Unbegrenzt teilbare und stabile Ve

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5. Juli 2010
Universität Ulm, Institut Stochastik
Seminar: Stochastische Geometrie und ihre Anwendungen
- Unbegrenzt teilbare und stabile Verteilungen.
Ausarbeitung: Stefan Funke
Betreuer: Jun.-Prof. Dr. Zakhar Kabluchko
Unbegrenzt teilbare und stabile Verteilungen
Ziel dieser Ausarbeitung (des Vortrages) ist es, die Aussagen des bekannten Zentralen
Grenzwertsatzes zu verallgemeinern.
Zentraler Grenzwertsatz
2
2
Seien X
P1n, X2 , ... iid Z.v. mit E |X| =: µ < 2∞, EX < ∞ und damit V ar(X) =: σ < ∞,
Sn := i=1 Xi , ESn = nµ, V ar(Sn ) = nσ
−nµ
→ Z ∼ N (0, 1) für n → ∞
⇒ Zn := Sσn√
n
Wir betrachten nun Folgen von Zufallsvariablen, deren Varianz, bzw. deren Momente
nicht existieren oder unbestimmt sein können.
Beispiel: Cauchy-Verteilung
Die Dichte der Cauchy-Verteilung ist gegeben durch:
1
f (x) = π1 1+x
2
Die charakteristische Funktion ist gegeben durch:
ϕ(t) = exp(− |t|)
Berechne ersten und zweiten Moment einer Z.v. X ∼ Cauchy
R∞
ln(1+x2 ) R
1
EX = π1 −∞ x · 1+x
2 dx = limR→∞
2π R |−R = ∞ − ∞
R
R
R∞
∞
∞
∞
1
1
1
1
EX 2 = π1 −∞ x2 · 1+x
dx
=
(
dx
− −∞ 1+x
2
2 dx) = π ( −∞ dx − π) = ∞
π
−∞
h
i
d
1
Bem: dx
arctan(x) = 1+x
2
Daraus folgt, dass wir auf eine Folge von Cauchy verteilten Z.v. den Zentralen Grenzwertsatz nicht anwenden können.
Seien X
P1n, X2 , ... iid mit X1 ∼ Cauchy
Sn := k=0 Xk
(
1, t = 0
ϕSn (t) = exp(−n |t|) →(n→∞)
0, sonst
Die Grenzfunktion ist keine charakteristische Funktion (da unstetig).
Normiert man die Summe jedoch entsprechend, so erhält man im Grenzfall wieder eine
Cauchy verteilte Z.V.
ϕ Sn (t) = exp(− nn |t|) = exp(− |t|)
n
Stabile Verteilungen
Definition: Stabile Verteilungen
Eine Zufallsvariable T mit charakteristischer Funktion ϕT (t) heißt stabil, falls ∀ n ≥ 1
d
Konstanten an > 0, bn s.d. gilt: an T + bn = X1 + ... + Xn , wobei X1 , ..., Xn unabhängige
Z.v. verteilt wie T. Für die charakteristische Funktion gilt: (ϕT (t))n = ϕT (an t)eibn t .
Beispiel: Normalverteilung
Die char. Fkt. einer normalverteilten Z.v. X ∼ N(µ, σ 2 ) ist gegeben durch:
ϕX (t) = exp(itµ − 12 t2 σ 2 )
nach Definition:
Gesucht sind Kontanten an > 0, bn s.d.
!
ϕX (an t) · eibn t = exp(itan µ + ibn t − 12 a2n t2 σ 2 ) = exp(it(an µ + bn ) − 12 t2 σ 2 a2n ) =
| {z }
|{z}
!
!
=nµ
=n
exp(itµ) − 21 t2 σ 2 )n
√
√
⇒ an = n, bn = (n − n)µ
⇒ Normalverteilung ist stabil.
In oberem, ersten Beispiel haben wir bereits gesehen, dass auch die Cauchy-Verteilung
stabil ist.
