Isotopologue Profiling

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Center of Isotopologue Profiling
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Department für Chemie
Lehrstuhl für Biochemie
Apl. Prof. Dr. Wolfgang Eisenreich
Lichtenbergstraße 4
85747 Garching
Tel + 49-89-289-13336
Fax + 49-89-289-13363
E-Mail: [email protected]
Garching, den 04.11.2015
Die Methode des “Isotopologue Profiling” zur Analyse der metabolischen
Adaption von Wirt und Erreger bei bakteriellen Infektionen
Zur Aufklärung von Stoffwechselwegen haben Markierungsexperimente mit stabilen
Isotopen (v.a. 13C, 15N und 2H) eine lange und erfolgreiche Vorgeschichte. So konnten
mit stabilen Isotope viele klassische biochemische Reaktionswege, wie z.B. der
Harnstoffzyklus, die Glykolyse und der Mevalonatweg aufgeklärt werden. Hierzu
wurden meist Hefen oder nicht-pathogene Bakterien verwendet. Nicht selten wurden
die
entdeckten
Stoffwechselreaktionen
über
das
gesamte
Reich
der
Mikroorganismen als allgemein gültig angenommen.
Erst seit wenigen Jahren können aufgrund der rasanten Verbesserung von
Empfindlichkeit und Auflösung von Messgeräten zur Detektion und Quantifizierung
von
stabilen
Isotopen
(insbesondere
im
Bereich
der
hochauflösenden
Massenspektrometrie und NMR-Spektroskopie) auch „anspruchsvollere“ biologische
Systeme
unter
relevanten
Bedingungen,
z.B.
pathogene
Bakterien
unter
intrazellulären Bedingungen, einer Stoffwechselanalyse unterzogen werden. Mit Hilfe
von höchstempfindlichen Massenspektrometern konnten wir beispielsweise die
Empfindlichkeitsgrenze bei Bakterien auf 10 7 bis 108 Zellen optimieren, die in
typischen zellulären Infektionsmodellen aber auch bei in vivo Tiermodellen erreichbar
sind. Durch hochauflösende NMR Spektrometer können außerdem bei kleineren
Stoffwechselmetaboliten (bis zu ca. sechs C-Atome) in der Regel alle möglichen
Isotopologe (Moleküle, die sich nur in ihrem Aufbau durch Isotope, wie
12
C oder
13
C
unterscheiden) erfasst und quantifiziert werden. Im Falle der Glucose sind dies
beispielsweise 64 stabile Kohlenstoffisotopologe (d.h. 2 6 = 64 Möglichkeiten das
Glucosemolekül mit
12
C oder 13C aufzubauen). Bei natürlich vorkommender Glucose
sind von diesen 64 Isotopologen aufgrund der niedrigen Isotophäufigkeit von
13
C (ca.
1 %) nur wenige Isotopologe in signifikanten Mengen vorhanden. Im Falle von
Markierungsexperimenten mit Zufütterung von künstlich angereicherten
13
C-
markierten Substraten ändert sich jedoch diese Verteilung und der „Isotopolograum“
wird sozusagen auf spezifische Art und Weise besetzt. Oder in anderen Worten,
hinter jedem Stoffwechselprodukt ausgehend von der
13
steht eine hohe Anzahl von
C-angereicherten Vorstufe
C-Isotopologen unterschiedlicher Häufigkeit, die eine
spezifische Auskunft
über
die
Metaboliten
Bei
Analyse
liefern.
13
biochemische
der
Vorgeschichte
Isotopologprofile
des
jeweiligen
von
mehreren
Stoffwechselprodukten können dadurch ganze Reaktionswege und Stoffflüsse über
das ganze Stoffwechselnetzwerk eines lebenden Organismus bestimmt werden.
