Zusammenschrift der Mikroökonomik zum Thema Haushalt und Firma Dr.-Ing. Olaf Kintzel August 2009 1 1 Einführung Diese Zusammenschrift basiert auf den Vorlesungsskripten der Fernuniversität Hagen des Lehrstuhls Wirtschaftstheorie (Prof. Dr. Alfred Endres) aus dem Jahre 2007. Es handelt sich um eine komprimierte Fassung der ersten drei Kurseinheiten, wobei Kapitel 2 und Kapitel 3 gekürzte Fassungen der zweiten und dritten Kurseinheiten der Fernuniversität darstellen. Dabei wurden einige Dinge komprimierter oder wesentlicher und vielleicht, zumindestens aus der Sicht des Autors, manchmal verständlicher formuliert. Es hatte sich ergeben, dass der Autor bereits zuvor im Zeitraum 1998/99 eine gute Zusammenschrift des Themengebietes erstellt hatte, wobei insbesondere auf die kommerziell erhältlichen Bücher 1. „Preistheorie“ von Herberg, 2. Auflage, 1990 2. „Mikroökonomische Theorie“ von Henderson/Quandt, 3. Auflage, Vahlens Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 1973 3. „Grundzüge der mikroökonomischen Theorie“ von Schumann, 6. Auflage, Springer-Verlag, 1992 zurückgegriffen wurde. Diese Zusammenschrift wurde dann in den Kapiteln 2.10 bis 2.15 sowie Kapitel 4 integriert. Dabei ist erkennbar, dass insbesondere auf die mathematischen Zusammenhänge eingegangen wird. Die Kurseinheiten der Fernuniversität sind sehr souverän und gut geschrieben, meiden aber mathematische Ableitungen zumindestens an den Stellen, wo der Autor dies erwartet hätte. So war es dem Autor ein Dorn im Auge, dass z.B. die so genannte Slutsky-Gleichung zitiert wurde, aber keine Ableitung vorhanden war. Leider war die Zusammenschrift von 1998/99 nur handschriftlich, so dass der Autor sich genötigt sah, eine Abschrift in Latex zu erstellen. Daraus entstand eigentlich die Idee dieses Skriptes. Nämlich um auch andere Studenten anderer Lehreinrichtungen davon profitieren lassen zu können, empfand es der Autor als zusätzlichen Nutzen in freien Stunden auch die ersten drei Kurseinheiten der aktuell vorliegenden Skripte der Fernuniversität Hagen zu integrieren. Der Autor hofft, damit gerade eher mathematisch orientierten Studenten der Wirtschaftswissenschaft eine Stütze zu sein, aber auch anderen Studenten durch diese komprimierte Zusammenfassung eine gute Hilfe im Verständnis des Themengebietes bereitzustellen. Allerdings wurde nur das Ziel verfolgt die eher theorie-intensiven Fachgebiete „Haushalt“ und „Firma“ 2 (oder (synonym:) Unternehmung) zu behandeln, um einer Ausuferung dieses Skriptes entgegenzuwirken. Rückblickend kann der Autor mathematisch gesinnten Studenten jedoch den Tipp geben, sich auf die Methodik der Wirtschaftswissenschaften einzulassen, wie wenig mathematisch fundiert sie auch scheinen mögen. Eigene Erfahrung hat gezeigt, dass nur eine langjährige Auseinerandersetzung und Einübung der geisteswissenschaftlichen Denkrichtung Möglichkeiten eröffnet, Schätze zu bergen, die sonst verborgen geblieben wären. Praktisch gesehen sollte ein Studium der Wirtschaftwissenschaften bereits sehr früh begleitend im Curriculum vorgesehen sein (vorteilhafterweise während der Promotion). Ausgebildeten Mathematikern oder Ingenieuren ist sonst die beschwerliche Aufgabe abzuverlangen, die geisteswissenschaftliche faktenorientierte Sicht zu integrieren, was manchmal Jahre dauern kann, aber am Ende wertvoll sein kann. In diesem Sinne lautet das Resümee: „Auch wenn dieses Skript für den (leider mit einer Portion Sendungsbewusstsein ausgestatteten) Autor vielleicht einen ideellen Wert darstellen mag, so mögen es den vielen Studenten dazu auch zwei oder drei wertvolle Bücher sein. Was auf jeden Fall klar ist: Ohne Sekundärliteratur, d.h. ohne Sichtweise verschiedener Geister, ist ein Studium der Wirtschaftswissenschaften sinnlos. (Darum: Geiste(r)wissenschaften!!)“ . 3 Inhaltsverzeichnis 1 Einführung 2 2 Allgemeines zur Mikroökonomik 2.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Mikroökonomik als Koordinationstheorie 2.1.3 Mikroökonomik als Evaluationstheorie . 2.1.4 Mikroökonomie als Regulierungstheorie . 3 Der 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haushalt Rationalverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präferenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nutzen und Nutzenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Budgetrestriktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entscheidung des Haushalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . Autonome Entscheidungen unter Unsicherheit . . . . . . . . 3.6.1 Entscheidung unter Risiko . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.2 Eigenschaften der Erwartungsnutzenfunktion . . . . . 3.6.3 Die Indifferenzkurve der Erwartungsnutzenfunktion . 3.6.4 Beispiel 1: Die Wahl der optimalen Deckungssumme bei einem Versicherungsvertrag . . . . . . . . . . . . 3.6.5 Beispiel 2: Die Wahl eines optimalen Bündels von Zustandsgütern als Analogie zu einem Terminmarkt . . 3.7 Entscheidungen über die Güternachfrage . . . . . . . . . . . 3.7.1 Änderung auf eine Einkommensvariation . . . . . . . 3.7.2 Änderung auf Variation der Preise . . . . . . . . . . . 3.7.3 Das duale Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.4 Die indirekte Nutzenfunktion . . . . . . . . . . . . . 3.8 Den Nutzen messen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.1 Die Konsumentenrente . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.2 Einkommenskompensationen . . . . . . . . . . . . . . 3.8.3 Vereinfachungen zum Ziel der Aggregation . . . . . . 3.9 Alternative Nachfragetheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9.1 Die Theorie offenbarter Präferenzen (revealed preferences) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9.2 Die Attributen-Theorie nach Lancaster . . . . . . 4 . . . . . 8 8 8 10 13 15 . . . . . . . . . 15 16 17 24 26 28 30 31 33 37 . 39 . . . . . . . . . . . 41 46 48 49 54 55 55 56 58 60 63 . 63 . 64 3.10 3.11 3.12 3.13 3.14 3.15 3.16 Exkurs: Elastizitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nutzenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finden des Optimums mit Optimierung . . . . . . . . . . . . . Ein erstes Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die indirekte Nutzenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ein komplettes Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Entscheidung über das Arbeitsangebot . . . . . . . . . . . 3.16.1 Die Wahl zwischen Arbeit und Freizeit . . . . . . . . . 3.16.2 Entscheidung über die Arbeitsmarktbeteiligung . . . . 3.16.3 Steuern, Transfer, Arbeitsangebot . . . . . . . . . . . . 3.16.4 Ein kleines Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.16.5 Güterallokation und Zeitallokation simultan betrachtet 3.16.6 Der Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Berufsleben . 3.17 Die Sparentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.18 Die Anlageentscheidung im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . 3.19 Sonstige Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 73 82 99 104 107 110 110 112 112 114 115 117 117 121 123 4 Die Firma 125 4.1 Die Produktionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 4.1.1 Totale Faktorvariation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 4.1.2 Partielle Faktorvariation . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 4.1.3 Partielle Faktorvariation-lineare Produktionsfunktion . 129 4.1.4 Partielle Faktorvariation-linear-limitationale Produktionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 4.1.5 Partielle Faktorvariation-neoklassische Produktionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 4.1.6 Partielle Faktorvariation-ertragsgesetzliche Produktionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 4.1.7 Substitionale Faktorvariation . . . . . . . . . . . . . . 133 4.1.8 Die Substitutionselastizität . . . . . . . . . . . . . . . . 134 4.1.9 Spezielle Produktionsfunktionen . . . . . . . . . . . . . 135 4.1.10 Die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion . . . . . . . 137 4.1.11 Die CES-Produktionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . 139 4.1.12 Homogene und homothetische Produktionsfunktionen . 139 4.2 Kostenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 4.2.1 Langfristige Kostenkurven . . . . . . . . . . . . . . . . 142 4.2.2 Langfristige Gesamt-, Grenz- und Durchschnittskostenkurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 5 4.2.3 Auswirkungen von Faktorpreisänderungen auf die Lage der langfristigen Kostenkurve . . . . . . . . . . . . . 4.2.4 Kurzfristige Kostenfunktionen . . . . . . . . . . . . . 4.2.5 Fixe und variable Kosten, Durchschnitts- und Grenzkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.6 Auswirkungen von Faktorpreisänderungen auf die Lage der kurzfristigen Kostenkurve . . . . . . . . . . . . . 4.2.7 Experimentelle Untersuchungen zu kurz- und langfristigen Kostenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Das Güterangebot einer Firma . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Das kurzfristige Güterangebot . . . . . . . . . . . . . 4.3.2 Das langfristige Güterangebot . . . . . . . . . . . . . 4.4 Der Marktein- und austritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Die Faktornachfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1 Kurzfristige Faktornachfrage . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2 Langfristige Faktornachfrage . . . . . . . . . . . . . . 5 Unternehmenstheorie 5.1 Produktionsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Linear-limitationale Produktionsfunktion . . . . . 5.1.2 Linear-limitationale Mehrgüterproduktion . . . . 5.1.3 Die neoklassische Produktionsfunktion . . . . . . 5.1.4 Neoklassische Mehrgüterproduktion . . . . . . . . 5.1.5 Die ertragsgesetzliche Produktionsfunktion . . . . 5.1.6 Vollkommen substitionale Produktionsfunktionen 5.1.7 Die CES-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Totale Faktorvariation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 Kurzfristige Kostenfunktionen . . . . . . . . . . . 5.3.2 Die linear-limitationale Produktionsfunktion . . . 5.3.3 Die neoklassische Funktion . . . . . . . . . . . . . 5.3.4 Ertragsgesetzliche Funktion . . . . . . . . . . . . 5.3.5 Bestimmung der konstenminimalen Menge . . . . 5.3.6 Langfristige Kostenfunktionen . . . . . . . . . . . 5.4 Dualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Das Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.1 Analyse des Gewinnmaximus . . . . . . . . . . . 5.5.2 Eine Analyse des Extremalproblems . . . . . . . . 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 . 152 . 154 . 157 . . . . . . . . 161 163 164 167 170 170 171 173 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 177 177 181 182 185 187 191 194 196 204 204 205 206 207 207 216 222 223 226 229 5.5.3 Eine Analyse der Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 5.5.4 Eine Analyse von Preiswirkungen . . . . . . . . . . . . 235 5.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 7 2 2.1 Allgemeines zur Mikroökonomik Einleitung Die Mikroökonomik beschäftigt mit der Art und Weise, wie bestimmte Mitglieder einer Gesellschaft (Individuen) unter bestimmten Rahmenbedingungen (staatliche Regulationen) bestimmte Güter (Konsumgüter, Produktionsfaktoren) auf ihre Verwendungsmöglichkeiten verteilen. Dabei spielt das Prinzip der Knappheit eine große Rolle, d.h. die zur Verfügung stehenden Mittel reichen nicht aus, alle Bedürfnisse zu befriedigen. Demzufolge soll eine möglichst optimale Verteilung der entsprechenden Güter auf die verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten (Allokation) erfolgen. Dabei steht zum einen die individuelle Entscheidung eines Haushalts oder einer Unternehmung im Vordergrund, dann die Frage, wie eine solche Allokation am sinnvollsten koordiniert wird. Eine anschließende Bewertung der entsprechenden Allokation soll schließlich zeigen, ob damit das gesellschaftliche Ziel der Wohlfahrtsmehrung oder auch soziale Gerechtigkeit erreicht werden. Dort, wo der reine Marktmechanismus ohne staatliche Eingriffe nicht in der Lage ist das soziale Optimum zu erreichen, soll durch die Regulation des Marktes Abhilfe geschaffen werden. Die Entscheidung, Koordination, Evaluation und Regulierung sind also vier verschiedene Hierarchien von Betrachtungsebenen, die in der genannten Reihenfolge voneinander abhängen. 2.1.1 Entscheidung Eine Entscheidung ist eine Wahl zwischen verschiedenen Alternativen, die sich gegenseitig ausschließen unter Beschränkungen (Restriktionen) bei Knappheit der Ressourcen. Ein Entscheider hat bestimmte Zielvorstellungen und muss zwischen Alternativen auswählen. Mathematisch ist eine Zielfunktion unter Nebenbedingungen zu maximieren. Das gefundene Gleichgewicht ist solange die beste Lösung, solange Zielsetzungen und Rahmenbedingungen unverändert sind. Während das Unternehmen versucht, seinen Gewinn zu maximieren unter den Restriktionen der gewählten technischen Produktionsmethoden, den Verhältnissen auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten sowie unter den rechtlichen Rahmenbedingungen, will der Haushalt seinen individuellen Nutzen mehren unter den Nebenbedingungen der Budgetrestriktion, also seines Einkommens, und rechtlicher Rahmenbedingungen. Um den Entscheidungsprozess zu modellieren, wird davon ausgegangen, dass die 8 Entscheidungsfindung rational ist. Dieser Entscheidungsträger wird in der Mikroökonomik als Homo oeconomicus bezeichnet, wobei der Homo oeconomicus im weiteren Sinne und derjenige im engen Sinne unterschieden werden. Der Homo oeconomicus in weiteren Sinne handelt zwar rational, d.h. konsistent, aber verfolgt keine bestimmten Zielvorstellungen. Der Homo oeconomicus im engen Sinne hat hingegen bestimmte Zielvorstellungen (Präferenzen) und versucht die durch diese Präferenzen beschriebenen Ziele in rationaler Form zu verfolgen. Damit werden die Zielvorstellungen also in bestimmter Weise festgelegt. Ob der Homo oeconomicus hingegen altruistisch oder egoistisch reagiert, ist dadurch nicht festgelegt. In der Mikroökonomik wird der Home oeconomicus mit egoistischen Präferenzen betrachtet. Dieser hat sein eigenes Wohl im Blick, das Wohl seiner Mitmenschen ist ihm gleichgültig. Hohe Ideale wie Frieden, Umweltschonung, etc. sind für ihn kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zur eigenen Wohlfahrtssteigerung. Der egoistische Homo oeconomicus kann sogar Gutes tun, solange dies Mittel zum Zweck ist, wenn er nämlich hofft, dadurch von den Anderen etwas zurück zu bekommen. Ein solcher „altruistischer Egoismus“ wird aber im Allgemeinen nicht in Betracht gezogen. Der Homo oeconomicus im zu engen Sinne, der ausschließlich an Geld interessiert ist, wird auch nicht betrachtet, da die Zielgröße Geld zu einschränkend ist. So könnte dieser Entscheidungsträger keine vernünftige Wahl zwischen Arbeit und Muße wählen, da ihm Arbeit und damit die Gewinnung von Geld immer wichtiger wäre. Praktisch ist hingegen jeder frei in der Wahl seiner Präferenzen, jedoch wird nur das Verhalten des egoistischen Homo oeconomicus durch die mikroökonomische Theorie erklärt. Normativ betrachtet sollte jeder frei in der Festlegung seiner Ziele sein. Dann wäre somit ein Homo oeconomicus im weiteren Sinne gemeint. Mikroökonomik sucht die wirtschaftlichen Entscheidungsprozesse bei Änderung der Rahmenbedingungen abzubilden. Damit muss man die Auswirkungen dieser Änderungen auf die verschiedenen Entscheidungen kennen. Ohne eine solche Einengung auf egoistische Präferenzen könnte man jedoch keine zielgerichtete Wirtschaftspolitik betreiben. Werden daher keine bestimmte Einschränkungen in Bezug auf das Verhalten des Entscheidungsträgers getroffen, könnte sie dieses Verhalten auch nicht voraussagen. Die altruistische Zielvorstellung also das Interesse am Wohl des Anderen und die egoistische Zielvorstellung d.h. das Interesse nur an der eigenen Wohlfahrtssteigerung, könnten ebenso bestimmte Homini oeconomici im engeren Sinne beschreiben, jedoch wird praktisch nur der egoistische Homo oeconomicus durch die Theorie erklärt. 9 Außerdem können manche Entscheidungen durchaus irrational, d.h. „aus dem Bauch heraus“ erfolgen. Jedoch hat noch keiner geschafft auf der Grundlage der Irrationalität eine ökonomische Theorie zu entwickeln. Eine beschränkte Rationalität, bei der beschränkte Kapazitäten zur Verarbeitung von Problemen angenommen werden d.h. wenn nicht alle Alternativen und deren Konsequenzen brücksichtigt werden können wurde zwar versucht und hat auch bestimmte Fortschritte zu verzeichnen, aber sie ist als eine neue Theorie nur dann besser, wenn sie alle Aspekte einer traditionellen Theorie erklären kann und darüberhinaus auch in der Lage ist neue Aspekte zu erklären. Davon kann jedoch keine Rede sein. Es ist vielmehr so, dass die Theorie der beschränkten Rationalität andere Aspekte des menschlichen Verhaltens erklärt. Die experimentelle Ökonomik versucht Abweichungen vom Rationalverhalten zu identifizieren und zu systematisieren. Dabei werden Testpersonen unter Laborbedingungen getestet. Es wurde sogar kürzlich der Versuch unternommen bestimmte Präferenzen mit der Magnetresonanz-Tomographie nach außen hin sichtbar zu machen, indem die Reaktionen der Probanden auf bestimmte Schlüsselreize getestet wurden. Jedoch sind solche Laborversuche nur bedingt auf die Realität übertragbar. In Zukunft wird die Theorie aber zunehmend unter Einbeziehung der Ökonomen, Psychologen, der Neurowissenschaftler und der Philosophen weiterentwickelt. Man hat dafür den Begriff der „Neuroeconomics“ geprägt. 2.1.2 Mikroökonomik als Koordinationstheorie Koordination ist die Verteilung von Gütern auf die entsprechenden Gesellschaftsmitglieder (Haushalte, Unternehmen, Staat) unter Arbeitsteilung. Zunächst muss ein begehrtes Gut hergestellt werden und ein hergestelltes Gut muss auch konsumiert werden. Dort, wo auf eine knappe Ressource sich individuelle Ansprüche richten, muss ein Mechanismus zur Regulierung von Konflikten vorhanden sein. Die Koordination kann ja nicht durch Mord oder Totschlag erfolgen. Solche Möglichkeiten müssen durch staatliche Intervention ausgeschlossen werden. Ein Homo oeconomicus ist durchaus gewillt, äußere politische Rahmenbedingungen zu akzeptieren, die zu einem Verbot oder Verzicht auf derartige Allokationsmethoden führen. Dies stellt in keinster Weise ein Widerspruch zur Egoismusannahme dar. Außerdem ist er damit einverstanden, dass die allgemeine Einhaltung der Spielregeln überwacht wird. Die Rahmenbedingungen sind sogar in der Lage, den Mangel an Gemeinschafts10 sinn in den Präferenzen des Homo oeconomicus im engeren egoistischen Sinne zu kompensieren. Alternativ dazu wäre ein Homo oeconomicus maturus, der die entsprechenden Normen verinnerlicht hätte. Normen werden aber in der Regel als externe Rahmenbedingungen verstanden. Der egoistische Homo oeconomicus befürwortet Normen, weil er weiß, dass sie für das Zusammenwirken der Gesellschaftsmitglieder erforderlich sind. Am liebsten wäre es ihm natürlich als Einziger die Normen zu brechen, während alle Anderen sie erfüllen. Dies ist jedoch untersagt, da die Einhaltung der Normen überwacht wird. Die Verteilung erfolgt unter Knappheit, d.h. nicht alle Wünsche aller Menschen können simultan erfüllt werden. Eine bestimmte Zuweisung der knappen Ressourcen auf die produktive Verwendung und die Verteilung der dabei produzierten Güter auf die Individuen wird als Allokation bezeichnet. Der Allokationsmechanismus ist der Markt. Eine Allokation darf nicht ineffizient sein. Effizienz ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Optimalität. Oft wird die Zahlungsbereitschaft als Indikator für die Bedürfnisintensität herangezogen. Liegt die Zahlungsbereitschaft unter dem Marktpreis eines Gutes, so kann dieses Gut nicht erworben werden. Jeder Haushalt muss außerdem eine Rangordnung seiner Bedürfnisse aufstellen und diese offenbaren. Durch den Vergleich mit dem Marktpreis wird implizit seine Bedürfnisintensität mit den Bedürfnisintensitäten aller anderen Haushalte verglichen. Der Grad der Fühlbarkeit richtet sich dann nach dem Nicht-Käufer, der den stärksten Bedarf geltend gemacht hat, aber nicht mehr zum Zuge kam, da die Gütermenge begrenzt ist. Haben Güter Marktpreise, so zwingt dies jeden Haushalt, • seine eigenen Wünsche nach der Intensität der Bedürfnisse zu ordnen. • bei der Verfolgung seiner Interessen die Interessen der anderen Haushalte zu berücksichtigen. Maßstab des Interesses ist die Zahlungsbereitschaft. Die Zahlungsbereitschaft spiegelt nicht nur die Bedürfnisintensität, sondern beinhaltet zugleich auch die Zahlungsfähigkeit, worauf im nächsten Unterpunkt genauer eingegangen wird. 11 Marktgleichgewicht herrscht, wenn Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht sind. Änderungen des Marktgleichgewichtes wird durch Änderung der Rahmenbedingungen (Einkommen der Haushalte, Kosten der Firmen) möglich. Bei den Unternehmen ist es ähnlich. Die Produktionsfaktoren, die knapp sind, müssen auf die einzelnen Produktionen und Verwendungen aufgeteilt werden. Dafür werden die Produktionskosten betrachtet. Produktionsfaktoren stehen dann für eine Produktion eines anderen Gutes nicht mehr zur Verfügung. Auch dieser Effekt spiegelt sich im Marktpreis wieder. Der Preis des Endproduktes einer Firma, die einen bestimmten Produktionsfaktor verwendet, wird durch den Marktpreis dieser Faktoren bestimmt. Die im idealen Markt herrschende Konkurrenz sorgt dafür, dass der Preis des Endproduktes nicht wesentlich über den Gesamtkosten der Faktoren liegt, die in das Produkt eingegangen sind. Koordination und Konflikte regeln sich über den Marktmechanismus. Der Haushalt als Konsument eines Gutes ist über den Preis gezwungen zu berücksichtigen, dass • dieses Gut einem anderen Haushalt streitig gemacht wird. • dadurch Produktionsfaktoren gebunden werden, die dann in anderen Verwendungen fehlen. Haushalte sind durchaus bereit höhere Preise für Güter zu zahlen, die ihren Wünschen eher entgegenkommen, als für solche Güter, die am Bedarf vorbei produziert werden. Um einen hohen Gewinn zu erzielen, sollten sich die Unternehmen also stark an den Wünschen der Haushalte orientieren. Firmen erfüllen die Wünsche der Haushalte nicht aus Altruismus, sondern aus existenziellem Egoismus. Produzenten, die am Bedarf vorbei produzieren, werden bestraft, indem die Haushalte zum besseren Konkurrenten überwechseln. Natürlich kann durch Werbung Einfluss auf die Präferenzen der Haushalte genommen werden. Diese Einflussnahme ist jedoch durch die konkurrierenden Bemühungen anderer Firmen, gesetzliche Restriktionen und die Kritikfähigkeit („Mündigkeit“) der Haushalte begrenzt. Auch die Firmen werden belohnt, die durch technischen Fortschritt effizienter arbeiten und die Produktionsfaktoren wirtschaftlicher einsetzen. Externe Effekte, die durch außermarktliche 12 Effekte wie Umweltverbrauch entstehen, für die keine gesetzlichen Rahmenbedingungen existieren, werden in einem idealen Marktmechanismus nicht betrachtet. 2.1.3 Mikroökonomik als Evaluationstheorie Die Beschreibung und Erklärung des Marktmechanismus wird als positive Analyse bezeichnet. Bewertungen dieser Ergebnisse werden durch eine normative Analyse untersucht. Im Prinzip geht es dabei um die Wohlfahrtsförderung. Existieren zwei mögliche Sätze von Bedingungen, so ist jener vorzuziehen, der zu einer höheren Wohlfahrt führt. Auch bei Auswahl zwischen einem Marktmechanismus und einem nicht-marktlichen Allokationsmechanismus ist derjenige zu wählen, der die maximale Wohlfahrt hervorbringt. Zählt nun die Wohlfahrt einer Volkswirtschaft oder gar der Weltgesellschaft? Wird die Gegenwartsgeneration herangezogen oder auch künftige Generationen? Wie kann die Wohlfahrt berechnet werden? Wohlfahrt eines Einzelnen ist konzeptionell und empirisch schwierig zu bestimmen. Das, was für eine Gesellschaft als Ganzer gut tut, ist ein unverzichtbarer Kompass, an dem sich die Gesellschaft bei ihrer Entwicklung orientieren sollte, wobei keine individuellen, sondern allgemeinen Werturteile angesetzt werden. Eine Gesellschaft macht aus den zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht genug, wenn sie Ressourcen verschwendet. Damit ist ein Zustand gemeint, von dem auszugehen es möglich ist, den Nutzen eines Individuums zu steigern, ohne den eines Anderen zu senken. Ein Gleichgewicht, welches dieses erreicht, bezeichnet man als pareto-optimal. So sind auch freiwillige Tauschakte vorteilhaft, wenn sie die aggregierte Wohlfahrt erhöhen. Homini oeconomici werden überhaupt nur dann Tauschakte vorziehen, wenn sie wohlfahrtssteigernd sind. Allerdings ist die Definition der Pareto-Optimalität nicht unproblematisch. Auch die Frage des Allokationsmechanismus ist von Belang. Beruht eine Entscheidung auf der Entscheidung eines Diktators, sollte diese Allokation, auch wenn sie superior ist, wenig geschätzt werden. 1. Das Pareto-Kriterium basiert auf dem Werturteil der Prozessunabhängigkeit (Das Ergebnis heiligt die Mittel). 2. Die Lage der Individuen ist ausschlaggebend. Jedoch kann ein Zustand, 13 in dem es den Individuen schlechter, der Gesellschaft insgesamt (dem Staat) aber gut geht, vorgezogen werden. 3. Jedes Mitglied der Gesellschaft entscheidet selbst, welche Güterbündel ihm den größten Nutzen stiftet. Da, wo individuelle Wünsche gegen gesellschaftliche Normen verstoßen (Verkauf eigener Organe, Drogenkonsum, Sklaverei) sollte aber eine Grenze gezogen werden. 