Einführung in die Klassischen Lerntheorien und ihre

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Einführung in die Klassischen Lerntheorien und
ihre Anwendungen
Dominik Schöbi
Rekapitulation
• Psychologische Konzeption von Lernen
– Erfahrung
– Wissen und Verhalten bzw. Verhaltenspotential
– offenenes und verdecktes Verhalten, psychomotorische,
affektive, kognitive und vegetative Komponente des
Verhaltens
– Lernen  Behaviorismus
• Fokus auf beobachtbarem Verhalten; Intrapsychische Prozesse
nicht im Zentrum
– Verhalten kann auch ohne Erfahrung erworben werden:
Prägung, Instinkte, Reifung, Reflexe
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Prägung
•
•
•
•
Elementare biologische Form des Lernens
normalerweise an sensible Phasen gebunden
erfolgt auf (u.U. sehr spezifische) Schlüsselreize
kann stattfinden lange bevor Verhalten aktualisiert wird
(z.B. Prägung auf Sexualobjekte bei Graugänsen)
• findet genau 1x statt
• Verhaltensveränderung bzw. –erwerb ist irreversibel
• Störung des Prägungsvorgangs
– Fehlprägung!
– versäumte Prägung!
1. Einführung –/1.3 Verhaltenserwerb ohne Erfahrung ?
HS 2013
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Prägung: Konrad Lorenz
1. Einführung – 1.3 Verhaltenserwerb ohne Erfahrung ?
HS 2013
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Prägung bei Menschen (?)
• unklar
• sensible Phasen existieren auch
• Bowlby (1951): Bindungstheorie
– Prägung an Mutterfigur in früher Kindheit (~6. bis 9.
Monat):  Bindungsverhalten
– Grosse Bedeutung für Entwicklung und psychische
Gesundheit
1. Einführung – 1.3 Verhaltenserwerb ohne Erfahrung ?
HS 2013
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Instinkte
• komplexe, arteigene, ungelernte, relativ
unveränderbare Verhaltensweisen
(Tinbergen, 1956)
1. Einführung – 1.3 Verhaltenserwerb ohne Erfahrung ?
HS 2013
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Beispiele
1. Einführung – 1.3 Verhaltenserwerb ohne Erfahrung ?
HS 2013
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Instinkte
• komplexe, arteigene, ungelernte, relativ
unveränderbare Verhaltensweisen
(Tinbergen, 1956)
• angeborene Auslösemechanismen
– führen zu komplexem, koordiniertem Verhalten
1. Einführung – 1.3 Verhaltenserwerb ohne Erfahrung ?
HS 2013
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Reifung
• Prozess der physiologischen Entwicklung der
endokrinen Nervenbahnen
• schafft zu bestimmten Zeitpunkten
(Zeitabschnitten) optimale Voraussetzungen für
Lernprozesse
– nach regelhaftem Muster vorhersagbar, genetisch
determiniert und unabhängig von Erfahrungen
1. Einführung – 1.3 Verhaltenserwerb ohne Erfahrung ?
HS 2013
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1.4 Adaptationsfunktion der Verhaltensänderung
1. Einführung – 1.4 Adaptationsfunktion der Verhaltenänderung
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Verhaltensänderung
Genetik
• Anpassung langsam
• Veränderung der
physiologischen Architektur
• irreversibel
• über Generationen stabil
• überlebt Individuum
• Irrwege: Mutationen
Lernen
• schnelle Anpassung
• reversibel («Verlernen»,
Löschung)
• Verhaltensanpassung (nicht
physiologische A.)
