Trauma und Migration - ein Teufelskreis? Die psychische Situation

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Trauma und Migration
- ein Teufelskreis?
Die psychische Situation
traumatisierter Migrantenkinder
Dr. med. Gottfried M. Barth, M.A., Oberarzt,
Kinder- und Jugendpsychiatrie Tübingen
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-1
Trauma und Migration
oder
Migration und Trauma
• keine Reihenfolge oder Kausalität einseitig
festgelegt
• bei gegenseitiger Rückwirkung
Wahrscheinlichkeit von Eigendynamik im Sinne
eines
– Engelskreises
– oder Teufelskreises
• bei zwei auf sich zurückwirkenden
Belastungsfaktoren ist der Teufelskreis
wahrscheinlich
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-2
Trauma und Migration
oder
Migration und Trauma
• Migration ist nicht nur Belastung
• sondern kann auch eine deutliche Entlastung sein
• dennoch ist durch die Möglichkeit einer Migration auch in
diesen schweren Fällen nicht alles gerettet
• auch wenn möglicherweise der Fortgang einer schweren
Traumatisierung beendet wurde.
• Wenn ich jemand vor dem Ertrinken rette, kann er sich
immer noch eine schwere Lungenentzündung holen,
wenn ich ihn nicht in warme Tücher packe
• Dies zu verweigern würde man in diesem Fall sicher als
ethisches Problem ansehen.
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-3
Taumaforschung
• Kriegspsychiatrie im 1. Weltkrieg
Kriegshysterie, Schreckenstrauma wird behandelt zur
Wiederherstellung der Kriegstüchtigkeit
Störungen zeigten sich in der Regel erst nach der
Anspannung
Anwendung drastischer Methoden zur Erzwingung der
Symptomreduktion
• PTSD-Konzept: 1980
Ausgehend von Vietnam-Veteranen
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-4
Psychisches Trauma
• Bewältigungsfähigkeit überfordert
• Hilflosigkeit
• Schutzlose Preisgabe
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-5
Traumatypen
(u.a. Terr 1987, Khan 1963, Keilson 1998)
•
Typ I
Singuläre kurz dauernde traumatische Ereignisse
(häufig akute Lebensgefahr, Plötzlichkeit, Überraschung)
führt zu klassischen Symptomen der PTSD
•
Typ II
Lang anhaltende, wiederholte traumatische Ereignisse
(Kumulation und geringe Vorhersagbarkeit)
führt zu Leugnung, Betäubtsein, dissoziativen Symptomen,
Impulsstörungen
weniger Spontanremission
•
kumulative Traumatisierung
traumatische Auswirkung durch gemeinsames Auftreten
•
sequentielle Traumatisierung
Wiederholungen traumatisierender Erfahrungen
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-6
Traumatisierungspotential
•
Altersabhängig
(Säugling kann Bedeutung nicht verstehen,
Adoleszenter kann Trennung besser aushalten)
•
Ansteigend in der Reihenfolge
Naturkatastrophen
Unfälle durch Menschen
Kriegsgräuel
Innerfamiliäre Katastrophen
•
Abhängig von
Reaktion der Bezugspersonen
Entwicklungsstand
Protektiven Faktoren
Postexpositionellen Faktoren
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-7
Traumakompensation
• Posttraumatische Symptome sind
Versuche der Traumakompensation
Kampf- und Fluchtreaktion
Unterdrückung von Gefühlen
Rückgriff auf frühesichere Erfahrungen
Bewältigung durch Dissoziation
Mißtrauen, Hyperaktivität, Überanpassung,
Impulskontrollstörung, …
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-8
PTSD und Anpassungsstörung
•
Akute posttraumatische Belastungsstörung:
< 3Monate, vegetative Erscheinungen, Wiedererinnerung
•
Chronische posttraumatische Belastungsstörung:
>= 3 Monate, dissoziative Erscheinungen, veränderte Affekte
•
Posttraumatische Belastungsstörung mit verzögertem Beginn:
Frühestens 6 Monate nach Trauma
•
Akute Belastungsstörung
Auftreten Sekunden bis Minuten nach dem Trauma
Abklingen innerhalb von Stunden oder Tagen
Depression, Angst, Ärger, Verzweiflung, Überaktivität, Rückzug
•
Anpassungsstörung
Keine Extremerfahrungen sondern z.B. Migration, Störung der Emotionen
und/oder des Sozialverhaltens
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-9
Posttraumatische Belastungsstörung
(PTSD) nach DSM IV
• Intrusion
Wiederholte unausweichliche Erinnerung oder
Wiederinszenierung der Ereignise im Gedächtnis,
Tagträumen, Träumen
• Vermeidungsverhalten
Deutlicher emotionaler Rückzug, Gefühlsabstumpfung,
Vermeidung von Reizen, die eine Wiedererinnerung
an das Trauma hervorrufen könnten
• Vegetative Übererregtheit
Zustand vegetativer Übererregtheit mit
Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen
Schreckhaftigkeit und Schlaflosigkeit
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-10
Intrusion
1.