Satz: Betrachte Z.v. X1 , X2 , ... iid mit X1 ∼ F , falls ∃ an > 0, bn s.d.
n −bn
P ( X1 +...+X
≤ x) ⇒ F (x) wobei F nicht entartet ist, so folgt: F ist stabil.
an
Definition: Z.v. X besitzt eine entartete Verteilung im Punkt a, falls ihre Wahrscheinlichkeitsfunktion gegeben ist durch P (X = a) = 1.
d
n −bn
mit T ∼ F
Beweis: X1 , X2 , ... iid. mit X1 ∼ F . T = limn→∞ X1 +...+X
an
X1 +...+Xn −bn
(1)
G1 :=
→T ∼F
an
2
G2 :=
Xn+1 +...+X2n −bn
an
→ T (2) ∼ F
X1 +...+X2n −2bn
= G1 + G2 →dn→∞ T (1) + T (2)
an
2n +(b2n −2bn ) a2n
2n −2bn
= X1 +...+X2n −b
Außerdem gilt: X1 +...+X
an
a2n
an
2n −b2n
= αn(2) V2n + βn(2) mit V2n = X1 +...+X
a2n
|{z}
|{z}
⇒
a2n
an
h
⇒ V2n =
b2n −2bn
an
i
X1 +...+X2n −2bn
(2)
−βn
an
(2)
αn
→d
T (1) +T (2) −β (2)
α(2)
Und V2n →d T
(2)
(2)
Man kann zeigen, dass α(2) , β (2) existieren, s.d. limn→∞ αn = α(2) und limn→∞ βn =
β (2)
d (1) (2) (2)
⇒ T = T +Tα(2) −β
Dies lässt sich verallgemeinern auf:
(k) −β (k)
d (1)
T = T +...+T
α(k)
⇒ T ist stabil.
Definition: Attraktor und Anziehungsbereiche
Eine stabile Verteilung F heißt Attraktor (einer Summe von iid und entsprechend normierten Z.v. X1 , X2 , ...), falls sie die Aussagen obigen Satzes erfüllt. Bzw.: Die Verteilung
der Xi gehört zum Anziehungsbereich der stabilen Verteilung F.
Beispiel: Jede Z.v. X mit endlicher Varianz
liegt im Anziehungsbereich der Normal√ p
verteilung. Mit an = nEX und bn = n V ar(X). (Zentraler Grenzwertsatz)
Holtzmark Beispiel
1920 stellte und löste Holtzmark folgendes Problem: man betrachte zufällig im Raum
verteilte, elektrisch geladene Teilchen. Wie ist die Verteilung des resultierenden elektrischen Felds in einem bestimmten Punkt?
1940 betrachtete Chandrasekhar ein analoges Problem: Wie sieht das Gravitationsfeld
von zufällig im Raum verteilten Körpern (Massen) aus?
Wir betrachten ein sehr vereinfachtes 1-dimensionales Modell.
Seien n Körper im Intervall [−n, n] gleichverteilt und unabh. mit Masse m > 0.
(Gravitationskonstante als Einheit)
Modelliere“ die Kraft auf eine Einheitsmasse im Ursprung als
”
P
m · sign(Xi )
Fn := ni=1
Xi2
|
{z
}
=:X
3
mit Xi Koordinate des i-ten Körpers.
d
Wir zeigen nun: ∃ F = limn→∞ Fn
Berechne zunächst char. Funktion ϕFn (t)
E(exp(itX)) =
=
1
n
Rn
0
−n exp(it
m·sign(x)
)
x2
·
1
2n dx
cos( tm
)dx
x2
⇒ ϕFn (t) = ( n1
= (1 −
Rn
1
n
→ exp(−
Rn
0
0
cos( tm
)dx)n
x2
(1 − cos( tm
))dx)n
x2
R∞
0
Rn
))dx) für n → ∞ (gilt, da das Integral existiert.)
(1 − cos( tm
x2
= exp(−c |t|1/2 ), mit c > 0. (nach Substitution, wobei c alle Konstanten Faktoren zusammenfasst.)