4. Das Pareto-Kriterium impliziert den guten Willen, also das Fehlen von Neid und Missgunst. Demnach ist eine Allokation besser, wenn ein reiches Mitglied der Gesellschaft noch reicher wird, vorausgesetzt, die anderen werden dadurch nicht ärmer. Kurz, das Pareto-Kriterium ist nicht werturteilsfrei. Aus gegensätzlichen Wertkriterien können sich unter Umständen Rechtfertigungen für Eingriffe des Staates in den Marktmechanismus ergeben. Ein Übergang von einer Allokation zu einer anderen wird über die positiven Aspekte (Nutzen) und die negativen Aspekte (Kosten) beurteilt. Würden die Nutzen und Kosten aggregiert, so erhielte man die gesellschaftlichen Nutzen und Kosten. Von verschiedenen Allokationen ist diejenige die sozial beste, bei deren Erreichung die höchste gesellschaftliche Nutzen-Kosten-Differenz (der höchste Nettonutzen) entsteht. Allerdings ist der Nutzen nicht zwischen verschiedenen Individuen vergleichbar (Nutzen ist nicht kardinal messbar). Man arbeitet daher eher mit einer Geldgröße, der Zahlungsbereitschaft. Je höher der Nutzen eines Gutes, desto höher wird wohl auch die Zahlungsbereitschaft. Jedoch wird der gesellschaftliche Nutzen verzerrt dargestellt, indem die Zahlungsfähigkeit der Personen auch mit eingeht d.h. die wohlhabenderen Haushalte haben auch die höhere Zahlungsfähigkeit. Eine hohe Kaufkraft wirkt sozusagen als Verstärker bei der Übersetzung von Nutzenempfindungen in Zahlungsbereitschaft. Werden Zahlungsbereitschaften unkorrigiert als Maß für die Nutzenvorteile verwandt, so impliziert dies das Werturteil einer gerechten herrschenden Einkommensverteilung. Das Ergebnis der Allokation genügt demnach nicht dem Anspruch, das soziale Wohl zu maximieren. Soziale Optimalität ist ein hohes Ziel. Wettbewerblich organisierte Märkte dienen diesem Ziel eher als monopolistische Märkte. Es wäre auch besser, Märkte so zu organisieren, dass die Entscheidungsträger mit Umweltressourcen verantwortlich umgehen, anstatt die Umwelt mit Schadstoffen zu belasten. 14 2.1.4 Mikroökonomie als Regulierungstheorie Eine wesentliche Staatsaufgabe besteht darin, Wirtschaft und Gesellschaft so zu steuern, dass das individuelle Streben der Entscheidungsträger nach Wahrung ihrer Interessen nicht zu sehr in Konflikt mit dem Ziel der Gemeinwohlförderung gerät. Eine Abweichung zwischen Marktgleichgewicht und sozialem Optimum kann ein staatliches Handeln notwendig machen. Dabei existieren in der Regel verschiedene Möglichkeiten, die staatliche Aktivität auszugestalten. Dabei kann die Mikroökonomik helfen, indem sie die alternativen staatlichen Eingriffe einer Prüfung unterzieht, wie die Marktergebnisse selbst. Staatliche Eingriffe verändern die Restriktionen. Der Einzelne versucht sein Ziel zu erreichen unter den geänderten Rahmenbedingungen. Der Staat kann die tatsächliche Auswirkung seiner Regulierungen besser beurteilen, wenn er bei seiner Prognose eine mikroökonomische Entscheidungs- und Koordinationstheorie verwendet. So können „Risiken und Nebenwirkungen“ abgeschätzt werden. Es wird diejenige Regulierung gewählt, die nach Ablauf der Anpassungsmechanismen auf individueller und marktlicher Ebene das beste Ergebnis zeitigt. 3 Der Haushalt Ein Haushalt ist eine Wirtschaftseinheit, welches • aus einem oder mehreren Mitglieder besteht (keine juristischen Personen). • für die gesamte Gemeinschaft einen Wirtschaftsplan aufstellt. • keine Güter für den Markt, sondern nur für den eigenen Konsum produziert. Der Prototyp des Haushalts ist die Familie. Meist produzieren sie auch eigene Güter wie Verpflegungsleistungen, Reinigungsleistungen, Erziehungsleistungen, etc., die alternativ auch am Markt gekauft werden könnten. Davon zu unterscheiden sind Unternehmen, die stets für den Markt produzieren, der Staat, der überwiegend öffentliche Güter produziert und private Organisationen ohne Erwerbscharakter wie Vereine, Kirchen, Gewerkschaften, Verbände. Im Allgemeinen handelt es sich bei Letzteren um juristische 15 Personen, die darum keine privaten Haushalte darstellen. Produzieren sie Güter für den Markt, so sind sie zu den Unternehmen zu rechnen. Man unterscheidet zwischen autonomen und interaktiven Entscheidungen. Eine autonomer Entscheider kümmert sich nicht um die Reaktionen seiner Umwelt, wenn er nicht glaubt, dass diese sein Wohlbefinden merklich beeinflussen werden. Eine Entscheidung ist interaktiv, wenn der Akteur bei seiner Entscheidung die voraussichtliche Reaktion anderer Akteure berücksichtigt. Abstimmungsprozesse innerhalb des Haushalts (individuelle oder kollektive Entscheidungen) werden nicht modelliert (gehört zur Social-Choice-Theorie). Man betrachtet einen Haushalt, der zu einer gemeinsamen Konsumentscheidung gekommen ist. Die Haushaltsentscheidung betrifft das Angebot an Faktorleistungen und die Nachfrage nach Konsumgütern und Vermögensgegenständen (Aktiva). Das Angebot an Arbeitsleistung stellt die wichtigste Einkommensquelle dar. Daneben gibt es das Angebot an Kapitalleistungen. Das Einkommen des Haushalts fließt in den Kauf von Konsumgütern oder wird zur Akkumulation von Vermögen verwendet. Das Einkommen wird auf Konsum und Ersparnis aufgeteilt. Für die Ersparnis gibt es die Kategorien: Finanzkapital, Humankapital und Sachkapital. Innerhalb dieser Kategorien existieren wiederum viele Anlagealternativen. Darüberhinaus trifft ein Haushalt natürlich eine Menge weiterer Entscheidungen (Wahl des Ehepartners, des Berufs, des Wohnsitzes, Zahl der Kinder, politische Entscheidungen, womit der Haushalt über den Umfang und Finanzierung öffentlicher Güter mitentscheidet, die Umverteilung des Einkommens mit Hilfe des staatlichen Steuer- und Transfersystems). Werden bestehende Rechtsnormen oder Verhaltensweisen als Handlungsbeschränkungen akzeptiert? Dies führt zur ökonomischen Theorie der Moral. Welche Charaktereigenschaften setzen sich in gesellschaftlichen Selektionsprozessen am besten durch? Diese an der Evolutionsbiologie entlehnte Fragestellung wird mit den Mitteln der evolutionären Spieltheorie untersucht. Man unterscheidet Entscheidungen unter Sicherheit und solche unter Unsicherheit oder Risiko. 3.1 Rationalverhalten Die Ökonomik bedient sich vor allem des Modells des Rationalverhaltens. Eine Minimalforderung an rationales Verhalten ist die der Konsistenz. Konsistenz bedeutet, dass, wenn die selbe Auswahlregel auf alle paarweisen Alternativen angewendet wird, die Entscheidung widerspruchsfrei sein muss d.h. 16 es muss eine bestimmte Ordnung entstehen. Konsistentes Verhalten kann auf die Verfolgung irgendeinen Zieles gerichtet sein. Existiert ein Ziel und ist das Verhalten kausal abhängig vom Ziel und das Ziel selbst fest und damit unabhängig von einer getroffenen Entscheidung, so spricht man von instrumenteller Rationalität. Ist das Ziel selber Bestandteil des Rationalitätskalküls, also wird nicht einmal so und ein anderes Mal so entschieden, sondern wenn ein ganz bestimmtes Ziel gilt, dann spricht man von substanzieller Rationalität. In der Ökonomik wird unterstellt, die Akteure verfolgten das Ziel der Maximierung ihres eigenen Nutzens. Was den Entscheider im Einzelnen nützlich ist, bleibt jedoch ihm selbst überlassen (Konsumentensouveränität). Auf Konkurrenzmärkten kann der Wettbewerbsdruck dazu zwingen, sich eigennützig zu verhalten. Die Eigennutzmaximierung wird von fast allen Theorien der Ökonomik vorausgesetzt. Allerdings, gerade in homogenen Gruppen, kann es sinnvoll sein uneigennützig dem Anderen gegenüber zu sein (z.B. in der Familie: wie ich dir, so du mir). Bei marktvermittelten Transaktionen dominiert der Eigennutz. Verursacht der Entscheidungsprozess darüber hinaus keine Kosten, so spricht man von perfekter Rationalität (keine Kosten der Informationsbeschaffung). Dies wird auch als unbeschränkte Rationalität bei vollständiger Information bezeichnet, während beschränkte Rationalität von unvollständiger Information ausgeht. 3.2 Präferenzordnung Ein Haushalt muss unter verschiedenen Handlungsalternativen wählen. Er wählt die, die ihm am meisten Nutzen bietet. Das Befriedigungsniveau oder der Nutzen wird über eine Präferenzordnung abgebildet. Ein Haushalt wählt jene Alternative, welche er präferiert und er präferiert jene Alternative, welche ihm den größten Nutzen stiftet. In einer Präferenzordnung unterscheidet man: • A ≻ B: A wird gegenüber B präferiert (Präferenzrelation) • A ∼ B : A ist indifferent zu B (Indifferenzrelation) • A B: A wird mindestens so gut geschätzt wie B (Präferenz-IndifferenzRelation) Werden die Alternativen paarweise so verglichen, dass eine Ordnung entsteht, spricht man von einer Präferenzordnung. Dabei sollte die Wahl unabhängig 17 sein von der angebotenen Alternative. In der experimentellen Ökonomik werden auch Fälle untersucht, bei denen die Wahl zwischen A und B davon abhängt, ob das Individuum sich in A oder B befindet (Ausstattungseffekt (Endowment Effect)). Der realisierte Zustand ist sozusagen ein Referenzpunkt. Der Endowment Effect ist ein Spezialfall des Anchoring Effekts, bei dem es einen bestimmten Anker gibt. So könnte ein dritter Zustand als Referenzpunkt dienen. Das Rationalverhalten muss den folgenden Axiomen genügen: 1. dem Axiom der Vollständigkeit 2. dem Axiom der Transitivität 3. dem Axiom der Reflexivität Die weiteren ergänzenden Annahmen werden getroffen: 4. die Annahme der Nicht-Sättigung („Unersättlichkeit“ ) 5. die Annahme der Stetigkeit 6. die Konvexität der Indifferenzkurven Das sind praktisch die Minimalforderungen an eine Präferenzordnung. Das Axiom der Vollständigkeit besagt, dass alle Alternativen in Bezug auf ihre Wünschbarkeit verglichen werden. Resultiert eine Präferenzordnung mit lauter ≻-Zeichen, so spricht man von einer starken Präferenzordnung. Bei lauter ∼-Zeichen von einer Indifferenzordnung. Bei -Zeichen von einer schwachen Präferenzordnung. Dies soll möglich sein, da der Entscheidungsprozess keine Ressourcen bindet. Eine Präferenzordnung ist transitiv, wenn die Entscheidung konsistent ist. Ist A B und B C, so muss auch A C gelten. Das Axiom der Reflexivität fordert, dass A A d.h. wird einmal A und B verglichen und einmal B und A oder A und C, so muss klar erkennbar sein, dass der Entscheider im ersten Fall A genauso schätzt wie im zweiten Fall. Meist gibt es auch einen Framing-Effekt, je nachdem wie die Alternativen präsentiert werden (z.B. ein halb-volles oder ein halb-leeres Glas). Meist resultiert dies aus einem Unterschied zwischen der objektiven Eigenschaft 18 eines Gutes und der Wahrnehmung dieser Eigenschaft durch den Konsumenten. Die Ursache liegt also in einer Begrenztheit der kognitiven Fähigkeiten des Entscheiders. Begrenzte Problemverarbeitungskapazität steht im Zentrum der psychologischen Ökonomie. Die kognitiven Fähigkeiten können auch (endogen) modelliert werden. Entscheidungsträger mit schlechten kognitiven Fähigkeiten sind in Wettbewerbsprozessen Objekt der Ausbeutung. Die Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten ist mit Kosten verbunden. Wettbewerbsprozesse führen dann zu einer Verringerung der Differenz zwischen Wahrnehmung und der objektiven Eigenschaften eines Gutes. Im einfachen Fall eines Güterbündels aus nur zwei Gütern kann man sehr einfach eine grafische Darstellung verwenden. G u t 2 X X (A ) 2 A B (B ) 2 X X (A ) 1 (B ) 1 G u t 1 Die Indifferenzkurve verbindet Güterbündel, die als indifferent zueinander betrachtet werden. Gilt A ≻ B ≻ C, so muss es eine Mischung zwischen A und C geben, gegenüber der der Entscheider indifferent ist zu B. Dies wird sichergestellt durch die Annahme der Stetigkeit d.h. die Güter sind unendlich teilbar. Damit existiert ein bestimmtes Mischungsverhältnis von A und C, das genauso geschätzt wird wie B. Damit sind also Sprünge ausgeschlossen. Die lexikografische Präferenzordnung widerspricht der Annahme der Stetigkeit. Hier gilt: (A) (B) (A) (B) (A) X (A) ≻ X (B) , falls X1 > X1 oder X1 = X1 und X2 (A) (B) (A) (B) X (A) ∼ X (B) , falls X1 = X1 und X2 = X2 . 19 (B) > X2 Dort ist nur ein Element in jeder Indifferenzklasse. Das Konzept der Budgetrestriktion, also die feste Aufteilung einer Ausgabensumme auf bestimmte Verwendungszwecke kann manchmal einer solchen Präferenzordnung folgen (z.B. an erster Stelle Ernährung, dann Bekleidung, Wohnen, Auto, Unterhaltung, usw.). Die lexikografische Präferenzordnung reduziert die Entscheidungskosten. Bei fehlenden Entscheidungskosten ist sie aber nicht mehr vernünftig. Die Annahme der Nicht-Sättigung besagt, dass eine größere Menge eines Gutes einer kleineren Menge immer vorgezogen wird. Das bedeutet, dass auf einer Ursprungsgeraden der Nutzen immer weiter ansteigt („Mehr ist besser“ ). Dies ist hier kein Axiom, da es durchaus Fälle geben könnte, bei denen ab einer bestimmten Menge eine Sättigung einsetzt. Von einer Sättigung kann man aber erst sprechen, wenn ein Gut zu einem Preis von null nicht nachgefragt wird, wenn es also auch niemand geschenkt haben will. Ein geschenktes Gut kann durchaus implizite Kosten haben (Erhaltungs-, Entsorgungskosten). „Mehr ist besser“ gilt also nur für solche Güter, bei denen keine derartigen Kosten mit der Annahme eines Geschenks verbunden sind. Erst die Annahme der Nicht-Sättigung erlaubt die Anwendung einfacher mathematischer Methoden zur Auffindung eines Maximums. Situationen, in denen es tatsächlich zu einer Sättigung kommt, dürften sehr selten sein. Die Annahme der Nicht-Sättigung bedeutet auch, dass die Indifferenzkurve eine negative Steigung hat. G u t 2 B A G u t 1 20 Indifferent zu A kann der Konsument nur sein in den schraffierten Gebieten, da bei einer größeren oder kleineren Menge der beiden Güter eine starke Präferenzrelation besteht. Aus der Annahme der Stetigkeit folgt nun, dass ein bestimmter Punkt wie B indifferent sein muss zu A. Allerdings kann die Indifferenzkurve konkav, konvex oder sogar linear sein. Die Annahme der Konvexität der Indifferenzkurve, die zusätzlich getroffen wird, besagt, dass gemischte Güterbündel gegenüber einseitigen Güterbündeln präferiert werden. Dann muss die Indifferenzkurve konvex sein, da aufgrund der Nicht-Sättigung weiter nordöstlich liegende Güterbündel vorgezogen werden. G u t 2 A D C E B G u t 1 C enthält k Anteile von A und (1 − k) Anteile von B (0 ≤ k ≤ 1) und wird gegenüber D oder E vorgezogen. Wäre die Indifferenzkurve konkav, so würde das Gegenteil gelten. Die Steigung der Indifferenzkurve gibt die marginale Änderung an bei einer Substitution von Gut 2 durch Gut 1. Da die Kurve konvex ist, wird diese Grenzrate der Substitution des Gutes 2 durch das Gut 1 immer kleiner. Der Konsument ist also, wenn er viel von Gut 2 besitzt, eher bereit auf Gut 2 zu verzichten, um eine zusätzliche Einheit von Gut 1 zu bekommen, als wenn er wenig von Gut 2 besitzt. Das Austauschverhältnis lim∆X1 →0 ∆X2 ∆X1 (1) 21 ist negativ und wird als Grenzrate der Substitution GRS(2, 1) des Gutes 2 durch das Gut 1 bezeichnet. GRS(2, 1) wird dabei allerdings als positiv angenommen d.h. GRS(2, 1) = −lim∆X1 →0 ∆X2 ∆X1 (2) Wird das Gut 2 als Zahlungsmittel angesehen, so beschreibt die GRS die marginale Zahlungsbereitschaft für das Gut 1. Je schwieriger diese Substitution ist d.h. je mehr Gut 1 der Konsument bekommen will, um eine Einheit von Gut 2 zu substituieren, desto stärker die Krümmung. Ein Maß für die Krümmung ist die Substitutionselastizität ∆v v ǫsub (2, 1) = lim∆X1 →0 ∆GRS mit v = GRS X2 X1 und ∆v = vneu −valt (3) Die Grenzrate der Substitution und das Verhältnis, in welchem die beiden Gütermengen nachgefragt werden, ändern sich stets in die selbe Richtung. Aufgrund der Krümmung nimmt die GRS aber stärker ab als v d.h. die Änderung der Winkel βi ist stärker als die der Winkel αi . G u t 2 b a 1 1 b a 2 2 G u t 1 Je kleiner also ǫsub (2, 1), desto stärker ist die Indifferenzkurve gekrümmt. Wäre die Kurve ein Gerade, so würde ǫsub → ∞ gelten, da ∆GRS = 0 im Nenner. Hätte die Indifferenzkurve einen L-förmigen Verlauf, so wäre die Substitutionselastizität null, da auf der waagrechten Gerade vom Knickpunkt ausgehend nach rechts GRS = 0 gelten würde, da ∆X2 = 0 ist. Per Definitionem gilt dann auch ǫsub (2, 1) = 0. 22 Eine wichtige Folgerung des Transitivitätsaxioms und der Annahme der NichtSättigung ist, dass sich Indifferenzkurven nicht schneiden dürfen. G u t 2 B C A Das Güterbündel C enthält mehr von Gut 1 als das Güterbündel B. Beide liegen jeweils auf Indifferenzkurven mit A. Da C B vorgezogen wird, ist das Transitivitätsaxiom verletzt, denn A wäre nicht mehr indifferent zu sich selbst. Im Prinzip muss man sich eine Schar an Indifferenzkurven denken, die aufgrund der Annahme der Stetigkeit beliebig eng aneinander liegen. Auf der Ursprungsgeraden nach Nordosten nimmt der Nutzen immer weiter zu. Dies ist eine Folge des Vollständigkeitsaxioms und der Annahme der Unersättlichkeit. G u t 2 U rsp ru n g sg e ra d e In d iffe re n z k u rv e n G u t 1 23 3.3 Nutzen und Nutzenfunktionen Nach Jeremy Bentham (1748-1832) ist der Nutzen kardinal messbar. Der gesellschaftliche Nutzen ergibt sich also auch über die Summe der individuellen Nutzen. Da der Nutzen verschiedener Individuen in der gleichen Einheit gemessen wird, sind die Nutzen unterschiedlicher Individuen auch interpersonell vergleichbar. Darauf aufbauend hat Gossen (1810-1858) zwei zentrale Aussagen formuliert: 1. Gossen’sches Gesetz: Mit zunehmendem Konsum nimmt der Nutzen, den die letzte konsumierte Einheit eines Gutes stiftet, ab. 2. Gossen’sches Gesetz: Ein Konsument, der seinen Nutzen maximieren möchte, wird seine Konsumentscheidung in der Weise auf die verschiedenen Konsumgüter verteilen, dass der Grenznutzen der letzten Geldeinheit in allen Verwendungen gleich ist. Später ging man dazu über, Nutzen als ordinal messbare Größe zu betrachten. Damit gibt es keine gemeinsame Einheit des Nutzens. Damit ist das 1. Gossen’sche Gesetz nicht ableitbar. Das 2. Gossen’sche Gesetz behält jedoch weiterhin seine Gültigkeit. Durch die ordinale Messbarkeit ist ein Vergleich zwischen verschiedenen Individuen (interpersonell) und sogar in Bezug auf verschiedene Entscheidungen für Güter bei einem einzigen Individuum (intrapersonell) nicht möglich. Nutzen ist die Bedürfnisbefriedigung, die ein Güterbündel stiftet. Mit einer Nutzenfunktion U(X) ist man in der Lage, den verschiedenen Güterbündeln eine Rangordnung zu geben. Die Nutzenzahlen sind gleich, wenn der Konsument indifferent ist zwischen zwei Güterbündeln (d.h. U(X (A) ) = U(X (B) ), wenn X (A) ∼ X (B) ) und unterschiedlich, wenn eine starke Präferenzrelation besteht (d.h. U(X (A) ) > U(X (B) ), wenn X (A) ≻ X (B) ). Da nur eine Rangordnung gebildet wird, kann die selbe Präferenzordnung durch unendlich viele unterschiedliche Nutzenfunktionen ausgedrückt werden. Somit führt eine streng monoton steigende Transformation F (F ′ > 0) wieder zu einer Nutzenfunktion V (X) = F (U(X)), die die selbe Rangordnung beschreiben kann. Jede Präferenzordnung, die den Rationalitätsaxiomen und der Stetigkeitsannahme genügt, kann durch eine ordinale Nutzenfunktion dargestellt werden. Durch die Stetigkeitsannahme wird die Anwendung vergleichsweise einfacher mathematischer Optimierungsverfahren möglich. Nutzenfunktionen 24 mit Knicken sind also nicht erlaubt, da die links- und rechtsseitigen Ableitungen nicht übereinstimmen. Ebenso wenig solche mit Sprüngen, da sie nicht stetig sind. Eine Kontur einer Funktion besitzt einen konstanten Funktionswert. Bei der Nutzenfunktion ist die Kontur eine Indifferenzkurve (4) U(X1 , X2 ) = Ū , also die Menge an Güterbündeln mit konstantem Nutzen. Die partielle Ableitung der Nutzenfunktion ergibt im 2-Güter-Fall: dU = ∂U ∂U dX1 + dX2 = U1 dX1 + U2 dX2 . ∂X1 ∂X2 (5) U1 oder U2 ist die Änderung des Nutzens bei einer marginalen Änderung der Menge eines Gutes, also der Grenznutzen. Wegen der Annahme der Nichtsättigung ist dieser Grenznutzen stets positiv. Für die Indifferenzkurve gilt dU = 0, also: GRS(2, 1) = − dX2 U1 = . dX1 U2 (6) Wird eine streng monoton steigende Transformation der Nutzenfunktion betrachtet, so bleibt das Vorzeichen des Grenznutzens erhalten: (7) V = F (U) → V1 = F ′ U1 . Für die zweite Ableitung gilt: V11 = F ′′ U12 + F ′ U11 . (8) Somit ist das Vorzeichen der Änderung des Grenznutzens nicht invariant. Aussagen über die Änderung des Grenznutzens, wie in der kardinalen Nutzentheorie möglich, sind also in der ordinalen Nutzentheorie nicht erlaubt. Das 1. Gossen’sche Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen ist also nicht aus der Definition der Nutzenfunktion ableitbar. Für die Grenzrate der Substitution gilt aber (2. Gossen’sches Gesetz): GRS(2, 1) = V1 F ′ U1 U1 = ′ = . V2 F U2 U2 25 (9) 3.4 Die Budgetrestriktion Der Haushalt kann nicht beliebige Güterbündel wählen. Er ist seiner Budgetrestriktion unterworfen, die die Geldsumme beschränkt, die dem Haushalt zum Kauf der von ihm begehrten Güter in der betrachteten Periode zur Verfügung steht. Das Konsumbudget und die Güterpreise sind für den Haushalt exogen gegeben. Die Güterbündel kann er im Rahmen seiner Budgetbeschränkung frei wählen. Sie dürfen allerdings nicht negativ sein, d.h. er kann keine Güter verkaufen. Wird mit Pi der Preis eines Gutes Xi bezeichnet, so lautet die Budgetrestriktion: (10) B = P 1 X1 + P 2 X2 + . . . + P n Xn . Für den 2-Güter-Fall lässt sich diese Gleichung umformen zu: X2 = 1 P1 B− X1 . P2 P2 G u t 2 (11) P B 2 B P 1 G u t 1 Diese Gerade heißt Budgetgerade mit der entsprechenden Steigung: dX2 P1 =− . dX1 P2 (12) Die Achsenabschnitts-Form dieser Gleichung lautet: X1 B P1 + X2 B P2 (13) =1 26 mit den Achsenabschnitten B P1 und B . P2 Das Preisverhältnis oder die Steigung der Budgetgeraden gibt das Austauschverhältnis der Güter am Markt an. Der Differentialquotient: dX2 P1 =− dX1 P2 (14) besagt, dass bei einer Preisrelation PP12 der Konsument PP12 Einheiten von Gut 1 hergeben muss, um eine Einheit von Gut 2 zu bekommen. Bei Änderung des Budgets wird die Budgetgerade verlagert. G u t 2 B P 2 B P B < B 2 P B B P 1 1 G u t 1 Bei Änderung der Preise ändern sich nur die entsprechenden Achsenabschnitte. G u t 2 P B 2 P 1> P B B P 1 1 27 P 1 G u t 1 3.5 Entscheidung des Haushalts Der Konsument befindet sich im individuellen Gleichgewicht, wenn er das gegebene Budget derart auf die verschiedenen Güter aufteilt, dass sein Nutzen maximal wird. Ein Akteur ist im Gleichgewicht, wenn die Wahl optimal ist, d.h. eine Revision seiner Entscheidung die Lage des Akteurs nicht verbessern könnte. Es stellt sich heraus, dass die Wahl optimal ist, wenn das Austauschverhältnis am Markt (Preisverhältnis, Steigung der Budgetgeraden) mit der Steigung der Indifferenzkurve übereinstimmt. G u t 2 B A C D U 2 U 1 U 3 G u t 1 Die schraffierten Bereiche kan der Konsument mit seinem gegebenen Budget nicht erreichen (Punkt D scheidet aus). Der Punkt, der ihm den größten Nutzen stiftet ist dort, wo er die Indifferenzkurve mit der höchsten Nutzenzahl gerade noch tangiert. Ein Güterbündel wie A wäre nicht optimal, da dieser Punkt zwar erreichbar ist, aber der Konsument sich mehr leisten könnte. Der Punkt B, wo die Budgetgerade eine Indifferenzkurve lediglich schneidet, ist auch nicht optimal, da das objektive Tauschverhältnis am Markt (Steigung der Budgetgeraden) geringer ist als das subjektive Tauschverhältnis. Es wäre ihm also von Vorteil mehr von Gut 2 gegen Gut 1 einzutauschen, da er damit Gewinn macht. Erst dort, wo das Preisverhältnis am Markt mit der Steigung der Indifferenzkurve übereinstimmt, herrscht ein Gleichgewicht. Dies ist im Punkt C gegeben. Wegen der strikten Konvexität der Indifferenzkurven kann es keine Güterbündel geben, welche für die Haushalt erreichbar sind und welche besser als C sind. Somit kann es auch keine lokalen Minima geben wie in der folgenden Zeichnung. 28 G u t 2 A C U 1 U 2 G u t 1 Wird die Annahme der Unersättlichkeit nicht gemacht, so würde ab einer bestimmten Indifferenzkurve der Nutzen wieder abfallen. Dort gäbe es keine eindeutige Lösung und ein mathematisches Optimierungsverfahren wäre nicht anwendbar. Mathematisch lässt sich dieses Problem durch ein LagrangeVerfahren lösen. Dazu betrachten wir die Nutzenfunktion U = U(X1 , X2 , . . . , Xn ) → Max (15) unter der Nebenbedingung B = P1 X1 +P2 X2 +. . .+Pn Xn . Die LagrangeFunktion lautet dann: Λ = U(X1 , X2 , . . . , Xn ) + λ [B − P1 X1 − P2 X2 − . . . − Pn Xn ] . (16) Die Ableitung nach den unabhängigen Variablen Xi und nach λ und deren Nullsetzen (Auffinden eines Extremums) ergibt: Ui − λ Pi = 0 , B − P 1 X1 − P 2 X2 − . . . − P n Xn = 0 . (17) (18) Die Stetigkeit und die Annahme der Konvexität der Indifferenzkurven ist fundamental für die Anwendung des Lagrange-Verfahrens. Als Ergebnis erhält man: 1. Im Optimum ist das Preisverhältnis gleich dem Verhältnis der Grenznutzen: Pi Ui = . Uj Pj (19) 29 2. Im Optimum ist der Nutzen einer marginalen Ausgabeeinheit in allen Verwendungen gleich. λ= Ui Uj = . Pi Pj (20) (siehe 2. Gossen’sches Gesetz). 3. Im Optimum ist die Grenzrate der Substitution des Gutes i durch das Gut j gleich dem reziproken Preisverhältnis dieser beiden Güter: GRS(i, j) = − dXi Pj = . dXj Pi (21) Ui Pi stellt den Nutzen einer marginalen Ausgabeeinheit dar, 1 die eine Geldeinheit bewirkt ( ist gerade die Menge des Gutes i, die Pi man für eine Geldeinheit erhält). Damit bezeichnet λ den Grenznutzen des Geldes und dieser Grenznutzen des Geldes ist im Optimum in allen Verwendungen gleich. Der Quotient 4. Im Optimum ist der Preis eines Gutes Pi proportional zu dem Grenznutzen Ui dieses Gutes: Pi = 1 Ui . λ (22) Die Vorstellung, Haushalte würden in einer derartigen Entscheidungssituation einen Nutzen unter einer Nebenbedingung maximieren, stellt im Grunde ein Modell dar und zwar ein Modell des Präferenzmodells. Ob Haushalte oder andere Akteure sich tatsächlich so verhalten, wie es das Nutzenmaximierungsmodell suggeriert, mag dahingestellt sein. Sie verhalten sich aber oft so, als ob dies der Fall wäre. Man bezeichnet die ordinale Nutzentheorie deshalb auch als eine „als ob“ -Theorie. 