2.
3.
4.
5.
Wiederkehrende und eindringliche belastende Erinnerungen an
das Ereignis, die Bilder, Gedanken oder Wahrnehmungen
umfassen können
Wiederkehrende belastende Träume von dem Ereignis
Handeln oder Fühlen, ob das traumatische Ereignis wiederkehrt
(beinhaltet das Gefühl, ob das Ereignis wiederkehrt (beinhaltet
das Gefühl, das Ereignis wiederzuerleben, Illusionen,
Halluzinationen und dissoziative Flashback-Episoden)
Intensive psychische Belastung bei der Konfrontation mit
internalen und externalen Hinweisreizen, die einen Aspekt des
traumatischen Ereignisses symbolisieren oder an Aspekte
desselben erinnern
Körperliche Reaktionen bei Konfrontation mit internalen oder
externalen Hinweisreizen, die einen Aspekt des traumatischen
Ereignisses symbolisieren oder an Aspekte desselben erinnern
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-11
Vermeidungsverhalten
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Bewußtes Vermeiden von Gedanken, Gefühlen oder
Gesprächen, die mit dem Trauma in Verbindung stehen
Bewußtes Vermeiden von Aktivitäten, Orten oder
Menschen, die die Erinnerung an das Trauma wachrufen
Unfähigkeit, einen wichtigen Aspekt des Traumas zu
erinnern
Deutlich vermindertes Interesse oder keine Teilnahme an
wichtigen Aktivitäten
Das Gefühl der Losgelöstheit oder Entfremdung von
anderen
Eingeschränkte Bandbreite des Affektes (z.B. Unfähigkeit,
zärtliche Gefühle zu empfinden)
Gefühl einer eingeschränkten Zukunft (z.B. keine
Erwartung, Karriere, Ehe, Kinder oder normal langes Leben
zu haben)
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-12
Vegetative Übererregtheit
1. Schwierigkeiten beim Ein- oder
Durchschlafen
2. Reizbarkeit oder Wutausbrüche
3. Konzentrationsschwierigkeiten
4. Übermäßige Wachsamkeit
(Hypervigilanz)
5. Übertriebene Schreckreaktion
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-13
Altersabhängige PTSD-Symptome
•
Junge Kinder
Betäubtheitssymptome („numbing“)
Ängstliche Vermeidung
Regressive Symptome
Schlafstörungen
Ängste
•
Schulalter
Schulprobleme
Intrusive Gedanken und Erinnerungsbilder
Wiederinszenierungen
Zeichensehen
Zukunftspessimismus
•
Adoleszenz
Veränderung der Werte und Planungen
Überleben-Schuld-Syndrom
•
Keine traumaspezifischen Symptome
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-14
Auftreten von PTSD
• Häufigkeit bei Kindern und Jugendlichen
(Lebenszeitrisiko): 1,6 – 9,2%
• (traumatische Ereignisse: 22%)
• Häufigkeit bei Hochrisikogruppen
(Lebenszeitrisiko): 24-34%
• Mädchen: schwerere und längerdauernde
PTSD-Symptomatiken
• Jungen: häufiger traumatische Ereignisse
(Lonigan et al. 1994, Giaconia 1995, Essau et al. 1999 u.a.)