Diese Grenzfunktion ist stetig in 0 und damit wieder eine charakteristische Funktion.
Damit ist ϕ(t) = exp(−c |t|1/2 ) die charakteristische Funktion einer Verteilung, zu welcher Fn schwach konvergiert.
Außerdem lässt sich zeigen, dass alle symmetrischen, stabilen Verteilungen eine charakteristische Funktion der Form:
α
ϕ(t) = e−c|t| mit 0 < α ≤ 2 und c > 0 besitzen.
Obiges Beispiel ist ein Spezialfall für α = 1/2
Für α = 1 erhält man die Cauchy-Verteilung.
Für α = 2 erhält man die Normalverteilung.
2
Beispiel für α = 2: ϕX (t) = e−c|t| = exp(− 21 t2 |{z}
2c )
=:σ 2
⇒ X ∼ N (0, 2c)
α
Bemerkung: zeige: ϕ(t) = e−c|t| mit 0 < α ≤ 2 und c > 0 ist eine char. Fkt. einer stabil verteilten Z.v. X.
Beweis: Suche Konstanten an > 0, bn , s.d :
[ϕ(t)]n = ϕ(an t)eibn t
⇔ exp(−nc|t|α ) = exp(−c|an t|α + ibn t) = exp(−caαn |t|α + ibn t)
⇒ bn = 0, n = aαn
⇔ an = n1/α
4
Unbegrenzt teilbare Verteilungen
Definition: Unbegrenzt teilbare Verteilungen
Eine Zufallsvariable T und ihre charakteristische Funktion ϕT heißen unbegrenzt teilbar,
d
falls ∀n ≥ 1 ∃ iid Zufallsvariablen η1 , ..., ηn s.d. T = η1 + ... + ηn bzw. ϕT = (ϕη1 )n
Beispiele :
k
Poisson-Verteilung:T ∼ P oi(λ) mit P (T = k) = e−λ λk!
ϕT (t) =
ikt λk e−λ
k=0 e
k!
P∞
= e−λ
P∞
k=0
(λeit )k
k!
it
= e−λ eλe = exp(λ(eit − 1))
Setze: ϕn (t) = exp( nλ (eit − 1)), wobei ϕn (t) char. Fkt. einer Poisson verteilten Z.v.
ist, mit Parameter λ/n.
⇒ ϕT (t) = (ϕn (t))n und damit unbegrenzt teilbar.
(oder: Setze: ηi ∼ P oi(λ/n) für i = 1, ..., n
⇒ η1 + ... + ηn ∼ P oi(λ))
Normalverteilung:
ϕ(t) = exp(itµ − 12 t2 σ 2 )
2
Setze ϕn (t) = exp(it nµ − 12 t2 σn )
⇒ ϕ(t) = (ϕn (t))n und damit unbegrenzt teilbar.
Gamma-Verteilung:
xα−1 e−x/β
Γ(α)β α ,
x≥0
0,
sonst
(
X ∼ Γ(α, β) mit Dichte f (x) =
1
(1−iβt)α
und char. Fkt. ϕ(t) =
1
Setze ϕn (t) = (1−iβt)
α/n , char. Fkt. einer Z.v. Y ∼ Γ(α/n, β)
n
⇒ ϕ(t) = (ϕn (t)) und damit unbegrenzt teilbar.
Die Exponentialverteilung mit Parameter λ ist als Spezialfall der Gammaverteilung ebenfalls unbegrenzt teilbar. (α = 1, β = 1/λ)
Zusammenhang: Sei F stabile Z.v. ⇒ F unbegrenzt teilbar.
d
Beweis: F stabil. ⇒Def. ∀ n ≥ 1 ∃ X1 , ..., Xn iid mit X1 = T und ∃ an > 0, bn sodass
d
an T + bn = X1 + ... + Xn
b
Xn − bnn
d X1 − nn
⇒T =
+... +
= η1 + ... + ηn
an
an
| {z }
| {z }
=:η1
=:ηn
mit ηi iid für i = 1, ..., n
⇒ F unbegrenzt teilbar.
