Medizinisches Thema Herzinsuffizienz 1 Herzinsuffizienz in der Praxis 1. Definition Herzinsuffizienz 2. Ursachen 3. Diagnostik + Symptome 4. Grundlagen der Behandlung (nicht-medikamentöse/medikamentöse Therapie) 5. Patientenführung/Hilfe für den Patienten 2 Einführung 3 Einführung- Herzinsuffizienz einer der häufigeren Beratungsanlässe in der allgemeinmedizinischen Praxis häufigster Grund für eine stationäre Krankenhausaufnahme 45-55 Jahre 1 Prozent betroffen 65-75 Jahre 2-5 Prozent betroffen über 80 Jahre 10 Prozent betroffen Männer zu Frauen 1,5:1 Diabetiker haben bis 6-fach erhöhtes Risiko 4 Dtsch Arztebl 2005; 102:A 592–601 Einführung- Herzinsuffizienz DEFINITION HERZINSUFFIZIENZ 5 Einführung- Herzinsuffizienz Definition Unfähigkeit der Herzens, den Körper mit ausreichend Blut und damit genügend Sauerstoff zu versorgen, um den Stoffwechsel unter Ruhe, wie unter Belastungsbedingungen zu gewährleisten (WHO 1995) Herz schafft Volumentransport nicht mehr, aufgrund verminderter Pumpfunktion gestörte Füllung Abbauprodukte werden unzureichend beseitigt 6 Einführung- Herzinsuffizienz Beschwerden: Flüssigkeitsansammlung in Lungen, Beinen, Bauchraum • kann z. B. eine Muskelschwäche hervorrufen (müde, erschöpft) • Dyspnoe (Belastungs-/Ruhedyspnoe; Orthopnoe) • Schwindel, Palpitationen und Synkopen 7 Einführung- Herzinsuffizienz Einteilung Rechtsherzinsuffizienz - eingeschränkte Pumpfunktion der re. Herzkammer, pumpt das sauerstoffarme Blut zur Lunge Linksherzinsuffizienz - eingeschränkte Pumpfunktion der linken Herzkammer, pumpt das sauerstoffreiche Blut in den Körperkreislauf/Organen (Gehirn, Leber, Nieren…) Globalherzinsuffizienz Kombination aus beiden Akute Herzinsuffizienz Chronische Herzinsuffizienz 8 Einführung- Herzinsuffizienz Funktionsstörung des Herzmuskels • diastolische Funktionsstörung (bessere Prognose) gestörte Füllung (Relaxationsprobleme) • systolische Funktionsstörung (schlechtere Prognose) verminderte Pumpfunktion (eingeschränkte Ejektionsfraktion (EF) = Auswurffraktion < 60%) 9 Einführung- Herzinsuffizienz Funktionelle Klassifikation nach NYHA1 (Treppe) (Ebene) (Sessel/Bett) 1 NYHA = New York Heart Association 10 Ursachen für Herzinsuffizienz 11 Ursachen - Herzinsuffizienz • bis 90 % Funktionsstörung des Herzmuskels • • bis 70 % KHK (mit und ohne Hypertonie) bis 20 % Hypertonie alleinig • dann Klappenerkrankungen, Entzündungen des Muskels oder der Herzhäute, Rhythmusprobleme, Noxen (z.B. Chemotherapie oder Alkohol), Miterkrankung bei Infektionen (z.B. HIV) Dtsch Arztebl 2005; 102:A 592–601 12 Ursachen - Herzinsuffizienz • Verschlechterte Kontraktionsfähigkeit • erhöhter Pumpwiderstand (arterielle Hypertonie, pulmonale Hypertonie, Aortenstenose) • erhöhtes Schlagvolumen (Aorteninsuffizienz) • Bradykardie oder Tachykardie (Abnahme des HZV (Herz-ZeitVolumen)) • Einengung des Herzens (Perikarderguss) • Herzinfarkt • erhöhter Blutbedarf des Körpers bei schwerer