Einführung in die statistische Thermodynamik und Quantenmechanik Ernst-Peter Röth Version 1.0 1 Inhalt 1. Einführung........................................................................................... 1 2. Statistik ............................................................................................... 3 2.1 Mittelwert, Streuung, Verteilung......................................................................... 4 2.2 Kombinatorik...................................................................................................... 7 2.3 Verteilungsfunktion .......................................................................................... 14 3. Zustandssumme ............................................................................... 20 3.1. Mittlere Energie .............................................................................................. 21 3.2. Innere Energie ................................................................................................ 22 3.4. Gesamtheiten ................................................................................................. 25 4. Zustandssumme und thermodynamische Größen............................. 27 4.1 Molwärme Cv................................................................................................... 27 4.2 Helmholtz-Energie A........................................................................................ 28 4.3 Entropie S........................................................................................................ 29 4.4 Enthalpie H und Freie Enthalpie G .................................................................. 29 4.5 Zusammenhang zwischen W und S ................................................................ 31 4.6 Zusammengesetzte Zustandssumme ............................................................. 32 5. Strahlungsgesetze ............................................................................ 34 5.1 Stefan-Boltzmann-Gesetz ............................................................................... 34 5.2 Wien’sches Verschiebungsgesetz................................................................... 36 5.3 Plank’sches Strahlungsgesetz......................................................................... 39 5.4 Ableitung des Planck’schen Strahlungsgesetzes nach Einstein...................... 42 6. Auf dem Weg zur Quantenmechanik ................................................ 44 6.1 Rydberg-Formel............................................................................................... 44 6.2 Der Photoelektrische Effekt ............................................................................. 45 6.3 Der Compton-Effekt......................................................................................... 47 6.4 Atom-Modelle .................................................................................................. 50 6.5 Wellennatur der Materie .................................................................................. 51 6.6 Unschärferelation ............................................................................................ 51 7. Schrödinger-Gleichung ..................................................................... 53 7.1 Schrödinger-Gleichung als Wellengleichung ................................................... 54 7.2 Schrödinger-Gleichung als Energiesatz .......................................................... 55 7.3 Aufenthaltswahrscheinlichkeit ......................................................................... 57 7.4 Eindimensionaler Potentialtopf ........................................................................ 58 7.5 Energieeigenwerte der Rotation ...................................................................... 64 7.6 Tunneleffekt..................................................................................................... 68 7.7 Elektron im Coulomb-Feld ............................................................................... 70 7.6 Schrödinger-Gleichung der Vibration............................................................... 73 8. Berechnung von Zustandssummen................................................... 76 8.1 Kombinationsprinzip ........................................................................................ 76 8.2 Zustandssumme der Translation ..................................................................... 77 8.3 Zustandsumme der Rotation ........................................................................... 79 8.4 Zustandssumme der Vibration......................................................................... 81 9. Thermodynamische Daten eines idealen Kristalls............................. 84 9.1 Modell von Einstein ......................................................................................... 84 9.2 Verbesserungen von Debye ............................................................................ 86 10 Gleichgewichtskonstante von Gasphasen-Reaktionen..................... 89 1. Einführung Die Vorlesung „Einführung in die statistische Thermodynamik und Quantenmechanik“ ist als sogenannte „qualifizierende Lehrveranstaltung“ für den Integrierten Studiengang DΙΙ verpflichtend. Sie umfaßt eine Vorlesung von zwei SWS ohne Leistungsnachweis und wird im 4. Studiensemester angeboten. Ziel der Vorlesung ist die Ergänzung der Hauptvorlesung „Physikalische Chemie“ auf den Gebieten der Theoretischen Chemie, die normalerweise aus Zeitgründen zu kurz kommen müssen. Ihr thematischer Inhalt ist in Tabelle 1 zusammengefaßt und soll im folgenden kurz besprochen werden: Die Vorlesung wird mit einer Einführung in die Statistik und die Kombinatorik beginnen. Insbesondere letztere wird für die Herleitung der Begriffe der statistischen Thermodynamik benötigt. Die zentrale Größe der statistischen Thermodynamik ist die Zustandssumme. Es wird gezeigt werden, wie die Größen der klassischen Thermodynamik mit dieser zentralen Größe zusammenhängen. Um die Zustandssumme von Molekülen und Molekülgesamtheiten berechnen zu können, müssen die Energieniveaus des Systems als Lösung der zeitunabhängigen Schrödinger-Gleichung bekannt sein. Daher wird zuerst diese besprochen. Ausgehend von den Strahlengesetzen und den experimentellen Befunden der Spektroskopie von Atomen, wird die historische Entwicklung der Atom-Modelle vorgestellt. Mit der de Broglie-Beziehung und der Heisenberg’schen Unschärferelation wird der Übergang zur Quantenmechanik erreicht. Damit kann dann die SchrödingerGleichung besprochen und anschließend Beispiele für die Lösung der Gleichung vorgestellt werden. Im letzten Teil der Vorlesung wird dann wieder auf die statistische Thermodynamik zurückgegangen, da es jetzt möglich ist, die Zustandssumme für die verschiedenen Anregungsmöglichkeiten von Atomen und Molekülen zu berechnen. 1 Tabelle 1: Themenkreise der Vorlesung A. Statistik -und Kombinatorik Mittelwert, Streuung, Verteilungsfunktion Mikro und Makrozustände Ordnungszustand wahrscheinlichster Zustand B. Zustandssumme Definition Energie als Funktion von Q harmonischer Oszillator mikrokanonische und kanonische Gesamtheit C. Thermodynamische Größen innere Energie und molare Wärmekapazität Helmholtz-Energie und Entropie Enthalpie und freie Enthalpie D. Strahlungsgesetze Stefan-Boltzmann Wien Rayleigh-Jeans Planck E. Der Weg zur Schrödinger-Gleichung Rydberg-Formel, Ritz-Kombinationsprinzip Photoelektrischer Effekt Compton-Effekt frühe Atom-Modelle de Broglie-Beziehung Heisenberg’sche Unschärferelation F. Die Schrödinger-Gleichung aus der Wellengleichung aus dem Energiesatz Hamilton-Operator G. Anwendung der Schrödinger-Gleichung eindimensionaler Potentialtopf starrer Rotator endliche Potentiale, Tunneleffekt Elektron im Coulomb-Feld Vibration eines Diatoms H. Berechnung von Zustandssummen Kombinationsprinzip Translation Rotation Vibration spezifische Wärme von Kristallen Gleichgewichtskonstante 2 2. Statistik Während sich die klassische Thermodynamik mit beobachtbaren (makroskopischen) Größen wie Molzahl, Druck, Volumen, Temperatur und den verschiedenen Energieformen beschäftigt, stellt die statistische Thermodynamik die Verbindung zwischen den Eigenschaften (insbesondere der Energiestufen und deren Besetzungszustand) der Einzelpartikel und den makroskopischen Größen dar. Dazu wird wie in der klassischen Thermodynamik angenommen, daß sich das beobachtete System im Gleichgewicht befindet, allerdings bei einer sich dauernd ändernden Anordnung der Einzelpartikel. Um die Eigenschaften der Einzelpartikel auf die Eigenschaften des Gesamtsystems abzubilden, werden die Gesetze der Statistik benötigt. Daher sollen zuerst einige der Grundbegriffe dieser mathematischen Disziplin erläutert werden. Zuerst einmal ist es notwendig, um überhaupt Statistik zu betreiben, daß eine sehr große Zahl von Einzelpartikeln betrachtet werden kann. Außerdem muß eine Probe, d.h. eine beobachtete Untermenge der Gesamtheit, sowohl zufällig als auch repräsentativ für das Gesamtensembel sein. Diese Bedingung ist auch bei chemischen Analysen wichtig : Werden z.B. nur Proben vom Rand des Reaktors genommen, so kann damit keine Erkenntnis über die Vorgänge im Inneren des Behälters gewonnen werden. Auch eine ‚regelmäßige‘ Beobachtung kann zu Verzerrungen des Kenntnis führen, wenn nämlich dadurch Strukturen nicht mehr beobachtet werden können. Im folgenden sollen Aussagen über die Eigenschaften von Partikeln und Partikelverbänden abgeleitet werden. 