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-15
PTSD-Therapie
• Kognitiv-verhaltenstherapeutisch
Zielsetzung und Psychoedukation
Entwicklung von Coping-Strategien
Expositionstherapie
Verselbständigung und Rückfallprophylaxe
• EMDR
Desensibilisierung durch Augenbewegungen
(Wirkmechanismus unklar und Effekt umstritten)
• Psychoanalytische Verfahren
Stärkung der Ich-Funktionen
Integration der Erfahrungen
• Pharmakotherapie
Senkung der des Erregungsniveaus
Behandlung von Begleitsymptomen
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-16
PTSD-Folgen
• PTSD ist erhebliches Risiko für
Komorbide Störungen
Exazerbation bestehender anderer Störungen
Spätere Depression, Angststörungen, Sucht
Gleichzeitige Borderlinestörung
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-17
Traumatisierte Kinder im Kosovo
•
•
•
•
•
•
•
•
•
41 Kinder
Altersdurchschnitt 12,7 Jahre
Geschlecht gleich verteilt
DIKJ-Mittelwert: Prozentrang 80
IES-Mittel: 68
Trennung von Eltern 34
Tötungsdelikte: 41
Verlust von Eltern: 11
Verlust von Geschwistern: 10
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-18
PTSD
Größter Anteil in der Schweiz:
Migranten
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-19
Migration
• Änderung der Migrationsarten (heute
vereinzelter)
• Stärkerer Anpassungsdruck
• Kulturdifferenz sehr unterschiedlich
• Kulturbedingte und
• Kulturindifferente Migrationsfolgen
(z.B. durch Trennung)
• Unterschiedliche Migrationsformen:
Freiwillig
Flucht
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-20
Trauma und Migration
• Migration zur Beendigung der
Traumatisierung
• Traumatisierung durch Migration
• Modifizierung der Traumatisierung durch
Migration
• Migration bedeutsamer als vorausgehende
Traumatisierung?
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-21
Folge von Migration
•
•
•
•
Besondere traumatische Erlebnisse
Identitätskonflikte
Soziale Belastungen
Integrationsprobleme
Widersprüchliche Ergebnisse über Folgen von Migration
• 35-50% der Kinder mit psychischen Problemen (in
Skandinavien)
• Flüchtlingskinder mit besserer psychischer Gesundheit
als andere Kinder (Schweden)
(Hjern, 2005)
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-22
Traumatische Erlebnisse
vor der Migration
•
•
•
•
•
•
Verlust wichtiger Bezugspersonen
Unsicherheit der Lebensbedingungen
Krieg
Flucht
Vertreibung
sehr häufig mit sexualisierter Gewalt
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-23
Traumatische Erlebnisse
als Folge der Migration
•
•
•
•
Verlust wichtiger Bezugspersonen
Verlust kultureller Identität
Unsicherheit der Lebensbedingungen
als direkte Folge der Migration und zum
anderen die Ereignisse, die mit Krieg,
Flucht, Vertreibung und sehr häufig mit
sexualisierter Gewalt einhergehen.
