Grundlagen der Mikroökonomik

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Zusammenschrift der Mikroökonomik zum
Thema Haushalt und Firma
Dr.-Ing. Olaf Kintzel
August 2009
1
1
Einführung
Diese Zusammenschrift basiert auf den Vorlesungsskripten der Fernuniversität Hagen des Lehrstuhls Wirtschaftstheorie (Prof. Dr. Alfred Endres) aus
dem Jahre 2007. Es handelt sich um eine komprimierte Fassung der ersten drei Kurseinheiten, wobei Kapitel 2 und Kapitel 3 gekürzte Fassungen
der zweiten und dritten Kurseinheiten der Fernuniversität darstellen. Dabei
wurden einige Dinge komprimierter oder wesentlicher und vielleicht, zumindestens aus der Sicht des Autors, manchmal verständlicher formuliert. Es
hatte sich ergeben, dass der Autor bereits zuvor im Zeitraum 1998/99 eine
gute Zusammenschrift des Themengebietes erstellt hatte, wobei insbesondere
auf die kommerziell erhältlichen Bücher
1. „Preistheorie“ von Herberg, 2. Auflage, 1990
2. „Mikroökonomische Theorie“ von Henderson/Quandt, 3. Auflage, Vahlens Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 1973
3. „Grundzüge der mikroökonomischen Theorie“ von Schumann, 6. Auflage, Springer-Verlag, 1992
zurückgegriffen wurde. Diese Zusammenschrift wurde dann in den Kapiteln
2.10 bis 2.15 sowie Kapitel 4 integriert. Dabei ist erkennbar, dass insbesondere
auf die mathematischen Zusammenhänge eingegangen wird. Die Kurseinheiten der Fernuniversität sind sehr souverän und gut geschrieben, meiden aber
mathematische Ableitungen zumindestens an den Stellen, wo der Autor dies
erwartet hätte. So war es dem Autor ein Dorn im Auge, dass z.B. die so genannte Slutsky-Gleichung zitiert wurde, aber keine Ableitung vorhanden
war. Leider war die Zusammenschrift von 1998/99 nur handschriftlich, so
dass der Autor sich genötigt sah, eine Abschrift in Latex zu erstellen. Daraus
entstand eigentlich die Idee dieses Skriptes. Nämlich um auch andere Studenten anderer Lehreinrichtungen davon profitieren lassen zu können, empfand
es der Autor als zusätzlichen Nutzen in freien Stunden auch die ersten drei
Kurseinheiten der aktuell vorliegenden Skripte der Fernuniversität Hagen zu
integrieren. Der Autor hofft, damit gerade eher mathematisch orientierten
Studenten der Wirtschaftswissenschaft eine Stütze zu sein, aber auch anderen Studenten durch diese komprimierte Zusammenfassung eine gute Hilfe
im Verständnis des Themengebietes bereitzustellen. Allerdings wurde nur das
Ziel verfolgt die eher theorie-intensiven Fachgebiete „Haushalt“ und „Firma“
2
(oder (synonym:) Unternehmung) zu behandeln, um einer Ausuferung dieses Skriptes entgegenzuwirken. Rückblickend kann der Autor mathematisch
gesinnten Studenten jedoch den Tipp geben, sich auf die Methodik der Wirtschaftswissenschaften einzulassen, wie wenig mathematisch fundiert sie auch
scheinen mögen. Eigene Erfahrung hat gezeigt, dass nur eine langjährige Auseinerandersetzung und Einübung der geisteswissenschaftlichen Denkrichtung
Möglichkeiten eröffnet, Schätze zu bergen, die sonst verborgen geblieben wären. Praktisch gesehen sollte ein Studium der Wirtschaftwissenschaften bereits sehr früh begleitend im Curriculum vorgesehen sein (vorteilhafterweise
während der Promotion). Ausgebildeten Mathematikern oder Ingenieuren ist
sonst die beschwerliche Aufgabe abzuverlangen, die geisteswissenschaftliche
faktenorientierte Sicht zu integrieren, was manchmal Jahre dauern kann, aber
am Ende wertvoll sein kann. In diesem Sinne lautet das Resümee: „Auch wenn
dieses Skript für den (leider mit einer Portion Sendungsbewusstsein ausgestatteten) Autor vielleicht einen ideellen Wert darstellen mag, so mögen es
den vielen Studenten dazu auch zwei oder drei wertvolle Bücher sein. Was auf
jeden Fall klar ist: Ohne Sekundärliteratur, d.h. ohne Sichtweise verschiedener Geister, ist ein Studium der Wirtschaftswissenschaften sinnlos. (Darum:
Geiste(r)wissenschaften!!)“ .
3
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
2
2 Allgemeines zur Mikroökonomik
2.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.1 Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.2 Mikroökonomik als Koordinationstheorie
2.1.3 Mikroökonomik als Evaluationstheorie .
2.1.4 Mikroökonomie als Regulierungstheorie .
3 Der
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
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Haushalt
Rationalverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Präferenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Nutzen und Nutzenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Budgetrestriktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Entscheidung des Haushalts . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Autonome Entscheidungen unter Unsicherheit . . . . . . . .
3.6.1 Entscheidung unter Risiko . . . . . . . . . . . . . . .
3.6.2 Eigenschaften der Erwartungsnutzenfunktion . . . . .
3.6.3 Die Indifferenzkurve der Erwartungsnutzenfunktion .
3.6.4 Beispiel 1: Die Wahl der optimalen Deckungssumme
bei einem Versicherungsvertrag . . . . . . . . . . . .
3.6.5 Beispiel 2: Die Wahl eines optimalen Bündels von Zustandsgütern als Analogie zu einem Terminmarkt . .
3.7 Entscheidungen über die Güternachfrage . . . . . . . . . . .
3.7.1 Änderung auf eine Einkommensvariation . . . . . . .
3.7.2 Änderung auf Variation der Preise . . . . . . . . . . .
3.7.3 Das duale Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.7.4 Die indirekte Nutzenfunktion . . . . . . . . . . . . .
3.8 Den Nutzen messen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.8.1 Die Konsumentenrente . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.8.2 Einkommenskompensationen . . . . . . . . . . . . . .
3.8.3 Vereinfachungen zum Ziel der Aggregation . . . . . .
3.9 Alternative Nachfragetheorien . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.9.1 Die Theorie offenbarter Präferenzen (revealed preferences) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.9.2 Die Attributen-Theorie nach Lancaster . . . . . .
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8
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55
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. 63
. 64
3.10
3.11
3.12
3.13
3.14
3.15
3.16
Exkurs: Elastizitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Nutzenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Finden des Optimums mit Optimierung . . . . . . . . . . . . .
Ein erstes Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die indirekte Nutzenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ein komplettes Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Entscheidung über das Arbeitsangebot . . . . . . . . . . .
3.16.1 Die Wahl zwischen Arbeit und Freizeit . . . . . . . . .
3.16.2 Entscheidung über die Arbeitsmarktbeteiligung . . . .
3.16.3 Steuern, Transfer, Arbeitsangebot . . . . . . . . . . . .
3.16.4 Ein kleines Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.16.5 Güterallokation und Zeitallokation simultan betrachtet
3.16.6 Der Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Berufsleben .
3.17 Die Sparentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.18 Die Anlageentscheidung im Allgemeinen . . . . . . . . . . . .
3.19 Sonstige Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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117
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4 Die Firma
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4.1 Die Produktionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
4.1.1 Totale Faktorvariation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
4.1.2 Partielle Faktorvariation . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
4.1.3 Partielle Faktorvariation-lineare Produktionsfunktion . 129
4.1.4 Partielle Faktorvariation-linear-limitationale Produktionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
4.1.5 Partielle Faktorvariation-neoklassische Produktionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
4.1.6 Partielle Faktorvariation-ertragsgesetzliche Produktionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
4.1.7 Substitionale Faktorvariation . . . . . . . . . . . . . . 133
4.1.8 Die Substitutionselastizität . . . . . . . . . . . . . . . . 134
4.1.9 Spezielle Produktionsfunktionen . . . . . . . . . . . . . 135
4.1.10 Die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion . . . . . . . 137
4.1.11 Die CES-Produktionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . 139
4.1.12 Homogene und homothetische Produktionsfunktionen . 139
4.2 Kostenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
4.2.1 Langfristige Kostenkurven . . . . . . . . . . . . . . . . 142
4.2.2 Langfristige Gesamt-, Grenz- und Durchschnittskostenkurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
5
4.2.3
Auswirkungen von Faktorpreisänderungen auf die Lage
der langfristigen Kostenkurve . . . . . . . . . . . . .
4.2.4 Kurzfristige Kostenfunktionen . . . . . . . . . . . . .
4.2.5 Fixe und variable Kosten, Durchschnitts- und Grenzkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2.6 Auswirkungen von Faktorpreisänderungen auf die Lage
der kurzfristigen Kostenkurve . . . . . . . . . . . . .
4.2.7 Experimentelle Untersuchungen zu kurz- und langfristigen Kostenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3 Das Güterangebot einer Firma . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.1 Das kurzfristige Güterangebot . . . . . . . . . . . . .
4.3.2 Das langfristige Güterangebot . . . . . . . . . . . . .
4.4 Der Marktein- und austritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5 Die Faktornachfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.1 Kurzfristige Faktornachfrage . . . . . . . . . . . . . .
4.5.2 Langfristige Faktornachfrage . . . . . . . . . . . . . .
5 Unternehmenstheorie
5.1 Produktionsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.1 Linear-limitationale Produktionsfunktion . . . . .
5.1.2 Linear-limitationale Mehrgüterproduktion . . . .
5.1.3 Die neoklassische Produktionsfunktion . . . . . .
5.1.4 Neoklassische Mehrgüterproduktion . . . . . . . .
5.1.5 Die ertragsgesetzliche Produktionsfunktion . . . .
5.1.6 Vollkommen substitionale Produktionsfunktionen
5.1.7 Die CES-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Totale Faktorvariation . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3 Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3.1 Kurzfristige Kostenfunktionen . . . . . . . . . . .
5.3.2 Die linear-limitationale Produktionsfunktion . . .
5.3.3 Die neoklassische Funktion . . . . . . . . . . . . .
5.3.4 Ertragsgesetzliche Funktion . . . . . . . . . . . .
5.3.5 Bestimmung der konstenminimalen Menge . . . .
5.3.6 Langfristige Kostenfunktionen . . . . . . . . . . .
5.4 Dualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.5 Das Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.5.1 Analyse des Gewinnmaximus . . . . . . . . . . .
5.5.2 Eine Analyse des Extremalproblems . . . . . . . .
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204
204
205
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207
216
222
223
226
229
5.5.3 Eine Analyse der Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
5.5.4 Eine Analyse von Preiswirkungen . . . . . . . . . . . . 235
5.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236
7
2
2.1
Allgemeines zur Mikroökonomik
Einleitung
Die Mikroökonomik beschäftigt mit der Art und Weise, wie bestimmte Mitglieder einer Gesellschaft (Individuen) unter bestimmten Rahmenbedingungen (staatliche Regulationen) bestimmte Güter (Konsumgüter, Produktionsfaktoren) auf ihre Verwendungsmöglichkeiten verteilen. Dabei spielt das Prinzip der Knappheit eine große Rolle, d.h. die zur Verfügung stehenden Mittel
reichen nicht aus, alle Bedürfnisse zu befriedigen. Demzufolge soll eine möglichst optimale Verteilung der entsprechenden Güter auf die verschiedenen
Verwendungsmöglichkeiten (Allokation) erfolgen. Dabei steht zum einen die
individuelle Entscheidung eines Haushalts oder einer Unternehmung im Vordergrund, dann die Frage, wie eine solche Allokation am sinnvollsten koordiniert wird. Eine anschließende Bewertung der entsprechenden Allokation soll
schließlich zeigen, ob damit das gesellschaftliche Ziel der Wohlfahrtsmehrung
oder auch soziale Gerechtigkeit erreicht werden. Dort, wo der reine Marktmechanismus ohne staatliche Eingriffe nicht in der Lage ist das soziale Optimum
zu erreichen, soll durch die Regulation des Marktes Abhilfe geschaffen werden. Die Entscheidung, Koordination, Evaluation und Regulierung sind also
vier verschiedene Hierarchien von Betrachtungsebenen, die in der genannten
Reihenfolge voneinander abhängen.
2.1.1
Entscheidung
Eine Entscheidung ist eine Wahl zwischen verschiedenen Alternativen, die
sich gegenseitig ausschließen unter Beschränkungen (Restriktionen) bei Knappheit der Ressourcen. Ein Entscheider hat bestimmte Zielvorstellungen und
muss zwischen Alternativen auswählen. Mathematisch ist eine Zielfunktion
unter Nebenbedingungen zu maximieren. Das gefundene Gleichgewicht ist
solange die beste Lösung, solange Zielsetzungen und Rahmenbedingungen
unverändert sind. Während das Unternehmen versucht, seinen Gewinn zu
maximieren unter den Restriktionen der gewählten technischen Produktionsmethoden, den Verhältnissen auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten
sowie unter den rechtlichen Rahmenbedingungen, will der Haushalt seinen
individuellen Nutzen mehren unter den Nebenbedingungen der Budgetrestriktion, also seines Einkommens, und rechtlicher Rahmenbedingungen. Um
den Entscheidungsprozess zu modellieren, wird davon ausgegangen, dass die
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Entscheidungsfindung rational ist. Dieser Entscheidungsträger wird in der
Mikroökonomik als Homo oeconomicus bezeichnet, wobei der Homo oeconomicus im weiteren Sinne und derjenige im engen Sinne unterschieden werden.
Der Homo oeconomicus in weiteren Sinne handelt zwar rational, d.h. konsistent, aber verfolgt keine bestimmten Zielvorstellungen. Der Homo oeconomicus im engen Sinne hat hingegen bestimmte Zielvorstellungen (Präferenzen)
und versucht die durch diese Präferenzen beschriebenen Ziele in rationaler
Form zu verfolgen. Damit werden die Zielvorstellungen also in bestimmter
Weise festgelegt. Ob der Homo oeconomicus hingegen altruistisch oder egoistisch reagiert, ist dadurch nicht festgelegt. In der Mikroökonomik wird der
Home oeconomicus mit egoistischen Präferenzen betrachtet. Dieser hat sein
eigenes Wohl im Blick, das Wohl seiner Mitmenschen ist ihm gleichgültig. Hohe Ideale wie Frieden, Umweltschonung, etc. sind für ihn kein Selbstzweck,
sondern ein Mittel zur eigenen Wohlfahrtssteigerung. Der egoistische Homo
oeconomicus kann sogar Gutes tun, solange dies Mittel zum Zweck ist, wenn
er nämlich hofft, dadurch von den Anderen etwas zurück zu bekommen. Ein
solcher „altruistischer Egoismus“ wird aber im Allgemeinen nicht in Betracht
gezogen. Der Homo oeconomicus im zu engen Sinne, der ausschließlich an
Geld interessiert ist, wird auch nicht betrachtet, da die Zielgröße Geld zu
einschränkend ist. So könnte dieser Entscheidungsträger keine vernünftige
Wahl zwischen Arbeit und Muße wählen, da ihm Arbeit und damit die Gewinnung von Geld immer wichtiger wäre. Praktisch ist hingegen jeder frei in
der Wahl seiner Präferenzen, jedoch wird nur das Verhalten des egoistischen
Homo oeconomicus durch die mikroökonomische Theorie erklärt.
Normativ betrachtet sollte jeder frei in der Festlegung seiner Ziele sein. Dann
wäre somit ein Homo oeconomicus im weiteren Sinne gemeint. Mikroökonomik sucht die wirtschaftlichen Entscheidungsprozesse bei Änderung der
Rahmenbedingungen abzubilden. Damit muss man die Auswirkungen dieser
Änderungen auf die verschiedenen Entscheidungen kennen. Ohne eine solche
Einengung auf egoistische Präferenzen könnte man jedoch keine zielgerichtete
Wirtschaftspolitik betreiben. Werden daher keine bestimmte Einschränkungen in Bezug auf das Verhalten des Entscheidungsträgers getroffen, könnte
sie dieses Verhalten auch nicht voraussagen. Die altruistische Zielvorstellung
also das Interesse am Wohl des Anderen und die egoistische Zielvorstellung
d.h. das Interesse nur an der eigenen Wohlfahrtssteigerung, könnten ebenso
bestimmte Homini oeconomici im engeren Sinne beschreiben, jedoch wird
praktisch nur der egoistische Homo oeconomicus durch die Theorie erklärt.
9
Außerdem können manche Entscheidungen durchaus irrational, d.h. „aus dem
Bauch heraus“ erfolgen. Jedoch hat noch keiner geschafft auf der Grundlage
der Irrationalität eine ökonomische Theorie zu entwickeln. Eine beschränkte
Rationalität, bei der beschränkte Kapazitäten zur Verarbeitung von Problemen angenommen werden d.h. wenn nicht alle Alternativen und deren Konsequenzen brücksichtigt werden können wurde zwar versucht und hat auch
bestimmte Fortschritte zu verzeichnen, aber sie ist als eine neue Theorie nur
dann besser, wenn sie alle Aspekte einer traditionellen Theorie erklären kann
und darüberhinaus auch in der Lage ist neue Aspekte zu erklären. Davon
kann jedoch keine Rede sein. Es ist vielmehr so, dass die Theorie der beschränkten Rationalität andere Aspekte des menschlichen Verhaltens erklärt.
Die experimentelle Ökonomik versucht Abweichungen vom Rationalverhalten zu identifizieren und zu systematisieren. Dabei werden Testpersonen unter Laborbedingungen getestet. Es wurde sogar kürzlich der Versuch unternommen bestimmte Präferenzen mit der Magnetresonanz-Tomographie nach
außen hin sichtbar zu machen, indem die Reaktionen der Probanden auf bestimmte Schlüsselreize getestet wurden. Jedoch sind solche Laborversuche
nur bedingt auf die Realität übertragbar. In Zukunft wird die Theorie aber
zunehmend unter Einbeziehung der Ökonomen, Psychologen, der Neurowissenschaftler und der Philosophen weiterentwickelt. Man hat dafür den Begriff
der „Neuroeconomics“ geprägt.
2.1.2
Mikroökonomik als Koordinationstheorie
Koordination ist die Verteilung von Gütern auf die entsprechenden Gesellschaftsmitglieder (Haushalte, Unternehmen, Staat) unter Arbeitsteilung. Zunächst muss ein begehrtes Gut hergestellt werden und ein hergestelltes Gut
muss auch konsumiert werden. Dort, wo auf eine knappe Ressource sich individuelle Ansprüche richten, muss ein Mechanismus zur Regulierung von Konflikten vorhanden sein. Die Koordination kann ja nicht durch Mord oder Totschlag erfolgen. Solche Möglichkeiten müssen durch staatliche Intervention
ausgeschlossen werden. Ein Homo oeconomicus ist durchaus gewillt, äußere
politische Rahmenbedingungen zu akzeptieren, die zu einem Verbot oder Verzicht auf derartige Allokationsmethoden führen. Dies stellt in keinster Weise
ein Widerspruch zur Egoismusannahme dar. Außerdem ist er damit einverstanden, dass die allgemeine Einhaltung der Spielregeln überwacht wird. Die
Rahmenbedingungen sind sogar in der Lage, den Mangel an Gemeinschafts10
sinn in den Präferenzen des Homo oeconomicus im engeren egoistischen Sinne zu kompensieren. Alternativ dazu wäre ein Homo oeconomicus maturus,
der die entsprechenden Normen verinnerlicht hätte. Normen werden aber in
der Regel als externe Rahmenbedingungen verstanden. Der egoistische Homo
oeconomicus befürwortet Normen, weil er weiß, dass sie für das Zusammenwirken der Gesellschaftsmitglieder erforderlich sind. Am liebsten wäre es ihm
natürlich als Einziger die Normen zu brechen, während alle Anderen sie erfüllen. Dies ist jedoch untersagt, da die Einhaltung der Normen überwacht wird.
Die Verteilung erfolgt unter Knappheit, d.h. nicht alle Wünsche aller Menschen können simultan erfüllt werden. Eine bestimmte Zuweisung der knappen Ressourcen auf die produktive Verwendung und die Verteilung der dabei
produzierten Güter auf die Individuen wird als Allokation bezeichnet. Der
Allokationsmechanismus ist der Markt. Eine Allokation darf nicht ineffizient
sein. Effizienz ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für
Optimalität.
Oft wird die Zahlungsbereitschaft als Indikator für die Bedürfnisintensität
herangezogen. Liegt die Zahlungsbereitschaft unter dem Marktpreis eines
Gutes, so kann dieses Gut nicht erworben werden. Jeder Haushalt muss außerdem eine Rangordnung seiner Bedürfnisse aufstellen und diese offenbaren.
Durch den Vergleich mit dem Marktpreis wird implizit seine Bedürfnisintensität mit den Bedürfnisintensitäten aller anderen Haushalte verglichen.
Der Grad der Fühlbarkeit richtet sich dann nach dem Nicht-Käufer, der den
stärksten Bedarf geltend gemacht hat, aber nicht mehr zum Zuge kam, da
die Gütermenge begrenzt ist.
Haben Güter Marktpreise, so zwingt dies jeden Haushalt,
• seine eigenen Wünsche nach der Intensität der Bedürfnisse zu ordnen.
• bei der Verfolgung seiner Interessen die Interessen der anderen Haushalte zu berücksichtigen. Maßstab des Interesses ist die Zahlungsbereitschaft.
Die Zahlungsbereitschaft spiegelt nicht nur die Bedürfnisintensität, sondern
beinhaltet zugleich auch die Zahlungsfähigkeit, worauf im nächsten Unterpunkt genauer eingegangen wird.
11
Marktgleichgewicht herrscht, wenn Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht
sind. Änderungen des Marktgleichgewichtes wird durch Änderung der Rahmenbedingungen (Einkommen der Haushalte, Kosten der Firmen) möglich.
Bei den Unternehmen ist es ähnlich. Die Produktionsfaktoren, die knapp
sind, müssen auf die einzelnen Produktionen und Verwendungen aufgeteilt
werden. Dafür werden die Produktionskosten betrachtet. Produktionsfaktoren stehen dann für eine Produktion eines anderen Gutes nicht mehr zur
Verfügung. Auch dieser Effekt spiegelt sich im Marktpreis wieder. Der Preis
des Endproduktes einer Firma, die einen bestimmten Produktionsfaktor verwendet, wird durch den Marktpreis dieser Faktoren bestimmt. Die im idealen
Markt herrschende Konkurrenz sorgt dafür, dass der Preis des Endproduktes
nicht wesentlich über den Gesamtkosten der Faktoren liegt, die in das Produkt eingegangen sind.
Koordination und Konflikte regeln sich über den Marktmechanismus. Der
Haushalt als Konsument eines Gutes ist über den Preis gezwungen zu berücksichtigen, dass
• dieses Gut einem anderen Haushalt streitig gemacht wird.
• dadurch Produktionsfaktoren gebunden werden, die dann in anderen
Verwendungen fehlen.
Haushalte sind durchaus bereit höhere Preise für Güter zu zahlen, die ihren
Wünschen eher entgegenkommen, als für solche Güter, die am Bedarf vorbei
produziert werden. Um einen hohen Gewinn zu erzielen, sollten sich die Unternehmen also stark an den Wünschen der Haushalte orientieren. Firmen
erfüllen die Wünsche der Haushalte nicht aus Altruismus, sondern aus existenziellem Egoismus. Produzenten, die am Bedarf vorbei produzieren, werden bestraft, indem die Haushalte zum besseren Konkurrenten überwechseln.
Natürlich kann durch Werbung Einfluss auf die Präferenzen der Haushalte
genommen werden. Diese Einflussnahme ist jedoch durch die konkurrierenden
Bemühungen anderer Firmen, gesetzliche Restriktionen und die Kritikfähigkeit („Mündigkeit“) der Haushalte begrenzt. Auch die Firmen werden belohnt,
die durch technischen Fortschritt effizienter arbeiten und die Produktionsfaktoren wirtschaftlicher einsetzen. Externe Effekte, die durch außermarktliche
12
Effekte wie Umweltverbrauch entstehen, für die keine gesetzlichen Rahmenbedingungen existieren, werden in einem idealen Marktmechanismus nicht
betrachtet.
2.1.3
Mikroökonomik als Evaluationstheorie
Die Beschreibung und Erklärung des Marktmechanismus wird als positive
Analyse bezeichnet. Bewertungen dieser Ergebnisse werden durch eine normative Analyse untersucht. Im Prinzip geht es dabei um die Wohlfahrtsförderung. Existieren zwei mögliche Sätze von Bedingungen, so ist jener vorzuziehen, der zu einer höheren Wohlfahrt führt. Auch bei Auswahl zwischen
einem Marktmechanismus und einem nicht-marktlichen Allokationsmechanismus ist derjenige zu wählen, der die maximale Wohlfahrt hervorbringt.
Zählt nun die Wohlfahrt einer Volkswirtschaft oder gar der Weltgesellschaft?
Wird die Gegenwartsgeneration herangezogen oder auch künftige Generationen? Wie kann die Wohlfahrt berechnet werden? Wohlfahrt eines Einzelnen
ist konzeptionell und empirisch schwierig zu bestimmen. Das, was für eine
Gesellschaft als Ganzer gut tut, ist ein unverzichtbarer Kompass, an dem sich
die Gesellschaft bei ihrer Entwicklung orientieren sollte, wobei keine individuellen, sondern allgemeinen Werturteile angesetzt werden.
Eine Gesellschaft macht aus den zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht
genug, wenn sie Ressourcen verschwendet. Damit ist ein Zustand gemeint,
von dem auszugehen es möglich ist, den Nutzen eines Individuums zu steigern, ohne den eines Anderen zu senken. Ein Gleichgewicht, welches dieses erreicht, bezeichnet man als pareto-optimal. So sind auch freiwillige Tauschakte
vorteilhaft, wenn sie die aggregierte Wohlfahrt erhöhen. Homini oeconomici
werden überhaupt nur dann Tauschakte vorziehen, wenn sie wohlfahrtssteigernd sind.
Allerdings ist die Definition der Pareto-Optimalität nicht unproblematisch.
Auch die Frage des Allokationsmechanismus ist von Belang. Beruht eine Entscheidung auf der Entscheidung eines Diktators, sollte diese Allokation, auch
wenn sie superior ist, wenig geschätzt werden.
1. Das Pareto-Kriterium basiert auf dem Werturteil der Prozessunabhängigkeit (Das Ergebnis heiligt die Mittel).
2. Die Lage der Individuen ist ausschlaggebend. Jedoch kann ein Zustand,
13
in dem es den Individuen schlechter, der Gesellschaft insgesamt (dem
Staat) aber gut geht, vorgezogen werden.
3. Jedes Mitglied der Gesellschaft entscheidet selbst, welche Güterbündel
ihm den größten Nutzen stiftet. Da, wo individuelle Wünsche gegen
gesellschaftliche Normen verstoßen (Verkauf eigener Organe, Drogenkonsum, Sklaverei) sollte aber eine Grenze gezogen werden.
4. Das Pareto-Kriterium impliziert den guten Willen, also das Fehlen von
Neid und Missgunst. Demnach ist eine Allokation besser, wenn ein reiches Mitglied der Gesellschaft noch reicher wird, vorausgesetzt, die anderen werden dadurch nicht ärmer.
Kurz, das Pareto-Kriterium ist nicht werturteilsfrei. Aus gegensätzlichen
Wertkriterien können sich unter Umständen Rechtfertigungen für Eingriffe des Staates in den Marktmechanismus ergeben.
Ein Übergang von einer Allokation zu einer anderen wird über die positiven
Aspekte (Nutzen) und die negativen Aspekte (Kosten) beurteilt. Würden die
Nutzen und Kosten aggregiert, so erhielte man die gesellschaftlichen Nutzen
und Kosten. Von verschiedenen Allokationen ist diejenige die sozial beste, bei
deren Erreichung die höchste gesellschaftliche Nutzen-Kosten-Differenz (der
höchste Nettonutzen) entsteht. Allerdings ist der Nutzen nicht zwischen verschiedenen Individuen vergleichbar (Nutzen ist nicht kardinal messbar). Man
arbeitet daher eher mit einer Geldgröße, der Zahlungsbereitschaft. Je höher
der Nutzen eines Gutes, desto höher wird wohl auch die Zahlungsbereitschaft. Jedoch wird der gesellschaftliche Nutzen verzerrt dargestellt, indem
die Zahlungsfähigkeit der Personen auch mit eingeht d.h. die wohlhabenderen Haushalte haben auch die höhere Zahlungsfähigkeit. Eine hohe Kaufkraft
wirkt sozusagen als Verstärker bei der Übersetzung von Nutzenempfindungen in Zahlungsbereitschaft. Werden Zahlungsbereitschaften unkorrigiert als
Maß für die Nutzenvorteile verwandt, so impliziert dies das Werturteil einer
gerechten herrschenden Einkommensverteilung. Das Ergebnis der Allokation
genügt demnach nicht dem Anspruch, das soziale Wohl zu maximieren. Soziale Optimalität ist ein hohes Ziel. Wettbewerblich organisierte Märkte dienen
diesem Ziel eher als monopolistische Märkte. Es wäre auch besser, Märkte so zu organisieren, dass die Entscheidungsträger mit Umweltressourcen
verantwortlich umgehen, anstatt die Umwelt mit Schadstoffen zu belasten.
14
2.1.4
Mikroökonomie als Regulierungstheorie
Eine wesentliche Staatsaufgabe besteht darin, Wirtschaft und Gesellschaft so
zu steuern, dass das individuelle Streben der Entscheidungsträger nach Wahrung ihrer Interessen nicht zu sehr in Konflikt mit dem Ziel der Gemeinwohlförderung gerät. Eine Abweichung zwischen Marktgleichgewicht und sozialem
Optimum kann ein staatliches Handeln notwendig machen. Dabei existieren
in der Regel verschiedene Möglichkeiten, die staatliche Aktivität auszugestalten. Dabei kann die Mikroökonomik helfen, indem sie die alternativen
staatlichen Eingriffe einer Prüfung unterzieht, wie die Marktergebnisse selbst.
Staatliche Eingriffe verändern die Restriktionen. Der Einzelne versucht sein
Ziel zu erreichen unter den geänderten Rahmenbedingungen. Der Staat kann
die tatsächliche Auswirkung seiner Regulierungen besser beurteilen, wenn
er bei seiner Prognose eine mikroökonomische Entscheidungs- und Koordinationstheorie verwendet. So können „Risiken und Nebenwirkungen“ abgeschätzt werden. Es wird diejenige Regulierung gewählt, die nach Ablauf der
Anpassungsmechanismen auf individueller und marktlicher Ebene das beste
Ergebnis zeitigt.
3
Der Haushalt
Ein Haushalt ist eine Wirtschaftseinheit, welches
• aus einem oder mehreren Mitglieder besteht (keine juristischen Personen).
• für die gesamte Gemeinschaft einen Wirtschaftsplan aufstellt.
• keine Güter für den Markt, sondern nur für den eigenen Konsum produziert.
Der Prototyp des Haushalts ist die Familie. Meist produzieren sie auch eigene
Güter wie Verpflegungsleistungen, Reinigungsleistungen, Erziehungsleistungen, etc., die alternativ auch am Markt gekauft werden könnten.
Davon zu unterscheiden sind Unternehmen, die stets für den Markt produzieren, der Staat, der überwiegend öffentliche Güter produziert und private
Organisationen ohne Erwerbscharakter wie Vereine, Kirchen, Gewerkschaften, Verbände. Im Allgemeinen handelt es sich bei Letzteren um juristische
15
Personen, die darum keine privaten Haushalte darstellen. Produzieren sie
Güter für den Markt, so sind sie zu den Unternehmen zu rechnen.
Man unterscheidet zwischen autonomen und interaktiven Entscheidungen.
Eine autonomer Entscheider kümmert sich nicht um die Reaktionen seiner
Umwelt, wenn er nicht glaubt, dass diese sein Wohlbefinden merklich beeinflussen werden. Eine Entscheidung ist interaktiv, wenn der Akteur bei seiner
Entscheidung die voraussichtliche Reaktion anderer Akteure berücksichtigt.
Abstimmungsprozesse innerhalb des Haushalts (individuelle oder kollektive
Entscheidungen) werden nicht modelliert (gehört zur Social-Choice-Theorie).
Man betrachtet einen Haushalt, der zu einer gemeinsamen Konsumentscheidung gekommen ist. Die Haushaltsentscheidung betrifft das Angebot an Faktorleistungen und die Nachfrage nach Konsumgütern und Vermögensgegenständen (Aktiva). Das Angebot an Arbeitsleistung stellt die wichtigste Einkommensquelle dar. Daneben gibt es das Angebot an Kapitalleistungen.
Das Einkommen des Haushalts fließt in den Kauf von Konsumgütern oder
wird zur Akkumulation von Vermögen verwendet. Das Einkommen wird auf
Konsum und Ersparnis aufgeteilt. Für die Ersparnis gibt es die Kategorien: Finanzkapital, Humankapital und Sachkapital. Innerhalb dieser Kategorien existieren wiederum viele Anlagealternativen. Darüberhinaus trifft ein
Haushalt natürlich eine Menge weiterer Entscheidungen (Wahl des Ehepartners, des Berufs, des Wohnsitzes, Zahl der Kinder, politische Entscheidungen,
womit der Haushalt über den Umfang und Finanzierung öffentlicher Güter
mitentscheidet, die Umverteilung des Einkommens mit Hilfe des staatlichen
Steuer- und Transfersystems). Werden bestehende Rechtsnormen oder Verhaltensweisen als Handlungsbeschränkungen akzeptiert? Dies führt zur ökonomischen Theorie der Moral. Welche Charaktereigenschaften setzen sich in
gesellschaftlichen Selektionsprozessen am besten durch? Diese an der Evolutionsbiologie entlehnte Fragestellung wird mit den Mitteln der evolutionären
Spieltheorie untersucht. Man unterscheidet Entscheidungen unter Sicherheit
und solche unter Unsicherheit oder Risiko.
3.1
Rationalverhalten
Die Ökonomik bedient sich vor allem des Modells des Rationalverhaltens.
Eine Minimalforderung an rationales Verhalten ist die der Konsistenz. Konsistenz bedeutet, dass, wenn die selbe Auswahlregel auf alle paarweisen Alternativen angewendet wird, die Entscheidung widerspruchsfrei sein muss d.h.
16
es muss eine bestimmte Ordnung entstehen. Konsistentes Verhalten kann auf
die Verfolgung irgendeinen Zieles gerichtet sein. Existiert ein Ziel und ist das
Verhalten kausal abhängig vom Ziel und das Ziel selbst fest und damit unabhängig von einer getroffenen Entscheidung, so spricht man von instrumenteller Rationalität. Ist das Ziel selber Bestandteil des Rationalitätskalküls,
also wird nicht einmal so und ein anderes Mal so entschieden, sondern wenn
ein ganz bestimmtes Ziel gilt, dann spricht man von substanzieller Rationalität. In der Ökonomik wird unterstellt, die Akteure verfolgten das Ziel
der Maximierung ihres eigenen Nutzens. Was den Entscheider im Einzelnen
nützlich ist, bleibt jedoch ihm selbst überlassen (Konsumentensouveränität).
Auf Konkurrenzmärkten kann der Wettbewerbsdruck dazu zwingen, sich eigennützig zu verhalten. Die Eigennutzmaximierung wird von fast allen Theorien der Ökonomik vorausgesetzt. Allerdings, gerade in homogenen Gruppen,
kann es sinnvoll sein uneigennützig dem Anderen gegenüber zu sein (z.B. in
der Familie: wie ich dir, so du mir). Bei marktvermittelten Transaktionen dominiert der Eigennutz. Verursacht der Entscheidungsprozess darüber hinaus
keine Kosten, so spricht man von perfekter Rationalität (keine Kosten der
Informationsbeschaffung). Dies wird auch als unbeschränkte Rationalität bei
vollständiger Information bezeichnet, während beschränkte Rationalität von
unvollständiger Information ausgeht.
3.2
Präferenzordnung
Ein Haushalt muss unter verschiedenen Handlungsalternativen wählen. Er
wählt die, die ihm am meisten Nutzen bietet. Das Befriedigungsniveau oder
der Nutzen wird über eine Präferenzordnung abgebildet. Ein Haushalt wählt
jene Alternative, welche er präferiert und er präferiert jene Alternative, welche ihm den größten Nutzen stiftet. In einer Präferenzordnung unterscheidet
man:
• A ≻ B: A wird gegenüber B präferiert (Präferenzrelation)
• A ∼ B : A ist indifferent zu B (Indifferenzrelation)
• A B: A wird mindestens so gut geschätzt wie B (Präferenz-IndifferenzRelation)
Werden die Alternativen paarweise so verglichen, dass eine Ordnung entsteht,
spricht man von einer Präferenzordnung. Dabei sollte die Wahl unabhängig
17
sein von der angebotenen Alternative. In der experimentellen Ökonomik werden auch Fälle untersucht, bei denen die Wahl zwischen A und B davon abhängt, ob das Individuum sich in A oder B befindet (Ausstattungseffekt (Endowment Effect)). Der realisierte Zustand ist sozusagen ein Referenzpunkt.
Der Endowment Effect ist ein Spezialfall des Anchoring Effekts, bei dem es
einen bestimmten Anker gibt. So könnte ein dritter Zustand als Referenzpunkt dienen. Das Rationalverhalten muss den folgenden Axiomen genügen:
1. dem Axiom der Vollständigkeit
2. dem Axiom der Transitivität
3. dem Axiom der Reflexivität
Die weiteren ergänzenden Annahmen werden getroffen:
4. die Annahme der Nicht-Sättigung („Unersättlichkeit“ )
5. die Annahme der Stetigkeit
6. die Konvexität der Indifferenzkurven
Das sind praktisch die Minimalforderungen an eine Präferenzordnung.
Das Axiom der Vollständigkeit besagt, dass alle Alternativen in Bezug auf
ihre Wünschbarkeit verglichen werden. Resultiert eine Präferenzordnung mit
lauter ≻-Zeichen, so spricht man von einer starken Präferenzordnung. Bei lauter ∼-Zeichen von einer Indifferenzordnung. Bei -Zeichen von einer schwachen Präferenzordnung. Dies soll möglich sein, da der Entscheidungsprozess
keine Ressourcen bindet.
Eine Präferenzordnung ist transitiv, wenn die Entscheidung konsistent ist.
Ist A B und B C, so muss auch A C gelten.
Das Axiom der Reflexivität fordert, dass A A d.h. wird einmal A und
B verglichen und einmal B und A oder A und C, so muss klar erkennbar
sein, dass der Entscheider im ersten Fall A genauso schätzt wie im zweiten
Fall. Meist gibt es auch einen Framing-Effekt, je nachdem wie die Alternativen präsentiert werden (z.B. ein halb-volles oder ein halb-leeres Glas). Meist
resultiert dies aus einem Unterschied zwischen der objektiven Eigenschaft
18
eines Gutes und der Wahrnehmung dieser Eigenschaft durch den Konsumenten. Die Ursache liegt also in einer Begrenztheit der kognitiven Fähigkeiten des Entscheiders. Begrenzte Problemverarbeitungskapazität steht im
Zentrum der psychologischen Ökonomie. Die kognitiven Fähigkeiten können
auch (endogen) modelliert werden. Entscheidungsträger mit schlechten kognitiven Fähigkeiten sind in Wettbewerbsprozessen Objekt der Ausbeutung.
Die Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten ist mit Kosten verbunden. Wettbewerbsprozesse führen dann zu einer Verringerung der Differenz zwischen
Wahrnehmung und der objektiven Eigenschaften eines Gutes.
Im einfachen Fall eines Güterbündels aus nur zwei Gütern kann man sehr
einfach eine grafische Darstellung verwenden.
G u t 2
X
X
(A )
2
A
B
(B )
2
X
X
(A )
1
(B )
1
G u t 1
Die Indifferenzkurve verbindet Güterbündel, die als indifferent zueinander
betrachtet werden. Gilt A ≻ B ≻ C, so muss es eine Mischung zwischen A
und C geben, gegenüber der der Entscheider indifferent ist zu B. Dies wird
sichergestellt durch die Annahme der Stetigkeit d.h. die Güter sind unendlich
teilbar. Damit existiert ein bestimmtes Mischungsverhältnis von A und C,
das genauso geschätzt wird wie B. Damit sind also Sprünge ausgeschlossen.
Die lexikografische Präferenzordnung widerspricht der Annahme der Stetigkeit. Hier gilt:
(A)
(B)
(A)
(B)
(A)
X (A) ≻ X (B) , falls X1 > X1 oder X1 = X1 und X2
(A)
(B)
(A)
(B)
X (A) ∼ X (B) , falls X1 = X1 und X2 = X2 .
19
(B)
> X2
Dort ist nur ein Element in jeder Indifferenzklasse. Das Konzept der Budgetrestriktion, also die feste Aufteilung einer Ausgabensumme auf bestimmte
Verwendungszwecke kann manchmal einer solchen Präferenzordnung folgen
(z.B. an erster Stelle Ernährung, dann Bekleidung, Wohnen, Auto, Unterhaltung, usw.). Die lexikografische Präferenzordnung reduziert die Entscheidungskosten. Bei fehlenden Entscheidungskosten ist sie aber nicht mehr vernünftig.
Die Annahme der Nicht-Sättigung besagt, dass eine größere Menge eines Gutes einer kleineren Menge immer vorgezogen wird. Das bedeutet, dass auf einer Ursprungsgeraden der Nutzen immer weiter ansteigt („Mehr ist besser“ ).
Dies ist hier kein Axiom, da es durchaus Fälle geben könnte, bei denen ab
einer bestimmten Menge eine Sättigung einsetzt. Von einer Sättigung kann
man aber erst sprechen, wenn ein Gut zu einem Preis von null nicht nachgefragt wird, wenn es also auch niemand geschenkt haben will. Ein geschenktes
Gut kann durchaus implizite Kosten haben (Erhaltungs-, Entsorgungskosten). „Mehr ist besser“ gilt also nur für solche Güter, bei denen keine derartigen Kosten mit der Annahme eines Geschenks verbunden sind. Erst die
Annahme der Nicht-Sättigung erlaubt die Anwendung einfacher mathematischer Methoden zur Auffindung eines Maximums. Situationen, in denen es
tatsächlich zu einer Sättigung kommt, dürften sehr selten sein. Die Annahme
der Nicht-Sättigung bedeutet auch, dass die Indifferenzkurve eine negative
Steigung hat.
G u t 2
B
A
G u t 1
20
Indifferent zu A kann der Konsument nur sein in den schraffierten Gebieten,
da bei einer größeren oder kleineren Menge der beiden Güter eine starke Präferenzrelation besteht.
Aus der Annahme der Stetigkeit folgt nun, dass ein bestimmter Punkt wie B
indifferent sein muss zu A. Allerdings kann die Indifferenzkurve konkav, konvex oder sogar linear sein. Die Annahme der Konvexität der Indifferenzkurve,
die zusätzlich getroffen wird, besagt, dass gemischte Güterbündel gegenüber
einseitigen Güterbündeln präferiert werden. Dann muss die Indifferenzkurve konvex sein, da aufgrund der Nicht-Sättigung weiter nordöstlich liegende
Güterbündel vorgezogen werden.
G u t 2
A
D
C
E
B
G u t 1
C enthält k Anteile von A und (1 − k) Anteile von B (0 ≤ k ≤ 1) und wird
gegenüber D oder E vorgezogen. Wäre die Indifferenzkurve konkav, so würde
das Gegenteil gelten.
Die Steigung der Indifferenzkurve gibt die marginale Änderung an bei einer
Substitution von Gut 2 durch Gut 1. Da die Kurve konvex ist, wird diese
Grenzrate der Substitution des Gutes 2 durch das Gut 1 immer kleiner. Der
Konsument ist also, wenn er viel von Gut 2 besitzt, eher bereit auf Gut 2 zu
verzichten, um eine zusätzliche Einheit von Gut 1 zu bekommen, als wenn er
wenig von Gut 2 besitzt. Das Austauschverhältnis
lim∆X1 →0
∆X2
∆X1
(1)
21
ist negativ und wird als Grenzrate der Substitution GRS(2, 1) des Gutes
2 durch das Gut 1 bezeichnet. GRS(2, 1) wird dabei allerdings als positiv
angenommen d.h.
GRS(2, 1) = −lim∆X1 →0
∆X2
∆X1
(2)
Wird das Gut 2 als Zahlungsmittel angesehen, so beschreibt die GRS die
marginale Zahlungsbereitschaft für das Gut 1. Je schwieriger diese Substitution ist d.h. je mehr Gut 1 der Konsument bekommen will, um eine Einheit
von Gut 2 zu substituieren, desto stärker die Krümmung. Ein Maß für die
Krümmung ist die Substitutionselastizität
∆v
v
ǫsub (2, 1) = lim∆X1 →0 ∆GRS
mit v =
GRS
X2
X1
und ∆v = vneu −valt (3)
Die Grenzrate der Substitution und das Verhältnis, in welchem die beiden
Gütermengen nachgefragt werden, ändern sich stets in die selbe Richtung.
Aufgrund der Krümmung nimmt die GRS aber stärker ab als v d.h. die
Änderung der Winkel βi ist stärker als die der Winkel αi .
G u t 2
b
a
1
1
b
a
2
2
G u t 1
Je kleiner also ǫsub (2, 1), desto stärker ist die Indifferenzkurve gekrümmt.
Wäre die Kurve ein Gerade, so würde ǫsub → ∞ gelten, da ∆GRS = 0
im Nenner. Hätte die Indifferenzkurve einen L-förmigen Verlauf, so wäre die
Substitutionselastizität null, da auf der waagrechten Gerade vom Knickpunkt
ausgehend nach rechts GRS = 0 gelten würde, da ∆X2 = 0 ist. Per Definitionem gilt dann auch ǫsub (2, 1) = 0.
22
Eine wichtige Folgerung des Transitivitätsaxioms und der Annahme der NichtSättigung ist, dass sich Indifferenzkurven nicht schneiden dürfen.
G u t 2
B
C
A
Das Güterbündel C enthält mehr von Gut 1 als das Güterbündel B. Beide
liegen jeweils auf Indifferenzkurven mit A. Da C B vorgezogen wird, ist
das Transitivitätsaxiom verletzt, denn A wäre nicht mehr indifferent zu sich
selbst. Im Prinzip muss man sich eine Schar an Indifferenzkurven denken,
die aufgrund der Annahme der Stetigkeit beliebig eng aneinander liegen.
Auf der Ursprungsgeraden nach Nordosten nimmt der Nutzen immer weiter
zu. Dies ist eine Folge des Vollständigkeitsaxioms und der Annahme der
Unersättlichkeit.
G u t 2
U rsp ru n g sg e ra d e
In d iffe re n z k u rv e n
G u t 1
23
3.3
Nutzen und Nutzenfunktionen
Nach Jeremy Bentham (1748-1832) ist der Nutzen kardinal messbar. Der
gesellschaftliche Nutzen ergibt sich also auch über die Summe der individuellen Nutzen. Da der Nutzen verschiedener Individuen in der gleichen Einheit
gemessen wird, sind die Nutzen unterschiedlicher Individuen auch interpersonell vergleichbar. Darauf aufbauend hat Gossen (1810-1858) zwei zentrale
Aussagen formuliert:
1. Gossen’sches Gesetz: Mit zunehmendem Konsum nimmt der Nutzen,
den die letzte konsumierte Einheit eines Gutes stiftet, ab.
2. Gossen’sches Gesetz: Ein Konsument, der seinen Nutzen maximieren
möchte, wird seine Konsumentscheidung in der Weise auf die verschiedenen Konsumgüter verteilen, dass der Grenznutzen der letzten Geldeinheit in allen Verwendungen gleich ist.
Später ging man dazu über, Nutzen als ordinal messbare Größe zu betrachten. Damit gibt es keine gemeinsame Einheit des Nutzens. Damit ist das
1. Gossen’sche Gesetz nicht ableitbar. Das 2. Gossen’sche Gesetz behält
jedoch weiterhin seine Gültigkeit. Durch die ordinale Messbarkeit ist ein Vergleich zwischen verschiedenen Individuen (interpersonell) und sogar in Bezug
auf verschiedene Entscheidungen für Güter bei einem einzigen Individuum
(intrapersonell) nicht möglich.
Nutzen ist die Bedürfnisbefriedigung, die ein Güterbündel stiftet. Mit einer Nutzenfunktion U(X) ist man in der Lage, den verschiedenen Güterbündeln eine Rangordnung zu geben. Die Nutzenzahlen sind gleich, wenn
der Konsument indifferent ist zwischen zwei Güterbündeln (d.h. U(X (A) ) =
U(X (B) ), wenn X (A) ∼ X (B) ) und unterschiedlich, wenn eine starke Präferenzrelation besteht (d.h. U(X (A) ) > U(X (B) ), wenn X (A) ≻ X (B) ). Da nur
eine Rangordnung gebildet wird, kann die selbe Präferenzordnung durch unendlich viele unterschiedliche Nutzenfunktionen ausgedrückt werden. Somit
führt eine streng monoton steigende Transformation F (F ′ > 0) wieder zu
einer Nutzenfunktion V (X) = F (U(X)), die die selbe Rangordnung beschreiben kann. Jede Präferenzordnung, die den Rationalitätsaxiomen und der Stetigkeitsannahme genügt, kann durch eine ordinale Nutzenfunktion dargestellt
werden. Durch die Stetigkeitsannahme wird die Anwendung vergleichsweise
einfacher mathematischer Optimierungsverfahren möglich. Nutzenfunktionen
24
mit Knicken sind also nicht erlaubt, da die links- und rechtsseitigen Ableitungen nicht übereinstimmen. Ebenso wenig solche mit Sprüngen, da sie nicht
stetig sind.
Eine Kontur einer Funktion besitzt einen konstanten Funktionswert. Bei der