3.6 Autonome Entscheidungen unter Unsicherheit Von der Entscheidung unter Sicherheit unterscheidet sich die Entscheidung unter Unsicherheit dadurch, dass der Zustand der Welt (ex ante) nicht bekannt ist d.h. einer Handlungsalternative ist nicht unbedingt ein bestimmtes 30 Ergebnis zugeordnet, sondern das Ergebnis der Entscheidung ist mit einer gewissen Eintrittswahrscheinlichkeit behaftet. Ist diese Entrittswahrscheinlichkeit bekannt, so spricht man von einer Entscheidung unter Risiko, sonst von einer Entscheidung unter Ungewissheit. Meist treten subjektive Erwartungen an die Stelle objektiver Wahrscheinlichkeiten, da letztere schwierig zu bestimmen sind. 3.6.1 Entscheidung unter Risiko Hier arbeiten wir mit so genannten Prospekten, die aus bestimmten Zuständen der Welt Y = [Y1 , Y2 , . . . , Yn ] mit dazu gehörigen Wahrscheinlichkeiten w = [w1 , w2 , . . . , wn ] bestehen. Ein Prospekt hat die Form: (23) {P P } = [w, Y ] . Der Erwartungswert eines Prospekts ergibt sich durch: (24) E(Y ) = w1 Y1 + w2 Y2 + . . . + wn Yn . Die Wahrscheinlichkeit erfüllt wie gewohnt die folgenden Axiome der Wahrscheinlichkeitsrechnung: 1. Die Ereignisse schließen sich gegenseitig aus 2. Ein Ereignis muss eintreten: Pn i=1 wi =1 3. Die Wahrscheinlichkeiten sind positiv: 0 ≤ wi ≤ 1 Der Zustand der Welt ist nicht beeinflussbar. Er ist durch Variablen bestimmt, die exogen sind. Allerdings seien die verschiedenen Zustände der Welt endlich. Das Entscheidungsproblem eines Akteurs unter Risiko lässt sich als Wahl zwischen verschiedenen Prospekten auffassen. Ein Standardprospekt besteht aus zwei Zuständen der Welt, nämlich Y o (o=oben) für den höchsten Ertrag und Y u (u=unten) für den niedrigsten Ertrag. Mit der Wahrscheinlichkeit w tritt Y o ein und mit der Wahrscheinlichkeit (1 − w) entsprechend Y u . Der Nutzen, der einem bestimmten Zustand der Welt zugeordnet ist, wird durch eine Erwartungsnutzenfunktion bestimmt. Im Gegensatz zur ordinalen 31 Nutzentheorie bei Entscheidungen unter Sicherheit, besitzt die Erwartungsnutzenfunktion teilweise kardinale Eigenschaften. Zur Ableitung der Erwartungsnutzenfunktion werden jetzt folgende fünf Axiome benötigt: Axiom 1: Die Präferenzordnung über Prospekte ist vollständig, transitiv und reflexiv (entspricht Axiomen 1-3 der Entscheidungstheorie unter Sicherheit) Axiom 2: Die Präferenz steigt mit zunehmender Wahrscheinlichkeit des Eintretens von Y o (entspricht der Annahme der Nichtsättigung) Axiom 3: Zu jedem Prospekt existiert ein eindeutiger, äquivalenter Standardprospekt (entspricht der Annahme der Stetigkeit) Axiom 4: Zu jedem einfachen Prospekt existiert ein kumulativer Prospekt, dessen Erträge wiederum die Form von Standardprospekten haben. (d.h. das Ergebnis ist nicht unbedingt geldwert, sondern kann wieder aus einzelnen Prospekten bestehen. Beispiel: Der Gewinn einer Lotterie kann selbst wieder in einem Lotterielos bestehen.) Das bedeutet, der Konsument unterliegt keiner „Risikoillusion“. Axiom 5: Die Wahl zwischen zwei Prospekten ist unabhängig davon, ob der Ertrag ex post sicher ist oder ob er in Form äquivalenter Prospekte anfällt (Unabhängigkeitsaxiom). (Beispiel: Der sichere Ertrag von Prospekt {P P1 } sei 70e , bei {P P2 } seien es 100e . Kann ein Konsument einen erwarteten sicheren Ertrag von 0.4 · 70e +0.6 · 100e wählen, so ist er auch indifferent gegenüber dem kumulierten Prospekt 0.4 · {P P1 } + 0.6 · {P P2 }, da dies für ihn gleichwertig zu dem entsprechenden sicheren Ertrag ist.) Um daraus eine Erwartungsnutzenfunktion V (Y ) abzuleiten, bedient man sich einem Standardprospekt {P } = [w, Y u , Y o ] und setzt willkürlich V (Y u ) = 0 und V (Y o ) = 1. Nun variiert man die Wahrscheinlichkeit w in dem Standardprospekt (gedanklich) so lange, bis Indifferenz zwischen einem sicheren Ertrag und dem Standardprospekt erreicht ist. Diesem Ertrag wird der erwartete Nutzen des Standardprospekts als Nutzenzahl zugeordnet. Für ein beliebiges Prospekt {P P } = [w1 , w2 , . . . , wn , Y1 , Y2, . . . , Yn ] sei Yn dem höchsten Ertrag und Y1 dem niedrigsten Ertrag zugeordnet. Um die Nutzenzahlen zwischen den gegebenen oberen und unteren Grenzwerten zu ermitteln, wird 32 nun die Wahrscheinlichkeit ws gesucht, für die V (Ys ) = ws V (Yn ) + (1 − ws ) V (Y1 ) = ws (25) gilt. Die Nutzenzahl, welche einer Entscheidung einen sicheren Geldbetrag Ys zuordnet, ist also identisch mit der Wahrscheinlichkeit ws für einen Gewinn in einer äquivalenten Lotterie. Die Funktion V = V (Ys ) = ws wird als v. Neumann-Morgenstern- oder als Erwartungsnutzenfunktion bezeichnet. Insofern ist die Erwartungsnutzenfunktion kardinal. Aus diesem Grund ist V (Y ) nicht invariant bei einer beliebigen streng monoton steigenden Transformation, sondern nur bei einer linear steigenden Transformation, die relative Abstände unverändert lässt. Allein die Einheit, die willkürlich durch V (Y u ) = 0 und Y (Y o ) = 1 festgelegt wurde, ist beliebig. Der Konsument hat nun die Wahl zwischen verschiedenen Prospekten. In jedem dieser Prospekte werden die möglichen Erträge durch die zugehörigen Nutzenzahlen ersetzt. Dann kann für jedes Prospekt der Erwartungswert der Nutzenzahlen oder kurz der erwartete Nutzen ermittelt werden. Der Entscheider wählt nun den Prospekt mit dem höchsten erwarteten Nutzen. 3.6.2 Eigenschaften der Erwartungsnutzenfunktion Die Erwartungsnutzenfunktion steigt mit steigenden sicheren Erträgen Yi . Sie ist definiert innerhalb der gegebenen Grenzen V (Yn ) und V (Y1 ). Die Erwartungsnutzenfunktion ist eindeutig definiert, sobald dem niedrigsten und dem höchsten möglichen Ertrag bestimmte Nutzenzahlen zugeordnet sind. Außerdem sei die Erwartungsnutzenfunktion zweimal differenzierbar. V ′ (Y ) wird als Grenznutzen des Ertrages bezeichnet. V ′′ (Y ) ist entsprechend die marginale Änderung des Grenznutzens des Ertrages. Da die Funktion nur invariant gegenüber linear steigenden Funktionen ist und diese die Form (Krümmung) der Erwartungsnutzenfunktion unverändert lässt, kann sie sowohl konvex, konkav als auch linear verlaufen. Die Krümmung der Erwartungsnutzenfunktion ist definiert dadurch, ob der Konsument risikofreudig, risikoneutral oder risikoscheu ist. Dies bestimmt sich über den sicheren Ertrag eines Prospekts Ys (Sicherheitsäquivalent). Ist dieser sichere Ertrag kleiner P als der Erwartungswert des Prospekts E(Y ) = ni=1 wi Yi, dann ist der Konsument risikoscheu d.h. der Konsument wird eher einen sicheren Ertrag Ys annehmen, auch wenn er im Fall des Risikos unter Umständen einen höheren 33 Ertrag realisieren könnte. Man kann leicht zeigen, dass dies mit einer konkaven Erwartungsnutzenfunktion korrespondiert. Nehmen wir einen Standardprospekt {P P } = [w, Y1, Y2 ]. Der Erwartungswert von {P P } sei: (26) E(Y ) = w Y2 + (1 − w) Y1 . Je nach Erwartungsnutzen sei (27) Ys ∼ {P P } d.h. der Konsument ist indifferent zwischen einem sicheren Ertrag Ys und dem Standardprospekt {P P }. Ys wird auch als Sicherheitsäquivalent bezeichnet. Aufgrund der Axiome 1-5 gilt aber: (28) V (Ys ) = w V (Y2 ) + (1 − w) V (Y1 ) = E(V (Y )) . Gilt nun Ys < E(Y ), so ist der Konsument risikoscheu, da Ys geringer ist als der Erwartungswert von {P P }. Wird nun der Nutzen ermittelt, so gilt dann auch: V (Ys ) = E(V (Y )) = w V (Y2 ) + (1 − w) V (Y1 ) < V (w Y2 + (1 − w) Y1) = V (E(Y )) (29) und dies bedeutet die Konkavität der Erwartungsnutzenfunktion. N u tz e n V (Y ) 2 V (E (Y )) V ( Y s) = E ( V ( Y ) ) V (Y 1 F (Y ) = w V (Y V (Y ) 2 ) + (1 -w ) V (Y 1 ) ) Y 1 Y s E (Y ) Y 2 E rtra g Abbildung 1: Form der Erwartungsnutzenfunktion bei Risikoscheu 34 Bei Risikofreude würde gelten Ys > E(Y ) oder V (Ys ) = E(V (Y )) = w V (Y2 ) + (1 − w) V (Y1 ) > V (E(Y )). (30) Dann wäre die Erwartungsnutzenfunktion konvex, da die Verbindungsgerade F (Y ) oberhalb der Erwartungsnutzenfunktion V (Y ) verläuft. V (Y N u tz e n V (Y ) ) 2 F (Y ) = w V (Y 2 ) + (1 -w ) V (Y 1 ) V ( Y s) = E ( V ( Y ) ) V (E (Y )) V (Y 1 ) Y 1 E (Y ) Y s Y 2 E rtra g Abbildung 2: Form der Erwartungsnutzenfunktion bei Risikofreude Bei Risikoneutralität gilt schließlich Ys = E(Y ) oder V (Ys ) = E(V (Y )) = w V (Y2 ) + (1 − w) V (Y1 ) = V (E(Y )) . (31) Dann wäre die Funktion V (Y ) eine Gerade. Die so genannte Risikoprämie ist R = E(Y ) − Ys . Für einen risikoscheuen Konsumenten ist R > 0 d.h. der Konsument ließe sich dazu bewegen, dann den Standardprospekt {P P } zu wählen, wenn ihm als Ausgleich eine bestimmte Prämie R gezahlt würde, sonst bliebe er bei dem sicheren Ertrag Ys . Für Risikofreude ist R negativ. Bei Risikoneutralität gilt entsprechend R = 0. Um das Risikoverhalten genauer zu charakterisieren kann der so genannte Arrow-Pratt-Koeffizient der absoluten Risikoaversion verwendet werden. Er berechnet sich durch: V ′′ (Y ) A(Y ) = − ′ . V (Y ) (32) 35 N u tz e n V (Y ) 2 F (Y ) = V (Y ) V ( Y s) = V ( E ( Y ) ) = E ( V ( Y ) ) V (Y 1 ) Y E (Y )= Y 1 s Y 2 E rtra g Abbildung 3: Form der Erwartungsnutzenfunktion bei Risikoneutralität Ist V ′′ (Y ) > 0 (Konvexität), dann ist A(Y ) negativ, da V ′ (Y ) > 0 immer gilt (steigende Nutzenzahlen bei steigenden Erträgen). Bei Risikoscheu wird A(Y ) > 0, bei Risikoneutralität entsprechend A(Y ) = 0. A(Y ) ist unabhängig von der speziellen Form einer Nutzenfunktion unter Betrachtung linear steigender Transformationen. Mit Hilfe dieses Koeffizienten lässt sich folgende Approximation für die Risikoprämie angeben: R∼− 1 V ′′ (Y ) 2 1 σ = A(Y ) σ 2 , ′ 2 V (Y ) 2 (33) wobei σ 2 die Varianz des Ertrages ist. Da A′ (Y ) variieren kann, kann R mit steigendem Y steigen, sinken oder konstant bleiben. Linear steigende Transformationen lassen A unverändert. Da A(Y) von der Wahl der Einheiten abhängig ist, kann man den dimensionslosen Arrow-Pratt-Koeffizienten der relativen Risikoaversion A(Y ) (34) Y verwenden, indem wir durch Y dividieren. Zusammenfassend gestatten die zu Grunde liegenden Axiome, dass wir bestimmte Annahmen über die Krümmung der Erwartungsnutzenfunktion machen können, da diese invariant gegenüber zulässigen Transformationen der Nutzenfunktion sind. Bei einer ordinalen Nutzentheorie ist dies nicht möglich. Hier musste die Krümmung der Indifferenzkurven a priori als konvex vorausgesetzt werden aufgrund einer sinkenden Grenzrate der Substitution und der Präferenz gemischter Güterbündel gegenüber einseitigen Güterbündeln. Ar (Y ) = 36 3.6.3 Die Indifferenzkurve der Erwartungsnutzenfunktion Der Erwartungsnutzen sei gegeben durch: E(V ) = w V (Y1 ) + (1 − w) V (Y2 ) , (35) wenn w die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von Zustand 1, (1 − w) entsprechend die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von Zustand 2 bezeichnet. Der Erwartungsnutzen ist konstant auf einer Indifferenzkurve: dE(V ) = w V ′ (Y1 )dY1 + (1 − w) V ′ (Y2 ) dY2 = 0 . (36) Die Indifferenzkurve muss also die Steigung haben: dY2 w Y ′ (Y1 ) =− . dY1 (1 − w) V ′ (Y2 ) (37) dY2 Das Verhältnis dY gibt an, auf welche Reduzierung des Ertrages Y2 der Ak1 teur zu verzichten bereit ist, falls der Ertrag Y1 um eine Einheit steigt. Verschiedene Erträge Y1 , Y2 gehören aber zu unterschiedlichen Prospekten. Also (2) (2) 2 gibt dY die Grenzrate der Substitution eines Prospekts {P P2 } = [w, Y1 , Y2 ] dY1 (1) (1) durch ein Prospekt {P P1 } = [w, Y1 , Y2 ] an. Auf der 45◦ -Geraden gilt immer Y1 = Y2 , also muss dort auch der Nutzen für beide Zustände gleich sein (V (Y1 ) = V (Y2 )) und damit auch die marginale Änderung des Nutzens also der Grenznutzen (V ′ (Y1 ) = V ′ (Y2 )). Im Schnittpunkt mit der 45◦ -Geraden −w muss die Indifferenzkurve daher die Steigung (1−w) besitzen. Auf der 45◦ Geraden liegen alle Güterbündel, dessen Erträge im Zustand 1 und Zustand 2 identisch sind. Da ein Güterbündel genauso geschätzt wird wie sein Sicherheitsäquivalent d.h. Ys ∼ {P P } und das Sicherheitsäquivalent unabhängig vom Zustand der Welt ist, gibt der Schnittpunkt der Indifferenzkurve mit der 45◦ -Geraden immer das Sicherheitsäquivalent des entsprechenden Güterbündels an. Weiter nordöstlich liegende Güterbündel besitzen somit ein größeres Sicherheitsäquivalent und werden mehr geschätzt. Je wahrscheinlicher der Zustand 1, desto größer ist w. Damit nimmt die Steigung der Indifferenzkurve im Schnittpunkt mit der 45◦ -Geraden zu, da die Steigung der Indifferenzkurve zunimmt. Die Indifferenzkurve ist streng konvex, da die Erwartungsnutzenfunktion bei Risikoscheu streng konkav ist. Im Diagramm ergibt sich die Risikoprämie R = E(Y ) − Ys wie folgt: 37 E rtra g im Z u s ta n d 2 P P Y Y 2 P P (5 ) s Y 4 5 o (4 ) s P P s Y s P P 5 4 P P 3 1 = E ( Y (1 )) Y s(4 )= E ( Y (2 )) Y s (5 ) E rtra g im Z u s ta n d 1 Der Erwartungswert lautet: (38) E(Y ) = w Y1 + (1 − w) Y2 . Folglich hat die Gerade, auf der alle Güterbündel mit gleichem Erwartungswert liegen, die Steigung: dY2 −w = , dY1 (1 − w) (39) da d(E(Y )) = w dY1 + (1 − w) dY2 = 0. Dies ist die gleiche Steigung wie die der Indifferenzkurve im Schnittpunkt mit der 45◦ -Geraden. Das Prospekt {P P4 } hat somit den gleichen Erwartungswert wie {P P2 }. Das Sicherheitsäquivalent von {P P4} enspricht also E(Y (2) ). Ebenso entspricht das Sicherheitsäquivalent von {P P5} gleich dem Erwartungswert E(Y (1) ) von {P P1}. Folglich lautet die Risikoprämie von {P P2}: R(2) = E(Y (2) ) − Ys(2) = Ys(4) − Ys(2) = Ys(4) − Ys , (40) da {P P2} und {P P3 } das selbe Sicherheitsäquivalent haben, weil sie auf der selben Indifferenzkurve liegen. Anhand der Indifferenzkurve lässt sich 38 auch ableiten, dass gemischte Güterbündel (Gerade z.B. zwischen {P P2 } und {P P1}) gegenüber einem reinen oder einseitigen Güterbündel vorgezogen werden, da das Prospekt {P Pg } mit der Definition: (g) (g) {P Pg } = [Y1 , Y2 ] = k{P P1} + (1 − k) {P P2} 0≤k≤1 (41) weiter nordöstlich liegt als {P P3 }. Dies bedeutet eine Präferenz für Diversifikation. 3.6.4 Beispiel 1: Die Wahl der optimalen Deckungssumme bei einem Versicherungsvertrag Ein Unternehmer schließe einen Vertrag ab über die Errichtung eines Hauses. Wird es rechtzeitig fertig (Zustand der Welt 1), bekommt er den Verdienst Y . Schafft der Unternehmer es nicht rechtzeitig (Zustand der Welt 2), so muss er eine Konventionalstrafe in der Höhe von S zahlen, so dass der Verdienst Y − S verbleibt. Er kann nun eine Versicherung abschließen, um sich gegen den Verdienstausfall abzusichern. Dazu kann er eine bestimmte Deckungssumme D wählen, die er im Zustand 2 zusätzlich erhält. Einen Teil der Deckungssumme mit dem Prozentsatz P muss er allerdings als Prämie zahlen, so dass ihm die folgenden Möglichkeiten gegeben sind: Ohne Versicherung: (a) (a) Y1 = Y Y2 = Y − S Mit Versicherung: Y1 = Y − P D Y2 = Y − S − P D + D = Y − S + (1 − P ) D Im zweiten allgemeineren Fall sind alle Möglichkeiten beinhaltet. Entweder keine Versicherung (D = 0), volle Absicherung (D = S) oder teilweise Absicherung (0 ≤ D ≤ S). Wird Y1 nach D aufgelöst und in Y2 eingesetzt, so erhält man die Geradengleichung: (1 − P ) Y1 + P Y2 = Y − P S . (42) dY2 (1 − P ) =− . dY1 P (43) Dies kann man als eine Bugetgerade interpretieren, wobei das Budget B durch Y − P S gegeben sei. Die Budgetgerade hat die Steigung: 39 Dargestellt im Koordinatenkreuz ergibt sich: E rtra g im (Y -P S ) P Y -P D Y -S Z u s ta n d 2 4 5 o b (D = S ) 0 < D < S a (D = 0 ) E rtra g im Y -P D Y Z u s ta n d 1 (Y -P S ) (1 -P ) Nur der Bereich zwischen dem Punkt a (keine Versicherung) und dem Punkt b (volle Absicherung) ist praktisch relevant. Der Unternehmer kann zwar auch Punkte jenseits von b wählen, diese Punkte sind aber praktisch gesehen uninteressant. Der Erwartungswert ohne Versicherung lautet: E(Y (a) ) = w Y + (1 − w) (Y − S) = Y − (1 − w) S . (44) Für den Fall des Abschlusses eines Versicherungsvertrages gilt: E(Y ) = w (Y − P D) + (1 − w) (Y − S + (1 − P ) D) = Y − (1 − w) S − (P − (1 − w)) D . (45) (46) Ist P = (1 − w), so ist der Erwartungswert in beiden Fällen gleich. Die Versicherung ist dann fair. Betrachten wir eine faire Versicherung, so wird der Akteur einen Punkt wählen, wo die Steigung seiner Budgetgeraden (hier ) − (1−P ) gleich der Steigung der Indifferenzkurve ist. Für eine faire VersiP cherung ist das leicht zu finden, da die Steigung der Budgetgeraden (dann w − (1−w) ) und die Steigung der Indifferenzkurve im Schnittpunkt mit der 45◦ w Geraden (− (1−w) ) übereinstimmen. Also wählt der Akteur den Punkt b mit 40 vollständiger Absicherung. Ist die Versicherung nicht fair, so gilt P 6= (1−w). Der maximale Erwartungsnutzen wird erhalten für: E(V ) = w V (Y − P D) + (1 − w) V (Y − S + (1 − P )D) → Max . (47) Sei D variabel. Dann ist E(V) maximal für: ∂E(V ) = w V ′ (Y1 ) (−P ) + (1 − w) V ′ (Y2 ) (1 − P ) = 0 . ∂D (48) Im Allgemeinfall muss also gelten: −w V ′ (Y1 ) (1 − P ) =− . ′ (1 − w) V (Y2 ) P (49) ′ −w V (Y1 ) die Steigung der Indifferenzkurve ist. Das OptiWir wissen, dass (1−w) V ′ (Y2 ) mum liegt also dort, wo die Steigung der Indifferenzkurve gleich der Steigung ) ist. Grafisch ergibt sich folgendes Bild: der Budgetgeraden − (1−P P E rtra g im Y -(1 -w )S Y -S + (1 -P )D Y -S Z u s ta n d 2 b Y -(1 -w )S 3.6.5 4 5 o b fa ir (P = (1 -w )) a Y -P D In b ,b : D = S Z w is c h e n b ,b u n d a : D < S n ic h t fa ir (P > (1 -w )), a n d e re S te ig u n g d e r B u d g e tg e ra d e n Y E rtra g im Z u s ta n d 1 Beispiel 2: Die Wahl eines optimalen Bündels von Zustandsgütern als Analogie zu einem Terminmarkt In vielen Märkten (Rohstoffmarkt, Markt für landwirtschaftliche Produkte, finanzielle Aktiva) werden Verträge abgeschlossen, durch die der Verkäufer verpflichtet wird, eine bestimmte Menge eines Gutes zu liefern und der Käufer 41 einen bestimmten Kaufpreis entrichten muss. So können jedoch Missernten, Währungsunterschiede, Konjunkturschwankungen dazu führen, dass sich die Preise für die Güter ändern. Ist das Gut zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits vorhanden, so spricht man von einem Spot- oder Kassakontrakt. Da der Zustand der Welt praktisch keine Rolle spielt, handelt es sich um eine Entscheidung unter Sicherheit. Für den Fall hingegen, dass das Gut noch nicht vorhanden ist, spricht man von einem Terminkontrakt. Hier verpflichtet sich der Verkäufer zum vorher vereinbarten Preis das Gut zu liefern, auch wenn sich die Marktpreise ändern. Wenn er Pech hat, macht er einen Verlust, da die Beschaffungspreise in der Zwischenzeit gestiegen sind. Man kann einen Terminmarkt durch einen Zustandsmarkt gedanklich ersetzen. Indem man zwei Zustände der Welt einführt, Zustand 1, wo das Gut zu einem festgelegten Preis von Pg geliefert wird (guter Zustand) und Zustand 2, wo sich der Preis des Gutes bereits geändert hat (schlechter Zustand) und der Preis des Gutes Ps lautet. Die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von Zustand 1 sei w, der für das Eintreten von Zustand 2 (1 − w). Da der Verkäufer in jedem Fall liefern muss unabhängig vom Zustand der Welt, muss also Gg = Gs gelten (wobei dann auch V (Gg ) = V (Gs ) gültig ist). Der Käufer bekommt sein Gut in jedem Fall. Der Verkäufer muss zu dem entsprechenden Marktpreis liefern. Tritt Zustand 1 ein, so liefert er Gg zum Preis von Pg . Tritt Zustand 2 ein, so muss er Gs zum Preis von Ps liefern. Hier lautet seine Budgetgerade also: (50) B = P g Gg + P s Gs . Damit die angesprochene Analogie gilt, darf der Gesamtpreis nicht höher sein, als der auf dem entsprechenden Terminmarkt, sonst schließt man keinen Zustandsvertrag ab. Der Erwartungsnutzen lautet: E(V ) = w V (Gg ) + (1 − w) V (Gs ) . (51) Λ = w V (Gg ) + (1 − w) V (Gs ) + λ (B − Pg Gg − Ps Gs ) . (52) Nach dem Lagrange-Verfahren lässt sich das Optimum ermitteln als Extremu der folgenden Funktion: Der Preis steht ex ante fest (wird im Vertrag vereinbart). Die Gütermengen sind jedoch variabel. Also muss gelten: ∂Λ = w V ′ (Gg ) − λ Pg = 0 ∂Gg ∂Λ = (1 − w) V ′ (Gs ) − λ Ps = 0 . ∂Gs 42 (53) (54) Im Optimum muss also gelten: w V ′ (Gg ) Pg = . (1 − w) V ′ (Gs ) Ps (55) In diesem speziellen Beispiel muss darüber hinaus Gg = Gs sein. Mithin muss auch V ′ (Gg ) = V ′ (Gs ) gelten. Also ist der Vertrag fair, wenn das Preisverw hältnis der Güter PPgs gleich dem Verhältnis der Wahrscheinlichkeiten (1−w) ist. Dann liegt die Lösung auf der 45◦ -Geraden. Ist der Vertrag nicht fair, w dann wäre (1−w) > PPgs d.h. die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von Zustand 1 ist größer, als sich dies in den Marktpreisen wiederspiegelt. Dann ist das gewählte Güterbündel nicht länger optimal. Wird nun von der Annahme Gg = Gs abgegangen und zugelassen, dass der Verkäufer unterschiedliche Gütermengen in den beiden Zuständen der Welt kaufen kann (ob das sinnvoll ist oder nicht, sei dahingestellt), so ist das Optimum in der Tat dort, wo w V ′ (Gg ) Pg = . ′ (1 − w) V (Gs ) Ps (56) gilt. Diesmal liegt das Optimum unterhalb der 45◦ -Geraden. G ü te rm e n g e n im B P s c h le c h te n Z u s ta n d 4 5 o s G B P g+ P g = G G ü te rm e n g e n im g u te n Z u s ta n d B s B P s c h le c h te n Z u s ta n d 4 5 o s G s s B P g+ P G ü te rm e n g e n im P G s = G s G ü te rm e n g e n im g u te n Z u s ta n d G g g g B P g Anders als beim Entscheidungsproblem unter Sicherheit, wo die Indifferenzkurve fest war (fixe Präferenzen) und eine Preisänderung sich jeweils nur in der Änderung der Steigung oder einer Verlagerung der Budgetgeraden auswirkte, ist bei einer Entscheidung unter Risiko die Indifferenzkurve bzw. 43 deren Steigung mit der Wahrscheinlichkeit w veränderlich. Auf einem fairen Markt, wo das Preisverhältnis sich immer wie das Verhältnis der Wahrscheinlichkeiten einstellt, sind die Budgetgerade und die Indifferenzkurven nicht unabhängig voneinander. Sie stellen sich gerade so ein, dass immer das Güterbündel auf der 45◦ -Geraden gewählt wird. Ist der Markt aber nicht fair, so ist diese Wahl nicht länger optimal. Um hier ein Optimum zu erreichen, muss von der Bedingung Gg = Gs abgegangen werden. Der Akteur wird sich hier besser stellen, mehr von Gut Gg zu liefern, wenn er das Eintreten von Zustand 1 für wahrscheinlicher hält, als sich dies in den Marktpreisen der beiden Zustandsgüter wiederspiegelt. Man kann den zuletzt untersuchten 2-Güter-Fall sehr einfach auf den Fall mehrerer Güter erweitern. Es seien m Güter vorhanden, für die jeweils m Zustände definiert seien, die mit den Wahrscheinlichkeiten wz (z = 1, . . . , n) eintreten können. Folglich lautet der Erwartungsnutzen: E(V ) = n X wz V (X1z , . . . , Xmz ) . (57) z=1 Die Budgetrestriktion lautet: B= m n X X (58) Pjz Xjz . z=1 j=1 Wird der Kauf auf einem Terminmarkt mit einem Verkauf auf einem anderen Terminmarkt finanziert, so muss gelten: n X m X z=1 j=1 (59) Pjz X̂jz ≥ B , wobei die X̂jz eben die Verkäufe sind. Es muss also gelten, dass der Wert aller Käufe, summiert über alle Zustände der Welt, nicht größer sein darf als der Wert aller Verkäufe, summiert über alle Zustände der Welt. Also muss gelten: n X m X z=1 j=1 (60) Pjz (X̂jz − Xjz ) ≥ 0 . Die Lagrange-Funktion lautet also: Λ= n X z=1 wz V (X1z , . . . , Xmz ) + λ[ n X m X z=1 j=1 44 Pjz (X̂jz − Xjz )] → Max . (61) Damit lassen sich Entscheidungen unter Unsicherheit mit den gleichen Instrumenten analysieren, wie Entscheidungen unter Sicherheit, nämlich mit Nutzenfunktionen bzw. ihren Indifferenzkurven und Budgetrestriktionen. Bei Entscheidungen unter Sicherheit sind die Güterbündel ex ante und ex post identisch. Bei Entscheidungen unter Unsicherheit sind die Bündel der Zustandsgüter unterschiedlich, da man ja nicht den Zustand der Welt kennt, sondern nur deren Eintrittswahrscheinlichkeit. Ex ante enthält das Bündel für jedes nachgefragte Gut sämtliche zugehörige Zustandsgüter als Möglichkeiten, ex post wird von jedem nachgefragten Gut nur eines der zugehörigen Zustandsgüter konsumiert. Ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung nicht bekannt, kann man auch Entscheidungstheorien der Maximin-Strategie (bekannt aus der Spieltheorie) anwenden, die besagt, dass entweder die Alternative gewählt werden sollte, in der der maximale Verlust minimal ist oder die, wo der minimale Gewinn maximal ist, oder, wenn wenigstens Wahrscheinlichkeiten für Zustände Y als auch subjektive Wahrscheinlichkeiten für den Zustand X bekannt sind und die gesuchten Zustände X und Y korreliert sind, die Bayes’sche Regel, nach der: w(X|Y ) = w(X ∩ Y ) w(X)w(Y |X) = . w(Y ) w(Y ) (62) Hängen beide Wahrscheinlichkeitsverteilungen voneinander ab, kann man, wenn man w(Y |X) kennt, die „objektivere“ Wahrscheinlichkeit w(X|Y ) bestimmen. Diese wird umso „objektiver“, je größer die Stichprobe für Y ist. Bei der Bayes’schen Entscheidungsregel werden gegenüber der Maximin-Regel alle vorhandenen Informationen ausgenutzt, während bei der Maximin-Regel im ersten Fall z.B. nicht die Informationen über den Gewinn mitverwendet wird, wenn lediglich die Verluste verglichen werden. Dann könnte der Gewinn noch so groß sein. Er wird aus der Betrachtung ausscheiden. Daher ist die Maximin-Regel umso interessanter, je verschieden die einzelnen Einheiten sind. Denn bei einer nur ordinal messbaren Größe spielt es in der Tat nur eine Rolle, ob die Höhe einer Auszahlung größer, kleiner oder gleich ist unabhängig von ihrer „kardinalen“ Höhe. Die Bayes’sche Entscheidungsregel ist insofern subjektiv, als dass die Subjektivität von w(X), der Anfangsverteilung, eingeht. 45 3.7 Entscheidungen über die Güternachfrage Unsicherheit scheint der eher realistischere Fall zu sein, wobei sowohl Unsicherheit über den Zustand der Welt als auch Unsicherheit über die Entscheidungen anderer Akteure vorhanden sein mag. Autonome Entscheidungen unter Sicherheit sind wohl eher als Ausnahmefall zu betrachten. Trotzdem ist die Annahme der Sicherheit vorteilhaft, da sie nicht mit so aufwändigen Mitteln zu behandeln ist wie eine Entscheidungstheorie unter Unsicherheit. Die grundlegenden Funktionen eines marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystems lassen sich auch unter der vereinfachenden Annahme der Sicherheit studieren. Kommt jedoch Unsicherheit ins Spiel und ist die Gewinnung von Informationen mit Kosten verbunden, so führt der Marktmechanismus zu anderen Ergebnissen als unter der Annahme der Sicherheit. Gemessen an der Güterversorgung, die bei einem Fehlen von Informationskosten erreichbar wäre, liegt ein „Versagen“ des Marktes vor. Weitere Fragen sind, ob der Allokationsmechanismus die zur Verfügung stehenden Informationen effizient verwertet und außerdem Anreize zur Generation und Aufdeckung von Informationen setzt. Die Mikroökonomik stellt lediglich ein Modell bereit, mit dem marktwirtschafltliche Prozesse abgebildet werden sollen. Die Theorie der Präferenzordnung ist ein Modell menschlichen Entscheidungsverhaltens. Die ordinale Nutzentheorie ist wiederum ein Modell dieser Präferenzordnung. Die Präferenzen werden als stabil und exogen angenommen. Eine Variable ist exogen, wenn sie durch das Modell nicht erklärt wird, sondern von außen bestimmt wird. Endogen sind die gewählten Gütermengen, exogen die Preise und das Einkommen. In einem erweiterten Modell können auch die Preise endogen durch die Marktmechanismen bestimmt und selbst das Einkommen kann endogen über die Faktorpreise (z.B. Lohnsatz) und eingesetzte Faktormenge (z.B. Arbeitsstunden) bestimmt sein. Man unterscheidet statische und dynamische Modelle. Die mathematische Lösung eines statischen Modells besteht aus den Vektoren der Werte der endogenen Variablen, welche das Gleichungssystem erfüllen. Diese Lösung stellt im ökonomischen Sinne ein Gleichgewicht dar, da die exogenen Variablen festliegen. In einem dynamischen Modell ändern sich hingegen auch die exogenen Variablen. Dann besteht die Lösung aus den Zeitpfaden der Werte der endogenen Variablen, welche die Gleichungen in jedem Zeitpunkt bzw. in jeder Periode erfüllen. Die Auswirkung der Änderung einer exogenen Variable auf die endogenen Variablen wird in 46 einem statischen Modell durch eine komparativ-statische bzw. komparativdynamische Analyse ermittelt. Es stellt lediglich ein Gedankenexperiment dar. In der experimentellen Wirtschaftstheorie wird auch auf ökonomischen Gebiet versucht, echte Experimente durchzuführen. Dabei werden Labor- und Feldexperimente unterschieden. Eine Analyse, bei der eine einzelne exogene Variable verändert wird (ceteris paribus), um die Auswirkung auf die endogenen Variablen des Problems zu untersuchen, stellt in der Ökonomik das Gegenstück zu einem kontrollierten Experiment in den Naturwissenschaften dar. Durch die Lagrange-Funktion: Λ = U(X1 , X2 , . . . , Xn ) + λ(B − P1 X1 − . . . − Pn Xn ) (63) lässt sich die optimale Gütermenge wie folgt bestimmen: X1∗ X2∗ .. . ∗ Xn = X1 (P1 , P2 , . . . , Pn , B) = X1 (P, B) , = X2 (P1 , P2 , . . . , Pn , B) = X2 (P, B) , . = .. = Xn (P1 , P2 , . . . , Pn , B) = Xn (P, B) . (64) (65) (66) (67) Xi∗ stellt die so genannte Marshall’sche Konsum- oder Nachfragefunktion dar. Entlang dieser Kurve ist das Budget konstant. In einer komparativstatischen Analyse werden die partiellen Ableitungen nach Pi , Pj und B i i untersucht: ∂X , ∂Xi , ∂X (i, j = 1, . . . , n). ∂Pi ∂Pj ∂B Dabei ist es ausreichend, das Vorzeichen dieser Funktionen, also deren Entwicklung, zu kennen. Die Nachfragefunktionen sind homogen vom Grade null in den Preisen und Einkommen d.h. steigt das Einkommen und alle Preise mit einem skalaren Prozentsatz, so ändert sich die Lage der Budgetgeraden nicht: µ B = µ P 1 X1 + . . . + µ P n Xn ⇔ B = P 1 X1 + . . . + P n Xn . (68) Man spricht auch davon, dass die Konsumenten keiner „Geldillusion“ unterliegen würden. 