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-24
PTSD nach Trauma und Migration
•
PTSD bei 50-70% bestimmter Migranten
(Mollica 1987, Kinzie 1990)
•
•
PTSD bei 21% von Flüchtlingen aus Südostasien
Trauma bei 74 % von Flüchtlingen aus Südostasien
•
PTSD nicht abhängig von Anzahl der Traumatisierung oder anderen
Variablen vor der Migration
PTSD nicht abhängig von Art der Migration oder Traumatisierung
PTSD-Gruppe:
•
•
–
–
–
–
–
Weniger Trennung und Wiedervereinigung von Familien
Weniger Bindung an Herkunftskultur
Mehr Erleben und Ausdruck von Wut
Häufigere Umzüge nach Migration
Abhängiger von öffentlicher Hilfe
(Abe et al. 1994)
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-25
Traumatisierte Migranten im
Vergleich zu Traumatisierung ohne
Migration:
• Bosnische Kriegsopfer etwa doppelt so
hohe Werte in der IES als Opfer in Holland
• Nach der Flucht in die Niederlande
weniger Vertrauen in die Welt als
Zurückgebliebene
(Mooren et al. 2001)
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-26
Traumafolgen bei Erwachsenen
Risiko für psychiatrische Störung bei Flüchtlingen aus Somalia in UK:
• Kriegserlebnisse
• Beschäftigungsverhältnis vor Flucht
• Gebrauch von Qat nach der Flucht
(Bhui et al. 2003)
Spätfolgen nach Trauma bei Vietnamesen in Australien:
Durchschnittlich 14 Jahre nach Trauma:
• 8% mit psychiatrischer Störung
• 7% psychiatrische Störung bei Berücksichtigung kultureller
Unterschiede
• 12% bei Mehrfachtrauma (>=3)
• 3% wenn ohne Traumaerfahrung
(Steel et al. 2002)
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-27
Traumfolgen bei Kindern
• Nach einem Jahr 20- 30 % mit PTSD
(Berman et al. 1996 und andere)
• Unterschied zwischen Auswanderung und Flucht
–
–
–
–
Verlust von Land und Familie
Trauer oft nicht erkannt
Unmöglichkeit des Ausdrucks und Selbsterlebens
Erhöhtes Risiko psychischer Probleme
(Fantino and Colak 2001)
– Reise und Flüchtlingslager werden als Fortsetzung des Traumas
empfunden
– Religion wird als Stärkung empfunden
– Kontakt mit eigener Kultur und mit anderen Kindern in gleicher
Situation hilfreich
(Bolea et al. 2003)
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-28
Traumatisierung durch
Begleiterscheinungen der
Asylverfahren
•
•
•
•
80% Furcht des Zurückgeschicktwerdens
1/3 Angst, etwas versäumt zu haben, Trennung von Familie,
Reisehindernisse
1/3 mit Probleme Gesundheitsfürsorge zu erlangen
nur 10% Probleme mit Behörden oder mit Diskriminierung
(Sinnerbrink et al.)
•
Über Generationen Trauer um verlorene Heimat und
Anpassungsprobleme
(Yelen 2003)
•
Vor Migration stärkerer politischer Gewalt ausgesetzt korrelierte mit
besserer sozialer Anpassung und weniger psychischen Probleme
nach Migration
(Rousseau et al. 2003)
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-29
Probleme bei Migration
z.B. nach Scheidung
• Türkische Frauen brauchen länger zur
Stabilisierung
• Unterliegen deutschem Familienrecht und
möglicherweise kulturell bedingtem Bias
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-30
Pathogenese der PTSD
(Pitman 1988)
1. Ein extremtraumatisches Ereignis überstimuliert die
endogenen streßabhängigen Hormone und
Neuromodulatoren.
2. Diese Substanzen interferieren mit der
Gedächtnisspeicherung und führen eine
Überkonsolidierung von Erinnerungsleistungen an das
Ereignis herbei („Superkonditionierung“).
3. Dadurch kommt es zu einer tiefen Verwurzelung
traumatischer Erinnerungen.
4. Zudem kommt es zu einer posttraumatischen
Manifestation, die sich in intrusiven Wiedererinnerungen
und konditionierten emotionalen Antworten äußert.
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-31
Stress
Abhängig von
– Intensität
– Dauer
– Subjektiver Bewertung
•
•
•
•
Bedeutung?
Bewältigbar?
Vorhersagbar?
Kontrollierbar?