3 2.1 Mittelwert, Streuung, Verteilung Die einfachste Art mit unterschiedlichen Einzelergebnissen fertig zu werden, ist, ihren Mittelwert, also z.B. den Mittelwert der Eigenschaften von Einzelpartikel, zu betrachten. x = Σ xi Σ1 Dieser Mittelwert allein ist aber häufig nicht brauchbar. Stehen wir beispielsweise vor der Aufgabe, die Türen der Universität zu konstruieren, so müßte sich die Hälfte der Studenten bücken, wenn wir die Türen so hoch, wie dem Mittelwert ihrer Größe entspricht, machen würden. Man benötigt also eine weitere Größe, die Streuung der Einzelwerte: s = Σ ( xi − x ) 2 Σ1 − 1 Das Quadrat wurde eingeführt, um das Vorzeichen der Differenz zu entfernen, sonst würde die Summe der Abweichungen immer Null ergeben. Für die Studenten der Universität Essen ergibt sich damit etwa: 1.75 ± 0.10 m Machen wir die Türen jetzt 1.85 m hoch, so muß sich immer noch 1/6 aller Studenten bücken, bei 1.95 m sind es nur noch 5%, denn die Größe der Studenten entspricht etwa einer Glockenkurve, d.h. einer Gaußverteilung (Abbildung 1a) f( x) = 1 ⋅e s 2π (x−x) − 2 2 s2 Tatsächlich sind die Türen in der Universität 2.10 m hoch. 4 Abbildung 1a : Beispiel einer normalen Gaußverteilung Abbildung 1b : Beispiel einer logarithmischen Gaußverteilung 5 Abbildung 1c : Vergleich der beiden Beispiele 1a und 1b von Gaußkurven. Dünn sind die Kurven gezeichnet, die sich ergeben, wenn die Parameter einer Normalverteilung in eine logarithmische Verteilung, bzw. umgekehrt, eingesetzt wird. Jetzt wollen wir die Türen des Essener Rathauses berechnen. Da zu den Essener Bürgern auch die Kinder und Babys zählen, ergibt sich h = 1.20 ± 0.50 m Nehmen wir als Türhöhe, wie in der Universität, den Wert x + 3s , so müßten die Türen 2.70 m hoch sein, offensichtlich ein Konstruktionsfehler. Außerdem würde, unter der Annahme einer Gaußverteilung , etwa 5% aller Essener Bürger kleiner als 30 cm sein, was ebenfalls nicht richtig sein kann. Wo liegt der Gedankenfehler? Offenbar sind nicht alle Verteilungen Glockenkurven. Im Falle der Rathaustüren müßten wir auf eine andere Verteilung kommen, die ausschließt, daß negative Werte berechnet werden. Dies ist die sogenannte logarithmische Normalverteilung 6 f ( ln x ) = 1 ⋅e s 2π 2 ln x − ln x ) ( − 2 s2 Diese Kurve ist in der Abbildung 1b aufgetragen. In der Abbildung 1c sind die beiden Verteilungen zusammen aufgezeichnet. Fett sind jeweils die Kurven der Abbildungen 1a und 1b gezeigt. Die Kurven, die sich ergeben, wenn die anstelle der Normalverteilung die Log-Normalverteilung, bzw. umgekehrt, eingesetzt wird, sind dünn dazu gezeichnet. Das Fazit unserer Überlegung ist also, daß es nicht alleine genügt, wenn Mittelwert und Streuung bekannt sind, sondern daß es ebenso wichtig ist, die Verteilung aller Werte zu kennen. 2.2 Kombinatorik Um Verteilungen berechnen zu können, müssen wir uns mit einem weiteren Gebiet der Mathematik beschäftigen, der Kombinatorik. Einen Spezialfall hatten Sie bereits kennengelernt, als in der kinetischen Gastheorie die Anzahl von Stößen zwischen den Molekülen eines Gases berechnet wurde. Jetzt wollen wir ein anderes Gebiet der Kombinatorik betrachten, die Möglichkeit der Anordnung verschiedener Ereignisse oder Elemente. Zur Einführung wollen wir würfeln, zuerst nur mit einem Würfel. Bei einem idealen Würfel werden die 6 möglichen Zustände, die durch die Augenzahlen charakterisiert sein sollen, alle gleich groß sein. Für die Wahrscheinlichkeit zi ergibt sich also immer mit der Anzahl der möglichen Kombinationen : zi = 1/6 und zges = 1 .(Gesamtzahl der Möglichkeiten) Bei zwei Würfeln, einem schwarzen und einem weißen, ist die Anzahl der Zustände gleich 11, nämlich die Kombination der möglichen Augenzahlen zwischen 2 und 12. 7 Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, eine dieser Augenzahlen zu würfeln, für alle nicht gleich groß: zges 2 1+1 3 1+2 2+1 4 1+3 2+2 3+1 5 1+4 2+3 3+2 4+1 6 1+5 2+4 3+3 4+2 5+1 7 1+6 2+5 3+4 4+3 5+2 6+1 6 2+6 3+5 4+4 5+3 6+2 5 3+6 4+5 5+4 6+3 4 4+6 5+5 6+4 3 5+6 6+5 2 6+6 1 8 1 2 9 3 10 4 11 5 12 Leider ist die Verteilungskurve nicht immer linear. Bei 3 unterschiedlichen Würfel ergeben sich als mögliche Kombinationen 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 Augen 1 3 6 10 15 21 25 27 27 25 21 15 10 6 3 1 zges Für 4 unterschiedliche Würfel gilt entsprechend: 4 5 6 7 8 9 10 11 14 … Augen 1 4 10 16 34 52 80 104 125 140 164 … ⋅ zges 12 13 Mit zunehmender Würfelzahl wird die Kurve immer schmaler, d.h. nur noch wenige der Verteilungsmöglichkeiten der Augen werden im Mittel gewürfelt (Abbildung 2). 8 Abbildung 2 : Verteilung der Gesamtzahl der Augen, wenn mit mehreren Würfeln gewürfelt wird. Doch schauen wir uns einmal an, wie die obige Verteilung für 3 Würfel erreicht wurde: Augenzahl 3 : 1+1+1 4 : 1+1+2 6 : 2+2+2 1+2+1 2+1+1 1+1+4 1+4+1 4+1+1 1+2+3 1+3+2 2+1+3 2+3+1 3+1+2 3+2+1 9 Für die Augenzahl 6 gibt es also 3 möglichen Kombinationen für ununterscheidbare Würfel, nämlich mit den Augenzahlen 2/2/2, 1/1/4 und 1/2/3. Sind die drei Würfel nicht gleich, kann jede der Kombinationen durch unterschiedliche Anordnung der Augenzahlen der drei unterschiedlichen Würfel hergestellt werden. Man spricht dann von einer Permutation. Um die Gesamtzahl der Möglichkeiten zu erhalten, muß also einmal die Zahl der Kombinationen bekannt sein und dann für jede Kombination die Anzahl der Permutationen. Im Falle gleicher Teilchen spricht man anstelle von Permutation von der Entartung des Zustands. Ein weiteres Begriffspaar, das anhand dieses Beispiels verdeutlicht werden kann, ist das Paar „Mikrozustand/Makrozustand“. Als Makrozustand wird die Kombination bezeichnet, als Mikrozustände die Permutationen. Jeder Makrozustand ist also durch einen oder mehrere Mikrozustände zu erreichen. Um diese Begriffe jetzt auf das thermodynamische Problem zu übertragen, soll untersucht werden, wie viele Möglichkeiten es gibt, 3 Partikel auf 4 Energieniveaus zu verteilen, die den gleichen Abstand voneinander haben: Das unterste Niveau möge die Energie 0 besitzen. Damit gilt ε3 ε2 εi = i ⋅ ∆ε wo ∆ε der Abstand der Energieniveaus ε1 ist. ε0 Außerdem soll die Gesamtenergie gleich 3∆ε betragen. Das Problem entspricht damit einem „Würfeln“ mit drei Tetraedern, deren Flächen durch 0, 1, 2 und 3 gekennzeichnet sind. Die Gesamtaugenzahl 3 ist dann zu erhalten durch die folgenden Kombinationen: 0+0+3 0+1+2 1+1+1 Die Kombination 0+0+3 (Makrozustand) hat 3 Permutationen (Mikrozustände), die Kombination 0+1+2 hat 6 und für den Makrozustand 1+1+1 gibt es nur eine Art der Anordnung. Im Energieniveau-Schema sehen die Mikro- und Makrozustände dann folgendermaßen aus (Abbildung 3) : 10 ε3 ■ ■ ■ ε2 ■ ■ ■ ■ ■ ■ ε1 ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■■■ ■■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ε0 ■■ ■■ Makrozustand 1 mit Makrozustand 2 mit Makrozustand 3 mit 3 Mikrozuständen 6 Mikrozuständen 1 Mikrozustand Abbildung 3 : Schema der Verteilung von 3 ∆ε auf die untersten vier Energieniveaus. Die nächste Frage, die wir uns stellen müssen, ist: Kann man die Anzahl der Makround Mikrozustände berechnen? Dabei wird das Energieniveau-Schema als fest vorgegeben betrachtet, und es wird nach den möglichen Verteilungen von n Teilchen auf m Niveaus gefragt. (Die Berechnung der Energieniveaus wird im Abschnitt „Quantenchemie“ behandelt werden.) Die Gesamtzahl der möglichen Verteilungen ist einfach zu ermitteln: Sollen n Partikel auf m Niveaus verteilt werden, ohne daß irgendwelche Randbedingungen erfüllt sein müssen, so ist die Gesamtzahl der Möglichkeiten gleich Anz = mn Beispiel: 2 Teilchen auf 6 Niveaus (entspricht den Möglichkeiten der Würfe mit zwei unterschiedlichen Würfeln) ergab 6*6 = 36 Möglichkeiten. Die Formel ergibt sich aus der folgenden Überlegung: Für jedes Teilchen soll die Chance auf die Besetzung eines der Niveaus gleich groß sein, damit ergeben sich m Möglichkeiten für ein Teilchen. Für jedes andere gilt aber das gleiche, also insgesamt Anz = m ⋅ m ⋅ m … ⋅ m = mn 11 In der Thermodynamik können wir unser Problem weiter eingrenzen, da es zwei Randbedingungen gibt: 1. Die Anzahl der Partikel ist unveränderlich. 2. Die Gesamtenergie kann sich nicht ändern. Die zweite Forderung ist der 1. Hauptsatz der Thermodynamik und entspricht der Einschränkung, daß beim Würfeln eine bestimmte Augenzahl vorgegeben sein soll. Gefragt ist dann nach der Kombination (oder dem Makrozustand), die die größte Anzahl von Permutationen (oder Mikrozuständen) aufweist und damit die wahrscheinlichste ist. Dabei wurde vorausgesetzt, daß jede Anordnung der Teilchen die gleiche Chance, angenommen zu werden, besitzt. Die Anzahl der Permutationen ist ebenfalls einfach zu berechnen: Kann jeder Zustand nur von einem Teilchen angenommen werden, so gilt: 1 Teilchen: A 2 Teilchen: AB BA 3 Teilchen: ABC ACB _ BAC BCA _ CAB CBA entsprechend für n Teilchen: } } =1 Möglichkeit =2 Möglichkeiten =3⋅2 Möglichkeiten n! = 1 × 2 × 3 × … ×n Die Einschränkung, daß jeder Zustand nur von einem Partikel besetzt wird, ist aber nicht aufrecht zu halten. Mehrfachbesetzungen (Entartung) müssen möglich sein. Dadurch wird die Anzahl der Möglichkeiten reduziert, und zwar um ni! . ni ist dabei die Zahl der Entartungen des i-ten Zustandes. 12 ABC ACB BAC BCA CAB CBA C≡B =====> n! = 6 ABB ABB BAB BBA BAB BBA n!/2! = 3 Allgemein kann man sagen, daß die Anzahl der Mikrozustände, durch die ein Makrozustand angenommen werden kann, gegeben ist durch W = N! n 0 ! n1 ! n 2 ! K n m ! N ist dabei die Gesamtzahl der Partikel und ni die Anzahl der Partikel, die sich im Zustand i befinden. W ist das Gewicht des Makrozustands. Bei dem Beispiel mit der Anordnung von 3 Partikeln auf 4 Energiestufen galt für die Makrozustände: 1: 3! 2 ! 0 ! 0 ! 1! 2: 3! 1! 1! 1! 0 ! 3: 3! 0 ! 3! 0 ! 