Die Rückrichtung gilt nicht.
Gegenbeispiel: Sei F∼ P oi(λ)
5
ϕF (t) = exp(λ(eit − 1))
!
t
ϕF (an t) · eibn t = exp(λ(e|ian{z
− 1}) + ibn t ) = (ϕF (t))n ∀ t∈ R
|{z}
!
!
=n(eit −1)
=0
⇒ bn = 0 (wegen Beschränktheit)
⇒ eian t = neit − n + 1|t=2π
⇔ eian 2π = ne2iπ − n + 1 = 1
⇔ 2ian π = ln(1) = 0
⇔ an = 0 Widerspruch zu an > 0.
⇒ Poisson-Verteilung nicht stabil.
Definition: Dreiecksschema
(n)
Betrachte Z.v. Xi mit n = 1, 2, ... und i = 1, ..., n
(n)
(n)
Sowie Xi zeilenweise unabhängig, d.h. Xi unabh. für i = 1, ..., n
Beispiel:
(1)
X1
(2)
(2)
X1 X2
(3)
(3)
(3)
X1 X2 X3
...
Die Z.v. in einem Dreiecksschema erfüllen eine u.a.n. (uniformly, asymptotically negligible) Bedingung,
falls
(n) limn→∞ maxk P (Xk > ) = 0 ∀ > 0
Es folgen zwei Grenzwertsätze.
(n)
Satz: Man kann zeigen: Falls Xi Z.v. eines Dreiecksschemas sind, welche beliebig
verteilt sind und eine u.a.n. Bedingung erfüllen und es gilt:
(n)
(n)
P (X1 + ... + Xn ≤ x) ⇒ F (x)
Dann folgt, dass F unbegrenzt teilbar ist.
Es folgt ein ähnlicher Satz, mit vereinfachten Voraussetzungen.
(n)
Satz: Falls Xi Z.v. eines Dreiecksschemas zeilenweise iid sind und es gilt:
(n)
(n)
P (X1 + ... + Xn ≤ x) ⇒ F (x)
Dann folgt, dass F unbegrenzt teilbar ist.
Bemerkung: Man sieht, dass der Spezialfall F stabil“ hier enthalten ist.
”
X − bn
(n)
Setze dafür Xi := ian n
Wir betrachten ein weiteres Beispiel einer unbegrenzt teilbaren Verteilung.
6
Zusammengesetzte Poisson-Verteilung
Definition: N, X1 , X2 , ... unabh. Z.v. SeiN ∼ Poi(µ) und X1 , X2 , ... iid mit char. Funktion φ(t).
Dann heißt X := X1 + ... + XN zusammengesetzt Poisson verteilt (compound Poisson).
Beispiel: Wir berechnen die char. Funktion von X.
ϕX (t) = E(eitX ) =
=
P∞
=
P∞
l=0 E(e
P∞
itX |N
l=0 E(e
it(X1 +...+Xl ) )
l
l=0 φ(t)
·
= l) · P (N = l)
· P (N = l)
e−µ µl
l!
= exp(µφ(t) − µ) = exp(µ(φ(t) − 1))
k



µ

⇒ ϕX (t) = 
(φ(t)
−
1))
exp(


k {z
|
}
ϕY (t)
mit Y ∼ comp Poi
⇒ zusammengesetzte Poisson-Verteilungen sind unbegrenzt teilbar.
d
Satz: Eine Verteilung F ist unbegrenzt teilbar ⇔ F = limn→∞ Fn , mit Fn zusammengesetzt Poisson.
Literatur:
Lampwerti, Probability
W. Feller, An Introduction to Probability Theory ans Its Applications. Wiley(1971)
B. Fristedt and L. Gray, A Modern Approach to Probability Theory. Birkhäuser(1997)
7
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