Nutzenfunktion ist die Kontur eine Indifferenzkurve
(4)
U(X1 , X2 ) = Ū ,
also die Menge an Güterbündeln mit konstantem Nutzen. Die partielle Ableitung der Nutzenfunktion ergibt im 2-Güter-Fall:
dU =
∂U
∂U
dX1 +
dX2 = U1 dX1 + U2 dX2 .
∂X1
∂X2
(5)
U1 oder U2 ist die Änderung des Nutzens bei einer marginalen Änderung der
Menge eines Gutes, also der Grenznutzen. Wegen der Annahme der Nichtsättigung ist dieser Grenznutzen stets positiv. Für die Indifferenzkurve gilt
dU = 0, also:
GRS(2, 1) = −
dX2
U1
=
.
dX1
U2
(6)
Wird eine streng monoton steigende Transformation der Nutzenfunktion betrachtet, so bleibt das Vorzeichen des Grenznutzens erhalten:
(7)
V = F (U) → V1 = F ′ U1 .
Für die zweite Ableitung gilt:
V11 = F ′′ U12 + F ′ U11 .
(8)
Somit ist das Vorzeichen der Änderung des Grenznutzens nicht invariant.
Aussagen über die Änderung des Grenznutzens, wie in der kardinalen Nutzentheorie möglich, sind also in der ordinalen Nutzentheorie nicht erlaubt.
Das 1. Gossen’sche Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen ist also nicht
aus der Definition der Nutzenfunktion ableitbar. Für die Grenzrate der Substitution gilt aber (2. Gossen’sches Gesetz):
GRS(2, 1) =
V1
F ′ U1
U1
= ′
=
.
V2
F U2
U2
25
(9)
3.4
Die Budgetrestriktion
Der Haushalt kann nicht beliebige Güterbündel wählen. Er ist seiner Budgetrestriktion unterworfen, die die Geldsumme beschränkt, die dem Haushalt
zum Kauf der von ihm begehrten Güter in der betrachteten Periode zur Verfügung steht. Das Konsumbudget und die Güterpreise sind für den Haushalt
exogen gegeben. Die Güterbündel kann er im Rahmen seiner Budgetbeschränkung frei wählen. Sie dürfen allerdings nicht negativ sein, d.h. er kann keine
Güter verkaufen. Wird mit Pi der Preis eines Gutes Xi bezeichnet, so lautet
die Budgetrestriktion:
(10)
B = P 1 X1 + P 2 X2 + . . . + P n Xn .
Für den 2-Güter-Fall lässt sich diese Gleichung umformen zu:
X2 =
1
P1
B−
X1 .
P2
P2
G u t 2
(11)
P
B
2
B
P
1
G u t 1
Diese Gerade heißt Budgetgerade mit der entsprechenden Steigung:
dX2
P1
=−
.
dX1
P2
(12)
Die Achsenabschnitts-Form dieser Gleichung lautet:
X1
B
P1
+
X2
B
P2
(13)
=1
26
mit den Achsenabschnitten
B
P1
und
B
.
P2
Das Preisverhältnis oder die Steigung der Budgetgeraden gibt das Austauschverhältnis der Güter am Markt an. Der Differentialquotient:
dX2
P1
=−
dX1
P2
(14)
besagt, dass bei einer Preisrelation PP12 der Konsument PP12 Einheiten von Gut
1 hergeben muss, um eine Einheit von Gut 2 zu bekommen. Bei Änderung
des Budgets wird die Budgetgerade verlagert.
G u t 2
B
P
2
B
P
B < B
2
P
B
B
P
1
1
G u t 1
Bei Änderung der Preise ändern sich nur die entsprechenden Achsenabschnitte.
G u t 2
P
B
2
P 1> P
B
B
P
1
1
27
P
1
G u t 1
3.5
Entscheidung des Haushalts
Der Konsument befindet sich im individuellen Gleichgewicht, wenn er das gegebene Budget derart auf die verschiedenen Güter aufteilt, dass sein Nutzen
maximal wird. Ein Akteur ist im Gleichgewicht, wenn die Wahl optimal ist,
d.h. eine Revision seiner Entscheidung die Lage des Akteurs nicht verbessern
könnte. Es stellt sich heraus, dass die Wahl optimal ist, wenn das Austauschverhältnis am Markt (Preisverhältnis, Steigung der Budgetgeraden) mit der
Steigung der Indifferenzkurve übereinstimmt.
G u t 2
B
A
C
D
U 2
U 1
U 3
G u t 1
Die schraffierten Bereiche kan der Konsument mit seinem gegebenen Budget
nicht erreichen (Punkt D scheidet aus). Der Punkt, der ihm den größten Nutzen stiftet ist dort, wo er die Indifferenzkurve mit der höchsten Nutzenzahl
gerade noch tangiert. Ein Güterbündel wie A wäre nicht optimal, da dieser
Punkt zwar erreichbar ist, aber der Konsument sich mehr leisten könnte. Der
Punkt B, wo die Budgetgerade eine Indifferenzkurve lediglich schneidet, ist
auch nicht optimal, da das objektive Tauschverhältnis am Markt (Steigung
der Budgetgeraden) geringer ist als das subjektive Tauschverhältnis. Es wäre
ihm also von Vorteil mehr von Gut 2 gegen Gut 1 einzutauschen, da er damit
Gewinn macht. Erst dort, wo das Preisverhältnis am Markt mit der Steigung
der Indifferenzkurve übereinstimmt, herrscht ein Gleichgewicht. Dies ist im
Punkt C gegeben. Wegen der strikten Konvexität der Indifferenzkurven kann
es keine Güterbündel geben, welche für die Haushalt erreichbar sind und welche besser als C sind. Somit kann es auch keine lokalen Minima geben wie in
der folgenden Zeichnung.
28
G u t 2
A
C
U 1
U 2
G u t 1
Wird die Annahme der Unersättlichkeit nicht gemacht, so würde ab einer bestimmten Indifferenzkurve der Nutzen wieder abfallen. Dort gäbe es keine eindeutige Lösung und ein mathematisches Optimierungsverfahren wäre nicht
anwendbar. Mathematisch lässt sich dieses Problem durch ein LagrangeVerfahren lösen. Dazu betrachten wir die Nutzenfunktion
U = U(X1 , X2 , . . . , Xn ) → Max
(15)
unter der Nebenbedingung B = P1 X1 +P2 X2 +. . .+Pn Xn . Die LagrangeFunktion lautet dann:
Λ = U(X1 , X2 , . . . , Xn ) + λ [B − P1 X1 − P2 X2 − . . . − Pn Xn ] .
(16)
Die Ableitung nach den unabhängigen Variablen Xi und nach λ und deren
Nullsetzen (Auffinden eines Extremums) ergibt:
Ui − λ Pi = 0 ,
B − P 1 X1 − P 2 X2 − . . . − P n Xn = 0 .
(17)
(18)
Die Stetigkeit und die Annahme der Konvexität der Indifferenzkurven ist
fundamental für die Anwendung des Lagrange-Verfahrens. Als Ergebnis
erhält man:
1. Im Optimum ist das Preisverhältnis gleich dem Verhältnis der Grenznutzen:
Pi
Ui
=
.
Uj
Pj
(19)
29
2. Im Optimum ist der Nutzen einer marginalen Ausgabeeinheit in allen
Verwendungen gleich.
λ=
Ui
Uj
=
.
Pi
Pj
(20)
(siehe 2. Gossen’sches Gesetz).
3. Im Optimum ist die Grenzrate der Substitution des Gutes i durch das
Gut j gleich dem reziproken Preisverhältnis dieser beiden Güter:
GRS(i, j) = −
dXi
Pj
=
.
dXj
Pi
(21)
Ui
Pi
stellt den Nutzen einer marginalen Ausgabeeinheit dar,
1
die eine Geldeinheit bewirkt ( ist gerade die Menge des Gutes i, die
Pi
man für eine Geldeinheit erhält). Damit bezeichnet λ den Grenznutzen
des Geldes und dieser Grenznutzen des Geldes ist im Optimum in allen
Verwendungen gleich.
Der Quotient
4. Im Optimum ist der Preis eines Gutes Pi proportional zu dem Grenznutzen Ui dieses Gutes:
Pi =
1
Ui .
λ
(22)
Die Vorstellung, Haushalte würden in einer derartigen Entscheidungssituation einen Nutzen unter einer Nebenbedingung maximieren, stellt im Grunde
ein Modell dar und zwar ein Modell des Präferenzmodells. Ob Haushalte
oder andere Akteure sich tatsächlich so verhalten, wie es das Nutzenmaximierungsmodell suggeriert, mag dahingestellt sein. Sie verhalten sich aber
oft so, als ob dies der Fall wäre. Man bezeichnet die ordinale Nutzentheorie
deshalb auch als eine „als ob“ -Theorie.
3.6
Autonome Entscheidungen unter Unsicherheit
Von der Entscheidung unter Sicherheit unterscheidet sich die Entscheidung
unter Unsicherheit dadurch, dass der Zustand der Welt (ex ante) nicht bekannt ist d.h. einer Handlungsalternative ist nicht unbedingt ein bestimmtes
30
Ergebnis zugeordnet, sondern das Ergebnis der Entscheidung ist mit einer
gewissen Eintrittswahrscheinlichkeit behaftet. Ist diese Entrittswahrscheinlichkeit bekannt, so spricht man von einer Entscheidung unter Risiko, sonst
von einer Entscheidung unter Ungewissheit. Meist treten subjektive Erwartungen an die Stelle objektiver Wahrscheinlichkeiten, da letztere schwierig
zu bestimmen sind.
3.6.1
Entscheidung unter Risiko
Hier arbeiten wir mit so genannten Prospekten, die aus bestimmten Zuständen der Welt Y = [Y1 , Y2 , . . . , Yn ] mit dazu gehörigen Wahrscheinlichkeiten
w = [w1 , w2 , . . . , wn ] bestehen. Ein Prospekt hat die Form:
(23)
{P P } = [w, Y ] .
Der Erwartungswert eines Prospekts ergibt sich durch:
(24)
E(Y ) = w1 Y1 + w2 Y2 + . . . + wn Yn .
Die Wahrscheinlichkeit erfüllt wie gewohnt die folgenden Axiome der Wahrscheinlichkeitsrechnung:
1. Die Ereignisse schließen sich gegenseitig aus
2. Ein Ereignis muss eintreten:
Pn
i=1 wi
=1
3. Die Wahrscheinlichkeiten sind positiv: 0 ≤ wi ≤ 1
Der Zustand der Welt ist nicht beeinflussbar. Er ist durch Variablen bestimmt, die exogen sind. Allerdings seien die verschiedenen Zustände der
Welt endlich. Das Entscheidungsproblem eines Akteurs unter Risiko lässt
sich als Wahl zwischen verschiedenen Prospekten auffassen.
Ein Standardprospekt besteht aus zwei Zuständen der Welt, nämlich Y o
(o=oben) für den höchsten Ertrag und Y u (u=unten) für den niedrigsten
Ertrag. Mit der Wahrscheinlichkeit w tritt Y o ein und mit der Wahrscheinlichkeit (1 − w) entsprechend Y u .
Der Nutzen, der einem bestimmten Zustand der Welt zugeordnet ist, wird
durch eine Erwartungsnutzenfunktion bestimmt. Im Gegensatz zur ordinalen
31
Nutzentheorie bei Entscheidungen unter Sicherheit, besitzt die Erwartungsnutzenfunktion teilweise kardinale Eigenschaften. Zur Ableitung der Erwartungsnutzenfunktion werden jetzt folgende fünf Axiome benötigt:
Axiom 1: Die Präferenzordnung über Prospekte ist vollständig, transitiv und
reflexiv (entspricht Axiomen 1-3 der Entscheidungstheorie unter Sicherheit)
Axiom 2: Die Präferenz steigt mit zunehmender Wahrscheinlichkeit des Eintretens von Y o (entspricht der Annahme der Nichtsättigung)
Axiom 3: Zu jedem Prospekt existiert ein eindeutiger, äquivalenter Standardprospekt (entspricht der Annahme der Stetigkeit)
Axiom 4: Zu jedem einfachen Prospekt existiert ein kumulativer Prospekt,
dessen Erträge wiederum die Form von Standardprospekten haben. (d.h. das
Ergebnis ist nicht unbedingt geldwert, sondern kann wieder aus einzelnen
Prospekten bestehen. Beispiel: Der Gewinn einer Lotterie kann selbst wieder
in einem Lotterielos bestehen.) Das bedeutet, der Konsument unterliegt keiner „Risikoillusion“.
Axiom 5: Die Wahl zwischen zwei Prospekten ist unabhängig davon, ob der
Ertrag ex post sicher ist oder ob er in Form äquivalenter Prospekte anfällt
(Unabhängigkeitsaxiom). (Beispiel: Der sichere Ertrag von Prospekt {P P1 }
sei 70e , bei {P P2 } seien es 100e . Kann ein Konsument einen erwarteten
sicheren Ertrag von 0.4 · 70e +0.6 · 100e wählen, so ist er auch indifferent
gegenüber dem kumulierten Prospekt 0.4 · {P P1 } + 0.6 · {P P2 }, da dies für
ihn gleichwertig zu dem entsprechenden sicheren Ertrag ist.)
Um daraus eine Erwartungsnutzenfunktion V (Y ) abzuleiten, bedient man
sich einem Standardprospekt {P } = [w, Y u , Y o ] und setzt willkürlich V (Y u ) =
0 und V (Y o ) = 1. Nun variiert man die Wahrscheinlichkeit w in dem Standardprospekt (gedanklich) so lange, bis Indifferenz zwischen einem sicheren
Ertrag und dem Standardprospekt erreicht ist. Diesem Ertrag wird der erwartete Nutzen des Standardprospekts als Nutzenzahl zugeordnet. Für ein
beliebiges Prospekt {P P } = [w1 , w2 , . . . , wn , Y1 , Y2, . . . , Yn ] sei Yn dem höchsten Ertrag und Y1 dem niedrigsten Ertrag zugeordnet. Um die Nutzenzahlen
zwischen den gegebenen oberen und unteren Grenzwerten zu ermitteln, wird
32
nun die Wahrscheinlichkeit ws gesucht, für die
V (Ys ) = ws V (Yn ) + (1 − ws ) V (Y1 ) = ws
(25)
gilt. Die Nutzenzahl, welche einer Entscheidung einen sicheren Geldbetrag Ys
zuordnet, ist also identisch mit der Wahrscheinlichkeit ws für einen Gewinn
in einer äquivalenten Lotterie. Die Funktion V = V (Ys ) = ws wird als v.
Neumann-Morgenstern- oder als Erwartungsnutzenfunktion bezeichnet.
Insofern ist die Erwartungsnutzenfunktion kardinal. Aus diesem Grund ist
V (Y ) nicht invariant bei einer beliebigen streng monoton steigenden Transformation, sondern nur bei einer linear steigenden Transformation, die relative Abstände unverändert lässt. Allein die Einheit, die willkürlich durch
V (Y u ) = 0 und Y (Y o ) = 1 festgelegt wurde, ist beliebig.
Der Konsument hat nun die Wahl zwischen verschiedenen Prospekten. In
jedem dieser Prospekte werden die möglichen Erträge durch die zugehörigen
Nutzenzahlen ersetzt. Dann kann für jedes Prospekt der Erwartungswert der
Nutzenzahlen oder kurz der erwartete Nutzen ermittelt werden. Der Entscheider wählt nun den Prospekt mit dem höchsten erwarteten Nutzen.
3.6.2
Eigenschaften der Erwartungsnutzenfunktion
Die Erwartungsnutzenfunktion steigt mit steigenden sicheren Erträgen Yi .
Sie ist definiert innerhalb der gegebenen Grenzen V (Yn ) und V (Y1 ). Die Erwartungsnutzenfunktion ist eindeutig definiert, sobald dem niedrigsten und
dem höchsten möglichen Ertrag bestimmte Nutzenzahlen zugeordnet sind.
Außerdem sei die Erwartungsnutzenfunktion zweimal differenzierbar. V ′ (Y )
wird als Grenznutzen des Ertrages bezeichnet. V ′′ (Y ) ist entsprechend die
marginale Änderung des Grenznutzens des Ertrages. Da die Funktion nur
invariant gegenüber linear steigenden Funktionen ist und diese die Form
(Krümmung) der Erwartungsnutzenfunktion unverändert lässt, kann sie sowohl konvex, konkav als auch linear verlaufen. Die Krümmung der Erwartungsnutzenfunktion ist definiert dadurch, ob der Konsument risikofreudig,
risikoneutral oder risikoscheu ist. Dies bestimmt sich über den sicheren Ertrag
eines Prospekts Ys (Sicherheitsäquivalent). Ist dieser sichere Ertrag kleiner
P
als der Erwartungswert des Prospekts E(Y ) = ni=1 wi Yi, dann ist der Konsument risikoscheu d.h. der Konsument wird eher einen sicheren Ertrag Ys
annehmen, auch wenn er im Fall des Risikos unter Umständen einen höheren
33
Ertrag realisieren könnte. Man kann leicht zeigen, dass dies mit einer konkaven Erwartungsnutzenfunktion korrespondiert. Nehmen wir einen Standardprospekt {P P } = [w, Y1, Y2 ]. Der Erwartungswert von {P P } sei:
(26)
E(Y ) = w Y2 + (1 − w) Y1 .
Je nach Erwartungsnutzen sei
(27)
Ys ∼ {P P }
d.h. der Konsument ist indifferent zwischen einem sicheren Ertrag Ys und dem
Standardprospekt {P P }. Ys wird auch als Sicherheitsäquivalent bezeichnet.
Aufgrund der Axiome 1-5 gilt aber:
(28)
V (Ys ) = w V (Y2 ) + (1 − w) V (Y1 ) = E(V (Y )) .
Gilt nun Ys < E(Y ), so ist der Konsument risikoscheu, da Ys geringer ist als
der Erwartungswert von {P P }. Wird nun der Nutzen ermittelt, so gilt dann
auch:
V (Ys ) = E(V (Y )) = w V (Y2 ) + (1 − w) V (Y1 )
< V (w Y2 + (1 − w) Y1) = V (E(Y ))
(29)
und dies bedeutet die Konkavität der Erwartungsnutzenfunktion.
N u tz e n
V (Y
)
2
V (E (Y ))
V ( Y s) = E ( V ( Y ) )
V (Y
1
F (Y ) = w V (Y
V (Y )
2
) + (1 -w ) V (Y
1
)
)
Y
1
Y
s
E (Y )
Y
2
E rtra g
Abbildung 1: Form der Erwartungsnutzenfunktion bei Risikoscheu
34
Bei Risikofreude würde gelten Ys > E(Y ) oder
V (Ys ) = E(V (Y )) = w V (Y2 ) + (1 − w) V (Y1 ) > V (E(Y )).
(30)
Dann wäre die Erwartungsnutzenfunktion konvex, da die Verbindungsgerade
F (Y ) oberhalb der Erwartungsnutzenfunktion V (Y ) verläuft.
V (Y
N u tz e n
V (Y )
)
2
F (Y ) = w V (Y
2
) + (1 -w ) V (Y
1
)
V ( Y s) = E ( V ( Y ) )
V (E (Y ))
V (Y
1
)
Y
1
E (Y ) Y
s
Y
2
E rtra g
Abbildung 2: Form der Erwartungsnutzenfunktion bei Risikofreude
Bei Risikoneutralität gilt schließlich Ys = E(Y ) oder
V (Ys ) = E(V (Y )) = w V (Y2 ) + (1 − w) V (Y1 ) = V (E(Y )) .
(31)
Dann wäre die Funktion V (Y ) eine Gerade.
Die so genannte Risikoprämie ist R = E(Y ) − Ys . Für einen risikoscheuen
Konsumenten ist R > 0 d.h. der Konsument ließe sich dazu bewegen, dann
den Standardprospekt {P P } zu wählen, wenn ihm als Ausgleich eine bestimmte Prämie R gezahlt würde, sonst bliebe er bei dem sicheren Ertrag Ys .
Für Risikofreude ist R negativ. Bei Risikoneutralität gilt entsprechend R = 0.
Um das Risikoverhalten genauer zu charakterisieren kann der so genannte
Arrow-Pratt-Koeffizient der absoluten Risikoaversion verwendet werden.
Er berechnet sich durch:
V ′′ (Y )
A(Y ) = − ′
.
V (Y )
(32)
35
N u tz e n
V (Y
)
2
F (Y ) = V (Y )
V ( Y s) = V ( E ( Y ) ) = E ( V ( Y ) )
V (Y
1
)
Y
E (Y )= Y
1
s
Y
2
E rtra g
Abbildung 3: Form der Erwartungsnutzenfunktion bei Risikoneutralität
Ist V ′′ (Y ) > 0 (Konvexität), dann ist A(Y ) negativ, da V ′ (Y ) > 0 immer
gilt (steigende Nutzenzahlen bei steigenden Erträgen). Bei Risikoscheu wird
A(Y ) > 0, bei Risikoneutralität entsprechend A(Y ) = 0. A(Y ) ist unabhängig von der speziellen Form einer Nutzenfunktion unter Betrachtung linear
steigender Transformationen. Mit Hilfe dieses Koeffizienten lässt sich folgende Approximation für die Risikoprämie angeben:
R∼−
1 V ′′ (Y ) 2 1
σ = A(Y ) σ 2 ,
′
2 V (Y )
2
(33)
wobei σ 2 die Varianz des Ertrages ist. Da A′ (Y ) variieren kann, kann R
mit steigendem Y steigen, sinken oder konstant bleiben. Linear steigende
Transformationen lassen A unverändert. Da A(Y) von der Wahl der Einheiten
abhängig ist, kann man den dimensionslosen Arrow-Pratt-Koeffizienten
der relativen Risikoaversion
A(Y )
(34)
Y
verwenden, indem wir durch Y dividieren. Zusammenfassend gestatten die
zu Grunde liegenden Axiome, dass wir bestimmte Annahmen über die Krümmung der Erwartungsnutzenfunktion machen können, da diese invariant gegenüber zulässigen Transformationen der Nutzenfunktion sind. Bei einer ordinalen Nutzentheorie ist dies nicht möglich. Hier musste die Krümmung der
Indifferenzkurven a priori als konvex vorausgesetzt werden aufgrund einer
sinkenden Grenzrate der Substitution und der Präferenz gemischter Güterbündel gegenüber einseitigen Güterbündeln.
Ar (Y ) =
36
3.6.3
Die Indifferenzkurve der Erwartungsnutzenfunktion
Der Erwartungsnutzen sei gegeben durch:
E(V ) = w V (Y1 ) + (1 − w) V (Y2 ) ,
(35)
wenn w die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von Zustand 1, (1 − w) entsprechend die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von Zustand 2 bezeichnet.
Der Erwartungsnutzen ist konstant auf einer Indifferenzkurve:
dE(V ) = w V ′ (Y1 )dY1 + (1 − w) V ′ (Y2 ) dY2 = 0 .
(36)
Die Indifferenzkurve muss also die Steigung haben:
dY2
w Y ′ (Y1 )
=−
.
dY1
(1 − w) V ′ (Y2 )
(37)
dY2
Das Verhältnis dY
gibt an, auf welche Reduzierung des Ertrages Y2 der Ak1
teur zu verzichten bereit ist, falls der Ertrag Y1 um eine Einheit steigt. Verschiedene Erträge Y1 , Y2 gehören aber zu unterschiedlichen Prospekten. Also
(2)
(2)
2
gibt dY
die Grenzrate der Substitution eines Prospekts {P P2 } = [w, Y1 , Y2 ]
dY1
(1)
(1)
durch ein Prospekt {P P1 } = [w, Y1 , Y2 ] an. Auf der 45◦ -Geraden gilt immer Y1 = Y2 , also muss dort auch der Nutzen für beide Zustände gleich sein
(V (Y1 ) = V (Y2 )) und damit auch die marginale Änderung des Nutzens also
der Grenznutzen (V ′ (Y1 ) = V ′ (Y2 )). Im Schnittpunkt mit der 45◦ -Geraden
−w
muss die Indifferenzkurve daher die Steigung (1−w)
besitzen. Auf der 45◦ Geraden liegen alle Güterbündel, dessen Erträge im Zustand 1 und Zustand
2 identisch sind. Da ein Güterbündel genauso geschätzt wird wie sein Sicherheitsäquivalent d.h. Ys ∼ {P P } und das Sicherheitsäquivalent unabhängig
vom Zustand der Welt ist, gibt der Schnittpunkt der Indifferenzkurve mit
der 45◦ -Geraden immer das Sicherheitsäquivalent des entsprechenden Güterbündels an. Weiter nordöstlich liegende Güterbündel besitzen somit ein
größeres Sicherheitsäquivalent und werden mehr geschätzt. Je wahrscheinlicher der Zustand 1, desto größer ist w. Damit nimmt die Steigung der
Indifferenzkurve im Schnittpunkt mit der 45◦ -Geraden zu, da die Steigung
der Indifferenzkurve zunimmt. Die Indifferenzkurve ist streng konvex, da die
Erwartungsnutzenfunktion bei Risikoscheu streng konkav ist. Im Diagramm
ergibt sich die Risikoprämie R = E(Y ) − Ys wie folgt:
37
E rtra g im
Z u s ta n d 2
P P
Y
Y
2
P P
(5 )
s
Y
4 5 o
(4 )
s
P P
s
Y
s
P P
5
4
P P
3
1
= E ( Y (1 ))
Y s(4 )= E ( Y (2 ))
Y
s
(5 )
E rtra g im
Z u s ta n d 1
Der Erwartungswert lautet:
(38)
E(Y ) = w Y1 + (1 − w) Y2 .
Folglich hat die Gerade, auf der alle Güterbündel mit gleichem Erwartungswert liegen, die Steigung:
dY2
−w
=
,
dY1
(1 − w)
(39)
da d(E(Y )) = w dY1 + (1 − w) dY2 = 0.
Dies ist die gleiche Steigung wie die der Indifferenzkurve im Schnittpunkt
mit der 45◦ -Geraden. Das Prospekt {P P4 } hat somit den gleichen Erwartungswert wie {P P2 }. Das Sicherheitsäquivalent von {P P4} enspricht also
E(Y (2) ). Ebenso entspricht das Sicherheitsäquivalent von {P P5} gleich dem
Erwartungswert E(Y (1) ) von {P P1}.
Folglich lautet die Risikoprämie von {P P2}:
R(2) = E(Y (2) ) − Ys(2) = Ys(4) − Ys(2) = Ys(4) − Ys ,
(40)
da {P P2} und {P P3 } das selbe Sicherheitsäquivalent haben, weil sie auf
der selben Indifferenzkurve liegen. Anhand der Indifferenzkurve lässt sich
38
auch ableiten, dass gemischte Güterbündel (Gerade z.B. zwischen {P P2 }
und {P P1}) gegenüber einem reinen oder einseitigen Güterbündel vorgezogen
werden, da das Prospekt {P Pg } mit der Definition:
(g)
(g)
{P Pg } = [Y1 , Y2 ] = k{P P1} + (1 − k) {P P2}
0≤k≤1
(41)
weiter nordöstlich liegt als {P P3 }. Dies bedeutet eine Präferenz für Diversifikation.
3.6.4
Beispiel 1: Die Wahl der optimalen Deckungssumme bei einem Versicherungsvertrag
Ein Unternehmer schließe einen Vertrag ab über die Errichtung eines Hauses.
Wird es rechtzeitig fertig (Zustand der Welt 1), bekommt er den Verdienst
Y . Schafft der Unternehmer es nicht rechtzeitig (Zustand der Welt 2), so
muss er eine Konventionalstrafe in der Höhe von S zahlen, so dass der Verdienst Y − S verbleibt. Er kann nun eine Versicherung abschließen, um sich
gegen den Verdienstausfall abzusichern. Dazu kann er eine bestimmte Deckungssumme D wählen, die er im Zustand 2 zusätzlich erhält. Einen Teil
der Deckungssumme mit dem Prozentsatz P muss er allerdings als Prämie
zahlen, so dass ihm die folgenden Möglichkeiten gegeben sind:
Ohne Versicherung:
(a)
(a)
Y1 = Y
Y2 = Y − S
Mit Versicherung:
Y1 = Y − P D
Y2 = Y − S − P D + D = Y − S + (1 − P ) D
Im zweiten allgemeineren Fall sind alle Möglichkeiten beinhaltet. Entweder
keine Versicherung (D = 0), volle Absicherung (D = S) oder teilweise Absicherung (0 ≤ D ≤ S). Wird Y1 nach D aufgelöst und in Y2 eingesetzt, so
erhält man die Geradengleichung:
(1 − P ) Y1 + P Y2 = Y − P S .
(42)
dY2
(1 − P )
=−
.
dY1
P
(43)
Dies kann man als eine Bugetgerade interpretieren, wobei das Budget B
durch Y − P S gegeben sei. Die Budgetgerade hat die Steigung:
39
Dargestellt im Koordinatenkreuz ergibt sich:
E rtra g im
(Y -P S )
P
Y -P D
Y -S
Z u s ta n d 2
4 5 o
b (D = S )
0 < D < S
a (D = 0 )
E rtra g im
Y -P D
Y
Z u s ta n d 1
(Y -P S )
(1 -P )
Nur der Bereich zwischen dem Punkt a (keine Versicherung) und dem Punkt
b (volle Absicherung) ist praktisch relevant. Der Unternehmer kann zwar
auch Punkte jenseits von b wählen, diese Punkte sind aber praktisch gesehen
uninteressant.
Der Erwartungswert ohne Versicherung lautet:
E(Y (a) ) = w Y + (1 − w) (Y − S) = Y − (1 − w) S .
(44)
Für den Fall des Abschlusses eines Versicherungsvertrages gilt:
E(Y ) = w (Y − P D) + (1 − w) (Y − S + (1 − P ) D)
= Y − (1 − w) S − (P − (1 − w)) D .
(45)
(46)
Ist P = (1 − w), so ist der Erwartungswert in beiden Fällen gleich. Die
Versicherung ist dann fair. Betrachten wir eine faire Versicherung, so wird
der Akteur einen Punkt wählen, wo die Steigung seiner Budgetgeraden (hier
)
− (1−P
) gleich der Steigung der Indifferenzkurve ist. Für eine faire VersiP
cherung ist das leicht zu finden, da die Steigung der Budgetgeraden (dann
w
− (1−w)
) und die Steigung der Indifferenzkurve im Schnittpunkt mit der 45◦ w
Geraden (− (1−w)
) übereinstimmen. Also wählt der Akteur den Punkt b mit
40
vollständiger Absicherung. Ist die Versicherung nicht fair, so gilt P 6= (1−w).
Der maximale Erwartungsnutzen wird erhalten für:
E(V ) = w V (Y − P D) + (1 − w) V (Y − S + (1 − P )D) → Max . (47)
Sei D variabel. Dann ist E(V) maximal für:
∂E(V )
= w V ′ (Y1 ) (−P ) + (1 − w) V ′ (Y2 ) (1 − P ) = 0 .
∂D
(48)
Im Allgemeinfall muss also gelten:
−w V ′ (Y1 )
(1 − P )
=−
.
′
(1 − w) V (Y2 )
P
(49)
′
−w V (Y1 )
die Steigung der Indifferenzkurve ist. Das OptiWir wissen, dass (1−w)
V ′ (Y2 )
mum liegt also dort, wo die Steigung der Indifferenzkurve gleich der Steigung
)
ist. Grafisch ergibt sich folgendes Bild:
der Budgetgeraden − (1−P
P
E rtra g im
Y -(1 -w )S
Y -S + (1 -P )D
Y -S
Z u s ta n d 2
b
Y -(1 -w )S
3.6.5
4 5 o
b
fa ir (P = (1 -w ))
a
Y -P D
In b ,b : D = S
Z w is c h e n b ,b u n d a : D < S
n ic h t fa ir (P > (1 -w )),
a n d e re S te ig u n g d e r B u d g e tg e ra d e n
Y
E rtra g im
Z u s ta n d 1
Beispiel 2: Die Wahl eines optimalen Bündels von Zustandsgütern als Analogie zu einem Terminmarkt
In vielen Märkten (Rohstoffmarkt, Markt für landwirtschaftliche Produkte,
finanzielle Aktiva) werden Verträge abgeschlossen, durch die der Verkäufer
verpflichtet wird, eine bestimmte Menge eines Gutes zu liefern und der Käufer
41
einen bestimmten Kaufpreis entrichten muss. So können jedoch Missernten,
Währungsunterschiede, Konjunkturschwankungen dazu führen, dass sich die
Preise für die Güter ändern. Ist das Gut zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses
bereits vorhanden, so spricht man von einem Spot- oder Kassakontrakt. Da
der Zustand der Welt praktisch keine Rolle spielt, handelt es sich um eine
Entscheidung unter Sicherheit. Für den Fall hingegen, dass das Gut noch
nicht vorhanden ist, spricht man von einem Terminkontrakt. Hier verpflichtet
sich der Verkäufer zum vorher vereinbarten Preis das Gut zu liefern, auch
wenn sich die Marktpreise ändern. Wenn er Pech hat, macht er einen Verlust,
da die Beschaffungspreise in der Zwischenzeit gestiegen sind. Man kann einen
Terminmarkt durch einen Zustandsmarkt gedanklich ersetzen. Indem man
zwei Zustände der Welt einführt, Zustand 1, wo das Gut zu einem festgelegten
Preis von Pg geliefert wird (guter Zustand) und Zustand 2, wo sich der Preis
des Gutes bereits geändert hat (schlechter Zustand) und der Preis des Gutes
Ps lautet. Die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von Zustand 1 sei w, der
für das Eintreten von Zustand 2 (1 − w). Da der Verkäufer in jedem Fall
liefern muss unabhängig vom Zustand der Welt, muss also Gg = Gs gelten
(wobei dann auch V (Gg ) = V (Gs ) gültig ist). Der Käufer bekommt sein Gut
in jedem Fall. Der Verkäufer muss zu dem entsprechenden Marktpreis liefern.
Tritt Zustand 1 ein, so liefert er Gg zum Preis von Pg . Tritt Zustand 2 ein,
so muss er Gs zum Preis von Ps liefern. Hier lautet seine Budgetgerade also:
(50)
B = P g Gg + P s Gs .
Damit die angesprochene Analogie gilt, darf der Gesamtpreis nicht höher
sein, als der auf dem entsprechenden Terminmarkt, sonst schließt man keinen
Zustandsvertrag ab. Der Erwartungsnutzen lautet:
E(V ) = w V (Gg ) + (1 − w) V (Gs ) .
(51)
Λ = w V (Gg ) + (1 − w) V (Gs ) + λ (B − Pg Gg − Ps Gs ) .
(52)
Nach dem Lagrange-Verfahren lässt sich das Optimum ermitteln als Extremu der folgenden Funktion:
Der Preis steht ex ante fest (wird im Vertrag vereinbart). Die Gütermengen
sind jedoch variabel. Also muss gelten:
∂Λ
= w V ′ (Gg ) − λ Pg = 0
∂Gg
∂Λ
= (1 − w) V ′ (Gs ) − λ Ps = 0 .
∂Gs
42
(53)
(54)
Im Optimum muss also gelten:
w V ′ (Gg )
Pg
=
.
(1 − w) V ′ (Gs )
Ps
(55)
In diesem speziellen Beispiel muss darüber hinaus Gg = Gs sein. Mithin muss
auch V ′ (Gg ) = V ′ (Gs ) gelten. Also ist der Vertrag fair, wenn das Preisverw
hältnis der Güter PPgs gleich dem Verhältnis der Wahrscheinlichkeiten (1−w)
ist. Dann liegt die Lösung auf der 45◦ -Geraden. Ist der Vertrag nicht fair,
w
dann wäre (1−w)
> PPgs d.h. die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von Zustand 1 ist größer, als sich dies in den Marktpreisen wiederspiegelt. Dann ist
das gewählte Güterbündel nicht länger optimal. Wird nun von der Annahme Gg = Gs abgegangen und zugelassen, dass der Verkäufer unterschiedliche
Gütermengen in den beiden Zuständen der Welt kaufen kann (ob das sinnvoll
ist oder nicht, sei dahingestellt), so ist das Optimum in der Tat dort, wo
w V ′ (Gg )
Pg
=
.
′
(1 − w) V (Gs )
Ps
(56)
gilt. Diesmal liegt das Optimum unterhalb der 45◦ -Geraden.
G ü te rm e n g e n im
B
P
s c h le c h te n Z u s ta n d
4 5 o
s
G
B
P g+ P
g
= G
G ü te rm e n g e n
im g u te n Z u s ta n d
B
s
B
P
s c h le c h te n Z u s ta n d
4 5 o
s
G
s
s
B
P g+ P
G ü te rm e n g e n im
P
G
s
= G
s
G ü te rm e n g e n
im g u te n Z u s ta n d
G
g
g
g
B
P
g
Anders als beim Entscheidungsproblem unter Sicherheit, wo die Indifferenzkurve fest war (fixe Präferenzen) und eine Preisänderung sich jeweils nur
in der Änderung der Steigung oder einer Verlagerung der Budgetgeraden
auswirkte, ist bei einer Entscheidung unter Risiko die Indifferenzkurve bzw.
43
deren Steigung mit der Wahrscheinlichkeit w veränderlich. Auf einem fairen
Markt, wo das Preisverhältnis sich immer wie das Verhältnis der Wahrscheinlichkeiten einstellt, sind die Budgetgerade und die Indifferenzkurven nicht
unabhängig voneinander. Sie stellen sich gerade so ein, dass immer das Güterbündel auf der 45◦ -Geraden gewählt wird. Ist der Markt aber nicht fair,
so ist diese Wahl nicht länger optimal. Um hier ein Optimum zu erreichen,
muss von der Bedingung Gg = Gs abgegangen werden. Der Akteur wird sich
hier besser stellen, mehr von Gut Gg zu liefern, wenn er das Eintreten von
Zustand 1 für wahrscheinlicher hält, als sich dies in den Marktpreisen der
beiden Zustandsgüter wiederspiegelt.
Man kann den zuletzt untersuchten 2-Güter-Fall sehr einfach auf den Fall
mehrerer Güter erweitern. Es seien m Güter vorhanden, für die jeweils m
Zustände definiert seien, die mit den Wahrscheinlichkeiten wz (z = 1, . . . , n)
eintreten können. Folglich lautet der Erwartungsnutzen:
E(V ) =
n
X
wz V (X1z , . . . , Xmz ) .
(57)
z=1
Die Budgetrestriktion lautet:
B=
m
n X
X
(58)
Pjz Xjz .
z=1 j=1
Wird der Kauf auf einem Terminmarkt mit einem Verkauf auf einem anderen
Terminmarkt finanziert, so muss gelten:
n X
m
X
z=1 j=1
(59)
Pjz X̂jz ≥ B ,
wobei die X̂jz eben die Verkäufe sind. Es muss also gelten, dass der Wert
aller Käufe, summiert über alle Zustände der Welt, nicht größer sein darf als
der Wert aller Verkäufe, summiert über alle Zustände der Welt. Also muss
gelten:
n X
m
X
z=1 j=1
(60)
Pjz (X̂jz − Xjz ) ≥ 0 .
Die Lagrange-Funktion lautet also:
Λ=
n
X
z=1
wz V (X1z , . . . , Xmz ) + λ[
n X
m
X
z=1 j=1
44
Pjz (X̂jz − Xjz )] → Max . (61)
Damit lassen sich Entscheidungen unter Unsicherheit mit den gleichen Instrumenten analysieren, wie Entscheidungen unter Sicherheit, nämlich mit
Nutzenfunktionen bzw. ihren Indifferenzkurven und Budgetrestriktionen. Bei
Entscheidungen unter Sicherheit sind die Güterbündel ex ante und ex post
identisch. Bei Entscheidungen unter Unsicherheit sind die Bündel der Zustandsgüter unterschiedlich, da man ja nicht den Zustand der Welt kennt,
sondern nur deren Eintrittswahrscheinlichkeit. Ex ante enthält das Bündel
für jedes nachgefragte Gut sämtliche zugehörige Zustandsgüter als Möglichkeiten, ex post wird von jedem nachgefragten Gut nur eines der zugehörigen
Zustandsgüter konsumiert.
Ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung nicht bekannt, kann man auch Entscheidungstheorien der Maximin-Strategie (bekannt aus der Spieltheorie) anwenden, die besagt, dass entweder die Alternative gewählt werden sollte, in der
der maximale Verlust minimal ist oder die, wo der minimale Gewinn maximal ist, oder, wenn wenigstens Wahrscheinlichkeiten für Zustände Y als
auch subjektive Wahrscheinlichkeiten für den Zustand X bekannt sind und
die gesuchten Zustände X und Y korreliert sind, die Bayes’sche Regel, nach
der:
w(X|Y ) =
w(X ∩ Y )
w(X)w(Y |X)
=
.
w(Y )
w(Y )
(62)
Hängen beide Wahrscheinlichkeitsverteilungen voneinander ab, kann man,
wenn man w(Y |X) kennt, die „objektivere“ Wahrscheinlichkeit w(X|Y ) bestimmen. Diese wird umso „objektiver“, je größer die Stichprobe für Y ist. Bei
der Bayes’schen Entscheidungsregel werden gegenüber der Maximin-Regel
alle vorhandenen Informationen ausgenutzt, während bei der Maximin-Regel
im ersten Fall z.B. nicht die Informationen über den Gewinn mitverwendet
wird, wenn lediglich die Verluste verglichen werden. Dann könnte der Gewinn noch so groß sein. Er wird aus der Betrachtung ausscheiden. Daher ist
die Maximin-Regel umso interessanter, je verschieden die einzelnen Einheiten
sind. Denn bei einer nur ordinal messbaren Größe spielt es in der Tat nur
eine Rolle, ob die Höhe einer Auszahlung größer, kleiner oder gleich ist unabhängig von ihrer „kardinalen“ Höhe. Die Bayes’sche Entscheidungsregel
ist insofern subjektiv, als dass die Subjektivität von w(X), der Anfangsverteilung, eingeht.
45
3.7
Entscheidungen über die Güternachfrage
Unsicherheit scheint der eher realistischere Fall zu sein, wobei sowohl Unsicherheit über den Zustand der Welt als auch Unsicherheit über die Entscheidungen anderer Akteure vorhanden sein mag. Autonome Entscheidungen unter Sicherheit sind wohl eher als Ausnahmefall zu betrachten. Trotzdem ist
die Annahme der Sicherheit vorteilhaft, da sie nicht mit so aufwändigen Mitteln zu behandeln ist wie eine Entscheidungstheorie unter Unsicherheit. Die
grundlegenden Funktionen eines marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystems
lassen sich auch unter der vereinfachenden Annahme der Sicherheit studieren.
Kommt jedoch Unsicherheit ins Spiel und ist die Gewinnung von Informationen mit Kosten verbunden, so führt der Marktmechanismus zu anderen
Ergebnissen als unter der Annahme der Sicherheit. Gemessen an der Güterversorgung, die bei einem Fehlen von Informationskosten erreichbar wäre,
liegt ein „Versagen“ des Marktes vor. Weitere Fragen sind, ob der Allokationsmechanismus die zur Verfügung stehenden Informationen effizient verwertet
und außerdem Anreize zur Generation und Aufdeckung von Informationen
setzt.
Die Mikroökonomik stellt lediglich ein Modell bereit, mit dem marktwirtschafltliche Prozesse abgebildet werden sollen. Die Theorie der Präferenzordnung ist ein Modell menschlichen Entscheidungsverhaltens. Die ordinale
Nutzentheorie ist wiederum ein Modell dieser Präferenzordnung. Die Präferenzen werden als stabil und exogen angenommen. Eine Variable ist exogen,
wenn sie durch das Modell nicht erklärt wird, sondern von außen bestimmt
wird. Endogen sind die gewählten Gütermengen, exogen die Preise und das
Einkommen. In einem erweiterten Modell können auch die Preise endogen
durch die Marktmechanismen bestimmt und selbst das Einkommen kann endogen über die Faktorpreise (z.B. Lohnsatz) und eingesetzte Faktormenge
(z.B. Arbeitsstunden) bestimmt sein. Man unterscheidet statische und dynamische Modelle. Die mathematische Lösung eines statischen Modells besteht
aus den Vektoren der Werte der endogenen Variablen, welche das Gleichungssystem erfüllen. Diese Lösung stellt im ökonomischen Sinne ein Gleichgewicht
dar, da die exogenen Variablen festliegen. In einem dynamischen Modell ändern sich hingegen auch die exogenen Variablen. Dann besteht die Lösung
aus den Zeitpfaden der Werte der endogenen Variablen, welche die Gleichungen in jedem Zeitpunkt bzw. in jeder Periode erfüllen. Die Auswirkung
der Änderung einer exogenen Variable auf die endogenen Variablen wird in
46
einem statischen Modell durch eine komparativ-statische bzw. komparativdynamische Analyse ermittelt. Es stellt lediglich ein Gedankenexperiment
dar. In der experimentellen Wirtschaftstheorie wird auch auf ökonomischen
Gebiet versucht, echte Experimente durchzuführen. Dabei werden Labor- und
Feldexperimente unterschieden. Eine Analyse, bei der eine einzelne exogene
Variable verändert wird (ceteris paribus), um die Auswirkung auf die endogenen Variablen des Problems zu untersuchen, stellt in der Ökonomik das
Gegenstück zu einem kontrollierten Experiment in den Naturwissenschaften
dar.
Durch die Lagrange-Funktion:
Λ = U(X1 , X2 , . . . , Xn ) + λ(B − P1 X1 − . . . − Pn Xn )
(63)
lässt sich die optimale Gütermenge wie folgt bestimmen:
X1∗
X2∗
..
.
∗
Xn
= X1 (P1 , P2 , . . . , Pn , B) = X1 (P, B) ,
= X2 (P1 , P2 , . . . , Pn , B) = X2 (P, B) ,
.
= ..
= Xn (P1 , P2 , . . . , Pn , B) = Xn (P, B) .
(64)
(65)
(66)
(67)
Xi∗ stellt die so genannte Marshall’sche Konsum- oder Nachfragefunktion
dar. Entlang dieser Kurve ist das Budget konstant. In einer komparativstatischen Analyse werden die partiellen Ableitungen nach Pi , Pj und B
i
i
untersucht: ∂X
, ∂Xi , ∂X
(i, j = 1, . . . , n).
∂Pi ∂Pj
∂B
Dabei ist es ausreichend, das Vorzeichen dieser Funktionen, also deren Entwicklung, zu kennen. Die Nachfragefunktionen sind homogen vom Grade null
in den Preisen und Einkommen d.h. steigt das Einkommen und alle Preise
mit einem skalaren Prozentsatz, so ändert sich die Lage der Budgetgeraden
nicht:
µ B = µ P 1 X1 + . . . + µ P n Xn ⇔ B = P 1 X1 + . . . + P n Xn .
(68)
Man spricht auch davon, dass die Konsumenten keiner „Geldillusion“ unterliegen würden.
47
3.7.1
Änderung auf eine Einkommensvariation
Das Einkommen wird variiert, wobei B 1 < B 2 < B 3 . Die Kurve, die jeweils
durch die optimalen Güterbündel Xi1 , Xi2 , Xi3 läuft, wird als EinkommensKonsum-Kurve bezeichnet. Jeder Einkommenshöhe B ist eine bestimmte
Nachfragemenge des Gutes 1 und des Gutes 2 zugeordnet.
G u t 2
X
X
X
2
2
2
3
2
1
B
X
1
1
X 12 X
B
B
3
2
1
1
G u t 1
3
Wird auf der Abszisse das Einkommen und auf der Ordinate jeweils die
Nachfrage nach Gut 1 und Gut 2 aufgetragen, so erhalten wir die so genannte
Engel-Kurve.
G u t 1
∂X1
∂B
2
> 0, ∂∂BX21 > 0, (normales) Luxusgut
2
> 0, ∂∂BX21 < 0,
(normales) notwendiges Gut
∂X1
∂B
inferior,
superior
∂X1
∂B
<0
E in k o m m e n
Güter, welche vermehrt nachgefragt werden, wenn das Einkommen steigt,
für die also ∂X
> 0 gilt, werden als normale Güter bezeichnet. Gilt darüber
∂B
48
2
hinaus ∂∂BX2 > 0, so spricht man von einem Luxusgut, da mit steigendem
Einkommen die Nachfrage überproportional ansteigt. Nimmt die Nachfrage
unterproportional zu, so bezeichnet man diese Güter als notwendige Güter.
Güter, für die ∂X
< 0 gilt, werden als inferiore Güter bezeichnet, da die
∂B
Nachfrage nach diesen Gütern mit mehr Einkommen abnimmt. Ein inferiores
Gut ist sehr selten. In der Regel ist ein Gut möglicherweise inferior, wenn es
sehr eng abgegrenzt ist. Während die Kategorie „Wein “ eher ein Luxusgut
ist, könnte vielleicht „Landwein“ eher ein inferiores Gut sein. Ist ein Gut
inferior, dann muss im 2-Güter-Fall das andere Gut normal sein.
3.7.2
Änderung auf Variation der Preise
Wird der Preis eines Gutes geändert, so dreht sich die Budgetgerade um den
Ordinaten- oder Abszissenschnittpunkt. Dabei gibt es zwei Effekte. Zunächst
werden die relativen Preise, d.h. das Verhältnis der Preise zueinander, geändert. Dies führt zu einem Substitutionseffekt, da das Gut, welches teurer (billiger) geworden ist, weniger (vermehrt) nachgefragt wird. Zum anderen wird
aber auch das Realeinkommen geändert d.h. die Konsummöglichkeitsmenge
wird im Ganzen eingeschränkt (vergrößert), wenn die Preise steigen (sinken).
Man bezeichnet letzteres als Einkommenseffekt. Steigen (sinken) die Preise,
so ist der Einkommenseffekt bei einem normalen Gut negativ (positiv). Der
Substitutionseffekt ist immer negativ (positiv), wenn der Preis für ein Gut
steigt (sinkt). Dabei ändern sich beide Effekt in der gleichen Richtung. Der
Gesamteffekt wird aus beiden Einzeleffekten zusammengesetzt.
Grafisch lassen sich beide Effekte voneinander separieren, indem wir eine
Parallele zur neuen Budgetgeraden einzeichnen, die die alte Indifferenzkurve tangiert. Definitionsgemäß ist also der Nutzen im Punkt a und Punkt c
gleich, so dass wir den reinen Substitutionseffekt vor uns haben. Die Veränderung von Punkt c nach Punkt b ist der isolierte Einkommenseffekt, da die
Steigung der Budgetgeraden durch c und b gleich bleibt. Beide zusammen
ergeben den Preiseffekt.
∂Xi ∂Xj
< 0 ist bei einer Preiserhöhung stets negativ, während
>0
U
=konst.
∂Pi
∂Pi
positiv sein kann, wenn Xj und Xi Substitute sind d.h. wenn der Konsument
aufgrund einer Preisänderung von Gut Xi auf das Gut Xj ausweicht, da es
ihm eine ähnliche Befriedigung liefert. Xj und Xi sind Komplemente, wenn
49
G u t 2
B
P
c
2
E in k o m m e n s e ffe k t
b
S u b s titu tio n s e ffe k t
a
P re is e ffe k t
B
P
B
1
P
1
G u t 1
∂Xj
∂Xi
und
gleiche Vorzei∂Pi
∂Pi
chen haben. Dabei kann es sein, dass Gut 1 zu Gut 2 ein Komplement ist,
während Gut 2 zu Gut 1 ein Substitut darstellt. Bezieht man sich auf nutzenkompensierte Preisänderungen, so tritt dieser Fall nicht auf. Dann sind
die Differentiale:
sie nur zusammen Nutzen stiften, also wenn
∂XjH ∂XiH =
∂Pj U =konst.
∂Pi U =konst.
(69)
immer symmetrisch.
50
Die Nachfragekurve, auf der der Nutzen konstant bleibt, wird als HicksNachfragekurve bezeichnet. Wird das Budget derart geändert, dass die neue
Budgetgerade durch den alten Konsumpunkt läuft, spricht man von einer
Slutsky-kompensierten Nachfragefunktion.
G u t 2
S lu ts k y -k o m p e n s ie rt
H ic k s -k o m p e n s ie rt
G u t 1
Die Gleichung, die den Einkommenseffekt und den Substitutionseffekt voneinander getrennt darstellt, wird Slutsky-Gleichung genannt (Herleitung
siehe Gleichungen (163),(174)). Sie lautet:
∂Xi ∂Xi
∂XiH
∂Xi
∂Xi
=
− Xj
=
− Xj
.
U
=konst.
∂Pj
∂Pj
∂B
∂Pj
∂B
(70)
XiH bedeutet Hicks-kompensiert oder nutzenkompensiert. Der Einkommenseffekt ist gerade so, dass die alte Nutzenkurve tangiert wird (in einem anderen
Konsumpunkt). Ist der Einkommenseffekt positiv, wenn die Preise steigen
(inferiores Gut) und betragsmäßig größer als der negative Substitutionsef∂Xi
fekt, dann spricht man von einem Giffen-Gut (
> 0). Giffen-Güter
∂Pi
werden als Ausnahmefälle betrachtet und sind sehr selten. Man spricht hier
auch von dem Giffen-Paradox.
Normalerweise sind Indifferenzkurven konvex. Dann ergibt sich in der Regel
nur ein optimales Güterbündel. Zwei Sonderfälle sind Indifferenzkurven bei
vollständiger Komplementarität, die eine L-Form besitzen und die lediglich
eine Knickstelle aufweisen, und solche bei vollständiger Substituierbarkeit,
51
die Geraden sind. Im ersten Fall gibt es nur eine Lösung im Knickpunkt.
Allerdings verletzt diese Form einer Indifferenzkurve die Annahme der Unersättlichkeit, nach der eine Zunahme eines Gutes immer mehr Nutzen stiftet.
Bei vollständiger Substituierbarkeit gibt es entweder eine Randlösung oder
die Budgetgerade ist deckungsgleich mit der Indifferenzkurve und es gibt unendlich viele Lösungen.
G u t 2
I1 (v o lls tä n d ig e K o m p le m e n ta ritä t)
I2 (v o lls tä n d ig e S u b s titu ie rb a rk e it)
G u t 1
Werden die einzelnen Nachfragekurven bei einer Änderung der Preise verfolgt, so erhält man im 2-Güter-Fall eine Preis-Konsum-Kurve PKK. Wird
die Änderung eines Gutes über den Preis auf der Ordinate aufgetragen, so
erhält man eine Nachfragefunktion. Je nach Kompensation (unkompensiert
(NK), Hicks- oder nutzenkompensiert (UK), Slutsky- oder einkommenskompensiert (EK)), erhält man drei verschiedene Kurven.
Bei einer Preissenkung ist das Realeinkommen im Fall (NK) immer am
höchsten als bei (EK) und (UK). Für ein normales Gut gilt dann auch
XiN K > XiEK > XiU K . Entlang der Marshall’schen Nachfragefunktion ist
die Budgetsumme konstant. Entlang der einkommenskompensierten Nachfragefunktion ist die „reale“ Budgetsumme konstant (d.h. man kann trotz der
Preisänderung das alte Güterbündel konsumieren). Entlang der Hicks’schen
Nachfragekurve ist der Nutzen konstant. Nur die Marshall-Kurve besteht
aus Substitutions- und Einkommenseffekt. Die beiden anderen Kurven aus
einem jeweils unterschiedlich definierten Substitutionseffekt.
52
I
G u t 2
3
a
I
2
P K K N K
P K K EK
I1= P K K
B
P re is
P
0
B
P
U K
G u t 1
1
a
P
1
X
X
X
1
1
1
N K
E K
U K
G u t 1
Für die Hicks’sche Nachfragefunktion gilt immer
∂XjH
∂XiH
=
∂Pj
∂Pi
(71)
∂XiH
< 0. Für die Marshall’sche Nach∂Pi
fragefunktion muss diese Symmetrie nicht gelten und sie kann bei einem
Giffen-Gut auch steigen, wenn der entsprechende Einkommenseffekt den
Substitutionseffekt überwiegt.
und sie ist eindeutig fallend, da
53
3.7.3
Das duale Problem
Man kann auch das duale Problem betrachten. Während vorher der Nutzen maximiert wurde bei konstant gehaltenem Budget, wird nun das Budget
minimiert bei konstant gehaltenem Nutzen. Das daraus folgende Minimierungsproblem lautet:
AU =
Pn
i=1
Pi Xi → Min
unter den Nebenbedingungen:
U(X1 , . . . , Xn ) ≥ Ū und Xi ≥ 0.
Die entsprechende Lagrange-Funktion lautet:
Λ=
n
X
i=1
Pi Xi − λ [U(X1 , . . . , Xn ) − Ū ]
mit den notwendigen Bedingungen:
∂Λ
∂U
= Pi − λ
=0,
∂Xi
∂Xi
∂Λ
= U(X1 , . . . , Xn ) − Ū = 0 .
∂λ
Daraus folgt wiederum die Optimalitätsbedingung:
Pi
Ui
=
.
Pj
Uj
(72)
(73)
(74)
(75)
Da der Nutzen konstant gehalten wird, ergibt sich daraus die Hick’sche
Nachfragefunktion XiH (P1 , . . . , Pn , Ū). In dem Sonderfall, in dem Ausgabesumme AU und Budget B gleich sind, führen beide Probleme (das Maximierungs- und das Minimierungsproblem) zum selben Optimum. Wird die
Nachfragefunktion wiederum in die Ausgabesumme eingesetzt, so ergibt sich
die folgende Lösung:
AU =
n
X
i=1
Pi XiH
=
n
X
Pi XiH (P1 , . . . , Pn , Ū) = AU(P1 , . . . , Pn , Ū) . (76)
i=1
Für die partielle Ableitung der Ausgabenfunktion gilt nach einem Satz von
Shephard (siehe Gleichung (172)):
∂AU
= XiH .
(77)
∂Pi
54
P
P
XH P
i
Pi
i
= ni=1 AU
= 1 gilt, muss im Mittel eine einprozentiDa ni=1 ∂AU
∂Pi AU
ge Preissteigerung eines Gutes durch eine einprozentige Ausgabenerhöhung
kompensiert werden, wenn der Nutzen konstant bleiben soll. Da dies jedoch
nur in der Summe über alle i gilt, können untereinander bestimmte Substitutionseffekte wirksam werden.
3.7.4
Die indirekte Nutzenfunktion
Die indirekte Nutzenfunktion ergibt sich schließlich, wenn wir Xi (P1 , . . . , Pn , B)
in U(X1 , . . . , Xn ) einsetzen, so dass:
(78)
Ũ = Ũ(P1 , . . . , Pn , B) .
Der Nutzen hängt somit indirekt von den Preisen und der Budgetsumme ab.
Für die indirekte Nutzenfunktion gilt die Roy’sche Identität:
∂ Ũ
∂ Ũ ∂ Ũ ∂B
=
+
B=konst.
∂Pi
∂Pi
∂B ∂Pi
(79)
| {z }
0
n
X
n
X
∂Xk
∂Xk
=
λ Pk
=
Uk
∂Pi
∂Pi
k=1
k=1
n
X
∂(Pk Xk ) ∂Pk
= λ
−
Xk
∂Pi
∂Pi
k=1