• aber: veränderungen neuronaler
Bahnen
• Neuerwerb in jeder Generation
• flexibel
• erlischt mit Tod > symbolische
Weitergabe
• (wiederholte) Erfahrung wichtig
1. Einführung – 1.4 Adaptationsfunktion der Verhaltenänderung
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Anpassung
Spezialisten
• morphologische Anpassung
• rigid hochspezialisiert und
effizient
• Regulation über Instinkte
• zonengebunden
Generalisten (nichtSpezialisten)
• Keine spezielle Anpassung
• Vielseitigkeit
• weniger Instinkt – mehr
Exploration, Lernen
(+Lernkapazität)
• nicht zonengebunden
1. Einführung – 1.4 Adaptationsfunktion der Verhaltenänderung
HS 2013
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Zusammenfassung
• Lernen: Erwerb oder Veränderung von Verhalten und
Verhaltensdispositionen auf Grund von Erfahrung
• Biologischer Verhaltenserwerb: Genetisch verankert,
umfasst Reflexe, Instinkte; wird durch Prägung in
sensiblen Phasen oder Reifungsprozesse
determiniert
• Ziel = Adapation
1. Einführung – 1.5 Zusammenfassung
HS 2013
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Zusammenfassung
• Lernen: Erwerb oder Veränderung von Verhalten und
Vielseitig,auf
schnell,
Verhaltensdispositionen
Grund von Erfahrung
erfordert Exposition
• Biologischer Verhaltenserwerb: Genetisch verankert,
überdauernd,
rigid,
umfasst Reflexe,
Instinkte; wird
durch Prägung in
langsam,
bleibt über
sensiblen Phasen
oder Reifungsprozesse
determiniert Generationen erhalten
• Ziel = Adapation
Individuum adaptiert – Art adaptiert
1. Einführung – 1.5 Zusammenfassung
HS 2013
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2. Voraussetzung für (Erfahrungs-) Lernen
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Voraussetzungen für Lernen
• Lernen setzt voraus, dass bestimmte
Umweltgegebenheiten und –voraussetzungen
vorhanden sind,
• ...und dass der Organismus (bzw. das Individuum)
bestimmte Fähigkeiten und Eigenschaften mitbringt
• Die Interaktion zwischen diesen
Organismusvariablen und Umweltvariablen
ermöglicht Lernprozesse
2. Voraussetzung für Lernen
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Funktionen und Kontextfaktoren
• Organismus
–
–
–
–
–
Gedächtnis
Wahrnehmung
Aufmerksamkeit
Motivation
Intelligenz
2. Voraussetzung für Lernen
• Umwelt
– Stimulation
• adäquate Exposition
– Bindungsförderliche
Bedingungen
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Gedächtnis
• Schlüsselfrage: was braucht es, damit
Erfahrungen «Sinn machen», dass sie
für ein Individuum bedeutsam sind oder
bedeutsam werden?
1. Speicher
2. Enkodierung und Repräsentation von
Symbolen
3. Möglichkeit der Veränderung
bestehender Repräsentationen
2. Voraussetzung für Lernen 2.1 Gedächtnis
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Gedächtnis: Funktionen und Inhalte
• Explizites G.: semantische Inhalte und
episodische Inhalte
• Implizites G.: routinisierte und
automatische Inhalte, prozedurale
Aspekte
– schwer zugänglich, Inhalte durch priming
aktivierbar
2. Voraussetzung für Lernen 2.1 Gedächtnis
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Wahrnehmung
• Registrierung, Interpretation und Zuordnung von
Stimuli (Informationen)
• Unterschiedliche Komplexitätsebenen
• Bsp. für die Wichtigkeit: Beteiligung von
Einschätzungsprozessen an Emotionsgenerierung
(z.B. Arnold, 1969; Lazarus & Folkman, 1984)
2. Voraussetzung für Lernen 2.2 Wahrnehmung
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Aufmerksamkeit
• gezielte Einschränkung des Verarbeitungsfokus auf
spezifische Reize
• damit ermöglicht Aufmerksamkeit selektive
Verarbeitung bestimmter Informationen
• Ziel/ Funktion: Vermeidung von Reizüberflutung,
Effizienz
2. Voraussetzung für Lernen 2.3 Aufmerksamkeit
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Beispiel: der Cocktailparty-Effekt
• Cherry (1959): untersuchte Air Traffic Controllers
What factors influence attention?
2. Voraussetzung für Lernen 2.3 Aufmerksamkeit
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Beispiel: der Cocktailparty-Effekt
• Auch: binauraler Effekt
• Schallunterdrückung möglich (bis zu 15 db)
• Suchen / Steuerung möglich
– willkürlich, unwillkürlich
2. Voraussetzung für Lernen 2.3 Aufmerksamkeit
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Motivation
• Summe aller Beweggründe für Verhalten
• Transaktion von intrinsischen und extrinsischen
Faktoren
• Motivation ist variabel
• Motivation kann auch eine stabile Komponente
haben
2. Voraussetzung für Lernen 2.4 Motivation
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Intelligenz
• Definition?