0 ! = = 1⋅ 2 ⋅ 3 1 ⋅ 2 ⋅ 1 ⋅1 ⋅1 = 3 6 = 1 13 2.3 Verteilungsfunktion Wir hatten bei den Beispielen mit den Würfeln gesehen, daß das Gewicht der einzelnen Kombinationen bereits bei zwei Würfeln unterschiedlich war. Je größer die Anzahl der Würfel, um so mehr wird sich eine geringe Anzahl (oder nur eine) von Kombinationen herauskristallisieren, die die höchste Wichtung hat. Statistisch gesprochen ist dies die Kombination mit der größten Wahrscheinlichkeit. Gegeben ist also das Gewicht W eines Makrozustands: W N! n1 ! K n m ! = bei dem N Teilchen auf m Zustände verteilt sind. Gesucht ist die Verteilung mit dem größten Gewicht. Dies ist eine Extremwertaufgabe, für die gelten muß: δW δ ni = 0 Da mit Produkten weniger bequem gerechnet werden kann als mit Summen, reduziert man das Niveau der Rechnung durch Logarithmieren, denn wenn dW ≡ 0 ist auch d ln W ≡ 0 und umgekehrt. Zusätzlich zu d ln W = 0 = δ ln W dn i δ ni ∑ müssen auch die Nebenbedingungen und N = Σ ni = const oder Σ dni = 0 Eges = Σ εini = const oder Σ εi dni = 0 erfüllt sein. Um die Bedingung d ln W = 0 gleichzeitig mit den Randbedingungen zu erfüllen, wendet man die Lagrange-Methode der unbestimmten Multiplikatoren an. Diese 14 Methode besagt nichts weiter, als daß, wenn die Einzelbedingungen gelten müssen, diese auch in einer beliebigen Linearkombination zusammengefaßt werden können: δ ln W dn i + α ∑ dn i − β ∑ ε i dn i δ ni ∑ = 0 oder, zusammengefaßt: ∑ δ ln W + α − β ⋅ ε i dn i δ ni = 0 Da die ni voneinander unabhängig sind (denn die Abhängigkeiten, die sich aus den Randbedingungen ergeben, haben wir ja in die Gleichung einbezogen), muß die obige Gleichung für alle ni separat erfüllt sein: δ ln W + α − β⋅εi δ ni = 0 Dies ist eine Bestimmungsgleichung für ni , wenn εi vorgegeben ist. Wenn wir dieses Gleichungssystem für alle m Ereignisniveaus lösen, haben wir die gesuchte wahrscheinlichste Verteilung von N Teilchen auf m Energieniveaus gefunden. Ableitung von ln W nach ni : 1. Schritt: W = oder N! N! = n0 !n1!n2 !K nm ! Π ni ! ln W = ln N ! − ∑ ln n j ! j also δ ln W δ ni = − δ ln n i ! δ ni da in Bezug auf ni alle übrigen Glieder unabhängig sind. Für große n kann die Stirling-Näherung für ln n! angesetzt werden: ln n! ≈ n ln n - n 15 und dann gilt: δ ln W δ ni = − δ δ ni [ n i ln n i − ni ] 1 = − 1⋅ ln n i + n i ⋅ − 1 = ni Also: - ln n i + α - βε i oder ni e α -βε i = = 0 = e α e −βε i − ln n i Die Konstanten α und β ergeben sich aus den Randbedingungen N = oder Also: eα ∑ nj −βε j = eα ∑ e −βε j N = ∑e − βε j N = ni ∑ eα e = ∑e − βε j ⋅ e − βε i Damit ist dann die gesuchte Verteilung gegeben: fi = ni N = e − βε i ∑e − βε j Diese Verteilung ist auf 1 normiert, denn es gilt: ∑ fi = ∑ e − βε − βε ∑e i j ≡ 1 16 Die zweite Konstante des Lagrange´schen Verfahrens der unbestimmten Multiplikatoren läßt sich aus der zweiten Randbedingung bestimmen: ∑ εi ni E ges oder = E ges = ε = N ∑ εi ni ∑ ni Um hieraus die Konstante β bestimmen zu können, muß allerdings erst bekannt sein, wie groß die einzelnen Energiewerte εi sind. Dies ist Aufgabe der Quantenmechanik. Für die Translatorische Energie (Wärme) gilt: β 1 kT = Im folgenden soll diese Beziehung abgeleitet werden: ε = ∑ε f ∑f i i mit fi = i ε = ∑ εi − βε i e e − βε i ∑ = ε − βε ∑e i − βεi und ∑ ε i e − βε ∑ e − βε ∑ fi ≡ 1 i i Die Quantenmechanik sagt, daß für die Translatorische Energie eines Freiheitsgrades gilt: εi = i 2 ⋅ ∆ε Aus der Thermodynamik wissen wir, daß für diesen Fall gilt: ε = 1 kT 2 17 Da die Zustände nur geringe Abstände voneinander haben, ersetzen wir die Summen durch das Integral, wobei εi = x2 = i2 ⋅ ∆ε gesetzt wird. Dann wird aus ∑ i das Integral∫ di, bzw. ∫ dx : ∞ 2 x 2 e − βx dx ∫ 1 kT 2 = ε = 0 ∞ ∫ e − βx dx 2 0 Die Integraltafel sagt: ∞ 1 −1 2 − βx 2 e ∫0 dx= 2 β π ∞ 1 −3 2 2 − βx 2 x e dx = β π ∫0 4 und also: 1 kT 2 = oder β 1 kT = ε = 1 β−3 2 4 1 β −1 2 2 π π = 1 2β q.e.d. Und damit ist dann die Boltzmann-Verteilung (Abbildung 4) bekannt: fi = ni N = e − ε i kT ∑ e − ε j kT εi = Zustand Wir hatten in der Kombinatorik gesehen, daß die Anzahl der Zustände nicht mit der Anzahl der Energieniveaus übereinstimmen muß. Durch Permutation wird immer der gleiche Makrozustand (oder die gleiche Energie) erreicht. Da in der Quantenmechanik vorwiegend mit Energieniveaus gerechnet wird, führt man den Begriff der Entartung ein. Die Entartung gj gibt an, wie viele Teilchen das gleiche Energieniveau 18 Abbildung 4 : Die Boltzmann-Funktion (blau : kontinuierlich, rot : gequantelt) besetzen. Bezieht man sich auf die Energieniveaus und nicht auf die Energiezustände, so schreibt man die Boltzmann-Verteilung folgendermaßen: fj = nj N = gj e − ε j kT ∑ gj e − ε j kT Diese Funktion gibt dann die Besetzung des Energieniveaus j an. 19 3. Zustandssumme Die Boltzmann-Verteilung gibt an, wie N Teilchen auf die möglichen Energiezustände eines Systems verteilt sind. Sie kann, wie in der klassischen Thermodynamik, kontinuierlich sein (Abbildung 4), oder aber gequantelt, wenn die Energiezustände gequantelt sind. n fi = i = N g i e −ε i ∑g i e kT −ε j kT In der Boltzmann-Funktion tritt eine zentrale Größe der statistischen Thermodynamik auf, die Zustandssumme (engl.: partition function): Q = ∑ gj e − ε j kT (Die Entartung gj wurde eingeführt, um jedes Energieniveau εj in der Summe nur einmal berücksichtigen zu müssen). Diese Zustandsumme enthält alle thermodynamischen Informationen über ein System aus voneinander unabhängigen Partikeln. Das heißt aber nichts anderes als: Wenn wir die makroskopischen Eigenschaften des Systems aus den mikroskopischen Eigenschaften der Einzelteilchen ableiten wollen, wird immer wieder die Zustandssumme Q in die Berechnungen eingehen. Damit ist die Zustandssumme die zentrale Größe der Statistischen Thermodynamik und im folgenden sollen diese Zusammenhänge demonstriert werden. Allerdings können wir zum jetzigen Zeitpunkt die thermodynamischen Größen immer nur auf Q zurückführen, da für die Berechnung von Q die Quantenmechanik bekannt sein muß. 20 3.1. Mittlere Energie Anhand der Berechnung der mittleren Energie eines der N Teilchen des Systems soll die Bedeutung der Zustandssumme demonstriert werden: Für den Mittelwert galt: ε ∑ εj nj ∑ nj = nj mit also: ∑ ε nj = nj ∑ = εj ⋅ gj e = N ∑ εj ⋅ = gj e nj ∑ nj − ε j kT ∑ gj e − ε j kT = Q = − ε j kT 1 ⋅ Q gj e − ε j kT ∑ εj gj e Q − ε j kT Dieser Ausdruck ist identisch mit ε kT 2 = δ ln Q δT also einer Formel, in der neben der Temperatur T nur die Zustandssumme Q auftaucht. Beweis: δ ln Q δT Q δQ δT = δ ln Q δQ ⋅ δQ δT ∑ gj e = = 1 δQ Q δT = − ε j kT ∑ gj e − ε j kT ( ) δ − ε j kT ⋅ δT 1442443 = εj k ⋅ 1 T2 21 eingesetzt ergibt sich: ε = kT 2 ⋅ 1 ⋅ Q ∑ gj εj e kT 2 − ε j kT = 1 ⋅ Q ∑ gj εj e − ε j kT q.e.d 3.2. Innere Energie Die Summe der mittleren Energie der Teilchen (oder die Gesamtenergie aller Teilchen, ohne deren Wechselwirkungsenergie) hängt mit der Inneren Energie der klassischen Thermodynamik zusammen: E ges = N⋅ε E ges = U − U0 U − U0 also: = = R T2 ⋅ R T2 ⋅ δ ln Q δT δ ln Q δT Ein Energieniveausystem, bei dem die Niveaus gleiche Abstände von einander haben, wird „harmonischer Oszillator“ genannt. Für ein solches Niveausystem läßt sich die Zustandssumme und damit die Verteilung auf die einzelnen Energiestufen berechnen: fi = ni N = e − ε i kT Q mit Q = ∑ e−ε i kT Es soll also berechnet werden, wie viele Partikel eines Systems, dessen Gesamtenergie konstant ist, sich auf den einzelnen Niveaustufen befinden. 22 εi Bei gleichen Energieabständen gilt: = i ⋅ ∆ε und damit Q = ∑ e − i ∆ε kT ( = ∑ e −∆ε kT ) i = 1+ z + z 2 + z 3 +K z mit e −∆ε kT = = 1 e ∆ε kT Diese unendliche geometrische Reihe hat eine endliche Größe, da z < 1 (∆ε und kT sind immer positiv) Q = 1 1−z = 1 1 − e − ∆ε kT und damit gilt für die Besetzungswahrscheinlichkeit: fi = ( 1 − e −∆ε kT ) e −i ∆ε kT Wir wollen von einem Energieniveausystem ausgehen, dessen Abstände gerade gleich kT sind. (Oder, bei gegebenen Energieniveaus, wählen wir die Temperatur gerade so, daß diese Forderung erfüllt ist.) ∆ε/kT= 1 Q = f0 = f1 = ( 1 − e −1 ) = ( 1 − e − ∆ε kT ) 1.58 = 1 Q ( 1 − e− ∆ε kT ) e −i ∆ε kT = 0.63 = 0.23 1 1 2 f2 = 1 − = 0.086 e e f3 = 0.031 f4 = 0.0116 f5 = 0.0043 f6 = 1.57 × 10-2 f7 = 5.76 × 10-3 f8 = 2.12 × 10-4 f9 = 7.80 × 10-5 f10 = 2.87 × 10-5 23 Diese Besetzungszahl f10 scheint bedeutungslos klein zu sein, bedenkt man jedoch, daß sich in einem Liter Gas bei Normaldruck etwa 2.5 × 1022 Teilchen befinden, so heißt dies, daß auf dem 10-ten Energieniveau immer noch 7.12 × 1017 Teilchen zu finden sind. Jetzt wird die Temperatur gesenkt auf 1/3 ihres ursprünglichen Wertes, also ∆ε/kT= 3. Dann gilt: ∆ε/kT= 3 Q 1 = Q f1 = 0.047 f0 (1 - e-3)-1 = = = 1.052 0.95 f2 = 0.0024 f3 = 1.2 × 10-4 f4 = 5.8 × 10-6 f5 = 2.9 × 10-7 Bei Erhöhung der Temperatur auf das Dreifache ergibt sich: ∆ε/kT= 1/3 Q = f0 = ( 1 − e −1 3 1 Q = ) −1 = 3.53 0.283 f1 = 0.203 f2 = 0.146 f3 = 0.104 f4 = 0.0747 f5 = 0.0535 Diese Verteilungen sind in Abbildung 5 veranschaulicht. Man erkennt bereits aus diesen Beispielen, daß sich bei niedriger Temperatur fast alle Partikel im untersten Zustand, dem Grundzustand, befinden. Was heißt dabei ‚niedrige Temperatur ?‘ Offensichtlich muß die termische Energie in Bezug zum Abstand der Energieniveaus gesehen werden. Die Translationsenergie eines Teilches ist kT ≅ 0.025 eV. Die termische Energie eines Mols der Partikel ist aber gleich RT=NAkT, also groß gegen kT Also sind immer viele der Energieniveaus besetz. 24 Abbildung 5 : Die Besetzung der unteren Energieniveaus für verschiedene Temperaturen. Ein typischer Wert für die Schwingungsenergie ist 0.1 eV, d.h. ∆ε/kT = 4. Dies war etwa der linke Fall der Abbildung 5. Bei Zimmertemperatur sind also nur die untersten Energieniveaus der Vibration besetzt. 