsphase, Politikergebnis Phasen können unterschiedlich stark strukturiert sein Quellen: Naßmacher, Hiltrud (1991): Vergleichende Politikforschung. Eine Einführung in Probleme und Methoden, Opladen, Kap. 8 Politikfeldanalysen, S. 167187 Naßmacher, Hiltrud (1995): Parteienfinanzierung: Ein Gesetz entsteht, in: Einblicke Nr. 22/ 1995 (Forschungsmagazin der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg) http://www.unioldenburg.de/presse/einblicke/22/finanz.htm Berg-Schlosser, Dirk/ Müller-Rommel, Ferdinand, Vergleichende Politikwissenschaft, 4. überarb. Und erw. Aufl., Opladen, 2003, S. 261-268