I t - Universität Passau

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Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff
Universität Passau
SS 2011
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10. Zur Gültigkeit der Zinsparität
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296
Literatur
Jarchow, H.-J. und P. Rühmann (2000): S. 309-319.
Isard, P. (1995), Exchange Rate Economics, Cambridge University
Press: 74-89.
Deutsche Bundesbank, Monatsbericht, Juli 2005: 29-45.
http://www.bundesbank.de/download/volkswirtschaft/monatsberichte/2005/200507mb_bbk.pdf
Chin, M. und G. Meredith (2004), Monetary Policy and LongHorizon Uncovered Interest Parity, International Monetary Fund
Staff Papers, Vol. 51(3), S. 409-430:
http://www.ssc.wisc.edu/~mchinn/chinn_meredith_IMFSP.pdf
297
Zur Effizienz des Devisenmarkts
• Ein Finanzmarkt wird als effizient bezeichnet, wenn
der Marktpreis jederzeit alle für die Preisbildung
relevanten Informationen vollständig widerspiegelt.
• Lassen sich aufgrund verfügbarer Informationen
zusätzliche Gewinne erzielen, so wäre die
Bedingung für Markteffizienz nicht erfüllt.
• Erst wenn sich auf einem Markt ein Preis bzw. Kurs
einstellt, bei dem keine unausgenutzten
Gewinnchancen mehr bestehen, reflektiert er
sämtliche verfügbaren Informationen.
• Ein durchschnittlicher Anleger kann bei Gültigkeit
der Effizienzhypothese nicht systematisch den Markt
schlagen.
298
• Sind Marktteilnehmer risikoneutral, haben sie
homogene Erwartungen, verfügen sie über genügend
finanzielle Mittel, vernachlässigen sie
Transaktionskosten und sind sie nicht administrativ
behindert, so muss der Kassawechselkurs sich so
anpassen, dass die ungesicherte Zinsparität gilt.
• Dies impliziert, dass die in die Erwartungsbildung
über den zukünftigen Wechselkurs eingehenden
Informationen sich in dem aktuellen Wechselkurs
widerspiegeln.
• Der erwartete Wechselkurs muss aber nicht identisch
sein mit dem später sich einstellenden Kassakurs,
denn der spätere Kassakurs verändert sich mit neuen
Informationen.
299
• Rationalität bedeutet, dass alle verfügbaren
Informationen in die Bildung des erwarteten
Wechselkurses einfließen:
werw = E  wt+1 / It  .
• Der erwartete Wechselkurs wird aber abweichen von
dem sich später tatsächlich einstellenden Kassakurs,
wenn zwischenzeitlich unvorhersehbare und damit
neue Informationen auftreten. Diese bewirken einen
seriell nicht-korrelierten Zufallsterm, ut, mit
Erwartungswert Null
wt+1 = werw +ut+1 .
• Damit bleibt der erwartete Wechselkurs ein unverfälschter Schätzer des zukünftigen Kassakurses.
300
• Dieser erwartete Wechselkurs wird sich auch als
Terminkurs einstellen. Daher folgt dann:
i  ia wt 1  ut 1  w
=
1+ia
w
• Graphisch lässt sich dies durch eine horizontal
verlaufende SHT-Kurve darstellen, da
Terminspekulanten hier keine Risikoprämie nehmen.
• Diese schneidet die Ordinate bei werw.