3.4. Gesamtheiten Bevor zum Abschluß des ersten Teils der Vorlesung, der Einführung in die statistische Thermodynamik, die verschiedenen Größen der klassischen Thermodynamik auf die mikroskopischen, molekularen Größen, d.h. auf die Zustandssumme zurückgeführt werden, sollen noch weitere Begriffe, die mit der Zustandssumme zusammenhängen, geklärt werden. Das jeweils betrachtete System wird als Gesamtheit oder Ensemble bezeichnet. Es kann in N gleichartige Untersysteme geteilt werden, die alle die gleiche Anzahl von Partikeln und das gleiche Volumen haben, die Untersysteme müssen also mindestens geschlossen sein. 25 Läßt man nun einen Energieaustausch zwischen den Untersystemen zu, so wird sich in allen die gleiche Temperatur einstellen. Man spricht in diesem Fall von einem kanonischen Ensemble. kanonisch : N, V, T sind konstant Sind die Untersysteme isoliert (abgeschlossen), ist also der Energieaustausch nicht möglich, kann sich eine gemeinsame Temperatur nicht einstellen. Ist der Energieinhalt der Untersysteme gleich, so wird die Gesamtheit mikrokanonisch genannt. mikrokanonisch : N, V, E sind konstant Eine Gesamtheit aus offenen Systemen wird als makrokanonisch bezeichnet, wenn die Untersysteme gleiche Volumina und gleiche Temperatur besitzen. Außerdem muß in diesem Fall das chemische Potential in allen Unterteilungen gleich sein. makrokanonisch : µ, V, T sind konstant 26 4. Zustandssumme und thermodynamische Größen Nachdem wir bereits den Zusammenhang zwischen einer thermodynamischen Größe, nämlich der Inneren Energie U, und der Zustandssumme Q kennen, können wir mit den bekannten Beziehungen der klassischen Thermodynamik auch alle anderen thermodynamischen Größen auf die Zustandssumme zurückführen. 4.1 Molwärme CV δ U δT v Cv = RT 2 δ ln Q δT ≡ δ 1T δT denn = δ ln Q δ 1T −R = δ 2 δ RT ln Q δT δT 1 − 2 T oder δT = − T2 δ 1T also Cv = δ ln Q δ − R δT δ 1 T = δ ln Q R − δ 1 T − T2 δ 1 T δ und damit gilt Cv = R δ 2 ln Q T 2 δ ( 1 T )2 27 4.2 Helmholtz-Energie A Die Helmholtz-Energie ist definiert durch A = U - TS In dieser Gleichung ist U(Q) bekannt, aber der Zusammenhang von S und Q fehlt noch. Es wird daher der folgende Umweg eingeschlagen, wobei die Ausgangsgleichung zuerst differenziert wird. dA = dU - d(TS) = dq - pdV - Tds – SdT Bei konstantem Volumen, oder dV = 0, gilt : δA δT v = −S und damit A δA U + T δT v = A = RT 2 U ist aber bekannt, also: δ ln Q δT δA + T δT v Die Lösung dieser Differentialgleichung ist A denn oder δA δT = - RT ln Q δ ln Q δT = − R ln Q − RT = δ ln Q A − RT T δT δA T δT = δ ln Q A − RT 2 δT q.e.d 28 4.3 Entropie S Mit dem oben abgeleiteten Zusammenhang zwischen A und S läßt sich die Entropie als Funktion von Q bestimmt werden. δA δT v Aus = −S A und = - RT ln Q ergibt sich sofort: S = 4.4 δA − δT v = δ ln Q R ln Q + RT δT v Enthalpie H und Freie Enthalpie G Wegen H = U + p⋅V und G = H - TS = A + p⋅V kann auf den oben abgeleiteten Zusammenhang von U und A mit der Zustandssumme zurückgegriffen werden, wenn p⋅V als Funktion von Q bekannt ist. Es ergibt sich also die Frage : Wieso hängt p⋅V von Q ab? p⋅V ist die potentielle Energie, die bei realen Gasen die Wechselwirkungen zwischen den Partikeln enthält, die ihrerseits auf die Molekülparameter zurückgeführt werden können. Daher muß auch p⋅V von Q abhängen, wenn es richtig ist, daß in der Zustandssumme alle Informationen über ein Ensemble von Teilchen enthalten ist. = δA − δV Behauptung: p Beweis: A = U - TS δA δV T = T δU δV δS − T T δV T 29 = δq δV δS − T − p δV T δV δV T 1444 424444 3 T = −p q.e.d. Diese Ersetzung folgt aus dU = dq - pdV und nicht aus einer Ableitung nach V, denn dann müßte auch p abgeleitet werden. Nachdem die aufgestellte Behauptung bewiesen ist, ist die gesuchte Beziehung gefunden: δA δA p⋅V = − V = − δV T δ lnV δ δ lnQ = RT lnQ = RT δ ln V δ ln V T T T Und damit lassen sich jetzt H und G als Funktionen von Q schreiben: δ lnQ δ lnQ + H = RT δ ln T δ ln V V T und δ lnQ G = RT lnQ − δ lnV T Die Terme in { } sind jeweils dimensionslos, da sowohl Q als auch ln Q, ln V und ln T dimensionslos sind. 30 4.5 Zusammenhang zwischen W und S DerZusammenhang zwischen S und Q war bereits gefunden : S = δ ln Q k ln Q N + NkT δT V da R = k⋅N Da die wahrscheinlichste Verteilung W von der Lage der Energieniveaus abhängt, werden diese in die Gleichung eingebracht : ε kT 2 = δ ln Q δT = k ln Q N + NkT ⋅ε kT 2 = k ln Q N + N T δ lnW δ ni = β ⋅ εi − α − α = ln Q W S ∑ε N δ ln Q δT ⇒ i = = ε kT 2 k ln Q N + k ∑ εi kT Es gilt aber auch: oder Also δ ln W δ ni ⇒ ln W = = ∑ mit eα = N Q und β= 1 kT εi Q + ln kT W εi Q + N ⋅ ln + Const kT N Um die Konstante zu bestimmen, wird diese Gleichung umgeformt. ln W = ∑ εi kT + N ⋅ ln Q − N ⋅ ln N + Const 31 Diese Gleichung muß für alle Energieschemata gelten, also auch z.B. für ein einziges Niveau ε0 : W= N! N! = =1 Πn ! N ! 0= N also : und Q=∑ e −ε / kT =e −ε / kT ε0 ε + N − 0 − N ⋅ ln N + Const kT kT ⇒ Const = N ln N Damit kann jetzt aus dem Vergleich der Gleichungen für S und W die gesuchte Beziehung gefunden werden. S = 4.6 k ln W Zusammengesetzte Zustandssumme Die Energie eines Teilchens setzt sich aus den Einzelenergien der Translation, Rotation, Vibration und der elektronischen Anregungung zusammen. Es soll jetzt die zu dieser additativen Verknüpfung der Energien korrespondierende Verknüpfung der Zustandssummen ermittelt werden. j Aus εi = k m εT + εR + ε lV + ε el folgt Q = ∑ e − ε kT = ∑ e − ε Tj kT = ∑e − { ε T + K + ε el } kT k l m ⋅ e − ε R kT ⋅ e − ε V kT ⋅ e − ε el kT i 32 Die Summe ∑ wird aufgespalten in Untersummen j i Q = ∑ e−ε T kT ⋅ j also: ∑ ,∑ ,∑ ,∑ ∑ e−ε R k kT ⋅ k ∑ e−ε l l V kT m ⋅ ∑ e−ε el kT m Q ges = Q T ⋅ Q R ⋅ Q V ⋅ Q el Diese Aufspaltung ist sinnvoll, denn z.B. gilt für die Beiträge der einzelnen Anregungsmöglichkeiten zur Helmholtz-Energie: A=- kT ln Q =-kT{lnQT + lnQR + K} = AT + AR + K d.h. die Energien addieren sich wieder. Für ein System aus unterscheidbaren Teilchen, z.B. für die Moleküle eines Kristalls, die durch ihre Position unterscheidbar sind, gibt es keine Entartung und die Gesamtzustandssumme des Ensembles aus N Partikeln ergibt sich aus dem Produkt der Zustandssummen der Partikel : ∧ Q = QN unterscheidbare Teilchen, keine Entartung Sind die Teilchen, wie z.B. in einem Gas, ununterscheidbar, so muß das Produkt der Zustandssummen der Einzelpartikel durch N! dividiert werden. Auf diese Weise wird analog zur Wichtung die N-fache Entartung berücksichtigt. ∧ Q = QN N! ununterscheidbare Teilchen, Entartung Mit diesen Bemerkungen soll das Kapitel über die Zustandssumme erst einmal geschlossen werden und im folgenden wollen wir uns der Berechnung der Energien der einzelnen Niveaus eines Atoms oder Moleküls zuwenden. 33 5. Strahlungsgesetze Ein Würfel mit schwarzen Seitenflächen wird „schwärzer“ durch Schatten auf diese Flächen. Der Schatten kann noch schwärzer gemacht werden, wenn man in ihm ein Loch in den Kasten macht. Was bedeutet „schwarz“? Am Ende des 19. Jahrhunderts war man allgemein der Auffassung, alles mechanisch erklären zu können, also auch die Frage: Wieviel Licht kommt aus dem Loch eines schwarzen Kastens? Die Beantwortung dieser Frage führte zu den Strahlungsgesetzen von Stefan-Boltzmann, Wien, Rayleigh-Jeans und Planck. Hierbei mußte Planck annehmen, daß die Energie gequantelt ist, d.h. es wurde ein Tor zur späteren Quantenmechanik geöffnet. Nachfolgend soll dieser Weg skizziert werden. 5.1 Stefan-Boltzmann-Gesetz Aus der kinetischen Gastheorie wissen wir, daß der Druck im Inneren eines gasgefüllten Hohlkörpers gleich 1/3 der Impulsänderung der Einzelpartikel an den Wandflächen ist. Analog gilt für den „Strahlungsdruck“, den die Photonen im Inneren eines Hohlkörpers ausüben: p = Damit gilt mit 1 η 3 mit η = Energiedichte der Photonen U = η⋅ V (Innere Energie): 1 dU = Vdη + ηdV = dq − pdV = dq − ηdV 3 oder 4 dq = ηdV + Vdη 3 34 Für die Entropie S gilt dann dq T dS = 4η V dη dV + dT 3T T dT = Da S eine Zustandsfunktion ist, gilt nach dem Schwarz’schen Satz: δ δS δT δV T δ 4η δT 3T oder δ δS δV δT = = δ V dη δV T dT 4 dη 4 − ηT −2 3T dT 3 1 − 1 dη T 3 dT dη η oder = 4 = V = 1 dη T dT 4 η T −2 3 dT T Diese Gleichung wird jetzt integriert : ∫ dη η = ln η = 4∫ dT T 4 ln T + const 123 = ln a η = Mit η= 4π ⋅L c0 a ⋅ T4 (L = Strahlungsdichte, c0 = Lichtgeschwindigkeit) 35 folgt: das Gesetz von Stefan und Boltzmann : L= c0 ⋅a 4 T 4π d.h.: Die Strahlungsdichte eines Schwarzen Körpers ist proportional der vierten Potenz der Temperatur, die im Inneren des Schwarzen Körpers herrscht. 5.2 Wien’sches Verschiebungsgesetz Aus einer Analogiebetrachtung, bei der die Strahlung im Inneren eines Hohlraums einem idealen Gas gleichgesetzt wird, erhält Wien kurz vor der Jahrhundertwende sein Verschiebungsgesetz der Strahlungsdichte: L ( λ , T ) = β ⋅ λ−5 fkt ( λ ⋅ T ) Die Verteilungsdichte ist nur abhängig vom Produkt λ ⋅ T ! Mit diesem Gesetz läßt sich bei Kenntnis der spektralen Abhängigkeit bei einer Temperatur die spektralen Abhängigkeiten bei beliebigen Temperaturen herleiten, wie im folgenden gezeigt wird. ⇒ λ ⋅ T1 Transformation: λ ⋅ T0 dann gilt: L λ , T1 ( ) = β⋅λ −5 = β⋅λ −5 λ = λ ( ⋅ fkt λ ⋅ T1 ⋅ −5 ) L ( λ , T0 ) β ⋅ λ−5 ⋅ L ( λ , T0 ) 36 λ ⋅ T1 T0 = ⋅ T1 λ ⋅ T0 ( L λ , T1 oder ) = T0 T1 −5 −5 L ( λ , T0 ) L ( λ , T0 ) Bekannter ist das Wien’sche Verschiebungsgesetz als Zusammenhang zwischen den Maxima der Strahlungsdichte. Für diese gilt die Beziehung : δL δλ L Mit δL δλ = 0 = β ⋅ λ−5 ⋅ f ( λ ⋅ T ) = − 5β ⋅ λ− 6 ⋅ f + β ⋅ λ− 5 ⋅ f ' ⋅ T 5f = β ⋅ λ− 5 f '⋅T − λ folgt f' ⋅ T − 5f λ max = λ max ⋅ T = 5 ⋅ ⇒ f f' = 0 0 = const ≈ 3000 µm K Die Sonnenstrahlung hat ihr Maximum bei 500 nm = 0.5 µm: ⇒ TSonne = 6000 K Für die Erde gilt bei einer mittleren Temperatur von 300 K, daß das Strahlungsmaximum bei 10 µm liegt. Daß die Sonnenstrahlung ebenso wie die Abstrahlung der Erde den Strahlungsgesetzen folgt, ist in den Abbildungen 6 und 7 gezeigt. 37 Abbildung 6 : Die Strahlung der Sonne auf ihrem Weg durch die Atmosphäre. Abbildung 7 : Die Strahlung der Erde von einem Punkt in der Sahara. 