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-32
Stress
Akuter und kontrollierbarer Streß
– fördert Synaptogenese
– und adaptives Verhalten
Chronischer und unkontrollierbarer Streß
– Synapsenauflösung
– Transmitter-Depot-Entleerung
– Schrumpfung des Hippocampus (u.a. Zelltod)
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-33
Resilienz = Widerstandsfähigkeit
Protektive Faktoren bei Zuwanderung:
• Elterliche Kontrolle, die vor schädlichen
Umgebungseinflüssen schützt
• Soziale Netzwerke (auch subkulturelle)
• Religiöse Eingebundenheit und Glauben
• Gute zwischenmenschliche Bewußtheit, Empathiefähigkeit
und Gefühl für Humor
• Sichere Bindung an die Mutter in den ersten 2 Lebensjahren
• Positive eigene Einstellung der Erwachsenen zur Familie und
Fähigkeit zur Selbstreflexion
• Funktionalität der Familie im Sinne der Modulation von
Verhaltensauffälligkeiten der Kinder
• Funktionale (d.h. auch interkulturelle) PeergroupBarth: Trauma und Migration-22.4.2005-34
Beziehungen
Coping = Bewältigung
Gute Bewältigung ist ein kontinuierlicher Prozeß, der
vielfältige Strategien einbezieht, und ist kein
geschlossener oder permanenter Zustand des
Wohlbefindens
Weismann u. Sobel 1979
Eine gesunde Person ist in der Lage, verschiedene
Rollen im Rahmen von Bindungsbeziehungen
situationsangemessen anzunehmen.
Bowlby 1989
Ein wesentliches Charakteristikum scheint die
Fähigkeit, auf andere zu vertrauen, wenn es die
Situation so erfordert, sowie zu wissen, auf wen man
sich verlassen kann.
Bowlby 1989
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-35
Coping = Bewältigung
Bewältigungsstrategien bei
sicherer Bindung:
•
•
•
•
•
•
•
Selbstöffnung
Resilienz
Kohärenz psychobiologischer Faktoren
Ich-Flexibilität
Flexibilität der Verhaltensstrategien
Suche nach sozialer Unterstützung
Zufriedenheit mit sozialer Unterstützung
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-36
Coping = Bewältigung
Bewältigungsstrategien bei
sicherer
Bindung:
•
•
•
•
•
•
•
Selbstöffnung
Resilienz
Kohärenz
psychobiologis
cher Faktoren
Ich-Flexibilität
Flexibilität der
Verhaltensstrat
egien
Suche nach
sozialer
Unterstützung
Zufriedenheit
mit sozialer
Unterstützung
ambivalenter / vermeidender Bindung:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Aufmerksamkeitszuwendung
Repressive Defensivität
Defensiv gegen Angst
Hohe Bedrohungseinschätzung
z.T. hohe Bedrohungskontrolle
Vigilanz und kognitive Vermeidung
Emotionale Reaktionen
Vermeidende Reaktionen
Selbstkritik und Selbstbeschuldigung
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-37
„Background emotions“:
Bewusstmachen von Background
emotions bei „psychosomatischen“
Erkrankungen:
=>Aufgabe der psychoanalytischen, aber
auch besonders körper-, kunst- bzw.
musik- therapeutisch –orientierten
Therapieverfahren
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-38
Präfrontaler Cortex
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-39
Präfrontaler Cortex
Medialer orbitofrontaler Cortex (MOFC):
• emotionale „reflective awareness“
• Amygdala und MOFC
haben reziproke neuroanatomische Verbindungen
(Cavada, Cerebral Cortex, 2000) und
beurteilen zusammen den affektiven Gehalt eines
internalen
oder externalen Stimulus
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-40
Präfrontaler Cortex:
Einfluss auf subcortikale Areale ?
⇒ Neuronale Korrelate kognitiver Neubewertung
waren
1) verstärkte Aktivierung im DLPFC,
die zuständig für Arbeitsgedächnis
und kognitive Kontrolle sind.
2) Verminderte Aktivierung im MOFC und in
der Amygdala
(Ochsner et al., J Cog Neurosci, 2002)
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-41
Organisationsprinzip cortical / subcortical
Hirnentwicklung: Immer mehr cortikale Kontrolle
über die Amygdala und andere subcortikale
Zentren des „emotional processing“
Amygdalaaktivität steigt, wenn cortikale Kontrolle
fehlt
⇒ Balance ist gestört (Regression ?)
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-42
Probleme bei Migration
• Genügen unsere diagnostischen Kriterien
z.B. mehr körperbetonte Symptomatik
weniger rationale Verarbeitung
• Sind unsere Modelle von psychischer
Entwicklung passend
Andere Modelle von Separation und
Verbundenheit
• Ist die Herkunftskultur oder die neue
Umgebung der geeignete Bezugsrahmen?