 ∂B


−Xi 

 ∂Pi
| {z }
= λ
Da λ > 0, muss

(80)
!
= −λ Xi = −
(81)
∂U
Xi .
∂B
(82)
0
∂ Ũ
< 0 sein.
∂Pi
Alle drei Funktionen, die Nutzenfunktion, die Ausgabenfunktion und die indirekte Nutzenfunktion sind dual zueinander und sind in gleicher Weise geeignet, die Präferenzordnung abzubilden.
3.8
Den Nutzen messen
Viele Aussagen in der Mikroökonomik lassen sich zwar mit Hilfe der ordinalen Nutzentheorie ableiten, aber, da keine feste kardinale Maßeinheit existiert, ist der Nutzen interpersonell nicht vergleichbar. Mithin lässt sich der
55
Nutzen einer bestimmten wirtschaftspolitischen Maßnahme für die gesamte
Volkswirtschaft nicht bestimmen, um dafür normative Aussagen treffen zu
können. Da für den Einzelnen ohnehin eine freie Konsumentensouveränität
angenommen wird, sind Aussagen für eine Gruppe von Individuen schwierig.
Anders ist es, wenn eine Ersatzgröße für den Nutzen vorhanden wäre und
z.B. die Zahlungsbereitschaft für ein bestimmtes Gut als alternative Größe
gewählt werden würde. Dabei muss man sich aber den Unterschied zwischen
der Zahlungsbereitschaft und der Zahlungsfähigkeit vor Augen halten. Individuen, deren Budget größer ist, werden andere Konsumgüterbündel wählen als
solche, die sich einer anderen Budgetrestriktion gegenüber sehen. Wird das
Ordinatengut als Zahlungsmittel interpretiert, so lässt sich über den Umweg
der Zahlungsbereitschaft indirekt der Nutzen messen. Eine wichtige Rolle
spielt dabei die Konsumentenrente, die sich aus der marginalen Zahlungsbereitschaft ableiten lässt.
3.8.1
Die Konsumentenrente
Wird nämlich der Preis von P11 auf P12 gesenkt, so kann der Konsument
anstatt der Menge a nun die Menge b des Gutes X1 wählen. Zahlen müsste
er dafür den gesamten Betrag Z2 . Der Konsument muss also nur soviel für das
Gut X1 ausgeben, wie er für die letzte Einheit des Gutes ausgeben würde.
Daher spricht man auch von der marginalen Zahlungsbereitschaft. Bereit
wäre der Konsument jedoch gewesen, den Betrag Z1 + Z2 zu zahlen. Dabei
erspart sich der Konsument offensichtlich den Betrag Z1 .
Wird er z.B. nur eine Einheit des Gutes konsumieren, würde er den Preis
P10 zahlen müssen. Bei 2 Einheiten sinkt der Preis bereits, so dass nun jede
Einheit billiger ist als vorher. Den so eingesparten Betrag bezeichnet man
als Konsumentenrente. Die Konsumentenrente von z.B. Wasser oder Luft ist
paradoxerweise sehr groß. Obwohl der Preis des freien Gutes Wasser oder
Luft sehr gering ist (nahezu null), können wir nicht ohne jede Einheit davon
überleben. Wir wären also durchaus bereit, für die erste Einheit unendlich
viel zu zahlen. Mithin ist die Fläche unter der Kurve immens und somit
die Konsumentenrente sehr groß. Um von der Zahlungsbereitschaft auf die
Nutzenänderung zu schließen, können wird die indirekte Nutzenfunktion heranziehen:
U = Ũ(P1 , . . . , Pn , B).
56
G u t 2
a
B
P re is
P
P
P
1
1
B
P
1
2
G u t 1
1
1
P
0
1
b
1
Z
2
Z
1
2
G u t 1
Nach der Gleichung von Roy gilt bekanntlich:
∂ Ũ
= −λ X1 (P1 , . . . , Pn , B) .
∂P1
(83)
Indem wir die Fläche Z1 unter der Kurve berechnen, also
Z
P10
P12
(84)
X1 dP1 ,
können wir, unter der Annahme, das λ von den Preisen unabhängig ist, auf
57
die Nutzenänderung schließen:
Ũ(P10 , . . . , Pn , B) − Ũ (P12, . . . , Pn , B) = −λ
Z
P10
P12
X1 dP1 .
(85)
Die notwendige Annahme λ = konst. ist jedoch nur in wenigen Fällen möglich. Insofern ist die Anwendbarkeit dieser Formel gering.
3.8.2
Einkommenskompensationen
Man kann nun fragen, wieviel der Konsument bereit wäre zu zahlen, um eine
bestimmte Preissenkung zu erhalten. Nach einer Preissenkung hat die Budgetgerade eine flachere Steigung und tangiert den „neuen“ Nutzen im Punkt
b. Aus der Sicht des Konsumenten ergibt sich die Kompensationszahlung als
Differenz der beiden Nutzen unter dem neuen Preisvektor (c → b, kompensatorische Einkommensvariation).
Anders kann man auch fragen, wieviel der Komsument fordern wird, um auf
eine Preissenkung, auf die er Anspruch hat, zu verzichten. Verzichtet er auf
die Preissenkung, so ist die Steigung der Budgetgeraden steiler. Die Kompensation misst sich ebenfalls als Differenz der Nutzen nun jedoch unter dem
alten Preisvektor (d → a, äquivalente Einkommensvariation).
Bezeichnen wir den alten Nutzen mit U alt = Ũ (P0 , B 0 ) und den neuen
Nutzen mit U neu = Ũ (P1 , B 0 ), dann ergibt sich für die kompensatorische
Einkommensvariation EV k :
U alt = Ũ (P0 , B 0 ) = Ũ (P1 , B 0 − EV k ) ,
(86)
d.h. Maßstab ist der alte Nutzen. Für die äquivalente Einkommensvariation
gilt nun:
U neu = Ũ (P0 , B 0 + EV ä ) = Ũ (P1 , B 0 ) ,
(87)
d.h. Maßstab ist der neue Nutzen.
Das Marshall’sche Konzept der Konsumentenrente ist dann sinnvoll, wenn
Marktpreise bekannt sind. Bei außermarktlichen d.h. externen Effekten lässt
sich eher die Methode der kompensatorischen oder äquivalenten Einkommensvariation anwenden.
58
G u t 2
E V
E V
ä
k
{
{
a
d
c
B
P re is
P
0
1
P
b
1
1
Z
a
1
Z
P
1
B
0
P
1
1
G u t 1
d
2
b
c
G u t 1
Durch eine Preissenkung kann der Konsument anstatt der Menge a die Menge
b konsumieren. Im P1 − X1 -Diagramm sind die Kurven a → c und d →
b jeweils Hicks’sche Nachfragefunktionen, während die Kurve a → b eine
Marshall’sche Nachfragefunktion darstellt. EV k lässt sich ermitteln als
Fläche unter der Kurve des „alten“ Nutzens, also Z1 . EV ä ist die Summe
unter der Kurve des „neuen“ Nutzens, also Z1 + Z2 . In dem hier betrachteten
Fall (normales Gut) ist EV ä größer als EV k , da der Konsument im Falle
der äquivalenten Einkommensvariation einen Anspruch auf die Preissenkung
hat, während dies bei der kompensatorischen Einkommensvariation nicht der
Fall ist. Ein vorhandener Anspruch ist aber Geld wert.
59
3.8.3
Vereinfachungen zum Ziel der Aggregation
1. Zusammenfassung zu Gütergruppen:
Sind die Relativpreise untereinander konstant, dann kann man die Güter zu einem Gut zusammenfassen. Dies wird z.B. bei der Analyse des
Konsum-Arbeits-Problems gemacht, wobei alle konsumierten Güter unter dem Gut „Konsum“ zusammengefasst werden.
2. Separable Nutzenfunktion:
Sind die Preisrelationen aller Güter nicht konstant, so kann man vielleicht Gütergruppen finden, deren Relativpreise untereinander sich nicht
ändern. Für k solcher Gütergruppen hätte man also die Darstellung:
U = U(V1 (X(1) ), . . . , Vk (X(k) )) mit
∂U
> 0,
∂Vi
i ∈ [1, . . . , k] . (88)
Man bezeichnet dies als schwache Separabilität. Ein Sonderfall der
schwach separablen Nutzenfunktion ist die additiv separable Nutzenfunktion:
U = F (V1 (X(1) )+. . .+Vk (X(k) )) mit F ′ > 0,
i ∈ [1, . . . , k] .(89)
Hierbei können anstatt der k Gütergruppen auch alle n Güter additiv
gekoppelt sein. Da jedes Gut dann einzeln bewertet wird, sind inferiore
Güter und damit Giffen-Güter ausgeschlossen.
Bsp.: F (x) = ex für Vi = αi ln(xi ) ergibt:
U = X1α1 · . . . · Xnαn .
Man bezeichnet eine solche Funktion auch als Cobb-Douglas-Funktion.
3. Homothetische Nutzenfunktion
Homothetisch bedeutet eine streng monoton steigende Transformation
einer linear homogenen Nutzenfunktion. Also:
V = F (U(X1 , . . . , Xn ))
mit F ′ > 0 und U(λ X1 , . . . , λ Xn ) = λ U(X1 , . . . , Xn ).
60
In diesem Fall gilt:
g
AU(P1 , . . . , Pn , U) = AU(P
1 , . . . , Pn ) U.
Unter dieser Annahme ist die Engel-Kurve eine Gerade durch den
Ursprung. Da bei einer Geraden durch den Ursprung Momentan- und
Durchschnittssteigungen übereinstimmen, ist die Einkommenselastizität ηi = 1 (siehe Gleichung (109)). Damit sind nach Gleichung (113)
die Ausgaben für ein Gut i unabhängig von der Höhe des Einkommens.
Damit spielt die Zahlungsfähigkeit (Höhe des Einkommens) keine Rolle
mehr und die Zahlungsbereitschaft ist verwendbar, um den Nutzen zu
messen. Eine schwächere Forderung ist eine quasi-homothetische Nutzenfunktion. Hier muss die Engel-Kurve zwar eine Gerade sein, aber
nicht mehr durch den Ursprung laufen.
Nach dem Satz von Euler gilt bei einer Homogenität vom Grade k:
n
X
i=1
xi
∂f
(x1 , . . . , xn ) = k f (x1 , . . . , xn ) .
∂xi
(90)
Lineare Homogenität der Nutzenfunktion bedeutet also:
X1 U1 + X2 U2 = U(X1 , X2 )
⇔ λ (X1 P1 + X2 P2 ) = U(X1 , X2 )
⇔ λ AU = U .
(91)
(92)
(93)
Die Ausgabenfunktion ist homogen vom Grade eins in den Preisen, d.h.
bei einer Änderung aller Preise um einen Faktor µ, ändert sich auch
das Budget um einen Faktor µ , d.h. es muss gelten:
AU(µ P1 , µ P2, U) = µ AU(P1 , P2 , U) .
(94)
Damit folgt nach der Euler-Gleichung:
P1
∂AU
∂AU
∂AU
+ P2
= AU = U
.
∂P1
∂P2
∂U
61
(95)
mit (93). Dies ist aber gleichbedeutend mit:
P1
∂AU
∂AU
∂AU
+ P2
−U
=0.
∂P1
∂P2
∂U
(96)
d.h. es muss gelten unter analoger Anwendung der Euler-Gleichung:
AU(µ P1 , µ P2,
1
U) = AU(P1 , P2 , U) ,
µ
(97)
wenn AU gleichzeitig linear-homogen in den Preisen und linear-homogen
in U ist. Ist diese Gleichung erfüllt, dann gilt mit der Annahme µ = U:
g (U P , U P )
AU(P1 , P2 , U) = AU(U P1 , U P2 , 1) = AU
1
2
g
= U AU (P1 , P2 ) .
(98)
(99)
wobei bei der letzten Umformung wiederum die Homogenität vom Grade
eins in den Preisen verwendet wurde! (Kommentar: „1“ kann nämlich
g gesetzt wurde.)
nicht als Variable gewertet werden, so dass hier AU
4. Aggregation der Einkommen
Ist das optimale Güterbündel abhängig von der Höhe des Einkommens
des Einzelnen, so gilt:
Xi (P, B1 , . . . , Bn ) =
n
X
Xi (P, Bk ) .
(100)
k=1
Hängt das optimale Güterbündel jedoch von der Summe aller Einkommen ab, so gilt:
Xi = Xi (P, B) = Xi (P,
n
X
(101)
Bk ) .
k=1
Dies kann man dann annehmen, wenn der Grenznutzen des Einkommens aller Konsumenten identisch ist, also wenn:
Xi,k (P, Bk ) = αi,k (P) + βi (P) Bk
62
∀ k ∈ [1, . . . , n] .
(102)
Dann gilt nämlich:
Xi (P, B) =
n
X
αi,k (P) + βi (P)
k=1
n
X
Bk .
(103)
k=1
Lineare Nachfragefunktionen mit linearen Koeffizienten βi bedeuten lineare Engel-Kurven. Damit sind alle Engel-Kurven der einzelnen
Konsumenten linear und haben eine identische Steigung (nämlich βi ).
Sind darüber hinaus auch die Niveauparameter αi,k für alle Konsumenten identisch, wie z.B. bei:
Xi,k (P, Bk ) = αi (P) + βi (P) Bk
∀ k ∈ [1, . . . , n]
(104)
mit identischen Koeffizienten αi , dann besitzen die Konsumenten identische, quasi-homothetische Präferenzen. Diese recht strenge Annahme
ist notwendig, um Zahlungsbereitschaften mit Hilfe der kompensatorischen oder der äquivalenten Einkommensvariation berechnen zu können.
3.9
3.9.1
Alternative Nachfragetheorien
Die Theorie offenbarter Präferenzen (revealed preferences)
Die so genannte Wahlhandlungstheorie geht auf die Theorie der offenbarten
Präferenzen nach Samuelson zurück. Da in der Nutzentheorie basierend
auf der Präferenztheorie ein Manko darin liegt, dass die Präferenzen mehr
oder weniger unbekannt sind, basiert die Wahlhandlungstheorie anstatt auf
den unbekannten Präferenzen auf den beobachtbaren Größen der Preise, des
Einkommens und der gewählten Güterbündel. Alle Aussagen, die man mit
der Präferenztheorie machen kann, kann man auch mit der Wahlhandlungstheorie machen. Insofern sind beide Theorien äquivalent. Allerdings besitzt
die Wahlhandlungstheorie andere Axiome, die denen der Präferenztheorie
aber äquivalent sind, nämlich das Axiom der Nichtsättigung (das gesamte
Einkommen wird ausgegeben), das Axiom der Stetigkeit (Zu jeder PreisEinkommens-Konstellation gibt es genau ein Güterbündel und umgekehrt)
sowie jenes der Transitivität (Sind zwei Güterbündel X (1) und X (2) möglich und wird X (1) gewählt, so wird in jeder anderen Situation, in der beide
Güterbündel möglich wären, ebenfalls X (1) gewählt.)
63
3.9.2
Die Attributen-Theorie nach Lancaster
Das Problem der unbekannten Präferenzen, welches durch die Präferenz- als
auch Wahlhandlungstheorie nicht befriedigend gelöst werden kann, führt zu
Problemen, wenn
• neue Produkte eingeführt werden, deren Präferenzen mithin unbekannt
sind.
• Werbung durchgeführt wird. Werden hier die Präferenzen geändert und
wenn, wie?
• es zur Frage kommt, wann Güter Substitute oder Komplemente sind.
In der Präferenztheorie wird dies allein indirekt über Änderung auf
Preisvariationen bestimmt.
Diese Probleme werden gelöst, wenn man annimmt, alle Güter beständen
aus einer begrenzten Zahl von Attributen, wobei die Präferenzen für alle
Attribute bekannt seien. Damit lösen sich obige Probleme wie folgt einfach
in Luft auf:
• Wenn neue Produkte eingeführt werden, werden lediglich bekannte Attribute rekombiniert, deren Präferenzen bekannt sind.
• Durch Werbung werden nicht Präferenzen geändert, sondern nur die
Möglichkeiten einer neuen Konsummöglichkeitsmenge bekannt gemacht.
• Substitute haben gleiche Attribute und Komplemente unterschiedliche.
Allerdings kommt neben der Budgetrestriktion als Nebenbedingung nun noch
die Nebenbedingung im Attributenraum hinzu:
Xi =
n
X
aij Aj
(105)
i = [1, . . . , m].
j=1
wobei Aj die Attributen sind und Xi die möglichen Güterbündel. Man kann
die Gleichung entweder im Attributenraum lösen, indem man die Nutzenfunktion von den Aj abhängig macht oder im Raum der Güterbündel, indem
man die Nebenbedingung entsprechend verarbeitet. Je nach Budgetrestriktion, gegebenen Preisen und gegebener Konsumtechnologie sind nur eine begrenzte Zahl von Attributenbündeln realisierbar. Dazu muss man einen effizienten Rand der Attributenmenge bestimmen, der die maximale Menge
64
eines Attributs angibt, die unter diesen Bedingungen überhaupt erreichbar
ist. Der effiziente Rand ist unabhängig von den Präferenzen und ist in den
wesentlichen Eigenschaften für alle Konsumenten gleich, da die Preise und
die Konsumtechnologie für alle Konsumenten gleich sind. Lediglich die Budgetrestriktion bestimmt also das optimale Güterbündel. An die Stelle der
Budgetgeraden tritt eine Kurve, die jene Attributenbündel angibt, welche
mit dem gegebenen Budget und der gegebenen Konsumtechnologie maximal erreichbar sind. Der Berührungspunkt dieser Kurve mit der höchsten
Indifferenzkurve bestimmt das optimale Attributenbündel und damit auch
das optimale Güterbündel. Da das Güterbündel von der Konsumtechnologie
abhängt, ergibt sich folgende Abhängigkeit:
Xi = Xi (P1 , . . . , Pn , B, a11 , . . . , amn ) .
(106)
Die Lancaster-Theorie ist eine interessante Theorie, spielt aber in der
Mikroökonomik eine eher untergeordnete Rolle.
65
Für den geneigten Leser seien im Folgenden einige mathematische Aussagen
gesammelt. Wir fangen an mit:
3.10
Exkurs: Elastizitäten
Eine Elastizität beschreibt die Veränderung des Verhältnisses zweier Größen
zu dessen Verhältnis selbst. Man unterscheidet:
• Bogenelastizitäten
• Punktelastizitäten
Sie ist definiert als
∂u
∂v
u
v
E(u, v) =
=
∂u v
∂ln(u)
=
∂v u
∂ln(v)
bzw.
∆u v
.
∆v u
(107)
Elastizitäten haben den Vorteil, dass Einheiten wie e, $, Ltr., kg etc. sich
herausheben. Da das Durchschnittsverhältnis immer positiv ist, gilt für fallende Funktionen E < 0 und für steigende Kurven E > 0.
u
u
B
B
a
A
C
A
0
b
D
0
v
D
C
v
Mit D als Abszissenabschnitt und A als Ordinatenabschnitt der Tangente
lässt sich verallgemeinern:
± BD
∂u
BD u
BD
D0
AB
DC
=±
, =
→ E(u, v) = BD
=±
=±
.
∂v
DC v
D0
DC
BC
D0
66
(108)
Für steigende Funktionen kann man auch sagen:
E(u, v) =
tgα
,
tgβ
E(u, v) < 1 wenn tgα < tgβ .
(109)
Wenn die Tangente die Ordinate oberhalb des Ursprungs schneidet, dann ist
E < 1.
Sonderfälle:
u
E = 0
E(u, v) = 0
v
u
E =
E(u, v) = ∞
v
67
u ändert sich nicht
bei Variation von v
unelastisch: |E| < 1
elastisch: |E| > 1
vollkommen - unelastisch: E = 0
vollkommen - elastisch: E = ∞
Bezogen auf die Nachfragefunktion kann man folgende Elastizitäten definieren:
(110)
Xi = Xi (P1 , P2 , . . . , B)
E(Xi , Pi ) oder ǫii : direkte Preiselastizität
ǫii < 0: normales Gut
ǫii > 0: Giffen-Gut
E(Xi , Pj ) oder ǫij : Kreuzpreiselastizität (i 6= j)
ǫij > 0: Substitut
ǫij = 0: unabhängig
ǫij < 0: Komplement
Bemerkung:
Für die Hick’sche Nachfragefunktion wird die Elastizität mit ξij bezeichnet.
E(Xi , B) oder ηi : Einkommenselastizität
E(Xi , B) < 0: inferior
E(Xi , B) > 0: superior
Substitut bedeutet, dass man die beiden betrachteten Güter alternativ verwenden kann. Komplemente befriedigen zusammen Bedürfnisse.
Es kann vorkommen, dass ǫij 6= ǫji (allerdings ξij = ξji), dass heißt in einer
Richtung hat man eine Substitutionsbeziehung, in der anderen eine Komplementaritätsbeziehung.
Kuchen und Schokolade bestehen unter anderem aus Zucker. Steigt der Zuckerpreis, so werden Kuchen und Schokolade gleich weniger nachgefragt, Mehl
68
wird auch weniger nachgefragt. Mehl und Zucker sind Komplemente. Steigt
der Mehlpreis, so wird Kuchen und damit Zucker weniger nachgefragt, aber
Schokolade sei mehr nachgefragt. Wird insgesamt Zucker mehr nachgefragt,
so sind Mehl und Zucker Substitute.
Normale Güter werden weniger nachgefragt, wenn der Preis steigt. Im Ausnahmefall der steigenden Nachfrage bei steigenden Preisen spricht man von
Giffen-Gütern. Bei Snob-Effekten fragen auch einzelne Haushalte mehr von
einem Gut nach, je weniger sich davon andere Haushalte leisten können.
Superiore Güter werden mit steigendem Einkommen mehr nachgefragt. Inferiore Güter werden mit steigendem Einkommen weniger nachgefragt. Bei
fallendem Einkommen umgekehrt. Jedoch müssen inferiore Güter bei ausreichend kleinem Einkommen superior sein. Da das gesamte Budget verausgabt
wird, muss gelten: Wenn ceteris paribus das Einkommen erhöht wird, dann
können nicht alle Güter inferior sein, da dann die Gesamtausgaben geringer
steigen würden als das Einkommen. Wohl können alle Güter superior sein,
aber sie dürfen nicht alle überproportional mit dem Einkommen nachgefragt
werden, d.h. nicht alle ηi > 1 (nicht alle Einkommenselastizitäten elastisch!).
Die Anteile aus Gesamtbetrag der Ausgaben (Einkommen) ändern sich bei
Änderung des Einkommens.
z
α1
}|
P 1 X1
∂
B
∂B
∂
P1 X1
B
∂B
{
>0
=0
<0
!
P1 ∂X1
=
B − X1
B 2 ∂B
!
P1 X1 ∂X1 B
−1
=
B2
∂B X1
|
wenn η1
{z
η1 −1
>1
=1
<1
(111)
(112)
}
Es können nicht alle Güter inferior sein, da sich die Gesamtausgaben nicht
mehr proportional mit dem Einkommen ändern würden und die Budgetrestriktion nicht mehr gelten würde.
69
Die Budgetrestriktion lautet:
P 1 X1 + P 2 X2 = B
P1 dX1 + P2 dX2 = dB (Änderung ceteris paribus des Einkommens
(dP1 = dP2 = 0))
2
X
P1 X1 dX1 B
P2 X2 dX2 B
+
=1⇒
αi ηi = 1 .
B dB X1
B dB X2
i=1
(113)
Die Engel’sche Aggregationsbedingung besagt, dass die Summe der Einkommenselastizitäten gewichtet mit den relativen Anteilen der Güter am
Gesamteinkommen gleich 1 ist.
Die Konsumausgaben für X1 ändern sich mit Variation von P1 :
∂ (P1 X1 )
∂X1
= X1 + P 1
∂P1
∂P1
!
P1 ∂X1
= X1 1 +
= X1 (1 + ǫ11 ) .
X1 ∂P1
∂ (P1 X1 )
∂P1
>0
=0
<0
wenn ǫ11
> −1
= −1
< −1
| {z }
(114)
(115)
steigt immer
|
{z
}
Giffen-Güter
normale Güter
Bei Änderung der exogenen Variablen P1 ceteris paribus (dB = dP2 = 0)
folgt aus der Budgetrestriktion:
(116)
P 1 X1 + P 2 X2 = B
⇒
⇔
⇔
·
P 1 X1 X2
B X1 X2 dP1
X1 P1 X1 P1 dX1 P1
P2 X2 dX2 P1
+
+
=0
B
B dP1 X1
B dP1 X2
α1 ǫ11 + α2 ǫ21 = −α1 .
dP1 X1 + P1 dX1 + P2 dX2 = 0
(117)
(118)
(119)
Die direkte Preiselastizität und die Kreuzpreiselastizität sind durch die Ausgabenanteile bestimmt!
70
Für die Hick’sche Nachfragefunktion gilt:
dU = 0 = U1 dX1H + U2 dX2H
mit der Optimalitätsbedingung :
·
P1
P2
P1 X1H X2H
B X1H X2H dP1
=
U1
.
U2
X2H P2 dX2H P1
X1H P1 dX1H P1
+
= α1 ξ11 + α2 ξ21 = 0
B dP1 X1H
B
dP1 X2H
(120)
Da ξ11 < 0 ist ξ21 > 0.
Symmetrie der Nettosubstitionalität:
Netto bedeutet ohne Berücksichtigung des Einkommenseffektes d.h. ǫij = ξij
⇔
⇔
∂Xj
∂Xi
=
∂Pj
∂Pi
∂Xi Pj Xi Pi
=
∂Pj Xi B
ξij αi = ξji αj .
·
P j P i Xi Xj
Xi Xj B
∂Xj Pi Xj Pj
∂Pi Xj B
(121)
(122)
(123)
71
2-Güter-Fall:
α1 ξ12 = α2 ξ21 .
Daraus folgt aus (120):
⇒
α1 ξ11 + α2 ξ21 = 0 ,
α1 ξ12 + α2 ξ22 = 0
(124)
α1 ξ11 + α2 ξ22 + α2 ξ21 + α1 ξ12 = 0 ⇔ α1 ξ11 + α2 ξ22 + 2 α1 ξ12 = 0 .
Wie sich auch in Zusammenhang mit der der Slutsky-Gleichung herausstellen wird, gilt daher:
(125)
ξ11 + ξ12 = 0 .
Ebenso ergibt sich mit (125) aus der Slutsky-Gleichung:
−(ǫ11 + ǫ12 ) = −(ξ11 + ξ12 ) + (α1 + α2 ) η1 = η1
−ǫ11 − ǫ12 = η1 .
⇒
(126)
(127)
Zusammenfassend gelten folgende Identitäten:
n
X
i=1
αi ǫij = −αj
n
X
αi ξij = 0
j = 1, . . . , n ,
(128)
j = 1, . . . , n ,
(129)
i = 1, . . . , n ,
(130)
i=1
n
X
ξij = 0
j=1
(131)
αi ξij = αj ξji ,
−
n
X
n
X
ǫij = ηi
i = 1, . . . , n ,
(132)
j=1
(133)
αj ηj = 1 .
j=1
72
3.11
Nutzenfunktion
Es wird unterstellt, dass jeder Haushalt eine Reihenfolge der Dringlichkeit
seiner Bedürfnisse bestimmen kann. Früher wurde angenommen, es gebe eine
Nutzenfunktion, die dem Güterbündel X (i) einen eindeutigen Nutzen zuordnet. Heutzutage wird allerdings ein ordinales Konzept verwendet. Dann sind
Transformationen mit einer streng monoton steigenden Funktion auch wieder
eine Nutzenfunktion, die die selbe Reihenfolge beschreibt.
Es soll eine Präferenzordnung existieren. Für die Präferenzordnung werden
folgende Annahmen gemacht:
1. Die Präferenzordnung ist vollständig
X1 X2 bedeutet: X1 wird gegenüber X2 präferiert.
Vollständigkeit bedeutet:
Entweder gilt X1 X2 , X2 X1 oder beides gleichzeitig.
2. Transitivität:
Aus X1 X2 und X2 X3 folgt X1 X3
3. Reflexivität:
X1 X1
4. Stetigkeit
Bei X1 X2 X3 gibt es auf einer stetigen Verbindungsgerade zwischen X1 und X3 ein X4 , so dass X4 ∼ X2 (indifferent).
Die lexikografische Präferenzordnung ist zum Beispiel nicht stetig. Für
sie gilt:
U(X1 , X2 ) > U(X 1 , X 2 ) wenn X1 > X 1 oder X1 = X 1 und X2 > X 2 .
Man lasse die Reihe U(X 1 + α1 ∆X 1 , X 2 − ∆X 2 ) gegen α → ∞ laufen.
Für U(X 1 + ∆X 1 , X 2 − ∆X 2 ) wird U eindeutig gegenüber U(X 1 , X 2 )
präferiert. Für den Grenzwert (α → ∞) gilt jedoch U(X 1 , X2 −∆X 2 ) <
U(X 1 , X 2 ). Somit ist die lexikografische Präferenzordnung nicht stetig.
73
X
2
X
X
*
X
(1 )
(2 )
X (1) , X (2) konvergiert gegen X ∗
X (i) ≻ X, aber X ∗ ≺ X
X
X
1
5. Das Prinzip der Nichtsättigung: Der Grenznutzen ist immer positiv.
∂U
= Ui > 0 für alle i .
∂Xi
(134)
Da kein kardinales Nutzenkonzept vorliegt, ist der absolute Wert des
Grenznutzens nicht bestimmt.
Für eine streng monoton wachsende Transformation folgt aus U 1 U 2
auch F (U 1 ) F (U 2 ).
Vor der Jahrhundertwende (vor 1900) verwendete man das kardinale
Konzept. Dort beinhaltete das 1. Gossen’sche Gesetz auch (134).
Bei konstantem Xi ist aufgrund der Nichtsättigung mehr an Xj ein
Nutzenzuwachs:
∂2U
= Uij > 0
∂Xi ∂Xj
i 6= j
Der Grenznutzen steigt mit Xj .
74
(135)
U
X
X
X
2
2
X
2
> X
2
1
Es gibt keinen Sättigungspunkt. Jede zusätzliche Einheit bedeutet ein
Mehr an Nutzen.
∂2U
Nach dem 1. Gossen’schen Gesetz galt auch
= Uii < 0.
∂Xi2
Dies ist jedoch nicht notwendig. Es kann somit durchaus konstanter oder
zunehmender Grenznutzen möglich sein. Dies lässt sich auch aus der Transformation unmittelbar zeigen: G sei die neue Nutzenfunktion.
G = F [U]
∂2G
= F ′′
∂Xi2
⇒
|
∂G
= Gi = |{z}
F ′ Ui
∂Xi
>0
∂U
∂Xi
{z
>0
!2
}
+ |{z}
F′
>0
⇒ Gi > 0 .
∂2U
.
∂Xi2
(136)
(137)
Da für F nur Monotonie gefordert wird, ist das Vorzeichen unklar. Somit
kann Gii beliebig sein.
Für quasi-konkave Funktionen gilt allerdings:
U12 U22 + U22 U11 − 2 U1 U2 U12 < 0 .
(138)
Es kann gezeigt werden, dass das Vorzeichen unabhängig von einer Transformation erhalten bleibt, denn mit Verwendung von (136) gilt für G :
G21 G22 + G22 G11 − 2 G1 G2 G12 = (F ′ )3 (U12 U22 + U22 U11 − 2 U1 U2 U12 ) .(139)
75
Man spricht von einer quasi-konkaven Funktion, wenn gilt:
U[λ X (1) + (1 − λ) X (2) ] ≥ min[U(X (1) ), U(X (2) )] ,
(140)
während bei strenger Konkavität gelten würde:
U[λ X (1) + (1 − λ) X (2) ] ≥ λ U(X (1) ) + (1 − λ) U(X (2) ) .
(141)
Diese Bedingung (139) ist eine Voraussetzung dafür, dass die Indifferenzkurven konvex werden. Somit wird gefordert:
Die Nutzenfunktion ist quasi-konkav.
76
Das Nutzengebirge lässt sich folgendermaßen darstellen:
U
X
2
U = k o n s t.
X
1
Durch die Bedingung U = konst. lassen sich Indifferenzkurven identifizieren.
X
2
X
1
Die Indifferenzkurven fallen und sind konvex. Da U konstant ist, müssen bei
einem Plus an X1 Einheiten von X2 entnommen werden, also
dX2
<0 .
dX1
Dies ist die Grenzrate der Substitution von X2 durch X1 .
Aus dU = U1 dX1 + U2 dX2 = 0 folgt
dX2
U1
=− .
dX1
U2
77
Man wird mehr von X2 durch X1 substituieren, je größer der Nutzenzuwachs
durch die ersetzten X1 ist gegenüber dem Grenznutzen von X2 .
U1 > U2 ⇒ |dX2 | > dX1 .
Die zweite Ableitung nach X1 ist:
dX2
)
dX1
dX2
− U1 (U21 + U22 dX
))
1
.
2
U2
−(U2 (U11 + U12
d 2 X2
=
2
dX1
Mit
(142)
dX2
U1
d 2 X2
−(U22 U11 + U12 U22 − 2 U2 U1 U12 )
=−
folgt
=
.
dX1
U2
dX12
U23
Aus der Quasi-Konkavität der Nutzenfunktion folgt mithin:
d 2 X2
> 0:
dX12
Die negative Steigung nimmt betragsmäßig
ab.
d 2 X2
dX2
> 0,
< 0 bedeuten, dass die Indifferenz2
dX1
dX1
kurven konvex sind d.h. U(λ X (1) + (1 − λ) X (2) ) ≥ U(X (1) ).
Die beiden Bedingungen
X
2
D
X
D
(1 )
U > U
D
D
X
(2 )
U
X
1
Wenn die Indifferenzkurve konvex sind, dann ist die Lösung eindeutig und es
ergibt sich ein Nutzenmaximum.
78
Ausgeschlossen sind folgende Indifferenzkurven:
X
2
Konkav. Diese Indifferenzkurve führt
zu einem Nutzenminimum. Lösung ist
eine Randlösung mit nur X1 oder nur
X2 .
X
X
1
2
X
Vollständig substitional. Hier ist die
Lösung nicht mehr eindeutig und auch
hier gilt: I.a. ist es eine Randlösung.
1
79
X
2
Nicht substituierbar ⇒ unabhängig.
X
1
Möglich sind:
X
2
Periphere Substitution d.h. die Achse
wird nicht erreicht. Es wird ein Mindestmaß an X1 benötigt.
X
Alternativsubstitution
(Randlösung möglich)
1
X
1
80
Somit darf aufgrund der Eindeutigkeit kein linearer Kurvenanteil vorhanden
sein und die Kurven dürfen sich auch nicht schneiden.
X
2
X
X
(3 )
X
(1 )
U
(2 )
U
1
2
X
1
Es soll gelten: X (2) X (1) und gleichzeitig X (1) ∼ X (3) und X (2) ∼ X (3) .
Also auch X (1) ∼ X (2) ⇒ Widerspruch.
Es wird somit für einen Haushalt eine Nutzenfunktion unterstellt. Hat jedes
Haushaltsmitglied eine eigene Nutzenfunktion und wird die Haushaltsentscheidung durch Mehrheitsentscheid gefällt, dann kann es zu einem solchen
Fall kommen (Arrow-Paradox oder Condorcet-Paradox):
Person A:
Person B:
Person C:
X1 X2
X2 X3
X3 X1
X2 X3
X3 X1
X1 X2
Mit Mehrheitsentscheid wird gefolgert:
X 1 X 2 , X2 X 3 , X3 X 1
und somit X1 X2 X3 X1 , also keine Präferenzordnung!
Ebenso uneindeutig ist es, wenn man mehrere Kriterien anwendet z.B.
X1 X2 aufgrund Farbe
X2 X3 aufgrund Gewicht
X3 X1 aufgrund Preis
81
3.12
Finden des Optimums mit Optimierung
Es handelt sich um eine Extremumaufgabe mit Nebenbedingung.
Die Nebenbedingung ist die Budgetrestriktion d.h. es darf nicht mehr als die
Konsumsumme C verausgabt werden:
P 1 X1 + P 2 X2 = C
(143)
C =Y −S
∂C
∂Y
Nach der Makroökonomie gilt: 0 ≤
≤ 1,
0≤
∂S
∂Y
≤ 1.
Für allgemeine Betrachtungen soll gelten Y = C = B (Budget). Die Nebenbedingung schränkt die mögliche Ergebnismenge ein.
X
X2 =
B
P1
B
−
X1 ,
P2 P2
X1
B
P1
X2
+ B = 1 .
(144)
P2
P
2
2
B
Alles in diesem Bereich kann man sich
leisten. Im n-Güterfall handelt es sich
um eine Hyperebene.
P
1
X
1
82
Es ergibt sich das folgende Extremumproblem.
1. Maximiere U bei gegebenem B
X
2
B
U
X
1
oder
2. Minimiere die Ausgaben bei gegebenem U
X
2
B
U
X
83
1
Aufgrund der Konvexität existiert eine eindeutige Lösung und die Indifferenzkurve tangiert gerade die Konsumgerade (bzw. die Budgetebene berührt
das Nutzengebirge in einem Punkt.)
Somit gilt:
U1
dX2
=−
dX1
U2
und
dX2
P1
=− .
dX1
P2
Für transformierte Funktionen gilt das gleiche Ergebnis, da
G1
G2
=
F ′ U1
F ′ U2
=
U1
.
U2
Zur analytischen Berechnung muss man zunächst etwas Analysis machen:
Für eine Extremumaufgabe gilt die Bedingung 1. Ordnung:
∂fj
=0
∂xi
für alle j, i.
und die Bedingung 2. Ordnung:
Die einzelnen Hesse-Matrizen |f11 | ,
f11 f12
f21 f22
,
f11 f12 f13
f21 f22 f23
f31 f32 f33
,
usw.
sind bei einem Minimum positiv, bei einem Maximum wechseln sie ihr Vorzeichen.
• die quadratische Form ist positiv definit, wenn alle Hauptminoren positiv sind
• die quadratische Form ist negativ definit, wenn sich die Vorzeichen der
Hauptminoren immer abwechseln, beginnend mit |f11 | < 0, +, −, +,
usw.
Für Extremumaufgaben mit Nebenbedingungen bildet man die LagrangeFunktion:
F = f (x1 , x2 )+λ r(x1, x2 ) mit der impliziten Funktion r(x1 , x2 ).(145)
84
Daraus ergeben sich ähnliche Bdg. 1. Ordnung:
∂F
∂f
∂r
=
+λ
= fi + λ ri = 0
∂xi
∂xi
∂xi
mit
(146)
∂F
= r = 0.
∂λ
Die Bedingung 2. Ordnung wird über eine erweiterte Hesse-Matriz geprüft:
F11 F12 . . . F1n r1 ..
..
.. .
.
. Fn1 Fn2 . . . Fnn rn r1 r2 . . . rn 0 mit F = f + λ r.
Bei mehreren Nebenbedingungen: F = f + λ1 r 1 + λ2 r 2 .
Hesse-Matrix:
F11 F12 . . . F1n r11 r12 ..
..
..
.
.
.
1
2 .
Fn1 Fn2 . . . Fnn rn rn r11 r21 . . . rn1 0 0 r12 r22 . . . rn2 0 0 Dies folgt daraus, dass nunmehr xi nund λ als Variablen angesehen werden
∂2F
und die Nullterme in der Matrix erscheinen aufgrund
= 0.
∂λ2i
Bei m ≤ n Nebenbedingungen müssen die Vorzeichen der einzelnen HesseMatrizen (Sattelpunkt-Problem):
• für ein Minimum alle das Vorzeichen (−1)m haben
• für ein Maximum die Vorzeichen alternieren mit erstem Vorzeichen
(−1)m+1
85
Somit ergibt sich für das hier zu erörternde Maximumproblem:
F = U(X1 , X2 ) + λ (B − P1 X1 − P2 X2 ) → Max.
∂F
= F1 = U1 − λ P1 = 0,
∂X1
∂F
= F2 = U2 − λ P2 = 0,
∂X2
∂F
= r = B − P1 X1 − P2 X2 = 0.
∂λ
(147)
(148)
(149)
Aus den Bedingungen 1. Ordnung folgt:
U1 = λ P1
U2 = λ P2
)
P1
U1
=
,
U2
P2
λ=
U1
U2
=
.
P1
P2
λ entspricht dem Grenznutzen des Geldes. Es gibt den zusätzlichen Nutzen
an bei einer zusätzlichen Mengeneinheit durch den Preis je Mengeneinheit.
Die Bedingungen 2. Ordnung lauten:
F11 =
F12 =
F22 =
Fλλ =
F1 λ =
F2 λ =
∂2F
= f11 + λ r11 = U11 ,
∂X12
∂2F
= f12 + λ r12 = U12 ,
∂X1 ∂X2
∂2F
= f22 + λ r22 = U22 ,
∂X22
∂2F
=0,
∂λ2
∂2F
= r1 = −P1 ,
∂X1 ∂λ
∂2F
= r2 = −P2 ,
∂X2 ∂λ
so dass:
U11 U12 −P1 (U 2 U22 + U22 U11 − 2 U1 U2 U12 )
> 0 ∼ (−1)2 ,
U21 U22 −P2 = − 1
2
λ
−P1 −P2
0 86
(150)
(151)
(152)
(153)
(154)
(155)
P1 =
U2
U1
, P2 =
.
λ
λ
Somit handelt es sich um ein Nutzenmaximum
Für Extremumaufgaben mit Ungleichungen ist nicht sichergestellt, dass das
Extremum im ersten Quadranten gefunden wird. Somit erweitern sich die
Bdg. mit den Nebenbedingungen:
r i (x1 , x2 ) ≥ 0
x1 ≥ 0 ,
x2 ≥ 0 ,
i = 1, . . . , m ,
so dass die so genannten Kuhn-Tucker-Bedingungen gelten:
m
X
∂F
= fj +
λi rji ≤ 0 j = 1, . . . , n ,
∂xj
i=1
∂F
i
=r ≥0 ,
∂λi
xi ≥ 0
i = 1, . . . , n .
∂F ∂F
,
= 0 mit xj ≥ 0 oder es handelt sich um eine Randlö∂xj ∂λi
sung mit xj = 0, also:
Entweder gilt
(fj +
m
P
i=1
λi r i = 0
λi rji ) xj = 0 j = 1, . . . , n
i = 1, . . . , m
87
Man kann zeigen, dass das duale Problem lautet:
F = P1 X1 + P2 X2 + λ (U − U(X1 , X2 )) → Min
∂F
= P1 − λ U1 = 0 ,
∂X1
∂F
P1
U1
P1
P2
= P2 − λ U2 = 0 , ⇒
=
,λ =
=
.
∂X2
P2
U2
U1
U2
∂F
= U − U(X1 , X2 ) = 0 .
∂λ
(156)
(157)
(158)
(159)
Hesse-Matrix:
−λ U11 −λ U12 −U1 −λ U12 −λ U22 −U2 = λ2 (U22 U11 + U12 U22 − 2 U1 U2 U12 ) < 0 ∼ (−1)1
−U1
−U2
0 ⇒ Minimum
Im Extremum muss also gelten:
U1
P1
=
.
U2
P2
(160)
U1
ist die Substitutionsbereitschaft ,
U2
P1
ist die Substitutionsmöglichkeit .
P2
88
X
2
B
C
A
X
1
Annahme: Punkt A
U1
P1
<
U2
P2
Ist der relative Preis höher als der
Nutzengewinn von einer zusätzlichen Einheit X1 ,
wird man X1 erniedrigen.
man wird X1 durch X2
Annahme: Punkt B
U1
P1
>
U2
P2
∂X 2
substituieren d.h. wird größer, mithin steigt
∂X1 es bringt mehr Nutzen X1 zu erhöhen,
da der relative Nutzengewinn größer ist als der
relative Preis.
man wird X2 durch X1 substituieren.
∂X 2
∂X1 U1
.
U2
U1
P1
Im Punkt C ist das Optimum erreicht mit
=
.
U2
P2
⇒
wird wieder kleiner, mithin fällt
89
U1
.
U2
Eine Nachfragekurve erhält man, indem man grafisch wie folgt vorgeht.
Fällt der Preis von P1 auf P1′ , dann dreht sich die Budgetgerade nach außen.
X
X
2
2
X
B
P
P
1
B
P
X
2
u n a b h ä n g ig v o n P
P
1
1
1
1
P
1
P
1
1
n o rm a le s G u t
X
1
Analytisch geht man vor, indem man den optimalen Lösungspfad durch die
Lösung der Extremumaufgabe herausfindet. Anschließend wird nach X1 aufgelöst.
90
Ebenso kann man die Einkommensänderung berücksichtigen. Dabei verschiebt
sich die Budgetgerade bei einer Einkommenserhöhung nach außen. Wird das
Einkommen variiert und die optimale Lösung für jedes Einkommen bestimmt,
ergibt sich die Einkommenskonsumkurve, hier am Beispiel eines inferioren
Gutes:
X
2
E in k o m m e n s k o n s u m k u rv e
X
X
1
1
E n g e lk u rv e
s u p e rio r
in fe rio r
B
Um einen fallenden Bereich zu haben, muss die Funktion zunächst ansteigen.
Daher ist das Gut bei einem kleinen Einkommen superior.
91
Cramer’sche Regel
Die Determinante lässte sich errechnen, indem man nach einer Zeile (oder
Spalte) entwickelt. Dazu multipliziert man mit dem algebraischen Komplementen. Werden die Komplementen einer anderen Zeile (oder Spalte) verwendet, dann ergibt sich null.
a11 . . . a1n a21 . . . a2n Mit A =
..
.. .
. an1 . . . ann und Ax = b
ergibt sich:
Det(x1 A) =
=
=
⇒ x1 =
x1 a11 . . . a1n x1 a21 . . . a2n (161)
..
.. .
. x1 an1 . . . ann keinen Beitrag zur Determinante
}|
{
z
x2 a12 . . . + xn a1n
. . . a1n x1 a11 +
x1 a21 + x2 a22 + . . . + xn a2n
. . . a2n ..
.. .
. x1 an1 + x2 an2 + . . . + xn ann
. . . ann b1 a12 . . . a1n
b2 a22 . . . a2n
..
..
.
.
bn an2 . . . ann
Det(A1 )
A1
=
.
Det(A)
A
92
= Det(A1 ) .
(162)
Die Variablen X1 , X2 und λ sind im Extremumproblem mit Randbedingungen die endogenen Variablen. Es stellt sich die Frage, wie sich die endogenen