38 5.3 Plank’sches Strahlungsgesetz Für große Werte von λ ⋅ T zeigen sich Abweichungen vom Wien’schen Verschiebungsgesetz. Hier kann besser das Rayleigh-Jeans-Gesetz 2 c0 k L( λ,T ) = λ5 ⋅(λ ⋅ T) angewendet werden, das seinerseits für kleine Werte von λ ⋅ T nicht zutrifft. Im Jahr 1900 legte Planck eine Strahlungsformel vor, die das Wien’sche Verschiebungsgesetz und das Rayleigh-Jeans-Gesetz als Grenzformen enthält: 2 c0 ε L( λ,T ) = ε =h⋅ν = mit λ4 ⋅ 1 e ε kT − 1 h ⋅ c0 h = 6.0 × 10-34 Js λ Bei der Ableitung dieser Gleichung mußte Planck annehmen, daß die Energieaufnahme und -abgabe in dem betrachteten Hohlkörper gequantelt sein muß. Sein „harmonischer Ozsillator“ kann nur Energieeigenwerte von 0, ε , 2ε , … n ε besitzen. Vereinfacht läßt sich die Planck’sche Strahlungsgleichung schreiben L mit c1 c2 = = = c1 1 π λ5 e c2 λT − 1 2 πc 20 ⋅ h = 3.74 Wm 2 hc0 =1.44 ×10 −2 K m k 39 Entwickelt man für große Werte von λ ⋅ T die Exponential-Funktion e c2 λT = 1+ c2 +K λ⋅T so erhält man c1 1 ⋅ πλ5 1 + c 2 − 1 λ⋅T = L c1 = πc 2 λ5 ⋅ ( λ⋅T ) und damit das Rayleigh-Jeans-Gesetz. Für die Maxima ergibt sich aus = L ( ) −1 A ⋅ λ −5 e b λT − 1 ( ) ( : ) −1 −2 δL b = − 5Aλ−6 e b λT − 1 + Abλ−5 e b λT − 1 ( − 1 ) e b λT − 2 λ T δλ −6 = − 5Aλ ( δL δλ max e b λT −1 Abλ−7 + T ⇒ = 0 Für kleine Werte von λ ⋅ T ist b λT oder ) −1 ( ) −2 b λT ⋅e e b λT − 1 0 = −5+ b e b λT λT e b λT − 1 e b λT groß gegen 1 und es gilt: = λ max ⋅ T 5 = b 5 = h c0 5k = 3000 µ K also das Wiensche Verschiebungsgesetz. Die Abbildung 8 zeigt Kurvenscharen des Planck’schen Strahlungsgesetzes für verschiedene Temperaturen. Auffallend ist die Ähnlichkeit der Kurven, die insbe40 Abbildung 8 : Planck’sche Strahlungskurven bei verschiedenen Temperaturen. Abbildung 9 : Die Planck’sche Strahlungskurve hat bei allen Temperaturen die gleiche Form, nur die Skalierung der Achsen ändert sich. 41 sondere im Vergleich der Kurven für 6000 K und 700 K zum Ausdruck kommt. Dies ist eine Folge des Wien’schen Verschiebungsgesetzes, daß nämlich die Kurvenform vom Produkt λ⋅T bestimmt wird. Daher ist in der Abbildung 9 die Kurve des Planck’schen Strahlungsgesetzes gegen λ⋅T aufgetragen. Es ergibt sich nur eine einzige Kurve, für die je nach Temperatur unterschiedliche Achsen-Einteilungen gelten. 5.4 Ableitung des Planck’schen Strahlungsgesetzes nach Einstein Albert Einstein hat das Planck’sche Strahlungsgesetz theoretisch abgeleitet, wobei auch er die Quantelung der Energie vorausgesetzt hat. Gesucht ist die Abstrahlung einer Wand gegebener Temperatur. Dazu wird davon ausgegangen, daß im Gleichgewicht die Abstrahlung gleich der Energieaufnahme (Kirchhoff’sches Strahlungsgesetz) ist. Die Wand muß zu allen Frequenzen des elektromagnetischen Spektrums fähig sein, da sonst Lücken (die nicht beobachtet wurden) im Spektrum auftreten würden. Die abgebenden Teilchen haben eine um hν (Quantelung bereits eingeführt) höhere Energie als die aufnehmenden Teilchen. Nach Boltzmann gilt: n* = e −∆ε kT = e −hν n0 Die Zahl der Absorptionen ist γ ⋅ η ⋅ n 0 ⋅ dν Die Zahl der Emissionen β ⋅ n* und γ ⋅ η ⋅ n * ⋅ dν kT bei spontaner Emission bei stimulierten Prozessen Im Gleichgewicht muß damit gelten : 42 γ ⋅ η ⋅ n 0 dν = β ⋅ n * + γ ⋅ η ⋅ n * dν oder γ ⋅ η ⋅ n 0 dν = β ⋅ n 0 ⋅ e − hν kT + γ ⋅ η ⋅ n 0 ⋅ e − hν kT dν ⇒ γ ⋅ η dν = β ⋅ e − hν kT + γ ⋅ η ⋅ e − hν kT dν η dν = ⇒ = Da ( β e − hν kT γ 1 − e − hν kT ) 1 Const. ⋅ − hν kT e −1 η dν ~ L ist, folgt: L ~ 1 e − hν kT − 1 q.e.d. 43 6. Auf dem Weg zur Quantenmechanik 6.1 Die Rydberg-Formel 1885 findet Johann Balmer (Schweizer Lehrer) Die Formel für die Frequenzen der sichtbaren Linien des Wasserstoff-Spektrums (Abbildung 10) : 4 ν = 8.2202 × 1014 1 − 2 n n = 3, 4, 5 Diese Formel wird von Johannes Rydberg (Schweizer Astronom) verallgemeinert (1890): ν = 1 λ 1 1 = 109680 123 2 − 2 n2 n1 Ry n 2 > n1 Von der Rydberg-Formel ist es nur noch ein kleiner Schritt zu Einführung des Spektrums als Energiedifferenz. Dieser Schritt wird 1909 von Ritz im Kombinationsprinzip getan: hν = h ⋅ c ⋅ Ry 1 1 − n12 n 22 oder ∆E = E1 − E 2 Abbildung 10 : Die Balmer-Serie des Wasserstoff-Spektrums 44 Jetzt versteht man auch die anderen Serien des H-Spektrums: Lyman n1 = 1 Balmer n1 = 2 Paschen n1 = 3 Brachet n1 = 4 Pfund n1 = 5 Für n2 → ∞ ergibt sich die Ionisationsgrenze, die für die Lyman-Serie bei 13.53 eV liegt. 6.2 Der Photoelektrische Effekt 1886 entdeckte Heinrich Hertz, daß eine Funkenstrecke zündete, wenn sie UV-Licht ausgesetzt war. W. Hallwachs untersuchte diesen Effekt 1887 systematisch und fand, daß ein Plattenkondensator immer dann schneller entladen wird, wenn er durch UV-Licht bestrahlt wird. Bei sichtbarem Licht trat dieser Effekt nicht auf. Er schloß daraus, daß das UV-Licht Elektronen aus dem Metall herauslöst. Man baute daraufhin die damals von vielen Physikern benutzte GasentladungsRöhre so um, daß dieser Photoelektrische Effekt unter definierten Bedingungen studiert werden konnte (Abbildung 11) und fand 1. Die Energie des ausgelösten Elektrons ist unabhängig von der Lichtintensität. Klassisch: Die Intensität des Lichts bestimmt die Amplitude der elektromagnetischen Strahlung. Eine große Auslenkung im Dipol würde dann auch eine höhere kinetische Energie bedeuten, wie dies mechanisch am Pendel zu beobachten ist. 2. Nur Licht mit Wellenlängen kleiner als eine Grenzwellenlänge zeigt den Photoelektrischen Effekt. Klassisch: Es müßte eine Grenzintensität und nicht eine Grenzwellenlänge geben. 45 Abbildung 11 : Schema der Gasentladungsröhre, mit der der Photoelektrische Effekt studiert werden kann. 1905 hat Albert Einstein diesen Photoelektrischen Effekt gedeutet (und dafür den Nobelpreis erhalten): Wenn nach Planck der Schwarze Körper nur in Quanten von ∆ε = hν emittiert und absorbiert, dann ist auch das Licht selbst gequantelt. e Einstein machte dabei bereits vom Ritz’schen Kombinationsprinzip Gebrauch, indem er ansetzt, daß die Energiedifferenz gleich hν ist. Dieses Quant hν ist dann die Energie eines „Photons“: ε Ph = hν und demnach gilt für die kinetische Energie der ausgetretenen Elektronen: 1 mν 2 2 = hν − φ φ ist dabei die Austrittsarbeit, d.h. die Energie, die benötigt wird, um die Elektronen aus dem Metallverbund herauszulösen. φ ist nur vom Metall abhängig. 46 6.3 Der Compton-Effekt Seit ∼1890 werden mit der von Philipp Lennard konstruierte Gasentladungsröhre Kanalstrahlen von vielen Physikern untersucht. W. C. Röntgen beobachtete dabei 1898, daß Elektronen beim Aufprall auf Metall ein kontinuierliches Spektrum sehr ° ) erzeugen. Er deutete dies als ein Abbremsen der kurzwelliger Strahlung (0.1 - 1A Elektronen durch das Ionengitter des Metalls. Das Prinzipschaltbild einer Röntgenröhre ist in der Abbildung 12 aufgezeichnet. Dieses „weiße“ Röntgenlicht besitzt keine Linien und verhält sich so, wie es die klassische Maxwell’schen Gesetze voraussagen. Auf dem Bremsspektrum gab es jedoch auch einzelne Linien, die zuerst nicht erklärt werden konnten. Mit solchen Linien des Molybdens hat A. H. Compton 1922 Graphit bestrahlt und das Streulicht untersucht. Dabei fand er eine Wellenlängenverschiebung des Streulichts, die vom Beobachtungswinkel abhängt. Diese Abhängigkeit ist mit der MaxwellTheorie der elektromagnetischen Strahlung unvereinbar. Nimmt man jedoch an, daß hier zwei klassische Teilchen aufeinander treffen, so ergibt sich die Streuwinkelabhängigkeit zwanglos aus den Energie- und Impulserhaltungssätzen. Abbildung 12 : Schema einer Röntgen-Röhre 47 hν' c hν' c hν c m·v hν c ϑ m·v Abbildung 13 : Skizze zur Erklärung des Compton-Effekts. In Abbildung 13 ist die Erklärung für den Compton-Effekt skizziert. Es soll zur Vereinfachung der Rechnung vorläufig angenommen werden, daß die Frequenzverschiebung klein gegen die Frequenz des einfallenden Lichts ist: ν' ≈ ν Der Impulssatz besagt: → → hν c = → hν ′ + m⋅v ⇒ c 1 mv 2 = hν ϑ sin c 2 Aus dem Energiesatz erhält man: 1 2 ( mv ) 2 m = 1 2 hν 2 ϑ sin 2 2m c 2 = hν − hν ′ Nach Division durch hν2 und Beachten von ν ≈ ν´ folgt: 4 h 2 ν2 2 ϑ sin 2 2 mc 2 = hν − hν ′ 2 ϑ sin 2 mc 2 = 1 1 − ν ν′ 2h ϑ sin 2 mc 2 = λ − λ′ 2h ⋅c 48 Diese Wellenlängenverschiebung ϑ ist 1. unabhängig von der Wellenlänge des eingestrahlten Lichts 2. unabhängig von dem Material des Targets Für ϑ = 180° ergibt sich die „Compton-Wellenlänge“ 2h m c2 = 2.43 pm In Abbildung 14 sind die Beobachtungen von Compton wiedergegeben. Abbildung 14 : Spektren zum Compton-Effekt für unterschiedliche Streuwinkel. 49 6.4 Atom-Modelle Um 1895 hatte J.J. Thompson am Cavendish-Laboratorium in Cambridge ein Atommodell entwickelt, das als „Plumpudding“-Modell bezeichnet werden kann: In der verteilten Masse des Atoms befinden sich unlokalisierte Elektronen wie die Rosinen in einem Plumpudding aus positiv geladener Materie. Diese Vorstellung des verteilten Masse mußte aufgegeben werden, als E. Rutherford beim Experimentieren mit Kanalstrahlen entdeckte, daß die Atome einen positiv geladenen Kern haben müßten und sonst ‚masselos‘ sind. Nils Bohr, der bei einem Besuch in England mit diesen Tatsachen bekannt wurde, faßte die experimentellen Ergebnisse: 1) Atome bestehen aus Elektronen und Kernen, 2) die Lichtenergie ist gequantelt, 3) die Linienspektren entsprechen Termübergängen zusammen und stellte 1913 folgende Hypothesen auf: 1) Es gibt „stationäre Zustände“ der Elektronen im Atom. 2) Entgegen der Maxwell-Theorie strahlen die umlaufenden Elektronen keine Energie ab. 3) Durch Wechselwirkung mit Licht (Emission oder Absorption) können die stationären Zustände geändert werden. 4) Auf den stationären Bahnen ist der Drehimpuls gequantelt. 50 6.5 Die Wellennatur der Materie Im Jahre 1924 wagte Louis de Broglie einen entscheidenden Schritt, der die Entwicklung der Quantenmechanik auslösen sollte: Er behauptete, daß auch die Materie Welleneigenschaften besitzt. Damit hatte jedes „Ding“ sowohl Partikelcharakter als auch Welleneigenschaften und je nach der Durchführung eines Experiments antwortete das „Ding“ einmal mit seinen Welleneigenschaften oder mit seinem Partikelcharakte, nie aber mit einer Kombination aus beiden. λ h m⋅v = Die gewagte Behauptung von de Broglie wurde später experimentell bestätigt durch die Versuche zur Elektronenbeugung am Doppelspalt. Anwendung findet dieser Gedanke heute u. a. in der Materialuntersuchung durch Neutronen. 