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-43
Die 12 Sonnenberger Leitlinien (2002):
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Erleichterung des Zugangs zur psychiatrisch-psychotherapeutischen
und allgemeinmedizinischen Regelversorgung durch
Niederschwelligkeit, Kultursensibilität und Kulturkompetenz.
Bildung multikultureller Behandlerteams aus allen in der Psychiatrie und
Psychotherapie tätigen Berufsgruppen unter bevorzugter Einstellung
von Mitarbeitern mit Migrationshintergrund und zusätzlicher
Sprachkompetenz.
Organisation und Einsatz psychologisch geschulter Fachdolmetscher
als zertifizierte Übersetzer und Kulturmediatoren „face-to-face“ oder als
Telefondolmetscher.
Kooperation der Dienste der Regelversorgung im
gemeindepsychiatrischen Verbund und der Allgemeinmediziner mit den
Migrations-, Sozial- und sonstigen Fachdiensten sowie mit
Schlüsselpersonen der unterschiedlichen Migrantengruppen, organisationen und –verbände. Spezielle Behandlungserfordernisse
können Spezialeinrichtungen notwendig machen.
Beteiligung der Betroffenen und ihrer Angehörigen an der Planung und
Ausgestaltung der versorgenden Institutionen.
Verbesserung der Informationen durch muttersprachliche Medien und
Multiplikatoren über das regionale gemeindepsychiatrische klinische
und ambulante Versorgungsangebot und über die niedergelassenen
Psychiater und Psychotherapeuten sowie Allgemeinärztinnen und –
ärzte.
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-44
Die 12 Sonnenberger Leitlinien:
7.
8.
9.
10.
11.
12.
Aus-, Fort- und Weiterbildung für in der Psychiatrie, Psychotherapie und
Allgemeinmedizin tätige Mitarbeiter unterschiedlicher Berufsgruppen in
transkultureller Psychiatrie und Psychotherapie unter Einschluß von
Sprachfortbildungen.
Entwicklung und Umsetzung familienbasierter primär und sekundär
präventiver Strategien für die seelische Gesundheit von Kindern und
Jugendlichen aus Migrantenfamilien.
Unterstützung der Bildung von Selbsthilfegruppen mit oder ohne
professionelle Begleitung.
Sicherung der Qualitätsstandards für die Begutachtung von Migranten
im Straf-. Zivil- (Asyl-) und Sozialrecht.
Aufnahme der Transkulturellen Psychiatrie und Psychotherapie in die
Curricula des Unterrichts für Studierende an Hochschulen.
Initiierung von Forschungsprojekten zur seelischen Gesundheit von
Migranten und deren Behandlung.
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-45
Umfassende Hilfe
Muß
Materielle
Psychologische
Soziale
und spirituelle
Hilfe umfassen
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-46
Rolle von Religion
• Quelle für Hilfsangebote
Gilt für alle großen Religionen
• Kann die Verbindung zur früheren Kultur
aufrechterhalten
z.B. jüdisches Exil
• Bietet Techniken zur Trauma- und
Traumafolgenbewältigung
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-47
Probleme des Trauma-Diskurses
•
•
•
•
Identifizierung mit Trauma
Beschriebene Pathologien im Vordergrund
Gefahr der Retraumatisierung
Identifizierung von struktureller Gewalt im
Aufnahmeland
(Gross 2004)
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-48
Schlußfolgerungen
• Migration hat unterschiedliche Wirkungen:
– entlastend
– belastend für Traumaverarbeitung
– traumatisierend
• Trauma hat keine zwangsläufige Konsequenzen
• Gestaltung der Migrationsbedingungen, des
Umfeldes des Kindes und Berücksichtigung des
kulturellen Kontextes sind zentral
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-49
Trauma und Migration
Persönliche
Faktoren
z.B. Resilienz,
Coping
PTSD
Trauma
z.B. Migration
andere psychische
Störungen
UmgebungsFaktoren
z.B. Migration
Barth: Trauma und Migration-22.4.2005-50
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