Variablen in Abhängigkeit der exogenen Variablen P1 , P2 und B verhalten.
Dazu bildet man das totale Differential der Bedingungen für den optimalen
Konsumplan.
U11 dX1 + U12 dX2 − P1 dλ = λ dP1 ,
U21 dX1 + U22 dX2 − P2 dλ = λ dP2 ,
−P1 dX1 − P2 dX2 = −dB + X1 dP1 + X2 dP2 .
Die Lösungen werden mit Hilfe der Cramer’schen Regel gefunden:
λ D11 dP1 + λ D21 dP2 + D31 (−dB + X1 dP1 + X2 dP2 )
,
D
λ D12 dP1 + λ D22 dP2 + D32 (−dB + X1 dP1 + X2 dP2 )
dX2 =
.
D
dX1 =
Die Marshall’sche Nachfragefunktion ist X1 in Abhängigkeit von P1 mit
der Bedingung B = konst.. Die Hick’sche Nachfragefunktion ist X1 in Abhängigkeit von P1 unter der Bedingung U = konst..
Für die Hick’sche Nachfragefunktion folgt:
dU = 0 = U1 dX1 + U2 dX2 = 0 .
U1
P1
=
gilt also P1 dX1 + P2 dX2 = 0
U2
P2
Somit ist −dB + X1 dP1 + X2 dP2 = −P1 dX1 − P2 dX2 = 0 und man erhält:
Mit
λ D11 dP1 + λ D21 dP2
,
D
λ D12 dP1 + λ D22 dP2
dX2 =
.
D
dX1 =
Für die direkte Preisabhängigkeit ceteris paribus (dP2 = 0) gilt weiter:
dX1 =
λ D11 dP1
.
D
Man nennt dies nutzenkompensiert, da dB sich gerade so einstellt, dass dU =
0. Für eine nichtkompensierte Einkommensvariation gilt dagegen dB = 0.
93
Daraus folgt ceteris paribus (dP2 = 0):
λ D11 dP1 + D31 X1 dP1
,
D
λ D12 dP1 + D32 X1 dP1
dX2 =
.
D
dX1 =
Den reinen Einkommenseffekt erhält man, indem dP1 = dP2 = 0 gesetzt
wird, also:
dX1 =
−D31
dB .
D
Daraus folgt unmittelbar durch Ineinandereinsetzen:
dX1
dX1 dX1
=
−X1
.
U
=konst.
dP1
dP1
|
{z dB}
| {z }
GE
| {z }
(163)
EE
SE
Dies ist die so genannte Slutsky-Gleichung. Dies bedeutet: Die Änderung
der nachgefragten Menge setzt sich zusammen aus einem Substitutionseffekt
(die Indifferenzkurve wird beibehalten) und einem Einkommenseffekt. Kompensiert bedeutet also, dass das Einkommen so erhöht wird, dass bei einer
Preiserhöhung die alte Indifferenzkurve wieder tangiert wird.
X
2
E E
S E
G E
X
94
1
Überwiegt ein positiver Einkommenseffekt den Substitutionseffekt, so verbleibt ein positiver Gesamteffekt übrig. Dies ergibt das Charakteristikum
eines Giffen-Gutes d.h. die Nachfrage wird erhöht, wenn der Preis steigt.
Es gibt auch einen Slutsky-Substitutionseffekt, der so definiert ist, dass
das Einkommen gerade so erhöht wird, dass der alte Punkt erreicht wird.
Dabei tangiert die neue Budgetgerade gerade eine Nutzenindifferenzkurve eines größeren Niveaus.
X
2
E E
S E
U
G E
X
*
U
U
*
> U
1
In der Literatur wird überwiegend der Hicks-Substitutionseffekt zitiert, obwohl der Slutsky-Substitutionseffekt leicht berechenbar ist, da die Gesamtausgaben bekannt sind.
Übersetzt in Elastizitäten bedeutet die Slutsky-Gleichung:
!
!
∂Xi Pj
∂Xi Pj
Xj Pj B ∂Xi =
−
(164)
∂Pj Xi
∂Pj U = konst. Xi
Xi B
∂B Pi =konst.
⇒ ǫij = ξij − αj ηi
(165)
Man sieht leicht, dass
!
∂Xi =
∂Pj U = konst.
d.h. ξij = ξji, da
∂Xj
∂Pi
!
U = konst.
Dji λ
Dij λ
=
.
D
D
95
Desweiteren gilt auch:
z
∆
}|
{
P1 D11 λ P2 D21 λ
λ(P1 D11 + P2 D21 )
ξ11 + ξ12 =
+
=
= 0,
X1 D
X1 D
X1 D
U
U12 −P1 11
da die Determinante lautet: D = U21 U22 −P2 .
−P1 −P2
0 Da die Determinante D spaltenfremd entwickelt wird, ist ∆ null.
Ferner gilt: −(ǫ11 + ǫ12 ) = η1 , da
−(ǫ11 + ǫ12 ) = −(ξ11 − ξ12 ) + (α1 + α2 ) η1 mit α1 + α2 = 1.
96
X
Einkommensänderung
2
Zwischen A und C gilt: X2 inferior
X1 superior
C und D gilt: X2 superior
X1 superior
D und B gilt: X2 superior
X1 inferior
A
C
D
B
X
X
2
1
Preiserhöhung
A
Zwischen A und C und
D und B sind X1 und
X2 Substitute
Zwischen C und D sind X1 und
X2 Komplemente
C
D
B
X
1
97
Der Gesamteffekt
X
2
Der Hicks-Substitutionseffekt ist immer negativ. Überwiegt ein positiver
Einkommenseffekt den negativen Substitutionseffekt, dann handelt es sich
um ein Giffen-Gut (EF für X1 ).
A
B
C
D
E
F
X
SE
Abschnitt
AB
BC
CD
DE
EF
-
1
EE GE SE
X1
+
+
+
+
+
+
+
+
EE GE
X2
+
+
+
-
Der Einkommenseffekt gibt Auskunft darüber, ob es sich um ein inferiores
oder superiores Gut handelt. Für den Bereich DF ist X1 inferior, für den
Bereich AD ist X1 superior. Ebenso ist zwischen BF X2 superior und zwischen AB inferior. Zwischen AC und zwischen EF sind die Güter Substitute,
da jeweils ein Gut mehr, das andere weniger nachgefragt wird. Zwischen C
und E sind beide Komplemente. Wenn die direkte Preiselastizität positiv ist,
handelt es sich um ein Giffen-Gut. Dies ist im Bereich EF der Fall. X1
erhöht sich, obwohl P1 steigt. Für normale Güter ist dagegen E(Xi , Pi ) < 0.
Dies ist für X1 im Bereich AE der Fall.
98
3.13
Ein erstes Beispiel
U = X1 X2 ,
B − P 1 X1 − P 2 X2 = 0 .
F = X1 X2 + λ (B − P1 X1 − P2 X2 ) .
X2 − λ P 1 = 0 ,
X1 − λ P 2 = 0 ,
B − P 1 X1 − P 2 X2 = 0 .
⇒ X1 =
B
,
2 P1
X2 =
B
,
2 P2
λ=
X1
X2
=
.
P2
P1
Das totale Differential lautet:
dX2 − P1 dλ = λ dP1 ,
dX1 − P2 dλ = λ dP2 ,
−P1 dX1 − P2 dX2 = −dB + X1 dP1 + X2 dP2 .
D = 2 P1 P2 ,
D11 = −P22 ,
D21 = P1 P2 ,
D31 = −P2 .
⇒ dX1 =
−P22 λ dP1 + P1 P2 λ dP2 − P2 (−dB + X1 dP1 + X2 dP2 )
.
2 P1 P2
Ceteris paribus (dP1 6= 0)
−P2 λ
X1
dX1
−P2 λ
X1
dP1 −
dP1 ⇔
=
−
.
2 P1
2 P1
dP1
P1 2 2 P1
dX1
= −12.5 .
Für: B = 100, P1 = 2, P2 = 5 erhalten wir
dP1
dX1 =
Der Einkommenseffekt lautet:
−X1
dX1
X1
25
=−
=−
.
dB
2 P1
4
99
Der Hicks-Substitutionseffekt lautet:
dX1 P2
25
=−
λ=−
dP1 U =konst.
2 P1
4
mit den Werten:
B
= 10 ,
2 P2
B
X1 =
= 25 ,
2 P1
B
=5.
λ=
2 P1 P2
X2 =
Die Nachfragefunktion lautet X1 =
Die Engel-Kurve lautet X1 =
B .
2 P1 B=konst.
B .
2 P1 P1 =konst.
100
Warum λ der Grenznutzen des Einkommens ist:
∂U
= U1
∂B
∂X1
∂B
!
∂X2
∂B
!
.
(166)
∂X1
∂X2
∂U
= λ (P1
+ P2
)=λ,
∂B
∂B
∂B
(167)
+ U2
Mit U1 = λ P1 und U2 = λ P2 folgt:
da die Ableitung der Bilanzgeraden ergibt:
!
∂X1
1 = P1
+ P2
∂B
U1
U2
λ =
=
.
P1
P2
∂X2
∂B
!
,
(168)
(169)
Der Quotient von Grenznutzen und Preis muss für alle Güter gleich sein. Dieses Verhältnis gibt den Nutzenzuwachs an, wenn eine Geldeinheit zusätzlich
für ein bestimmtes Gut ausgegeben wird. Sollte der Nutzenzuwachs größer
sein, wenn diese Geldeinheit für X1 anstatt für X2 ausgegeben wird, so würde
der Konsument seinen Nutzen nicht maximieren. Er könnte seinen Grenznutzen vergrößern, wenn er einen Teil seiner Ausgaben von X2 auf X1 verlagern
würde.
Der Lagrange-Multiplikator λ kann somit als Grenznutzen des Einkommens interpretiert werden. Dieser ist positiv, da der Grenznutzen positiv ist.
101
Die Bedingung erster Ordnung ist nicht immer zur Maximumbestimmung
notwendig.
1. Die Indifferenzkurven sind konkav d.h. die Nutzenfunktion ist nicht
quasi-konkav.
Hier handelt es sich um ein NutzenX 2
minimum. Im Nutzenoptimum konsumiert er nur ein Gut. Er wird also
B
B
Einheiten X1 oder
Einheiten
P1
P2
X2 kaufen, je nachdem, ob U( PB1 ) oder
U( PB2 ) größer ist.
X
1
2. Im zweiten Fall sind die Indifferenzkurven konvex, aber sie sind flacher
als die Bilanzgerade. Es kann keine Tangenten geben und die Bedingung
erster Ordnung ist nicht erfüllt, da wir X1 ≥ 0, X2 ≥ 0 vorausgesetzt
haben.
X
2
X
1
Das Nutzenmaximum liefert hier auch nur eine Ecklösung, er kauft im
Optimum nur X2 .
102
Die Nutzenfunktion sei entweder selbst streng konkav oder ihre positive monotone Transformationen sei es. Für diesen Fall lassen sich die
Kuhn-Tucker-Bedingungen verwenden.
Mit B − P1 X1 − P2 X2 ≥ 0 ,
X1 ≥ 0 ,
X2 ≥ 0 ,
folgt:
F1 = U1 − λ P1 ≤ 0 ,
F2 = U2 − λ P2 ≤ 0 ,
F3 = B − P1 X1 − P2 X2 ≥ 0 .
⇒ X1 F1 = 0 , (Kuhn-Tucker-Bedingungen)
X2 F2 = 0 ,
λ F3 = 0 .
Für U1 > λ P1 kann der Konsument seinen Nutzen durch vermehrten
Konsum von X1 erhöhen. Für U1 < λ P1 durch Verringerung von X1 ,
insofern X1 nicht schon null ist.
Für das Beispiel ist F1 < 0 und F2 = 0 .
Folglich gilt:
U1
P1
<
.
U2
P2
Gibt der Konsument im Gleichgewicht weniger als sein Einkommen
aus, so wäre der Grenznutzen seines Einkommens λ gemäß den KuhnTucker-Bedingungen gleich null. Solange der Grenznutzen positiv ist,
tritt dieser Fall nicht ein.
103
3.14
Die indirekte Nutzenfunktion
Die Nutzenfunktion lässt sich in Abhängigkeit von P1 , P2 und dem Einkommen B bestimmen. Eine solche Nutzenfunktion heißt indirekte Nutzenfunktion
U = U(X1 , X2 ) = U(X1∗ (P1 , P2 , B), X2∗ (P1 , P2 , B)) .
Die indirekte Nachfragefunktion ist homogen vom Grade null .
Ebenso lässt sich der Ausgabenbetrag bestimmen bei einem bestimmten Nutzen
AU(P1 , P2 , Ū) = P1 X1H (P1 , P2 , Ū) + P2 X2H (P1 , P2 , Ū ) .
XiH ist dabei die Hick’sche oder nutzenkompensierte Nachfrage.
Das Maximierungsproblem:
Max U = U(X1 , X2 ) unter der Bedingung P1 X1 + P2 X2 ≤ B
bzw. das Minimierungsproblem
Min AU = P1 X1 + P2 X2 unter der Bedingung U(X1 , X2 ) ≥ Ū
sind dual zueinander d.h. es gilt
AU(P1 , P2 , U) = AU(P1 , P2 , U(P1 , P2 , B)) = B und
U(P1 , P2 , AU(P1 , P2 , U)) = U.
Ist P1 , P2 und B gegeben, dann kann gerade der Nutzen U = U(P1 , P2 , B)
erreicht werden. Fragt man jetzt nach dem Ausgabenbetrag, der mindestens
erforderlich ist, um diesen Nutzen zu erhalten, also nach AU(P1 , P2 , U), so
ist das gerade B.
Der minimale Ausgabenbetrag, den man braucht, um den mit B maximal
realisierbaren Nutzen zu erreichen ist B.
104
⇒ Bei gegebenen Preisen P1 , P2 sind die Funktionen AU und U invers
zueinander in den Variablen B und U.
In diesem Zusammenhang lässt sich die Slutsky-Gleichung leicht herleiten:
XiH (P1 , P2 , Ū) = Xi∗ (P1 , P2 , AU(P1 , P2 , Ū)) .
∂XiH
∂Xi∗ ∂Xi∗ ∂AU
=
+
.
∂Pj
∂Pj
∂B ∂Pj
(170)
Das Shephards-Lemma lautet:
Eine Änderung des Ausgabenbetrags bei einer Änderung von Pi ist gleich der
i-ten Nachfragefunktion.
Einfacher:
Totales Differential des Ausgabenbetrages ceteris paribus mit dP2 = 0
dAU
= X1H dP1 + (dX1H P1 + dX2H P2 )
(171)
∂AU
P1
⇒
= XjH im Optimum da dX2H = − dX1H . (172)
∂Pj
P2
Aufgrund des Extremums ist XjH = Xj∗ , so dass
∂XiH
∂Xi∗ ∂Xi∗ ∗
=
+
X ,
∂Pj
∂Pj
∂B j
(173)
∂Xi∗
∂XiH
∂Xi∗ ∗
=
−
X .
∂Pj
∂Pj
∂B j
(174)
bzw.
Für j = i folgt:
∂Xi∗
∂XiH
∂Xi∗ ∗
=
−
X .
∂Pi
∂Pi
∂B i
(175)
105
Die Wirkung einer Erhöhung des Preises Pi auf die Marshall’sche Nachfragekurve Xi∗ besteht aus zwei Komponenten:
∂XiH
∂P
!i
∂Xi∗
und dem Einkommenseffekt: −
Xi∗
∂B
dem negativen Substitutionseffekt:
Man kann vom Bruttosubstitut und Nettosubstitut reden.
∂XiH
∂Xi∗
Das Bruttosubstitut ist
, das Nettosubstitut
.
∂Pj
∂Pj
∂XjH
∂XiH
Es gilt:
=
(Symmetrie der Nettosubstitionalität).
∂Pj
∂Pi
Dies folgt aus der Symmetrie der Hesse-Matrix, da
!
∂XjH
∂XiH
Dij λ
Dji λ
∂Xi =
=
=
=
.
∂Pj U =konst.
∂Pj
D
D
∂Pi
Für die Marshall’sche Nachfragefunktion gilt eine solche Symmetrie nicht!
106
3.15
Ein komplettes Beispiel
Die Nutzenfunktion lautet:
U = U(X1 , X2 ) = (X1 + 2)(X2 + 1) = X1 X2 + X1 + 2 X2 + 2 .
P1 = 5,
P2 = 10,
B = 1000 .
F = X1 X2 + X1 + 2 X2 + 2 + λ (1000 − 5 X1 − 10 X2 ) .
Bedingungen erster Ordnung:
∂F
= X2 + 1 − 5 λ = 0 ,
∂X1
∂F
= X1 + 2 − 10 λ = 0 ,
∂X2
∂F
= 1000 − 5 X1 − 10 X2 .
∂λ
(176)
(177)
(178)
Daraus folgt der optimale Konsumplan.
X2 + 1
1
1
= ⇔ X2 = X1 ,
X1 + 2
2
2
X̄1 = 100 ,
X̄2 = 50 ,
λ=
X2 + 1
= 10.2 .
5
Allgemein folgt:
F = X1 X2 + X1 + 2 X2 + 2 + λ (B − P1 X1 − P2 X2 ) ,
X2 + 1
P1
=
X1 + 2
P2
P1
(X1 + 2) − 1
P2
B + P2
−1 ,
⇒ X1 = X1∗ (P1 , P2 , B) =
2 P1
B + 2 P1 1
X2 = X2∗ (P1 , P2 , B) =
− .
2 P2
2
oder X2 =
Man sieht leicht, dass die Nachfragefunktionen homogen vom Grad null sind.
107
Für P̄1 = 5, P̄2 = 10 ergeben sich die Engel-Kurven:
B + 10
B
−1=
,
10
10
B
B+2·5 1
X2 = X2∗ (P̄1 , P̄2 , B) = X2∗ (5, 10, B) =
− =
.
2 · 10
2
20
X1 = X1∗ (P̄1 , P̄2 , B) = X1∗ (5, 10, B) =
Sie sind Geraden durch den Ursprung. Auch die Einkommenskonsumkurve
B
1
ist mit X1 = 10
= 10
(20 X2 ) = 2 X2 eine Gerade.
Für P̄2 = 10 und B = 1000 ergibt sich die direkte Nachfragefunktion:
X1 =
1000 + 10
505
−1=
−1 .
2 P1
P1
Die Kreuznachfragefunktion lautet:
X2 =
1000 + 2 P1 1
P1
− = 49.5 +
.
2 · 10
2
10
Für die Slutsky-Gleichung wird X1 und X2 in U(X1 , X2 ) eliminiert.
B + P2
B + 2 P1 1
−1+2
− +1
(179)
2 P1
2 P2
2
B + 2 P1 1
B + P2
+1
+
(180)
=
2 P1
2 P2
2
(B + P2 + 2 P1 )(B + 2 P1 + P2 )
(B + P2 + 2 P1 )2
=
=
.
4 P1 P2
4 P1 P2
U(X1 , X2 ) =
Nebenrechnung:
s
√
2
U
P
P
−
2
P
P2
1
2
1
U 4 P1 P2 − P2 − 2 P1 = B ⇒ X1H =
−1 = U
−2 .
2 P1
P1
s
s
∂X1H
1
P1 U P2
1 U P2 1
=−
=−
,
2
∂P1
2 U P2 P1
2
P1 P1
∂X1∗
(B + P2 )
=−
,
∂P1
2 P12
∂X1∗
1
=
,
∂B
2 P1
√
108
B + P2
1
⇒−
=−
2
2 P1
2 P1
s
P2
B + P2
U
−
−1
P1
2 P1
1
.
2 P1
Mit den Werten P1 = 5, P2 = 10, B = 1000 ergibt sich:
U=
(1000 + 10 + 2 · 5)2
= 5202 .
4 · 5 · 10
s
1
1000 + 10
1000 + 10
5202 · 10
−
=−
−
−1
2
2·5
2·5
5
2·5
1 √
100
10404 −
⇔ −20.2 = −
10
10
⇔ −20.2 = −10.2 − 10 .
1
2·5
Gesamteffekt:
-20.2 ,
Substitutionseffekt: -10.2 ,
Einkommenseffekt: -10 .
∂X1H
über X1H (P1 , P2 , U) zu berechnen mit dem Umweg über U,
∂P1
kann mit mit Hilfe des totalen Differentials viel leichter erhalten:
Anstatt
∂X1H
λ D11
−100
=
= 10.2
= −10.2 ,
∂P1
D
100 505
∂ 1000+10
∂
−
1
−
1
∂X1∗
505
2 P1
P1
=
=
= − 2 = −20.2 .
∂P1
∂P1
∂P1
P1
∂X1∗ ∂X1H
Daraus folgt der EE aus:
−
= −10 .
∂P1
∂P1
U
U12 −P1 0
1
−5 11
0 −10 = 100 .
D = U21 U22 −P2 = 1
−P1 −P2
0 −5 −10 0 0
−10 D11 = = −100 .
−10 0 109
3.16
Die Entscheidung über das Arbeitsangebot
3.16.1
Die Wahl zwischen Arbeit und Freizeit
Eine wichtige Frage ist die Aufteilung der Tageszeit auf Arbeit und Freizeit.
Nehmen wir an, dass es nicht möglich sei, total auf Freizeit zu verzichten
(wegen Hausarbeit, Regenerationszeit, etc.). Es stellt sich also die Frage, wie
man die Tageszeit von 24 Stunden auf Arbeit und Freizeit aufteilt. Folglich
lautet das Problem:
Maximiere den Nutzen U(Y, F ) → Max
unter den Nebenbedingungen: 24 = L + F + SZ
Y = I L + Ȳ
L sei die Arbeitszeit, F die Freizeit, SZ eine fest vorgegebene Mindestzeit
für Regeneration, I der Lohnsatz und Ȳ ein arbeitsunabhängiges Transfereinkommen. Wird vollkommen auf Arbeit verzichtet, so besteht das Einkommen
Y komplett aus dem Transfereinkommen. Aufgrund der Konvexität der Indifferenzkurven ist es nicht möglich, ein Einkommen von Y = 0 zu wählen.
Werden beide Nebenbedingungen zusammengefasst, so gilt:
(181)
(24 − SZ) I + Ȳ = Y + I F ,
was man als Budgetrestriktion verstehen kann. I sind dabei die Opportunitätskosten der Freizeit. Da Y und F die beiden endogenen Variablen sind,
lautet die Steigung der Budgetgeraden:
∂Y
= −I .
∂F
(182)
Mit steigendem Lohnsatz verläuft die Budgetgerade also steiler. Das Maximierungsproblem führt auf die Lösung:
Λ
∂Λ
∂Y
∂Λ
∂F
∂Λ
∂λ
= U(Y, F ) + λ [(24 − SZ) I + Ȳ − Y − I F ] → Max ,
(183)
= UY − λ = 0 ,
(184)
= UF − λ I = 0 ,
(185)
= (24 − SZ) I + Ȳ − Y − I F = 0 ,
(186)
110
so dass gilt:
UF
=I
UY
analog zur Güterallokation.
(187)
Auch hier unterscheidet man wieder einen Einkommenseffekt und Substitutionseffekt. Kompliziert wird es nur dadurch, dass das Einkommen nun keine
exogene, sondern eine endogene Größe ist. Der Einkommenseffekt besteht
aus einer Parallelverschiebung der Budgetgeraden. Dies ist der Fall, wenn
das Transfereinkommen verändert wird. Da Freizeit ein normales Gut ist
∂F
(
> 0), steigt die Nachfrage nach Freizeit, wenn das Transfereinkommen
∂Y
steigt.
Wird der Lohnsatz erhöht, verläuft die Budgetgerade steiler. Der Substitutionseffekt besteht in der Zunahme von Einkommen (vermehrte Nachfrage
nach Arbeit), da die Opportunitätskosten der Freizeit zunehmen. Dem entgegen läuft eine gesteigerte Nachfrage nach Freizeit aufgrund der Zunahme
des Einkommens Y (da Freizeit ein normales Gut ist).
E in k o m m e n
(2 4 -S Z ) I2 + Y
(2 4 -S Z ) I1 + Y
Y
d
E in k o m m e n s e ffe k t
a
b
2 4 -S Z
F re iz e it
∆Y
Bei niedrigem Lohnsatz wird die Grenzrate der Substitution
kleiner.
∆F
Man wird also viel Freizeit opfern, um ein wenig Einkommen zu erzielen. Also wird der Substitutionseffekt betragsmäßig sehr groß sein und offenbar den
111
Einkommenseffekt überwiegen. Dann kommt es wohl zu mehr Arbeitsangebot
(weniger Freizeit). Bei hohem Lohnsatz (steilere Budgetgerade) ist die GRS
jedoch sehr klein und daher kann der Einkommenseffekt den Substitutionseffekt überwiegen. Es kommt zum Giffen-Paradox: Es wird mehr Freizeit
nachgefragt, obwohl die Kosten für die Freizeit steigen (hier allerdings unter der Annahme, dass Freizeit ein normales Gut ist, da hier das Einkommen
keine exogene, sondern eine endogene Größe darstellt). Um das Modell realistischer zu gestalten, müssten anderen Arbeitsbedingungen als der Lohnsatz,
welche das Angebotsverhalten ebenfalls beeinflussen, berücksichtigt werden
wie z.B. die Schwierigkeit, die Gefahr, die soziale Bewertung, etc., die mit
einer solchen Tätigkeit verbunden sind. Außerdem bestehen institutionelle
Restriktionen, da die Arbeitszeit nicht frei wählbar ist.
3.16.2
Entscheidung über die Arbeitsmarktbeteiligung
Für einen Haushalt, der in der Regel mehrere Mitglieder umfassen kann, stellt
sich das Problem der Aufteilung der Arbeitszeit auf die Tageszeit. Nehmen
wir an, das Arbeitsangebot sei nicht stetig, sondern nur in diskreten Größen
L = 8 oder L = 0 wählbar (1 Mitglied des Haushalts). Für mehrere Mitglieder
im Haushalt ergäben sich darüber hinaus weitere diskrete Arbeitsangebotspunkte. Wie in Kapitel 3.16.1 sind die endogenen Variablen das Einkommen
und die Nicht-Erwerbszeit. Je nach Art der Präferenzen (Indifferenzkurven)
ergäben sich unterschiedliche Lösungen des Optimierungsproblems. Wichtig
ist dabei nur, dass aufgrund institutioneller Restriktionen nur Arbeitszeiten
zu diesen diskreten Werten wählbar sind, auch wenn damit unter Umständen
keine optimale Wahl erfolgt (d.h. dass keine Indifferenzkurve tangiert wird).
3.16.3
Steuern, Transfer, Arbeitsangebot
Wird auf das Lohneinkommen ein Steuersatz entrichtet, so lautet die Budgetrestriktion aus Kapitel 3.16.1:
Y = (1 − t) I L + Ȳ = (1 − t) I(T̄ − F − SZ) + Ȳ .
(188)
Die Steigung der Budgetgeraden ist nun:
∂Y
= −(1 − t) I .
∂F
(189)
112
Steigt der Steuersatz, so wird nach
∂
∂Y
∂F
∂t
(190)
=I >0
die Steigung der Budgetgeraden flacher. Dies hätte eine ähnliche Auswirkung
wie die Abnahme des realen Lohnsatzes, da auch dann die Budgetgerade flacher wird.
E in k o m m e n
(2 4 -S Z ) (1 -t1) I + Y
(2 4 -S Z ) (1 -t2) I + Y
Y
2 4 -S Z
F re iz e it
Je nach Verlauf der Indifferenzkurven kann es sein, dass der Einkommenseffekt den Substitutionseffekt überwiegt und dies insgesamt zu einem Rückgang
∂F
der Nachfrage nach Freizeit führen wird (
> 0).
∂Ymax
Wird nun auch auf das Transfereinkommen Ȳ eine Steuer entrichtet, dann
wirkt sich nur der Einkommenseffekt aus. Sowohl bei einer Änderung der
Steuer auf arbeitsunabhängiges Einkommen als auch bei einer Änderung der
Transferzahlungen wirkt sich lediglich der Einkommenseffekt aus. Kompliziert wird es, wenn beide Steuerarten (Lohnsteuer, Transferzahlungen) gleichzeitig in Aktion treten. Dann kann es sein, dass bei niedrigem Einkommen
sich der Steuersatz so stark ausmacht, dass insgesamt weniger Arbeit angeboten wird d.h. dass der Anreiz, eine schlecht bezahlte Arbeit aufzunehmen,
weiter sinkt, obwohl das Arbeitseinkommen an sich sehr niedrig ist. Dann
kommt es eher dazu, dass auf Sozialleistungen zurückgegriffen wird. Alles
in allem mitgerechnet ist dieser Fall sehr wahrscheinlich, da der effektive
Steuersatz (alle Abgaben mitgerechnet) für Geringverdiener sehr groß ist.
113
3.16.4
Ein kleines Beispiel
Die Nutzenfunktion laute U = Y α F β
mit den Nebenbedingungen: Y = I L + Ȳ ,
F = 24 − L.
Offensichtlich sind F und Y die endogenen Variablen. I und Ȳ sind exogen.
Aufgrund der letzten Nebenbedingung können jedoch auch Y und L endogen sein und I und Ȳ exogen. Diese Variante ist einfacher, wenn wir die
Nebenbedingungen in die Nutzenfunktion einsetzen:
U = (I L + Ȳ )α (24 − L)β .
(191)
Wie lässt sich L bestimmen? Ganz einfach, der Nutzen muss maximal werden,
also:
∂U
= 0 ⇒ I α (I L + Ȳ )α−1 (24 − L)β − β (I L + Ȳ )α (24 − L)β−1 = 0
∂L
α 24
β Ȳ
⇔ I α (24 − L) = β (I L + Ȳ ) ⇔ L =
−
.
β + α I (α + β)
Nun lassen sich die folgenden Fragen beantworten:
1. Wie reagiert der Haushalt mit seiner Arbeitszeit auf einen Anstieg des
Lohnsatzes?
dL =
I2
β Ȳ
dI
(α + β)
(ceteris paribus) .
(192)
2. Wie reagiert er auf einen Anstieg seines sonstigen Einkommens?
dL = −
β dȲ
I (α + β)
(ceteris paribus) .
(193)
3. Angenommen, der Lohnsatz werde um 10% erhöht. Um wieviel müsste
sich das sonstige Einkommen ändern, damit die Nachfrage nach Freizeit
konstant bliebe?
dF = 0 ⇒ dL = 0 ⇔ −
β dȲ
β Ȳ
+ 2
dI = 0
I (α + β) I (α + β)
dI
dȲ
=
.
I
Ȳ
(194)
(195)
114
3.16.5
Güterallokation und Zeitallokation simultan betrachtet
Betrachten wir das Güterallokationsproblem gemeinsam mit der Zeitbedingung, so wird der Nutzen U(X1 , . . . , Xn ) → Max maximiert unter den Nebenbedingungen:
n
X
i=1
(196)
Pi Xi ≤ B = I L + Ȳ ,
T̄ =
n
X
(197)
Ti + L .
i=1
L sei das Arbeitsangebot, I der Lohnsatz und Ti die Zeit, die zum Konsum eines Gutes Xi benötigt werde. Es sei angenommen, dass das FreizeitArbeitsangebotsproblem bereits gelöst ist und dass T̄ nur die Konsum- und
Arbeitszeit umfasse. Wir können annehmen, dass Ti proportional von Xi
abhänge in der Form:
(198)
Ti = τi Xi .
Dann lautet das Problem:
U(X1 , . . . , Xn ) → Max
unter den Nebenbedingungen:
n
P
i=1
Pi Xi ≤ I L + Ȳ ,
T̄ =
Pn
i=1 τi
Xi + L .
Fassen wir wieder beide Nebenbedingungen zu einer zusammen, so gilt:
n
X
(Pi + I τi ) Xi ≤ I T̄ + Ȳ = Ymax .
n
X
(Pi + I τi ) Xi = Ymax .
i=1
(199)
Aufgrund der Annahme der Nichtsättigung sei die Nebenbedingung mit Gleichheit erfüllt. Also lautet die Budgetrestriktion:
(200)
i=1
Da die Xi die endogenen Variablen sind, ist die Steigung der Budgetgerade
im 2-Güter-Fall gleich:
dX2
(P1 + I τ1 )
=−
.
dX1
(P2 + I τ2 )
(201)
115
Analog zum reinen Güterallokationsproblem gilt auch hier:
U1
(P1 + I τ1 )
=
.
U2
(P2 + I τ2 )
(202)
Schwierig ist die Frage, wie eine Änderung des Lohnsatzes sich auf das Problem auswirkt. Der Quotient:
(P1 + I τ1 )
(P2 + I τ2 )
(203)
ändert sich wie folgt:
∂
(P1 +I τ1 )
(P2 +I τ2 )
∂I
=
τ1 (P2 + I τ2 ) − τ2 (P1 + I τ1 )
.
(P2 + I τ2 )2
(204)
Wenn der Lohnsatz zunimmt, nimmt die Steigung der Budgetgeraden also
absolut zu (relativ gesehen wird die Budgetgerade flacher), wenn
τ1 (P2 + I τ2 ) − τ2 (P1 + I τ1 ) < 0 ⇔ τ1 P2 < τ2 P1 .
(205)
Praktisch wird Gut 2 verteuert, so dass der Konsument nun bereit ist, X2
2
durch X1 zu substituieren. Der Substitutionseffekt ( ∂(P∂X
|U =konst. ) wird
2 +I τ1 )
betragsmäßig größer (Er wird proportional weniger X2 wählen), da die Indifferenzkurve stärker gekrümmt ist im neuen Optimumpunkt. Ferner, wird
die Konsumzeit größer, dann wird aufgrund der Zeitrestriktion
n
X
(206)
τi Xi + L = T̄
i=1
die Güternachfrage durch Arbeit substituiert, weil Konsumieren teurer geworden ist und die Opportunitätskosten des Konsumierens (I τi ) größer geworden sind.
∂Xi
> 0 für normale Güter. Folglich steigt
∂Ymax
bei der Zunahme des Lohnsatzes (Zunahme des Einkommens) auch die Güternachfrage. Ob der Einkommenseffekt die entsprechenden Substitutionseffekte
kompensieren kann, ist im Einzelfall zu bestimmen.
Der Einkommenseffekt lautet
116
3.16.6
Der Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Berufsleben
Auch die Geltendmachung des Rentenanspruchs lässt sich mit Hilfe der Präferenztheorie erklären. Nehmen wir an, man könnte einen frühesten und einen
spätesten Renteneintritt wählen. Der Kapitalwert der Ein- und Auzahlungen
sei dabei identisch, sonst wäre die Frage des Renteneintritts trivial. Wäre
nämlich die Einzahlung höher, so würde niemand diesen Zeitpunkt wählen.
Wäre die Auszahlung höher, dann würden alle Versicherungsnehmer diesen
Zeitpunkt wählen und die Versicherung wäre zahlungsunfähig.
H ö h e d e r
m o n a tlic h e n
R e n te r
R m ax
R
R
a
*
m in
t
m in
t
t
*
m a x
E rw a rte te R e n te n b e z u g s d a u e r in J a h re n
Zur maximalen Rente korrespondiert der späteste Renteneintrittszeitpunkt
und ebenso für die minimale Rente entsprechend der früheste Renteneintrittszeitpunkt. In dem hier dargestellten Fall wäre R∗ der optimale Punkt, wenn
vereinfachend angenommen wird, dass die Budgetrestriktion eine Gerade sei.
Änderungen der Einzahlungen haben Auswirkungen auf die Budgetgerade.
Zum einen verschiebt sich diese nach oben bzw. nach rechts, da sowohl die
Rente höher als auch die Länge der Anspruchsdauer vergrößert werden kann.
Wären all diese Parameter frei wählbar, dann ließe sich das Problem nicht
mehr durch eine solche einfache Grafik abbilden.
3.17
Die Sparentscheidung
Werden zwei Perioden betrachtet und hat der Konsument die Möglichkeit,
Ersparnisse zu bilden, die er in Periode 2 hinübertragen kann, so dient dies
zur Glättung des Konsumstroms, wobei entweder das Vorsorge- oder das
117
Ertragsmotiv eine Rolle spielen können. Falls der Grenznutzen bei steigendem Einkommen abnimmt, ist es für den Konsumenten rational, seinen Konsumstrom zu glätten. Beim Sparen ist der Konsum in der ersten Periode
niedriger als das Einkommen, in der zweiten höher. Eine negative Ersparnis
stellt praktisch eine Kreditaufnahme dar. Auf einem perfekt funktionierendem Kapitalmarkt macht es keinen Unterschied, ob man spart oder einen
Kredit aufnimmt, der Zinssatz ist in beiden Fällen gleich. Betrachten wir
zunächst einfaches Sparen. Die Budgetrestriktion lautet:
(207)
B = X1 + X2 ,
wobei wir annehmen, dass sich die Preise in Periode 2 im Vergleich zu Periode
1 nicht ändern, so dass die Preise vereinfachend zu 1 gesetzt wurden. X1 ist
der Konsum in der ersten Periode, X2 in der zweiten. B ist das gesamte in
beiden Perioden (ohne) Ersparnis verfügbare Einkommen. Wird in der ersten
Periode ein Teil des Einkommes B gespart, so verbleibt B − X1 , welches zu
einem Zinssatz r angelegt werden kann. Das Budget in der zweiten Periode,
das vollständig konsumiert werden kann, ist daher
(208)
X2 = (1 + r) (B − X1 ) .
Die Steigung der Budgetgeraden lautet daher:
dX2
= −(1 + r) .
dX1
(209)
Die Nutzenfunktion lautet U(X1 , X2 ). Sie habe wie angenommen konvexe
Indifferenzkurven. Konvexe Indifferenzkurven bedeutet Minderschätzung einseitiger Konsumgüterbündel. Während es bei dem Konsum von Güterbündeln in einer Periode oder der Aufteilung der Tageszeit in Arbeitszeit und
Freizeit durchaus Sinn machen könnte, jeweils einseitige Güterbündel zu wählen, ist es bei der Sparentscheidung sofort klar, dass man nicht ohne jeden
Konsum in einer Periode auskommen kann, es sei denn, man wolle verhungern. Außerdem bedeuten konvexe Indifferenzkurven eine Minderschätzung
zukünftiger Bedürfnisse, da der Optimumpunkt mehr zum Gegenwartskonsum orientiert ist (zumindest, wenn r = 0). Dies mag an der mangelnden
Fähigkeit des Menschen liegen, sich vorzustellen, dass die Zukunft sozusagen
die Gegenwart von morgen ist. Auch weil der Konsument nie weiß, ob er den
Zeitpunkt des zukünftigen Konsums überhaupt erlebt. Die Minderschätzung
118
des zukünftigen Bedürfnisses wird durch die Grenzrate der Substitution der
zukünftigen Konsumausgaben X2 durch die gegenwärtigen X1 gemessen:
dU = U1 dX1 + U2 dX2 = 0 ⇒
dX2
U1
=−
= −(1 + z) .
dX1
U2
(210)
z ist der subjektive Zeitdiskontfaktor. Dieser Faktor gibt an, wie stark der
Haushalt den Gegenwartskonsum gegenüber dem Zukunftskonsum präferiert.
Auf dem Markt werden Zukunftskonsum und Gegenwartskonsum im Verhältnis 1 + r getauscht. Der Konsument trifft eine intertemporale Allokationsentscheidung optimal, wenn sein individuelles Austauschverhältnis (subjektiver
Zeitdiskontfaktor) mit dem Austauschverhältnis am Markt (objektiver Zeitdiskontfaktor) übereinstimmt, d.h. wenn:
(211)
r=z .
K o n s u m in
P e rio d e 2
4 5
B (1 + r)
0
c
B
d
a
B
A
K o n s u m in
P e rio d e 1
Steigt der Zinssatz, so dreht sich die Budgetgerade um den Schnittpunkt mit
der Abszisse nach außen. Im Fall ohne Zinsen ist a der optimale Konsumpunkt. Ist r > 0, so wird stattdessen c gewählt. Auch hier kann man den
Substitutionseffekt a → d und den Einkommenseffekt d → c unterscheiden.
In diesem Beispiel ist X1 ein inferiores Gut (Einkommenseffekt positiv). Im
Prinzip kann ein negativer Einkommenseffekt für X1 auch den Substitutionseffekt überwiegen, so dass es zu einem Rückgang der Ersparnis S = B − X1
119
kommen kann.
Wird der Zinssatz über die Ersparnis aufgetragen, so sind also alle Möglichkeiten gegeben. Entweder eine fallende (S3 ), steigende (S1 ) oder sogar
Z in s s a tz
S
S
3
2
S
1
E rs p a rn is
konstante Sparfunktion (S2 ). Steigt der Zinssatz, so dreht sich die Budgetgerade im Uhrzeigersinn um den Abszissenpunkt. Die Ersparnis steigt dann,
wenn X1 abnimmt und damit ein möglicher negativer Einkommenseffekt den
Substitutionseffekt nicht überwiegt.
Werden Kreditaufnahme und Ersparnis simultan betrachtet, dann bedeutet
eine negative Ersparnis somit eine Kreditaufnahme. Auf einem perfekt funktionierenden Kapitalmarkt macht es keinen Unterschied, ob man spart oder
einen Kredit aufnimmt, der Zinssatz ist in beiden Fällen gleich. Zusätzlich
nehmen wir an, dass der Konsument in jeder Periode ein bestimmtes Einkommen B1 und B2 erhält. Wie vorher lautet die Ersparnisgleichung:
(212)
X1 = B1 − S .
Für die zweite Periode lautet das verfügbare Einkommen:
(213)
X2 = B2 + (1 + r) S ,
wobei nun im Gegenteil zum vorherigen Fall ein eigenständiges Einkommen
B2 in Periode 2 hinzukommt. Wird nach S aufgelöst, so lautet die Budgetgerade:
X1 +
B2
X2
= B1 +
=V .
(1 + r)
(1 + r)
120
(214)
V ist der Barwert des in beiden Perioden zusammen verfügbaren Einkommens. Der Barwert ist der diskontierte Betrag des Einkommens (1 + r) V in
Periode 2. Die Budgetgerade hat also den Abszissenschnittpunkt V und den
Ordinatenschnittpunkt V (1 + r). Im Punkt A sei weder eine Ersparnis noch
Kreditaufnahme getätigt. Somit lautet das Einkommen in Periode 1 B1 und
in Periode 2 B2 .
Durch Kreditaufnahme ließe sich also maximal V in Periode 1 konsumieren,
wobei das Einkommen in Periode 2 dann null wäre. Umgekehrt wäre eine
totale Ersparnis möglich, die dann zu einem Einkommen (1 + r) V in Periode
2 führen würde. Wie bereits erläutert, sind diese Randlösungen bei konvexen
Indifferenzkurven jedoch ausgeschlossen. Ändert sich der Zinssatz, so dreht
sich die Budgetgerade um den Punkt A. Ändern sich B1 oder B2 , so verschiebt
sich der Punkt A. Im vorherigen Beispiel (ohne Kreditaufnahme) befand sich
der Punkt A im Abszissenschnittpunkt, da B2 = 0 und B1 = B. Dort gab es
nicht die Möglichkeit in Periode 1 einen Kredit aufzunehmen, der in Periode
2 (mit B2 ) zurückgezahlt werden konnte.
K o n s u m in
P e rio d e 2
V (1 + r)
V
*
(1 + r*)
B
A
2
B
3.18
1
V
V
*
K o n s u m in
P e rio d e 1
Die Anlageentscheidung im Allgemeinen
Man unterscheidet das Humankapital, das Sachkapital und das Finanzkapital. Humankapital ist die Fähigkeit des einzelnen Menschen, Arbeitseinkom121
men zu erzielen. Es kann durch Erlernung verschiedener Berufe oder Fähigkeiten oder durch Weiterbildung erhöht werden. Im Prinzip stellt auch die
Erziehung von Kindern eine Investition in Humankapital dar. Entscheidungen
über Humankapital werden überwiegend von Konsumenten getroffen, während die Entscheidung über das Sachkapital überwiegend von Unternehmen
getroffen wird. Bei Konsumenten stellt das Sachkapital vielleicht die eigene
Wohnung oder das eigene Auto dar. Man unterscheidet Konsumgüter und Investitionsgüter. Ausschlaggebend für diese Entscheidung ist der Zeitraum, in
dem diese Güter genutzt werden sollen. Auch der Informationsaspekt spielt
eine wichtige Rolle. Bei Konsumgütern, die innerhalb einer begrenzten Zeit
(kurze Periode) aufgebraucht werden (meist eine Periode), handelt es sich um
Entscheidungen unter Sicherheit, während es sich bei Investititionsgütern, die
über mehrere Perioden (lange Periode) genutzt werden, eher um Entscheidungen unter Unsicherheit handeln mag. Auch die Transaktionskosten sind
höher (man denke an Gebühren für die Auflassung, TÜV, etc.). Dennoch ist
Sachkapital liquider als Humankapitel, da letzteres im Prinzip nicht veräußert werden kann. Die flexibelste Form der Anlage von Ersparnissen stellt das
Finanzkapital dar. Deren Transaktionskosten sind vergleichsweise niedrig.
Gemeinsam ist allen Arten der Vermögensakkumulation, dass die Erträge sich
über einen mehr oder minder langen, zukünftigen Zeitraum verteilen und dass
die Erträge unsicher sind. Die einzelnen Anlageobjekte unterscheiden sich
a) durch die Höhe des erwarteten Ertrages
b) das Risiko
c) die Liquidität
d) die steuerliche Behandlung.
Die Liquidität bilden die Kosten am Markt beim Verkauf des entsprechenden
Gutes. Berücksichtigt man diese Transaktionskosten bereits bei der Berechnung der Erträge, kann man im Grunde auf das Kriterium der Liquidität
verzichten. Auch die steuerliche Behandlung von Investitionen lässt sich in
die Ertragsgröße einbeziehen. Das Entscheidungsproblem reduziert sich somit auf ein Abwägen zwischen den beiden Größen Nettoertrag und Risiko.
Entscheidend war die Erkenntnis in Kapitel 3.6.1, dass bei einer Entscheidung unter Unsicherheit (unvollständige Information) ein risikoscheuer Anleger seinen Nutzen erhöhen kann, wenn er sein Vermögen streut, also auf
122
verschiedene Anlagen verteilt, sofern die Erträge nicht oder nur schwach miteinander korreliert sind.
Eine Diversifikation im Humankapital ist relativ schwierig. Das Sachkapital
(Wohnung oder Auto) ist ebenso schwer zu streuen. Die große Masse der
Konsumenten steht also vor dem Problem, dass sie nur sehr geringe Möglichkeiten zur Diversifikation besitzen. Ebenso spielt das Finanzkapital für diese
Anleger eine eher untergeordnete Rolle gemessen an der Höhe der anderen