Allgemeinerkrankung (Pneumonie, Hyperthyreose, Anämie) • Obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom 13 Diagnostik & Symptome 14 Diagnostik- Herzinsuffizienz Anamnese Dyspnoe (Belastungsdyspnoe, Ruhedyspnoe, Orthopnoe), Leistungsabnahme, Gewichtszunahme Körperliche Untersuchung • Ödeme, pulmonale Stauung, Lebervergrößerung, Bauchwasser, Herzrasen, Einflussstauung Labor • Elektrolyte, Blutbild, Kreatinin, BNP1 Apparative Diagnostik • • EKG, Röntgen, Ultraschall von Herz und Bauch, Fahrradbelastungstest, Herzkatheteruntersuchung 1 brain natriuretic peptide: Hormon, das bei Dehnung der HK von den Herzmuskelzellen gebildet wird 15 Symptome-Herzinsuffizienz Leitsymptom Luftnot verstärkt sich oft nach dem Hinlegen (viele Kissen) Cave! nächtliche Atemnot Ursache ist Flüssigkeitseinlagerung (periphere) Ödeme (Unterschenkel, Anasarka) Wassereinlagerung (Gewichtszunahme) Lungenödem „brodelndes“ Atemgeräusch, schaumiger Auswurf, Husten Nykturie, Halsveneneinflussstauung, Angst, Kaltschweißigkeit, flacher/schneller/irregulärer Puls, Bauchwasser (Aszites), Appetitlosigkeit 16 Grundlagen der Behandlung (nicht-medikamentöse/medikamentöse Therapie) 17 Behandlung – Nicht medikamentös Therapie I sofern möglich kausale Therapie (Ursache!) 18 Blutdruck einstellen Klappenfehler beheben (Klappenersatz) KHK behandeln (Medikamente, Stent, OP) Cardiale Resynchronisation (CRT) Schrittmacher implantierbarer Cardioverter Defibrillator (ICD) Schlaf-Apnoe-Syndrom (Pulmologe/HNO) selten Kunstherz oder Transplantation Behandlung – Nicht medikamentös Therapie I HSM CRT ICD 19 Behandlung – Nicht medikamentös Therapie II nicht medikamentöse Therapie 20 Reduktion der Risikofaktoren Kochsalzreduktion, Gewichtsreduktion, Trinkmengenbegrenzung (< 2 Liter/d) Noxen vermeiden (Alkohol/Nikotin) moderates körperliches Training Vermeiden von Reisen in Höhenlagen (auch in Europa)… … oder in feucht-warmes/heißes Klima Behandlung – Nicht medikamentös Therapie III • kompensierte Herzinsuffizienz dosiertes Bewegungstraining 3- bis 5-mal/Woche für 20 bis 45 Minuten Radfahren mit einer Belastung von 40 bis 75 Prozent der max. Herzfrequenz • dekompensierte Herzinsuffizienz 21 Bettruhe und körperliche Schonung kurze Wege im Zimmer sind erlaubt Behandlung – Medikamentös • ACE-Hemmer oder AT1-Antagonisten (immer) • ß-Blocker (ab NYHA 2) • Aldosteronantagonisten/Spironolacton (ab NYHA 2) • Diuretika (bei Anzeichen von Ödemen) • Glykoside/Digitoxin (bei VHF u. Leistungsschwäche) • Antiarrhythmika (bei Arrhythmien) 22 Behandlung – Medikamentös ACE-Hemmer alle mit Endung –pril z.B. Ramipril, Enalapril, Lisinopril, Captopril, … AT1-Rezeptor Antagonisten alle mit der Endung –sartan z.B. Losartan, Valsartan, Candesartan, Olmesartan,... ß-Blocker alle mit der Endung – (o)lol z.B. Bisoprolol, Metoprolol, Carvedilol,… 23 Behandlung – Medikamentös Diuretika 24 Behandlung – Medikamentös Diuretika • Aldosteronantagonisten Spironolacton … • Kaliumsparende Diuretika Triamteren, Amilorid … • Thiaziddiuretika Hydrochlorothiazid, Indapamid, Xipamid … • Schleifendiuretika Furosemid, Torasemid … Cave: 25 Exsikkosegefahr Behandlung – Medikamentös Herzglykoside Gift des Fingerhutes oder des Maiglöckchens! Weniger Schläge, aber kraftvoll! Bewirken was? (z.B. Digitoxin, Digoxin) 26 Patientenführung / Hilfe für den Patienten 27 Patientenführung Regelmäßigen Gewichtskontrolle möglichst gleiche Uhrzeit möglichst gleiche Kleidung bzw. nackt ggf. regelmäßige RR- Kontrolle RR- Messung zeigen lassen und mit eigener Messung vergleichen ggf. Schulung Hypertonie im Rahmen DMP Anleitung zum Führen eines Protokolls 28 29 Patientenführung Laborkontrollen alle 6 – 12 Wochen (Krea, BB, Elektrolyte, HSt) Hausbesuch • • • • • • • 30 nach Bedarf oder zur Laborkontrolle Ödeme, Luftnot, Anämie, Gewicht, Appetit, Nykturie RR messen, pulsen, ggf. auskultieren (feuchte Geräusche, „leise“ Lunge) ggf. Bauchumfang oder Waden messen ggf. Flüssigkeitsbilanz wie sieht das Bett aus (Kissen, Kopfteil) Patientenführung - Standardisierte Fragen zu den Symptomen (im Vergleich zur Vorwoche) • • • • • • - 31 Ödeme – Gewicht Luftnot – bei Belastung/Ruhe (Treppe, Garten) Nykturie (zusätzliche Sturzgefahr) Angst, Beklemmungsgefühl, Schmerzen Rhythmus/Frequenz (Pulsmessung) Müdigkeit, Schwäche, Leistungsknick in Protokoll dokumentieren Spezielle Betreuung z.B. herzinsuffizienter Patienten durch das PraCMan-Programm im HzV-Vertrag Patientenhilfe Was Ruhig, entspannt und empfehle nicht unter Druck n Sie? Nicht unmittelbar nach einer schweren Mahlzeit /übermäßigem Alkohol Angenehmer, vertrauter, ungestörter Raum, nicht zu heiß oder zu kalt Sex lässt Blutdruck und Herzfrequenz steigen… „Aufwärmen“, um den Körper an die …ein systol. RR von erhöhte Aktivität zu gewöhnen 170 mmHg oder ein Puls von 130/min… Keine anstrengende Position, bei unwohl sein, kurzatmig oder müde fühlen > Pause 32 Patientenhilfe „Was dann“? Wenn Luftnot, schlafen im Sitzen, schnelle Gewichtszunahme oder Angst? Arztinformation Wenn akute Problem mit Vernichtungsangst und Angina die neu sind? Notarzt oder Rettungsdienst Bei leichter Gewichtszunahme oder zunehmenden Insuffizienzsymptomen? Abwarten, beruhigen und kurzfristige Kontrolle (3-7 Tage) im Hausbesuch oder durch Telefon 33 Patientenhilfe „Was dann“? Unverzüglich Hilfe holen wenn Folgendes eintritt: • Anhaltender Brustschmerz, der sich durch Nitro nicht bessert • Schwere u. anhaltenden Kurzatmigkeit • Ohnmachtsanfälle 34 Arzt informieren, wenn Folgendes auftritt: • Häufiges Erwachen aufgrund von Atemnot • Bedarf an mehr Kissen um gut zu schlafen • Zunehmende Kurzatmigkeit • Rasche Herzrate; sich verschlimmernde Palpitationen • Rasche Gewichtszunahme • Zunehmende Schwellung oder Schmerzen im Bauch • Zunehmende Schwellung der Beine u. Knöchel • Appetitlosigkeit/Übelkeit • Zunehmende Abgeschlagenheit • Sich verschlechternder Husten 35 Fragen… 36