6.6 Die Unschärferelation Das „Werkzeug“ der Spektrometrie erwies sich als die wichtigste Möglichkeit, in das Innere der Materie zu schauen und so den Aufbau der Atome zu verstehen. Allerdings hat dieses Werkzeug den Nachteil (wie alle Werkzeuge), daß es das Beobachtungssystem stört. Nach Ernst Abbé ergibt sich für das theoretische Auflösungsvermögen eines Mikroskops: ∆x = λ sin α 2α ∆x 51 Will man die Lage eines Partikels optisch bestimmen, so ist dazu mindestens ein Photon notwendig. Dieses Photon wird auf das Partikel einen Impuls übertragen (Compton-Effekt). ∆p Mit ∆p x = = h λ (nach de Broglie) h sin α λ ∆x ⋅ ∆p folgt: = h sin α λ ⋅ sin α λ = h Diese Beziehung hat Werner Heisenberg verallgemeinert. Er sagt, daß grundsätzlich für die Paare Impuls/Weg bzw. Energie/Zeit die Unschärfe-Relation gilt: ∆x ⋅ ∆p≥h ∆ε ⋅ ∆t≥h 52 7. Die Schrödinger-Gleichung Die Schrödinger-Gleichung kann nicht abgeleitet werden, sie wurde vielmehr von Erwin Schrödinger 1926 in Analogie zu Arbeiten von W. Hamilton zur klassischen Mechanik als ein Axiom eingeführt, das die damaligen Kenntnisse über die Natur von Teilchen und Wellen in einer handhabbaren Formel zusammenfaßt und rechenbar macht. Es gibt jedoch zwei Wege, die Plausibilität der Gleichung einzusehen. Zuerst soll der historische Weg über den Ansatz der Wellengleichung beschrieben werden, dann folgt ein Vergleich mit dem Energiesatz der Mechanik. Zur allgemeinen Einführung soll die Wellengleichung in Abbildung 15 demonstriert werden. In der Formel y = A ∗ sin (ω t + k x) ist A die Amplitude (maximale Auslenkung) der Welle. Die Größe ω wird als Phasengeschwindigkeit bezeichnet. Sie bezeichnet nicht die Geschwindigkeit eines Körpers, sondern die eines Zustands. k ist die reziproke Wellenlänge, das ist der Abstand zwischen zwei Punkten gleicher Auslenkung und Steigung. Abbildung 15 : Transversale Welle in Abhängigkeit von Ort und Zeit. 53 7.1 Schrödinger-Gleichung als Wellengleichung Die allgemeine Gleichung einer eindimensionalen Welle lautet klassisch: δ2y A δ2y = δ x2 ν 2 δ t 2 Die Lösung dieser Differentialgleichung lautet : y = y 0 e ik ( vt − x ) Für eine stehende Welle gilt: y y = Ψ ( x ) cos ( ωt ) x x 0 wo Ψ(x) die Amplitude an der Stelle x ist. Der Term cos(ωt) beschreibt die zeitliche Variation dieser Amplitude. δy δx δ2 y δx 2 = = δΨ cos ( ωt ) δx δ2 Ψ δx 2 cos ( ωt ) δy δt δ2 y δt 2 = − Ψ ( x ) sin ( ωt ) ⋅ ω = − Ψ ( x ) cos ( ωt ) ⋅ ω 2 Einsetzen ergibt: δ2 Ψ ( x ) δ x2 oder δ2 Ψ ( x ) δx 2 cos ( ωt ) = + ω2 v 2 Ψ( x ) ω2 − 2 Ψ ( x ) cos ( ωt ) v = 0 54 Die Geschwindigkeit der Welle ist: v = λ⋅ν = λ⋅ λ Nach de Broglie gilt: ω 2π h p = (p = Impuls ! ) Der Impuls läßt sich aus der Gesamtenergie ableiten: p2 +V 2m = E ges 2m ( E − V ) = oder p Also v = λ⋅ ω 2π h ⋅ω = 2m ( E − V ) ⋅ 2π Einsetzen in die Wellengleichung der stehenden Welle: δ2 Ψ ( x ) δx 2 + ω 2 ⋅ 4π 2 2m ( E − V ) 2 h ω 2 Ψ( x ) δ 2 Ψ ( x ) 2m + 2 ( E − V )Ψ( x ) =0 δ x2 h 7.2 mit h = = 0 h 2π (*) Schrödinger-Gleichung als Energiesatz Ein zweiter Weg zum Verständnis der Schrödinger-Gleichung geht vom Energiesatz der Mechanik aus: = E ges E kin + E pot = p2 +V 2m Für die kinetische Energie dε gilt: dε = Kraft ⋅ Weg = dp ⋅ dx dt (p = Impuls ! ) 55 Aus der Heisenberg’schen Unschärferelation ergibt sich für dp: dp ⋅ dx = h dp = h dx In Analogie zur Wellenmechanik wird ersetzt: 1 dx → i δ 2 π δx und damit gilt für dp: δ δx dp → i h Aus den Differentialen sind also Operatoren geworden. Setzt man diese in den Energiesatz ein, so folgt: 1 δ ih o + V o = E o 2 m δx 2 oder h2 δ 2 − + V o = Eo 2 m δx 2 Um aus dieser Operatoren-Gleichung eine rechenbare Gleichung zu machen, muß eine beliebige Funktion Ψ eingeführt werden, auf die die Operatoren angewendet werden: h2 δ2 − Ψ + V⋅Ψ 2m δx 2 = E⋅Ψ (∗∗) Es ist hier hervorzuheben, daß bei dieser Ableitung nichts über die Natur von Ψ vorausgesetzt wurde. Tatsächlich hat die Schrödinger-Funktion selbst auch keine physikalische Bedeutung. 56 Die Gleichungen (∗) und (∗∗) sind equivalent, denn δ2 δx 2 Ψ+ 2m h2 ( E − V) ⋅Ψ − h2 ⋅ 2m = 0 geht über in h2 δ2 − Ψ − ( E − V ) ⋅Ψ 2 m δx 2 h2 δ2 − Ψ + V ⋅Ψ 2m δx 2 oder = = 0 E⋅Ψ q.e.d Die Operatorengleichung läßt sich auch als Eigenwert-Problem schreiben: H⋅Ψ = E⋅Ψ mit h2 δ2 H = − + V 2 2 m δx wo E die Eigenwerte des Hamilton-Operators H sind. Diese Abkürzung der Schreibweise ist besonders dann von Vorteil, wenn in einem Vielteilchenproblem ein ganzes System von Differentialgleichungen zu lösen ist. Dann gehen die Skalare H und E in Matrizen über. 7.3 Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit Die Schrödinger-Funktion Ψ hat selbst keine physikalische Bedeutung. Erst in Kombination mit anderen Größen ergeben sich sinnvolle (d.h. interpretierbare) Größen. Z.B. ergibt die Multiplikation mit sich selbst (nach den Regeln der komplexen Zahlen) die Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Teilchens im Raum : P = Ψ ⋅ Ψ∗ 57 Man kann damit die Schrödinger-Gleichung auch auffassen als eine Gleichung für die Bestimmung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Partikels. Damit ergibt sich nun das grundsätzlich Neue der Quantenmechanik. Für ein Atommodell heißt dies : Es wird nicht mehr die Bahn eines Elektrons bestimmt, sondern das zugehörige Orbital als Ort der maximalen Aufenthaltswahrscheinlichkeit. Damit ist die Frage: Wie kommt ein Elektron von A nach B ? e P≡0 e A B sinnlos, denn hier wird der Orbitalbegriff mit dem Bahnbegriff gemischt. 7.4 Eindimensionaler Potentialtopf Um die Leistungsfähigkeit der zeitunabhängigen Schrödinger-Gleichung zu demonstrieren, sollen im folgenden einige Anwendungen berechnet werden. Zuerst soll die Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Teilchens in einem begrenzten Raum untersucht werden. Die Begrenzung wird dabei durch unendlich hohe Potentialwälle erreicht. Für das Potential V gilt : ∞ V=0 zwischen x=0 und ∞ x=a m V=∞ sonst 0 a 58 Und damit ergibt sich für die Schrödinger-Gleichung : h2 δ2 − Ψ + V ⋅Ψ 2m δx 2 für V = ∞ ist E = ∞ = E⋅Ψ ⇒ , d.h. P = 0 h2 δ2 Ψ für V = 0: − 2m δx 2 δ2 Ψ = δx 2 = − Ψ=0 E⋅Ψ 2m E h2 spezielle Lösungen: Ψ = A ⋅ sin ( kx ) und Ψ = B ⋅ cos ( kx ) ⋅Ψ k2 mit = 2m E h2 Die allgemeine Lösung der Differentialgleichung ist die Linearkombination der speziellen Lösungen: Ψ Zur Bestimmung A ⋅ sin ( kx ) + B ⋅ cos ( kx ) = der Integrationskonstanten A und B (zwei, da die Differentialgleichung von 2. Ordnung ist) werden die Randwerte herangezogen: Ψ( 0 ) = 1. Randwert: Ψ ( 0 ) 0 = = 0 0 A ⋅ sin ( 0 ) + B ⋅ cos ( 0 ) 123 12 4 4 3 ≡0 ⇒ Ψ( a ) = B = ≡1 0 also Ψ = A ⋅ sin ( kx ) 59 2. Randwert: Ψ ( a ) k ⋅a da A ≠ 0, folgt Wegen folgt also k2 = = E = En 0 A ⋅ sin ( k ⋅ a ) = 0 = = n⋅π mit n=1,2,3,… 2m E h2 h2 k2 2m = 2 h2 n ⋅ h2 ⋅ n2 ⋅ π2 2m ⋅ a 2 = h2 ⋅ n2 ⋅ π2 4π 2 ⋅ 2m a 2 8m a 2 Dies sind die Energiewerte der Translation. Zur Bestimmung der Amplitude A wird die normierte Aufenthaltswahrscheinlichkeit herangezogen: a ∫ P dx 0 a = ∫ Ψ⋅Ψ ∗ dx = 1 0 Da Ψ eine reale Größe ist, ist Ψ⋅Ψ∗ gleich Ψ2. a A 2 ∫ 0 nπ sin 2 x dx a = 1 a nπ nπ 1 A − sin x cos x − x a a 2 0 2 1 A2 ⋅ a = 1 2 ⇒ A = = 1 2 a 60 Und damit gilt für die Schrödinger-Funktion Ψ = 2 nπ sin ⋅x a a und für die Aufenthaltswahrscheinlichkeit P = Ψ2 = nπ 2 sin 2 ⋅x a a In der Abbildung 16 sind die Schrödinger-Funktionen und die zugehörigen Aufenthaltswahrscheinlichkeiten für n = 1, 2, 3 aufgetragen. Abbildung 16 : Wellenfunktion und Aufenthaltswahrscheinlichkeit für die Energieniveaus eines eindimensionalen Potentialtopfs. 61 1. Rechenbeispiel: Gesucht ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Elektrons in einem Potentialtopf von 0.3 nm Länge, sowie die Energieeigenwerte dieses Problems. Wann ist die Energie gleich k T300K ? a = 3 ×10 −10 m ⇒ 2 n ⋅ π 10 P = 1010 ⋅ sin 2 10 x 3 a m=9.1×10 −31 kg h = 6.6 × 10−34 Js ( Js=kg m 2 s −1 ) h2 En = n ⋅ 8m a 2 2 =n (6.6 ×10 ) ⋅ 8 ⋅ 9.1×10 ⋅ (3 × 10 ) −34 2 2 −10 2 −31 kg 2 m 4 s −2 kg m 2 43.6 ×10 −68 kg m 2 s −2 =n ⋅ −51 655.2 ×10 = n 2 ⋅ 0.0665 ×10 −17 kg m 2 s −2 2 = n 2 ⋅ 6.65 ×10 −19 J Die thermische Energie bei 300 K beträgt: k = 1.38 ×10 −23 JK E = k ⋅ T = 414 ×10 −23 = 4.14 ×10 −21 J D.h. die mittlere thermische Energie eines Teilchens reicht nicht aus, um ein Elektron von n = 1 auf n = 2 zu bringen: 4.14 × 10 −21 J < 6.65 × 10 −19 J Damit gilt für die Aufenthaltswahrscheinlichkeit, daß sich das Elektron bevorzugt im mittleren Bereich des Potentialtopfs aufhält, da n = 1 ist. 62 2. Rechenbeispiel: Wie groß sind die Energieeigenwerte eines Stickstoffmoleküls in einem Zimmer (a = 6m) ? m = 28 g 6 × 1023 = 4.7 × 10−23 g = 4.7 × 10−26 kg En h2 2 = n ⋅ = 2 n ⋅ = n 2 ⋅ 3.2 × 10 −44 J 8m a 2 43.6 × 10 −68 8 ⋅ 4.7 × 10 −26 ⋅ 36 kg m 2 s −2 Bei 300 K ist damit die Quantenzahl n: kT300 = 4.41 × 10 −21 J = n oder n 2 = = n 2 ⋅ 3.2 × 10 −44 J 4.14 × 10 −21 3.2 × 10 = 1.3 × 10 23 −44 13 × 10 22 = 3.6 × 1011 Das heißt aber, daß in die 6m Zimmerlänge 3.6×1011 Perioden hineinpassen, also daß quasi die Aufenthaltswahrscheinlichkeit überall gleich groß ist. d = 6m 3.6 ×1013 = 1.6 × 10 −13 m << Φ N 2 = 3.15 ×10 −10 m 63 7.5 Energieeigenwerte der Rotation Es soll der starre Rotator betrachtet werden, also z.B. eine Hantel, die um eine raumfeste Achse rotiert. Behandelt wird das Problem als Massenpunkt, der auf einer Kreisbahn umläuft. Damit sind nur Kreisbahnen zugelassen, für die gilt: x2 + y2 = r 2 r = konst. Auf der Kreisbahn sei das Potential 0, die integrale Aufenthaltswahrscheinlichkeit P also 1. Sonst ist das Potential überall ∞ , d.h. P≡0. Es handelt sich also um einen Potentialtopf mit zwei Dimensionen: h2 − 2m δ2 δ2 + δ x2 δ y2 Ψ E⋅Ψ = Da die Bewegung jedoch auf eine Kreisbahn beschränkt ist, kann das Problem auf den eindimensionalen Potentialtopf zurückgeführt werden, wenn Polarkoordinaten eingeführt werden: dy x = r ⋅ cos φ r y = r ⋅ sin φ δ δ δ + ⇒ δx δy r δφ r⋅dφ dx dφ Damit ergibt sich die folgende Schrödinger-Gleichung: − oder h2 2mr 2 δ2Ψ δφ 2 ⋅ = δ2Ψ δφ 2 − = 2 mr 2 E h2 E⋅Ψ ⋅Ψ mr2 = I = Trägheitsmoment = − k2 ⋅ Ψ 64 Die Lösung dieser Differentialgleichung ist bekannt: Ψ A ⋅ sin ( k φ ) + B ⋅ cos ( k φ ) = Zur Bestimmung von A und B werden die