Anlagen. Es wäre für den Anleger daher von Vorteil, wenn er sich gegen das
Ertragsrisiko versichern könnte. Da der Markt keinen gesellschaftlich optimalen Versicherungsschutz anbieten kann, stellt sich die Frage, ob der Staat
die Anlageentscheidungen der Haushalte regulieren sollte.
3.19
Sonstige Entscheidungen
Es lassen sich verschiedenste Entscheidungen mit dem Kalkül des Rationalverhaltens erklären. Problematisch wird es nur dann, wenn man den Nutzen
schwer in Geld bewerten kann, was bei Konsumgütern noch wenigstens über
die Zahlungsbereitschaft möglich war. Wie ist es aber beim Beruf, wo so
Kriterien wie Zufriedenheit beim Ausüben eine wichtige Rolle spielen? Oder
bei der Wahl des Wohnortes, wo neben den geldwerten Kriterien Lebenshaltungskosten, Fahrtkosten, Verdienstmöglichkeiten auch solche wie Freizeitwert, Versorgung mit öffentlichen Gütern, Klima oder Umgebung eine Rolle
spielen?
Betrachten wir einmal die Anzahl der Kinder: Während in Entwicklungsländern Kinder oft aus monetären Gründe gezeugt werden, um nämlich den Unterhalt der älteren Generationen zu finanzieren, wirft das „Investitionsgut“,
Kind in den seltensten Fällen monetäre Erträge ab (Vom Standpunkt der
Gesellschaft aus gesehen, könnte man die monetären Erträge als Differenz
zwischen jenem Betrag definieren, welchen die Kinder nach ihrem Eintritt
ins Erwerbsleben bis zum Tode zur Gütererzeugung in der Volkswirtschaft
leisten, abzüglich des Wertes jener Güter, die sie in diesem Zeitraum selber
konsumieren). Daher spielen andere Gesichtspunkte eine Rolle, wie z.B. das
Lohnniveau, besonders wenn Frauen vermehrt in den Arbeitsmarkt drängen. Aber auch die Sachausgaben (Babynahrung, Spielsachen, Designermode) sind gestiegen, womit insgesamt die Opportunitätskosten der Kindererziehung steigen. Dieses Problem ließe sich dann also mit Hilfe von Einkommens123
oder Substitutionseffekten erklären, wenn Kinder quasi ein „Konsumgut“ darstellen. In beiden Fällen (Investition oder Konsum), lässt sich der Rückgang
der Geburtenrate durchaus mit Hilfe des Modells rationaler Entscheidungen
erklären.
Betrachten wir einmal die Wahl des Partners: Ist es nicht das Ergebnis unserer freien Gesellschaft, dass wir den Partner rein nach Gefühl unabhängig
durch Gesetz, Tradition oder Klassenschranken wählen können? Spielen aber
Harmonie oder gleiche Interessen der Partner eine Rolle, welche zu einer eher
glücklichen Partnerschaft führen können, so lässt sich erklären, warum heute in den meisten Partnerschaften beide Partner aus einem annähernd gleichen ökonomischen Umfeld kommen. Offenbar handeln die Menschen rational, wenn sie ähnliche Partner präferieren, weil sie sich dadurch eine bessere
Stabilität der Partnerschaft versprechen. Ebenso spielen ja auch die Informationskosten eine Rolle. Dort, wo die Informationskosten relativ hoch sind,
wäre es rational, die Wahl auf bestimmte Kriterien einzuschränken, allein
aus Gründen der Effizienz. Damit lässt sich auch dieses Verhalten mit dem
Standardmodell rationalen Verhaltens erklären, was nicht bedeutet, dass das
Verhalten selbst rational ist im Sinne eines bewussten Abwägens.
Man mag es nicht glauben, aber selbst die Entscheidungen eines Süchtigen
lassen sich durch das Modell rationalen Entscheidungsverhaltens erklären.
Aber der Süchtige ist nicht frei in seiner Entscheidung. Er muss seine Sucht
befriedigen. Wird der Süchtige nicht trotzdem rational abwägen, ob er zunächst seine Sucht befriedigt oder zunächst andere Bedürfnisse in den Vordergrund stellt? Wird er nicht den preisgünstigsten Anbieter wählen? Die
Aussage, dass Preisänderungen bei normalen Gütern zu entgegengesetzten
Nachfrageänderungen führen, lässt sich auch auf Drogenmärkten beobachten. Anderenfalls wäre jede Drogenpolitik, welche die Nachfrage über die
Preise zu beeinflussen versucht, vergeblich. Der Unterschied zwischen einer
rein intuitiven Bewertung und einer solchen, die auf Rationalverhalten gründet, ist, dass in der ökonomischen Bewertung die Zielsetzung des Handelnden
nicht Gegenstand der Bewertung ist. Für den Nichtökonomen drückt sich die
Irrationalität des Süchtigen darin aus, dass er seiner Sucht nachgibt. Für den
Ökonomen handelt der Süchtige irrational, wenn er seine Ressourcen nicht so
einsetzt, dass er seine Bedürfnisse möglichst gut befriedigt. Die Bedürfnisse,
auch das Bedürfnis nach Suchtmitteln, betrachtet der Ökonom als gegeben
und nicht seiner Bewertung unterliegend.
124
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Erklärungswert eines gegebenen
Verhaltens durch das Modell des Rationalverhaltens nicht sofort verneint werden sollte. Auch ist dieses Modell nicht nur auf Entscheidungen anwendbar,
die unmittelbar in geldwerten Einheiten gemessen werden können. Allerdings
bereitet letzteres zusätzliche Schwierigkeiten.
4
Die Firma
Die Firma ist ein Wirtschaftssubjekt, das Güter für den Markt produziert.
Man kann sie sich als eine Transformationsinstitution vorstellen, die mit Hilfe von Produktionsfaktoren als Input bestimmte Güter als Output erzeugt.
Haushalte produzieren zwar auch Güter, aber nur für den eigenen Bedarf.
Öffentliche Haushalte produzieren Güter, die der Allgemeinheit ohne spezielles Entgelt zur Verfügung gestellt werden.
Mathematisch geht es darum wie bei den Haushalten, ein bestimmtes Ziel
zu erreichen unter bestimmten Restriktionen. Das Ziel der Firma stellt die
Maximierung des Gewinns innerhalb einer Produktionsperiode dar, die den
Zeitraum umfasst zwischen Aufnahme der Produktion bis zur Fertigstellung
der geplanten Produktmenge. Dabei muss sie eine technische und eine ökonomische Restriktion beachten. Die technische Restriktion zwingt sie zur
Anwendung effizienter Produktionstechniken, die durch eine Produktionsfunktion beschrieben wird, die als Variablen die Produktionsfaktoren besitzt
und eine bestimmte Produktmenge liefert. Eine Produktion ist nur dann effizient, wenn es kein alternatives Produktionsverfahren gibt, mit dem es gelingt, die gleiche Produktmenge mit weniger Inputfaktoren zu erzeugen, ohne
von irgendeinem anderen Produktionsfaktor eine größere Menge zu verbrauchen. Wir nehmen dies als gegeben an und betrachten ausschließlich effiziente
Produktionsverfahren. Die ökonomische Restriktion besteht in der Wahl der
Produktmenge bzw. der Inputfaktoren mit denen sie zu geringsten Kosten
herstellen kann. Aus der Vielzahl der effizienten Möglichkeiten, eine bestimmte Endproduktmenge zu erzielen, wird die gewinnmaximale Firma also genau diejenige auswählen, mit der das Produktionsziel zu geringsten Kosten
erreicht wird. Letztlich ergibt sich das Ziel der Gewinnmaximierung, indem
mit diesem kostenminimalen Verfahren die Produktmenge hergestellt wird,
die den Gewinn als Differenz zwischen dem Erlös (als Produkt der Produkt125
menge mal Marktpreis) und den Kosten, maximiert. Weitere Restriktionen
wären z.B. Finanzierungsrestriktionen oder Restriktionen, die sich aus dem
Verhalten der Konkurrenten ergeben. Von solchen Restriktionen wird abgesehen. Es wird unterstellt, dass die Firma jede Produktmenge zu dem am
Markt herrschenden Preis absetzen kann und jede Faktormenge zu den am
Markt geltenden Preisen einkaufen kann d.h. es besteht vollständige Information. Außerdem nehmen wir vereinfachend an, dass genau ein Produkt
hergestellt wird.
4.1
Die Produktionsfunktion
Die Produktionsfunktion beschreibt ein technisch effizientes Produktionsverfahren, mit dem bestimmte Inputs oder Inputfaktoren zu einem Output, der
erzeugten Produktmenge kombiniert werden. Als Inputfaktoren betrachten
wir hier nur den Faktor Arbeit L und den Faktor Kapital C (Maschinen, Fabrikhallen, Bürogebäude, etc.), die in bestimmten Mengen zu einem Output
Q führen:
(215)
Q = f (L, C, V L) .
Von den Vorleistungen (Rohstoffe oder Halbfabrikate, auch Hilfs- und Betriebsstoffe), die in die Produktion eingehen, wollen wir abstrahieren, um
das Problem so einfach wie möglich zu machen d.h.:
(216)
Q = f (L, C) .
Im Prinzip handelt es sich um Stromgrößen. Da wir aber eine bestimmte
fixe Periodenlänge betrachten (z.B. 1 Jahr), können wir diese auch durch Bestandsgrößen gedanklich ersetzen. Die Produktionsfunktion soll so allgemein
sein, dass sie für eine Reihe unterschiedlichster Produktionsprozesse (Autofabrik, Chemiefabrik, Bank, Arztpraxis, etc.) verwendbar ist. Obwohl die
Produktionsfunktionen zwischen verschiedenen Branchen sicher sehr unterschiedlich sind, gelten die allgemeinen Regeln, die im Folgenden dargestellt
werden, wohl für alle solche Produktionsfunktionen. Wir wollen uns im Einzelnen befassen mit der Wirkung bestimmter Faktormengenveränderungen
auf die Produktionsmenge. Dabei unterscheiden wir:
• proportionale oder totale Faktorvariation (alle Faktoren werden mit
einem konstanten Faktor multipliziert)
126
• partielle Faktorvariation (die Einsatzmenge eines einzelnen Faktors wird
variiert, während alle anderen konstant gehalten werden)
• substitutionale Faktorvariation (Bei konstanter Produktmenge (Output) wird untersucht, wie die Einsatzmenge eines Faktors durch die
eines anderen substituiert werden kann)
4.1.1
Totale Faktorvariation
Werden die Einsatzmengen aller Faktoren proportional erhöht, dann kann
der Output entweder unterproportional, proportional oder überproportional
steigen.
O u tp u t
s te ig e n d e S k a le n e rträ g e
k o n s ta n te S k a le n e rträ g e
s in k e n d e S k a le n e rträ g e
P ro p o rtio n a litä ts fa k to r
Man spricht von sinkenden, konstanten und steigenden Skalenerträgen. Die
Kurve, die den Output über den Proportionalitätsfaktor aufträgt, wird als
Niveauertragskurve bezeichnet. Die entsprechende Funktion heißt Niveauertragsfunktion. Ein Abfall des Outputs bei steigender Faktormenge wird
ausgeschlossen, da nur technisch effiziente Produktionsverfahren betrachtet
werden.
Die Annahme von homogenen, beliebig teilbaren und unbegrenzt verfügbaren
Produktionsfaktoren ist sicherlich sehr fraglich, da in der Realität Faktoren
(z.B. Arbeitnehmer) nicht beliebig teilbar sind und auch nicht unbegrenzt
zur Verfügung stehen. Zu steigenden Skalenerträgen kommt es z.B. dann,
wenn zuvor die Faktoren noch nicht ausgelastet waren d.h. es existierte z.B.
eine Fabrikhalle, in der noch zusätzliche Maschinen Platz haben. Zu sinkenden Skalenerträgen kann es kommen, wenn durch mehr Faktoren diese sich
127
gegenseitig behindern oder es zu „Überfüllung“ und der Behinderung des Arbeitsablaufes kommt.
Im Prinzip könnte man diesen Effekt auch durch Änderung der Produktionsverfahren modellieren, also durch Änderung der Produktionsfunktion selbst
beschreiben. Es handelt sich bei steigenden Skalenerträgen also quasi um
eine Änderung der Produktionsfunktion bei konstanten Skalenerträgen. Die
Betrachtung steigender bzw. fallender Skalenerträge ersetzt im Grunde eine
solche Theorie.
Eine wichtige Klasse von Funktionen ist die der homogenen Funktionen, für
die gilt:
µh Q = µh f (L, C) = f (µ L, µ C) .
(217)
Homogene Funktionen haben die Eigenschaft, dass sich für h = 1 konstante,
für h < 1 sinkende und für h > 1 steigende Skalenerträge ergeben. Umgekehrt
gilt dies jedoch nicht d.h. Produktionsfunktionen müssen nicht unbedingt homogen sein, um steigende, konstante oder sinkende Skalenerträge zu besitzen.
Davon bedeutend ist wiederum die linear-homogene Funktion mit h = 1. Betrachten wir nämlich streng monoton steigende Transformationen F (Q) einer
linear-homogenen Funktion, so lassen sich viele Eigenschaften wie steigende
(F ′ > 0, F ′′ > 0) und sinkende (F ′ > 0, F ′′ < 0) Skalenerträge abbilden, während dabei alle positiven Eigenschaften, die für linear-homogene Funktionen
gelten, geerbt werden. Streng monotone Transformationen F ′ (Q) > 0 einer
linear-homogenen Funktion bezeichnet man als eine homothetische Funktion.
Solche Funktionen stellen Verallgemeinerungen der homogenen Funktionen
dar, die die linear-homogene Funktion als Sonderfall enthalten.
Die Skalenelastizität wird ermittelt durch:
ǫQ,µ =
dQ
Q
dµ
µ
=
dQ µ
.
dµ Q
(218)
Sie ist bei einer homogenen Funktion aufgrund:
Q = µh Q̄ ⇒
dQ
dµ
= h µh−1 Q̄ ⇒
dQ µ
dµ Q
=h
gleich dem Homogenitätsgrad h.
128
Erfolgt die Produktion in einer Branche unter steigenden Skalenerträgen, so
besteht die Gefahr der Bildung eines natürlichen Monopols, da mit steigender Größe des Unternehmens die Kosten (als Spiegelbild des Outputs) unterproportional zunehmen. Nach einer Untersuchung von Douglas hatten die
meisten Unternehmen der untersuchten Branchen im Zeitraum 1900-1922 in
der amerikanischen Wirtschaft allerdings konstante Skalenerträge.
4.1.2
Partielle Faktorvariation
Wird in der Produktionsfunktion ein Faktor konstant gehalten und der andere variiert, so wird aus der Produktionsfunktion eine Ertragsfunktion z.B.:
(219)
Q = g(L) = f (L, C̄) .
Die entsprechende Kurve heißt Ertragskurve. Die partielle Ableitung nach
dem variablen Faktor führt zur Grenzertragsfunktion:
∂Q
= g ′ (L) .
(220)
∂L
Die Durschnittsertragsfunktion wird bestimmt durch:
Q
g(L)
=
(221)
L
L
und ergibt die Durchschnittsertragskurve. Der Durchschnittsertrag wird oft
als Produktivität bezeichnet d.h. die Arbeitsproduktivität entspricht dem
Output pro eingesetzter Arbeitseinheit. Wir wollen im weiteren 4 wichtige
Produktionsfunktionen behandeln.
4.1.3
Partielle Faktorvariation-lineare Produktionsfunktion
Eine lineare Produktionsfunktion lautet:
Q = αL + βC
mit α, β > 0 .
(222)
Bei partieller Faktorvariation gilt:
∂Q
Q
C̄
Q = α L + β C̄ ,
= α,
=α+β
.
(223)
∂L
L
L
Der Grenzertrag ergibt sich über die Steigung der Ertragskurve und ist hier
konstant. Der Durchschnittsertrag ergibt sich als Steigung des Fahrstrahls zur
Ertragskurve vom Ursprung aus (Winkel γ). Dort, wo der Grenzertrag abnimmt, muss der Durchschnittsertrag auch abnehmen. In diesem Fall läuft die
Durchschnittsertragskurve asymptotisch gegen die Grenzertragskurve, wobei
sie bei L → 0 eine unendliche Steigung besitzt.
129
D u rc h s c h n itts e rtra g s k u rv e
E rtra g
a
b C
a
E rtra g s k u rv e
G re n z e rtra g s k u rv e
g
A rb e it
4.1.4
Partielle Faktorvariation-linear-limitationale Produktionsfunktion
Auch hier besteht zwischen Input und Output eine lineare Beziehung, aber
der Output wird bestimmt durch den Engpassfaktor. Diese Faktorproduktivität sei πL (oder πC ). Deren Kehrwert π1 wird auch als Inputkoeffizient
bezeichnet.
E rtra g
p
A rb e it
K a p ita l
is t E n g p a s s fa k to r
E rtra g s k u rv e
L
p
D u rs c h n itts e rtra g s k u rv e
L
p C C
p L
G re n z e rtra g s k u rv e
A rb e it
Die Produktionsfunktion lautet:
Q = min{πL L, πC C} .
(224)
Unterhalb einer Grenze lässt sich z.B. durch Steigung von L bei konstantem
130
C̄ der Output vergrößern:
Q = πL L für πL L ≤ πC C̄ .
(225)
Der Grenzertrag und Durchschnittsertrag lautet πL .
Links von der optimalen Menge πC C̄ = πL L wird Kapital verschwendet,
rechts davon der Faktor Arbeit. Folglich gehört streng genommen nur diese
optimale Menge zur Produktionsfunktion, da alle anderen Produktionsverfahren technisch ineffizient sind.
4.1.5
Partielle Faktorvariation-neoklassische Produktionsfunktion
Neoklassische Produktionsfunktionen besitzen einen fallenden Grenzertrag.
Die Ertragskurve ist also konkav gekrümmt und die Durschnittsertragskurve
liegt oberhalb der Grenzertragskurve. Es gilt also:
1. positive Steigung:
Q Q
,
L C
> 0.
2. abnehmendes Grenzprodukt, also: QLL , QCC < 0.
E rtra g
a
b
E rtra g s k u rv e
g > b
D u rc h s c h n itts e rtra g s k u rv e
a
G re n z e rtra g s k u rv e
g
A rb e it
Eine neoklassische Produktionsfunktion hat große Bedeutung in der Mikroökonomik. Es ist intuitiv einsichtig, dass bei geeignet großer Steigerung der
Einsatzmenge eines Faktors - bei Konstanz aller übrigen Faktoren - der Ertragszuwachs kleiner werden und schließlich gegen null konvergieren muss.
Ein anderer Fall tritt ein, wenn die verwendete Einsatzmenge eines Faktors
mit einer Änderung der Produktionstechnik einhergeht. Diesen Fall schließen
wir aber aus, da die Produktionsfunktion als unverändert angenommen wird.
131
4.1.6
Partielle Faktorvariation-ertragsgesetzliche Produktionsfunktion
Ertragsgesetzliche Produktionsfunktionen unterscheiden sich von neoklassischen Produktionsfunktionen dadurch, dass bei hinreichendem Einsatz eines
Faktors
L > L1 (C̄) (bzw. C > C1 (L̄)) der Grenzertrag ebenfalls abnimmt d.h.
QLL < 0 (bzw. QCC < 0),
für geringe Einsatzmengen
L < L1 (C̄) (bzw. C < C1 (L̄)) hingegen die Grenzprodukte steigend sind d.h.
QLL > 0 (bzw. QCC > 0).
E rtra g
G re n z e rtra g s k u rv e
E rtra g s k u rv e
D u rc h s c h n itts e rtra g s k u rv e
g
L
1
L
2
A rb e it
Die Ertragskurve hat einen S-förmigen Verlauf. Grenzertrags- und Durchschnittsertragskurve haben einen umgekehrten U-förmigen Verlauf. Bei L1
befindet sich der Wendepunkt der Ertragskurve, der den steigenden vom fallenden Bereich abgrenzt. Folglich nehmen die Grenzerträge ab L1 ab, während sie in L1 ihr Maximum erreichen. Dort, wo der Durchschnittsertrag
(Steigung des Fahrstrahls vom Ursprung) mit der Steigung der Ertragskurve übereinstimmt (L2 ), sind Grenzertrag und Durchschnittsertrag identisch.
Da die Grenzerträge rechts von L1 abnehmen, muss der Durchschnittsertrag
auch rechts von L2 abnehmen, da, wenn jede marginale Einheit geringeren
Ertrag abwirft, automatisch auch der Durchschnittsertrag abnehmen muss.
132
4.1.7
Substitionale Faktorvariation
Es kann der Fall auftreten, dass ein Faktor durch einen anderen ersetzt (substituiert) werden soll. Je nach Produktionsfunktion ist der Grad der Substituierbarkeit unterschiedlich. Dazu betrachten wir so genannte Isoquanten,
die das Verhältnis der Faktormengen bei gegebener Outputmenge abbilden:
(226)
L = g(C, Q̄) .
A rb e it
D L
D C
Q
Q
2
1
K a p ita l
Die Grenzrate der Substitution des Faktors Arbeit durch den Faktor Kapital
wird durch den Anstieg der Isoquante bestimmt. Die Grenzrate der Substitition ist negativ, das der Einsatz des Faktors Arbeit sinkt, wenn der des
Faktors Kapital erhöht wird. Es gilt:
dQ =
∂f
∂f
dL +
dC = 0 .
∂L
∂C
(227)
Also gilt für die Steigung der Isoquante:
dL fc
=−
.
dC Q̄
fL
(228)
Definieren wir:
GRS(L, C) := −
dL ,
dC Q̄
(229)
dann ist die GRS positiv. Da f (L, C) eine Funktion der Faktoren ist, ist
die GRS nicht konstant, sondern ändert sich mit dem Einsatzverhältnis der
133
Faktoren. Dass die GRS abnimmt, wenn bereits eine große Menge eines Faktors vorhanden ist, bezeichnet man dies auch als das Gesetz von der abnehmenden Grenzrate der Substitution. Dies folgt aus der Abnahme der Grenzprodukte eines Faktors (fLL , fCC < 0) und dem steigenden Grenzprodukt
eines Faktors, wenn die Einsatzmenge eines anderen Faktors erhöht wird
(fLC , fCL > 0), denn:
∂ ffCL
∂GRS(L, C)
fL fCC − fC fLC
=
=
<0.
∂C
∂C
(fL )2
(230)
Unter dieser Annahme besitzt die Produktionsfunktion konvexe Isoquanten.
Man erkennt Parallelen zur Haushaltstheorie, aber im Unterschied dazu ist
die Produktmenge kardinal messbar (Nutzen dort ordinal messbar) und die
Firma verfolgt auch nicht das Ziel der Outputmaximierung (dort Nutzenmaximierung).
4.1.8
Die Substitutionselastizität
Die Krümmung der Isoquanten drückt aus, wie “leicht“ oder wie „schwer“ ein
Faktor gegen einen anderen ausgetauscht werden kann. Ein Maß dafür ist die
Substitutionselastizität ǫsub . Sie gibt die prozentuale Änderung des Faktoreinsatzverhältnisses an, die mit einer prozentualen Änderung der Grenzrate
der Substitution einhergeht:
ǫsub (L, C) =
d(L/C)
L/C
d(fC /fL )
fC /fL
=
d(L/C) fC /fL
>0.
d(fC /fL ) L/C
(231)
Sowohl der Nenner als auch der Zähler nehmen ab, wenn mit sinkendem Faktoreinsatzverhältnis die GRS abnimmt. Damit ist ǫsub positiv. ǫsub ist keine
Konstante, sondern entlang der Kurve veränderlich. Lediglich bei der Klasse
der CES-Funktionen ist ǫsub konstant. Je steiler die Isoquante gekrümmt ist,
desto kleiner ist ǫsub .
• Bei linearer Produktionsfunktion (a) ist ǫsub = ∞, da die Substitution
perfekt ist.
• Bei neoklassischen Funktionen gilt 0 < ǫsub < ∞. (c) ist stärker gekrümmt als (b).
• Bei ertragsgesetzlichen Funktionen ist nur der Bereich sinnvoll, in dem
fC , fL > 0 ist. Auch hier gilt 0 < ǫsub < ∞.
134
• Bei linear-limitationalen Funktionen ist ǫsub = 0, da keine Substitution
möglich ist. Streng genommen besteht diese Funktion nur aus einem
Punkt, da nur dieser eine effiziente Produktion beschreibt.
A rb e it
e
d
a
b
c
K a p ita l
Wird der Begriff des Faktors eng genug definiert, so kann die Substitutionselastizität zwischen den Faktoren sehr groß sein, Man denke an die Substitution von „Männerarbeit“ durch „Frauenarbeit“ . Dies kann durch lineare
Produktionsfunktionen gut abgebildet werden. Das andere Extrem stellen
linear-limitationale Produktionsfunktionen dar, bei denen die Substitution
unmöglich ist. Man denke hier an die chemische Industrie, wo die Faktormengen in exakt festgelegten Proportionen eingesetzt werden oder bei kurzfristigen Bedingungen, wo die Kopplung zwischen Faktoren noch sehr starr ist. Bei
der chemischen Industrie z.B. findet die Substitution dann nicht innerhalb
eines Produktionsverfahrens, sondern zwischen den Verfahren statt. In der
Mikroökonomik bedient man sich allerdings eher substitutionalen Produktionsfaktoren. In der Betriebswirtschaftslehre modelliert man Produktionsprozesse dagegen sehr häufig durch linear-limitationale Produktionsfunktionen.
4.1.9
Spezielle Produktionsfunktionen
Wir wollen im Folgenden noch einmal die bisher behandelten Produktionsfunktionen zusammenfassen und ihre Ertragskurven und Isoquanten grafisch
darstellen. Danach werden wir zwei spezielle wichtige Sonderfälle, nämlich
135
die Cobb-Douglas- und die CES-Funktion detailliert besprechen.
A rb e it
E rtra g
K a p ita l
A rb e it
Abbildung 4: Ertragskurven und Isoquanten einer linearen Produktionsfunktion.
A rb e it
E rtra g
A rb e it
K a p ita l
Abbildung 5: Ertragskurven und Isoquanten einer linear-limitationalen Produktionsfunktion.
Wollen wir ein bestimmtes Produktionsverfahren modellieren, so müssen
wir bestimmten Produktionsfunktionen wählen und deren Parameter schätzen. Letzteres wird mit den Methoden der empirischen Wirtschaftsforschung,
insbesondere den Methoden der Ökonometrie, möglich. Die Ökonometrie
hat auch eine Reihe von Verfahren entwickelt, mit denen bestimmt werden kann, wie zuverlässig derartige Schätzungen sind. Die Kombination von
Substitutions- und Skalenelastizität bei einigen wichtigen Produktionsfunktionen ist in der folgenden Tabelle angegeben:
136
A rb e it
E rtra g
K a p ita l
A rb e it
Abbildung 6: Ertragskurven und Isoquanten einer neoklassischen Produktionsfunktion.
A rb e it
E rtra g
K a p ita l
Abbildung 7: Ertragskurven und Isoquanten einer ertragsgesetzlichen Produktionsfunktion.
=0
=1
0<·<∞
0<·<∞
linearlimitational
neoklassisch
ertragsgesetzlich
Cobb-Douglas
CES
×
×
Cobb-Douglas
CES
×
Cobb-Douglas
CES
×
ǫsub
ǫQ,µ
>1
=1
<1
4.1.10
=∞
linear
×
-
Die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion
Für zwei Faktoren hat diese Funktion die Form:
Q = f (L, C) = γ Lα C β
mit α, β, γ > 0 .
137
(232)
Die Produktionselastizitäten lauten:
∂Q
∂L
Q
L
= α bzw.
∂Q
∂C
Q
C
(233)
=β .
Q
ist das Grenzprodukt des Faktors Arbeit. Für ǫsub folgt mit:
L
fC = β γ Lα C β−1 = β
∂
∂
L
dL dC
C
=
−
,
L
L
C
C
fC
βL
∂
fL
αC
= βL =
fC
fL
αC
f
,
C
fL = α γ Lα−1 C β = α
f
,
L
(234)
(235)
dL dC
−
.
L
C
(236)
ǫsub = 1.
Die Wahl einer Cobb-Douglas-Funktion zur Beschreibung der Gesetzmäßigkeiten eines Produktionsprozesses schränkt die Wahl der darauf basierenden Aussagen nicht unerheblich ein. Erst wenn eine Schätzung ergibt, dass
die Substitutionselastizität in der Nähe von eins liegt, kann man mit der mathematisch einfachen Cobb-Douglas-Funktion arbeiten.
Die Skalenelastizität ermittelt sich gemäß:
ǫQ,µ =
dQ
dµ
Q
µ
(237)
.
Da
f (µ L, µ C) = γ (µ L)α (µ C)β = γ µα+β Lα C β = f (L, C) µα+β ,
(238)
ist
ǫQ,µ =
α + β µα+β−1 f
=α+β .
µα+β−1 f
(239)
Für α+β = 1 besitzt diese Produktionsfunktion also konstante Skalenerträge.
Außerdem ist die Cobb-Douglas-Funktion homogen, wie (238) beweist.
Der Homogenitätsgrad ist h = α + β.
138
4.1.11
Die CES-Produktionsfunktion
Die CES-Funktion lautet:
h
(240)
Q = γ [α L−ρ + (1 − α) C −ρ ]− ρ .
CES steht für Constant Elasticity of Substitution. α (0 < α < 1) ist ein
Kompositionsfaktor, ρ > −1 bestimmt die Substitutionselastizität, h > 0
den Homogenitätsgrad und γ > 0 ist eine Niveaukonstante.
Der Homogenitätsgrad ermittelt sich tatsächlich zu:
h
Q(µ L, µ C) = γ [α (µ L)−ρ + (1 − α) (µ C)−ρ]− ρ
h
= γ [µ−ρ (α L−ρ + (1 − α) C −ρ )]− ρ = µh Q(L, C) . (241)
Die Substitutionselastizität ergibt sich zu:
1
.
ǫsub =
1+ρ
(242)
Für ρ → −1 wird die CES-Funktion zu einer linearen Funktion:
(243)
Q = γ [α L + (1 − α) C]
mit ǫsub = ∞. Für ρ → 0 ergibt sich die Cobb-Douglas-Funktion, für
ρ → ∞ geht die CES-Funktion in eine linear-limitationale Funktion über.
Die CES-Funktion enthält also die lineare, die linear-limitationale und die
Cobb-Douglas-Funktion als Spezialfälle.
Ist der Wert der Substitutionselastizität unbekannt, so sollte man lieber mit
einer Produktionsfunktion arbeiten, welche unterschiedliche Werte zulässt.
Die Verallgemeinerung der CES-Funktion auf eine VES-Funktion (Variable
Elasticity of Substitution) ist ebenso möglich.
4.1.12
Homogene und homothetische Produktionsfunktionen
Bei homogenen Funktionen hängt die Grenzrate der Substitution nicht vom
Niveau der Produktion ab, sondern nur von Faktoreinsatzverhältnis. Das bedeutet, dass im L−C-Diagramm auf einer Ursprungsgeraden (der so genannten Isoklinen), auf der definitionsgemäß das Faktoreinsatzverhältnis konstant
ist, die GRS in allen Schnittpunkten mit Isoquanten, die durch diese Gerade
139
geschnitten werden, gleich sind. Kennt man die GRS für ein Outputniveau
und bleibt das Faktoreinsatzverhältnis konstant, so kennt man die GRS für
jedes Outputniveau.
A rb e it
Is o k lin e 1
Is o k lin e 2
K a p ita l
Die Abstände zwischen den Isoquanten geben den Zuwachs der Produktmengen wieder. Bei konstanten Skalenerträgen (h = 1) sind die Abstände
untereinander proportional. Ist der Homogenitätsgrad größer als 1, so liegen
steigende Skalenerträge vor. Dort werden die Abstände kleiner (dichter werdende Isoquanten), während bei einer unterproportionalen Steigerung (sinkende Skalenerträge) die Abstände überproportional zunehmen. Die Menge
der linear-homogenen Funktionen (Beispiele sind die lineare und die linearlimitationale Produktionsfunktion) stellt einen Sonderfall dar. Durch eine
streng monoton steigende Transformation geht die linear-homogene Funktion in eine so genannte homothetische Funktion über. Die homothetische
Funktion stellt eine Verallgemeinerung der linear-homogenen Funktion dar,
da sie sowohl steigende, sinkende oder konstante Skalenerträge haben kann.
Wenn man nicht sicher ist, ob die Annahme der Linear-Homogenität problemadäquat ist, man aber eine vom Faktoreinsatzverhältnis abhängige GRS
für plausibel hält, sollte man der Analyse eine homothetische Funktion zu
Grunde legen.
140
4.2
Kostenfunktionen
Die Kostenfunktion beschreibt den Zusammenhang zwischen der Produktmenge und den Kosten, die minimal nötig sind, um diese Produktmenge zu
erzeugen. Nur jene Kombination der Faktoreinsatzmengen, welche die niedrigsten Kosten verursacht, ist Bestandteil der Kostenfunktion. Neben der
technischen Effizienz des Produktionsverfahrens ist also auch die Minimalkostenkombination notwendig für das Ziel der Gewinnmaximierung. Wir unterscheiden die lange Frist, in der alle Faktoren veränderlich sind und die
kurze Frist, wo mindestens ein Faktor fix ist. Die Preise der Produktionsfaktoren werden als exogen angenommen. Außerdem kann die Firma jeden
Faktor, den es wünscht, beschaffen (Das Faktorangebot ist vollkommen elastisch).
Kosten werden definiert als Opportunitätskosten, also anders als im buchhalterischen Sinne. So ist der Unternehmerlohn im buchhalterischen Sinne als
Residualgröße, also als Differenz des Gewinns und den Kosten definiert. Im
ökonomischen Sinne wird der Unternehmerlohn als Bestandteil der Kosten
betrachtet. Die Aussage „Der Gewinn ist null!“ bedeutet, dass der Unternehmer so entlohnt wird, wie es in einer alternativen Verwendung seiner Arbeitszeit möglich wäre. Auch die Kosten für das Sachkapital und den Arbeiterlohn
ermitteln sich nach deren Opportunitätskosten, die sich bei gemietetem Sachkapital als den höchsten Mietpreis ergeben, der anderswo dafür erzielt werden
könnte. Auch der Arbeiterlohn bestimmt sich nach den Opportunitätskosten.
Das Unternehmen wird nicht bereit sein, eine Rente zu zahlen, um den Arbeitnehmer in seiner Position zu halten (unter der Annahme vollständiger
Information). Eine negative Rente ist auch nicht möglich, da der Arbeitnehmer wohl seine Stelle wechseln würde.
Desweiteren unterscheidet man interne (private) und externe Kosten. Externe Kosten sind solche, die das Unternehmen üblicherweise zu einem Preis
von null erhält, wie z.B. die Umweltfaktoren Luft, Wasser, Boden. Externe
Kosten werden von der Gesellschaft als Ganzer getragen.
Manche Kapitalleistungen können nur in einer Verwendung gebraucht werden. Sind sie einmal abgeschrieben, bezeichnet man sie als versunkene Kosten
(sunk costs), da deren Opportunitätskosten definitionsgemäß null sind. Sie
stellen keine Kosten im ökonomischen Sinne dar.
141
4.2.1
Langfristige Kostenkurven
Die Kosten K ermitteln sich nach:
(244)
K = IL+rC ,
wobei I und r die Kosten der Faktoren Arbeit und Kapital darstellen. Die Isoquanten, die das Faktoreinsatzverhältnis bei gegebener Produktmenge darstellten, seien gegeben durch:
(245)
L = g(Q, C) .
Das Optimum ist dort, wo die Kostengerade
L=
1
r
K− C
I
I
(246)
eine Isoquante tangiert. Folglich stimmt die Steigung der Kostengeraden
dK = I dL + r dC = 0 ⇒
dL
r
=−
dC
I
(247)
mit der Steigung der Isoquanten
dQ =
∂f
dL
fC
∂f
dL +
dC = 0 ⇒
=−
.
∂L
∂C
dC
fL
(248)
überein.
A rb e it
K
I
b
a
c
K
Q = k o n s t.
142
r
K a p ita l
Im Kostenminimum muss also gelten:
r
fC
=
.
(249)
I
fL
Dies ist im Punkt a der Fall. In den Schnittpunkten b und c sind die Kosten, wie man sehen kann, größer. Die Menge der beiden Faktoren werden so
gewählt, dass das Verhältnis der Grenzprodukte gleich dem Verhältnis der
Faktorpreise ist. Werden die optimalen Punkte untereinander verbunden, erhält man den Expansionspfad.
A rb e it
K
5
K
4
K
E x p a n s io n s p fa d
3
K
K
2
1
Q
1
Q
2
Q
3
Q
Q
5
4
K a p ita l
Es gibt die kostenminimalen Faktorkombinationen an. Aufgetragen über die
Produktionsmenge, ergibt sich die Kostenkurve.
K o s te n
K (Q )
M e n g e
Bei homothetischen Funktionen (streng monotone Transformation einer linearhomogenen Funktion) ist das Faktoreinsatzverhältnis auf einem Fahrstrahl
143
durch den Ursprung konstant. Definitonsgemäß sind die GRS (als Steigung
der Tangenten an die Isoquanten) entlang der Geraden immer identisch. Die
optimalen Punkte müssen also immer auf einer Geraden liegen. Mithin muss
der Expansionspfad eine Gerade sein. Bei linear-homogener Funktion sind
die Abstände der Isoquanten untereinander gleich. Also ist auch die Kostenkurve bei linear-homogenen Produktionsfunktionen eine Gerade.
Der Fall des Rückgangs eines Faktors bei steigendem Output ist im Prinzip
auch möglich. In diesem Fall würde der Expansionspfad wie folgt aussehen:
A rb e it
E x p a n s io n s p fa d
K a p ita l
Man spricht hier von inferioren Inputs.
Das gleiche Ergebnis erhalten wird durch die Anwendung des LagrangeVerfahrens. Die Lagrange-Funktion lautet:
Λ = I L + r C + λ (Q − f (L, C)) .
(250)
Die Bedingungen erster Ordnung lauten:
∂Λ
= I − λ fL = 0 ,
∂L
∂Λ
= r − λ fC = 0,
∂C
∂Λ
= Q − f (L, C) = 0 .
∂λ
Daraus folgt:
I
fL
=
r
fC
und λ =
(251)
(252)
(253)
I
r
=
.
fL
fC
144
(254)
Der Lagrange-Multiplikator ist gleich den Grenzkosten, da gilt:
dK = I dL + r dC = λ (fL dL + fC dC) = λ dQ ,
(255)
also eben:
λ=
dK
.
dQ
(256)
Werden die Faktoren von der Outputmenge und den Faktorpreisen abhängig
gemacht, so erhält man die bedingten Faktornachfragefunktionen:
L∗ = L(I, r, Q) bzw. C ∗ = C(I, r, Q) .
(257)
Die langfristige Kostenfunktion lautet in allgemeiner Form:
K = I L∗ + r C ∗ = K(I, r, Q) .
(258)
Sie hat folgende Eigenschaften:
a) Die Grenzkosten nehmen immer zu, d.h.:
∂K
>0.
∂Q
(259)
b) Die Kosten nehmen bei steigenden Faktorpreisen zu:
∂K
≥0,
∂I
∂K
≥0.
∂r
(260)
Wird ein Faktor vollständig durch einen anderen ersetzt, so gilt in diesem Fall das Gleichheitszeichen.
c) Die Kostenfunktion ist linear-homogen in den Faktorpreisen d.h.
K(α I, α r, Q) = α K(I, r, Q) .
(261)
Anhand der folgenden Cobb-Douglas-Funktion:
Q = Lα C β
(262)
soll das Verfahren kurz erläutert werden.
145
Die Lagrangefunktion und die Bedingungen erster Ordnung lauten:
Λ = I L + r C − λ[Q − Lα C β ] ,
∂Λ
Q
= I +λα ,
∂L
L
Q
∂Λ
= r +λβ
.
∂C
C
(263)
(264)
(265)
Das optimale Faktoreinsatzverhältnis ermittelt sich als:
L=
α r
C.
β I
(266)
Setzt man dies in Q = Lα C β ein, so gilt:
αr
β I
Q=
!α
C α+β .
(267)
Aufgelöst nach C folgt:
C=Q
1
α+β
αr
βI
!−
αr
βI
!
α
α+β
(268)
,
bzw.
L=Q
1
α+β
β
α+β
(269)
.
Also lautet die Kostenfunktion:

K = I
αr
βI
!
β
α+β
+r
αr
βI
!−
α
α+β


1
Q α+β .
(270)
Wird α + β = 1 angenommen, so gilt in diesem Spezialfall:

K = I
αr
βI
!β
+r
αr
βI
!−α 

Q.
(271)
Die Kosten sind also proportional zur Produktmenge. Bei konstanten I, r,
α, β ist die Kostengerade also eine Gerade durch den Ursprung. Diese Eigenschaft gilt für jede Produktionsfunktion mit konstanten Skalenerträgen.
146
4.2.2
Langfristige Gesamt-, Grenz- und Durchschnittskostenkurven
Langfristig sind alle Faktoren variabel. Um das Problem zu vereinfachen,
unterstellen wird totale Faktorvariation. Bei totaler Faktorvariation bleibt
das Faktoreinsatzverhältnis konstant. Bei homothetischen Funktionen ist der
Expansionspfad eine Gerade durch den Ursprung, wenn sich die Faktoreinsatzmengen proportional verändern.
Der Zusammenhang zwischen einer Produktionsfunktion mit sinkenden, konstanten oder steigenden Skalenerträgen auf die entsprechenden Kostenkurven
ist im Prinzip spiegelbildlich. Dort, wo economies of scale vorliegt, wo also die Produktion unter steigenden Skalenerträgen stattfindet, nehmen die
Kosten unterproportional zu. Bei diseconomies of scale, also bei fallenden
Skalenerträgen, nehmen die Kosten überproportional zu. Es gilt also für die
Kostenfunktion:
K o s te n
s in k e n d e
S k a le n e rträ g e
k o n s ta n te
S k a le n e rträ g e
s te ig e n d e
S k a le n e rträ g e
M e n g e
Wichtig für die Theorie ist aber nicht die absolute Höhe der Kosten, sondern
sind die Grenz- und die Durchschnittskosten. Sie ergeben sich als:
∂K
= K ′ Steigung der Kostenkurve ,
(272)
∂Q
K
DK =
Steigung des Fahrstrahls zur Kostenkurve . (273)
Q
GK =
Bei überproportional steigenden Kosten (sinkende Skalenerträge) gilt DK <
GK, da die Steigung der konvexen Kostenkurve größer ist als der Anstieg
des Fahrstrahls. Die Kostenkurve beginnt im Ursprung und hat bei Q = 0
147
eine endliche Steigung verschieden von null. Hätte die Kostenkurve nämlich
eine Steigung von null, dann würde dies zu Beginn einem Anstieg der Ertragskurve von unendlich entsprechen, was sicher sehr selten ist (unendliche
Grenzprodukte). Also starten die Grenz- und Durchschnittkostenkurve ab
einem endlichen Wert auf der Ordinate und steigen mit zunehmender Outputmenge, da die Kostenkurve konvex ist.
K o s te n
K (Q )
G K
D K
M e n g e
Bei unterproportional zunehmenden Kosten (steigende Skalenerträge) nehmen die Grenz- und Durchschnittskosten ab. Außerdem ist die Kostenkurve
konkav und daher liegen die Grenzkosten unter den Durchschnittskosten.
K o s te n
K (Q )
D K
G K
M e n g e
Bei konstanten Skalenerträgen ist die Kostenfunktion eine Gerade und die
Grenz- und Durchschnittskosten sind konstant.
148
K o s te n
K (Q )
D K = G K
M e n g e
Bei ertragsgesetzlicher Form der Niveauertragskurve (homothetische Funktion) nehmen die Durchschnittskosten zunächst ab, bis sie dort, wo der Fahrstrahl vom Ursprung die Kostenkurve tangiert, ein Minimum annehmen und
dann wieder wachsen. In diesem Minimum sind Grenz- und Durchschnittskosten identisch. Da die Steigung der Kostenkurve vor dem angesprochenen
Minimum kleiner ist als der Anstieg des Fahrstrahls, liegt die Grenzkostenkurve unter der Durchschnittskostenkurve. Dort, wo die Durchschnittskosten
wieder ansteigen, sind die Grenzkosten größer als die Durchschnittskosten.
K o s te n
K (Q )
G K
D K
M e n g e
Im Minimum der Durchschnittskosten produziert die Firma in ihrem Betriebsoptimum. Daher sind homothetische Funktionen mit zunächst steigenden
und dann sinkenden Skalenerträgen von besonderem theoretischen Interesse.
Dass im Minimum der langfristigen DK-Kurve GK = DK gilt, lässt sich
149
leicht nachweisen:
dK
−K
Q ∂K
∂K
K
Q
∂Q
=
=0⇒
=
.
2
dQ
Q
∂Q
Q
4.2.3
(274)
Auswirkungen von Faktorpreisänderungen auf die Lage der
langfristigen Kostenkurve
Ändern sich die Faktorpreise proportional, dann ändert sich nicht die Steigung der Kostengerade, da Kosten und Faktorpreise um den selben Prozentsatz zunehmen und sich der Proportionalitätsfaktor herauskürzt. Folglich
bleibt auch der Expansionspfad unverändert. Lediglich die Kostenkurve ändert sich, da die Kosten höher sind bei konstanter Produktmenge (einfach
eine andere Skalierung auf der Output-Achse).
Wird die Produktmenge selbst geändert, so kann es wegen der Kostensteigerung zu einer Preissteigerung kommen, da das Unternehmen weniger oder
auch mehr anbietet und sich daher ein neues Marktgleichgewicht einstellt.
Dann kann es aber zu einem Nachfragerückgang und daher zu einer Produktionseinschränkung kommen. Im Sonderfall der homothetischen Funktionen ändert sich das Faktoreinsatzverhältnis der Minimalkostenkombination
bei Änderung der Produktmenge nicht. Bei anderen Produktionsfunktionen
kann es sein, dass eine Substitution des einen durch einen anderen Faktor
stattfindet.
Steigt lediglich ein Faktorpreis, so hängt die Auswirkung davon ab, ob der
Faktor „normal“ ist (vermehrter Einsatz bei Outputsteigerung) oder inferior
(verminderter Einsatz bei Outputsteigerung). Bei homothetischen Funktionen (Expansionspfad ist eine Gerade) können beide Faktoren nur normal sein.
Im Fall der soeben behandelten Cobb-Douglas-Funktion gilt bei α+β = 1:

αr
βI

!β
K = I
α
= 
β
!β
+r
r β I 1−β
αr
βI
!−α 

α
+
β
!−α
(275)
Q,

r 1−α I α  Q .
(276)
Steigt der Faktorpreis proportional, so gilt definitionsgemäß:
(277)
µ K = K (µ r, µ I, Q) .
150
Bei Kostenanstieg von nur einem Faktor gilt:

∂K  α
=
∂I
β
!β
α
r β I −β (1 − β) +
β
!−α

r 1−α I α−1 α Q > 0 .
(278)
Die Kosten steigen also mit steigendem Faktorpreis. Bei konstanten Skalenerträgen (wie bei linear-homogenen Funktionen) ist dies trivial:
K o s te n
K
2
(Q )
I s te ig t
K
1
(Q )
M e n g e
Bei einer ertragsgesetzlichen Form der Niveauertragskurve (wie bei homothetischen Funktionen) verlagern sich die GK- und DK-Kurven nach oben.
Daher kann sich auch das Minimum der DK- und GK-Kurven ändern. Das
wiederum hängt aber von dem gesamten Verlauf der Produktionsfunktion ab
und lässt sich nicht einfach vorhersagen.
Man kann sagen, dass die Niveauertragskurve und die zugehörige langfristige
Kostenkurve spiegelbildlich sind. Speziell bei homothetischen Funktionen gilt
folgender Zusammenhang:
ǫK,Q =
∂K Q
1
=
.
∂Q K
ǫQ,µ
(279)
Dies kann leicht nachgewiesen werden. Denn es gilt für eine homogene Funktion mit Homogenitätsgrad h nach (90), (256) und (254):
λ
1
K
IL+rC
Q
=
⇔ λ=
⇔λ=
K
h
hQ
L fL + C fC
IL+rC
K
⇔ λ= I
λ.
r ⇔ λ =
K
Lλ +C λ
151
(280)
(281)
4.2.4
Kurzfristige Kostenfunktionen
Ist die Periode kurz, dann kann es ein, dass die Einsatzmenge eines der beiden
Faktoren nicht verändert werden kann. Dann lässt sich die langfristig erreichbare Minimalkostenkombination nicht erreichen. Stimmt die Faktormengenkombination dennoch mit der langfristig erreichbaren Faktormengenkombination überein, so stimmen langfristige und kurzfristige Kosten überein. Rechts
und links von diesem optimalen Punkt sind die kurzfristigen Kosten größer
als die langfristigen Kosten. Bei einer linear-homogenen Produktionsfunktion
sähe das z.B. wie in der folgenden Abbildung aus:
K o s te n
K
Q
Q
1
Q
2
k
K
l
M e n g e
3
Bei der Menge Q2 sind kurz- und langfristige Kosten identisch. Links und
rechts davon sind die kurzfristigen Kosten höher, da nur der variable Faktor
variiert werden kann. Dies lässt sich leicht zeigen:
A rb e it
k u rz fris tig e r
E x p a n s io n s p fa d
la n g fris tig e r
E x p a n s io n s p fa d
Q
Q
Q
2
3
1
K a p ita l
152
Die kurzfristige Faktormengenkombination ist bei Q2 auf dem langfristigen
Expansionspfad (hier eine Gerade, da eine linear-homogene Produktionsfunktion betrachtet wird). Bei den Outputmengen Q1 und Q3 können jedoch nur
diejenigen Faktormengen gewählt werden, die auf dem kurzfristigen Expansionspfad liegen. Wie man anhand der Kostengeraden erkennen kann, sind
die Kosten höher als diejenigen Faktormengenkombinationen, die auf dem
langfristigen Expansionspfad liegen (weil dort definitionsgemäß die Minimalkosten vorhanden sind). Im Allgemeinen ist die langfristige Kostenkurve also
immer die Einhüllende der kurzfristigen Kostenkurve. Für unterschiedliche
Werte des fixen Faktors ergäbe sich z.B. das folgende Bild:
K o s te n
K
K
K
K
k
k
k
l
3
2
1
M e n g e
K o s te n
D K
G K
k
1
k
1
D K
G K
k
k
2
2
D K
G K
k
k
3
D K l= G K
l
3
M e n g e
Die Durchschnittskosten sind am niedrigsten im optimalen Punkt. Links und
rechts davon sind die Durchschnittskosten höher. Da die Steigung der kurzfristigen Kostenkurve immer weiter ansteigt, haben die Grenzkosten einen
153
steigenden Verlauf. Dort, wo die kurzfristige Kostenkurve die langfristige
Kostenkurve tangiert, sind die langfristigen und kurzfristigen Grenzkosten
identisch. In diesem Punkt nehmen die Durchschnittskosten ihr Minimum
an. Im Minimum schneiden sich mithin die Kurven der Durchschnittskosten
und der Grenzkosten. Dass die langfristige Kostenkurve immer die Einhüllende ist, gilt allgemein, hier im Beispiel einer homothetischen Funktion:
K o s te n
K
k
K
k
2
K
k
3
K
l
1
M e n g e
4.2.5
Fixe und variable Kosten, Durchschnitts- und Grenzkosten
Auf kurze Frist ist definitionsgemäß mindestens ein Faktor fix d.h. seine Einsatzmenge kann innerhalb dieses Zeitraumes nicht verändert werden. Man
bezeichnet dies als fixe Kosten. Die variablen Faktoren führen zu den variablen Kosten. Kurzfristig müssen wir also zwischen fixen und variablen
Faktoren bzw. Kosten unterscheiden:
(282)
Q = f (L, C̄) .
Die kurzfristigen Kosten lauten also:
K k = |{z}
r C̄ + |{z}
I L = r C̄ + I L(C̄, Q) = Kf (C̄) + Kv (C̄, Q) .
Kf
Kv
154
(283)
Ein Beispiel könnte wie folgt gegeben sein:
K
K o s te n
K
v
k
( C ,Q )
( C ,Q )
K f( C )
M e n g e
Die Grenzkosten ergeben sich durch Ableitung der kurzfristigen Kostenkurve:
GK k =
∂Kv
∂K k
=
.
∂Q
∂Q
(284)
Bei den Durchschnittskosten unterscheiden wir drei verschiedene Fälle, die
durchschnittlichen kurzfristigen Gesamtkosten DK k , die durchschnittlichen
variablen und die durchschnittlichen fixen Kosten:
DK k =
Kk
,
Q
DKvk =
Kv
,
Q
DKfk =
155
Kf
.
Q
(285)
In dem soeben dargestellten Beispiel ließen sich die Grenz- und Durchschnittskostenkurven wie folgt ableiten:
K
K o s te n
K
f
k
( C ,Q )
{
M e n g e
K o s te n
G K
k
D K
D K
k
v
D K
f
M e n g e
Die durchschnittlichen fixen Kosten sind bei sehr kleiner Outputmenge unendlich, da die fixen Kosten kurzfristig nicht verändert werden können, und
laufen gegen null, wenn die Outputmenge steigt, da die relativen Kosten
umgelegt auf eine Produktionseinheit immer mehr abnehmen. Dort, wo der
Fahrstrahl vom Ursprung die kurzfristige Kostenkurve tangiert, ist das Minimum der kurzfristigen Durchschnittskosten. In diesem Punkt schneidet die
Grenzkostenkurve die kurzfristige Durchschnittskostenkurve:
k
∂ KQ
∂Q
k
=
Q ∂K
− Kk
∂Q
Q2
=0⇒
∂K k
Kk
=
.
∂Q
Q
(286)
Startet der Fahrstrahl vom Ordinatenschnittpunkt mit den fixen Kosten, so
kann man die variable Durchschnittskostenkurve ableiten. Auch hier ist das
156
Minimum dort, wo die kurzfristige Kostenkurve tangiert wird. Und aufgrund:
∂K k
∂Kv
Kv
=
=
∂Q
∂Q
Q
(287)
sind in diesem Punkt Grenzkosten und variable Durchschnittskosten identisch.
4.2.6
Auswirkungen von Faktorpreisänderungen auf die Lage der
kurzfristigen Kostenkurve
Anhand der Cobb-Douglas-Funktion sollen die Auswirkungen einer Änderung der Faktorpreise auf die kurzfristige Kostenkurve verdeutlicht werden.
Die Funktion lautet wie bekannt:
Q = Lα C β
mit 0 < α, β < 1 und α + β = 1 .
(288)
Die kurzfristige Kostenkurve lautet:
1
β
K k = I L + r C̄ = I Q α C̄ − α + r C̄ .
(289)
Wird der Preis des variablen Faktors geändert, so gilt:
β
1
∂K k
= Q α C̄ − α > 0 .
∂I
(290)
Also nehmen die kurzfristigen Kosten zu und zwar zunehmend mit wachsen1−α
der Outputmenge ( α1 Q α dQ > 0).
K
K o s te n
k
( C ,Q )
I s te ig t
K k( C ,Q )
M e n g e
157
Die Auswirkung einer Änderung des Preises des fixen Faktors bedeutet eine
Parallelverschiebung der Kurve:
∂K k
= C̄ .
∂r
(291)
K o s te n
K
k
K
r s te ig t
k
( C ,Q )
( C ,Q )
M e n g e
Die durchschnittlichen kurzfristigen Kosten lauten:
DK k =
β
1
Kk
C̄
= I Q α −1 C̄ − α + r .
Q
Q
(292)
Eine Änderung des Preises des variablen Faktors führt zu einer mit Q stei1−2α
genden Zunahme der kurzfristigen Durchschnittskosten ( 1−α
Q α dQ > 0).
α
K o s te n
D K
I s te ig t
D K
( C ,Q )
k
k
( C ,Q )
M e n g e
158
Eine Zunahme des Preises des fixen Faktors führt ebenfalls zu einer Zunahme,
aber mit Q abnehmend (da −1 Q12 dQ < 0).
K o s te n
D K
( C ,Q )
k
D K
k
( C ,Q )
r s te ig t
M e n g e
Das Minimum der Durchschnittskosten liegt bei:
α r
Q =
I
∗
da
∂DK k
∂Q
α
1−α
α
C̄ α+β ,
(293)
(294)
β
1−2 α
1−α
C̄
Q α C̄ − α − r 2 = 0
α
Q
β
1
1−α
⇒ Qα I
C̄ − α = r C̄
α
α
α r
α
C̄ α+β .
⇔ Q=
I
1−α
= I
(295)
(296)
Steigt I, dann wandert das Minimum nach links. Steigt r, so wird das Minimum nach rechts versetzt.
Die durchschnittlichen variablen Kosten lauten:
1
β
(297)
DKv = I Q α −1 C̄ − α .
Eine Änderung von r hat keine Auswirkung auf DKv . Steigt I, so nehmen
die durchschnitttlichen variablen Kosten zu und zwar mit wachsendem Q zu1−2 α
nehmend ( 1−α
Q α dQ > 0).
α
159
Die Ableitung von DKv nach Q ergibt:
∂DKv
=I
∂Q
1−α
α
Q
1−2 α
α
β
(298)
C̄ − α > 0 .
Also nehmen die variablen Kosten immer mehr zu, Es existiert kein Minimum!
K o s te n
D K
k
D K
D K
Q
*
v
f
M e n g e
Die kurzfristigen fixen Durchschnittskosten lauten:
C̄
Kf
=r .
Q
Q
(299)
Sie nehmen mit Q ab und sind bei Q = 0 unendlich. Werden die DKf und
DKv addiert, so ergeben sich die DK k mit einem Minimum bei Q∗ .
160
Die Grenzkosten lauten:
GK k =
β
1−α
1
I Q α C̄ − α .
α
(300)
Sie sind null bei Q = 0 und nehmen mit Q zu. Bei steigendem Faktorpreis I
nehmen die GK k mit wachsendem Q zu:
β
1 1−α
∂GK k
= Q α C̄ − α .
∂I
α
(301)
G K
K o s te n
I s te ig t
k
( C ,Q )
G K
k
( C ,Q )
M e n g e
4.2.7
Experimentelle Untersuchungen zu kurz- und langfristigen
Kostenfunktionen
Erfolgt die Produktion im Bereich sinkender Durchschnittskosten, so kann
es zu einem Monopol kommen, da es einem einzigen großen Unternehmen
gelingt, den Markt zu niedrigeren Kosten zu bedienen, als einer Vielzahl von
kleinen Unternehmen das gelänge. Damit könnte also der Wettbewerb verloren gehen.
Produktionsfunktionen lassen sich im Allgemeinen schwerer ermitteln als
Kostenfunktionen. Beide sind jedoch wechselseitig voneinander abhängig.
Das betriebliche Rechnungswesen kann aber nur Kosten aufdecken. Die zu
Grunde liegende Produktionsfunktion ist meist unbekannt.
Außerdem lassen sich die Kosten fixer Faktoren nicht einfach auf eine Produktionseinheit umrechnen. So werden Arbeitnehmer zwar fix entlohnt, aber wer
161
weiß schon, welcher Anteil davon auf die einzelne Produktionseinheit entfällt?
Auch kann es zu Problemen aufgrund des Unterschieds zwischen dem buchhalterischen und dem ökonomischen Kostenbegriff kommen. Da einige Opportunitätskosten vielleicht gar nicht mitgerechnet werden, kann die Produktivität oder die erfasste Faktorleistung überschätzt werden.
Die statistische Erfassung des Zusammenhangs zwischen Kosten und Produktmengen erfolgt mit Hilfe einer Zeitreihen- oder einer Querschnittsanalyse. Es kann zu Fehlschätzungen kommen, wenn sich in diesem Zeitraum
die Faktorpreise geändert haben. Um dieses Problem zu umgehen, werden
Querschnittsanalysen durchgeführt, bei denen die Kosten und Produktmengen unterschiedlich großer Unternehmen einer Branche für ein und dieselbe
Periode zueinander in Beziehung gesetzt werden. Dies liefert jedoch nur dann
brauchbare Ergebnisse, wenn die Unternehmen annähernd die gleiche Produktionsfunktion verwenden. Dies ist wohl eher unwahrscheinlich. Aber dann
erhält man eine Branchenproduktionsfunktion, deren Eigenschaften von den
Marktanteilen der einbezogenen Unternehmen abhängig ist.
Ein weiteres Problem ist, dass es schwierig ist zwischen kurzfristigen und
langfristigen Kosten zu unterscheiden.
162
Bei der Schätzung langfristiger Kostenkurven ergibt sich im Allgemeinen der
dargestellte Verlauf der Durchschnittskosten. Sie fallen anfangs mehr oder
minder stark und bleiben ab einer bestimmten Menge Q̄ nahezu konstant.
K o s te n
D K
Q
M e n g e
Ist Q̄ relativ klein, dann geht man von konstanten Skalenerträgen aus. Erreicht die empirisch ermittelte Kostenkurve das Minimum der Durchschnittskosten dagegen erst bei sehr großen Produktmengen, nimmt man steigende
Skalenerträge an. Im Extremfall ist Q̄ so groß, dass diese Menge ausreicht,
um den gesamten Markt zu versorgen.
4.3
Das Güterangebot einer Firma
Die Firma wählt die Gütermenge so, dass ihr Gewinn maximiert wird. In
diesem Kapitel werden der Güterpreis und die Preise der Faktoren zunächst
als gegeben angesehen. Außerdem wird nur ein einziges Produkt hergestellt.
Der Erlös berechnet sich aus:
(302)
E=PQ
als dem Preis des Gutes mal der Gütermenge. Der Gewinn ist gleich der
Differenz des Erlöses und der Kosten:
G = E − K = P Q − K(Q) = Q [P − DK] .
(303)
Der Stückgewinn ist
G
K
=P −
= P − DK ,
Q
Q
(304)
163
also gleich der Differenz zwischen Preis und Stückkosten. Im Gewinnmaximum muss gelten:
∂G
∂K
=P−
= P − GK = 0 .
∂Q
∂Q
(305)
∂G
= 0 wird die Produktmenge so ge∂Q
wählt, dass bei gegebenem Preis dieser gleich den Grenzkosten ist.
Nach der Bedingung erster Ordnung
Außerdem muss die Bedingung zweiter Ordnung gelten, dass:
(306)
GQQ = −KQQ < 0 ,
d.h. die Grenzkostenkurve muss ansteigen. Niveauertragskurven mit steigenden oder konstanten Skalenerträgen erfüllen diese Bedingung nicht (siehe
später).
4.3.1
Das kurzfristige Güterangebot
Wir wollen zunächst für eine kurzfristige Periode dies grafisch herleiten, indem wir für die verschiedenen Produktionsfunktionen eine Lösung suchen. In
der kurzfristigen Periode bestehen die Kosten aus fixen und variablen Kosten:
(307)
K = Kf (C̄) + Kv (C̄, Q) .
P re is
K o s te n
P
G K
P
3
P
2
D K
D K
v
1
Q
3
Q
1
Q
2
Q
3
M e n g e
Wir wollen dies zunächst am Beispiel einer ertragsgesetzlichen Produktionsfunktion zeigen. Die Durchschnittskosten DK streben bei sehr geringer Menge Q → 0 gegen unendlich. Bei der Menge Q̄3 ist der Preis des Gutes P3 gleich
164
den DK. Hier deckt der Erlös die Stückkosten. Aber dieser Punkt ist nicht
optimal. Da die Grenzkosten für die Herstellung einer marginalen Menge kleiner sind, lohnt sich eine Produktionsausweitung bis Q3 , wo die Kosten für
eine marginale Einheit gleich dem Preis sind. Der Gewinn ergibt sich dann
aus:
(308)
G = Q P3 − DK(Q3 ) .
Fällt der Preis, z.B. auf P2 , so ist das Minimum der Durchschnittskosten
erreicht. Fällt der Preis weiter, so bewegt man sich noch auf der Grenzkostenkurve, aber die Stückkosten werden nicht mehr gedeckt. Bei einem Preis
von P1 befinden wir uns im Minimum der variablen Durchschnittskosten.
Zwischen P2 und P1 werden zwar nicht mehr die gesamten Stückkosten gedeckt, aber es fällt zumindestens ein Deckungsbeitrag ab, um einen Teil der
fixen Kosten zu finanzieren. In dem Fall, in dem die fixen Kosten sunk costs
darstellen, also wenn die fixen Faktoren keine weitere Verwendung haben und
daher die variablen Durchschnittskosten im Prinzip aus der Sicht der Firma
gleich den totalen Durchschnittskosten sind, ist dies sogar sinnvoll. Als Regel
gilt also:
1. Eine auf dem Markt befindliche Firma, welche die Güter- und die Faktorpreise als gegeben ansieht (Mengenanpasser), wird jene Produktmenge wählen, bei der P = GK gilt und die Grenzkostenkurve einen
steigenden Verlauf hat.
2. Eine im Markt befindliche Firma wird die Produktion aufnehmen, wenn
die minimalen variablen Durchschnittskosten kleiner oder gleich den
Preisen sind.
3. Eine derartige Firma wird die Produktion einstellen, wenn die minimalen variablen Durchschnittskosten höher sind als der Preis.
Also gilt hier:
P = GK
mit
P ≥
Kv
Q
!
min
165
.
(309)
Für eine neoklassische Produktionsfunktion liegen die variablen Durchschnittskosten immer unterhalb der Grenzkostenkurve. Damit ist die gesamte Grenzkostenkurve die Angebotskurve.
P re is
K o s te n
G K
D K
D K
v
M e n g e
Bei einer linear-limitationalen Produktionsfunktion gibt es im Prinzip nur
einen effizienten Punkt, nämlich dort, wo der fixe Faktor Engpassfaktor wird.
Da ab diesem Punkt die GK und DK sprunghaft ansteigen, macht es keinen
Sinn, mehr als die Menge Q1 anzubieten.
P re is
K o s te n
P
D K
G K = D K
v
1
Q
1
M e n g e
In diesem Fall ist die Grenzkostenkurve identisch mit der variablen Durchschnittskostenkurve. Liegt der Preis über P1 , so werden auch die Stückkosten
166
gedeckt und es wird Gewinn gemacht. Jedoch kann nicht mehr als Q1 angeboten werden, da der fixe Faktor kurzfristig nicht geändert werden kann.
Ändern sich die Faktorpreise, so verschieben sich die Kostenkurven nach
oben. Im Fall der betrachteten neoklassischen Produktionsfunktion (CobbDouglas), war es ja so, dass die Differenz der GK-Kurven mit wachsendem
Q zunahm.
4.3.2
Das langfristige Güterangebot
Aus der langfristigen Sicht sind alle Faktoren variabel. Hier unterstellen wir
totale Faktorvariation d.h. wir betrachten Produktionsfunktionen mit steigenden, fallenden oder konstanten Skalenerträgen bei konstantem Faktoreinsatzverhältnis. Da hier keine DKv existieren, wird das Problem einfacher.
Auch hier entspricht die Grenzkostenkurve der Angebotskurve, aber sie startet nun ab dem Minimum der Durchschnittskostenkurve. Liegt der Preis
darunter, so wird definitiv Verlust gemacht. Bei einer Produktionsfunktion
mit zunächst steigenden, dann sinkenden Skalenerträgen sieht das wie folgt
aus:
P re is
K o s te n
P
G K
1
D K
Q
1
M e n g e
Bei einem Preis von P1 wird also die Menge Q1 angeboten. Der Gewinn ergibt
sich wie immer pro Stück als Differenz des Preises und den Durchschnittskosten. Hier gilt also:
P = GK
mit
P ≥
K
Q
!
.
min
167
(310)
Der Punkt, in dem das Minimum der Durchschnittskosten liegt, wird als Betriebsoptimum bezeichnet.
Höhere Faktorpreise führen zu einer Verschiebung der Kostenkurven nach
oben. Bei gleichbleibendem Güterpreis geht das Angebot entsprechend zurück. Ändern sich die Faktor- und Güterpreise proportional, so ändert sich
die Angebotsmenge nicht, da bei totaler Faktorvariation das Faktoreinsatzverhältnis konstant bleibt und alle Kurven lediglich mit einem konstanten
Faktor multipliziert werden. Also:
Die langfristige Angebotskurve ist homogen vom Grade null in den Preisen.
Bei sinkenden Skalenerträgen ergibt sich das folgende Bild:
P re is
K o s te n
G K
D K
P
0
M e n g e
Da hier die Grenzkostenkurve immer über der Durchschnittskostenkurve
liegt, folgt die Angebotsmenge ab einem Preis P0 der Grenzkostenkurve.
168
Bei konstanten Skalenerträgen sind die Grenz- und Durchschnittskosten identisch und konstant. Ab einem Güterpreis von P0 wird Gewinn gemacht.
P re is
K o s te n
P
G K = D K
0
M e n g e
Allerdings ist die Angebotsmenge unbestimmt. Der Gewinn ist maximal,
wenn die Produktion maximal gewählt wird. Die Menge kann also nur durch
die Nachfrage begrenzt werden.
Jede Betriebsgröße ist optimal.
Bei steigenden Skalenerträgen liegt die Grenzkostenkurve unterhalb der Durchschnittskostenkurve. Wird also die Menge nach den Grenzkosten gewählt
(Q̄1 ), so wird ein Verlust gemacht.
P re is
K o s te n
P
1
D K
Q
G K
1
Q
M e n g e
1
169
Hier existiert keine Angebotskurve in dem Sinne, dass einem gegebenen Preis
eine gewinnmaximale Angebotsmenge zugeordnet wird. Verlust wird allerdings dann vermieden, wenn bei einem Preis P1 die Menge Q1 gewählt wird,
wo die Stückkosten gleich dem Preis sind. Auch hier existiert keine Begrenzung. Im Prinzip könnte die Firma den gesamten Markt bedienen, aber würde
wohl schnell merken, dass sie damit auch einen Einfluss auf den Preis ausübt.
4.4
Der Marktein- und austritt
Da beim Markteintritt alle Faktoren variabel sind, wird eine Firma dann in
den Markt eintreten, wenn der Stückpreis über den Stückkosten liegt, also
wenn mindestens die durchschnittlichen Kosten gedeckt werden.
Beim Marktaustritt muss man jedoch bedenken, dass kurzfristig Faktoren fix
sein können. Dann kann es sinnvoll sein, kurzfristig unter die Durchschnittskosten zu gehen, da damit wenigstens ein Teil der fixen Kosten gedeckt werden kann (Deckungsbeitrag). Bestünde die Alternative darin, die Firma aufzulösen, so stünde sie in der Tat besser da, wenn die Firma liquidiert werden
würde, da dann die gesamten fixen Kosten entfallen. Dies gilt aber nur dann,
wenn die fixen Kosten nicht aus sunk costs bestehen. Haben die fixen Faktoren nämlich keine weitere Verwendung und sind damit deren Opportunitätskosten null, so sind die variablen Durchschnittskosten aus der Sicht der Firma
gleich deren totalen Durchschnittskosten und eine Weiterführung der Firma
würde dann durchaus Sinn machen. Sind die Opportunitätskosten des fixen
Faktors positiv, da dieser Faktor in anderen Verwendungen Ertrag erzeugt,
tritt eine Firma aus dem Markt aus, wenn der Deckungsbeitrag in der bisherigen Verwendung kleiner ist als die Opportunitätskosten des fixen Faktors.
Für den Markteintritt spielt diese Unterscheidung keine Rolle. Hier müssen
zunächst alle Faktoren finanziert werden und dies geht nur, wenn Gewinn
gemacht wird, wenn also mindestens die Stückkosten gedeckt werden können.
4.5
Die Faktornachfrage
Ist einmal die Outputmenge Q bekannt, so lassen sich die Faktormengen im
Prinzip leicht finden, indem wir die bedingten Nachfragekurven in Abhängigkeit von Q auswerten. Wollen wir unbedingte Nachfragekurven in direkter
170
Abhängigkeit von P bekommen, müssen wir das entsprechende Extremalproblem lösen.
4.5.1
Kurzfristige Faktornachfrage
Hier lautet die bedingte Faktornachfragefunktion:
(311)
L = L(Q, C̄) .
Für die in den letzten Kapiteln betrachtete Cobb-Douglas-Funktion gilt
z.B.:
β
1
L = C̄ − α Q α
α
1
und C = L̄− β Q β .
(312)
Ist die Produktmenge nicht gegeben und nur der Preis bekannt, so kann
analog zu den Angebotskurven der Grenzerlös den Faktorgrenzkosten gleichgesetzt werden. Die Faktorgrenzkosten ergeben sich als:
GK(L) =
∂(I L)
=I .
∂L
(313)
Der Erlös ist:
(314)
E=PQ
und damit der Grenzerlös eines Faktors:
GE(L) = P
∂Q
(L, C̄) .
∂L
(315)
Da gelten muss:
(316)
GE = GK ,
folgt die Marginalbedingung:
(317)
P QL = I .
Die Voraussetzung, also die Totalbedingung, muss sein, dass die Firma überhaupt einen Gewinn macht.
Die Bedingung zweiter Ordnung lautet:
(318)
P QLL < 0 .
171
Dies gilt für eine neoklassische Produktionsfunktion wie für eine ertragsgesetzliche Produktionsfunktion im Bereich sinkender Ertragszuwächse.
Eine Firma maximiert ihren Gewinn, wenn sie die Einsatzmengen des variablen Faktors derart wählt, dass der Grenzerlös gleich den Grenzkosten des
Faktors ist.
Daraus folgt die unbedingte Faktornachfragefunktion:
(319)
L = L(P, I, C̄)
Grafisch erhalten wir die Lösung, indem wir die Grenzerlöskurve aufzeichnen
d.h. die Grenzproduktkurve (Ableitung der Produktionsfunktion) mit dem
Preis multiplizieren. Diese Funktion gibt zugleich den Faktorpreis an. Allerdungs nur dann, wenn Gewinn gemacht wird. Überschreitet der Faktorpreis
den durchschnittlichen Erlös, so wird Verlust gemacht. Für eine neoklassische
Produktionsfunktion gilt:
E rlö s
L o h n s a tz
I
P Q (E rlö s k u rv e )
m a x
P Q
P Q
(D u rc h n itts e rlö s k u rv e )
L
L
(G re n z e rlö s k u rv e = F a k to rn a c h fra g e k u rv e )
A rb e it
Über einem Lohnsatz von Imax ist die Arbeitsnachfrage null. Unter Imax
entspricht der Lohnsatz seinem Grenzerlös. Die Steigung der Faktornachfragekurve lässt sich bestimmen über die totale Ableitung der Bedingung erster
Ordnung:
(320)
QL dP + P QLL dL = dI .
Für dP = 0 gilt also:
dI
= P QLL < 0 .
dL
(321)
172
Ein steigender Faktorpreis führt also zu einer sinkenden Faktornachfrage. Bei
einer ertragsgesetzlichen Produktionsfunktion gilt:
E rlö s
L o h n s a tz
I
G re n z e rlö s k u rv e
0
E rlö s k u rv e
F a k to rn a c h fra g e fu n k tio n
D u rc h s c h n itts e rlö s k u rv e
L
0
A rb e it
Über den maximalen Durchschnittskosten des Faktors Arbeit [P Q
]
wird
L max
der Faktor nicht nachgefragt, da die Firma einen Verlust machen würde. Erst,
wenn der Lohnsatz I0 diesem Wert entspricht, tritt die Firma in den Markt
ein und fragt die Menge L0 des Faktors Arbeit nach.
Eine Erhöhung des Produktpreises verschiebt alle Kurven proportional nach
oben. Steigen Produktpreise und Preis des variablen Faktors proportional,
so ändert sich die Faktornachfrage also nicht.
Dies folgt aus:
I
I
dP +
QLL dL = dI
P
QL
dP
QLL
dI
⇔
+
dL =
.
P
QL
I
QL dP + P QLL dL = dI ⇔
(322)
(323)
Ändern sich P und I um den gleichen Prozentsatz, so ist dL = 0.
4.5.2
Langfristige Faktornachfrage
Die bedingte langfristige Faktornachfragekurve gibt die Höhe der Faktornachfrage bei gegebenen Faktorpreisen und gegebener Produktmenge an. In
173
allgemeiner Form lautet sie für den Faktor Arbeit:
(324)
L∗ = L∗ (I, r, Q) .
Man erhält sie, indem man das kostenminimale Faktoreinsatzverhältnis
I
QL
=
(L, C)
r
QC
(325)
in die Produktionsfunktion einsetzt und nach dem betreffenden Produktionsfaktor auflöst, also:
L∗
= f (I, r) ⇒ Q = Q[f (I, r), L∗ , C ∗ ]
C∗
⇒ L∗ = L∗ [I, r, Q] .
(326)
(327)
Für die bisher behandelte Cobb-Douglas-Funktion galt:
"
#−
"
#
αr
C =
βI
∗
α
α+β
1
(328)
Q α+β ,
bzw.
αr
L∗ =
βI
β
α+β
1
(329)
Q α+β ,
Die unbedingte langfristige Faktornachfragefunktion:
(330)
L∗ = L∗ (I, r, P )
erhält man z.B. wie folgt:
Starten wir von der Gewinnfunktion:
G(L, C) = P Lα C β − I L − r C ,
(331)
so folgt für die Bedingungen erster Ordnung:
∂G(L, C)
= α P Lα−1 C β − I = 0 ,
∂L
∂G(L, C)
= β P Lα C β−1 − r = 0 .
∂C
(332)
(333)
Die Bedingung zweiter Ordnung (GLL GCC − GLC GCL > 0) lautet α + β < 1,
also sind Niveauertragskurven mit steigenden und konstanten Skalenerträgen
174
nicht erfasst.
Die Rechnung ergibt:
β1
I
C=
α P Lα−1
α
βP L
β1
I
=
α
β−1
β
I
α
P−
α+β−1
β
z
}|
1
P −β L
β−1
β
L
1−α
β
(334)
,
(β−1)(1−α)
β
(335)
=r
{
z
−1
β
}|
{
(β − 1)(1 − α) " # 1−β β − 1
α+
−1
r I β
β
⇔ L
=
P β
β α
" #
r
⇔ L=
β
β
α+β−1
I
α
1−β
α+β−1
−1
P α+β−1 .
(336)
(337)
Entsprechend ergibt sich aufgrund der Symmetrie der Funktion (Vertauschung α ↔ β, r ↔ I):
C=
" # 1−α
α
α+β−1
α+β−1
I
α
r
β
−1
P α+β−1 .
(338)
Die Auswirkungen einer Faktorpreisänderung auf die Faktornachfrage lassen
sich durch die entsprechenden Elastizitäten beschreiben:
1−α
α+β−1
β
=
α+β−1
1−β
=
α+β−1
α
=
α+β−1
ǫC,r =
,
(339)
ǫL,r
,
(340)
,
(341)
.
(342)
ǫL,I
ǫC,I
Für α+β < 1 sind die optimalen Faktormengen eindeutig bestimmt. Die Faktornachfrageelastizitäten sind dann alle negativ. Steigt der Preis eines Faktors, dann geht die Nachfrage nach beiden Faktoren zurück. Für α + β ≥ 1,
175
wenn die Produktionsfunktion also konstante oder steigende Skalenerträge
aufweist, ist die Produktmenge und damit auch die Faktornachfrage unbestimmt. Dies gilt aber nur, wenn P konstant bleibt d.h. solange die Firma
lediglich Mengenanpasser ist.
5
Unternehmenstheorie
Zur Herstellung von Produktionseinheiten werden Produktionsfaktoren eingesetzt. Nach der VWL unterscheidet man den produzierten Faktor Kapital
und die Primärfaktoren Arbeit und Boden (Grundstücke, Bodenschätze) und
deren Nutzungen. Was in einem Unternehmen Endprodukt ist, wird in einem
anderen Unternehmen als Vorprodukt eingesetzt, ist also gesamtwirtschaftlich gesehen ein Zwischenprodukt.
Es wird angenommen, dass jede Unternehmung eine Produktionsfunktion
besitzt, die eine technisch effiziente Produktion bei gegebener Betriebsgröße
beschreibt. Technisch effizient bedeutet nicht automatisch ökonomisch effizient. Dies wird erst bei der Erlös-Kosten-Analyse festgelegt. Es wird dabei
unterstellt, dass sich die Unternehmung als Mengenanpasser verhält d.h. dass
der Preis ein Datum ist. Die Aufgabe ist somit, für jeden Preis die jeweils
optimale Ausbringungsmenge zu bestimmen.
Man unterscheidet kurzfristige und langfristige Analysen. Während in der
langfristigen Analyse alle Faktoren als variabel angesehen werden und die
Betriebsgröße beliebig variiert werden kann, werden die langfristigen Variablen wie Maschinen, Arbeitsverträge, etc. in der kurzfristigen Analyse als
fix angesehen, sie entstehen unabhängig von der Ausbringungsmenge. Eine
kurzfristige Periode ist so kurz, dass die fixen Faktormengen nicht geändert
werden können, aber nicht so lang, dass sich die Produktionsfunktion durch
technischen Fortschritt ändern könnte, jedoch mindestens so lang, dass eine Produktion überhaupt stattfinden kann. Im Folgenden werden wir lediglich 2 Faktoren betrachten, da sich dann grafische Ableitungen vereinfachen.
Manchmal wird angenommen, dass kurzfristig nur ein Faktor variabel ist,
langfristig 2 Faktoren, und dass dabei die selbe Produktionsfunktion verwendet wird.
176
5.1
Produktionsfunktionen
Wir können 3 Arten von Produktionsfunktionen unterscheiden. Die linearlimitationale Produktionsfunktion, bei der für ein Produkt ein festes Faktoreinsatzverhältnis existiert und die substitionale Produktionsfunktion mit
abnehmenden Grenzprodukt, die auch neoklassisch genannt wird, sowie die
ertragsgesetzliche Funktion, die einen für sie typischen Verlauf hat: Zunächst
steigt das Grenzprodukt des Faktors an aufgrund Massenproduktion und anschließend fällt die Grenzproduktivität wieder ab z.B. weil sich die Faktoren
gegenseitig behindern. Die Grenzproduktivität kann sogar negativ werden.
Die Klasse der homogenen Funktionen stellt einen wichtigen Sonderfall dar.
Aus der Produktionsfunktion ergibt sich durch die Minimalkostenkombination die Kostenfunktion.
Q
= Produktivität
v1
= Menge an Q je Einheit von Faktor v1 .
v1
= Faktor- oder Inputkoeffizient
Q
= Faktormenge v1 je Produktionseinheit Q.
5.1.1
Linear-limitationale Produktionsfunktion
Sie ist charakterisiert durch ein konstantes Faktoreinsatzverhältnis. Die Faktorkoeffizienten sind somit konstant und die Produktionsmenge wird begrenzt
durch den Engpassfaktor.
vi
vi
, Q= .
Q
ai
v1 v2
Q = min{ , } .
a1 a2
ai = konst. =
Im v1 − v2 -Diagramm ist sie gekennzeichnet durch eine Gerade durch den Ursprung. Werden mehr Faktoreinheiten von einem Faktor eingesetzt bei gleichem Einsatz von dem anderen Faktor, bleibt die Produktionsmenge konstant. Die Isoquanten sind also rechtwinklig. Jedoch allein effizient ist der
Punkt B.
177
v
2
B
B
v
1
Das Ertragsgebirge kann man sich wie folgt vorstellen:
Q
v
2
v
1
Die Ertragsfunktion ist zunächst ansteigend bis der Faktor v2 Engpassfaktor
wird und bleibt dann konstant.
178
Q
V
Q = a
2
2
v
1
Die Grenzproduktivität hat den Wert a11 , also die Steigung der Ertragskurve
bei partieller Faktorvariation ist konstant und fällt dann auf 0 ab.
Q
1
, Q
V
1
1
a
Q
1
d Q
d V
V
1
1
v
Q=
∂Q
∂v1