Im Falle von infizierten Zellen oder bei in vivo Infektionsmodellen können bei
geeigneter Versuchsführung sogar die Interaktionen der Stoffwechselwege von
Pathogen und Wirt direkt identifiziert und quantifiziert werden. Im Vergleich zu
anderen analytischen Verfahren zur Erfassung dieser metabolen Interaktion,
erscheint die Isotoptechnik wenig fehleranfällig, da sie als einzige Methode direkt die
Reaktionswege anhand von unmittelbaren Messparametern global beleuchtet und
bei Messung von vielen Stoffwechselprodukten eine hohe statistische Signifikanz
aufweist.
Bei einem typischen Reaktionsansatz des „Isotopologue Profilings“ werden generelle
Kohlenstoffquellen wie Glucose, Acetat, Glycerin oder Aminosäuren in Isotopmarkierter Form (meist mit
13
C) an pathogene Bakterien oder infizierte Wirtszellen
„verfüttert“. Nach einer geeigneten Zeit des Wachstums werden die markierten
Bakterien
abgeerntet
und
ggf.
von
den
Wirtszellen
abgetrennt.
Die
Isotopanreicherungen und Isotopologzusammensetzungen von Aminosäuren (aus
Proteinhydrolysaten), Zuckern und Fettsäuren (aus Zellwandhydrolysaten) und
polaren
niedermolekularen
hochauflösender
GC-MS
Metaboliten
und/oder
(aus
NMR
Zellextrakten)
bestimmt.
Durch
werden
mittels
Vergleich
der
hochspezifischen Muster kann die Aufnahme der jeweiligen markierten Substanzen
und deren Umwandlung in die Zielmoleküle verfolgt werden. Durch Rekonstruktion
der jeweiligen Biosynthesebausteine, die gleichzeitig Intermediate der zentralen
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metabolen Wege darstellen, können so nahezu alle Stoffwege in den metabolen
Netzwerken mit hoher Genauigkeit rekonstruiert werden.
Durch Variation der Versuchsbedingungen, beipielsweise durch vergleichende
Experimente von infizierten und nicht-infizierten Wirtszellen, sowie der jeweiligen
Bakterien in definierten Medien können damit die Einflüsse der metabolen Wege auf
Virulenz und Pathogenität direkt bestimmt werden. Nicht zuletzt aufgrund dieses
einzigartigen Merkmals der Methode konnten wir eine große Anzahl von bakteriellen
Systemen mittels Isotopologue Profiling in den vergangenen 5 Jahren in einer
großen Zahl von Kooperationsprojekten erfolgreich bearbeiten (siehe nachfolgende
Tabelle).
Tabelle: Übersicht von Projekten zur Bearbeitung der metabolische Adaptation von
Wirt und Erreger bei bakteriellen Infektionen mittels Isotopologue Profiling
Im Folgenden soll exemplarisch anhand des Stoffwechsels des humanpathogenen
Bakteriums Listeria monocytogenes die Mächtigkeit der Methode und dabei bereits
erzielte Schlüsselbefunde zur metabolen Adaption des intrazellulären Bakterium
beschrieben werden.
Metabole Adaption von Listeria monocytogenes
Der Kohlenstoffwechsel des Pathogens wurde zunächst unter Kulturbedingen, d.h. in
einem chemisch definierten Medium unter Zugabe von [U- 13C6]Glucose untersucht
(Eisenreich et al., 2006). Die Isotopolog-Analyse von Aminosäuren zeigte eindeutig
und direkt anhand der beobachteten
13
C-Aneicherungen, welche Aminosäuren unter
diesen Bedingungen de novo biosynthetisch entstehen. Die detaillierte Analyse der
Isotopologmuster belegte, dass der Citratzyklus unvollständig ist und Oxalacetat
ausschließlich durch Carboxylierung von Pyruvat entsteht.