• Intellektuelles Adaptationspotential
• 2 zentrale Typen von Fähigkeiten:
– Lernfähigkeit (neue Erfahrungen abspeichern)
– Problemlösefähigkeit (gespeicherte Inhalte auf neue,
veränderte Situationen anwenden und ggf. anpassen)
2. Voraussetzung für Lernen 2.5 Intelligenz
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Intelligenz
• Intelligenztypen nach Gardner (1993)
–
–
–
–
–
–
–
Sprachliche I.
Logisch-Mathematische I.
Räumliche I.
Körperlich- Kynästhetische I.
Musikalische I.
Interpersonale I.
Intrapersonale I.
2. Voraussetzung für Lernen 2.5 Intelligenz
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Stimulation
• Intellektuelle Stimulation wichtig für Verhalten, das
Erfahrungen ermöglicht
 Exploration
Stimulation wichtig für Entwicklung (vgl. Prägung);
z.B., Genexpression erfordert bestimmte Arten von
Stimulation
Entwicklung
Stimulation
Biochemische
Signale
GenExpression
Anpsssung
Selbst-Regulation
2. Voraussetzung für Lernen 2.6 Externe Faktoren: Stimulation
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Bindung (nach Bowlby, 1976)
• Aufbau von Beziehung zu Bindungspersonen zentral
für Erlebnis von Geborgenheit und Sicherheit
• Verinnerlichte Schemata für interpersonelle
Beziehungen (Bindungsstil)
–
–
–
–
Internale Kontrollüberzeugungen
Selbstwert
Explorationsverhalten
Konzentrations- und Wahrnehmungspotential
2. Voraussetzung für Lernen 2.7 Bindung
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Bindung
• 8-12 Wochen: gezieltes Sozialverhalten; keine Bindung, Kind
sendet Signale an verschiedene Personen
• 3-6 Monate: Mutter-Kind Bindung ausgeprägter
• 6-9 Monate: Konzentration auf primäre Bezugsperson (i.d.R.
Mutter, Muttersubstitut)
• Adoleszenz: Zunehmend werden auch ausserfamiliäre
Bindungsfiguren (Peers) oder Organisationen
bindungsrelevant.
• Nach Pubertät:Fremde Personen und gegengeschlechtliche
Partner avancieren zu Bindungspersonen
• Erwachsenenalter: Zur Hauptbezugsperson wird in den
meisten Fällen der Partner (Paarbeziehung, Ehe)
2. Voraussetzung für Lernen 2.7 Bindung
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Bindung (nach Bowlby, 1976)
• Der Bindungsstil wird zwischen dem 6. Monat und
dem 5. Lebensjahr festgelegt.
• Bowlby: Bindungsstil = Persönlichkeitsmerkmal
– stabil bis ins Erwachsenenalter
– beeinflusst alle engen persönlichen Beziehungen
– generalisierbar
2. Voraussetzung für Lernen 2.7 Bindung
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Zusammenfassung
• Es sind verschiedene Voraussetzung nötig, damit
Lernen geschehen kann. Hier kann man zwischen
Organismusvariablen und Umweltvariablen
unterscheiden
• Der Organismus muss über Gedächtniskapazität
verfügen um Inhalte speichern und abrufen zu
können, muss dazu adäquat wahrnehmen und
Aufmerksamkeit auf relevante Inhalte lenken
können. Um dies zu tun braucht es Motivation. Zur
Gewährleistung effizienten Lernens und zur
adapativen Anpassung braucht es Intelligenz.
2. Voraussetzung für Lernen 2.8 Zusammenfassung
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Zusammenfassung
• Um adäquates Lernen zu ermöglichen muss die
Umwelt stimulierend sein, dem Organismus also
Möglichkeit und Anreiz für adäquate Erfahrungen
bieten.
• Damit der Organismus sich über Exploration diese
verschaffen kann, muss er einen gewissen Grad an
emotionaler Sicherheit und entsprechende
Überzeugungen über Personen und die Umwelt
erlangen. Eine sichre Bindung zu primären
Bezugspersonen ist dafür essentiell.
2. Voraussetzung für Lernen 2.8 Zusammenfassung
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