1
a1
v1 für v1 ≤
 Q̄
( 1
=
a1
0
a1
a2
a1
a2
1
v̄2
für v1 ≥ v̄2
für v1 < aa12 v̄2
für v1 > aa12 v̄2
Die Durschnittsproduktivität ist zunächst a11 und fällt dann allmählich ab.
Man nennt diese Produktionsfunktion auch Leontief-Funktion. Die konstanten Inputkoeffizienten werden auch in der Input-Output-Analyse in der
179
VGR (Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung) angewendet.
Es kann sein, dass unterschiedliche Faktoreinsatzverhältnisse zu dem gleichen
Produktionsergebnis führen. Wird c% mit Produktion A produziert und (1c)% mit Produktion B, so bedeutet das, dass eine Linearkombination von A
und B ebenso ein mögliches Faktoreinsatzverhältnis darstellt.
Q1 = min{ av111 , av212 },
Q2 = min{ av121 , av222 }.
v1 = c a11 Q1 + (1 − c) a12 Q2
v2 = c a21 Q1 + (1 − c) a22 Q2
c = 1: nur Produktionsapparat Q1
c = 0: nur Produktionsapparat Q2
v
2
B
A
v
1
Die Isoquanten sehen dann aus wie in der Abbildung. Bei mehreren verschiedenen Produktionsprozessen (siehe nächste Abbildung) hat man mehrere Linearkombinationen. Man erkennt, dass nur der innere Polygonzug effizient
ist, denn die Linearkombination A und C kann durch andere Faktormengen
effzienter hergestellt werden.
Durch unendlich viele Produktionsverfahren gleicht sich der Polygonzug einer
substitionalen Produktionsfunktion an.
180
v
2
A
B
C
v
5.1.2
1
Linear-limitationale Mehrgüterproduktion
Q
2
v
3
v
2
v
1
T ra n s fo rm a tio n s k u rv e
Q
1
Es werden bestimmte Faktormengen auf einzelne Prozesse aufgeteilt. Bsp.
das Gut Q1 und ein anderes Gut Q2 werde produziert. Jedes Gut hat eigene
Faktorkoeffizienten. Somit gelten folgende Ungleichungen:
a11 Q1 + a12 Q2 ≤ v̄1 ,
a21 Q1 + a22 Q2 ≤ v̄2 ,
a31 Q1 + a32 Q2 ≤ v̄3 .
Q1 ≥ 0 ,
Q2 ≥ 0 ,
181
(343)
(344)
(345)
Für lineare Funktionen lassen sich die Geraden in einem Diagramm auftragen. Daher wird die mögliche Produktionsmenge durch die Geraden begrenzt
Effizient ist einzig allein der äußere Polygonzug. Die Produktionspläne, die
sich ergeben, werden durch die so genannte Transformationskurve bestimmt.
5.1.3
Die neoklassische Produktionsfunktion
Für substitionale Produktionsfunktionen mit konvexen Isoquanten ist die
Produktionsfunktion streng-konkav d.h. die Grenzporduktivitäten sind positiv:
f1 =
∂Q
>0
∂v1
(346)
und die zweite Ableitung ist negativ:
f11 =
∂2Q
<0.
∂v12
(347)
Q
v
2
Is o q u a n te n
v
1
Ebenso ist die Kreuzgrenzproduktivität positiv, da die Grenzproduktivität
bei steigendem Faktoreinsatz von v2 für v1 steigt.
f12
∂2Q
=
>0.
∂v1 ∂v2
(348)
182
Q
Q = f ( v 1,v 2)
Q = f ( v 1,v 2)
v 2> v
2
v
1
Die Produktionselastizität lässt sich wie folgt bestimmen:
ǫQ,v1 =
∂Q v1
.
∂v1 Q
(349)
Für eine neoklassische Funktion ist sie immer kleiner 1.
Q
a
b
v
1
v
1
Die Cobb-Douglas-Funktion ist ein Vertreter dieser Produktionsfunktionen. Sie lautet:
Q = A v1α v2β
A > 0,
0 < α < 1,
183
0<β<1.
(350)
∂Q
= α B v1α−1 mit B = A v̄2β
∂v1
Q
= B v1α−1
v1
α B v1α−1
ǫQ,v1 =
=α<1.
B v1α−1
(351)
(352)
(353)
Die Isoquanten ergeben sich bei Q̄ = konst. als
v2 =
Q̄
A
!1
β
α
−β
v1
(354)
.
Die Grenzrate der Substitution ist wie bei Nutzenfunktionen gegeben:
dv2
α
=−
dv1
β
Q̄
A
!1
− α+β
β
β
(355)
v1
Sie ist für konkave Produktionsfunktionen negativ.
Ersetzt man Q̄ durch Q̄ = A v1α v2β , so folgt:
α
α −α
dv2
= v2 v1β − v1 β v1−1
dv1
β
α v2
= −
.
β v1
(356)
(357)
Bei einer Cobb-Douglas-Technologie hängt die Grenzrate der technischen
Substitution neben dem reziproken Verhältnis der Produktionselastizitäten
nur noch vom Faktoreinsatzverhältnis, der Faktorintensität vv21 ab.
v
2
( v )
v
2
= k o n s t.
1
v
184
1
Das bedeutet, dass auf einer Ursprungsgeraden im v1 − v2 -Diagramm die
Grenzrate der technischen Substitution immer konstant ist, die Isoquanten
in diesen Punkten also dieselbe Steigung haben.
Aufgrund Q̄ = konst. ⇒ dQ = f1 dv1 + f2 dv2 = 0
folgt
dv2
f1
=− .
dv1
f2
5.1.4
(358)
Neoklassische Mehrgüterproduktion
Angenommen, man habe zwei Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen
Q1 = v1α1 v2β1
Q2 = v̄1α2 v̄2β2 .
(359)
Es ist zu zeigen, welche Möglichkeiten der effizienten Produktion der Güter
1 und 2 der Unternehmung offenstehen. Gesucht ist also die Transformationskurve für diese Entscheidungssituation.
Ein geometrisches Verfahren zur Bestimmung der Transformationskurve wurde von Savornik entwickelt. Dazu werden im 4. Quadranten die Isoquanten
aufgetragen, im 1. und 3. Quadranten die Niveauproduktionsfunktionen. Eine Niveauproduktionsfunktion ergibt sich bei totaler Faktorvariation, wenn
sich die Faktormengen proportional ändern. Genau genommen gilt diese Ableitung daher nur für konstante Faktoreinsatzverhältnisse (konstante Faktorintensität). Dann ergibt sich im 2. Quadranten die Transformationskurve.
Im Allgemeinen liegt die Faktorintensitätskurve für homogene Kurven auf
einer Geraden. Auch in der Edgeworth-Box ist dies eine Gerade, wenn die
dv2
Steigungen dv
= − αβ11 vv21 = − αβ22 v̄v̄21 gleich ist d.h. wenn αβ11 = αβ22 .
1
Die Isoquanten für Q1 werden von unten links aufgetragen und die Isoquanten für Q2 von oben rechts aus. Die Schnittpunkte liegen aufgrund αβ11 = αβ22
auf der Faktorintensitätslinie. Die Schnittpunkte lassen sich übertragen über
die Niveauproduktionsfunktionen, bei denen vv21 = konst. angenommen wird,
und ergeben die Transformationskurve.
Q = A v1α v2β
(360)
185
v
2
v
1
( v )
v
2
1
D
= k o n s t.
N iv e a u p ro d u k tio n s fu n k tio n
C
v
Q
1
v
2
T ra n s fo rm a tio n s k u rv e
N iv e a u p ro d u k tio n s fu n k tio n
Q
h
λ Q = λ
α+β
A v1α
v2β
=λ
α+β
2
A v1α+β
⇒ λh Q = λα+β Ā v1α+β .
Für
α1
β1
6=
1
α2
β2
gilt
v2
v1
v2
v1
β
(361)
(362)
6= konst., so dass man hier anders vorgehen muss.
Die Niveauproduktionsfunktionen ergeben sich nur dann in Abhängigkeit von
nur einem Faktor, wenn vv12 = konst.. Daher wird bei αβ11 6= αβ22 die Lösung
entlang der Isoquanten zunächst auf die fiktive Faktorintensitätslinie mit
v1
= konst. übertragen und dann erst auf die Niveauproduktionsfunktionen.
v2
Die Gestalt der Transformationskurve hängt bei gegebener konstanter Faktorintensität nur von den Skalenerträgen in beiden Produktionen ab. Sie ist
konkav, wenn in beiden Produktionen sinkende Skalenerträge vorliegen oder
in einer Produktion konstante und in einer anderen sinkende Skalenerträge
zu beobachten sind. Sie ist linear, wenn die Skalenerträge überall konstant
sind (nur α = β!). Sie ist konvex, wenn beide steigen oder eine steigt, die
186
v
v
1
( vv )
2
D
D '
C
2
1
D ''
= k o n s t.
C ''
C '
v
Q
1
v
1
2
Q
2
andere konstant ist. Sie ist S-förmig. wenn eine steigt, die andere fällt.
5.1.5
Die ertragsgesetzliche Produktionsfunktion
Kennzeichnend für sie ist, dass zunächst steigende Grenzproduktivität vorliegt und dann die Grenzproduktivität abfällt. Zur konstanten Ausweitung
der Produktion bedarf es zunächst unterproportional steigender Faktorzuwächse und im Bereich nach dem Wendepunkt W überproportional steigender Faktorzuwächse. Die Ertragsfunktion sieht wie folgt aus:
187
Q
v
v
v
2
2
2
v
v
1
v
1
1
Q
W p
f11 =
∂2Q
∂v12
=
(
> 0 für v1 < v1W p
< 0 für v1 > v1W p
f1 ≥ 0
W p
v
1
Im Bereich negativer Grenzerträge kommt es aufgrund
positiven Steigung der Isoquanten.
dv2
dv1
= − ff12 zu einer
Der Bereich effizienter Faktorallokation wird durch die beiden Linien beschränkt. Oberhalb von D oder rechts von C muss zur gleichen Produktion
mehr an v1 eingesetzt werden bei v̄2 = konst.. Dies kann nicht mehr effizient
sein.
Für die Sato-Funktion Q =
f1 =
v12 v22
v13 +v23
gilt mit
2 v1 v25 − v14 v22
,
(v13 + v23 )2
(363)
188
v
2
f2< 0
f1> 0
f1> 0
D
v
C
2
v
f2 =
f2> 0
f2> 0
f1< 0
v
1
v
1
1
2 v2 v15 − v24 v12
.
(v13 + v23 )2
f1 > 0 für v23 > v13 12 ⇔ v2 > v1
(364)
1
1
(1)
1
3
(2)
23
f2 > 0 für v23 < v13 2 ⇔ v2 < v1 2
Das Gebiet wird also durch die beiden Geraden (1) und (2) abgegrenzt.
v
2
f2< 0
v 2= v
f1> 0
1
3
2
f2> 0
v 2= v
3
2
1
f1< 0
v
1
Nur in diesem Bereich ist die Produktionsfunktion effizient, so dass nur in
diesem Bereich Faktorallokation Sinn macht.
189
Das klassische Ertragsgesetz ist durch 4 Bereiche gekennzeichnet:
Q
C
B
A
d Q
d v
1
Q
v
v
1
1
D u rc h s c h n itts e rtra g s fu n k tio n
I
II
III
G re n z e rtra g s fu n k tio n d Q
d v
IV
v
Bereich
Gesamtertrag
Grenzertrag
Durchschnittsertrag
Produkt.-elastizität
I
steigend
steigend
steigend
>1
Q
v
1
1
1
II
steigend
fallend
steigend
>1
III
steigend
fallend
fallend
<1
IV
fallend
negativ
fallend
<0
Der Punkt B ist zugleich Tangentialpunkt der partiellen Ertragsfunktion
auf jener Niveauproduktionsfunktion, bei der das Faktoreinsatzverhältnis des
Produktionsplans B konstant gehalten wird. Das bedeutet, dass im Bereich
I und II die Ertragskurve unterhalb dieser Geraden ist. Es wird mehr v2 eingesetzt als nötig. Mit einer geringeren Menge dieses Faktors könnte man den
Output steigern.
190
Q
N iv e a u p ro d u k tio n s k u rv e
v
v
v
1
2
f
1
v
2
2
v
v
2
v
1
1
In den Bereichen I und II hat Faktor 2 eine negative Produktionselastizität.
Die Produktionspläne dieser beiden Bereiche sind technisch ineffizient. Im
Bereich IV ist die Grenzproduktivität von Faktor 1 negativ. Entscheidend
ist der Tangentialpunkt von partieller Ertragsfunktion und Niveauproduktionsfunktion. Bei steigenden Skalenerträgen (die Steigung der Niveauproduktionsfunktion nimmt zu) beginnt der technisch effiziente Bereich schon vor
dem Punkt B, während bei sinkenden Skalenerträgen der technisch ineffiziente Bereich über den Punkt B hinausreicht.
5.1.6
Vollkommen substitionale Produktionsfunktionen
Bei vollkommen substitionaler Produktionsfunktion ist es möglich, das Produkt mit nur einem der zur Auswahl stehenden Produktionsfaktoren herzustellen. Außerdem ist die Grenzrate der technischen Substitution konstant.
Bsp. für eine solche Funktion ist
Q=
m
X
ai vi
wie Q = v1 + 2 v2 ,
(365)
i=1
Möglich ist auch eine streng konkave Produktionsfunktion
Q=
m
X
Ai viαi ,
(366)
0 < αi < 1 .
i=1
191
v
Q
2
v
v
2
v
1
1
Ein Maß für die Substitutionsfähigkeit ist die Substitutionselastizät σ. Sie
ist definiert als relative Veränderung des Faktoreinsatzverhältnisses (Faktorintensität) im Verhältnis zur relativen Veränderung der Grenzrate der Substitution.
σ=
v2
dv2
v
dv
1 1
dv2 v2
d dv1 v1
d
(367)
.
Später werden wir sehen, dass
v
σ=
f1
f2
v2
v1
v2
v
1
d ff12
d
dv2
dv1
=
f1
,
f2
also:
(368)
.
b
2
P
b '
a
Q
v
σ=
a '
1
192
dtan(β)/tan(β)
dtan(α)/tan(α)
Bei höherer Krümmung der Kurve ist σ kleiner, da sich der Winkel tan(α)
stärker ändert. Grenzwerte sind σ = ∞ für Krümmung null bei vollkommener Substitution und theoretisch Krümmung unendlich bei einem Knick mit
σ = 0 bei vollständig komplementären Faktoren:
v
2
s = 0
s =
0 < s <
v
1
Bei einer Substitutionselastizität größer als 1 ist die relative Änderung der
Faktorintensität größer als die relative Änderung der Grenzrate der technischen Substitution. Daraus folgt, dass die Isoquante die Achsen schneidet.
Es handelt sich deshalb um alternative Substitution. Bei σ = 1 laufen die
Isoquanten asymptotisch auf die Achsen zu. Bei σ < 1 handelt es sich um
periphere Substitution d.h. es wird eine Mindestmenge der Faktoren benötigt.
v
v
2
v
2
s = 1
s > 1
v
s < 1
v
1
193
2
1
v
1
Für die Cobb-Douglas-Funktion gilt:
dv2
f1
α v2
=− =−
,
dv1
f2
β v1
σ=
5.1.7
d
v2
v1
v2
v1
− αβ vv21
− αβ d
v2
v1
dv2
d
dv1
!
α
v2
=− d
β
v1
,
(369)
(370)
=1.
Die CES-Funktion
Die Produktionsfunktionsklasse „CES“ (constant elasticity of substitution)
umfasst die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion mit σ = 1 als auch die
Leontief-Produktionsfunktion mit σ = 0.
Eine allgemeine Gleichungen für CES-Funktionen lautet:
h
Q = A α v1−ρ + (1 − α) v2−ρ
i− 1
ρ
,
A>0,
0<α<1.
(371)
Sie ist homogen vom Grad 1. Die Grenzproduktivitäten sind:
∂Q
α Q ρ+1
=
>0,
∂v1
Aρ v1
∂Q
1 − α Q ρ+1
=
>0.
∂v2
Aρ
v2
Es ist σ =
1
1+ρ
GRS =
bzw. ρ =
α
1−α
v2
v1
1−σ
.
σ
ρ+1
(372)
(373)
Die technische Substitutionsrate ist:
(374)
.
Für ρ > −1 nimmt die GRS ab und die Isoquanten sind konvex. Der jeweilige
Verlauf der konvexen Isoquanten, die eine CES-Funktion erzeugt, hängt von
σ ab.
Fall (1)
σ→0,
ρ → ∞:
Die GRS strebt gegen null, es findet keine Substitution mehr statt. Die Krümmung der Isoquanten nähert sich einem rechten Winkel.
194
Fall (2)
0<σ<1,
ρ > 0:
Es gilt
Q
A
−ρ
(375)
= α v1−ρ + (1 − α) v2−ρ = K ,
wobei K eine Konstante für die Isoquanten darstellt. Die Isoquante schneidet nicht die Achsen, da bei v1 → 0 entsprechend a v1−ρ → ∞ ist und K
als Beschränkung dies nicht möglich machen würde. Die Isoquante verläuft
asymptotisch zu:
K
v1 =
α
Fall (3)
− ρ1
σ=1,
bzw. v2 =
K
(1 − α)
!− 1
ρ
(376)
.
ρ = 0:
Für σ = 1 wird die CES zur Cobb-Douglas-Funktion. Aufgrund ρ = 0
kann anhand der Funktion keine Entscheidung getroffen werden, da (375) zu
einer Identität wird. Man kann aber mit der Regel von L’Hospital vorgehen.
Es gilt:
ln(Q) − ln(A) =
h′ (ρ) =
h
−ln α v1−ρ + (1 − α) v2−ρ
ρ
α v1−ρ ln(v1 ) + (1 − α) v2−ρ ln(v2 )
α v1−ρ + (1 − α) v2−ρ
i
=
h(ρ)
g(ρ)
(377)
da v −ρ = e−ρ ln(v) (378)
konvergiert gegen α ln(v1 ) + (1 − α) ln(v2 ) bei ρ → 0. Nach der Regel von L’
Hospital gilt:
h′ (z)
h(z)
=
lim
z→b g ′ (z)
z→b g(z)
(379)
a = lim
so dass damit:
ln(Q) − ln(A) = α ln(v1 ) + (1 − α) ln(v2 ) ⇔ Q = A v1α v21−α
Fall (4)
σ>1,
−1 < ρ < 0:
195
(380)
Die Exponenten von (375) sind positiv. Die Isoquanten werden beide Achsen
schneiden. Ist v1 = 0, so ist v2 =
v1 =
K
α
− 1
Fall (5)
ρ
.
σ→∞,
K
(1−α)
− 1
ρ
und für v2 = 0 entsprechend
ρ → −1:
Beim Grenzübergang werden die Exponenten beider Ausdrücke auf der linken Seite von (375) gleich 1 und die Isoquanten sind gerade Linien. In diesem
Grenzfall sind die Faktoren vollständig substituierbar.
Wie sich zeigen lässt, ist die Grenzrate der technischen Substitution
also:
α
1−α
v2
v1
1
σ
=
f1
f2
dv2
dv1
=
f1
,
f2
(381)
Somit ist
v2
=a
v1
f1
f2
!σ
(382)
Obwohl die CES-Funktion mühselig anzuwenden ist, ist die GRS einfach. Mit
Hilfe der Regressionsanalyse kann man (382) identifizieren. Sind v1 und v2
Arbeit und Kapital, dann zeigt (382), wie sich das Kapital-Arbeitsverhältnis
für ein bestimmtes Gut verschiebt, wenn sich das Verhältnis Lohn-Rente ändert.
5.2
Totale Faktorvariation
Neben den Ertragskurven bei partieller Faktorvariation kann man sämtliche
Faktoren variieren (totale Faktorvariation). Dabei werden sämtliche Faktoren
mit einem µ-Wert simultan gesteigert. Funktionen, die ein konstantes Verhältnis der Produktionserhöhung bei Steigerung sämtlicher Faktoren haben,
heißen homogen.
Es kann somit gelten bei Niveauvariation:
Q(µ v1 , µ v2) = µh Q(v1 , v2 ) .
(383)
196
Für den Fall h = 1 handelt es sich um eine linear homogene Funktion mit
konstanten Skalenerträgen. Für h > 1 spricht man von steigenden Skalenerträgen. Für h < 1 spricht man von fallenden Skalenerträgen. Die Skalenelastizität wir bestimmt durch:
ǫ(Q, µ) =
∂Q
∂µ
!
µ
Qµ
= h µh−1 h = h .
Q
µ Q
(384)
Somit entspricht die Skalenelastizität dem Homogenitätsgrad.
Die Inputkoeffizienten sind:
ai =
vi
Q
also ai (µ) =
µ vi
µ vi
= h
= µ1−h ai
Q(µ vi )
µ Q(vi )
(385)
>
<
= 0 für h = 1
<
>
(386)
Somit
∂ai (µ)
= (1 − h) µ−h ai
∂µ
Bei steigenden Skalenerträgen fallen die Inputkoeffizienten, d.h. es würden
prozentual weniger Faktoren eingesetzt für eine höhere Produktionseinheit.
Für die Cobb-Douglas-Funktion ist die Skalenelastizität gleich der Summe
aus den Produktionselastizitäten:
Q = A v1α v2β ⇒ (µQ) = A (µ v1 )α (µ v2 )β
= µα+β Q .
(387)
(388)
Also ist h = α + β. Für α + β > 1 hat man steigende Skalenerträge, für
α + β = 1 konstante Skalenerträge und für α + β < 1 fallende Skalenerträge.
197
Die Niveauproduktionsfunktionen lassen sich einteilen in:
Q
d Q
d m
h = 1
m
m
d Q
d m
Q
h > 1
m
m
d Q
d m
Q
h < 1
m
Niveauertragskurve
m
Niveaugrenzertragskurve
Die Skalenelastizität misst die prozentuale Zunahme der Ausbringungsmenge
infolge einer prozentualen Änderung des Produktionsniveaus:
ǫ(Q, µ) =
dQ
Q
dµ
µ
(389)
.
198
Q
h > 1
h = 1
h < 1
v 1/v
2
Bei einer Niveauvariation werden die Faktoren v1 und v2 jeweils um µ erhöht.
v
2
D v
D m
2
Q
m
Q
D v
v
1
1
Aufgrund des Strahlensatzes gilt:
∆µ
∆v1
∆v2
dµ
dv1
dv2
=
=
⇔
=
=
.
µ
v1
v2
µ
v1
v2
199
(390)
Für homogene Funktionen gilt somit immer:
Die Skalenelastizität ergibt sich aus der Summe der Produktionselastizitäten.
∂Q
∂Q
dv1 +
dv2 ,
∂v1
∂v2
dQ
∂Q dv1 v1
∂Q dv2 v2
=
+
.
Q
∂v1 v1 Q ∂v2 v2 Q
dQ =
Mit
dv1
v1
=
dv2
v2
=
dµ
µ
(391)
(392)
folgt:
dQ µ
∂Q v1 ∂Q v2
=
+
Q dµ
∂v1 Q ∂v2 Q
(393)
und somit:
(394)
ǫ(Q, µ) = ǫ(Q, v1 ) + ǫ(Q, v2 ) .
Dies gilt für Niveauvariation, wenn alle Faktoren um dµ gesteigert werden.
Bsp.: Cobb-Douglas-Funktion mit h = α + β:
∂Q
∂Q
= α A v1α−1 v2β ,
= β A v1α v2β−1
∂v1
∂v2
⇔ (α + β) A v1α v2β = α A v1α−1 v2β v1 + β A v1α v2β−1 v2
(395)
(396)
Ist die Produktionsfunktion homogem von Grade h, so sind die Grenzproduktivitäten als Funktion von v1 , v2 homogen vom Grade h − 1.
Bsp.:
∂Q(µ v1 , µ v2 )
∂Q(v1 , v2 )
= µh
∂v1
∂v1
∂Q(µ v1 , µ v2)
∂Q(v1 , v2 )
⇔ µ
= µh
∂(µ v1 )
∂v1
∂Q(µ v1 , µ v2 )
∂Q(v1 , v2 )
⇔
= µh−1
∂(µ v1 )
∂v1
(397)
(398)
(399)
Für homogene Funktionen vom Grad 1 sind die Grenzproduktivitäten somit
vom Grad null.
200
Für die technische Subsitutionsrate ergibt sich folgende Lösung:
dv2
f∗
µh−1 f1
f1
= − 1∗ = − h−1
=−
dv1
f2
µ
f2
f2
(400)
Daraus folgt für homogene Funktionen:
Da die Niveauvariation durch ein konstantes Faktoreinsatzverhältnis µµ vv21 =
v2
= konst. gegeben ist, ist die Niveaukurve in der v1 − v2 −Ebene eine
v1
Gerade. Auf dieser Geraden sind sämtliche Substitutionsraten identisch. Im
Schnittpunkt dieser Geraden mit den Isoquanten haben die Isoquanten immer die selbe Steigung. Man kann auch sagen, dass das Verhältnis der Grenzproduktivitäten proportional von der Faktorintensität vv21 abhängt.
Man kann sich dies auch grafisch verdeutlichen:
v
2
A
B
C
Q
Q
v
Q
1
Eine Skalenelastizität > 1 bedeutet, dass die Abstände der Produktionsniveaus immer enger werden.
201
v
2
Q = 4
Q = 1
v
Q = 3
Q = 2
1
während bei einem Homogenitätsgrad h < 1 die Abstände immer größer
werden. Dies wird einem klar, wenn man sich das (Produktions-)Gebirge
vorstellt.
Q
1
v
1
1
2
1
Q = 4
1
v 1/v
Q = 1
v
2
Q = 2
Q = 3
1
Für die Cobb-Douglas-Funktion gilt:
dv2
α v2
q1
f1
=−
=
=
f2
dv1
β v1
q2
(401)
Der Expansionspfad ist somit durch die implizite Funktion:
(402)
β q1 v1 − α v2 q2 = 0
gegeben.
202
Der Expansionspfad definiert die Miminmalkostenkombination. Wir wissen,
dass die Steigung der Isoquanten gleich dem Verhältnis der Grenzproduktivitäten, respektive bei homogenen Funktionen proportional zum Faktoreinsatzverhältnis, ist. Und da das Verhältnis der Grenzproduktivitäten auch
gleich dem Faktorpreisverhältnis ist (aufgrund der Annahme der Gewinnmaximierung), muss der Expansionspfad genau wie bei einer Niveauvariation in
der v1 − v2 -Ebene eine Gerade sein.
Für linear-homogene Funktionen (h = 1) gilt, dass die Grenzproduktivität
homogen vom Grade null ist. Auf einem Strahl durch den Ursprung ist die
Grenzproduktivität somit konstant.
Die homothetische Funktion ist ein Sonderfall. Man kann sie als Allgemeinfall
ansehen. Zunächst ist sie konvex, dann konkav.
(403)
Q = Q(V ) = F (H(V ))
F (z)
F (0) = 0 , F (1) = 1 ,
F ′ > 0 für z > 0
′′
∗
F > 0 für 0 < z < z , F ′′ < 0 für z ∗ < z < z ∗∗
Q
(404)
d Q
d m
h < 1
h > 1
m
Zunächst fallen die Inputkoeffizienten, da h > 1, dann fallen die Skalenerträge (h < 1) und die Inputkoeffizienten steigen. Wenn die Skalenerträge fallen,
203
m
dann wird weniger produziert, aber für die gleiche Mengeneinheit mehr Faktoreinsatz benötigt. Da die Inputkoeffizienten vQi den Faktoreinsatz für eine
Produktionseinheit angeben, steigen die Inputkoeffizienten. Die homothetische Funktion ist somit das „Ertragsgesetz“ für Niveauvariaton.
Auch bei homothetischen Funktionen ist die Faktorintensität konstant und
die Niveaukurve im v1 − v2 -Diagramm eine Gerade.
5.3
5.3.1
Kosten
Kurzfristige Kostenfunktionen
Es werden kurzfristige Kostenfunktionen und langfristige Kostenfunktionen
unterschieden. Zur Erleichterung der Vorstellung wird bei vielen Autoren
angenommen, dass in der kurzfristigen Analyse nur ein Faktor variabel ist,
d.h. Q(v1 , v̄2 ). Die Kostenfunktion ergibt sich somit sehr einfach über die
Ertragskurve, indem die Faktormenge mit dem Faktorpreis multipliziert wird
und die fixen Kosten hinzuaddiert werden.
K(Q) = q1 v1 (Q) + q2 v̄2 = q1 v1 (Q) + F .
(405)
Der Graph wird somit um die 45◦ -Achse gespiegelt. Fallende Grenzerträge
bedeuten somit steigende Kosten.
Bsp.: Die neoklassische Funktion:
204
Q
K
F
v
Q
1
Es gibt folgende wichtige Begriffe:
• Totale Durchschnittskosten: DTK =
q1 v1 F
+
.
Q
Q
• Durchschnitt der variablen Kosten: DVK =
• Grenzkosten: GK =
q1 v1
.
Q
∂K
.
∂Q
• die durchschnittlichen Fixkosten: DFK =
F
.
Q
Somit lassen sich für die einzelnen Ertragskurven folgende Kostenkurven bestimmen:
5.3.2
Die linear-limitationale Produktionsfunktion
Die durchschnittlichen Fixkosten werden immer kleiner, da die Fixkosten
auf eine immer größer werdende Produktionsmenge umgelegt werden. Da
die Kostenkurve bis zum Punkt B eine konstante Steigung besitzt, sind die
durchschnittlichen variablen Kosten und die Grenzkosten positiv und konstant. Die totalen durchschnittlichen Kosten liegen um DFK über der DVKKurve. Ab dem Punkt B macht die Verwendung des Faktors v1 keinen Sinn
205
Q
K
G K
K
D T K
B
D V K
G K , D V K
F
D F K
v
Q
1
Q
mehr, die Kosten steigen sprunghaft an. Dort ist die Produktion ineffizient,
da v1 gar nicht verwendet wird.
5.3.3
Die neoklassische Funktion
Die Grenzkosten sind steigend, die durchschnittlichen variablen Kosten nehmen ebenfalls zu, sind jedoch kleiner als die Grenzkosten, da tan(β) < tan(α).
Die durchschnittlichen Fixkosten sind zunächst ∞, da sich die konstanten
Fixkosten auf eine minimale Ausbringungsmenge umlegen, dann schmiegen
sie sich an die Abszisse an. Aufgrund DTK=DVK+DFK ist die DTK-Kurve
immer größer als die DVK-Kurve und läuft bei Q → ∞ asymptotisch gegen
die DVK-Kurve.
Q
K
K
v
F
a
b
D T K
G K
D V K
D F K
Q
1
206
Q
5.3.4
Ertragsgesetzliche Funktion
Q
K
B
K
D T K
D V K
F
v
G K
B
D F K
Q
1
Q
Wie sonst liegen die DTK über den DVK und DFK. Im Punkt B hat die
Kostenkurve eine Steigung, die gleich den durchschnittlichen variablen Kosten ist. Links von B sind die Grenzkosten kleiner als die durchschnittlichen
variablen Kosten. Rechts von B umgekehrt, d.h. die Grenzkosten sind größer
als die DVK. Im Punkt B haben die Grenzkostenkurve und die DVK-Kurve
einen gemeinsamen Punkt. Dieser Kostenverlauf wird als typisch angesehen.
Die Auswirkungen auf die Angebotsfunktion werden sich später zeigen.
5.3.5
Bestimmung der konstenminimalen Menge
Da es sich jedoch anbietet, mit 2 Faktoren auch in der kurzfristigen Analyse
zu arbeiten, lauten bei manchen Autoren die kurzfristigen Kosten wie folgt:
K(v1 , v2 , F ) = q1 v1 + q2 v2 + F .
(406)
Die Kostenkurve K(Q) ergibt sich folgendermaßen. Für eine gegebene Produktionsmenge Q = f (v1 , v2 ) sollen die Kosten minimiert werden.
Die Lagrange-Funktion lautet:
L = K(v1 , v2 , F ) + λ (Q − f (v1 , v2 )) → min .
(407)
Daraus ergeben sich die Bedingungen 1. Ordnung:
(408)
(409)
(410)
L1 = q1 − λ f1 = 0 ,
L2 = q2 − λ f2 = 0 ,
Lλ = Q − f (v1 , v2 ) = 0 ,
207
woraus folgt:
⇒
q1
f1
=
,
q2
f2
λ=
q1
q2
=
.
f1
f2
Die Steigung der Isoquanten
hältnis der Faktoren:
dv2
dv1
= − ff12 ist gleich dem reziproken Preisver-
dv2
q1
=− .
dv1
q2
1
λ
f1
q1
(411)
(412)
ist gleich dem Grenzertrag des Geldes:
Grenzertrag des Faktors 1
Grenzertrag des Faktors 1
Faktoreinheit
= zusätzliche
zusätzlicher Geldbetrag = zusätzlicher Geldbetrag
zusätzliche Faktoreinheit
208
Es lassen sich mehrere Interpretationen geben:
• Der Grenzertrag des Geldes ist für jeden Faktor gleich: fq11 = fq22 . Ist dies
nicht der Fall, so erzielt das Geld in der alternativen Verwendung einen
höheren Ertrag und die Ausgaben für die Faktoren sollten umgeschichtet werden.
1
2
• die Faktorgrenzkosten sind gleich ∂v
q = ∂v
q . Dies ist der zusätzliche
∂Q 1
∂Q 2
Faktoreinsatz, der notwendig ist, um eine weitere Ausbringungseinheit
herzustellen multipliziert mit den Kosten des Faktors.
Bei alternativ substituierbaren Produktionsfaktoren schneiden die Isoquanten die Achsen. Daher ist dort auch eine Randlösung möglich. Hierbei sind
1
2
die Optimalitätsbedingungen nicht erfüllt. Es gilt z.B.: ∂v
q > ∂v
q , somit
∂Q 1
∂Q 2
wird nur Faktor 2 in der Produktion verwendet, da der Faktor 1 gemessen
an seiner Produktivität zu teuer ist. Auch bei Nebenbedingungen als Ungleichungen (wie v1 ≥ 0, v2 ≥ 0) kann es sein, dass die Optimalitätsbedingung im
ersten Quadranten nicht erfüllt ist. Dann ist auch eine Randlösung möglich.
Dann gelten die Kuhn-Tucker-Bedingungen: [λ − fqii ] vi = 0 mit λ ≤ fqii und
vi ≥ 0 für i = 1, 2.
Man kann sich dies auch im Graph verdeutlichen:
v
2
K -F
q 2
E x p a n s io n s p fa d
K -F
q 1
v
1
(413)
K = q1 v1 + q2 v2 + F ,
209
q1
K −F
− v1 ,
q2
q2
v1
v2
1 = K−F + K−F .
(414)
v2 =
q1
(415)
q2
Bei einer Steigerung von q1 verschiebt sich der Abszissenabschnitt nach innen. Gleichzeitig erhöht sich die Kostensumme. Somit verschiebt sich der
Ordinatenabschnitt ebenso ein wenig nach außen.
Im Optimum geht es darum, dass die Kostenkurve die Isoquante tangiert.
Somit:
f1
q1
dv2
=− =− .
dv1
f2
q2
(416)
Die Gesamtheit aller kostenminimierenden Faktorkombinationen sind durch
den Expansionspfad bestimmt. Er ergibt sich aus den Bedingungen 1. Ordnung, indem die Zuordnung zwischen v1 und v2 gewonnen wird. Der Expansionspfad einer homogenen oder homothetischen Funktion ist immer eine
Ursprungsgerade.
Bsp. für Cobb-Douglas-Funktion:
Q = A v1α v2β ,
L = q1 v1 + q2 v2 + F + λ(Q̄ − A v1α v2β ) ,
∂L
= q1 + λ(−A α v1α−1 v2β ) = 0
∂v1
Q̄
⇔ q1 + λ (− α) = 0 ,
v1
∂L
Q̄
= q2 + λ (− β) = 0 ,
∂v2
v2
∂L
= Q̄ − A v1α v2β = 0 ,
∂λ
q1
α v2
=
,
q2
β v1
oder v2 =
β
α
v1
q1
q2
= c v1 , da
β q1
α q2
= konst.
210
(417)
(418)
(419)
(420)
(421)
(422)
(423)
Die kostenminimierende Faktorkombination lautet:
Q̄ = A v1α v2β = A v1α cβ v1β = A v1α+β cβ ,
Q̄ −β
c
A
v1∗ =
!
1
α+β
Q̄ α
c
A
v2∗ =
,
!
(424)
1
α+β
(425)
.
Für α + β = 1 folgt:
v1∗ =
Q̄ α−1
c
,
A
v2∗ =
Q̄ α
c .
A
(426)
Die Kostenfunktion wird aus den Bedingungen 1. Ordnung ermittelt, indem
v1∗ und v2∗ in die Funktion K(v1 , v2 , F ) eingesetzt wird. Für (α + β = 1)
erhalten wir:
K(Q̄) = (q1 cα−1 + q2 cα )
Für α = β =
1
2
Q̄
+F .
A
ergibt sich z.B. mit c =