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Unter intrazellulären Bedingungen (d.h. bei Fütterung von [U- 13C6]Glucose an mit L.
monocytogenes infizierten J774A.1 Makrophagen) zeigte sich ein stark verändertes
Bild im zentralen Kohlenstoffwechsel (Eylert et al., 2008). Dieser Befund belegte
unmittelbar die metabole Anpassung des Bakteriums an die im Vergleich zum
Kulturmedium veränderten intrazellulären Bedingungen. Die genauere Analyse
zeigte, dass ein beträchtlicher Anteil der bakteriellen Aminosäuren aus dem
Wirtsorganismus stammte und direkt in bakterielles Protein eingebaut wurde. Die
Markierungsprofile waren außerdem im Einklang mit der Verwertung einer C 3-Quelle
(z.B. Glycerin) aus der Wirtszelle. Oxalacetat war erneut durch Carboxylierung von
Pyruvat mittels des Enzyms PycA entstanden. In einer nachfolgenden Arbeit (Schär
et al., 2010) konnte bewiesen werden, dass eine pycA-Deletionsmutante unter
intrazellulären Bedingungen nicht replizierte und in einem Mausmodell avirulent war.
Dieses Beispiel zeigte die Relevenz von Isotopologdaten in Bezug auf Pathogenität
und Virulenz.
Durch systematische Isotopologexperimente konnten wir schießlich ein robustes
Modell zur metabolen Anpassung von intrazellulären Listerien aufstellen (Grubmüller
et al., 2014). Aminosäuren, Glycerin, Glucosephosphat tragen gleichzeitig als
Kohlenstoffsubstrate zum intrazellulären Stoffwechsel bei. Interessanterweise zeigt
sich hierbei eine Aufteilung des Stoffwechsels in mehrere Module (siehe
untenstehende Abbildung 1). Aminosäuren aus dem Wirt werden zu einem großen
Anteil direkt in Protein eingebaut. Glucosephosphat wird hauptsächlich zur Synthese
der
Zellwände
(Peptidoglykan
und
Polyteichonsäuren)
und
über
den
Pentosephosphatweg zum Aufbau von Nukleotiden verwendet. Glycerin dient als
Substrat im Wesentlichen zur Speisung des unvollständigen Citratzyklus und damit
hauptsächlich zur Deckung des Energiebedarfs. Die Verwendung von mehreren
Kohlenstoffsubstraten in einem modular aufgebauten Stoffwechselnetzwerk konnte
hier erstmalig für ein intrazelluläres Bakterium eindeutig nachgewiesen werden. Dies
belegt den innovativen Charakter und die Mächtigkeit des hier eingesetzten
Methodenkonzepts und seine Relevanz bei der Analyse der metabolen Anpassung
von bakteriellen Erregern auf veränderte Umgebungsbedingungen im Verlauf der
Infektion.
Gleichzeitig
erscheint
dieses
„Betriebsmodell“
eines
modularen
Stoffwechsels erfolgreich, um möglichst viele Ressourcen aus der Wirtszelle
schonend zu schöpfen und diese dabei bezüglich der Entnahme eines einzigen
Substrats zu entlasten.
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Eine ähnliche Schlussfolgerung kann für den N-Stoffwechsel intrazellulärer L.
monocytogenes gezogen werden. Experimente mit
15
N-markierten Substraten
belegen die gleichzeitige Verwendung von Ammonium, Glutamin, Arginin, Methionin,
verzweigtkettiger Aminosäuren, Ethanolamin und Glucosamin zur Gewinnung von NBausteinen für anabole Zwecke (Kern et al., eingereicht).