47 3.7.1 Änderung auf eine Einkommensvariation Das Einkommen wird variiert, wobei B 1 < B 2 < B 3 . Die Kurve, die jeweils durch die optimalen Güterbündel Xi1 , Xi2 , Xi3 läuft, wird als EinkommensKonsum-Kurve bezeichnet. Jeder Einkommenshöhe B ist eine bestimmte Nachfragemenge des Gutes 1 und des Gutes 2 zugeordnet. G u t 2 X X X 2 2 2 3 2 1 B X 1 1 X 12 X B B 3 2 1 1 G u t 1 3 Wird auf der Abszisse das Einkommen und auf der Ordinate jeweils die Nachfrage nach Gut 1 und Gut 2 aufgetragen, so erhalten wir die so genannte Engel-Kurve. G u t 1 ∂X1 ∂B 2 > 0, ∂∂BX21 > 0, (normales) Luxusgut 2 > 0, ∂∂BX21 < 0, (normales) notwendiges Gut ∂X1 ∂B inferior, superior ∂X1 ∂B <0 E in k o m m e n Güter, welche vermehrt nachgefragt werden, wenn das Einkommen steigt, für die also ∂X > 0 gilt, werden als normale Güter bezeichnet. Gilt darüber ∂B 48 2 hinaus ∂∂BX2 > 0, so spricht man von einem Luxusgut, da mit steigendem Einkommen die Nachfrage überproportional ansteigt. Nimmt die Nachfrage unterproportional zu, so bezeichnet man diese Güter als notwendige Güter. Güter, für die ∂X < 0 gilt, werden als inferiore Güter bezeichnet, da die ∂B Nachfrage nach diesen Gütern mit mehr Einkommen abnimmt. Ein inferiores Gut ist sehr selten. In der Regel ist ein Gut möglicherweise inferior, wenn es sehr eng abgegrenzt ist. Während die Kategorie „Wein “ eher ein Luxusgut ist, könnte vielleicht „Landwein“ eher ein inferiores Gut sein. Ist ein Gut inferior, dann muss im 2-Güter-Fall das andere Gut normal sein. 3.7.2 Änderung auf Variation der Preise Wird der Preis eines Gutes geändert, so dreht sich die Budgetgerade um den Ordinaten- oder Abszissenschnittpunkt. Dabei gibt es zwei Effekte. Zunächst werden die relativen Preise, d.h. das Verhältnis der Preise zueinander, geändert. Dies führt zu einem Substitutionseffekt, da das Gut, welches teurer (billiger) geworden ist, weniger (vermehrt) nachgefragt wird. Zum anderen wird aber auch das Realeinkommen geändert d.h. die Konsummöglichkeitsmenge wird im Ganzen eingeschränkt (vergrößert), wenn die Preise steigen (sinken). Man bezeichnet letzteres als Einkommenseffekt. Steigen (sinken) die Preise, so ist der Einkommenseffekt bei einem normalen Gut negativ (positiv). Der Substitutionseffekt ist immer negativ (positiv), wenn der Preis für ein Gut steigt (sinkt). Dabei ändern sich beide Effekt in der gleichen Richtung. Der Gesamteffekt wird aus beiden Einzeleffekten zusammengesetzt. Grafisch lassen sich beide Effekte voneinander separieren, indem wir eine Parallele zur neuen Budgetgeraden einzeichnen, die die alte Indifferenzkurve tangiert. Definitionsgemäß ist also der Nutzen im Punkt a und Punkt c gleich, so dass wir den reinen Substitutionseffekt vor uns haben. Die Veränderung von Punkt c nach Punkt b ist der isolierte Einkommenseffekt, da die Steigung der Budgetgeraden durch c und b gleich bleibt. Beide zusammen ergeben den Preiseffekt. ∂Xi ∂Xj < 0 ist bei einer Preiserhöhung stets negativ, während >0 U =konst. ∂Pi ∂Pi positiv sein kann, wenn Xj und Xi Substitute sind d.h. wenn der Konsument aufgrund einer Preisänderung von Gut Xi auf das Gut Xj ausweicht, da es ihm eine ähnliche Befriedigung liefert. Xj und Xi sind Komplemente, wenn 49 G u t 2 B P c 2 E in k o m m e n s e ffe k t b S u b s titu tio n s e ffe k t a P re is e ffe k t B P B 1 P 1 G u t 1 ∂Xj ∂Xi und gleiche Vorzei∂Pi ∂Pi chen haben. Dabei kann es sein, dass Gut 1 zu Gut 2 ein Komplement ist, während Gut 2 zu Gut 1 ein Substitut darstellt. Bezieht man sich auf nutzenkompensierte Preisänderungen, so tritt dieser Fall nicht auf. Dann sind die Differentiale: sie nur zusammen Nutzen stiften, also wenn ∂XjH ∂XiH = ∂Pj U =konst. ∂Pi U =konst. (69) immer symmetrisch. 50 Die Nachfragekurve, auf der der Nutzen konstant bleibt, wird als HicksNachfragekurve bezeichnet. Wird das Budget derart geändert, dass die neue Budgetgerade durch den alten Konsumpunkt läuft, spricht man von einer Slutsky-kompensierten Nachfragefunktion. G u t 2 S lu ts k y -k o m p e n s ie rt H ic k s -k o m p e n s ie rt G u t 1 Die Gleichung, die den Einkommenseffekt und den Substitutionseffekt voneinander getrennt darstellt, wird Slutsky-Gleichung genannt (Herleitung siehe Gleichungen (163),(174)). Sie lautet: ∂Xi ∂Xi ∂XiH ∂Xi ∂Xi = − Xj = − Xj . U =konst. ∂Pj ∂Pj ∂B ∂Pj ∂B (70) XiH bedeutet Hicks-kompensiert oder nutzenkompensiert. Der Einkommenseffekt ist gerade so, dass die alte Nutzenkurve tangiert wird (in einem anderen Konsumpunkt). Ist der Einkommenseffekt positiv, wenn die Preise steigen (inferiores Gut) und betragsmäßig größer als der negative Substitutionsef∂Xi fekt, dann spricht man von einem Giffen-Gut ( > 0). Giffen-Güter ∂Pi werden als Ausnahmefälle betrachtet und sind sehr selten. Man spricht hier auch von dem Giffen-Paradox. Normalerweise sind Indifferenzkurven konvex. Dann ergibt sich in der Regel nur ein optimales Güterbündel. Zwei Sonderfälle sind Indifferenzkurven bei vollständiger Komplementarität, die eine L-Form besitzen und die lediglich eine Knickstelle aufweisen, und solche bei vollständiger Substituierbarkeit, 51 die Geraden sind. Im ersten Fall gibt es nur eine Lösung im Knickpunkt. Allerdings verletzt diese Form einer Indifferenzkurve die Annahme der Unersättlichkeit, nach der eine Zunahme eines Gutes immer mehr Nutzen stiftet. Bei vollständiger Substituierbarkeit gibt es entweder eine Randlösung oder die Budgetgerade ist deckungsgleich mit der Indifferenzkurve und es gibt unendlich viele Lösungen. G u t 2 I1 (v o lls tä n d ig e K o m p le m e n ta ritä t) I2 (v o lls tä n d ig e S u b s titu ie rb a rk e it) G u t 1 Werden die einzelnen Nachfragekurven bei einer Änderung der Preise verfolgt, so erhält man im 2-Güter-Fall eine Preis-Konsum-Kurve PKK. Wird die Änderung eines Gutes über den Preis auf der Ordinate aufgetragen, so erhält man eine Nachfragefunktion. Je nach Kompensation (unkompensiert (NK), Hicks- oder nutzenkompensiert (UK), Slutsky- oder einkommenskompensiert (EK)), erhält man drei verschiedene Kurven. Bei einer Preissenkung ist das Realeinkommen im Fall (NK) immer am höchsten als bei (EK) und (UK). Für ein normales Gut gilt dann auch XiN K > XiEK > XiU K . Entlang der Marshall’schen Nachfragefunktion ist die Budgetsumme konstant. Entlang der einkommenskompensierten Nachfragefunktion ist die „reale“ Budgetsumme konstant (d.h. man kann trotz der Preisänderung das alte Güterbündel konsumieren). Entlang der Hicks’schen Nachfragekurve ist der Nutzen konstant. Nur die Marshall-Kurve besteht aus Substitutions- und Einkommenseffekt. Die beiden anderen Kurven aus einem jeweils unterschiedlich definierten Substitutionseffekt. 52 I G u t 2 3 a I 2 P K K N K P K K EK I1= P K K B P re is P 0 B P U K G u t 1 1 a P 1 X X X 1 1 1 N K E K U K G u t 1 Für die Hicks’sche Nachfragefunktion gilt immer ∂XjH ∂XiH = ∂Pj ∂Pi (71) ∂XiH < 0. Für die Marshall’sche Nach∂Pi fragefunktion muss diese Symmetrie nicht gelten und sie kann bei einem Giffen-Gut auch steigen, wenn der entsprechende Einkommenseffekt den Substitutionseffekt überwiegt. und sie ist eindeutig fallend, da 53 3.7.3 Das duale Problem Man kann auch das duale Problem betrachten. Während vorher der Nutzen maximiert wurde bei konstant gehaltenem Budget, wird nun das Budget minimiert bei konstant gehaltenem Nutzen. Das daraus folgende Minimierungsproblem lautet: AU = Pn i=1 Pi Xi → Min unter den Nebenbedingungen: U(X1 , . . . , Xn ) ≥ Ū und Xi ≥ 0. Die entsprechende Lagrange-Funktion lautet: Λ= n X i=1 Pi Xi − λ [U(X1 , . . . , Xn ) − Ū ] mit den notwendigen Bedingungen: ∂Λ ∂U = Pi − λ =0, ∂Xi ∂Xi ∂Λ = U(X1 , . . . , Xn ) − Ū = 0 . ∂λ Daraus folgt wiederum die Optimalitätsbedingung: Pi Ui = . Pj Uj (72) (73) (74) (75) Da der Nutzen konstant gehalten wird, ergibt sich daraus die Hick’sche Nachfragefunktion XiH (P1 , . . . , Pn , Ū). In dem Sonderfall, in dem Ausgabesumme AU und Budget B gleich sind, führen beide Probleme (das Maximierungs- und das Minimierungsproblem) zum selben Optimum. Wird die Nachfragefunktion wiederum in die Ausgabesumme eingesetzt, so ergibt sich die folgende Lösung: AU = n X i=1 Pi XiH = n X Pi XiH (P1 , . . . , Pn , Ū) = AU(P1 , . . . , Pn , Ū) . (76) i=1 Für die partielle Ableitung der Ausgabenfunktion gilt nach einem Satz von Shephard (siehe Gleichung (172)): ∂AU = XiH . (77) ∂Pi 54 P P XH P i Pi i = ni=1 AU = 1 gilt, muss im Mittel eine einprozentiDa ni=1 ∂AU ∂Pi AU ge Preissteigerung eines Gutes durch eine einprozentige Ausgabenerhöhung kompensiert werden, wenn der Nutzen konstant bleiben soll. Da dies jedoch nur in der Summe über alle i gilt, können untereinander bestimmte Substitutionseffekte wirksam werden. 3.7.4 Die indirekte Nutzenfunktion Die indirekte Nutzenfunktion ergibt sich schließlich, wenn wir Xi (P1 , . . . , Pn , B) in U(X1 , . . . , Xn ) einsetzen, so dass: (78) Ũ = Ũ(P1 , . . . , Pn , B) . Der Nutzen hängt somit indirekt von den Preisen und der Budgetsumme ab. Für die indirekte Nutzenfunktion gilt die Roy’sche Identität: ∂ Ũ ∂ Ũ ∂ Ũ ∂B = + B=konst. ∂Pi ∂Pi ∂B ∂Pi (79) | {z } 0 n X n X ∂Xk ∂Xk = λ Pk = Uk ∂Pi ∂Pi k=1 k=1 n X ∂(Pk Xk ) ∂Pk = λ − Xk ∂Pi ∂Pi k=1 ∂B −Xi ∂Pi | {z } = λ Da λ > 0, muss (80) ! = −λ Xi = − (81) ∂U Xi . ∂B (82) 0 ∂ Ũ < 0 sein. ∂Pi Alle drei Funktionen, die Nutzenfunktion, die Ausgabenfunktion und die indirekte Nutzenfunktion sind dual zueinander und sind in gleicher Weise geeignet, die Präferenzordnung abzubilden. 3.8 Den Nutzen messen Viele Aussagen in der Mikroökonomik lassen sich zwar mit Hilfe der ordinalen Nutzentheorie ableiten, aber, da keine feste kardinale Maßeinheit existiert, ist der Nutzen interpersonell nicht vergleichbar. Mithin lässt sich der 55 Nutzen einer bestimmten wirtschaftspolitischen Maßnahme für die gesamte Volkswirtschaft nicht bestimmen, um dafür normative Aussagen treffen zu können. Da für den Einzelnen ohnehin eine freie Konsumentensouveränität angenommen wird, sind Aussagen für eine Gruppe von Individuen schwierig. Anders ist es, wenn eine Ersatzgröße für den Nutzen vorhanden wäre und z.B. die Zahlungsbereitschaft für ein bestimmtes Gut als alternative Größe gewählt werden würde. Dabei muss man sich aber den Unterschied zwischen der Zahlungsbereitschaft und der Zahlungsfähigkeit vor Augen halten. Individuen, deren Budget größer ist, werden andere Konsumgüterbündel wählen als solche, die sich einer anderen Budgetrestriktion gegenüber sehen. Wird das Ordinatengut als Zahlungsmittel interpretiert, so lässt sich über den Umweg der Zahlungsbereitschaft indirekt der Nutzen messen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Konsumentenrente, die sich aus der marginalen Zahlungsbereitschaft ableiten lässt. 3.8.1 Die Konsumentenrente Wird nämlich der Preis von P11 auf P12 gesenkt, so kann der Konsument anstatt der Menge a nun die Menge b des Gutes X1 wählen. Zahlen müsste er dafür den gesamten Betrag Z2 . Der Konsument muss also nur soviel für das Gut X1 ausgeben, wie er für die letzte Einheit des Gutes ausgeben würde. Daher spricht man auch von der marginalen Zahlungsbereitschaft. Bereit wäre der Konsument jedoch gewesen, den Betrag Z1 + Z2 zu zahlen. Dabei erspart sich der Konsument offensichtlich den Betrag Z1 . Wird er z.B. nur eine Einheit des Gutes konsumieren, würde er den Preis P10 zahlen müssen. Bei 2 Einheiten sinkt der Preis bereits, so dass nun jede Einheit billiger ist als vorher. Den so eingesparten Betrag bezeichnet man als Konsumentenrente. Die Konsumentenrente von z.B. Wasser oder Luft ist paradoxerweise sehr groß. Obwohl der Preis des freien Gutes Wasser oder Luft sehr gering ist (nahezu null), können wir nicht ohne jede Einheit davon überleben. Wir wären also durchaus bereit, für die erste Einheit unendlich viel zu zahlen. Mithin ist die Fläche unter der Kurve immens und somit die Konsumentenrente sehr groß. Um von der Zahlungsbereitschaft auf die Nutzenänderung zu schließen, können wird die indirekte Nutzenfunktion heranziehen: U = Ũ(P1 , . . . , Pn , B). 56 G u t 2 a B P re is P P P 1 1 B P 1 2 G u t 1 1 1 P 0 1 b 1 Z 2 Z 1 2 G u t 1 Nach der Gleichung von Roy gilt bekanntlich: ∂ Ũ = −λ X1 (P1 , . . . , Pn , B) . ∂P1 (83) Indem wir die Fläche Z1 unter der Kurve berechnen, also Z P10 P12 (84) X1 dP1 , können wir, unter der Annahme, das λ von den Preisen unabhängig ist, auf 57 die Nutzenänderung schließen: Ũ(P10 , . . . , Pn , B) − Ũ (P12, . . . , Pn , B) = −λ Z P10 P12 X1 dP1 . (85) Die notwendige Annahme λ = konst. ist jedoch nur in wenigen Fällen möglich. Insofern ist die Anwendbarkeit dieser Formel gering. 3.8.2 Einkommenskompensationen Man kann nun fragen, wieviel der Konsument bereit wäre zu zahlen, um eine bestimmte Preissenkung zu erhalten. Nach einer Preissenkung hat die Budgetgerade eine flachere Steigung und tangiert den „neuen“ Nutzen im Punkt b. Aus der Sicht des Konsumenten ergibt sich die Kompensationszahlung als Differenz der beiden Nutzen unter dem neuen Preisvektor (c → b, kompensatorische Einkommensvariation). Anders kann man auch fragen, wieviel der Komsument fordern wird, um auf eine Preissenkung, auf die er Anspruch hat, zu verzichten. Verzichtet er auf die Preissenkung, so ist die Steigung der Budgetgeraden steiler. Die Kompensation misst sich ebenfalls als Differenz der Nutzen nun jedoch unter dem alten Preisvektor (d → a, äquivalente Einkommensvariation). Bezeichnen wir den alten Nutzen mit U alt = Ũ (P0 , B 0 ) und den neuen Nutzen mit U neu = Ũ (P1 , B 0 ), dann ergibt sich für die kompensatorische Einkommensvariation EV k : U alt = Ũ (P0 , B 0 ) = Ũ (P1 , B 0 − EV k ) , (86) d.h. Maßstab ist der alte Nutzen. Für die äquivalente Einkommensvariation gilt nun: U neu = Ũ (P0 , B 0 + EV ä ) = Ũ (P1 , B 0 ) , (87) d.h. Maßstab ist der neue Nutzen. Das Marshall’sche Konzept der Konsumentenrente ist dann sinnvoll, wenn Marktpreise bekannt sind. Bei außermarktlichen d.h. externen Effekten lässt sich eher die Methode der kompensatorischen oder äquivalenten Einkommensvariation anwenden. 58 G u t 2 E V E V ä k { { a d c B P re is P 0 1 P b 1 1 Z a 1 Z P 1 B 0 P 1 1 G u t 1 d 2 b c G u t 1 Durch eine Preissenkung kann der Konsument anstatt der Menge a die Menge b konsumieren. Im P1 − X1 -Diagramm sind die Kurven a → c und d → b jeweils Hicks’sche Nachfragefunktionen, während die Kurve a → b eine Marshall’sche Nachfragefunktion darstellt. EV k lässt sich ermitteln als Fläche unter der Kurve des „alten“ Nutzens, also Z1 . EV ä ist die Summe unter der Kurve des „neuen“ Nutzens, also Z1 + Z2 . In dem hier betrachteten Fall (normales Gut) ist EV ä größer als EV k , da der Konsument im Falle der äquivalenten Einkommensvariation einen Anspruch auf die Preissenkung hat, während dies bei der kompensatorischen Einkommensvariation nicht der Fall ist. Ein vorhandener Anspruch ist aber Geld wert. 59 3.8.3 Vereinfachungen zum Ziel der Aggregation 1. Zusammenfassung zu Gütergruppen: Sind die Relativpreise untereinander konstant, dann kann man die Güter zu einem Gut zusammenfassen. Dies wird z.B. bei der Analyse des Konsum-Arbeits-Problems gemacht, wobei alle konsumierten Güter unter dem Gut „Konsum“ zusammengefasst werden. 2. Separable Nutzenfunktion: Sind die Preisrelationen aller Güter nicht konstant, so kann man vielleicht Gütergruppen finden, deren Relativpreise untereinander sich nicht ändern. Für k solcher Gütergruppen hätte man also die Darstellung: U = U(V1 (X(1) ), . . . , Vk (X(k) )) mit ∂U > 0, ∂Vi i ∈ [1, . . . , k] . (88) Man bezeichnet dies als schwache Separabilität. Ein Sonderfall der schwach separablen Nutzenfunktion ist die additiv separable Nutzenfunktion: U = F (V1 (X(1) )+. . .+Vk (X(k) )) mit F ′ > 0, i ∈ [1, . . . , k] .(89) Hierbei können anstatt der k Gütergruppen auch alle n Güter additiv gekoppelt sein. Da jedes Gut dann einzeln bewertet wird, sind inferiore Güter und damit Giffen-Güter ausgeschlossen. Bsp.: F (x) = ex für Vi = αi ln(xi ) ergibt: U = X1α1 · . . . · Xnαn . Man bezeichnet eine solche Funktion auch als Cobb-Douglas-Funktion. 3. Homothetische Nutzenfunktion Homothetisch bedeutet eine streng monoton steigende Transformation einer linear homogenen Nutzenfunktion. Also: V = F (U(X1 , . . . , Xn )) mit F ′ > 0 und U(λ X1 , . . . , λ Xn ) = λ U(X1 , . . . , Xn ). 60 In diesem Fall gilt: g AU(P1 , . . . , Pn , U) = AU(P 1 , . . . , Pn ) U. Unter dieser Annahme ist die Engel-Kurve eine Gerade durch den Ursprung. Da bei einer Geraden durch den Ursprung Momentan- und Durchschnittssteigungen übereinstimmen, ist die Einkommenselastizität ηi = 1 (siehe Gleichung (109)). Damit sind nach Gleichung (113) die Ausgaben für ein Gut i unabhängig von der Höhe des Einkommens. Damit spielt die Zahlungsfähigkeit (Höhe des Einkommens) keine Rolle mehr und die Zahlungsbereitschaft ist verwendbar, um den Nutzen zu messen. Eine schwächere Forderung ist eine quasi-homothetische Nutzenfunktion. Hier muss die Engel-Kurve zwar eine Gerade sein, aber nicht mehr durch den Ursprung laufen. Nach dem Satz von Euler gilt bei einer Homogenität vom Grade k: n X i=1 xi ∂f (x1 , . . . , xn ) = k f (x1 , . . . , xn ) . ∂xi (90) Lineare Homogenität der Nutzenfunktion bedeutet also: X1 U1 + X2 U2 = U(X1 , X2 ) ⇔ λ (X1 P1 + X2 P2 ) = U(X1 , X2 ) ⇔ λ AU = U . (91) (92) (93) Die Ausgabenfunktion ist homogen vom Grade eins in den Preisen, d.h. bei einer Änderung aller Preise um einen Faktor µ, ändert sich auch das Budget um einen Faktor µ , d.h. es muss gelten: AU(µ P1 , µ P2, U) = µ AU(P1 , P2 , U) . (94) Damit folgt nach der Euler-Gleichung: P1 ∂AU ∂AU ∂AU + P2 = AU = U . ∂P1 ∂P2 ∂U 61 (95) mit (93). Dies ist aber gleichbedeutend mit: P1 ∂AU ∂AU ∂AU + P2 −U =0. ∂P1 ∂P2 ∂U (96) d.h. es muss gelten unter analoger Anwendung der Euler-Gleichung: AU(µ P1 , µ P2, 1 U) = AU(P1 , P2 , U) , µ (97) wenn AU gleichzeitig linear-homogen in den Preisen und linear-homogen in U ist. Ist diese Gleichung erfüllt, dann gilt mit der Annahme µ = U: g (U P , U P ) AU(P1 , P2 , U) = AU(U P1 , U P2 , 1) = AU 1 2 g = U AU (P1 , P2 ) . (98) (99) wobei bei der letzten Umformung wiederum die Homogenität vom Grade eins in den Preisen verwendet wurde! (Kommentar: „1“ kann nämlich g gesetzt wurde.) nicht als Variable gewertet werden, so dass hier AU 4. Aggregation der Einkommen Ist das optimale Güterbündel abhängig von der Höhe des Einkommens des Einzelnen, so gilt: Xi (P, B1 , . . . , Bn ) = n X Xi (P, Bk ) . (100) k=1 Hängt das optimale Güterbündel jedoch von der Summe aller Einkommen ab, so gilt: Xi = Xi (P, B) = Xi (P, n X (101) Bk ) . k=1 Dies kann man dann annehmen, wenn der Grenznutzen des Einkommens aller Konsumenten identisch ist, also wenn: Xi,k (P, Bk ) = αi,k (P) + βi (P) Bk 62 ∀ k ∈ [1, . . . , n] . (102) Dann gilt nämlich: Xi (P, B) = n X αi,k (P) + βi (P) k=1 n X Bk . (103) k=1 Lineare Nachfragefunktionen mit linearen Koeffizienten βi bedeuten lineare Engel-Kurven. Damit sind alle Engel-Kurven der einzelnen Konsumenten linear und haben eine identische Steigung (nämlich βi ). Sind darüber hinaus auch die Niveauparameter αi,k für alle Konsumenten identisch, wie z.B. bei: Xi,k (P, Bk ) = αi (P) + βi (P) Bk ∀ k ∈ [1, . . . , n] (104) mit identischen Koeffizienten αi , dann besitzen die Konsumenten identische, quasi-homothetische Präferenzen. Diese recht strenge Annahme ist notwendig, um Zahlungsbereitschaften mit Hilfe der kompensatorischen oder der äquivalenten Einkommensvariation berechnen zu können. 3.9 3.9.1 Alternative Nachfragetheorien Die Theorie offenbarter Präferenzen (revealed preferences) Die so genannte Wahlhandlungstheorie geht auf die Theorie der offenbarten Präferenzen nach Samuelson zurück. Da in der Nutzentheorie basierend auf der Präferenztheorie ein Manko darin liegt, dass die Präferenzen mehr oder weniger unbekannt sind, basiert die Wahlhandlungstheorie anstatt auf den unbekannten Präferenzen auf den beobachtbaren Größen der Preise, des Einkommens und der gewählten Güterbündel. Alle Aussagen, die man mit der Präferenztheorie machen kann, kann man auch mit der Wahlhandlungstheorie machen. Insofern sind beide Theorien äquivalent. Allerdings besitzt die Wahlhandlungstheorie andere Axiome, die denen der Präferenztheorie aber äquivalent sind, nämlich das Axiom der Nichtsättigung (das gesamte Einkommen wird ausgegeben), das Axiom der Stetigkeit (Zu jeder PreisEinkommens-Konstellation gibt es genau ein Güterbündel und umgekehrt) sowie jenes der Transitivität (Sind zwei Güterbündel X (1) und X (2) möglich und wird X (1) gewählt, so wird in jeder anderen Situation, in der beide Güterbündel möglich wären, ebenfalls X (1) gewählt.) 63 3.9.2 Die Attributen-Theorie nach Lancaster Das Problem der unbekannten Präferenzen, welches durch die Präferenz- als auch Wahlhandlungstheorie nicht befriedigend gelöst werden kann, führt zu Problemen, wenn • neue Produkte eingeführt werden, deren Präferenzen mithin unbekannt sind. • Werbung durchgeführt wird. Werden hier die Präferenzen geändert und wenn, wie? • es zur Frage kommt, wann Güter Substitute oder Komplemente sind. In der Präferenztheorie wird dies allein indirekt über Änderung auf Preisvariationen bestimmt. Diese Probleme werden gelöst, wenn man annimmt, alle Güter beständen aus einer begrenzten Zahl von Attributen, wobei die Präferenzen für alle Attribute bekannt seien. Damit lösen sich obige Probleme wie folgt einfach in Luft auf: • Wenn neue Produkte eingeführt werden, werden lediglich bekannte Attribute rekombiniert, deren Präferenzen bekannt sind. • Durch Werbung werden nicht Präferenzen geändert, sondern nur die Möglichkeiten einer neuen Konsummöglichkeitsmenge bekannt gemacht. • Substitute haben gleiche Attribute und Komplemente unterschiedliche. Allerdings kommt neben der Budgetrestriktion als Nebenbedingung nun noch die Nebenbedingung im Attributenraum hinzu: Xi = n X aij Aj (105) i = [1, . . . , m]. j=1 wobei Aj die Attributen sind und Xi die möglichen Güterbündel. Man kann die Gleichung entweder im Attributenraum lösen, indem man die Nutzenfunktion von den Aj abhängig macht oder im Raum der Güterbündel, indem man die Nebenbedingung entsprechend verarbeitet. Je nach Budgetrestriktion, gegebenen Preisen und gegebener Konsumtechnologie sind nur eine begrenzte Zahl von Attributenbündeln realisierbar. Dazu muss man einen effizienten Rand der Attributenmenge bestimmen, der die maximale Menge 64 eines Attributs angibt, die unter diesen Bedingungen überhaupt erreichbar ist. Der effiziente Rand ist unabhängig von den Präferenzen und ist in den wesentlichen Eigenschaften für alle Konsumenten gleich, da die Preise und die Konsumtechnologie für alle Konsumenten gleich sind. Lediglich die Budgetrestriktion bestimmt also das optimale Güterbündel. An die Stelle der Budgetgeraden tritt eine Kurve, die jene Attributenbündel angibt, welche mit dem gegebenen Budget und der gegebenen Konsumtechnologie maximal erreichbar sind. Der Berührungspunkt dieser Kurve mit der höchsten Indifferenzkurve bestimmt das optimale Attributenbündel und damit auch das optimale Güterbündel. Da das Güterbündel von der Konsumtechnologie abhängt, ergibt sich folgende Abhängigkeit: Xi = Xi (P1 , . . . , Pn , B, a11 , . . . , amn ) . (106) Die Lancaster-Theorie ist eine interessante Theorie, spielt aber in der Mikroökonomik eine eher untergeordnete Rolle. 