K(Q̄) = q1
q1
q2
!−1/2
(427)
1/2 q1
1/2 q2
q1
q2
+ q2
=
!1/2 

√
Q̄
= 2 q1 q2 + F .
A
q1
:
q2
Q̄
+F
A
(428)
(429)
Allgemein lautet die Kostenfunktion einer Cobb-Douglas-Funktion:
1
− α+β
K(Q) = (α + β) A
Aus Q = A v1α v2β und
Q
v1 =
A
1
α+β
v2
v1
q1
α
=
β q1
α q2
−β
α+β
q1
α
α
α+β
q2
β
!
β
α+β
1
Q α+β + F .
(430)
folgt:
q2
β
!
β
α+β
.
(431)
Für α + β = 1 gilt insbesondere:
K(Q) = a q1α q2β Q + F .
(432)
211
Für homogene Funktionen nehmen die variablen Kosten K = q1 v1 + q2 v2
mit Q homogen zu, d.h. K steigert sich um µ und Q um µh . Somit wächst
K gemessen an Q homogen vom Grad h1 .
• Ist h > 1, dann hat die Kostenfunktion fallende Grenzkosten
1
h
• Ist h < 1, dann hat die Kostenfunktion steigende Grenzkosten
< 1.
1
h
> 1.
• für h = 1 sind die Grenzkosten konstant.
Somit kann alles, was wir über homogene Funktionen kennen, auf die Kostenfunktionen übertragen werden.
Charakteristika der Prod.-Funktion
konstante
Grenzerträge
Q = a v1
1/2
Q = a v12
Q = a v12 v2
abnehmende
Grenzerträge
sinkende
Skalenerträge
erst zu- dann
abnehmende
Grenzerträge
Q=
a v12
v13 +a
1 Faktor
linear
linear
überlinear
unterlinear
unterlinear
überlinear
ertragsges.
ertragsges.
1/2
Q = a v1 v2
steigende
Skalenerträge
1/2
Verlauf der
Kostenfkt.
konstante
Skalenerträge
zunehmende
Grenzerträge
Q = a v1
Verlauf der
Niveauprod.-fkt.
1/3
1/4
Q = a v1 v2
erst steigende, dann
sinkende
Skalenerträge
Q=
1
2
v12 v22 − 14 v13 v23
2 Faktoren
Q = Q(v1 ) K(Q) = VK + FK
212
Für die einzelnen Funktionen lassen sich die Gesetzmäßigkeiten aufstellen.
1) linear homogen (DVK=GK):
K
K
G K , D V K
F
D V K = G K
D T K
D F K
Q
Q
Grenzkosten und durchschnittliche Kosten sind konstant.
2) unterlinear homogen (DVK < GK):
K
K
D T K
G K
D V K < G K
D V K
F
D F K
Q
Q
213
3) überlinear homogen (DVK > GK):
K
K
D V K > G K
D T K
F
Q
D V K
G K
D F K
Q
4) homothetische Funktion:
D V K < G K
D V K > G K
K
K
G K
D T K
D V K
F
D F K
Q
Q
Zunächst steigende, dann fallende Skalenerträge.
Dieser Verlauf wird als typischer Kostenverlauf bezeichnet. Man hat dabei
die Vorstellung, dass entlang des Expansionspfades der Einsatz der variablen
Faktoren zunächst in eine günstige Relation mit den fixen Faktoren hineinwächst und daher der Kostenzuwachs abnimmt, während später die Relation
zwischen variablen und fixen Faktoren zunehmend ungünstiger wird und sich
dabei der Kostenzuwachs fortgesetzt vergrößert. Eine solche Kostenfunktion
214
sei z.B. durch die kubische Funktion gegeben:
K(Q) = a Q3 + b Q2 + c Q + F ,
a, c > 0 ,
b<0.
(433)
Da alle Faktoren gemäß dem Expansionspfad zu variieren sind, ist die Bezeichnung „ertragsgesetzlicher Kostenverlauf“ bei mehreren Faktoren irreführend. Der typische Kostenverlauf lässt sich mit dem Ertragsgesetz allerdings
dann begründen, wenn nur ein variabler Faktor vorhanden ist. In diesem Fall
gibt es keine Isoquanten und es entfällt die Wahl der optimalen Faktorkombination entlang eines Expansionspfades.
(434)
Q = f (v1 ) .
In einem einzelnen Spezialfall kann man auch bei mehreren Faktoren von einem ertragsgesetzlichen Kostenverlauf sprechen. Wir können uns vorstellen,
dass diese Produktionsfunktion aus zwei homogenen Funktionen mit einheitlichem Expansionspfad besteht, die eine mit dem Homogenitätsgrad h > 1,
die andere mit h < 1. Der typische Kostenverlauf folgt unmittelbar aus der
Eigenschaft des Expansionspfades, ein Strahl aus dem Ursprung mit zunächst
schrumpfender, später wieder expandierender Produktionsmengenskala zu
sein. Somit, da die Faktorintensität konstant ist, lassen sich die Faktoren
zu einem Faktor zusammenfassen. Sonst kann es durchaus sein, dass für die
einzelnen Faktoren das Ertragsgesetz gilt, die Kostenkurve aber nicht den
typischen Verlauf zeigt. Ebenso muss eine typische Kostenkurve nicht Faktoren mit ertragsgesetzlichen Produktionsfunktionen haben.
Die Ableitung der Kostenfunktion nach den Faktorkosten entspricht der Nachfragefunktion für v1 :
∂K(q1 , q2 , Q)
= vi .
∂qi
(435)
Bei steigendem Faktorpreis nehmen die Grenzkosten zu, wenn der Faktor
bei der Produktion verwendet wird und der Einsatz mit der Produktion zunimmt.
∂K ′
∂2K
∂vi
=
=
.
∂qi
∂Q∂qi
∂Q
(436)
215
5.3.6
Langfristige Kostenfunktionen
Die langfristige Kostenfunktion wird ermittelt, indem alle Faktoren, auch die
kurzfristig fixen Faktoren, variabel wählbar sind. Der Ordinatenabschnitt
ist somit null. Bei der langfristigen Kostenfunktion kann die Betriebsgröße
gewählt werden. Diese Wahl ist von der gewünschten Produktionsmenge abhängig. Geringe Produktionsmengen werden am günstigsten in einem kleinen
Betrieb, große Produktionsmengen in einem entsprechend größeren produziert. Ein Unternehmen trifft die Wahl seiner Kapazität dann optimal, wenn
für eine gegebene zu produzierende Menge die Kosten minimal sind. Wenn
alle Faktoren variabel sind, ist die Kostenfunktion geringer als wenn zusätzlich Nebenbedingungen gelten. Somit ist die langfristige Kostenfunktion die
Umhüllende der kurzfristigen Kostenfunktionen. Nur in einem Punkt, wenn
die Ausbringungsmenge in der kurzfristigen Analyse zugleich das Optimum
in einer langfristige Analyse ist, stimmen die Kosten überein. Sonst sind die
kurzfristigen Kosten immer größer.
K
K
1
K
2
K
l
F
Q
Für kurzfristige Analysen mit nur 1 Faktor werden die Zusammenhänge besonders deutlich. Z.B. bei einer Cobb-Douglas-Funktion mit α + β = 1 ist
die Niveauproduktionskurve eine Gerade durch den Ursprung. Somit ist die
langfristige Kostenfunktion linear.
216
Bsp.: Q = A v1α v21−α
Q = A v1α v̄21−α
lang ,
kurz .
Die kurzfristige Kostenfunktion ist gegeben durch:
K(q1 , Q) = q1
Q
c
1/α
mit c = A v̄21−α , 0 < α < 1 .
+ q2 v̄2
(437)
Für größeres v2 wird c größer und q1 v1 kleiner.
K (v 2)
K
v 2> v
F = q 2v
2
K
2
l
G K
K
K
K (v 2)
Q
D T K
Q
D V K
l
Q *
D F K
Q
In diesem auch langfristigen Optimum sind die GK=DTK. Für beliebige Kostenfunktionen muss GKl =GK gelten. GK=DTK muss nicht gelten.
217
K
A
B C
K
l
F
A : G K = D V K
B : G K = G K l
C : G K = D T K
Q
Wenn die Ursprungsgerade die Kostenfunktion tangiert, dann sind die Grenzkosten gleich den durchschnittlichen totalen Kosten. Für die Gerade vom Ordinatenabschnitt F gilt im Punkt A GK=DVK. Der Punkt B, in dem die
kurzfristige die langfristige Kostenkurve tangiert, kann woanders liegen. Mit
Hilfe der Kostenkurven kann man die optimale Betriebsgröße finden. In der
kurzfristigen Periode kann man nur mit der gegebenen Betriebsgröße arbeiten. Dort bestimmt die Betriebsgröße die fixen Kosten F . Ist die Entscheidung bezüglich des fixen Faktors getroffen, kann sie kurzfristig nicht mehr
verändert werden. Für die Produktionsmenge Q̄ bestünde jedoch auch kein
Anlass. Denn die Wahl der Kapazität wurde ja im Hinblick auf die Produktion der Menge Q̄ optimal getroffen. Wir befinden uns sowohl im langfristigen
= 0, da die
als auch kurzfristigen Kostenminimum. Für die Menge Q̄ ist ∂K
∂F
Kapazität F bezüglich der Menge Q̄ optimal gewählt wurde. Also gilt:
∂Kl
∂K(Q̄, F̄ ) ∂K(Q̄, F̄ ) dF̄ (Q̄)
∂K(Q̄, F̄ )
=
+
=
⇔ GK = GKl (438)
∂Q
∂Q
∂F
dQ
∂Q
Für die langfristige Kostenfunktion gibt es nur eine Durchschnittskostenkurve, da die fixen Kosten null sind. Die minimalen kurzfristigen Durchschnittskosten markieren die kostenminimale Produktionsmenge für die kurzfristige
Periode.
218
K
Q
1
Q
3
Q
Q
2
Solange die langfristigen Durchschnittskosten fallen, berühren die kurzfristigen Durchschnittskostenkurven die DKl ebenfalls in deren fallenden Bereich
(sonst könnten die Steigungen nicht übereinstimmen). Die Menge Q1 wird
somit am kostengünstigsten nicht mit einer Kapazität produziert, die dem
Minimum einer kurzfristigen Durchschnittskurve entspricht, sondern mit einer Betriebsgröße, bei der das Minimum der zugehörigen kurzfristigen Durchschnittskostenkurve noch nicht erreicht ist. Das ähnliche gilt für Q2 im steigenden Ast. Die optimale Betriebsgröße liegt bei der Produktionsmenge Q3 .
Dort erreicht die langfristige Durchschnittskostenkurve ihr Minimum und daher auch die tangierende kurzfristige. Die Produktionsmenge Q3 kann bei der
Wahl der zugehörigen Kapazität mit den geringstmöglichen Stückkosten produziert werden.
Im Falle einer linear homogenen Produktionsfunktion sind die Grenzkosten
konstant. Dort sind konstante Skalenerträge vorhanden. In diesem Fall liegt
der Schnittpunkt zwischen der langfristigen und der jeweiligen kurzfristigen
Durchschnittskostenkurve gerade im Minimum der entsprechenden kurzfristigen Durchschnittskostenkurve. In diesem Fall ist die optimale Betriebsgröße
unbestimmt. Liegt der Güterpreis über den langfristigen Durchnittskosten,
so lohnt es sich für ein Unternehmen, den Produktionsapparat auszubauen.
Bei einem Güterpreis, der den langfristigen Durchschnittskosten entspricht,
ist jede Betriebsgröße optimal. Gesamtwirtschaftlich sieht man, dass im Optimum die Unternehmen gerade keinen Gewinn machen. Ist der Preis höher
als die duchschnittlichen langfristigen Kosten, dann lohnt es sich auch für
219
andere Unternehmen, dieses Gut zu produzieren. Obwohl ein Unternehmen
den Preis als Datum auffasst, können alle Unternehmen jedoch gemeinsam
einwirken. Da das Angebot steigt, ist zu erwarten, dass der Preis sinkt, bis
im Extremfall der Güterpreis gleich den langfristigen Durchschnittskosten ist.
K
D K
p *
D K
1
2
K
p
l
Q
Q
Für unterlineare Kostenfunktionen gibt es kein Betriebsoptimum. Da die
Durchschnittskosten immer wieder sinken, wird das Unternehmen bestrebt
sein, einen möglichst großen Betrieb zu führen. Auch in diesem Fall stimmt
das Optimum der kurzfristigen Kostenfunktionen (im Minimum der Durchschnittskosten) nicht mit dem langfristig kostengünstigsten Produktionsplan
überein.
K
K
1
K
2
K
K
D K
Q
l
Q
1
o p t
1
(k o s te n g ü n s tig )
fü r B e trie b s g rö ß e F
D T K
Q
Q
220
1
Q
o p t
Q
l
Empirische Studien haben gezeigt, dass für die Industrie ein Verlauf der
langfristigen Kosten als typisch gelten kann, der erst durch steigende und
anschließend durch konstante Skalenerträge geprägt ist. Bei einer weiteren
Ausdehnung der Betriebsgröße treten schließlich sinkende Skalenerträge auf.
Die langfristige Durchschnittskostenkurve hat dann das Aussehen einer Badewanne. Die minderoptimale Betriebsgröße ist (MOG).
K
Q
D K
1
1
Q
(M O G )
D K
2
2
D K
l
Q
Betrachtet man die Durchschnittskostenkurven bei gegebener Betriebsgröße,
lassen sich folgende Aussagen machen. Wie sich zeigen wird, wird für ein Gut
ein Preis gewählt, der gerade den Grenzkosten entspricht (p = GK). Somit ist
das Betriebsminimum (Q2 ) dort, wo die Grenzkosten gleich den variablen
Durchschnittskosten sind. Dabei kann man zwar nicht mit Gewinn arbeiten,
aber da die fixen Kosten sowieso anfallen, minimiert man mindestens den
Verlust. Wenn die totalen Durchschnittskosten minimal sind, dann spricht
man vom Betriebsoptimum oder der Gewinnschwelle (Q3 ). Erst wenn der
Preis größer ist als das Minimum der DTK, dann macht man Gewinn. Gesamtwirtschaftlich ist dies ein Optimum, da dann alle Anbieter gerade keinen
Gewinn machen und die aggregierte Angebotsfunktion konstant ist. Dass der
Gewinn null ist, bedeutet aber nicht, dass nichts gewonnen wird. Die kalkulatorischen Kosten wie Unternehmerlohn sind in den Kosten eingeschlossen.
221
Q
K
: G K = D V K
Q 3: G K = D T K
G K
2
D T K
D V K
D F K
Q
5.4
2
Q
3
Q
Dualität
Auch hier lässt sich ein duales Problem lösen.
Q = f (v1 , v2 ) → max mit K = q1 v1 + q2 v2 + F .
v
2
fü r K * is t Q m a x im a l
v
1
Somit gilt Q = Q(q1 , q2 , K).
Shephard’s Lemma lautet:
∂K(q1 , q2 , Q)
q2
= vi∗ ( , Q)
∂qi
q1
i = 1, 2 .
222
(439)
Man spricht von konditionaler Faktornachfrage oder in Analogie zu Hick’schen
Nachfrage des Haushalts von kompensierter Faktornachfrage:
qj
vi∗ = vi ( , Q̄) ,
(440)
qi
da die Minimalkostenkombination bei gegebener Produktionsfunktion vom
Verhältnis der Faktorpreise qq21 und der zu produzierenden Menge Q̄ abhängt.
K = q1 v1 (
5.5
q2
q1
, Q) + q2 v2 ( , Q) + F = K(q1 , q2 , Q)
q1
q2
(441)
Das Angebot
Es stellt sich nun die Frage wie das Angebot gewählt werden soll bei gegebenem Marktpreis. Für einen Mengenanpasser ist der Marktpreis ein Datum.
Es stellt sich für also nur die Frage der Produktionsgröße. Er wird eine solche
Produktion wählen, dass sein Gewinn maximiert wird. Der Erlös ergibt sich
aus der Produktion multipliziert mit dem Marktpreis:
(442)
E = pQ .
Der Gewinn ermittelt sich aus Erlös minus Kosten. Die Kostenfunktion gibt
wie bekannt bereits die kostenminimale Menge an. Unter diesen kostenminimalen Mengen wird nun diejenige gewählt, die bei gegebenem Preis den
größten Gewinn erwirtschaftet:
G = E − K = p Q − q1 v1 − q2 v2 − F → max .
(443)
Aufgrund der kostenminimalen Menge kennen wir K(v1 , v2 , F ) in Abhängigkeit von Q ⇒ K(Q, F ).
G = p Q − K(Q) ,
∂G
∂K
= p−
= p − GK = 0 ⇔ p = GK ,
∂Q
∂Q
∂2G
∂2K
=
0
−
< 0 ⇔ K ′′ > 0 .
2
2
∂Q
∂Q
(444)
(445)
(446)
Der Preis muss gleich den Grenzkosten sein und dies muss im steigenden
Ast der Grenzkostenkurve der Fall sein. Diese Bedingung ist klar. Sie ist nur
erfüllt für fallende Grenzerträge oder fallende Skalenerträge, also für konkave
Technologien. Wie sich zeigen lässt, ist bei konstanten GK oder fallenden GK
223
die Absatzmenge unbestimmt.
Man kann die Ableitung auch schreiben:
∂G
∂Q
∂p
Q + p − GK = 0
∂Q
1
∂p Q
⇔ p(
+ 1) = GK ⇔ p (
+ 1) = GK
∂Q p
ǫQ,p
(447)
=
(448)
Man bezeichnet diese Beziehung auch als Amoroso-Robinson-Beziehung.
ǫQ,p ist die Preiselastitzität der Nachfrage. Da E ′ (Q) ≥ 0 gelten muss, folgt
daraus die Nebenbedingung:
p(
1
ǫQ,p
+ 1) ≥ 0 ⇒
1
ǫQ,p
(449)
≥ −1 ⇔ ǫQ,p ≤ −1 .
Da wir unterstellen, dass das Unternehmen ein Mengenanpasser ist, ist ǫQ,p =
−∞. Steigt der Preis nur um 10%, so verliert er sofort alle Nachfrager. Somit
gilt für den Mengenanpasser: p = GK.
Eine weitere Bedingung ist notwendig.
K
K ,E
E = p Q
D T K
K
G K
K
p
D V K
m a x
Q
Q
G K
D T K
D V K
p
Q
o p t
Q
Aus der ersten Abbildung sehen wir, dass im Gewinnmaximum der Abstand
zwischen E und K maximal sein soll. Dies gilt für den Punkt, in dem die
Steigungen gleich sind. Eine weitere Bedingung kann man aus den beiden
anderen Abbildungen ersehen. Liegt der Preis über den durchschnittlichen
totalen Grenzkosten, dann macht das Unternehmen den schraffiert dargestellten Gewinn. Werden weniger als die DTK erwirtschaftet, so lohnt sich
die Produktion zunächst, wenn der Preis über den DVK liegt, da wenigstens
ein Deckungsbeitrag zu den Fixkosten anfällt, die ohnehin bezahlt werden
224
müssen. Ist die Preiserwartung so, dass die Unternehmung von einem steigenden Preis ausgeht, dann wird sie bereit sein, für eine geraume Zeit unter den DTK zu produzieren und vielleicht auf Lager zu produzieren. Das
langfristige Betriebsoptimum liegt im Minimum der DTK-Kurve. Dort wird
gerade kein Gewinn erzielt.
Dass p=GK sein muss, lässt sich plausibel erklären. Wird rechts vom Optimum produziert, dann sind die Grenzkosten höher als der Grenzerlös. Die
Produktion lohnt sich nicht. Für geringere Produktion sind die Grenzkosten
zwar geringer, aber man verliert einen Teil des Erlöses. Streng genommen gilt
diese Optimierung nur für konkave Technologien oder bei ertragsgesetzlichem
Verlauf bei fallenden Grenzerträgen oder fallenden Skalenerträgen.
K
K
F
1
K
K
2
K
F
3
3
K
l
D K
D K
1
2
F
2
1
Q
G K
1
Q
3
1
Q
G K
2
G K l= D K
l
Q (= K a p a z itä ts g re n z e )
Q
Es spielt dabei keine Rolle, von welcher Kostenfunktion man ausgeht, ob von
einer kurz- oder langfristigen Kostenkurve. Wie bereits bekannt, kann langfristig die Betriebsgröße gewählt werden. Für steigenden Fixkosten-Faktoreinsatz, d.h. zunehmender Betriebsgröße, gilt eine andere Produktionsfunktion, folglich auch ein anderes System von Isoquanten und Minimalkostenkombinationen. Drei typische Kostenverläufe sind eingezeichnet. Die Funktion K 1 gilt bei relativ kleiner Betriebsgröße F 1 . Sie ist für kleinere Mengen Q
günstiger. Das Minimum der Kosten findet sich jeweils in Q1 oder z.B. Q3 .
Die Umhüllende all dieser Minima ergibt die langfristige Kostenkurve. Da in
den Minima GKi = GKl , schneidet die Grenzkostenkurve GKi die langfristige
Grenzkostenkurve von unten, da die kurzfristige Kostenkurve steiler verläuft.
225
In diesem Fall ist die langfristige Kostenkurve konkav. Würde man eine Angebotskurve anhand der langfristigen Kostenkurve erstellen, wäre die Angebotsmenge nicht bestimmt, sondern die Unternehmung würde bei einem
Preis p = GKl so viel wie möglich produzieren, mindestens also bis an die
Kapazitätsgrenze gehen. Für einen Preis unter den langfristigen Grenzkosten
würde sich die Produktion nicht lohnen. Ähnlich ist es bei steigenden Grenzerträgen bzw. steigenden Skalenerträgen, da es auch hier Sinn macht, die
Produktion immer weiter auszuweiten. Hier versagt also die Optimalitätsbedingung p = GK.
K
1
K
K
F
F
K
2
D K
2
l
p
1
G K
Q
Q
5.5.1
D K
l
l
Analyse des Gewinnmaximus
Analytisch lässt sich wie folgt vorgehen.
G = pQ−
m
X
(450)
qi vi .
i=1
Wir bilden den Lagrange-Ansatz.
L = pQ−
m
X
i=1
qi vi − λ [Q − f (v1 , v2 , · · · , vm )] ,
∂L
= p−λ = 0 ,
∂Q
(451)
(452)
226
∂f
∂L
= −qi + λ
=0
i = 1, · · · , m ,
∂vi
∂vi
∂L
= −[Q − f (v1 , · · · , vm )] = 0 .
∂λ
(453)
(454)
Daraus folgen folgende Beziehungen:
qi = p
∂f
= p fi ,
∂vi
(455)
p = qi
∂vi
,
∂Q
(456)
oder
oder
qi
= fi .
p
(457)
fi ist die Grenzproduktivität des Faktors i. Bewertet mit dem Produktpreis
ist sie eine Wertgröße und heißt Wertgrenzprodukt. Das Wertgrenzprodukt
ist jener Betrag, den der Unternehmer beim Verkauf einer zusätzlichen Menge
erlösen kann. Es ist aber auch gleichzeitig der Betrag, den das Unternehmen
bereits wäre für den Faktor zu zahlen, also qi = p fi .
qi
p
kann mal als Realentlohnung des Faktors i auffassen, wobei die nominale
Entlohnung auf den Preis des in diesem Unternehmen hergestellten Produkts
bezogen wird. Das Optimum ist erreicht, wenn die Faktoren in einer solchen
Menge eingesetzt werden, dass sich ihre Grenzproduktivitäten der Realentlohnung angeglichen haben, wenn also die Faktoren nach ihren Grenzprodukten real entlohnt werden ( qpi = fi ).
Die Faktorgrenzkosten werden durch fqii bestimmt. Somit gilt, dass die Faktorgrenzkosten, die wie in jeder Minimalkostenkombination sich sowieso angleichen, darüber hinaus gleich dem Marktpreis bzw. den Grenzkosten überhaupt
sind (p = fqii ).
λ ist wie in der Haushaltstheorie der Schattenpreis einer zusätzlichen Outputeinheit. Im Gewinnmaximum sind Schatten- und Marktpreis gleich. Ist
der Lagrange-Multiplikator λ = p, dann erhält der Unternehmer für jede
„zuviel“ produzierte Einheit auf dem fiktiven Markt nun einen Preis in der
227
Höhe von p, während seine Grenzkosten höher sind als p. Für jede „zu wenig“
produzierte Outputeinheit, die der Unternehmer zukauft, zahlt er den Preis
p, während seine Grenzkosten geringer wären als p.
Eine zusätzliche Bedingung, die erfüllt wird, ist die Minimalkostenkombination, wenn man die Gleichungen dividiert. Dies ist klar, da die Kostenfunktion
K(Q) bereits die Minimalkostenkombination erfüllt.
qi
fi
=
.
qj
fj
(458)
∂Q
Aufgrund der Gleichung qi = p ∂v
erhält man:
i
qi vi = p
∂Q vi
Q ⇔ qi vi = p Q ǫQ,vi
∂vi Q
(459)
Das bedeutet, dass die Faktoren gemäss den Produktionselastizitäten entP
lohnt werden. Für m
i=1 ǫQ,vi = 1 wird der gesamte Erlös E = p Q auf die
Faktoren verteilt und es entsteht kein Gewinn. Bei konkaver Technologie
Pm
Teil der Gewinne zu, während bei
i=1 ǫQ,vi < 1 fließt den Faktoren nur ein
Pm
steigenden Skalenerträgen, also ǫQ,µ = n=1 ǫQ,vi > 0, die Faktoren nicht
nach den Wertgrenzprodukten entlohnt werden können, da sonst mehr als
der Erlös verteilt würde.
G = pQ− K = pQ−
= Q p (1 −
m
X
i=1
m
X
i=1
qi vi − F = Q p −
m
X
i=1
fi p vi − F
(460)
(461)
ǫQ,vi ) − F .
Ähnliches kann man mit Hilfe des Euler-Theorems feststellen.
∂Q(µ v1 , µ v2) ∂µ vi
= h µh−1 Q(µ v1 , µ v2)
µ=1
∂(µ vi )
∂µ
i=1
m
X
m
X
m
X
∂Q
⇔
vi = h Q ⇔
fi vi = h Q .
i=1 ∂vi
i=1
(462)
(463)
Multipliziert mit p erhält man:
(464)
p f1 v1 + p f2 v2 = p Q h .
228
Für linear-homogene Produktionsfunktionen gilt das Adding-Up-Theorem.
Aufgrund p f1 = q1 gilt:
(465)
q1 v1 + q2 v2 = p Q .
Der Erlös wird bei einer linear homogen Produktionsfunktion also vollständig auf die Produktionsfaktoren aufgeteilt.
Der Konkurrenzdruck sorgt bei offenen Märkten dafür, dass im langfristigen Gleichgewicht jedes Unternehmen mit mindestoptimaler Betriebsgröße
im Betriebsoptimum produziert und Nullgewinn erzielt. Das Adding-UpTheorem folgt in diesem Fall auch für klassische Kurvenverläufe (erst steigende, dann fallende Skalenerträge) aus der Nullgewinnbedingung:
(466)
(467)
G = p Q − q1 v1 − q2 v2 = 0
⇔ p Q = q1 v1 + q2 v2 .
5.5.2
Eine Analyse des Extremalproblems
Die analytische Lösung lautet:
(468)
(469)
(470)
p f1 = q1 ,
p f2 = q2 ,
Q = f (v1 , v2 ) .
Folglich gilt:

p f11 dv1 + p f12 dv2 = dq1 − f1 dp ,
p f21 dv1 + p f22 dv2 = dq2 − f2 dp ,
−f1 dv1 − f2 dv2 + dQ = 0 ,



(471)
(472)
(473)

dv1
p f11 p f12 0
dq1 − f1 dp





 p f21 p f22 0   dv2  =  dq2 − f2 dp  .
−f1 −f2 1
0
dQ
(474)
Nach der Cramer’schen Regel gilt:
2
∆ = p2 (f11 f22 − f12
),
1
dQ =
[(dq2 − f2 dp) (−f1 p f12 + p f11 f2 )
∆
229
(475)
(476)
+(dq1 − f1 dp) (−f2 p f21 + p f22 f1 )] ,
1
=
[dq2 (p f11 f2 − p f12 f1 )
∆
+dq1 (p f22 f1 − p f21 f2 )
+dp p (2 f1 f2 f12 − f22 f11 − f12 f22 )] .
(477)
(478)
(479)
(480)
Ceteris paribus ist:
p
dQ
= (2 f1 f2 f12 − f22 f11 − f12 f22 ) .
dp
∆
(481)
Für konkave Technologien wird der Klammerausdruck positiv und da dQ
>0
dp
muss ∆ ebenso größer als null sein. Da wir somit schon wissen, welches Vorzeichen ∆ hat, können wir weitere Aussagen machen.
1
[dq1 p f22 − dq2 p f12 + dp p (f2 f12 − f1 f22 )] ,
∆
1
=
[dq1 (−p f21 ) + dq2 p f11 + dp p (f1 f12 − f2 f11 )] .
∆
dv1 =
(482)
dv2
(483)
Somit gilt mit f12 > 0, f11 < 0 und f22 < 0:
∂v1
1
=
p f22 < 0 ,
∂q1
∆
∂v2
1
= − p f21 < 0 ,
∂q1
∆
∂Q
1
=
p(f22 f1 − f2 f21 ) < 0 ,
∂q1
∆
(484)
(485)
(486)
bzw.:
∂v1
1
= − p f12 < 0 ,
∂q2
∆
∂v2
1
=
p f11 < 0 ,
∂q2
∆
∂Q
1
=
p(f11 f2 − f1 f12 ) < 0 ,
∂q2
∆
(488)
∂v1
p
=
(f2 f12 − f1 f22 ) > 0 ,
∂p
∆
(490)
(487)
(489)
und
230
p
∂v2
=
(f1 f12 − f2 f11 ) > 0 ,
∂p
∆
∂Q
p
=
(2 f1 f2 f12 − f22 f11 − f12 f22 ) > 0 .
∂p
∆
5.5.3
(491)
(492)
Eine Analyse der Kosten
Für die Kostensumme ergibt sich:
K = q1 v1 + q2 v2 ,
(493)
dK = dq1 v1 + dq2 v2 + q1 dv1 + q2 dv2
(494)
1
= dq1 v1 + dq2 v2 + q1 ( [dq1 p f22 − dq2 p f12 + dp · (· · ·)]
∆
1
+q2 ( [dq2 p f11 − dq1 p f21 + dp · (· · ·)] .
∆
Ceteris paribus:
∂K
∂q1
∂K
∂q2
∂K
∂p
1
1
q1 p f22 − q2 p f21 ,
∆
∆
1
1
= v2 + q2 p f11 − q1 p f12 ,
∆
∆
p
=
[q1 (f2 f12 − f1 f22 ) + q2 (f1 f12 − f2 f11 )] .
∆
(495)
= v1 +
Die Kostensumme steigt, wenn
∂K
∂q1
> 0 oder v1 > − ∆1 q1 p f22 +
231
(496)
(497)
1
∆
q2 p f21
Im v1 , v2 -Diagramm sieht die alte und neue Lösung wie folgt aus:
v
2
K
2
v 2*
v 2+
Q *
v 1+
v 1*
K
1
Q +
v
1
K
Man sieht zunächst, dass bei konstanten Kosten die rote Isokostengerade zu
der roten gestrichelten Isokostengerade wird. Um das alte Produktionsniveau
zu erreichen, müssten die Kosten steigen. Somit ist die Kostenfunktion über
der Kostenfunktion von q1∗ .
K fü r q 1+
q
G K (q 1+ )
p
q 1+
p
K fü r q 1*
q 1*
G K (q 1* )
Q *
1
Q
Q +
Q *
Q
Q +
Q *
Man sieht, dass die Kosten größer sind bei Q∗ .
Die Grenzkosten sind im Optimum gleich dem Schattenpreis, wie sich mit
232
Q
(416) und (411) leicht zeigen lässt:
∂K
∂v1
∂v2
∂v2 ∂v1
= q1
+ q2
+ q2
∂Q
∂Q
∂Q
∂v1 ∂Q
q1
q2
f1 1
q1
q2
=
+
+ q2 (− )
=
=
=λ.
f1 f2
f2 f1
f1
f2
GK =
(498)
(499)
Die Faktornachfragefunktion v1 = ψ(p, q1 , q2 ) wird aus der Bedingung Faktorpreis=Wertgrenzprodukt q1 = p f1 hergeleitet. Für den 1-Faktorfall ist
dies besonders einfach. Um einen Verlust zu vermeiden, muss außerdem gelten:
Q p > DV K = q1 v1
also q1 <
Qp
,
v1
(500)
so dass folgt:
q1 = p f1 <
Für q1 >
Qp
v1
Qp
.
v1
(501)
wird nicht produziert. Die Faktornachfragefunktion lautet also:
q
1
p Q
v 1
q 1= p f
1
v
233
1
Man kann sie auch grafisch ableiten:
q
Q
p
1
q
p
1
E rtra g s k u rv e
q
a u s f1=
v
q
1
1
q
1
q
1
v
234
1
p
1
5.5.4
Eine Analyse von Preiswirkungen
Steigt der Faktorpreis q1 , so muss (aufgrund q1 = p f1 ) v1 abnehmen, also
muss man auf der Ertragskurve nach links gehen zum Punkt A′ .
Q
A
A '
v
v 1*
1
v
1
Da aufgrund der Konvexität der Isoquanten f12 > 0 ist, muss die Steigung
der Ertragskurve Q = f (v2 ) fallen, somit gilt die Ertragskurve für das neue
v̄1 , die unter der Ertragskurve von v1∗ liegt.
Q
q
f2=
p
2
fü r v 1*
fü r v
v
2
v 2*
v
1
2
Da q2 konstant geblieben ist, muss weiterhin f2 = qp2 gelten. Da nun eine
neue Ertragskurve für v2 gilt, die unter der für v1∗ liegt, nimmt v2 also ab.
Dies wiederum führt dazu, dass eine neue Ertragskurve für v1 gilt, somit fällt
v1 wieder. Dies geht immer weiter, bis v1 und v2 einem Grenzwert v1+ und v2+
zustreben.
235
5.6
Zusammenfassung
Bedingungen für ein Güterangebot sind:
• effiziente Faktorallokation, d.h. es existiert eine Produktionsfunktion
Q = f (v1 , v2 )
• Minimalkostenkombination d.h. das Preisverhältnis entspricht dem Verhältnis der Grenzproduktivitäten:
q1
= ff12
q2
• Gewinnmaximum:
Es gibt zwei Bedingungen dafür:
1. Grenzkosten = Produktpreis
q1
f1
=
q2
f2
=p
2. Wertgrenzprodukt = Faktorpreis q1 = p f1
Aus 1. erhält man die Angebotsfunktion QA = Q(p, q1 , q2 ) .
Aus 2. die Nachfragefunktion viN = vi (p, q1 , q2 ) .
In einer Partialanalyse wird die ceteris paribus-Regel angewendet, während
in einem Totalmodell wie der Marktform der vollständigen Konkurrenz alle
Parameter variieren.
236
Die Angebotsfunktion lässt sich grafisch leicht anhand der Kostenkurve ableiten, indem für jeden Preis eine neue Erlöskurve eingezeichnet wird.
K (Q )
E (p )
K
E (p )
E (p )
Q
p
p
p
p
Q
Da im Gewinnmaximum GK=p gelten muss, ist die Angebotsfunktion gleich
den kurzfristigen bzw. langfristigen Grenzkosten. Sie beginnt ab dem Schnittpunkt mit der DVK-Kurve.
Man muss die langfristige von der kurzfristigen Angebotsfunktion unterscheiden. Langfristig sind die fixen Faktoren variabel. Die kurzfristigen Kostenkurven liegen immer über der langfristigen Kostenkurve. Zudem wird die
langfristige Grenzkostenkurve von unter her von der kurzfristigen Grenzkostenkurve geschnitten. Die kurzfristige Grenzkostenkurve ist somit steiler, das
Angebot ist weniger elastisch. Es scheint gut im Betriebsoptimum zu produzieren, wenn die langfristigen totalen durchschnittlichen Kosten minimal sind.
Dies gilt aber nur, falls der Preis sich auch einstellt, der eine Produktion im
Betriebsoptimum erlaubt. Ist der Preis dagegen höher p > DTKk = GKk , so
237
lohnt sich eine Ausweitung der Produktion.
Für die verschiedenen Produktionsfunktionen kann man verschiedene Angebotsfunktionen finden:
• Produkt mit sinkenden Skalenerträgen (2 Faktoren)
p
• homothetische Produktionsfunktion (2 Faktoren)
• ertragsgesetzliche Produktionsfunktion (1 Faktor) im
Bereich sinkender GrenzerträQ ge
• neoklassische
Produktionsfunktion (1 Faktor)
• linear-limitationale Funktion
p
• konstante Grenzerträge
(1 Faktor)
• konstante Skalenerträge
(2 Faktoren) linear-homogen
Q
Während bei steigenden Grenzkosten das Gewinnmaximum klar definiert
ist, ist bei konstanten Grenzkosten die Produktion unbestimmt. Erst bei
einem höheren Preis wird an der Kapazitätsgrenze produziert. Für fallende
Grenzkosten ist das Gewinnmaximum nicht definiert. Es würde sich lohnen,
die Produktion immer weiter auszudehnen.
238
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