Isotopologexperimente an anderen intrazellulären Pathogene z.B. an Legionella
pneumophila (Gillmaier et al., eingereicht; Häuslein et al., eingereicht; Heuner and
Eisenreich, in press; Schunder et al., 2014; Heuner and Eisenreich, 2013; Eylert et
al., 2010), Salmonella typhimurium (Popp et al., in preparation; Götz et al., 2010),
enteroinvasiven Escherichia coli (Götz et al., 2010), Chlamydia trachomatis (Mehlitz
et al., in preparation) und Francisella tularensis (unpublished) lassen darauf
schließen,
dass
die
Nutzung
von
Co-substraten
in
modular
aufgebauten
Stoffwechselnetzen tatsächlich ein generelles Konzept der metabolen Anpassung
intrazellulärer Erreger darstellt. In mehreren Übersichtsartikel haben wir das Thema
der metabolen Adaptation bakterieller Erreger generell beleuchtet und dabei auch die
Bedeutung von Stabilisotopexperimenten herausgearbeitet (Eisenreich et al., in
press; Eisenreich et al., 2013; Fuchs et al., 2012a and b; Eisenreich et al., 2010).
„Isotopologue Profiling“ erscheint daher als ein entscheidender Schlüssel bei der
Aufdeckung bisher unverstandener Prinzipien der Infektionsbiologie, wie die Frage
der metabolen Adaption von Wirt und Erreger bei bakteriellen Infektionen.
Abbildung 1: Metabolische Adaption des C-Stoffwechsels von intrazellulären Listeria
monocytogenes. Aminosäuren, Glucosephospat und Glycerin aus der Wirtszelle
werden zum Aufbau der bakteriellen Proteine, Zellwände, Nukleotide, und Lipide
sowie zur Erzeugung von Energie (ATP) in einem modular aufgebauten
Stoffwechselnetz verwendet.
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Metabole Adaptation von Wirtszellen bei bakterieller Infektion
Seit längerer Zeit werden bereits Anpassungen des Wirtsmetabolismus auf
bakterielle Eindringlinge beobachtet. So ist die Bildung von reaktiven SauerstoffSpezies (ROS) zur Bekämpfung der Infektion ein metaboler Effekt (Anpassung) der
Wirtszellen aufgrund der Infektion. Umgekehrt gibt es Hinweise, dass bakterielle
Erreger den Wirtsmetabolismus zur Generierung von bakteriellen Nährsubstraten
gezielt steuern. Hierzu wurden insbesondere Effekte auf die Genexpression der
beteiligten Enzyme und Transporter berichtet. Es gibt bisher allerdings kaum direkte
Beobachtungen von veränderten Stofflüssen aufgrund von Infektionen.
Erneut konnte hier die Methode des „Isotopologue Profiling“ erstmalig harte Befunde
liefern. In einem Pilotexperiment (Gillmaier et al., 2012) wurden infizierte und nichtinfizierte primäre Mausmakrophagen (BMM) mit
13
C-markierter Glucose oder
Glutamin gefüttert. Die Isotopologanalyse von Metaboliten aus den BMM Zellen
zeigte eine massive Steigerung der Glycolyse aufgrund der Infektion an (Abbildung
2, rote Pfeile). Eine erhöhte Flussrate konnte auch für anabole Reaktionen zur
Auffüllung des Citratzyklus belegt werden. Erstaunlicherweise waren diese Effekte
bei Verwendung der etablierten Krebszelllinien J774A.1 als Wirtszelle nicht zu
beobachten. Offensichtlich waren die o.g. Reaktionen in der Krebszelllinie bereits
hochreguliert, sodass die Infektion keine weitere Steigerung auslöste.
Das Pilotexperiment zeigt, dass die metabolen Anpassungen von Wirtszellen und
Geweben nun genauer analysiert werden müssen, insbesondere unter Verwendung
von primären Zellen und Gewebe des Wirtsorganismus, die unter medizinisch
relevanten Inektionsbedingungen betroffen sind. Wir sehen hierzu die Methode des
„Isotopologue Profiling“ als eine entscheidende Technik an.
Abbildung 2: Metabole Adaptation von primären Mausmakrophagen auf intrazelluläre
L. monocytogenes (oranger Kasten). Gesteigerte Reaktionsflüsse in rot (ausgehend
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von 13C-markierter Glucose) und grün (ausgehend von 13C-markiertem Glutamin) im
Vergleich zu einer nicht infizierten Zelle (Pfeile in schwarz).
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