65 Für den geneigten Leser seien im Folgenden einige mathematische Aussagen gesammelt. Wir fangen an mit: 3.10 Exkurs: Elastizitäten Eine Elastizität beschreibt die Veränderung des Verhältnisses zweier Größen zu dessen Verhältnis selbst. Man unterscheidet: • Bogenelastizitäten • Punktelastizitäten Sie ist definiert als ∂u ∂v u v E(u, v) = = ∂u v ∂ln(u) = ∂v u ∂ln(v) bzw. ∆u v . ∆v u (107) Elastizitäten haben den Vorteil, dass Einheiten wie e, $, Ltr., kg etc. sich herausheben. Da das Durchschnittsverhältnis immer positiv ist, gilt für fallende Funktionen E < 0 und für steigende Kurven E > 0. u u B B a A C A 0 b D 0 v D C v Mit D als Abszissenabschnitt und A als Ordinatenabschnitt der Tangente lässt sich verallgemeinern: ± BD ∂u BD u BD D0 AB DC =± , = → E(u, v) = BD =± =± . ∂v DC v D0 DC BC D0 66 (108) Für steigende Funktionen kann man auch sagen: E(u, v) = tgα , tgβ E(u, v) < 1 wenn tgα < tgβ . (109) Wenn die Tangente die Ordinate oberhalb des Ursprungs schneidet, dann ist E < 1. Sonderfälle: u E = 0 E(u, v) = 0 v u E = E(u, v) = ∞ v 67 u ändert sich nicht bei Variation von v unelastisch: |E| < 1 elastisch: |E| > 1 vollkommen - unelastisch: E = 0 vollkommen - elastisch: E = ∞ Bezogen auf die Nachfragefunktion kann man folgende Elastizitäten definieren: (110) Xi = Xi (P1 , P2 , . . . , B) E(Xi , Pi ) oder ǫii : direkte Preiselastizität ǫii < 0: normales Gut ǫii > 0: Giffen-Gut E(Xi , Pj ) oder ǫij : Kreuzpreiselastizität (i 6= j) ǫij > 0: Substitut ǫij = 0: unabhängig ǫij < 0: Komplement Bemerkung: Für die Hick’sche Nachfragefunktion wird die Elastizität mit ξij bezeichnet. E(Xi , B) oder ηi : Einkommenselastizität E(Xi , B) < 0: inferior E(Xi , B) > 0: superior Substitut bedeutet, dass man die beiden betrachteten Güter alternativ verwenden kann. Komplemente befriedigen zusammen Bedürfnisse. Es kann vorkommen, dass ǫij 6= ǫji (allerdings ξij = ξji), dass heißt in einer Richtung hat man eine Substitutionsbeziehung, in der anderen eine Komplementaritätsbeziehung. Kuchen und Schokolade bestehen unter anderem aus Zucker. Steigt der Zuckerpreis, so werden Kuchen und Schokolade gleich weniger nachgefragt, Mehl 68 wird auch weniger nachgefragt. Mehl und Zucker sind Komplemente. Steigt der Mehlpreis, so wird Kuchen und damit Zucker weniger nachgefragt, aber Schokolade sei mehr nachgefragt. Wird insgesamt Zucker mehr nachgefragt, so sind Mehl und Zucker Substitute. Normale Güter werden weniger nachgefragt, wenn der Preis steigt. Im Ausnahmefall der steigenden Nachfrage bei steigenden Preisen spricht man von Giffen-Gütern. Bei Snob-Effekten fragen auch einzelne Haushalte mehr von einem Gut nach, je weniger sich davon andere Haushalte leisten können. Superiore Güter werden mit steigendem Einkommen mehr nachgefragt. Inferiore Güter werden mit steigendem Einkommen weniger nachgefragt. Bei fallendem Einkommen umgekehrt. Jedoch müssen inferiore Güter bei ausreichend kleinem Einkommen superior sein. Da das gesamte Budget verausgabt wird, muss gelten: Wenn ceteris paribus das Einkommen erhöht wird, dann können nicht alle Güter inferior sein, da dann die Gesamtausgaben geringer steigen würden als das Einkommen. Wohl können alle Güter superior sein, aber sie dürfen nicht alle überproportional mit dem Einkommen nachgefragt werden, d.h. nicht alle ηi > 1 (nicht alle Einkommenselastizitäten elastisch!). Die Anteile aus Gesamtbetrag der Ausgaben (Einkommen) ändern sich bei Änderung des Einkommens. z α1 }| P 1 X1 ∂ B ∂B ∂ P1 X1 B ∂B { >0 =0 <0 ! P1 ∂X1 = B − X1 B 2 ∂B ! P1 X1 ∂X1 B −1 = B2 ∂B X1 | wenn η1 {z η1 −1 >1 =1 <1 (111) (112) } Es können nicht alle Güter inferior sein, da sich die Gesamtausgaben nicht mehr proportional mit dem Einkommen ändern würden und die Budgetrestriktion nicht mehr gelten würde. 69 Die Budgetrestriktion lautet: P 1 X1 + P 2 X2 = B P1 dX1 + P2 dX2 = dB (Änderung ceteris paribus des Einkommens (dP1 = dP2 = 0)) 2 X P1 X1 dX1 B P2 X2 dX2 B + =1⇒ αi ηi = 1 . B dB X1 B dB X2 i=1 (113) Die Engel’sche Aggregationsbedingung besagt, dass die Summe der Einkommenselastizitäten gewichtet mit den relativen Anteilen der Güter am Gesamteinkommen gleich 1 ist. Die Konsumausgaben für X1 ändern sich mit Variation von P1 : ∂ (P1 X1 ) ∂X1 = X1 + P 1 ∂P1 ∂P1 ! P1 ∂X1 = X1 1 + = X1 (1 + ǫ11 ) . X1 ∂P1 ∂ (P1 X1 ) ∂P1 >0 =0 <0 wenn ǫ11 > −1 = −1 < −1 | {z } (114) (115) steigt immer | {z } Giffen-Güter normale Güter Bei Änderung der exogenen Variablen P1 ceteris paribus (dB = dP2 = 0) folgt aus der Budgetrestriktion: (116) P 1 X1 + P 2 X2 = B ⇒ ⇔ ⇔ · P 1 X1 X2 B X1 X2 dP1 X1 P1 X1 P1 dX1 P1 P2 X2 dX2 P1 + + =0 B B dP1 X1 B dP1 X2 α1 ǫ11 + α2 ǫ21 = −α1 . dP1 X1 + P1 dX1 + P2 dX2 = 0 (117) (118) (119) Die direkte Preiselastizität und die Kreuzpreiselastizität sind durch die Ausgabenanteile bestimmt! 70 Für die Hick’sche Nachfragefunktion gilt: dU = 0 = U1 dX1H + U2 dX2H mit der Optimalitätsbedingung : · P1 P2 P1 X1H X2H B X1H X2H dP1 = U1 . U2 X2H P2 dX2H P1 X1H P1 dX1H P1 + = α1 ξ11 + α2 ξ21 = 0 B dP1 X1H B dP1 X2H (120) Da ξ11 < 0 ist ξ21 > 0. Symmetrie der Nettosubstitionalität: Netto bedeutet ohne Berücksichtigung des Einkommenseffektes d.h. ǫij = ξij ⇔ ⇔ ∂Xj ∂Xi = ∂Pj ∂Pi ∂Xi Pj Xi Pi = ∂Pj Xi B ξij αi = ξji αj . · P j P i Xi Xj Xi Xj B ∂Xj Pi Xj Pj ∂Pi Xj B (121) (122) (123) 71 2-Güter-Fall: α1 ξ12 = α2 ξ21 . Daraus folgt aus (120): ⇒ α1 ξ11 + α2 ξ21 = 0 , α1 ξ12 + α2 ξ22 = 0 (124) α1 ξ11 + α2 ξ22 + α2 ξ21 + α1 ξ12 = 0 ⇔ α1 ξ11 + α2 ξ22 + 2 α1 ξ12 = 0 . Wie sich auch in Zusammenhang mit der der Slutsky-Gleichung herausstellen wird, gilt daher: (125) ξ11 + ξ12 = 0 . Ebenso ergibt sich mit (125) aus der Slutsky-Gleichung: −(ǫ11 + ǫ12 ) = −(ξ11 + ξ12 ) + (α1 + α2 ) η1 = η1 −ǫ11 − ǫ12 = η1 . ⇒ (126) (127) Zusammenfassend gelten folgende Identitäten: n X i=1 αi ǫij = −αj n X αi ξij = 0 j = 1, . . . , n , (128) j = 1, . . . , n , (129) i = 1, . . . , n , (130) i=1 n X ξij = 0 j=1 (131) αi ξij = αj ξji , − n X n X ǫij = ηi i = 1, . . . , n , (132) j=1 (133) αj ηj = 1 . j=1 72 3.11 Nutzenfunktion Es wird unterstellt, dass jeder Haushalt eine Reihenfolge der Dringlichkeit seiner Bedürfnisse bestimmen kann. Früher wurde angenommen, es gebe eine Nutzenfunktion, die dem Güterbündel X (i) einen eindeutigen Nutzen zuordnet. Heutzutage wird allerdings ein ordinales Konzept verwendet. Dann sind Transformationen mit einer streng monoton steigenden Funktion auch wieder eine Nutzenfunktion, die die selbe Reihenfolge beschreibt. Es soll eine Präferenzordnung existieren. Für die Präferenzordnung werden folgende Annahmen gemacht: 1. Die Präferenzordnung ist vollständig X1 X2 bedeutet: X1 wird gegenüber X2 präferiert. Vollständigkeit bedeutet: Entweder gilt X1 X2 , X2 X1 oder beides gleichzeitig. 2. Transitivität: Aus X1 X2 und X2 X3 folgt X1 X3 3. Reflexivität: X1 X1 4. Stetigkeit Bei X1 X2 X3 gibt es auf einer stetigen Verbindungsgerade zwischen X1 und X3 ein X4 , so dass X4 ∼ X2 (indifferent). Die lexikografische Präferenzordnung ist zum Beispiel nicht stetig. Für sie gilt: U(X1 , X2 ) > U(X 1 , X 2 ) wenn X1 > X 1 oder X1 = X 1 und X2 > X 2 . Man lasse die Reihe U(X 1 + α1 ∆X 1 , X 2 − ∆X 2 ) gegen α → ∞ laufen. Für U(X 1 + ∆X 1 , X 2 − ∆X 2 ) wird U eindeutig gegenüber U(X 1 , X 2 ) präferiert. Für den Grenzwert (α → ∞) gilt jedoch U(X 1 , X2 −∆X 2 ) < U(X 1 , X 2 ). Somit ist die lexikografische Präferenzordnung nicht stetig. 73 X 2 X X * X (1 ) (2 ) X (1) , X (2) konvergiert gegen X ∗ X (i) ≻ X, aber X ∗ ≺ X X X 1 5. Das Prinzip der Nichtsättigung: Der Grenznutzen ist immer positiv. ∂U = Ui > 0 für alle i . ∂Xi (134) Da kein kardinales Nutzenkonzept vorliegt, ist der absolute Wert des Grenznutzens nicht bestimmt. Für eine streng monoton wachsende Transformation folgt aus U 1 U 2 auch F (U 1 ) F (U 2 ). Vor der Jahrhundertwende (vor 1900) verwendete man das kardinale Konzept. Dort beinhaltete das 1. Gossen’sche Gesetz auch (134). Bei konstantem Xi ist aufgrund der Nichtsättigung mehr an Xj ein Nutzenzuwachs: ∂2U = Uij > 0 ∂Xi ∂Xj i 6= j Der Grenznutzen steigt mit Xj . 74 (135) U X X X 2 2 X 2 > X 2 1 Es gibt keinen Sättigungspunkt. Jede zusätzliche Einheit bedeutet ein Mehr an Nutzen. ∂2U Nach dem 1. Gossen’schen Gesetz galt auch = Uii < 0. ∂Xi2 Dies ist jedoch nicht notwendig. Es kann somit durchaus konstanter oder zunehmender Grenznutzen möglich sein. Dies lässt sich auch aus der Transformation unmittelbar zeigen: G sei die neue Nutzenfunktion. G = F [U] ∂2G = F ′′ ∂Xi2 ⇒ | ∂G = Gi = |{z} F ′ Ui ∂Xi >0 ∂U ∂Xi {z >0 !2 } + |{z} F′ >0 ⇒ Gi > 0 . ∂2U . ∂Xi2 (136) (137) Da für F nur Monotonie gefordert wird, ist das Vorzeichen unklar. Somit kann Gii beliebig sein. Für quasi-konkave Funktionen gilt allerdings: U12 U22 + U22 U11 − 2 U1 U2 U12 < 0 . (138) Es kann gezeigt werden, dass das Vorzeichen unabhängig von einer Transformation erhalten bleibt, denn mit Verwendung von (136) gilt für G : G21 G22 + G22 G11 − 2 G1 G2 G12 = (F ′ )3 (U12 U22 + U22 U11 − 2 U1 U2 U12 ) .(139) 75 Man spricht von einer quasi-konkaven Funktion, wenn gilt: U[λ X (1) + (1 − λ) X (2) ] ≥ min[U(X (1) ), U(X (2) )] , (140) während bei strenger Konkavität gelten würde: U[λ X (1) + (1 − λ) X (2) ] ≥ λ U(X (1) ) + (1 − λ) U(X (2) ) . (141) Diese Bedingung (139) ist eine Voraussetzung dafür, dass die Indifferenzkurven konvex werden. Somit wird gefordert: Die Nutzenfunktion ist quasi-konkav. 76 Das Nutzengebirge lässt sich folgendermaßen darstellen: U X 2 U = k o n s t. X 1 Durch die Bedingung U = konst. lassen sich Indifferenzkurven identifizieren. X 2 X 1 Die Indifferenzkurven fallen und sind konvex. Da U konstant ist, müssen bei einem Plus an X1 Einheiten von X2 entnommen werden, also dX2 <0 . dX1 Dies ist die Grenzrate der Substitution von X2 durch X1 . Aus dU = U1 dX1 + U2 dX2 = 0 folgt dX2 U1 =− . dX1 U2 77 Man wird mehr von X2 durch X1 substituieren, je größer der Nutzenzuwachs durch die ersetzten X1 ist gegenüber dem Grenznutzen von X2 . U1 > U2 ⇒ |dX2 | > dX1 . Die zweite Ableitung nach X1 ist: dX2 ) dX1 dX2 − U1 (U21 + U22 dX )) 1 . 2 U2 −(U2 (U11 + U12 d 2 X2 = 2 dX1 Mit (142) dX2 U1 d 2 X2 −(U22 U11 + U12 U22 − 2 U2 U1 U12 ) =− folgt = . dX1 U2 dX12 U23 Aus der Quasi-Konkavität der Nutzenfunktion folgt mithin: d 2 X2 > 0: dX12 Die negative Steigung nimmt betragsmäßig ab. d 2 X2 dX2 > 0, < 0 bedeuten, dass die Indifferenz2 dX1 dX1 kurven konvex sind d.h. U(λ X (1) + (1 − λ) X (2) ) ≥ U(X (1) ). Die beiden Bedingungen X 2 D X D (1 ) U > U D D X (2 ) U X 1 Wenn die Indifferenzkurve konvex sind, dann ist die Lösung eindeutig und es ergibt sich ein Nutzenmaximum. 78 Ausgeschlossen sind folgende Indifferenzkurven: X 2 Konkav. Diese Indifferenzkurve führt zu einem Nutzenminimum. Lösung ist eine Randlösung mit nur X1 oder nur X2 . X X 1 2 X Vollständig substitional. Hier ist die Lösung nicht mehr eindeutig und auch hier gilt: I.a. ist es eine Randlösung. 1 79 X 2 Nicht substituierbar ⇒ unabhängig. X 1 Möglich sind: X 2 Periphere Substitution d.h. die Achse wird nicht erreicht. Es wird ein Mindestmaß an X1 benötigt. X Alternativsubstitution (Randlösung möglich) 1 X 1 80 Somit darf aufgrund der Eindeutigkeit kein linearer Kurvenanteil vorhanden sein und die Kurven dürfen sich auch nicht schneiden. X 2 X X (3 ) X (1 ) U (2 ) U 1 2 X 1 Es soll gelten: X (2) X (1) und gleichzeitig X (1) ∼ X (3) und X (2) ∼ X (3) . Also auch X (1) ∼ X (2) ⇒ Widerspruch. Es wird somit für einen Haushalt eine Nutzenfunktion unterstellt. Hat jedes Haushaltsmitglied eine eigene Nutzenfunktion und wird die Haushaltsentscheidung durch Mehrheitsentscheid gefällt, dann kann es zu einem solchen Fall kommen (Arrow-Paradox oder Condorcet-Paradox): Person A: Person B: Person C: X1 X2 X2 X3 X3 X1 X2 X3 X3 X1 X1 X2 Mit Mehrheitsentscheid wird gefolgert: X 1 X 2 , X2 X 3 , X3 X 1 und somit X1 X2 X3 X1 , also keine Präferenzordnung! Ebenso uneindeutig ist es, wenn man mehrere Kriterien anwendet z.B. X1 X2 aufgrund Farbe X2 X3 aufgrund Gewicht X3 X1 aufgrund Preis 81 3.12 Finden des Optimums mit Optimierung Es handelt sich um eine Extremumaufgabe mit Nebenbedingung. Die Nebenbedingung ist die Budgetrestriktion d.h. es darf nicht mehr als die Konsumsumme C verausgabt werden: P 1 X1 + P 2 X2 = C (143) C =Y −S ∂C ∂Y Nach der Makroökonomie gilt: 0 ≤ ≤ 1, 0≤ ∂S ∂Y ≤ 1. Für allgemeine Betrachtungen soll gelten Y = C = B (Budget). Die Nebenbedingung schränkt die mögliche Ergebnismenge ein. X X2 = B P1 B − X1 , P2 P2 X1 B P1 X2 + B = 1 . (144) P2 P 2 2 B Alles in diesem Bereich kann man sich leisten. Im n-Güterfall handelt es sich um eine Hyperebene. P 1 X 1 82 Es ergibt sich das folgende Extremumproblem. 1. Maximiere U bei gegebenem B X 2 B U X 1 oder 2. Minimiere die Ausgaben bei gegebenem U X 2 B U X 83 1 Aufgrund der Konvexität existiert eine eindeutige Lösung und die Indifferenzkurve tangiert gerade die Konsumgerade (bzw. die Budgetebene berührt das Nutzengebirge in einem Punkt.) Somit gilt: U1 dX2 =− dX1 U2 und dX2 P1 =− . dX1 P2 Für transformierte Funktionen gilt das gleiche Ergebnis, da G1 G2 = F ′ U1 F ′ U2 = U1 . U2 Zur analytischen Berechnung muss man zunächst etwas Analysis machen: Für eine Extremumaufgabe gilt die Bedingung 1. Ordnung: ∂fj =0 ∂xi für alle j, i. und die Bedingung 2. Ordnung: Die einzelnen Hesse-Matrizen |f11 | , f11 f12 f21 f22 , f11 f12 f13 f21 f22 f23 f31 f32 f33 , usw. sind bei einem Minimum positiv, bei einem Maximum wechseln sie ihr Vorzeichen. • die quadratische Form ist positiv definit, wenn alle Hauptminoren positiv sind • die quadratische Form ist negativ definit, wenn sich die Vorzeichen der Hauptminoren immer abwechseln, beginnend mit |f11 | < 0, +, −, +, usw. Für Extremumaufgaben mit Nebenbedingungen bildet man die LagrangeFunktion: F = f (x1 , x2 )+λ r(x1, x2 ) mit der impliziten Funktion r(x1 , x2 ).(145) 84 Daraus ergeben sich ähnliche Bdg. 1. Ordnung: ∂F ∂f ∂r = +λ = fi + λ ri = 0 ∂xi ∂xi ∂xi mit (146) ∂F = r = 0. ∂λ Die Bedingung 2. Ordnung wird über eine erweiterte Hesse-Matriz geprüft: F11 F12 . . . F1n r1 .. .. .. . . . Fn1 Fn2 . . . Fnn rn r1 r2 . . . rn 0 mit F = f + λ r. Bei mehreren Nebenbedingungen: F = f + λ1 r 1 + λ2 r 2 . Hesse-Matrix: F11 F12 . . . F1n r11 r12 .. .. .. . . . 1 2 . Fn1 Fn2 . . . Fnn rn rn r11 r21 . . . rn1 0 0 r12 r22 . . . rn2 0 0 Dies folgt daraus, dass nunmehr xi nund λ als Variablen angesehen werden ∂2F und die Nullterme in der Matrix erscheinen aufgrund = 0. ∂λ2i Bei m ≤ n Nebenbedingungen müssen die Vorzeichen der einzelnen HesseMatrizen (Sattelpunkt-Problem): • für ein Minimum alle das Vorzeichen (−1)m haben • für ein Maximum die Vorzeichen alternieren mit erstem Vorzeichen (−1)m+1 85 Somit ergibt sich für das hier zu erörternde Maximumproblem: F = U(X1 , X2 ) + λ (B − P1 X1 − P2 X2 ) → Max. ∂F = F1 = U1 − λ P1 = 0, ∂X1 ∂F = F2 = U2 − λ P2 = 0, ∂X2 ∂F = r = B − P1 X1 − P2 X2 = 0. ∂λ (147) (148) (149) Aus den Bedingungen 1. Ordnung folgt: U1 = λ P1 U2 = λ P2 ) P1 U1 = , U2 P2 λ= U1 U2 = . P1 P2 λ entspricht dem Grenznutzen des Geldes. Es gibt den zusätzlichen Nutzen an bei einer zusätzlichen Mengeneinheit durch den Preis je Mengeneinheit. Die Bedingungen 2. Ordnung lauten: F11 = F12 = F22 = Fλλ = F1 λ = F2 λ = ∂2F = f11 + λ r11 = U11 , ∂X12 ∂2F = f12 + λ r12 = U12 , ∂X1 ∂X2 ∂2F = f22 + λ r22 = U22 , ∂X22 ∂2F =0, ∂λ2 ∂2F = r1 = −P1 , ∂X1 ∂λ ∂2F = r2 = −P2 , ∂X2 ∂λ so dass: U11 U12 −P1 (U 2 U22 + U22 U11 − 2 U1 U2 U12 ) > 0 ∼ (−1)2 , U21 U22 −P2 = − 1 2 λ −P1 −P2 0 86 (150) (151) (152) (153) (154) (155) P1 = U2 U1 , P2 = . λ λ Somit handelt es sich um ein Nutzenmaximum Für Extremumaufgaben mit Ungleichungen ist nicht sichergestellt, dass das Extremum im ersten Quadranten gefunden wird. Somit erweitern sich die Bdg. mit den Nebenbedingungen: r i (x1 , x2 ) ≥ 0 x1 ≥ 0 , x2 ≥ 0 , i = 1, . . . , m , so dass die so genannten Kuhn-Tucker-Bedingungen gelten: m X ∂F = fj + λi rji ≤ 0 j = 1, . . . , n , ∂xj i=1 ∂F i =r ≥0 , ∂λi xi ≥ 0 i = 1, . . . , n . ∂F ∂F , = 0 mit xj ≥ 0 oder es handelt sich um eine Randlö∂xj ∂λi sung mit xj = 0, also: Entweder gilt (fj + m P i=1 λi r i = 0 λi rji ) xj = 0 j = 1, . . . , n i = 1, . . . , m 87 Man kann zeigen, dass das duale Problem lautet: F = P1 X1 + P2 X2 + λ (U − U(X1 , X2 )) → Min ∂F = P1 − λ U1 = 0 , ∂X1 ∂F P1 U1 P1 P2 = P2 − λ U2 = 0 , ⇒ = ,λ = = . ∂X2 P2 U2 U1 U2 ∂F = U − U(X1 , X2 ) = 0 . ∂λ (156) (157) (158) (159) Hesse-Matrix: −λ U11 −λ U12 −U1 −λ U12 −λ U22 −U2 = λ2 (U22 U11 + U12 U22 − 2 U1 U2 U12 ) < 0 ∼ (−1)1 −U1 −U2 0 ⇒ Minimum Im Extremum muss also gelten: U1 P1 = . U2 P2 (160) U1 ist die Substitutionsbereitschaft , U2 P1 ist die Substitutionsmöglichkeit . P2 88 X 2 B C A X 1 Annahme: Punkt A U1 P1 < U2 P2 Ist der relative Preis höher als der Nutzengewinn von einer zusätzlichen Einheit X1 , wird man X1 erniedrigen. man wird X1 durch X2 Annahme: Punkt B U1 P1 > U2 P2 ∂X 2 substituieren d.h. wird größer, mithin steigt ∂X1 es bringt mehr Nutzen X1 zu erhöhen, da der relative Nutzengewinn größer ist als der relative Preis. man wird X2 durch X1 substituieren. ∂X 2 ∂X1 U1 . U2 U1 P1 Im Punkt C ist das Optimum erreicht mit = . U2 P2 ⇒ wird wieder kleiner, mithin fällt 89 U1 . U2 Eine Nachfragekurve erhält man, indem man grafisch wie folgt vorgeht. Fällt der Preis von P1 auf P1′ , dann dreht sich die Budgetgerade nach außen. X X 2 2 X B P P 1 B P X 2 u n a b h ä n g ig v o n P P 1 1 1 1 P 1 P 1 1 n o rm a le s G u t X 1 Analytisch geht man vor, indem man den optimalen Lösungspfad durch die Lösung der Extremumaufgabe herausfindet. Anschließend wird nach X1 aufgelöst. 90 Ebenso kann man die Einkommensänderung berücksichtigen. Dabei verschiebt sich die Budgetgerade bei einer Einkommenserhöhung nach außen. Wird das Einkommen variiert und die optimale Lösung für jedes Einkommen bestimmt, ergibt sich die Einkommenskonsumkurve, hier am Beispiel eines inferioren Gutes: X 2 E in k o m m e n s k o n s u m k u rv e X X 1 1 E n g e lk u rv e s u p e rio r in fe rio r B Um einen fallenden Bereich zu haben, muss die Funktion zunächst ansteigen. Daher ist das Gut bei einem kleinen Einkommen superior. 91 Cramer’sche Regel Die Determinante lässte sich errechnen, indem man nach einer Zeile (oder Spalte) entwickelt. Dazu multipliziert man mit dem algebraischen Komplementen. Werden die Komplementen einer anderen Zeile (oder Spalte) verwendet, dann ergibt sich null. a11 . . . a1n a21 . . . a2n Mit A = .. .. . . an1 . . . ann und Ax = b ergibt sich: Det(x1 A) = = = ⇒ x1 = x1 a11 . . . a1n x1 a21 . . . a2n (161) .. .. . . x1 an1 . . . ann keinen Beitrag zur Determinante }| { z x2 a12 . . . + xn a1n . . . a1n x1 a11 + x1 a21 + x2 a22 + . . . + xn a2n . . . a2n .. .. . . x1 an1 + x2 an2 + . . . + xn ann . . . ann b1 a12 . . . a1n b2 a22 . . . a2n .. .. . . bn an2 . . . ann Det(A1 ) A1 = . Det(A) A 92 = Det(A1 ) . (162) Die Variablen X1 , X2 und λ sind im Extremumproblem mit Randbedingungen die endogenen Variablen. Es stellt sich die Frage, wie sich die endogenen Variablen in Abhängigkeit der exogenen Variablen P1 , P2 und B verhalten. Dazu bildet man das totale Differential der Bedingungen für den optimalen Konsumplan. U11 dX1 + U12 dX2 − P1 dλ = λ dP1 , U21 dX1 + U22 dX2 − P2 dλ = λ dP2 , −P1 dX1 − P2 dX2 = −dB + X1 dP1 + X2 dP2 . Die Lösungen werden mit Hilfe der Cramer’schen Regel gefunden: λ D11 dP1 + λ D21 dP2 + D31 (−dB + X1 dP1 + X2 dP2 ) , D λ D12 dP1 + λ D22 dP2 + D32 (−dB + X1 dP1 + X2 dP2 ) dX2 = . D dX1 = Die Marshall’sche Nachfragefunktion ist X1 in Abhängigkeit von P1 mit der Bedingung B = konst.. Die Hick’sche Nachfragefunktion ist X1 in Abhängigkeit von P1 unter der Bedingung U = konst.. Für die Hick’sche Nachfragefunktion folgt: dU = 0 = U1 dX1 + U2 dX2 = 0 . U1 P1 = gilt also P1 dX1 + P2 dX2 = 0 U2 P2 Somit ist −dB + X1 dP1 + X2 dP2 = −P1 dX1 − P2 dX2 = 0 und man erhält: Mit λ D11 dP1 + λ D21 dP2 , D λ D12 dP1 + λ D22 dP2 dX2 = . D dX1 = Für die direkte Preisabhängigkeit ceteris paribus (dP2 = 0) gilt weiter: dX1 = λ D11 dP1 . D Man nennt dies nutzenkompensiert, da dB sich gerade so einstellt, dass dU = 0. Für eine nichtkompensierte Einkommensvariation gilt dagegen dB = 0. 93 Daraus folgt ceteris paribus (dP2 = 0): λ D11 dP1 + D31 X1 dP1 , D λ D12 dP1 + D32 X1 dP1 dX2 = . D dX1 = Den reinen Einkommenseffekt erhält man, indem dP1 = dP2 = 0 gesetzt wird, also: dX1 = −D31 dB . D Daraus folgt unmittelbar durch Ineinandereinsetzen: dX1 dX1 dX1 = −X1 . U =konst. dP1 dP1 | {z dB} | {z } GE | {z } (163) EE SE Dies ist die so genannte Slutsky-Gleichung. Dies bedeutet: Die Änderung der nachgefragten Menge setzt sich zusammen aus einem Substitutionseffekt (die Indifferenzkurve wird beibehalten) und einem Einkommenseffekt. Kompensiert bedeutet also, dass das Einkommen so erhöht wird, dass bei einer Preiserhöhung die alte Indifferenzkurve wieder tangiert wird. X 2 E E S E G E X 94 1 Überwiegt ein positiver Einkommenseffekt den Substitutionseffekt, so verbleibt ein positiver Gesamteffekt übrig. Dies ergibt das Charakteristikum eines Giffen-Gutes d.h. die Nachfrage wird erhöht, wenn der Preis steigt. Es gibt auch einen Slutsky-Substitutionseffekt, der so definiert ist, dass das Einkommen gerade so erhöht wird, dass der alte Punkt erreicht wird. Dabei tangiert die neue Budgetgerade gerade eine Nutzenindifferenzkurve eines größeren Niveaus. X 2 E E S E U G E X * U U * > U 1 In der Literatur wird überwiegend der Hicks-Substitutionseffekt zitiert, obwohl der Slutsky-Substitutionseffekt leicht berechenbar ist, da die Gesamtausgaben bekannt sind. Übersetzt in Elastizitäten bedeutet die Slutsky-Gleichung: ! ! ∂Xi Pj ∂Xi Pj Xj Pj B ∂Xi = − (164) ∂Pj Xi ∂Pj U = konst. Xi Xi B ∂B Pi =konst. ⇒ ǫij = ξij − αj ηi (165) Man sieht leicht, dass ! ∂Xi = ∂Pj U = konst. d.h. ξij = ξji, da ∂Xj ∂Pi ! U = konst. Dji λ Dij λ = . D D 95 Desweiteren gilt auch: z ∆ }| { P1 D11 λ P2 D21 λ λ(P1 D11 + P2 D21 ) ξ11 + ξ12 = + = = 0, X1 D X1 D X1 D U U12 −P1 11 da die Determinante lautet: D = U21 U22 −P2 . −P1 −P2 0 Da die Determinante D spaltenfremd entwickelt wird, ist ∆ null. Ferner gilt: −(ǫ11 + ǫ12 ) = η1 , da −(ǫ11 + ǫ12 ) = −(ξ11 − ξ12 ) + (α1 + α2 ) η1 mit α1 + α2 = 1. 96 X Einkommensänderung 2 Zwischen A und C gilt: X2 inferior X1 superior C und D gilt: X2 superior X1 superior D und B gilt: X2 superior X1 inferior A C D B X X 2 1 Preiserhöhung A Zwischen A und C und D und B sind X1 und X2 Substitute Zwischen C und D sind X1 und X2 Komplemente C D B X 1 97 Der Gesamteffekt X 2 Der Hicks-Substitutionseffekt ist immer negativ. Überwiegt ein positiver Einkommenseffekt den negativen Substitutionseffekt, dann handelt es sich um ein Giffen-Gut (EF für X1 ). A B C D E F X SE Abschnitt AB BC CD DE EF - 1 EE GE SE X1 + + + + + + + + EE GE X2 + + + - Der Einkommenseffekt gibt Auskunft darüber, ob es sich um ein inferiores oder superiores Gut handelt. Für den Bereich DF ist X1 inferior, für den Bereich AD ist X1 superior. Ebenso ist zwischen BF X2 superior und zwischen AB inferior. Zwischen AC und zwischen EF sind die Güter Substitute, da jeweils ein Gut mehr, das andere weniger nachgefragt wird. Zwischen C und E sind beide Komplemente. Wenn die direkte Preiselastizität positiv ist, handelt es sich um ein Giffen-Gut. Dies ist im Bereich EF der Fall. X1 erhöht sich, obwohl P1 steigt. Für normale Güter ist dagegen E(Xi , Pi ) < 0. Dies ist für X1 im Bereich AE der Fall. 98 3.13 Ein erstes Beispiel U = X1 X2 , B − P 1 X1 − P 2 X2 = 0 . F = X1 X2 + λ (B − P1 X1 − P2 X2 ) . X2 − λ P 1 = 0 , X1 − λ P 2 = 0 , B − P 1 X1 − P 2 X2 = 0 . ⇒ X1 = B , 2 P1 X2 = B , 2 P2 λ= X1 X2 = . P2 P1 Das totale Differential lautet: dX2 − P1 dλ = λ dP1 , dX1 − P2 dλ = λ dP2 , −P1 dX1 − P2 dX2 = −dB + X1 dP1 + X2 dP2 . D = 2 P1 P2 , D11 = −P22 , D21 = P1 P2 , D31 = −P2 . ⇒ dX1 = −P22 λ dP1 + P1 P2 λ dP2 − P2 (−dB + X1 dP1 + X2 dP2 ) . 2 P1 P2 Ceteris paribus (dP1 6= 0) −P2 λ X1 dX1 −P2 λ X1 dP1 − dP1 ⇔ = − . 2 P1 2 P1 dP1 P1 2 2 P1 dX1 = −12.5 . Für: B = 100, P1 = 2, P2 = 5 erhalten wir dP1 dX1 = Der Einkommenseffekt lautet: −X1 dX1 X1 25 =− =− . dB 2 P1 4 99 Der Hicks-Substitutionseffekt lautet: dX1 P2 25 =− λ=− dP1 U =konst. 2 P1 4 mit den Werten: B = 10 , 2 P2 B X1 = = 25 , 2 P1 B =5. λ= 2 P1 P2 X2 = Die Nachfragefunktion lautet X1 = Die Engel-Kurve lautet X1 = B . 2 P1 B=konst. B . 2 P1 P1 =konst. 100 Warum λ der Grenznutzen des Einkommens ist: ∂U = U1 ∂B ∂X1 ∂B ! ∂X2 ∂B ! . (166) ∂X1 ∂X2 ∂U = λ (P1 + P2 )=λ, ∂B ∂B ∂B (167) + U2 Mit U1 = λ P1 und U2 = λ P2 folgt: da die Ableitung der Bilanzgeraden ergibt: ! ∂X1 1 = P1 + P2 ∂B U1 U2 λ = = . P1 P2 ∂X2 ∂B ! , (168) (169) Der Quotient von Grenznutzen und Preis muss für alle Güter gleich sein. Dieses Verhältnis gibt den Nutzenzuwachs an, wenn eine Geldeinheit zusätzlich für ein bestimmtes Gut ausgegeben wird. Sollte der Nutzenzuwachs größer sein, wenn diese Geldeinheit für X1 anstatt für X2 ausgegeben wird, so würde der Konsument seinen Nutzen nicht maximieren. Er könnte seinen Grenznutzen vergrößern, wenn er einen Teil seiner Ausgaben von X2 auf X1 verlagern würde. Der Lagrange-Multiplikator λ kann somit als Grenznutzen des Einkommens interpretiert werden. Dieser ist positiv, da der Grenznutzen positiv ist. 101 Die Bedingung erster Ordnung ist nicht immer zur Maximumbestimmung notwendig. 1. Die Indifferenzkurven sind konkav d.h. die Nutzenfunktion ist nicht quasi-konkav. Hier handelt es sich um ein NutzenX 2 minimum. Im Nutzenoptimum konsumiert er nur ein Gut. Er wird also B B Einheiten X1 oder Einheiten P1 P2 X2 kaufen, je nachdem, ob U( PB1 ) oder U( PB2 ) größer ist. X 1 2. Im zweiten Fall sind die Indifferenzkurven konvex, aber sie sind flacher als die Bilanzgerade. Es kann keine Tangenten geben und die Bedingung erster Ordnung ist nicht erfüllt, da wir X1 ≥ 0, X2 ≥ 0 vorausgesetzt haben. X 2 X 1 Das Nutzenmaximum liefert hier auch nur eine Ecklösung, er kauft im Optimum nur X2 . 102 Die Nutzenfunktion sei entweder selbst streng konkav oder ihre positive monotone Transformationen sei es. Für diesen Fall lassen sich die Kuhn-Tucker-Bedingungen verwenden. Mit B − P1 X1 − P2 X2 ≥ 0 , X1 ≥ 0 , X2 ≥ 0 , folgt: F1 = U1 − λ P1 ≤ 0 , F2 = U2 − λ P2 ≤ 0 , F3 = B − P1 X1 − P2 X2 ≥ 0 . ⇒ X1 F1 = 0 , (Kuhn-Tucker-Bedingungen) X2 F2 = 0 , λ F3 = 0 . Für U1 > λ P1 kann der Konsument seinen Nutzen durch vermehrten Konsum von X1 erhöhen. Für U1 < λ P1 durch Verringerung von X1 , insofern X1 nicht schon null ist. Für das Beispiel ist F1 < 0 und F2 = 0 . Folglich gilt: U1 P1 < . U2 P2 Gibt der Konsument im Gleichgewicht weniger als sein Einkommen aus, so wäre der Grenznutzen seines Einkommens λ gemäß den KuhnTucker-Bedingungen gleich null. Solange der Grenznutzen positiv ist, tritt dieser Fall nicht ein. 103 3.14 Die indirekte Nutzenfunktion Die Nutzenfunktion lässt sich in Abhängigkeit von P1 , P2 und dem Einkommen B bestimmen. Eine solche Nutzenfunktion heißt indirekte Nutzenfunktion U = U(X1 , X2 ) = U(X1∗ (P1 , P2 , B), X2∗ (P1 , P2 , B)) . Die indirekte Nachfragefunktion ist homogen vom Grade null . Ebenso lässt sich der Ausgabenbetrag bestimmen bei einem bestimmten Nutzen AU(P1 , P2 , Ū) = P1 X1H (P1 , P2 , Ū) + P2 X2H (P1 , P2 , Ū ) . XiH ist dabei die Hick’sche oder nutzenkompensierte Nachfrage. Das Maximierungsproblem: Max U = U(X1 , X2 ) unter der Bedingung P1 X1 + P2 X2 ≤ B bzw. das Minimierungsproblem Min AU = P1 X1 + P2 X2 unter der Bedingung U(X1 , X2 ) ≥ Ū sind dual zueinander d.h. es gilt AU(P1 , P2 , U) = AU(P1 , P2 , U(P1 , P2 , B)) = B und U(P1 , P2 , AU(P1 , P2 , U)) = U. Ist P1 , P2 und B gegeben, dann kann gerade der Nutzen U = U(P1 , P2 , B) erreicht werden. Fragt man jetzt nach dem Ausgabenbetrag, der mindestens erforderlich ist, um diesen Nutzen zu erhalten, also nach AU(P1 , P2 , U), so ist das gerade B. Der minimale Ausgabenbetrag, den man braucht, um den mit B maximal realisierbaren Nutzen zu erreichen ist B. 104 ⇒ Bei gegebenen Preisen P1 , P2 sind die Funktionen AU und U invers zueinander in den Variablen B und U. In diesem Zusammenhang lässt sich die Slutsky-Gleichung leicht herleiten: XiH (P1 , P2 , Ū) = Xi∗ (P1 , P2 , AU(P1 , P2 , Ū)) . ∂XiH ∂Xi∗ ∂Xi∗ ∂AU = + . ∂Pj ∂Pj ∂B ∂Pj (170) Das Shephards-Lemma lautet: Eine Änderung des Ausgabenbetrags bei einer Änderung von Pi ist gleich der i-ten Nachfragefunktion. Einfacher: Totales Differential des Ausgabenbetrages ceteris paribus mit dP2 = 0 dAU = X1H dP1 + (dX1H P1 + dX2H P2 ) (171) ∂AU P1 ⇒ = XjH im Optimum da dX2H = − dX1H . (172) ∂Pj P2 Aufgrund des Extremums ist XjH = Xj∗ , so dass ∂XiH ∂Xi∗ ∂Xi∗ ∗ = + X , ∂Pj ∂Pj ∂B j (173) ∂Xi∗ ∂XiH ∂Xi∗ ∗ = − X . ∂Pj ∂Pj ∂B j (174) bzw. Für j = i folgt: ∂Xi∗ ∂XiH ∂Xi∗ ∗ = − X . ∂Pi ∂Pi ∂B i (175) 105 Die Wirkung einer Erhöhung des Preises Pi auf die Marshall’sche Nachfragekurve Xi∗ besteht aus zwei Komponenten: ∂XiH ∂P !i ∂Xi∗ und dem Einkommenseffekt: − Xi∗ ∂B dem negativen Substitutionseffekt: Man kann vom Bruttosubstitut und Nettosubstitut reden. ∂XiH ∂Xi∗ Das Bruttosubstitut ist , das Nettosubstitut . ∂Pj ∂Pj ∂XjH ∂XiH Es gilt: = (Symmetrie der Nettosubstitionalität). ∂Pj ∂Pi Dies folgt aus der Symmetrie der Hesse-Matrix, da ! ∂XjH ∂XiH Dij λ Dji λ ∂Xi = = = = . ∂Pj U =konst. ∂Pj D D ∂Pi Für die Marshall’sche Nachfragefunktion gilt eine solche Symmetrie nicht! 