Randbedingungen herangezogen: 1) Ψ( 0 ) = 0 A ⋅ sin ( 0 ) + B ⋅ cos ( 0 ) 123 12 4 4 3 = ≡0 stehende Welle ≡1 Es folgt also wie im eindimensionalen Potentialtopf Ψ( φ ) = 2) A ⋅ sin ( k ⋅ φ ) Periodizitätsbedingung: Ψ ( φ + 2π ) = Ψ( φ ) also A sin ( k ⋅ φ ) = A sin ( kφ + 2 πk ) A { sin ( kφ ) cos ( 2 πk ) + cos ( kφ ) sin ( 2 πk ) } = Diese Gleichung muß für alle φ gelten: z.B. für k ⋅φ = 0 sin(0 ) cos( 2πk ) + cos(0 ) sin( 2πk ) = sin( 0 ) 123 123 123 ≡0 sin ( 2 πk ) = ⇒ k⋅φ = π 2 ≡1 ≡0 0 π π π sin cos ( 2 πk ) + cos sin ( 2πk ) = sin 23 23 23 12 4 4 12 4 4 12 4 4 ≡1 ⇒ ≡0 ≡1 cos ( 2 πk ) = 1 65 k⋅φ = π π π sin cos ( 2 πk ) + cos sin ( 2πk ) = sin 43 43 43 12 4 4 12 4 4 12 4 4 π 4 ≡ ≡ 2 ≡ 2 2 cos ( 2 πk ) + sin ( 2 πk ) = 1 ⇒ Da die Gleichung für alle φ gelten muß, ergibt sich die Bedingung cos ( 2 πk ) = 1 k = 0, 1, 2, 3, … also Mit folgt k 2 Ek = = 2 mr 2 E h2 2 k ⋅ h2 2 mr 2 = h2 k ⋅ 2I 2 Ein Molekül hat jedoch keine raumfesten Achsen. Für den nicht-starren Rotator ergibt sich analog : Eℑ = ℑ( ℑ + 1 ) h2 2 mr 2 = ℑ( ℑ + 1 ) h2 2I 1. Rechenbeispiel: Wie groß sind die Energieeigenwerte der Rotation von O2 um eine Achse senkrecht zur Bindung bei Raumtemperatur ? Die Masse des Sauerstoffmoleküls beträgt m = 32 g 6 × 10 23 = 5.3 × 10 −26 kg 66 Bei einer Bindungslänge von 2,6 A ist der Radius der Hantel r o = 1.3 A = 1.3 × 10 −10 m Für die Energie-Eigenwerte gilt damit : h2 43.9 × 10 −68 Eℑ = ℑ( ℑ + 1) 2 2 = ℑ( ℑ + 1) 8π mr 8 ⋅ π 2 ⋅ 5.3 ×10 −26 ⋅1.69 ×10 −20 E ℑ = ℑ( ℑ + 1)⋅3.6 ×10 −23 [J ] Die termische Energie beträgt bei 300 K k ⋅ T300 = 4.14 × 10 −21 J Also 4.14 × 10 −21 = ℑ( ℑ + 1)⋅ 3.6 × 10 −23 ℑ( ℑ + 1) ≈ 115 oder ℑ ≈ 11 Bei Zimmertemperatur ist also die Rotation des Sauerstoffmoleküls um eine Achse senkrecht zur Bindung angeregt. 2. Rechenbeispiel Wie groß ist die Energie, die benötigt wird, um ein Sauerstoff-Molekül um seine Bindungsachse rotieren zu lassen ? Die Masse des O2-Moleküls ist wieder gleich 5.3×10-26 kg, aber der Radius der Drehbewegung ist jetzt viel kleiner als im ersten Beispiel. r = 1.2×10-15 3 M [m] mit M=32 als Molekulargewicht des Sauerstoffs, also ist r = 4.76×10-15 m. 67 Damit wird selbst für J = 1 die Anregungsenergie sehr groß : 43.9 × 10 −68 E = 1⋅ 2 ⋅ 2 = 9.24 × 10 −15 − 26 − 30 8π ⋅ 5.3 × 10 ⋅ 22.7 × 10 [J ] Bei 300 K war die termische Energie 4.14×10-21 J, um eine Anregungsenergie von 9.24×10 -15 J zu erreichen, müßte die Temperatur 2×106 K betragen. Da so hohe Energie nicht aufgebracht werden können, wird häufig davon gesprochen, daß ein lineares Molekül nur zwei Freiheitsgrade der Rotation besitzt. Richtiger wäre es, zu sagen, daß nur zwei termisch anregbare Freiheitsgrade gibt. 7.6 Tunneleffekt Im Falle des Potentialtopfes hatten wir unendlich hohe Wände vorausgesetzt. Im folgenden soll die Wellenfunktion eines Teilchens in einem endlichen, konstanten Potentialfeld betrachtet werden. Dabei wollen wir uns wieder auf eine Dimension beschränken: h2 δ2 − Ψ + V ⋅Ψ 2m δx 2 = E⋅Ψ Da das Potential V konstant ist, kann man es mit den ebenfalls konstanten Energieeigenwerten zusammenfassen: δ2 Ψ δx 2 = − 2m ( E − V ) h2 ⋅Ψ = − k2Ψ Die Lösung, die im Falle des eindimensionalen Potentialtopfs als trigonometrische Funktion eingesetzt wurde, soll jetzt allgemeiner als e-Funktion dargestellt werden. mit Ψ = k2 = A ⋅ e ikx 2m ( E − V ) h2 68 Für E > V ergibt sich damit die allgemeine Form der trigonometrischen Funktionen: wo Ψ = λ = A ⋅ e i⋅2π x λ h 2m ( E − V ) ist. Je mehr sich V der Energie E annähert, um so größer wird auch die Wellenlänge λ. Überschreitet V den Energieeigenwert E, so wird k imaginär und anstelle der trigonometrischen Funktion tritt die Exponentialfunktion: Ψ = A⋅e − 2 m( E −V h 2 ) ⋅x Liegt jetzt eine Energie-Barriere von endlicher Höhe vor, die größer ist als die Teilchenenergie, so können klassische Partikel diese Barriere nicht überwinden. Für Teilchen in quantenmechanischer Betrachtungsweise gilt jedoch, daß sie eine endliche Wahrscheinlichkeit besitzen, auf der Rückseite der Barriere angetroffen zu werden. Sie „tunneln“ also durch den Energieberg. Dies ist in Abbildung 17 dargestellt. Für die Aufenthaltswahrscheinlichkeit vor der Barriere galt im Falle des Potentialtopfes, daß sie bei unendlich hohem Potential gleich Null ist. Bei endlichem Potential muß die Stetigkeit des Übergangs zum „Tunneleffekt“ als eine der Randbedingungen vorausgesetzt werden. Es ergibt sich dann immer noch eine Quantelung der Energie, jedoch ist die Wellenlänge nicht mehr ein Vielfaches der Länge des Potentialtopfes. Hinter der Barriere liegen dann wieder die gleichen Verhältnisse wie vor ihr vor. Allerdings ist die Amplitude und damit die Wahrscheinlichkeit, dort ein Teilchen zu finden, deutlich geringer geworden. Je höher und breiter die Potentialbarriere ist, umso geringer ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeit. 69 Abbildung 17 : Zum Tunneleffekt 7.7 Elektron im Coulomb-Feld Z+ er Ein Elektron, das sich im Coulomb-Feld eines Z-fach geladenen Kerns aufhält, erfährt ein Potential der Größe Ze 2 1 V (r ) = − ⋅ 4πε 0 r Anstelle der Masse eines Teilchens muß die reduzierte Masse aus Kern und Elektron in die Schrödinger-Gleichung eingesetzt werden: 1 µ = 1 1 1 + ≈ mK m E m E 70 Damit hat nun die Schrödinger-Gleichung die Form: h2 2 Ze 2 1 − ∇ Ψ− ⋅ ⋅Ψ = E ⋅ Ψ 2µ 4πε 0 r Da das Problem kugelsymmetrisch ist, bietet sich an, den Napla-Operator ∇ in Kugelkoordinaten auszudrücken (Abbildung 18) : φ V ∇ 2 ϑ 1 δ2 1 1 δ2 1 1 δ = + ⋅ ⋅ + ⋅ ⋅ r δ r2 r sin 2 ϑ δφ 2 r sin ϑ δ ϑ sin ϑ ⋅ δ δφ Um die Schrödinger-Gleichung zu lösen, wird sie in drei Teile separiert, einen Teil, der vom Radius, einem der vom Zenitwinkel und einem der vom Azimuthwinkel abhängt: Ψ = Ψr ⋅ Ψϑ ⋅ Ψφ Hier wollen wir uns nur mit dem Radius-abhängigen Teil beschäftigen: h2 δ 2 Ze 2 1 − Ψr − ⋅ ⋅Ψr = E ⋅ Ψr 2µ r δ r 2 4πε 0 r 71 Als Lösung ergibt sich für die Energieeigenwerte der Elektonen-Anregung : 1 Z 2e 4 µ 1 Z 2e 4 µ En = − 2 ⋅ = − 2⋅ 2 2 n 32 ⋅ π 2ε 02 ⋅ h 2 n 8ε 0 ⋅ h Für die Energiedifferenzen zwischen dem Niveau n und einem anderen (m) ergibt sich die Rydberg-Formel: Z 2e4 µ 1 1 ∆E = 2 2 2 − 2 8ε 0 ⋅ h n m Rechenbeispiel Es soll das Ionisationspotential von atomarem Wasserstoff und von Natriumatomen berechnet werden. Hierzu wird die Rydberg-Formel benötigt. Die Rydberg-Konstante R0 ergibt sich zu e4 ⋅ µ (1.60 ×10 −19 As ) 4 ⋅ 9.11×10 −31 kg R0 = 2 2 = = 2.179 ×10 −18 J −12 2 −34 2 8ε 0 ⋅ h 8 ⋅ (8.85 ×10 As / Vs) ⋅ (6.63 × 10 Js) Für Wasserstoff ist die Ladungszahl gleich 1 und die Bahn-Quantenzahl m ist ebenfalls gleich 1. Für eine Ionisation muß das Elektron von der Bahn m=1 auf das Niveau n= ∞ angehoben werden. Damit ergibt sich für die Ionisationsenergie 1 1 E Ionisation = R0 − = 2.179 × 10 −18 J = 13.60eV ∞ 1 Dabei wurde eingesetzt, daß 1J = 6.24×1018 eV ist. Der gemessene Wert beträgt 13.614 eV. Für andere Atome ist die Übereinstimmung nicht so gut, wie am Beispiel des Natriums demonstriert werden soll. Für Natrium ist die Bahn-Quantenzahl m=3. die Kernladungszahl ist 11, aber diese Kernladung ist durch 10 Elektronen abgeschirmt. Die effektive Kernladungszahl ist also 1. 72 Damit ergibt sich dann 1 1 1 E Ionisation = 1 ⋅ R0 − 2 = ⋅ 2.179 × 10 −18 J = 1.51 eV ∞ 3 9 Der Tabellenwert für Natrium beträgt aber 5.14 eV., es bleibt also nur anzunehmen, daß die effektive Kernladungszahl etwa 1.7 beträgt. Dies kann erklärt werden, wenn berücksichtigt wird, daß die Abschirmung durch die Orbitale nicht vollständig ist. 7.8 Schrödinger-Gleichung der Vibration A B V x Zwischen zwei Teilchen A und B möge eine rücktreibende Kraft mit der Federkonstanten K nach dem Hook’schen Gesetz wirken: F = K⋅x und V = F ⋅ x = K ⋅ x 2 Die Schrödinger-Gleichung lautet dann: h2 δ 2 − Ψ + K ⋅ x2 ⋅ Ψ = E ⋅ Ψ 2 2µ δ x wo µ die reduzierte Masse der Partikel ist. Das Problem ist immer eindimensional, wenn die x-Richtung in die Richtung der Verbindung der beiden Partikel gelegt wird. 73 Die Lösung der Schrödinger-Gleichung für die Vibrationsenergie-Eigenwerte lautet: 1 Ev = v + ⋅ hν 2 mit ν= K µ Damit sind jetzt alle Energieeigenwerte eines Moleküls bekannt. In der Reihenfolge der Größe des Energieniveaus sind dies: elektron. Anregung 1 Z 2 me 4 Eel = 2 ⋅ 2 2 n 8ε 0 ⋅ h Vibration 1 EVib = v + ⋅ hν 2 Rotation Translation E Rot h2 = ℑ( ℑ + 1)⋅ 8mr 2 ETrans pro Schwingung pro angeregte Rotation h2 =i ⋅ 8ma 2 2 pro Raumrichtung Rechenbeispiel Das Schwingungsenergieschema von HCl besteht aus einem System von Niveaus -1 mit gleichen Abständen von ν = 2990 cm . Aus dieser Angabe läßt sich das Beset- zungsverhältnis zweier benachbarter Energieniveaus berechnen. Das Besetzungsverhältnis ist nach Boltzmann gegeben durch N i +1 e − (ε i + ∆ε ) / kT = = e −∆ε / kT −ε i / kT Ni e Die Energiedifferenz zwischen zwei Niveaus ergibt sich aus der Wellenzahl 74 ∆ε = h ⋅ν = h ⋅ c ⋅ν = = 6.625 × 10 −34 Js ⋅ 2.998 × 1010 cm / s ⋅ 2990cm −1 = = 5.94 × 10 − 20 J Die termische Energie beträgt bei 298 K und 1000 K: kT = 1.38×10-23J/K ⋅ 298K = 4.11×10-21J und kT = 1.38×10-23J/K ⋅ 1000K = 1.38×10-20J Für die Besetzungsverhältnisse ergeben sich also bei T=298K : Ni+1/Ni = 5.3×10-7 und bei T=1000K -2 Ni+1/Ni = 1.35×10 Qualitativ hatten wir dieses Ergebnis bereits früher kennen gelernt : Je höher die Temperatur ist, umso gleichmäßiger sind die Niveaus besetzt. 75 8. Berechnung von Zustandssummen Nachdem es jetzt möglich ist, die Energieniveaus eines Moleküls zu berechnen, kehren wir wieder zur Statistischen Thermodynamik zurück und berechnen die Zustandssummen der Moleküle. 8.1 Kombinationsprinzip Bevor mit der Berechnung einzelner Zustandssummen begonnen werden kann, soll das Kombinationsprinzip noch einmal aufgegriffen werden: Wie sieht die Zustandssumme aus, wenn die Energie eines Teilchens sich aus zwei Summanden zusammensetzt? ε = εa + εb Die Zustandssumme war definiert durch Q = ∑ e −ε kT also Q = ∑ e − (ε a ) +ε b kT = e −ε1 ∑ e −ε b = ∑ e −ε a kT a kT = ∑ e −ε a kT e −ε +Le −ε 2 ∑ e −ε ⋅ ∑ e −ε b b kT b kT a kT +L = Q a ⋅ Qb Allgemein gilt für ε = ∑ε j daß die Zustandssumme als Produkt geschrieben werden kann: Q = Π ⋅Q j 76 Im Molekül folgt damit für die Gesamt-Zustandssumme : ε ges = ε T + ε R + ε V + ε E Qges = Q T ⋅ Q R ⋅ QV ⋅ Q E Damit ist die Aufgabe klar : Die Zustandssummen der einzelnen Anregungsarten müssen berechnet werde. 