• In diesem Fall muss dann (im Durchschnitt) die UIP
gelten. Marktteilnehmern ist es dann nicht möglich,
durch currency carry trades höhere Renditen zu
erzielen.
301
• Ein solcher Kurvenverlauf impliziert, dass der
Terminkurs wT nicht auf Änderungen der Zinssätze
reagiert und in voller Höhe auf Änderungen des
erwarteten Wechselkurses.
• Der Kassakurs reagiert in voller Höhe auf
Änderungen des erwarteten Wechselkurses und
gemäß angegebener Gleichung auf Zinsänderungen.
• Eine Zinserhöhung im Inland (Ausland) müsste den
Kassakurs sinken (steigen) lassen.
• Empirische Schätzungen der
Wechselkursänderungsrate mit der Zinsdifferenz als
abhängiger Variable, also der UIP mit rationaler
Erwartungsbildung, bestätigen diese Gleichung aber
zumeist nicht. Wie kann dies erklärt werden?
302
1. Risikoprämien
• Im letzten Kapitel hatten wir Risikoprämien als
Begründung dafür angeführt, dass ein Anstieg des
erwarteten Wechselkurses nur zu einem
unterproportionalen Anstieg des Terminkurses führt
und ein Anstieg der Zinsdifferenz den Kassakurs
nur unterproportional beeinflusst.
• Diese Argumente legen für die Regression einen
geringeren Einfluss der Zinsdifferenz nahe.
• Risikoprämien dienen nur als ein Grund unter
vielen für ein Versagen der empirischen Schätzung
der UIP. Vier weitere Gründe werden wir im
Folgenden kennen lernen.
303
2. Peso-Problem
• Der mexikanische Peso war seit 1954 fest an den
US-Dollar gekoppelt. Allerdings lag der Zinssatz in
Mexiko während dieser Zeit stetig über demjenigen
vergleichbarer Dollar-Einlagen.
• Hierbei bestanden somit Arbitragemöglichkeiten:
Eine Verschuldung in den USA und Anlage in
Mexiko versprach Gewinnmöglichkeiten, da der
Kredit zum gleichen Wechselkurs getilgt werden
konnte.
• Die UIP war damit verletzt.
304
• Analog hierzu wurde der mexikanische Peso per
Termin lange mit einem Abschlag gehandelt,
obwohl er nicht (oder erst viel später, nämlich
1976) tatsächlich abwertete.
• Die Markterwartungen waren hierbei ex-ante
rational.
• Aus den ex-post erhobenen Daten lässt sich diese
Rationalität aber nicht ablesen.
• Da die befürchtete Abwertung des Peso (Dollarkurs
steigt) lange Jahre nicht erfolgte, ist der Terminkurs
(Peso pro Dollar), zumindest während eines
beschränkten Zeitraums der Datenerhebung, ein
verfälschter Prädiktor des zukünftigen Kassakurses.
305
• Wir betrachten den Zinssatz i für Mexiko und ia für
die USA. Hieraus folgt:
•
i  ia
0
1+ia
Dies lässt wt 1  ut 1  w  0 erwarten, im Schnitt eine
Aufwertung des Dollar.
• Der erwartete Wechselkurs setzt sich zusammen aus
dem fixierten Wechselkurs, w, multipliziert mit der
Wahrscheinlichkeit von dessen Beibehaltung (1-p),
und einem flexiblen Wechselkurs, wflex, im Falle der
Aufgabe des Festkursregimes, multipliziert mit der
entsprechenden Wahrscheinlichkeit:
werw  wt 1  ut 1  1  p  w  pw flex
306
• Daraus folgt:


p w flex  w  wt 1  ut 1  w.
• Da wflex>w folgt wt 1  ut 1  w  0 .
• Im Mexiko wird ein höherer Zinssatz gesetzt, mit
dem gemäß UIP die erwartete Dollaraufwertung
gerade ausgeglichen wird.
• Die Zufallsvariable ut+1 ist binär. Während der
Beibehaltung des Festkurses ist sie negativ. Die
jeweils unerwartete neue Information ist, dass der
Peso nicht abwertet.
• Bei Aufgabe des Festkurssystems ist ut+1 (evtl.
stark) positiv (im Mittel also Null).
307
• Eine empirische Schätzung zu einem beschränkten
Beobachtungszeitraum, in dem keine Abwertung
vorliegt, ist problematisch: Die Verteilung der
Zufallsvariablen ist wird dann nur unvollständig
wiedergegeben.
• Empirische Schätzungen zu einem unvollständigen
Beobachtungszeitraum implizieren dann
fälschlicherweise, dass Terminspekulanten und
Zinsarbitrageure dauerhaft Gewinne erzielen
können, weil die Hochzinswährung nicht abwertet.
308
3. Lerneffekte
• Marktteilnehmer kennen nicht die zukünftige
Zentralbankpolitik. Die Wirtschaftssubjekte
erkennen dann evtl. erst sukzessive mit jeder
Periode die Ausrichtung der Politik. Sie verarbeiten
Information unvollständig und lernen erst aus
Erfahrung.
• Beispiel: Die EZB entscheide sich, im Zeitpunkt t
den Zinssatz über das Niveau des Auslands zu
erhöhen, i>ia.
• Die Marktteilnehmer erwarten, dass in der nächsten
Periode, t+1, wieder eine Angleichung
durchgeführt wird, i=ia.
309
• Da die Zinsänderung nur temporär ist, ergibt die
Entscheidung der Zentralbank keine neue
Information, It , welche die Wechselkurserwartung
für t+1 beeinflussen könnte. Der Wert für werw wird
daher nicht revidiert.
• Aufgrund des hohen Zinsniveaus werden
Zinsarbitrageure im Inland anlegen und den
Wechselkurs nach unten treiben. Hiermit wird
gemäß UIP die Zinsdifferenz gerade ausgeglichen.
i  ia wt 1  ut 1  w
=
1+ia
w
310
• Nun sei die Zinserhöhung der Zentralbank aber
dauerhafter und werde eine weitere Periode
beibehalten. Dies hätten die Wirtschaftssubjekte
durchschauen können, lernen es aber erst in der
Folgeperiode, t+1.
• Sie werden dann den niedrigen Kassakurs eine
weitere Periode beibehalten.
• Die Erwartung für t+1 einer Erhöhung des
Kassakurses auf das alte Niveau stellt sich somit als
falsch heraus.
• Statt wt+1>w gilt also wt+1=w. Dies wäre vergleichbar
mit ut+1<0, aber basierend auf einem
Erwartungsfehler in Form einer unvollständigen
Informationsverarbeitung in Periode t.
311
• Der ex-ante erwartete Wechselkurs entspricht
demjenigen gemäß UIP, er weicht aber systematisch
von dem sich später einstellenden Wechselkurs ab.
• Die Auswirkung von Zinsänderungen auf den
erwarteten Wechselkurs wird damit aufgrund von
Lerneffekten systematisch unterschätzt.
• Statistisch ausgedrückt, der Fehlerterm, ut, ist
korreliert mit der erklärenden Variablen, it, weshalb
deren Einfluss verfälscht geschätzt wird.
• In Periode t ergibt eine Inlandsanlage eine
Überrendite.
312
• Rationale Erwartungen (werw+ut+1=wt+1 mit E(u)=0)
würden hingegen als Reaktion auf die über zwei
Perioden laufende kontraktive Zentralbankpolitik
ein Absenken von werw für t+1 erfordern.
• Der Kassakurs in Periode t würde noch stärker
sinken und sich daher eine Aufwertungserwartung
einstellt, welche den Zinsnachteil des Auslands
gerade kompensiert.
w
ŵ
Lernen
Rat. Erw.
t
t+1
t+2
Zeit.
313
4. Spekulative Blasen
• Ein Bestandteil der Effizienzhypothese besteht darin,
dass ein Wertpapier mit seinen Fundamentalfaktoren
bewertet wird: dem Gegenwartswert aller
zukünftigen Auszahlungen.
• Rationalität kann aber auch mit der Vorstellung
einhergehen, dass sich der Wechselkurs immer
weiter von einem durch „Fundamentalfaktoren“
bestimmten Gleichgewichtskurs entfernt.
• Wird nach einer Wechselkurserhöhung mit einer
weiteren Erhöhung des Wechselkurses gerechnet, so
werden zusätzliche Devisenkäufe induziert.
• Dies bewirkt einen weiteren Anstieg des
Wechselkurses.
314
Bezüglich currency carry trades können wir den
Zusammenhang folgendermaßen formulieren:
Wenn finanzkräftige, international agierende Akteure
sich günstig verschulden um in einer hochverzinsten
Währung anzulegen, wird diese durch die hohe
Nachfrage aufwerten. Dies löst als Kettenreaktion
weitere carry trades aus und kann so einen positiven
Wechselkurstrend generieren. Umgekehrt führt die
Auflösung eines carry trades und damit das
Überangebot der jeweiligen Währung zu einer
Abwertung dieser. Dies wiederum lässt weitere carry
trader dazu übergehen Ihre Positionen aufzulösen da
Ihre Rendite durch die Abwertung geschmälert wird.
Der Abwärtstrend wird verstärkt.
315
• Wechselkurserwartungen können sich hierbei selbst
erfüllen.
• Die Folge wäre ein sich selbst verstärkender
Abwertungsprozess der heimischen Währung, wie
auf einer wachsenden Blase (Bubble).
• Eine solche Entwicklung kann auch dann auftreten,
wenn die Akteure den Fundamentalkurs kennen.
• Hierfür ist erforderlich, dass sie nicht wissen, wann
die Rückkehr zum Fundamentalkurs erfolgt.
• Die Wirtschaftssubjekte ziehen zwei Möglichkeiten
in Betracht. Mit Wahrscheinlichkeit 1-a wird eine
Bewegung auf dem Bubblepfad erwartet, mit der
Wahrscheinlichkeit a eine Rückkehr zum
Fundamentalkurs, also ein Platzen der Blase.
316
• Der im Mittel für die nächste Periode erwartete
Wechselkurs beträgt dann:
werw = a wF  1  a  wtB1.
• Wird hier die ungesicherte Zinsparität
berücksichtigt, so folgt:
1  ia erw 1  ia
w
w 
a wF  1  a  wtB1 
1 i
1 i