106 3.15 Ein komplettes Beispiel Die Nutzenfunktion lautet: U = U(X1 , X2 ) = (X1 + 2)(X2 + 1) = X1 X2 + X1 + 2 X2 + 2 . P1 = 5, P2 = 10, B = 1000 . F = X1 X2 + X1 + 2 X2 + 2 + λ (1000 − 5 X1 − 10 X2 ) . Bedingungen erster Ordnung: ∂F = X2 + 1 − 5 λ = 0 , ∂X1 ∂F = X1 + 2 − 10 λ = 0 , ∂X2 ∂F = 1000 − 5 X1 − 10 X2 . ∂λ (176) (177) (178) Daraus folgt der optimale Konsumplan. X2 + 1 1 1 = ⇔ X2 = X1 , X1 + 2 2 2 X̄1 = 100 , X̄2 = 50 , λ= X2 + 1 = 10.2 . 5 Allgemein folgt: F = X1 X2 + X1 + 2 X2 + 2 + λ (B − P1 X1 − P2 X2 ) , X2 + 1 P1 = X1 + 2 P2 P1 (X1 + 2) − 1 P2 B + P2 −1 , ⇒ X1 = X1∗ (P1 , P2 , B) = 2 P1 B + 2 P1 1 X2 = X2∗ (P1 , P2 , B) = − . 2 P2 2 oder X2 = Man sieht leicht, dass die Nachfragefunktionen homogen vom Grad null sind. 107 Für P̄1 = 5, P̄2 = 10 ergeben sich die Engel-Kurven: B + 10 B −1= , 10 10 B B+2·5 1 X2 = X2∗ (P̄1 , P̄2 , B) = X2∗ (5, 10, B) = − = . 2 · 10 2 20 X1 = X1∗ (P̄1 , P̄2 , B) = X1∗ (5, 10, B) = Sie sind Geraden durch den Ursprung. Auch die Einkommenskonsumkurve B 1 ist mit X1 = 10 = 10 (20 X2 ) = 2 X2 eine Gerade. Für P̄2 = 10 und B = 1000 ergibt sich die direkte Nachfragefunktion: X1 = 1000 + 10 505 −1= −1 . 2 P1 P1 Die Kreuznachfragefunktion lautet: X2 = 1000 + 2 P1 1 P1 − = 49.5 + . 2 · 10 2 10 Für die Slutsky-Gleichung wird X1 und X2 in U(X1 , X2 ) eliminiert. B + P2 B + 2 P1 1 −1+2 − +1 (179) 2 P1 2 P2 2 B + 2 P1 1 B + P2 +1 + (180) = 2 P1 2 P2 2 (B + P2 + 2 P1 )(B + 2 P1 + P2 ) (B + P2 + 2 P1 )2 = = . 4 P1 P2 4 P1 P2 U(X1 , X2 ) = Nebenrechnung: s √ 2 U P P − 2 P P2 1 2 1 U 4 P1 P2 − P2 − 2 P1 = B ⇒ X1H = −1 = U −2 . 2 P1 P1 s s ∂X1H 1 P1 U P2 1 U P2 1 =− =− , 2 ∂P1 2 U P2 P1 2 P1 P1 ∂X1∗ (B + P2 ) =− , ∂P1 2 P12 ∂X1∗ 1 = , ∂B 2 P1 √ 108 B + P2 1 ⇒− =− 2 2 P1 2 P1 s P2 B + P2 U − −1 P1 2 P1 1 . 2 P1 Mit den Werten P1 = 5, P2 = 10, B = 1000 ergibt sich: U= (1000 + 10 + 2 · 5)2 = 5202 . 4 · 5 · 10 s 1 1000 + 10 1000 + 10 5202 · 10 − =− − −1 2 2·5 2·5 5 2·5 1 √ 100 10404 − ⇔ −20.2 = − 10 10 ⇔ −20.2 = −10.2 − 10 . 1 2·5 Gesamteffekt: -20.2 , Substitutionseffekt: -10.2 , Einkommenseffekt: -10 . ∂X1H über X1H (P1 , P2 , U) zu berechnen mit dem Umweg über U, ∂P1 kann mit mit Hilfe des totalen Differentials viel leichter erhalten: Anstatt ∂X1H λ D11 −100 = = 10.2 = −10.2 , ∂P1 D 100 505 ∂ 1000+10 ∂ − 1 − 1 ∂X1∗ 505 2 P1 P1 = = = − 2 = −20.2 . ∂P1 ∂P1 ∂P1 P1 ∂X1∗ ∂X1H Daraus folgt der EE aus: − = −10 . ∂P1 ∂P1 U U12 −P1 0 1 −5 11 0 −10 = 100 . D = U21 U22 −P2 = 1 −P1 −P2 0 −5 −10 0 0 −10 D11 = = −100 . −10 0 109 3.16 Die Entscheidung über das Arbeitsangebot 3.16.1 Die Wahl zwischen Arbeit und Freizeit Eine wichtige Frage ist die Aufteilung der Tageszeit auf Arbeit und Freizeit. Nehmen wir an, dass es nicht möglich sei, total auf Freizeit zu verzichten (wegen Hausarbeit, Regenerationszeit, etc.). Es stellt sich also die Frage, wie man die Tageszeit von 24 Stunden auf Arbeit und Freizeit aufteilt. Folglich lautet das Problem: Maximiere den Nutzen U(Y, F ) → Max unter den Nebenbedingungen: 24 = L + F + SZ Y = I L + Ȳ L sei die Arbeitszeit, F die Freizeit, SZ eine fest vorgegebene Mindestzeit für Regeneration, I der Lohnsatz und Ȳ ein arbeitsunabhängiges Transfereinkommen. Wird vollkommen auf Arbeit verzichtet, so besteht das Einkommen Y komplett aus dem Transfereinkommen. Aufgrund der Konvexität der Indifferenzkurven ist es nicht möglich, ein Einkommen von Y = 0 zu wählen. Werden beide Nebenbedingungen zusammengefasst, so gilt: (181) (24 − SZ) I + Ȳ = Y + I F , was man als Budgetrestriktion verstehen kann. I sind dabei die Opportunitätskosten der Freizeit. Da Y und F die beiden endogenen Variablen sind, lautet die Steigung der Budgetgeraden: ∂Y = −I . ∂F (182) Mit steigendem Lohnsatz verläuft die Budgetgerade also steiler. Das Maximierungsproblem führt auf die Lösung: Λ ∂Λ ∂Y ∂Λ ∂F ∂Λ ∂λ = U(Y, F ) + λ [(24 − SZ) I + Ȳ − Y − I F ] → Max , (183) = UY − λ = 0 , (184) = UF − λ I = 0 , (185) = (24 − SZ) I + Ȳ − Y − I F = 0 , (186) 110 so dass gilt: UF =I UY analog zur Güterallokation. (187) Auch hier unterscheidet man wieder einen Einkommenseffekt und Substitutionseffekt. Kompliziert wird es nur dadurch, dass das Einkommen nun keine exogene, sondern eine endogene Größe ist. Der Einkommenseffekt besteht aus einer Parallelverschiebung der Budgetgeraden. Dies ist der Fall, wenn das Transfereinkommen verändert wird. Da Freizeit ein normales Gut ist ∂F ( > 0), steigt die Nachfrage nach Freizeit, wenn das Transfereinkommen ∂Y steigt. Wird der Lohnsatz erhöht, verläuft die Budgetgerade steiler. Der Substitutionseffekt besteht in der Zunahme von Einkommen (vermehrte Nachfrage nach Arbeit), da die Opportunitätskosten der Freizeit zunehmen. Dem entgegen läuft eine gesteigerte Nachfrage nach Freizeit aufgrund der Zunahme des Einkommens Y (da Freizeit ein normales Gut ist). E in k o m m e n (2 4 -S Z ) I2 + Y (2 4 -S Z ) I1 + Y Y d E in k o m m e n s e ffe k t a b 2 4 -S Z F re iz e it ∆Y Bei niedrigem Lohnsatz wird die Grenzrate der Substitution kleiner. ∆F Man wird also viel Freizeit opfern, um ein wenig Einkommen zu erzielen. Also wird der Substitutionseffekt betragsmäßig sehr groß sein und offenbar den 111 Einkommenseffekt überwiegen. Dann kommt es wohl zu mehr Arbeitsangebot (weniger Freizeit). Bei hohem Lohnsatz (steilere Budgetgerade) ist die GRS jedoch sehr klein und daher kann der Einkommenseffekt den Substitutionseffekt überwiegen. Es kommt zum Giffen-Paradox: Es wird mehr Freizeit nachgefragt, obwohl die Kosten für die Freizeit steigen (hier allerdings unter der Annahme, dass Freizeit ein normales Gut ist, da hier das Einkommen keine exogene, sondern eine endogene Größe darstellt). Um das Modell realistischer zu gestalten, müssten anderen Arbeitsbedingungen als der Lohnsatz, welche das Angebotsverhalten ebenfalls beeinflussen, berücksichtigt werden wie z.B. die Schwierigkeit, die Gefahr, die soziale Bewertung, etc., die mit einer solchen Tätigkeit verbunden sind. Außerdem bestehen institutionelle Restriktionen, da die Arbeitszeit nicht frei wählbar ist. 3.16.2 Entscheidung über die Arbeitsmarktbeteiligung Für einen Haushalt, der in der Regel mehrere Mitglieder umfassen kann, stellt sich das Problem der Aufteilung der Arbeitszeit auf die Tageszeit. Nehmen wir an, das Arbeitsangebot sei nicht stetig, sondern nur in diskreten Größen L = 8 oder L = 0 wählbar (1 Mitglied des Haushalts). Für mehrere Mitglieder im Haushalt ergäben sich darüber hinaus weitere diskrete Arbeitsangebotspunkte. Wie in Kapitel 3.16.1 sind die endogenen Variablen das Einkommen und die Nicht-Erwerbszeit. Je nach Art der Präferenzen (Indifferenzkurven) ergäben sich unterschiedliche Lösungen des Optimierungsproblems. Wichtig ist dabei nur, dass aufgrund institutioneller Restriktionen nur Arbeitszeiten zu diesen diskreten Werten wählbar sind, auch wenn damit unter Umständen keine optimale Wahl erfolgt (d.h. dass keine Indifferenzkurve tangiert wird). 3.16.3 Steuern, Transfer, Arbeitsangebot Wird auf das Lohneinkommen ein Steuersatz entrichtet, so lautet die Budgetrestriktion aus Kapitel 3.16.1: Y = (1 − t) I L + Ȳ = (1 − t) I(T̄ − F − SZ) + Ȳ . (188) Die Steigung der Budgetgeraden ist nun: ∂Y = −(1 − t) I . ∂F (189) 112 Steigt der Steuersatz, so wird nach ∂ ∂Y ∂F ∂t (190) =I >0 die Steigung der Budgetgeraden flacher. Dies hätte eine ähnliche Auswirkung wie die Abnahme des realen Lohnsatzes, da auch dann die Budgetgerade flacher wird. E in k o m m e n (2 4 -S Z ) (1 -t1) I + Y (2 4 -S Z ) (1 -t2) I + Y Y 2 4 -S Z F re iz e it Je nach Verlauf der Indifferenzkurven kann es sein, dass der Einkommenseffekt den Substitutionseffekt überwiegt und dies insgesamt zu einem Rückgang ∂F der Nachfrage nach Freizeit führen wird ( > 0). ∂Ymax Wird nun auch auf das Transfereinkommen Ȳ eine Steuer entrichtet, dann wirkt sich nur der Einkommenseffekt aus. Sowohl bei einer Änderung der Steuer auf arbeitsunabhängiges Einkommen als auch bei einer Änderung der Transferzahlungen wirkt sich lediglich der Einkommenseffekt aus. Kompliziert wird es, wenn beide Steuerarten (Lohnsteuer, Transferzahlungen) gleichzeitig in Aktion treten. Dann kann es sein, dass bei niedrigem Einkommen sich der Steuersatz so stark ausmacht, dass insgesamt weniger Arbeit angeboten wird d.h. dass der Anreiz, eine schlecht bezahlte Arbeit aufzunehmen, weiter sinkt, obwohl das Arbeitseinkommen an sich sehr niedrig ist. Dann kommt es eher dazu, dass auf Sozialleistungen zurückgegriffen wird. Alles in allem mitgerechnet ist dieser Fall sehr wahrscheinlich, da der effektive Steuersatz (alle Abgaben mitgerechnet) für Geringverdiener sehr groß ist. 113 3.16.4 Ein kleines Beispiel Die Nutzenfunktion laute U = Y α F β mit den Nebenbedingungen: Y = I L + Ȳ , F = 24 − L. Offensichtlich sind F und Y die endogenen Variablen. I und Ȳ sind exogen. Aufgrund der letzten Nebenbedingung können jedoch auch Y und L endogen sein und I und Ȳ exogen. Diese Variante ist einfacher, wenn wir die Nebenbedingungen in die Nutzenfunktion einsetzen: U = (I L + Ȳ )α (24 − L)β . (191) Wie lässt sich L bestimmen? Ganz einfach, der Nutzen muss maximal werden, also: ∂U = 0 ⇒ I α (I L + Ȳ )α−1 (24 − L)β − β (I L + Ȳ )α (24 − L)β−1 = 0 ∂L α 24 β Ȳ ⇔ I α (24 − L) = β (I L + Ȳ ) ⇔ L = − . β + α I (α + β) Nun lassen sich die folgenden Fragen beantworten: 1. Wie reagiert der Haushalt mit seiner Arbeitszeit auf einen Anstieg des Lohnsatzes? dL = I2 β Ȳ dI (α + β) (ceteris paribus) . (192) 2. Wie reagiert er auf einen Anstieg seines sonstigen Einkommens? dL = − β dȲ I (α + β) (ceteris paribus) . (193) 3. Angenommen, der Lohnsatz werde um 10% erhöht. Um wieviel müsste sich das sonstige Einkommen ändern, damit die Nachfrage nach Freizeit konstant bliebe? dF = 0 ⇒ dL = 0 ⇔ − β dȲ β Ȳ + 2 dI = 0 I (α + β) I (α + β) dI dȲ = . I Ȳ (194) (195) 114 3.16.5 Güterallokation und Zeitallokation simultan betrachtet Betrachten wir das Güterallokationsproblem gemeinsam mit der Zeitbedingung, so wird der Nutzen U(X1 , . . . , Xn ) → Max maximiert unter den Nebenbedingungen: n X i=1 (196) Pi Xi ≤ B = I L + Ȳ , T̄ = n X (197) Ti + L . i=1 L sei das Arbeitsangebot, I der Lohnsatz und Ti die Zeit, die zum Konsum eines Gutes Xi benötigt werde. Es sei angenommen, dass das FreizeitArbeitsangebotsproblem bereits gelöst ist und dass T̄ nur die Konsum- und Arbeitszeit umfasse. Wir können annehmen, dass Ti proportional von Xi abhänge in der Form: (198) Ti = τi Xi . Dann lautet das Problem: U(X1 , . . . , Xn ) → Max unter den Nebenbedingungen: n P i=1 Pi Xi ≤ I L + Ȳ , T̄ = Pn i=1 τi Xi + L . Fassen wir wieder beide Nebenbedingungen zu einer zusammen, so gilt: n X (Pi + I τi ) Xi ≤ I T̄ + Ȳ = Ymax . n X (Pi + I τi ) Xi = Ymax . i=1 (199) Aufgrund der Annahme der Nichtsättigung sei die Nebenbedingung mit Gleichheit erfüllt. Also lautet die Budgetrestriktion: (200) i=1 Da die Xi die endogenen Variablen sind, ist die Steigung der Budgetgerade im 2-Güter-Fall gleich: dX2 (P1 + I τ1 ) =− . dX1 (P2 + I τ2 ) (201) 115 Analog zum reinen Güterallokationsproblem gilt auch hier: U1 (P1 + I τ1 ) = . U2 (P2 + I τ2 ) (202) Schwierig ist die Frage, wie eine Änderung des Lohnsatzes sich auf das Problem auswirkt. Der Quotient: (P1 + I τ1 ) (P2 + I τ2 ) (203) ändert sich wie folgt: ∂ (P1 +I τ1 ) (P2 +I τ2 ) ∂I = τ1 (P2 + I τ2 ) − τ2 (P1 + I τ1 ) . (P2 + I τ2 )2 (204) Wenn der Lohnsatz zunimmt, nimmt die Steigung der Budgetgeraden also absolut zu (relativ gesehen wird die Budgetgerade flacher), wenn τ1 (P2 + I τ2 ) − τ2 (P1 + I τ1 ) < 0 ⇔ τ1 P2 < τ2 P1 . (205) Praktisch wird Gut 2 verteuert, so dass der Konsument nun bereit ist, X2 2 durch X1 zu substituieren. Der Substitutionseffekt ( ∂(P∂X |U =konst. ) wird 2 +I τ1 ) betragsmäßig größer (Er wird proportional weniger X2 wählen), da die Indifferenzkurve stärker gekrümmt ist im neuen Optimumpunkt. Ferner, wird die Konsumzeit größer, dann wird aufgrund der Zeitrestriktion n X (206) τi Xi + L = T̄ i=1 die Güternachfrage durch Arbeit substituiert, weil Konsumieren teurer geworden ist und die Opportunitätskosten des Konsumierens (I τi ) größer geworden sind. ∂Xi > 0 für normale Güter. Folglich steigt ∂Ymax bei der Zunahme des Lohnsatzes (Zunahme des Einkommens) auch die Güternachfrage. Ob der Einkommenseffekt die entsprechenden Substitutionseffekte kompensieren kann, ist im Einzelfall zu bestimmen. Der Einkommenseffekt lautet 116 3.16.6 Der Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Berufsleben Auch die Geltendmachung des Rentenanspruchs lässt sich mit Hilfe der Präferenztheorie erklären. Nehmen wir an, man könnte einen frühesten und einen spätesten Renteneintritt wählen. Der Kapitalwert der Ein- und Auzahlungen sei dabei identisch, sonst wäre die Frage des Renteneintritts trivial. Wäre nämlich die Einzahlung höher, so würde niemand diesen Zeitpunkt wählen. Wäre die Auszahlung höher, dann würden alle Versicherungsnehmer diesen Zeitpunkt wählen und die Versicherung wäre zahlungsunfähig. H ö h e d e r m o n a tlic h e n R e n te r R m ax R R a * m in t m in t t * m a x E rw a rte te R e n te n b e z u g s d a u e r in J a h re n Zur maximalen Rente korrespondiert der späteste Renteneintrittszeitpunkt und ebenso für die minimale Rente entsprechend der früheste Renteneintrittszeitpunkt. In dem hier dargestellten Fall wäre R∗ der optimale Punkt, wenn vereinfachend angenommen wird, dass die Budgetrestriktion eine Gerade sei. Änderungen der Einzahlungen haben Auswirkungen auf die Budgetgerade. Zum einen verschiebt sich diese nach oben bzw. nach rechts, da sowohl die Rente höher als auch die Länge der Anspruchsdauer vergrößert werden kann. Wären all diese Parameter frei wählbar, dann ließe sich das Problem nicht mehr durch eine solche einfache Grafik abbilden. 3.17 Die Sparentscheidung Werden zwei Perioden betrachtet und hat der Konsument die Möglichkeit, Ersparnisse zu bilden, die er in Periode 2 hinübertragen kann, so dient dies zur Glättung des Konsumstroms, wobei entweder das Vorsorge- oder das 117 Ertragsmotiv eine Rolle spielen können. Falls der Grenznutzen bei steigendem Einkommen abnimmt, ist es für den Konsumenten rational, seinen Konsumstrom zu glätten. Beim Sparen ist der Konsum in der ersten Periode niedriger als das Einkommen, in der zweiten höher. Eine negative Ersparnis stellt praktisch eine Kreditaufnahme dar. Auf einem perfekt funktionierendem Kapitalmarkt macht es keinen Unterschied, ob man spart oder einen Kredit aufnimmt, der Zinssatz ist in beiden Fällen gleich. Betrachten wir zunächst einfaches Sparen. Die Budgetrestriktion lautet: (207) B = X1 + X2 , wobei wir annehmen, dass sich die Preise in Periode 2 im Vergleich zu Periode 1 nicht ändern, so dass die Preise vereinfachend zu 1 gesetzt wurden. X1 ist der Konsum in der ersten Periode, X2 in der zweiten. B ist das gesamte in beiden Perioden (ohne) Ersparnis verfügbare Einkommen. Wird in der ersten Periode ein Teil des Einkommes B gespart, so verbleibt B − X1 , welches zu einem Zinssatz r angelegt werden kann. Das Budget in der zweiten Periode, das vollständig konsumiert werden kann, ist daher (208) X2 = (1 + r) (B − X1 ) . Die Steigung der Budgetgeraden lautet daher: dX2 = −(1 + r) . dX1 (209) Die Nutzenfunktion lautet U(X1 , X2 ). Sie habe wie angenommen konvexe Indifferenzkurven. Konvexe Indifferenzkurven bedeutet Minderschätzung einseitiger Konsumgüterbündel. Während es bei dem Konsum von Güterbündeln in einer Periode oder der Aufteilung der Tageszeit in Arbeitszeit und Freizeit durchaus Sinn machen könnte, jeweils einseitige Güterbündel zu wählen, ist es bei der Sparentscheidung sofort klar, dass man nicht ohne jeden Konsum in einer Periode auskommen kann, es sei denn, man wolle verhungern. Außerdem bedeuten konvexe Indifferenzkurven eine Minderschätzung zukünftiger Bedürfnisse, da der Optimumpunkt mehr zum Gegenwartskonsum orientiert ist (zumindest, wenn r = 0). Dies mag an der mangelnden Fähigkeit des Menschen liegen, sich vorzustellen, dass die Zukunft sozusagen die Gegenwart von morgen ist. Auch weil der Konsument nie weiß, ob er den Zeitpunkt des zukünftigen Konsums überhaupt erlebt. Die Minderschätzung 118 des zukünftigen Bedürfnisses wird durch die Grenzrate der Substitution der zukünftigen Konsumausgaben X2 durch die gegenwärtigen X1 gemessen: dU = U1 dX1 + U2 dX2 = 0 ⇒ dX2 U1 =− = −(1 + z) . dX1 U2 (210) z ist der subjektive Zeitdiskontfaktor. Dieser Faktor gibt an, wie stark der Haushalt den Gegenwartskonsum gegenüber dem Zukunftskonsum präferiert. Auf dem Markt werden Zukunftskonsum und Gegenwartskonsum im Verhältnis 1 + r getauscht. Der Konsument trifft eine intertemporale Allokationsentscheidung optimal, wenn sein individuelles Austauschverhältnis (subjektiver Zeitdiskontfaktor) mit dem Austauschverhältnis am Markt (objektiver Zeitdiskontfaktor) übereinstimmt, d.h. wenn: (211) r=z . K o n s u m in P e rio d e 2 4 5 B (1 + r) 0 c B d a B A K o n s u m in P e rio d e 1 Steigt der Zinssatz, so dreht sich die Budgetgerade um den Schnittpunkt mit der Abszisse nach außen. Im Fall ohne Zinsen ist a der optimale Konsumpunkt. Ist r > 0, so wird stattdessen c gewählt. Auch hier kann man den Substitutionseffekt a → d und den Einkommenseffekt d → c unterscheiden. In diesem Beispiel ist X1 ein inferiores Gut (Einkommenseffekt positiv). Im Prinzip kann ein negativer Einkommenseffekt für X1 auch den Substitutionseffekt überwiegen, so dass es zu einem Rückgang der Ersparnis S = B − X1 119 kommen kann. Wird der Zinssatz über die Ersparnis aufgetragen, so sind also alle Möglichkeiten gegeben. Entweder eine fallende (S3 ), steigende (S1 ) oder sogar Z in s s a tz S S 3 2 S 1 E rs p a rn is konstante Sparfunktion (S2 ). Steigt der Zinssatz, so dreht sich die Budgetgerade im Uhrzeigersinn um den Abszissenpunkt. Die Ersparnis steigt dann, wenn X1 abnimmt und damit ein möglicher negativer Einkommenseffekt den Substitutionseffekt nicht überwiegt. Werden Kreditaufnahme und Ersparnis simultan betrachtet, dann bedeutet eine negative Ersparnis somit eine Kreditaufnahme. Auf einem perfekt funktionierenden Kapitalmarkt macht es keinen Unterschied, ob man spart oder einen Kredit aufnimmt, der Zinssatz ist in beiden Fällen gleich. Zusätzlich nehmen wir an, dass der Konsument in jeder Periode ein bestimmtes Einkommen B1 und B2 erhält. Wie vorher lautet die Ersparnisgleichung: (212) X1 = B1 − S . Für die zweite Periode lautet das verfügbare Einkommen: (213) X2 = B2 + (1 + r) S , wobei nun im Gegenteil zum vorherigen Fall ein eigenständiges Einkommen B2 in Periode 2 hinzukommt. Wird nach S aufgelöst, so lautet die Budgetgerade: X1 + B2 X2 = B1 + =V . (1 + r) (1 + r) 120 (214) V ist der Barwert des in beiden Perioden zusammen verfügbaren Einkommens. Der Barwert ist der diskontierte Betrag des Einkommens (1 + r) V in Periode 2. Die Budgetgerade hat also den Abszissenschnittpunkt V und den Ordinatenschnittpunkt V (1 + r). Im Punkt A sei weder eine Ersparnis noch Kreditaufnahme getätigt. Somit lautet das Einkommen in Periode 1 B1 und in Periode 2 B2 . Durch Kreditaufnahme ließe sich also maximal V in Periode 1 konsumieren, wobei das Einkommen in Periode 2 dann null wäre. Umgekehrt wäre eine totale Ersparnis möglich, die dann zu einem Einkommen (1 + r) V in Periode 2 führen würde. Wie bereits erläutert, sind diese Randlösungen bei konvexen Indifferenzkurven jedoch ausgeschlossen. Ändert sich der Zinssatz, so dreht sich die Budgetgerade um den Punkt A. Ändern sich B1 oder B2 , so verschiebt sich der Punkt A. Im vorherigen Beispiel (ohne Kreditaufnahme) befand sich der Punkt A im Abszissenschnittpunkt, da B2 = 0 und B1 = B. Dort gab es nicht die Möglichkeit in Periode 1 einen Kredit aufzunehmen, der in Periode 2 (mit B2 ) zurückgezahlt werden konnte. K o n s u m in P e rio d e 2 V (1 + r) V * (1 + r*) B A 2 B 3.18 1 V V * K o n s u m in P e rio d e 1 Die Anlageentscheidung im Allgemeinen Man unterscheidet das Humankapital, das Sachkapital und das Finanzkapital. Humankapital ist die Fähigkeit des einzelnen Menschen, Arbeitseinkom121 men zu erzielen. Es kann durch Erlernung verschiedener Berufe oder Fähigkeiten oder durch Weiterbildung erhöht werden. Im Prinzip stellt auch die Erziehung von Kindern eine Investition in Humankapital dar. Entscheidungen über Humankapital werden überwiegend von Konsumenten getroffen, während die Entscheidung über das Sachkapital überwiegend von Unternehmen getroffen wird. Bei Konsumenten stellt das Sachkapital vielleicht die eigene Wohnung oder das eigene Auto dar. Man unterscheidet Konsumgüter und Investitionsgüter. Ausschlaggebend für diese Entscheidung ist der Zeitraum, in dem diese Güter genutzt werden sollen. Auch der Informationsaspekt spielt eine wichtige Rolle. Bei Konsumgütern, die innerhalb einer begrenzten Zeit (kurze Periode) aufgebraucht werden (meist eine Periode), handelt es sich um Entscheidungen unter Sicherheit, während es sich bei Investititionsgütern, die über mehrere Perioden (lange Periode) genutzt werden, eher um Entscheidungen unter Unsicherheit handeln mag. Auch die Transaktionskosten sind höher (man denke an Gebühren für die Auflassung, TÜV, etc.). Dennoch ist Sachkapital liquider als Humankapitel, da letzteres im Prinzip nicht veräußert werden kann. Die flexibelste Form der Anlage von Ersparnissen stellt das Finanzkapital dar. Deren Transaktionskosten sind vergleichsweise niedrig. Gemeinsam ist allen Arten der Vermögensakkumulation, dass die Erträge sich über einen mehr oder minder langen, zukünftigen Zeitraum verteilen und dass die Erträge unsicher sind. Die einzelnen Anlageobjekte unterscheiden sich a) durch die Höhe des erwarteten Ertrages b) das Risiko c) die Liquidität d) die steuerliche Behandlung. Die Liquidität bilden die Kosten am Markt beim Verkauf des entsprechenden Gutes. Berücksichtigt man diese Transaktionskosten bereits bei der Berechnung der Erträge, kann man im Grunde auf das Kriterium der Liquidität verzichten. Auch die steuerliche Behandlung von Investitionen lässt sich in die Ertragsgröße einbeziehen. Das Entscheidungsproblem reduziert sich somit auf ein Abwägen zwischen den beiden Größen Nettoertrag und Risiko. Entscheidend war die Erkenntnis in Kapitel 3.6.1, dass bei einer Entscheidung unter Unsicherheit (unvollständige Information) ein risikoscheuer Anleger seinen Nutzen erhöhen kann, wenn er sein Vermögen streut, also auf 122 verschiedene Anlagen verteilt, sofern die Erträge nicht oder nur schwach miteinander korreliert sind. Eine Diversifikation im Humankapital ist relativ schwierig. Das Sachkapital (Wohnung oder Auto) ist ebenso schwer zu streuen. Die große Masse der Konsumenten steht also vor dem Problem, dass sie nur sehr geringe Möglichkeiten zur Diversifikation besitzen. Ebenso spielt das Finanzkapital für diese Anleger eine eher untergeordnete Rolle gemessen an der Höhe der anderen Anlagen. Es wäre für den Anleger daher von Vorteil, wenn er sich gegen das Ertragsrisiko versichern könnte. Da der Markt keinen gesellschaftlich optimalen Versicherungsschutz anbieten kann, stellt sich die Frage, ob der Staat die Anlageentscheidungen der Haushalte regulieren sollte. 