8.2 Zustandssumme der Translation Für die Translationsenergie gilt: ε iT = i 2 ⋅ h2 8ma 2 im eindimensionalen Fall. Damit gilt für die Zustandssumme der Translation: ∞ Q T = ∑ e −i ξ h2 ξ = kT 8ma 2 2 2 2 mit i =0 Da die Energieniveaus eng beieinander liegen, wird die Summe durch das Integral ersetzt: ∞ Q = ∫ e −i ξ ⋅ di T 2 2 z =iξ 0 ∞ 2 1 = ∫ e − z ⋅ dz 0 ξ dz =ξ ⋅ di 77 Aus der Integraltafel findet man die Lösung dieser Integrale : 1 ∞ 1 1 dz = ⋅ π = ξ 2 Q = ξ ∫0 QT = a 2π mkT h T e −z2 8ma 2 ⋅ π ⋅ kT h2 ⋅ 4 Für den dreidimensionalen Potentialtopf gilt mit dem Kombinationsprinzip: ε T ijl h2 h2 h2 2 2 =i ⋅ + j ⋅ +l ⋅ 8ma 2 8mb 2 8mc 2 2 a b c QT = 2π mkT 2πmkT 2π mkT h h h QT = oder 3 V ( 2π mkT ) 2 3 h mit V = a ⋅b ⋅c Aus der eben berechneten Zustandssumme eines einzelnen Moleküls soll jetzt die molare Translationsenergie eines Gases berechnet werden: Qges = (Der Faktor 1 N QMolek . N! 1 muß eingeführt werden, da die Moleküle eines Gases ununterN! scheidbar sind.) Die Translationsenergie ist ein Teil der Inneren Energie U, deren Abhängigkeit von Q gegeben war durch: δ lnQ U = kT 2 δ T V 78 Für den Translationsanteil gilt also: δ 1 T U T = kT 2 Q ln T N ! δ ( ) N V N δ 1V 3 = kT ln 3 ( 2Π mkT ) 2 δ T N ! h V 2 δ V 3N 2 3N 2 = kT 2 Π ⋅ ln 2 m kT T ( ) 3 T N ! h δ V δ VN 3N 2 3N 2 ( ) = kT Π + ln 2 m kT ln T δ T N !h 3 V 2 δ 3N = kT 2 ln T V δT 2 3N k 2 1 3 = T = N kT 2 T 2 Für 1 Mol gilt also: UT = 3 RT 2 mit NA k = R 8.3 Zustandsumme der Rotation Die Rotationsenergie eines freien Rotators ergab sich zu h2 ε = ℑ( ℑ + 1) 2mr 2 R ℑ Für ein zweiatomiges Molekül ist eine der drei möglichen Rotationen, nämlich die um die Molekülachse, nicht anregbar, da hier r sehr klein ist im Vergleich zum Abstand der Atome. Damit ergibt sich eine zweifache Entartung der Rotation, da die Energieniveaus für die beiden anderen Rotationsachsen gleich sind. 79 Wird das höhere Energieniveau mit ℑ bezeichnet, so gibt es für die zweite Rotation mit Quantenzahl M : M = − ℑ,− ℑ + 1,K,− 1,0,1,K,+ ℑ genau 2ℑ+1 mögliche Werte. D.h. aber, daß jedes Energieniveau ℑ genau (2ℑ+1)- fach entartet ist. Dies ist bei der Berechnung der Zustandssumme zu berücksichtigen. Q R = ∑ g ℑ ⋅ e −ε R kT ℑ = ∑ ( 2ℑ + 1)e − ℑ( ℑ+1 ) h2 2 mr 2 kT Wieder kann, da die Energieniveaus eng beieinander liegen, die Summe durch das Integral ersetzt werden: ∞ Q R = ∫ ( 2ℑ + 1)e − ℑ( ℑ+1 ) h2 2 mr 2 kT dℑ 0 z = ℑ( ℑ + 1) = ℑ2 + ℑ Substitution: dz = ( 2ℑ + 1) dℑ h2 β = 2mr 2 kT Mit Q R = ∞ ∫e 0 −β z dz = − 1 β folgt : ∞ ⋅e −β z 0 2mr 2 kT = = β h2 1 80 Für den Rotationsanteil der Inneren Energie gilt dann mit ( ) R QGas = QR N N 2 δ mr k 2 U R = kT 2 ln ⋅T 2 δT h Der Faktor 1 N! V tritt hier nicht auf, da er bereits beim Translationsanteil berücksichtigt wurde. UR Also δ ln T N = kT2 δT V = N kT U R = RT bzw. für 1 Mol: Dies galt für ein lineares Molekül, z.B. ein Diatom. Für ein Molekül, bei dem alle drei Rotationen anregbar sind, gilt entsprechend : UR = 8.4 3 RT 2 Zustandssumme der Vibration Im Falle der Vibration darf der Übergang von der Summation zur Integration nicht durchgeführt werden, da die Abstände zwischen den Energieniveaus der Vibration 1 2 ενV = υ + hν zu groß sind. Die Zustandssumme der Vibration ist also gegeben durch Q = V e ∑ υ 1 hν − υ + 2 kT = e ∑ υ 1 − υ + ⋅ x 2 mit x= hν kT 81 Zur Berechnung der Summe wird ein mathematischer Trick angewendet: ∞ Q = ∑e V (1) 1 − υ + x 2 ⋅ e−x υ =0 Q ⋅e V (2) −x ∞ = ∑e 3 − υ + x 2 υ =0 (1)-(2) ( Q 1− e V −x 1 2 ∞ ) = e +∑ e − ∞ = ∑e 1 − w + x 2 w=1 1 − υ + x 2 1 − w+ x 2 ∞ − ∑e w=1 1444424 4443 υ =1 ≡0 −1 x e 2 QV = 1 − e−x also Für den Vibrationsanteil der Inneren Energie gilt damit δ U V = kT 2 ln QV δT ( ) N V δ e − β 2T = N kT ln −β T δT 1 − e 2 V δ δ = N kT 2 ln e − β / 2T − ln 1 − e − β δT δT ( N.R.: δ ( ln(e − β δT 2T ) ( )) = δδT − 2βT = + 2Tβ β= mit T hν k ) V 2 δ 1 β ln(1 − e − β T ) = ⋅ 0 − e − β T + 2 −β T δT 1− e T e −β T β =− ⋅ 1 − e −β T T 2 82 Also: U V β 1 e −β T = N kT ⋅ 2 + T 2 1 − e −β 2 T 1 1 = βNk + β / T 2 e 1 − oder mit β= hν k 1 1 U V = N ⋅ hν ⋅ + hν / kT e 2 − 1 Pro Mol ergibt sich also: 1 1 U V = N A ⋅ hν + hν kT − 1 2 e 83 9. 9.1 Thermodynamische Daten eines idealen Kristalls Modell von Einstein Ein aus N-Atomen aufgebauter idealer Kristall besitzt 3N-Schwingungsfreiheitsgrade, da jedes Atom in 3 Raumrichtungen schwingen kann. Dies gilt zuerst einmal für kubische Kristalle. In nicht-kubischen Kristallen sind die Richtungen der Schwingungen zwar nicht mehr orthogonal, es bleibt aber bei insgesamt 3N-Freiheitsgraden der Schwingung. Einstein nimmt nun an, daß alle Schwingungen die gleiche Frequenz besitzen. Für die Kristall-Zustandssumme gilt damit : QK = Q 3 N 1 hν − υ + 2 kT = ∑e υ 3N Diese Summe wurde bereits berechnet e −hν 2 kT Q= 1 − e −hν kT Also: e −hν 2 kT QK = − hν kT 1− e Und damit gilt für die Innere Energie, da 3N QT = QR = QE ≡ 1 : δ lnQ 3 N U = kT 2 δT δ = 3 N kT 2 lnQ = 3 N δT 1 hν hν + hν kT − 1 e 2 wie ebenfalls bereits gezeigt wurde. Zur Abkürzung wird die charakteristische Temperatur 84 Θ= hν k eingeführt. Mit N A ⋅ k = R folgt dann: U = 3 3 RΘ RΘ + Θ T 2 e −1 Für die spezifische Wärme ergibt sich daraus: −1 δU δ ΘT CV = e −1 = 3RΘ δT V δT −2 −Θ = − 3RΘ e Θ T − 1 ⋅ e Θ T ⋅ 2 T ( ( ) ) 2 −2 Θ = 3R ⋅ e Θ T ⋅ e Θ T − 1 T ( ) Es sollen jetzt die Grenzwerte für CV bei tiefer und hoher Temperatur berechnet werden: eΘ T Θ CV = 3R ⋅ 2 T eΘ T − 1 2 1) T → 0 ( e −Θ T Θ = 3R ⋅ T 1 − e −Θ T ) e −Θ T ⋅ −Θ T e 2 2 ( ) 2 2 → CV T →0 Θ2 Θ Θ −Θ T ≈ 3R 2 1 − 3R ⋅ e T T T Dieses Ergebnis stimmt nicht mit dem experimentellen Befund überein, denn aus Experimenten weiß man: CV ~ T 3 85 1+ 2 2) T → ∞ Θ +K T Θ CV = 3R ⋅ 2 T Θ 1 + T + K − 1 2 1 Θ ≈ 3R ⋅ = 3R 2 T Θ T Dieses Ergebnis stimmt mit dem Experiment überein (Dulong-Petit-Regel). 9.2 Verbesserungen von Debye Da das von Einstein vorgeschlagene Modell die experimentellen Werte nur bei hohen Temperaturen richtig wiedergibt, schlug Debye vor, das Modell dahingehend zu erweitern, daß alle Frequenzen bis zu einem Maximum zugelassen werden sollen. Diese Frequenzen ergeben sich aus der Analogie zum Frequenzspektrum des schwarzen Körpers: νD U = ∫ g (ν ) e ν hν h kT 0 −1 dν Die Entartung ergibt sich nach Rayleigh-Jeans aus der Analogie zur SchwarzkörperStrahlung g (ν ) = C ⋅ν 2 νD Also: U = ∫ C ⋅ν 2 ⋅ 0 hν e hν kT −1 dν 86 Nun macht man folgende Ersetzungen: oder x= hν kT und dx = h dν kT ν= kT x h und dν = kT dx h Eingesetzt in U ergibt sich 2 xD kT 2 kTx kT U = C⋅ ∫ dx x ⋅ x ⋅ h e −1 h 0 3 oder xD x kT U = C ⋅ dx ⋅ kT ∫ x e − 1 h 0 3 Setzt man die Randwerte ein, ergibt sich für die Konstante: C= 9N ν D3 3 Also xD x kT U = 9N ⋅ dx ⋅ kT ∫ x e − 1 hν 0 3 Für die molare Wärmekapazität folgt: T δU CV = N A k = 9{ Θ δT V D ≡R mit der Debye-Temperatur ΘD = hν D k und 3 x D x 4e x ∫ (e 0 x −1 x= ) 2 dx hν kT Die Debye-Temperatur ist stoffspezifisch, da jeder Stoff eine andere maximale Schwingungsfrequenz νD besitzt. 87 Jetzt sollen wieder die beiden Fälle T → 0 und T → ∞ betrachtet werden: 1) T → ∞, x→0 d.h. Für das Integral ergibt sich: xD x 4 ⋅1 ∫0 (1 + x − 1)2 dx = 1 3 1 hν D = = ⋅ x dx x D ∫0 3 3 kT xD 3 2 also 3 T 3 k 3 1 h 3ν D CV (T → ∞ ) = 9 R ⋅ 3 3 ⋅ 3 3 h νD 3 T k = 3R also das gleiche Ergebnis wie im Einstein-Modell und wie es nach der Regel von Dulong-Petit aus den Experimenten bekannt ist. 2) T → 0, x→∞ d.h. Für das Integral ergibt sich: xD ∫ (e 0 xD x4 ⋅ ex x −1 ) 2 dx = x4 ⋅ e−x ∫ (1 − e ) 0 −x dx ≈ 2 ∞ 4 −x ∫ x e dx = 0 4 4 π 15 also T CV (T → 0 ) = 9 R ⋅ ΘD 3 4 4 12 4 T ⋅ π = π ⋅ R ⋅ 523 15 ΘD 1 3 = 233.8 Damit ist die T3-Abhängigkeit der experimentellen Werte richtig wiedergegeben. 88 10. Gleichgewichtskonstante von Gasphasen-Reaktionen Im Zusammenhang mit der Theorie von Gasphasen-Reaktionen nach Eyring wird die Gleichgewichtskonstante durch den Quotienten von Zustandssummen ausgedrückt. Dies soll hier vorbereitet werden. Es wird die Reaktion ν A A + ν B B → νCC + ν D D betrachtet. Im Gleichgewicht müssen die Änderungen des chemischen Potentials gleich 0 sein: ∑ν µ i Mit δA i µ i = δn i und i =0 A = − kT ln Q ergibt sich unter Beachtung der Systemzustandssumme eines Gases QG = 1 N Qi i N i! 1 Ni Ai = − kT ln Qi N ! i = − kT N i lnQi + kT ln N i ! Mit der Stirling-Näherung ln N ! = N ln N − N ergibt sich: Ai = − kT N i lnQi + kT N i ln N i − kT N i = − RT ni ln Qi − RT ni ni N A ni = Ni NA 89 δA Q 1 µ i = i = − RT ln i + ni ⋅ RT − RT ni N A ni δ ni ⇒ µ i = − RT ni ln Qi Ni Jetzt werden die Energieniveaus der Edukte und Produkte auf ein gemeinsames Niveau bezogen. Dabei wird für ni → ∞ εi = 0 gesetzt. 0 -εB0 -εD0 -εC0 -εA0 Damit gehen die Zustandssummen über in Qi = ∑ e −ε i Aus der Gleichgewichtsbedingung kT ∑ν µ i ⋅ e +ε i 0 i = 0 folgt: QA ⋅ eε A −ν A RT ln NA 0 ν oder kT Q A A ⋅ eε A − RT ln ν NA A 0 kT Q B ⋅ e +ε B − ν B RT ln NB 0 kT +K=0 kT − +K=0 Für die auf Partikel-Konzentration bezogene Gleichgewichtskonstante gilt: ν ν NC C ⋅ N D D = KN ν ν NA A ⋅ NB B 90 Und damit wird aus der Gleichgewichtsbedinung, nachdem durch -RT dividiert wurde: ν QA A ⋅ eε A ln ν NA A 0 kT ν QB B ⋅ e ε B ⋅ ν NB B 0 kT ⋅ Nc νC ν QC C ⋅ e ε C 0 kT ⋅ ND ν νD QD D ⋅ e ε D 0 kT ≡0 Wenn der Logarithmus gleich 0 ist, muß das Argument gleich 1 sein und dann gilt: ν ν ν ν N C C ⋅ N D D QC C ⋅ QD D −(ε A0 +ε B0 −ε C0 −ε D0 ) kT KN = = ν ⋅e ν ν ν N A A ⋅ N B B Q A A ⋅ QB B 0 0 0 0 U0 NA Da ε A +εB −εC −εD ergibt sich QC C ⋅ QD D − RT0 KN = ⋅e ν ν Q A A ⋅ QB B ν ν = ∆U Dies ist die Formulierung der Gleichgewichtskonstanten als Funktion der Zustandssummen, wie sie in die Eyring-Theorie eingeht. 91