a wF  1  a  wtB1
1 i
1 
1 
1  ia
w
F
B
a
w

w

1

a
w

  t 1  w 


i  ia
=

1+ia
w
wtB1  w
1 i  ia
a w  wF


w
1  a  1  ia 1  a  w
317
• Nehmen wir an, der Wechselkurs liege unter dem
Fundamentalkurs (w < wF) und die Zinsdifferenz
zum Ausland sei Null (i = ia).
• Die Abwertung der Auslandswährung auf dem
Bubblepfad muss so stark ausfallen, dass sie eine
Kompensation bietet für das Risiko, dass die Blase
platzt.
• Sie ist um so stärker, je mehr der Wechselkurs
bereits von seinem Fundamentalkurs abweicht (je
größer also wF – w ist) und je höher die
Wahrscheinlichkeit des Platzens der Blase (a)
eingeschätzt wird.
• Rationale Blasen gehen mit einem Abweichen von
der UIP einher.
318
• In Periode t+1 sinkt der erwartete Wechselkurs, werw,
aber weniger als der sich später einstellende
Kassakurs, wt+1, da die Blase mit Wahrscheinlichkeit
a platzt. Dies ist gleichbedeutend mit ut+1 < 0 (der
stetigen Neuigkeit, dass die Blase noch nicht
geplatzt ist).
• Steigt nun der inländische Zinssatz, i > ia, so hätte
dies kaum Auswirkung auf den Wechselkurs, der
sich weiter auf einem (dann leicht geänderten)
Bubblepfad mit stetiger Abwertung bewegt.
• Eine Fehleinschätzung des erwarteten
Wechselkurses, wie bei ut+1 < 0, würde bestehen
bleiben und nicht auf Änderungen des Zinssatzes
reagieren.
319
• Problematisch an der Theorie spekulativer Blasen ist
die Annahme, dass die Wahrscheinlichkeit für das
Platzen eines Bubble unabhängig ist vom Ausmaß
der Abweichung vom Fundamentalkurs.
• Zudem wird ein schlagartiges Platzen einer Blase in
der Wirklichkeit nicht beobachtet.
Fehlentwicklungen, die in der Literatur als Blasen
bezeichnet werden, verlieren eher langsam die Luft.
Dies im Widerspruch zum Modell.
320
• Empirische Untersuchungen geben wenig
Unterstützung für die Theorie spekulativer Blasen.
• Hierbei ist aber zu bedenken, dass jeder Test auf eine
Wechselkursblase gleichzeitig Annahmen bezüglich
des Fundamentalkurses macht.
• Zunehmende Abweichungen zwischen dem
aktuellen Wechselkurs und dem Fundamentalkurs
können auch auf falschen Annahmen bezüglich
dieses Fundamentalkurses beruhen.
• Von Vertretern der Effizienzhypothese wird gegen
die Theorie spekulativer Blasen vorgebracht, dass
der Einfluss von Bubblespekulanten durch
gegenläufige Transaktionen vollständig neutralisiert
werde.
321
5. Endogenität
• Der Zinssatz ist, entgegen der Schätzgleichung,
evtl. nicht exogen, er wird vielmehr von der
Zentralbank in Abhängigkeit vom Wechselkurs
gesetzt.
• Denkbar wäre folgendes Szenario: Der Markt
überbewerte eine Information in Periode t und
wertet den Wechselkurs zu stark auf, ut>0.
• In Periode t+1 wird die Übertreibung erkannt und
daher ut+1<0.
322
• In Periode t verbessern sich die heimischen
Exportchancen, die gesamtwirtschaftliche
Nachfrage steigt und es entsteht Inflationsdruck.
• Als Reaktion hierauf wird die Zentralbank (gemäß
Taylor-Regel) daher den Zinssatz erhöhen.
• Eine Regression unterstellt aber, dass der Störterm
unkorreliert ist mit den erklärenden Variablen. Dies
ist erforderlich für unverfälschte Schätzer.
• Tatsächlich reagiert aber die Zentralbank und setzt
i=i(u). Damit ist der Zinssatz nicht mehr exogen,
sondern korreliert mit dem Störterm.
323
• Da auf einen übermäßigen Anstieg des
Wechselkurses, ut>0, die Zentralbank mit einem
Anstieg des Zinssatzes reagiert, wird die Gleichung,
i  ia wt 1  ut 1  w
=
1+ia
w
erfüllt, da ut+1<0.
• Ein übertrieben steigender Wechselkurs erhöht
nämlich den inländischen Zinssatz und bewirkt
gleichzeitig eine Abwertungserwartung.
• Empirische Untersuchungen mit der Zinsdifferenz
als abhängiger Variable liefern dann das falsche
Vorzeichen.
324
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