3.19 Sonstige Entscheidungen Es lassen sich verschiedenste Entscheidungen mit dem Kalkül des Rationalverhaltens erklären. Problematisch wird es nur dann, wenn man den Nutzen schwer in Geld bewerten kann, was bei Konsumgütern noch wenigstens über die Zahlungsbereitschaft möglich war. Wie ist es aber beim Beruf, wo so Kriterien wie Zufriedenheit beim Ausüben eine wichtige Rolle spielen? Oder bei der Wahl des Wohnortes, wo neben den geldwerten Kriterien Lebenshaltungskosten, Fahrtkosten, Verdienstmöglichkeiten auch solche wie Freizeitwert, Versorgung mit öffentlichen Gütern, Klima oder Umgebung eine Rolle spielen? Betrachten wir einmal die Anzahl der Kinder: Während in Entwicklungsländern Kinder oft aus monetären Gründe gezeugt werden, um nämlich den Unterhalt der älteren Generationen zu finanzieren, wirft das „Investitionsgut“, Kind in den seltensten Fällen monetäre Erträge ab (Vom Standpunkt der Gesellschaft aus gesehen, könnte man die monetären Erträge als Differenz zwischen jenem Betrag definieren, welchen die Kinder nach ihrem Eintritt ins Erwerbsleben bis zum Tode zur Gütererzeugung in der Volkswirtschaft leisten, abzüglich des Wertes jener Güter, die sie in diesem Zeitraum selber konsumieren). Daher spielen andere Gesichtspunkte eine Rolle, wie z.B. das Lohnniveau, besonders wenn Frauen vermehrt in den Arbeitsmarkt drängen. Aber auch die Sachausgaben (Babynahrung, Spielsachen, Designermode) sind gestiegen, womit insgesamt die Opportunitätskosten der Kindererziehung steigen. Dieses Problem ließe sich dann also mit Hilfe von Einkommens123 oder Substitutionseffekten erklären, wenn Kinder quasi ein „Konsumgut“ darstellen. In beiden Fällen (Investition oder Konsum), lässt sich der Rückgang der Geburtenrate durchaus mit Hilfe des Modells rationaler Entscheidungen erklären. Betrachten wir einmal die Wahl des Partners: Ist es nicht das Ergebnis unserer freien Gesellschaft, dass wir den Partner rein nach Gefühl unabhängig durch Gesetz, Tradition oder Klassenschranken wählen können? Spielen aber Harmonie oder gleiche Interessen der Partner eine Rolle, welche zu einer eher glücklichen Partnerschaft führen können, so lässt sich erklären, warum heute in den meisten Partnerschaften beide Partner aus einem annähernd gleichen ökonomischen Umfeld kommen. Offenbar handeln die Menschen rational, wenn sie ähnliche Partner präferieren, weil sie sich dadurch eine bessere Stabilität der Partnerschaft versprechen. Ebenso spielen ja auch die Informationskosten eine Rolle. Dort, wo die Informationskosten relativ hoch sind, wäre es rational, die Wahl auf bestimmte Kriterien einzuschränken, allein aus Gründen der Effizienz. Damit lässt sich auch dieses Verhalten mit dem Standardmodell rationalen Verhaltens erklären, was nicht bedeutet, dass das Verhalten selbst rational ist im Sinne eines bewussten Abwägens. Man mag es nicht glauben, aber selbst die Entscheidungen eines Süchtigen lassen sich durch das Modell rationalen Entscheidungsverhaltens erklären. Aber der Süchtige ist nicht frei in seiner Entscheidung. Er muss seine Sucht befriedigen. Wird der Süchtige nicht trotzdem rational abwägen, ob er zunächst seine Sucht befriedigt oder zunächst andere Bedürfnisse in den Vordergrund stellt? Wird er nicht den preisgünstigsten Anbieter wählen? Die Aussage, dass Preisänderungen bei normalen Gütern zu entgegengesetzten Nachfrageänderungen führen, lässt sich auch auf Drogenmärkten beobachten. Anderenfalls wäre jede Drogenpolitik, welche die Nachfrage über die Preise zu beeinflussen versucht, vergeblich. Der Unterschied zwischen einer rein intuitiven Bewertung und einer solchen, die auf Rationalverhalten gründet, ist, dass in der ökonomischen Bewertung die Zielsetzung des Handelnden nicht Gegenstand der Bewertung ist. Für den Nichtökonomen drückt sich die Irrationalität des Süchtigen darin aus, dass er seiner Sucht nachgibt. Für den Ökonomen handelt der Süchtige irrational, wenn er seine Ressourcen nicht so einsetzt, dass er seine Bedürfnisse möglichst gut befriedigt. Die Bedürfnisse, auch das Bedürfnis nach Suchtmitteln, betrachtet der Ökonom als gegeben und nicht seiner Bewertung unterliegend. 124 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Erklärungswert eines gegebenen Verhaltens durch das Modell des Rationalverhaltens nicht sofort verneint werden sollte. Auch ist dieses Modell nicht nur auf Entscheidungen anwendbar, die unmittelbar in geldwerten Einheiten gemessen werden können. Allerdings bereitet letzteres zusätzliche Schwierigkeiten. 4 Die Firma Die Firma ist ein Wirtschaftssubjekt, das Güter für den Markt produziert. Man kann sie sich als eine Transformationsinstitution vorstellen, die mit Hilfe von Produktionsfaktoren als Input bestimmte Güter als Output erzeugt. Haushalte produzieren zwar auch Güter, aber nur für den eigenen Bedarf. Öffentliche Haushalte produzieren Güter, die der Allgemeinheit ohne spezielles Entgelt zur Verfügung gestellt werden. Mathematisch geht es darum wie bei den Haushalten, ein bestimmtes Ziel zu erreichen unter bestimmten Restriktionen. Das Ziel der Firma stellt die Maximierung des Gewinns innerhalb einer Produktionsperiode dar, die den Zeitraum umfasst zwischen Aufnahme der Produktion bis zur Fertigstellung der geplanten Produktmenge. Dabei muss sie eine technische und eine ökonomische Restriktion beachten. Die technische Restriktion zwingt sie zur Anwendung effizienter Produktionstechniken, die durch eine Produktionsfunktion beschrieben wird, die als Variablen die Produktionsfaktoren besitzt und eine bestimmte Produktmenge liefert. Eine Produktion ist nur dann effizient, wenn es kein alternatives Produktionsverfahren gibt, mit dem es gelingt, die gleiche Produktmenge mit weniger Inputfaktoren zu erzeugen, ohne von irgendeinem anderen Produktionsfaktor eine größere Menge zu verbrauchen. Wir nehmen dies als gegeben an und betrachten ausschließlich effiziente Produktionsverfahren. Die ökonomische Restriktion besteht in der Wahl der Produktmenge bzw. der Inputfaktoren mit denen sie zu geringsten Kosten herstellen kann. Aus der Vielzahl der effizienten Möglichkeiten, eine bestimmte Endproduktmenge zu erzielen, wird die gewinnmaximale Firma also genau diejenige auswählen, mit der das Produktionsziel zu geringsten Kosten erreicht wird. Letztlich ergibt sich das Ziel der Gewinnmaximierung, indem mit diesem kostenminimalen Verfahren die Produktmenge hergestellt wird, die den Gewinn als Differenz zwischen dem Erlös (als Produkt der Produkt125 menge mal Marktpreis) und den Kosten, maximiert. Weitere Restriktionen wären z.B. Finanzierungsrestriktionen oder Restriktionen, die sich aus dem Verhalten der Konkurrenten ergeben. Von solchen Restriktionen wird abgesehen. Es wird unterstellt, dass die Firma jede Produktmenge zu dem am Markt herrschenden Preis absetzen kann und jede Faktormenge zu den am Markt geltenden Preisen einkaufen kann d.h. es besteht vollständige Information. Außerdem nehmen wir vereinfachend an, dass genau ein Produkt hergestellt wird. 4.1 Die Produktionsfunktion Die Produktionsfunktion beschreibt ein technisch effizientes Produktionsverfahren, mit dem bestimmte Inputs oder Inputfaktoren zu einem Output, der erzeugten Produktmenge kombiniert werden. Als Inputfaktoren betrachten wir hier nur den Faktor Arbeit L und den Faktor Kapital C (Maschinen, Fabrikhallen, Bürogebäude, etc.), die in bestimmten Mengen zu einem Output Q führen: (215) Q = f (L, C, V L) . Von den Vorleistungen (Rohstoffe oder Halbfabrikate, auch Hilfs- und Betriebsstoffe), die in die Produktion eingehen, wollen wir abstrahieren, um das Problem so einfach wie möglich zu machen d.h.: (216) Q = f (L, C) . Im Prinzip handelt es sich um Stromgrößen. Da wir aber eine bestimmte fixe Periodenlänge betrachten (z.B. 1 Jahr), können wir diese auch durch Bestandsgrößen gedanklich ersetzen. Die Produktionsfunktion soll so allgemein sein, dass sie für eine Reihe unterschiedlichster Produktionsprozesse (Autofabrik, Chemiefabrik, Bank, Arztpraxis, etc.) verwendbar ist. Obwohl die Produktionsfunktionen zwischen verschiedenen Branchen sicher sehr unterschiedlich sind, gelten die allgemeinen Regeln, die im Folgenden dargestellt werden, wohl für alle solche Produktionsfunktionen. Wir wollen uns im Einzelnen befassen mit der Wirkung bestimmter Faktormengenveränderungen auf die Produktionsmenge. Dabei unterscheiden wir: • proportionale oder totale Faktorvariation (alle Faktoren werden mit einem konstanten Faktor multipliziert) 126 • partielle Faktorvariation (die Einsatzmenge eines einzelnen Faktors wird variiert, während alle anderen konstant gehalten werden) • substitutionale Faktorvariation (Bei konstanter Produktmenge (Output) wird untersucht, wie die Einsatzmenge eines Faktors durch die eines anderen substituiert werden kann) 4.1.1 Totale Faktorvariation Werden die Einsatzmengen aller Faktoren proportional erhöht, dann kann der Output entweder unterproportional, proportional oder überproportional steigen. O u tp u t s te ig e n d e S k a le n e rträ g e k o n s ta n te S k a le n e rträ g e s in k e n d e S k a le n e rträ g e P ro p o rtio n a litä ts fa k to r Man spricht von sinkenden, konstanten und steigenden Skalenerträgen. Die Kurve, die den Output über den Proportionalitätsfaktor aufträgt, wird als Niveauertragskurve bezeichnet. Die entsprechende Funktion heißt Niveauertragsfunktion. Ein Abfall des Outputs bei steigender Faktormenge wird ausgeschlossen, da nur technisch effiziente Produktionsverfahren betrachtet werden. Die Annahme von homogenen, beliebig teilbaren und unbegrenzt verfügbaren Produktionsfaktoren ist sicherlich sehr fraglich, da in der Realität Faktoren (z.B. Arbeitnehmer) nicht beliebig teilbar sind und auch nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen. Zu steigenden Skalenerträgen kommt es z.B. dann, wenn zuvor die Faktoren noch nicht ausgelastet waren d.h. es existierte z.B. eine Fabrikhalle, in der noch zusätzliche Maschinen Platz haben. Zu sinkenden Skalenerträgen kann es kommen, wenn durch mehr Faktoren diese sich 127 gegenseitig behindern oder es zu „Überfüllung“ und der Behinderung des Arbeitsablaufes kommt. Im Prinzip könnte man diesen Effekt auch durch Änderung der Produktionsverfahren modellieren, also durch Änderung der Produktionsfunktion selbst beschreiben. Es handelt sich bei steigenden Skalenerträgen also quasi um eine Änderung der Produktionsfunktion bei konstanten Skalenerträgen. Die Betrachtung steigender bzw. fallender Skalenerträge ersetzt im Grunde eine solche Theorie. Eine wichtige Klasse von Funktionen ist die der homogenen Funktionen, für die gilt: µh Q = µh f (L, C) = f (µ L, µ C) . (217) Homogene Funktionen haben die Eigenschaft, dass sich für h = 1 konstante, für h < 1 sinkende und für h > 1 steigende Skalenerträge ergeben. Umgekehrt gilt dies jedoch nicht d.h. Produktionsfunktionen müssen nicht unbedingt homogen sein, um steigende, konstante oder sinkende Skalenerträge zu besitzen. Davon bedeutend ist wiederum die linear-homogene Funktion mit h = 1. Betrachten wir nämlich streng monoton steigende Transformationen F (Q) einer linear-homogenen Funktion, so lassen sich viele Eigenschaften wie steigende (F ′ > 0, F ′′ > 0) und sinkende (F ′ > 0, F ′′ < 0) Skalenerträge abbilden, während dabei alle positiven Eigenschaften, die für linear-homogene Funktionen gelten, geerbt werden. Streng monotone Transformationen F ′ (Q) > 0 einer linear-homogenen Funktion bezeichnet man als eine homothetische Funktion. Solche Funktionen stellen Verallgemeinerungen der homogenen Funktionen dar, die die linear-homogene Funktion als Sonderfall enthalten. Die Skalenelastizität wird ermittelt durch: ǫQ,µ = dQ Q dµ µ = dQ µ . dµ Q (218) Sie ist bei einer homogenen Funktion aufgrund: Q = µh Q̄ ⇒ dQ dµ = h µh−1 Q̄ ⇒ dQ µ dµ Q =h gleich dem Homogenitätsgrad h. 128 Erfolgt die Produktion in einer Branche unter steigenden Skalenerträgen, so besteht die Gefahr der Bildung eines natürlichen Monopols, da mit steigender Größe des Unternehmens die Kosten (als Spiegelbild des Outputs) unterproportional zunehmen. Nach einer Untersuchung von Douglas hatten die meisten Unternehmen der untersuchten Branchen im Zeitraum 1900-1922 in der amerikanischen Wirtschaft allerdings konstante Skalenerträge. 4.1.2 Partielle Faktorvariation Wird in der Produktionsfunktion ein Faktor konstant gehalten und der andere variiert, so wird aus der Produktionsfunktion eine Ertragsfunktion z.B.: (219) Q = g(L) = f (L, C̄) . Die entsprechende Kurve heißt Ertragskurve. Die partielle Ableitung nach dem variablen Faktor führt zur Grenzertragsfunktion: ∂Q = g ′ (L) . (220) ∂L Die Durschnittsertragsfunktion wird bestimmt durch: Q g(L) = (221) L L und ergibt die Durchschnittsertragskurve. Der Durchschnittsertrag wird oft als Produktivität bezeichnet d.h. die Arbeitsproduktivität entspricht dem Output pro eingesetzter Arbeitseinheit. Wir wollen im weiteren 4 wichtige Produktionsfunktionen behandeln. 4.1.3 Partielle Faktorvariation-lineare Produktionsfunktion Eine lineare Produktionsfunktion lautet: Q = αL + βC mit α, β > 0 . (222) Bei partieller Faktorvariation gilt: ∂Q Q C̄ Q = α L + β C̄ , = α, =α+β . (223) ∂L L L Der Grenzertrag ergibt sich über die Steigung der Ertragskurve und ist hier konstant. Der Durchschnittsertrag ergibt sich als Steigung des Fahrstrahls zur Ertragskurve vom Ursprung aus (Winkel γ). Dort, wo der Grenzertrag abnimmt, muss der Durchschnittsertrag auch abnehmen. In diesem Fall läuft die Durchschnittsertragskurve asymptotisch gegen die Grenzertragskurve, wobei sie bei L → 0 eine unendliche Steigung besitzt. 129 D u rc h s c h n itts e rtra g s k u rv e E rtra g a b C a E rtra g s k u rv e G re n z e rtra g s k u rv e g A rb e it 4.1.4 Partielle Faktorvariation-linear-limitationale Produktionsfunktion Auch hier besteht zwischen Input und Output eine lineare Beziehung, aber der Output wird bestimmt durch den Engpassfaktor. Diese Faktorproduktivität sei πL (oder πC ). Deren Kehrwert π1 wird auch als Inputkoeffizient bezeichnet. E rtra g p A rb e it K a p ita l is t E n g p a s s fa k to r E rtra g s k u rv e L p D u rs c h n itts e rtra g s k u rv e L p C C p L G re n z e rtra g s k u rv e A rb e it Die Produktionsfunktion lautet: Q = min{πL L, πC C} . (224) Unterhalb einer Grenze lässt sich z.B. durch Steigung von L bei konstantem 130 C̄ der Output vergrößern: Q = πL L für πL L ≤ πC C̄ . (225) Der Grenzertrag und Durchschnittsertrag lautet πL . Links von der optimalen Menge πC C̄ = πL L wird Kapital verschwendet, rechts davon der Faktor Arbeit. Folglich gehört streng genommen nur diese optimale Menge zur Produktionsfunktion, da alle anderen Produktionsverfahren technisch ineffizient sind. 4.1.5 Partielle Faktorvariation-neoklassische Produktionsfunktion Neoklassische Produktionsfunktionen besitzen einen fallenden Grenzertrag. Die Ertragskurve ist also konkav gekrümmt und die Durschnittsertragskurve liegt oberhalb der Grenzertragskurve. Es gilt also: 1. positive Steigung: Q Q , L C > 0. 2. abnehmendes Grenzprodukt, also: QLL , QCC < 0. E rtra g a b E rtra g s k u rv e g > b D u rc h s c h n itts e rtra g s k u rv e a G re n z e rtra g s k u rv e g A rb e it Eine neoklassische Produktionsfunktion hat große Bedeutung in der Mikroökonomik. Es ist intuitiv einsichtig, dass bei geeignet großer Steigerung der Einsatzmenge eines Faktors - bei Konstanz aller übrigen Faktoren - der Ertragszuwachs kleiner werden und schließlich gegen null konvergieren muss. Ein anderer Fall tritt ein, wenn die verwendete Einsatzmenge eines Faktors mit einer Änderung der Produktionstechnik einhergeht. Diesen Fall schließen wir aber aus, da die Produktionsfunktion als unverändert angenommen wird. 131 4.1.6 Partielle Faktorvariation-ertragsgesetzliche Produktionsfunktion Ertragsgesetzliche Produktionsfunktionen unterscheiden sich von neoklassischen Produktionsfunktionen dadurch, dass bei hinreichendem Einsatz eines Faktors L > L1 (C̄) (bzw. C > C1 (L̄)) der Grenzertrag ebenfalls abnimmt d.h. QLL < 0 (bzw. QCC < 0), für geringe Einsatzmengen L < L1 (C̄) (bzw. C < C1 (L̄)) hingegen die Grenzprodukte steigend sind d.h. QLL > 0 (bzw. QCC > 0). E rtra g G re n z e rtra g s k u rv e E rtra g s k u rv e D u rc h s c h n itts e rtra g s k u rv e g L 1 L 2 A rb e it Die Ertragskurve hat einen S-förmigen Verlauf. Grenzertrags- und Durchschnittsertragskurve haben einen umgekehrten U-förmigen Verlauf. Bei L1 befindet sich der Wendepunkt der Ertragskurve, der den steigenden vom fallenden Bereich abgrenzt. Folglich nehmen die Grenzerträge ab L1 ab, während sie in L1 ihr Maximum erreichen. Dort, wo der Durchschnittsertrag (Steigung des Fahrstrahls vom Ursprung) mit der Steigung der Ertragskurve übereinstimmt (L2 ), sind Grenzertrag und Durchschnittsertrag identisch. Da die Grenzerträge rechts von L1 abnehmen, muss der Durchschnittsertrag auch rechts von L2 abnehmen, da, wenn jede marginale Einheit geringeren Ertrag abwirft, automatisch auch der Durchschnittsertrag abnehmen muss. 132 4.1.7 Substitionale Faktorvariation Es kann der Fall auftreten, dass ein Faktor durch einen anderen ersetzt (substituiert) werden soll. Je nach Produktionsfunktion ist der Grad der Substituierbarkeit unterschiedlich. Dazu betrachten wir so genannte Isoquanten, die das Verhältnis der Faktormengen bei gegebener Outputmenge abbilden: (226) L = g(C, Q̄) . A rb e it D L D C Q Q 2 1 K a p ita l Die Grenzrate der Substitution des Faktors Arbeit durch den Faktor Kapital wird durch den Anstieg der Isoquante bestimmt. Die Grenzrate der Substitition ist negativ, das der Einsatz des Faktors Arbeit sinkt, wenn der des Faktors Kapital erhöht wird. Es gilt: dQ = ∂f ∂f dL + dC = 0 . ∂L ∂C (227) Also gilt für die Steigung der Isoquante: dL fc =− . dC Q̄ fL (228) Definieren wir: GRS(L, C) := − dL , dC Q̄ (229) dann ist die GRS positiv. Da f (L, C) eine Funktion der Faktoren ist, ist die GRS nicht konstant, sondern ändert sich mit dem Einsatzverhältnis der 133 Faktoren. Dass die GRS abnimmt, wenn bereits eine große Menge eines Faktors vorhanden ist, bezeichnet man dies auch als das Gesetz von der abnehmenden Grenzrate der Substitution. Dies folgt aus der Abnahme der Grenzprodukte eines Faktors (fLL , fCC < 0) und dem steigenden Grenzprodukt eines Faktors, wenn die Einsatzmenge eines anderen Faktors erhöht wird (fLC , fCL > 0), denn: ∂ ffCL ∂GRS(L, C) fL fCC − fC fLC = = <0. ∂C ∂C (fL )2 (230) Unter dieser Annahme besitzt die Produktionsfunktion konvexe Isoquanten. Man erkennt Parallelen zur Haushaltstheorie, aber im Unterschied dazu ist die Produktmenge kardinal messbar (Nutzen dort ordinal messbar) und die Firma verfolgt auch nicht das Ziel der Outputmaximierung (dort Nutzenmaximierung). 4.1.8 Die Substitutionselastizität Die Krümmung der Isoquanten drückt aus, wie “leicht“ oder wie „schwer“ ein Faktor gegen einen anderen ausgetauscht werden kann. Ein Maß dafür ist die Substitutionselastizität ǫsub . Sie gibt die prozentuale Änderung des Faktoreinsatzverhältnisses an, die mit einer prozentualen Änderung der Grenzrate der Substitution einhergeht: ǫsub (L, C) = d(L/C) L/C d(fC /fL ) fC /fL = d(L/C) fC /fL >0. d(fC /fL ) L/C (231) Sowohl der Nenner als auch der Zähler nehmen ab, wenn mit sinkendem Faktoreinsatzverhältnis die GRS abnimmt. Damit ist ǫsub positiv. ǫsub ist keine Konstante, sondern entlang der Kurve veränderlich. Lediglich bei der Klasse der CES-Funktionen ist ǫsub konstant. Je steiler die Isoquante gekrümmt ist, desto kleiner ist ǫsub . • Bei linearer Produktionsfunktion (a) ist ǫsub = ∞, da die Substitution perfekt ist. • Bei neoklassischen Funktionen gilt 0 < ǫsub < ∞. (c) ist stärker gekrümmt als (b). • Bei ertragsgesetzlichen Funktionen ist nur der Bereich sinnvoll, in dem fC , fL > 0 ist. Auch hier gilt 0 < ǫsub < ∞. 134 • Bei linear-limitationalen Funktionen ist ǫsub = 0, da keine Substitution möglich ist. Streng genommen besteht diese Funktion nur aus einem Punkt, da nur dieser eine effiziente Produktion beschreibt. A rb e it e d a b c K a p ita l Wird der Begriff des Faktors eng genug definiert, so kann die Substitutionselastizität zwischen den Faktoren sehr groß sein, Man denke an die Substitution von „Männerarbeit“ durch „Frauenarbeit“ . Dies kann durch lineare Produktionsfunktionen gut abgebildet werden. Das andere Extrem stellen linear-limitationale Produktionsfunktionen dar, bei denen die Substitution unmöglich ist. Man denke hier an die chemische Industrie, wo die Faktormengen in exakt festgelegten Proportionen eingesetzt werden oder bei kurzfristigen Bedingungen, wo die Kopplung zwischen Faktoren noch sehr starr ist. Bei der chemischen Industrie z.B. findet die Substitution dann nicht innerhalb eines Produktionsverfahrens, sondern zwischen den Verfahren statt. In der Mikroökonomik bedient man sich allerdings eher substitutionalen Produktionsfaktoren. In der Betriebswirtschaftslehre modelliert man Produktionsprozesse dagegen sehr häufig durch linear-limitationale Produktionsfunktionen. 4.1.9 Spezielle Produktionsfunktionen Wir wollen im Folgenden noch einmal die bisher behandelten Produktionsfunktionen zusammenfassen und ihre Ertragskurven und Isoquanten grafisch darstellen. Danach werden wir zwei spezielle wichtige Sonderfälle, nämlich 135 die Cobb-Douglas- und die CES-Funktion detailliert besprechen. A rb e it E rtra g K a p ita l A rb e it Abbildung 4: Ertragskurven und Isoquanten einer linearen Produktionsfunktion. A rb e it E rtra g A rb e it K a p ita l Abbildung 5: Ertragskurven und Isoquanten einer linear-limitationalen Produktionsfunktion. Wollen wir ein bestimmtes Produktionsverfahren modellieren, so müssen wir bestimmten Produktionsfunktionen wählen und deren Parameter schätzen. Letzteres wird mit den Methoden der empirischen Wirtschaftsforschung, insbesondere den Methoden der Ökonometrie, möglich. Die Ökonometrie hat auch eine Reihe von Verfahren entwickelt, mit denen bestimmt werden kann, wie zuverlässig derartige Schätzungen sind. Die Kombination von Substitutions- und Skalenelastizität bei einigen wichtigen Produktionsfunktionen ist in der folgenden Tabelle angegeben: 136 A rb e it E rtra g K a p ita l A rb e it Abbildung 6: Ertragskurven und Isoquanten einer neoklassischen Produktionsfunktion. A rb e it E rtra g K a p ita l Abbildung 7: Ertragskurven und Isoquanten einer ertragsgesetzlichen Produktionsfunktion. =0 =1 0<·<∞ 0<·<∞ linearlimitational neoklassisch ertragsgesetzlich Cobb-Douglas CES × × Cobb-Douglas CES × Cobb-Douglas CES × ǫsub ǫQ,µ >1 =1 <1 4.1.10 =∞ linear × - Die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion Für zwei Faktoren hat diese Funktion die Form: Q = f (L, C) = γ Lα C β mit α, β, γ > 0 . 137 (232) Die Produktionselastizitäten lauten: ∂Q ∂L Q L = α bzw. ∂Q ∂C Q C (233) =β . Q ist das Grenzprodukt des Faktors Arbeit. Für ǫsub folgt mit: L fC = β γ Lα C β−1 = β ∂ ∂ L dL dC C = − , L L C C fC βL ∂ fL αC = βL = fC fL αC f , C fL = α γ Lα−1 C β = α f , L (234) (235) dL dC − . L C (236) ǫsub = 1. Die Wahl einer Cobb-Douglas-Funktion zur Beschreibung der Gesetzmäßigkeiten eines Produktionsprozesses schränkt die Wahl der darauf basierenden Aussagen nicht unerheblich ein. Erst wenn eine Schätzung ergibt, dass die Substitutionselastizität in der Nähe von eins liegt, kann man mit der mathematisch einfachen Cobb-Douglas-Funktion arbeiten. Die Skalenelastizität ermittelt sich gemäß: ǫQ,µ = dQ dµ Q µ (237) . Da f (µ L, µ C) = γ (µ L)α (µ C)β = γ µα+β Lα C β = f (L, C) µα+β , (238) ist ǫQ,µ = α + β µα+β−1 f =α+β . µα+β−1 f (239) Für α+β = 1 besitzt diese Produktionsfunktion also konstante Skalenerträge. Außerdem ist die Cobb-Douglas-Funktion homogen, wie (238) beweist. Der Homogenitätsgrad ist h = α + β. 138 4.1.11 Die CES-Produktionsfunktion Die CES-Funktion lautet: h (240) Q = γ [α L−ρ + (1 − α) C −ρ ]− ρ . CES steht für Constant Elasticity of Substitution. α (0 < α < 1) ist ein Kompositionsfaktor, ρ > −1 bestimmt die Substitutionselastizität, h > 0 den Homogenitätsgrad und γ > 0 ist eine Niveaukonstante. Der Homogenitätsgrad ermittelt sich tatsächlich zu: h Q(µ L, µ C) = γ [α (µ L)−ρ + (1 − α) (µ C)−ρ]− ρ h = γ [µ−ρ (α L−ρ + (1 − α) C −ρ )]− ρ = µh Q(L, C) . (241) Die Substitutionselastizität ergibt sich zu: 1 . ǫsub = 1+ρ (242) Für ρ → −1 wird die CES-Funktion zu einer linearen Funktion: (243) Q = γ [α L + (1 − α) C] mit ǫsub = ∞. Für ρ → 0 ergibt sich die Cobb-Douglas-Funktion, für ρ → ∞ geht die CES-Funktion in eine linear-limitationale Funktion über. Die CES-Funktion enthält also die lineare, die linear-limitationale und die Cobb-Douglas-Funktion als Spezialfälle. Ist der Wert der Substitutionselastizität unbekannt, so sollte man lieber mit einer Produktionsfunktion arbeiten, welche unterschiedliche Werte zulässt. Die Verallgemeinerung der CES-Funktion auf eine VES-Funktion (Variable Elasticity of Substitution) ist ebenso möglich. 4.1.12 Homogene und homothetische Produktionsfunktionen Bei homogenen Funktionen hängt die Grenzrate der Substitution nicht vom Niveau der Produktion ab, sondern nur von Faktoreinsatzverhältnis. Das bedeutet, dass im L−C-Diagramm auf einer Ursprungsgeraden (der so genannten Isoklinen), auf der definitionsgemäß das Faktoreinsatzverhältnis konstant ist, die GRS in allen Schnittpunkten mit Isoquanten, die durch diese Gerade 139 geschnitten werden, gleich sind. Kennt man die GRS für ein Outputniveau und bleibt das Faktoreinsatzverhältnis konstant, so kennt man die GRS für jedes Outputniveau. A rb e it Is o k lin e 1 Is o k lin e 2 K a p ita l Die Abstände zwischen den Isoquanten geben den Zuwachs der Produktmengen wieder. Bei konstanten Skalenerträgen (h = 1) sind die Abstände untereinander proportional. Ist der Homogenitätsgrad größer als 1, so liegen steigende Skalenerträge vor. Dort werden die Abstände kleiner (dichter werdende Isoquanten), während bei einer unterproportionalen Steigerung (sinkende Skalenerträge) die Abstände überproportional zunehmen. Die Menge der linear-homogenen Funktionen (Beispiele sind die lineare und die linearlimitationale Produktionsfunktion) stellt einen Sonderfall dar. Durch eine streng monoton steigende Transformation geht die linear-homogene Funktion in eine so genannte homothetische Funktion über. Die homothetische Funktion stellt eine Verallgemeinerung der linear-homogenen Funktion dar, da sie sowohl steigende, sinkende oder konstante Skalenerträge haben kann. Wenn man nicht sicher ist, ob die Annahme der Linear-Homogenität problemadäquat ist, man aber eine vom Faktoreinsatzverhältnis abhängige GRS für plausibel hält, sollte man der Analyse eine homothetische Funktion zu Grunde legen. 140 4.2 Kostenfunktionen Die Kostenfunktion beschreibt den Zusammenhang zwischen der Produktmenge und den Kosten, die minimal nötig sind, um diese Produktmenge zu erzeugen. Nur jene Kombination der Faktoreinsatzmengen, welche die niedrigsten Kosten verursacht, ist Bestandteil der Kostenfunktion. Neben der technischen Effizienz des Produktionsverfahrens ist also auch die Minimalkostenkombination notwendig für das Ziel der Gewinnmaximierung. Wir unterscheiden die lange Frist, in der alle Faktoren veränderlich sind und die kurze Frist, wo mindestens ein Faktor fix ist. Die Preise der Produktionsfaktoren werden als exogen angenommen. Außerdem kann die Firma jeden Faktor, den es wünscht, beschaffen (Das Faktorangebot ist vollkommen elastisch). Kosten werden definiert als Opportunitätskosten, also anders als im buchhalterischen Sinne. So ist der Unternehmerlohn im buchhalterischen Sinne als Residualgröße, also als Differenz des Gewinns und den Kosten definiert. Im ökonomischen Sinne wird der Unternehmerlohn als Bestandteil der Kosten betrachtet. Die Aussage „Der Gewinn ist null!“ bedeutet, dass der Unternehmer so entlohnt wird, wie es in einer alternativen Verwendung seiner Arbeitszeit möglich wäre. Auch die Kosten für das Sachkapital und den Arbeiterlohn ermitteln sich nach deren Opportunitätskosten, die sich bei gemietetem Sachkapital als den höchsten Mietpreis ergeben, der anderswo dafür erzielt werden könnte. Auch der Arbeiterlohn bestimmt sich nach den Opportunitätskosten. Das Unternehmen wird nicht bereit sein, eine Rente zu zahlen, um den Arbeitnehmer in seiner Position zu halten (unter der Annahme vollständiger Information). Eine negative Rente ist auch nicht möglich, da der Arbeitnehmer wohl seine Stelle wechseln würde. Desweiteren unterscheidet man interne (private) und externe Kosten. Externe Kosten sind solche, die das Unternehmen üblicherweise zu einem Preis von null erhält, wie z.B. die Umweltfaktoren Luft, Wasser, Boden. Externe Kosten werden von der Gesellschaft als Ganzer getragen. Manche Kapitalleistungen können nur in einer Verwendung gebraucht werden. Sind sie einmal abgeschrieben, bezeichnet man sie als versunkene Kosten (sunk costs), da deren Opportunitätskosten definitionsgemäß null sind. Sie stellen keine Kosten im ökonomischen Sinne dar. 141 4.2.1 Langfristige Kostenkurven Die Kosten K ermitteln sich nach: (244) K = IL+rC , wobei I und r die Kosten der Faktoren Arbeit und Kapital darstellen. Die Isoquanten, die das Faktoreinsatzverhältnis bei gegebener Produktmenge darstellten, seien gegeben durch: (245) L = g(Q, C) . Das Optimum ist dort, wo die Kostengerade L= 1 r K− C I I (246) eine Isoquante tangiert. Folglich stimmt die Steigung der Kostengeraden dK = I dL + r dC = 0 ⇒ dL r =− dC I (247) mit der Steigung der Isoquanten dQ = ∂f dL fC ∂f dL + dC = 0 ⇒ =− . ∂L ∂C dC fL (248) überein. A rb e it K I b a c K Q = k o n s t. 142 r K a p ita l Im Kostenminimum muss also gelten: r fC = . (249) I fL Dies ist im Punkt a der Fall. In den Schnittpunkten b und c sind die Kosten, wie man sehen kann, größer. Die Menge der beiden Faktoren werden so gewählt, dass das Verhältnis der Grenzprodukte gleich dem Verhältnis der Faktorpreise ist. Werden die optimalen Punkte untereinander verbunden, erhält man den Expansionspfad. A rb e it K 5 K 4 K E x p a n s io n s p fa d 3 K K 2 1 Q 1 Q 2 Q 3 Q Q 5 4 K a p ita l Es gibt die kostenminimalen Faktorkombinationen an. Aufgetragen über die Produktionsmenge, ergibt sich die Kostenkurve. K o s te n K (Q ) M e n g e Bei homothetischen Funktionen (streng monotone Transformation einer linearhomogenen Funktion) ist das Faktoreinsatzverhältnis auf einem Fahrstrahl 143 durch den Ursprung konstant. Definitonsgemäß sind die GRS (als Steigung der Tangenten an die Isoquanten) entlang der Geraden immer identisch. Die optimalen Punkte müssen also immer auf einer Geraden liegen. Mithin muss der Expansionspfad eine Gerade sein. Bei linear-homogener Funktion sind die Abstände der Isoquanten untereinander gleich. Also ist auch die Kostenkurve bei linear-homogenen Produktionsfunktionen eine Gerade. Der Fall des Rückgangs eines Faktors bei steigendem Output ist im Prinzip auch möglich. In diesem Fall würde der Expansionspfad wie folgt aussehen: A rb e it E x p a n s io n s p fa d K a p ita l Man spricht hier von inferioren Inputs. Das gleiche Ergebnis erhalten wird durch die Anwendung des LagrangeVerfahrens. Die Lagrange-Funktion lautet: Λ = I L + r C + λ (Q − f (L, C)) . (250) Die Bedingungen erster Ordnung lauten: ∂Λ = I − λ fL = 0 , ∂L ∂Λ = r − λ fC = 0, ∂C ∂Λ = Q − f (L, C) = 0 . ∂λ Daraus folgt: I fL = r fC und λ = (251) (252) (253) I r = . fL fC 144 (254) Der Lagrange-Multiplikator ist gleich den Grenzkosten, da gilt: dK = I dL + r dC = λ (fL dL + fC dC) = λ dQ , (255) also eben: λ= dK . dQ (256) Werden die Faktoren von der Outputmenge und den Faktorpreisen abhängig gemacht, so erhält man die bedingten Faktornachfragefunktionen: L∗ = L(I, r, Q) bzw. C ∗ = C(I, r, Q) . (257) Die langfristige Kostenfunktion lautet in allgemeiner Form: K = I L∗ + r C ∗ = K(I, r, Q) . (258) Sie hat folgende Eigenschaften: a) Die Grenzkosten nehmen immer zu, d.h.: ∂K >0. ∂Q (259) b) Die Kosten nehmen bei steigenden Faktorpreisen zu: ∂K ≥0, ∂I ∂K ≥0. ∂r (260) Wird ein Faktor vollständig durch einen anderen ersetzt, so gilt in diesem Fall das Gleichheitszeichen. c) Die Kostenfunktion ist linear-homogen in den Faktorpreisen d.h. K(α I, α r, Q) = α K(I, r, Q) . (261) Anhand der folgenden Cobb-Douglas-Funktion: Q = Lα C β (262) soll das Verfahren kurz erläutert werden. 145 Die Lagrangefunktion und die Bedingungen erster Ordnung lauten: Λ = I L + r C − λ[Q − Lα C β ] , ∂Λ Q = I +λα , ∂L L Q ∂Λ = r +λβ . ∂C C (263) (264) (265) Das optimale Faktoreinsatzverhältnis ermittelt sich als: L= α r C. β I (266) Setzt man dies in Q = Lα C β ein, so gilt: αr β I Q= !α C α+β . (267) Aufgelöst nach C folgt: C=Q 1 α+β αr βI !− αr βI ! α α+β (268) , bzw. L=Q 1 α+β β α+β (269) . Also lautet die Kostenfunktion: K = I αr βI ! β α+β +r αr βI !− α α+β 1 Q α+β . (270) Wird α + β = 1 angenommen, so gilt in diesem Spezialfall: K = I αr βI !β +r αr βI !−α Q. (271) Die Kosten sind also proportional zur Produktmenge. Bei konstanten I, r, α, β ist die Kostengerade also eine Gerade durch den Ursprung. Diese Eigenschaft gilt für jede Produktionsfunktion mit konstanten Skalenerträgen. 146 4.2.2 Langfristige Gesamt-, Grenz- und Durchschnittskostenkurven Langfristig sind alle Faktoren variabel. Um das Problem zu vereinfachen, unterstellen wird totale Faktorvariation. Bei totaler Faktorvariation bleibt das Faktoreinsatzverhältnis konstant. Bei homothetischen Funktionen ist der Expansionspfad eine Gerade durch den Ursprung, wenn sich die Faktoreinsatzmengen proportional verändern. Der Zusammenhang zwischen einer Produktionsfunktion mit sinkenden, konstanten oder steigenden Skalenerträgen auf die entsprechenden Kostenkurven ist im Prinzip spiegelbildlich. Dort, wo economies of scale vorliegt, wo also die Produktion unter steigenden Skalenerträgen stattfindet, nehmen die Kosten unterproportional zu. Bei diseconomies of scale, also bei fallenden Skalenerträgen, nehmen die Kosten überproportional zu. Es gilt also für die Kostenfunktion: K o s te n s in k e n d e S k a le n e rträ g e k o n s ta n te S k a le n e rträ g e s te ig e n d e S k a le n e rträ g e M e n g e Wichtig für die Theorie ist aber nicht die absolute Höhe der Kosten, sondern sind die Grenz- und die Durchschnittskosten. Sie ergeben sich als: ∂K = K ′ Steigung der Kostenkurve , (272) ∂Q K DK = Steigung des Fahrstrahls zur Kostenkurve . (273) Q GK = Bei überproportional steigenden Kosten (sinkende Skalenerträge) gilt DK < GK, da die Steigung der konvexen Kostenkurve größer ist als der Anstieg des Fahrstrahls. Die Kostenkurve beginnt im Ursprung und hat bei Q = 0 147 eine endliche Steigung verschieden von null. Hätte die Kostenkurve nämlich eine Steigung von null, dann würde dies zu Beginn einem Anstieg der Ertragskurve von unendlich entsprechen, was sicher sehr selten ist (unendliche Grenzprodukte). Also starten die Grenz- und Durchschnittkostenkurve ab einem endlichen Wert auf der Ordinate und steigen mit zunehmender Outputmenge, da die Kostenkurve konvex ist. K o s te n K (Q ) G K D K M e n g e Bei unterproportional zunehmenden Kosten (steigende Skalenerträge) nehmen die Grenz- und Durchschnittskosten ab. Außerdem ist die Kostenkurve konkav und daher liegen die Grenzkosten unter den Durchschnittskosten. K o s te n K (Q ) D K G K M e n g e Bei konstanten Skalenerträgen ist die Kostenfunktion eine Gerade und die Grenz- und Durchschnittskosten sind konstant. 148 K o s te n K (Q ) D K = G K M e n g e Bei ertragsgesetzlicher Form der Niveauertragskurve (homothetische Funktion) nehmen die Durchschnittskosten zunächst ab, bis sie dort, wo der Fahrstrahl vom Ursprung die Kostenkurve tangiert, ein Minimum annehmen und dann wieder wachsen. In diesem Minimum sind Grenz- und Durchschnittskosten identisch. Da die Steigung der Kostenkurve vor dem angesprochenen Minimum kleiner ist als der Anstieg des Fahrstrahls, liegt die Grenzkostenkurve unter der Durchschnittskostenkurve. Dort, wo die Durchschnittskosten wieder ansteigen, sind die Grenzkosten größer als die Durchschnittskosten. K o s te n K (Q ) G K D K M e n g e Im Minimum der Durchschnittskosten produziert die Firma in ihrem Betriebsoptimum. Daher sind homothetische Funktionen mit zunächst steigenden und dann sinkenden Skalenerträgen von besonderem theoretischen Interesse. Dass im Minimum der langfristigen DK-Kurve GK = DK gilt, lässt sich 149 leicht nachweisen: dK −K Q ∂K ∂K K Q ∂Q = =0⇒ = . 2 dQ Q ∂Q Q 4.2.3 (274) Auswirkungen von Faktorpreisänderungen auf die Lage der langfristigen Kostenkurve Ändern sich die Faktorpreise proportional, dann ändert sich nicht die Steigung der Kostengerade, da Kosten und Faktorpreise um den selben Prozentsatz zunehmen und sich der Proportionalitätsfaktor herauskürzt. Folglich bleibt auch der Expansionspfad unverändert. Lediglich die Kostenkurve ändert sich, da die Kosten höher sind bei konstanter Produktmenge (einfach eine andere Skalierung auf der Output-Achse). Wird die Produktmenge selbst geändert, so kann es wegen der Kostensteigerung zu einer Preissteigerung kommen, da das Unternehmen weniger oder auch mehr anbietet und sich daher ein neues Marktgleichgewicht einstellt. Dann kann es aber zu einem Nachfragerückgang und daher zu einer Produktionseinschränkung kommen. Im Sonderfall der homothetischen Funktionen ändert sich das Faktoreinsatzverhältnis der Minimalkostenkombination bei Änderung der Produktmenge nicht. Bei anderen Produktionsfunktionen kann es sein, dass eine Substitution des einen durch einen anderen Faktor stattfindet. Steigt lediglich ein Faktorpreis, so hängt die Auswirkung davon ab, ob der Faktor „normal“ ist (vermehrter Einsatz bei Outputsteigerung) oder inferior (verminderter Einsatz bei Outputsteigerung). Bei homothetischen Funktionen (Expansionspfad ist eine Gerade) können beide Faktoren nur normal sein. Im Fall der soeben behandelten Cobb-Douglas-Funktion gilt bei α+β = 1: αr βI !β K = I α = β !β +r r β I 1−β αr βI !−α α + β !−α (275) Q, r 1−α I α Q . (276) Steigt der Faktorpreis proportional, so gilt definitionsgemäß: (277) µ K = K (µ r, µ I, Q) . 150 Bei Kostenanstieg von nur einem Faktor gilt: ∂K α = ∂I β !β α r β I −β (1 − β) + β !−α r 1−α I α−1 α Q > 0 . (278) Die Kosten steigen also mit steigendem Faktorpreis. Bei konstanten Skalenerträgen (wie bei linear-homogenen Funktionen) ist dies trivial: K o s te n K 2 (Q ) I s te ig t K 1 (Q ) M e n g e Bei einer ertragsgesetzlichen Form der Niveauertragskurve (wie bei homothetischen Funktionen) verlagern sich die GK- und DK-Kurven nach oben. Daher kann sich auch das Minimum der DK- und GK-Kurven ändern. Das wiederum hängt aber von dem gesamten Verlauf der Produktionsfunktion ab und lässt sich nicht einfach vorhersagen. Man kann sagen, dass die Niveauertragskurve und die zugehörige langfristige Kostenkurve spiegelbildlich sind. Speziell bei homothetischen Funktionen gilt folgender Zusammenhang: ǫK,Q = ∂K Q 1 = . ∂Q K ǫQ,µ (279) Dies kann leicht nachgewiesen werden. Denn es gilt für eine homogene Funktion mit Homogenitätsgrad h nach (90), (256) und (254): λ 1 K IL+rC Q = ⇔ λ= ⇔λ= K h hQ L fL + C fC IL+rC K ⇔ λ= I λ. r ⇔ λ = K Lλ +C λ 151 (280) (281) 4.2.4 Kurzfristige Kostenfunktionen Ist die Periode kurz, dann kann es ein, dass die Einsatzmenge eines der beiden Faktoren nicht verändert werden kann. Dann lässt sich die langfristig erreichbare Minimalkostenkombination nicht erreichen. Stimmt die Faktormengenkombination dennoch mit der langfristig erreichbaren Faktormengenkombination überein, so stimmen langfristige und kurzfristige Kosten überein. Rechts und links von diesem optimalen Punkt sind die kurzfristigen Kosten größer als die langfristigen Kosten. Bei einer linear-homogenen Produktionsfunktion sähe das z.B. wie in der folgenden Abbildung aus: K o s te n K Q Q 1 Q 2 k K l M e n g e 3 Bei der Menge Q2 sind kurz- und langfristige Kosten identisch. Links und rechts davon sind die kurzfristigen Kosten höher, da nur der variable Faktor variiert werden kann. Dies lässt sich leicht zeigen: A rb e it k u rz fris tig e r E x p a n s io n s p fa d la n g fris tig e r E x p a n s io n s p fa d Q Q Q 2 3 1 K a p ita l 152 Die kurzfristige Faktormengenkombination ist bei Q2 auf dem langfristigen Expansionspfad (hier eine Gerade, da eine linear-homogene Produktionsfunktion betrachtet wird). Bei den Outputmengen Q1 und Q3 können jedoch nur diejenigen Faktormengen gewählt werden, die auf dem kurzfristigen Expansionspfad liegen. Wie man anhand der Kostengeraden erkennen kann, sind die Kosten höher als diejenigen Faktormengenkombinationen, die auf dem langfristigen Expansionspfad liegen (weil dort definitionsgemäß die Minimalkosten vorhanden sind). Im Allgemeinen ist die langfristige Kostenkurve also immer die Einhüllende der kurzfristigen Kostenkurve. Für unterschiedliche Werte des fixen Faktors ergäbe sich z.B. das folgende Bild: K o s te n K K K K k k k l 3 2 1 M e n g e K o s te n D K G K k 1 k 1 D K G K k k 2 2 D K G K k k 3 D K l= G K l 3 M e n g e Die Durchschnittskosten sind am niedrigsten im optimalen Punkt. Links und rechts davon sind die Durchschnittskosten höher. Da die Steigung der kurzfristigen Kostenkurve immer weiter ansteigt, haben die Grenzkosten einen 153 steigenden Verlauf. Dort, wo die kurzfristige Kostenkurve die langfristige Kostenkurve tangiert, sind die langfristigen und kurzfristigen Grenzkosten identisch. In diesem Punkt nehmen die Durchschnittskosten ihr Minimum an. Im Minimum schneiden sich mithin die Kurven der Durchschnittskosten und der Grenzkosten. Dass die langfristige Kostenkurve immer die Einhüllende ist, gilt allgemein, hier im Beispiel einer homothetischen Funktion: K o s te n K k K k 2 K k 3 K l 1 M e n g e 4.2.5 Fixe und variable Kosten, Durchschnitts- und Grenzkosten Auf kurze Frist ist definitionsgemäß mindestens ein Faktor fix d.h. seine Einsatzmenge kann innerhalb dieses Zeitraumes nicht verändert werden. Man bezeichnet dies als fixe Kosten. Die variablen Faktoren führen zu den variablen Kosten. Kurzfristig müssen wir also zwischen fixen und variablen Faktoren bzw. Kosten unterscheiden: (282) Q = f (L, C̄) . Die kurzfristigen Kosten lauten also: K k = |{z} r C̄ + |{z} I L = r C̄ + I L(C̄, Q) = Kf (C̄) + Kv (C̄, Q) . Kf Kv 154 (283) Ein Beispiel könnte wie folgt gegeben sein: K K o s te n K v k ( C ,Q ) ( C ,Q ) K f( C ) M e n g e Die Grenzkosten ergeben sich durch Ableitung der kurzfristigen Kostenkurve: GK k = ∂Kv ∂K k = . ∂Q ∂Q (284) Bei den Durchschnittskosten unterscheiden wir drei verschiedene Fälle, die durchschnittlichen kurzfristigen Gesamtkosten DK k , die durchschnittlichen variablen und die durchschnittlichen fixen Kosten: DK k = Kk , Q DKvk = Kv , Q DKfk = 155 Kf . Q (285) In dem soeben dargestellten Beispiel ließen sich die Grenz- und Durchschnittskostenkurven wie folgt ableiten: K K o s te n K f k ( C ,Q ) { M e n g e K o s te n G K k D K D K k v D K f M e n g e Die durchschnittlichen fixen Kosten sind bei sehr kleiner Outputmenge unendlich, da die fixen Kosten kurzfristig nicht verändert werden können, und laufen gegen null, wenn die Outputmenge steigt, da die relativen Kosten umgelegt auf eine Produktionseinheit immer mehr abnehmen. Dort, wo der Fahrstrahl vom Ursprung die kurzfristige Kostenkurve tangiert, ist das Minimum der kurzfristigen Durchschnittskosten. In diesem Punkt schneidet die Grenzkostenkurve die kurzfristige Durchschnittskostenkurve: k ∂ KQ ∂Q k = Q ∂K − Kk ∂Q Q2 =0⇒ ∂K k Kk = . ∂Q Q (286) Startet der Fahrstrahl vom Ordinatenschnittpunkt mit den fixen Kosten, so kann man die variable Durchschnittskostenkurve ableiten. Auch hier ist das 156 Minimum dort, wo die kurzfristige Kostenkurve tangiert wird. Und aufgrund: ∂K k ∂Kv Kv = = ∂Q ∂Q Q (287) sind in diesem Punkt Grenzkosten und variable Durchschnittskosten identisch. 4.2.6 Auswirkungen von Faktorpreisänderungen auf die Lage der kurzfristigen Kostenkurve Anhand der Cobb-Douglas-Funktion sollen die Auswirkungen einer Änderung der Faktorpreise auf die kurzfristige Kostenkurve verdeutlicht werden. Die Funktion lautet wie bekannt: Q = Lα C β mit 0 < α, β < 1 und α + β = 1 . (288) Die kurzfristige Kostenkurve lautet: 1 β K k = I L + r C̄ = I Q α C̄ − α + r C̄ . (289) Wird der Preis des variablen Faktors geändert, so gilt: β 1 ∂K k = Q α C̄ − α > 0 . ∂I (290) Also nehmen die kurzfristigen Kosten zu und zwar zunehmend mit wachsen1−α der Outputmenge ( α1 Q α dQ > 0). K K o s te n k ( C ,Q ) I s te ig t K k( C ,Q ) M e n g e 157 Die Auswirkung einer Änderung des Preises des fixen Faktors bedeutet eine Parallelverschiebung der Kurve: ∂K k = C̄ . ∂r (291) K o s te n K k K r s te ig t k ( C ,Q ) ( C ,Q ) M e n g e Die durchschnittlichen kurzfristigen Kosten lauten: DK k = β 1 Kk C̄ = I Q α −1 C̄ − α + r . Q Q (292) Eine Änderung des Preises des variablen Faktors führt zu einer mit Q stei1−2α genden Zunahme der kurzfristigen Durchschnittskosten ( 1−α Q α dQ > 0). α K o s te n D K I s te ig t D K ( C ,Q ) k k ( C ,Q ) M e n g e 158 Eine Zunahme des Preises des fixen Faktors führt ebenfalls zu einer Zunahme, aber mit Q abnehmend (da −1 Q12 dQ < 0). K o s te n D K ( C ,Q ) k D K k ( C ,Q ) r s te ig t M e n g e Das Minimum der Durchschnittskosten liegt bei: α r Q = I ∗ da ∂DK k ∂Q α 1−α α C̄ α+β , (293) (294) β 1−2 α 1−α C̄ Q α C̄ − α − r 2 = 0 α Q β 1 1−α ⇒ Qα I C̄ − α = r C̄ α α α r α C̄ α+β . ⇔ Q= I 1−α = I (295) (296) Steigt I, dann wandert das Minimum nach links. Steigt r, so wird das Minimum nach rechts versetzt. Die durchschnittlichen variablen Kosten lauten: 1 β (297) DKv = I Q α −1 C̄ − α . Eine Änderung von r hat keine Auswirkung auf DKv . Steigt I, so nehmen die durchschnitttlichen variablen Kosten zu und zwar mit wachsendem Q zu1−2 α nehmend ( 1−α Q α dQ > 0). α 159 Die Ableitung von DKv nach Q ergibt: ∂DKv =I ∂Q 1−α α Q 1−2 α α β (298) C̄ − α > 0 . Also nehmen die variablen Kosten immer mehr zu, Es existiert kein Minimum! K o s te n D K k D K D K Q * v f M e n g e Die kurzfristigen fixen Durchschnittskosten lauten: C̄ Kf =r . Q Q (299) Sie nehmen mit Q ab und sind bei Q = 0 unendlich. Werden die DKf und DKv addiert, so ergeben sich die DK k mit einem Minimum bei Q∗ . 160 Die Grenzkosten lauten: GK k = β 1−α 1 I Q α C̄ − α . α (300) Sie sind null bei Q = 0 und nehmen mit Q zu. Bei steigendem Faktorpreis I nehmen die GK k mit wachsendem Q zu: β 1 1−α ∂GK k = Q α C̄ − α . ∂I α (301) G K K o s te n I s te ig t k ( C ,Q ) G K k ( C ,Q ) M e n g e 4.2.7 Experimentelle Untersuchungen zu kurz- und langfristigen Kostenfunktionen Erfolgt die Produktion im Bereich sinkender Durchschnittskosten, so kann es zu einem Monopol kommen, da es einem einzigen großen Unternehmen gelingt, den Markt zu niedrigeren Kosten zu bedienen, als einer Vielzahl von kleinen Unternehmen das gelänge. Damit könnte also der Wettbewerb verloren gehen. Produktionsfunktionen lassen sich im Allgemeinen schwerer ermitteln als Kostenfunktionen. Beide sind jedoch wechselseitig voneinander abhängig. Das betriebliche Rechnungswesen kann aber nur Kosten aufdecken. Die zu Grunde liegende Produktionsfunktion ist meist unbekannt. Außerdem lassen sich die Kosten fixer Faktoren nicht einfach auf eine Produktionseinheit umrechnen. So werden Arbeitnehmer zwar fix entlohnt, aber wer 161 weiß schon, welcher Anteil davon auf die einzelne Produktionseinheit entfällt? Auch kann es zu Problemen aufgrund des Unterschieds zwischen dem buchhalterischen und dem ökonomischen Kostenbegriff kommen. Da einige Opportunitätskosten vielleicht gar nicht mitgerechnet werden, kann die Produktivität oder die erfasste Faktorleistung überschätzt werden. Die statistische Erfassung des Zusammenhangs zwischen Kosten und Produktmengen erfolgt mit Hilfe einer Zeitreihen- oder einer Querschnittsanalyse. Es kann zu Fehlschätzungen kommen, wenn sich in diesem Zeitraum die Faktorpreise geändert haben. Um dieses Problem zu umgehen, werden Querschnittsanalysen durchgeführt, bei denen die Kosten und Produktmengen unterschiedlich großer Unternehmen einer Branche für ein und dieselbe Periode zueinander in Beziehung gesetzt werden. Dies liefert jedoch nur dann brauchbare Ergebnisse, wenn die Unternehmen annähernd die gleiche Produktionsfunktion verwenden. Dies ist wohl eher unwahrscheinlich. Aber dann erhält man eine Branchenproduktionsfunktion, deren Eigenschaften von den Marktanteilen der einbezogenen Unternehmen abhängig ist. Ein weiteres Problem ist, dass es schwierig ist zwischen kurzfristigen und langfristigen Kosten zu unterscheiden. 162 Bei der Schätzung langfristiger Kostenkurven ergibt sich im Allgemeinen der dargestellte Verlauf der Durchschnittskosten. Sie fallen anfangs mehr oder minder stark und bleiben ab einer bestimmten Menge Q̄ nahezu konstant. K o s te n D K Q M e n g e Ist Q̄ relativ klein, dann geht man von konstanten Skalenerträgen aus. Erreicht die empirisch ermittelte Kostenkurve das Minimum der Durchschnittskosten dagegen erst bei sehr großen Produktmengen, nimmt man steigende Skalenerträge an. Im Extremfall ist Q̄ so groß, dass diese Menge ausreicht, um den gesamten Markt zu versorgen. 4.3 Das Güterangebot einer Firma Die Firma wählt die Gütermenge so, dass ihr Gewinn maximiert wird. In diesem Kapitel werden der Güterpreis und die Preise der Faktoren zunächst als gegeben angesehen. Außerdem wird nur ein einziges Produkt hergestellt. Der Erlös berechnet sich aus: (302) E=PQ als dem Preis des Gutes mal der Gütermenge. Der Gewinn ist gleich der Differenz des Erlöses und der Kosten: G = E − K = P Q − K(Q) = Q [P − DK] . (303) Der Stückgewinn ist G K =P − = P − DK , Q Q (304) 163 also gleich der Differenz zwischen Preis und Stückkosten. Im Gewinnmaximum muss gelten: ∂G ∂K =P− = P − GK = 0 . ∂Q ∂Q (305) ∂G = 0 wird die Produktmenge so ge∂Q wählt, dass bei gegebenem Preis dieser gleich den Grenzkosten ist. Nach der Bedingung erster Ordnung Außerdem muss die Bedingung zweiter Ordnung gelten, dass: (306) GQQ = −KQQ < 0 , d.h. die Grenzkostenkurve muss ansteigen. Niveauertragskurven mit steigenden oder konstanten Skalenerträgen erfüllen diese Bedingung nicht (siehe später). 4.3.1 Das kurzfristige Güterangebot Wir wollen zunächst für eine kurzfristige Periode dies grafisch herleiten, indem wir für die verschiedenen Produktionsfunktionen eine Lösung suchen. In der kurzfristigen Periode bestehen die Kosten aus fixen und variablen Kosten: (307) K = Kf (C̄) + Kv (C̄, Q) . P re is K o s te n P G K P 3 P 2 D K D K v 1 Q 3 Q 1 Q 2 Q 3 M e n g e Wir wollen dies zunächst am Beispiel einer ertragsgesetzlichen Produktionsfunktion zeigen. Die Durchschnittskosten DK streben bei sehr geringer Menge Q → 0 gegen unendlich. Bei der Menge Q̄3 ist der Preis des Gutes P3 gleich 164 den DK. Hier deckt der Erlös die Stückkosten. Aber dieser Punkt ist nicht optimal. Da die Grenzkosten für die Herstellung einer marginalen Menge kleiner sind, lohnt sich eine Produktionsausweitung bis Q3 , wo die Kosten für eine marginale Einheit gleich dem Preis sind. Der Gewinn ergibt sich dann aus: (308) G = Q P3 − DK(Q3 ) . Fällt der Preis, z.B. auf P2 , so ist das Minimum der Durchschnittskosten erreicht. Fällt der Preis weiter, so bewegt man sich noch auf der Grenzkostenkurve, aber die Stückkosten werden nicht mehr gedeckt. Bei einem Preis von P1 befinden wir uns im Minimum der variablen Durchschnittskosten. Zwischen P2 und P1 werden zwar nicht mehr die gesamten Stückkosten gedeckt, aber es fällt zumindestens ein Deckungsbeitrag ab, um einen Teil der fixen Kosten zu finanzieren. In dem Fall, in dem die fixen Kosten sunk costs darstellen, also wenn die fixen Faktoren keine weitere Verwendung haben und daher die variablen Durchschnittskosten im Prinzip aus der Sicht der Firma gleich den totalen Durchschnittskosten sind, ist dies sogar sinnvoll. Als Regel gilt also: 1. Eine auf dem Markt befindliche Firma, welche die Güter- und die Faktorpreise als gegeben ansieht (Mengenanpasser), wird jene Produktmenge wählen, bei der P = GK gilt und die Grenzkostenkurve einen steigenden Verlauf hat. 2. Eine im Markt befindliche Firma wird die Produktion aufnehmen, wenn die minimalen variablen Durchschnittskosten kleiner oder gleich den Preisen sind. 3. Eine derartige Firma wird die Produktion einstellen, wenn die minimalen variablen Durchschnittskosten höher sind als der Preis. Also gilt hier: P = GK mit P ≥ Kv Q ! min 165 . (309) Für eine neoklassische Produktionsfunktion liegen die variablen Durchschnittskosten immer unterhalb der Grenzkostenkurve. Damit ist die gesamte Grenzkostenkurve die Angebotskurve. P re is K o s te n G K D K D K v M e n g e Bei einer linear-limitationalen Produktionsfunktion gibt es im Prinzip nur einen effizienten Punkt, nämlich dort, wo der fixe Faktor Engpassfaktor wird. Da ab diesem Punkt die GK und DK sprunghaft ansteigen, macht es keinen Sinn, mehr als die Menge Q1 anzubieten. P re is K o s te n P D K G K = D K v 1 Q 1 M e n g e In diesem Fall ist die Grenzkostenkurve identisch mit der variablen Durchschnittskostenkurve. Liegt der Preis über P1 , so werden auch die Stückkosten 166 gedeckt und es wird Gewinn gemacht. Jedoch kann nicht mehr als Q1 angeboten werden, da der fixe Faktor kurzfristig nicht geändert werden kann. Ändern sich die Faktorpreise, so verschieben sich die Kostenkurven nach oben. Im Fall der betrachteten neoklassischen Produktionsfunktion (CobbDouglas), war es ja so, dass die Differenz der GK-Kurven mit wachsendem Q zunahm. 4.3.2 Das langfristige Güterangebot Aus der langfristigen Sicht sind alle Faktoren variabel. Hier unterstellen wir totale Faktorvariation d.h. wir betrachten Produktionsfunktionen mit steigenden, fallenden oder konstanten Skalenerträgen bei konstantem Faktoreinsatzverhältnis. Da hier keine DKv existieren, wird das Problem einfacher. Auch hier entspricht die Grenzkostenkurve der Angebotskurve, aber sie startet nun ab dem Minimum der Durchschnittskostenkurve. Liegt der Preis darunter, so wird definitiv Verlust gemacht. Bei einer Produktionsfunktion mit zunächst steigenden, dann sinkenden Skalenerträgen sieht das wie folgt aus: P re is K o s te n P G K 1 D K Q 1 M e n g e Bei einem Preis von P1 wird also die Menge Q1 angeboten. Der Gewinn ergibt sich wie immer pro Stück als Differenz des Preises und den Durchschnittskosten. Hier gilt also: P = GK mit P ≥ K Q ! . min 167 (310) Der Punkt, in dem das Minimum der Durchschnittskosten liegt, wird als Betriebsoptimum bezeichnet. Höhere Faktorpreise führen zu einer Verschiebung der Kostenkurven nach oben. Bei gleichbleibendem Güterpreis geht das Angebot entsprechend zurück. Ändern sich die Faktor- und Güterpreise proportional, so ändert sich die Angebotsmenge nicht, da bei totaler Faktorvariation das Faktoreinsatzverhältnis konstant bleibt und alle Kurven lediglich mit einem konstanten Faktor multipliziert werden. Also: Die langfristige Angebotskurve ist homogen vom Grade null in den Preisen. Bei sinkenden Skalenerträgen ergibt sich das folgende Bild: P re is K o s te n G K D K P 0 M e n g e Da hier die Grenzkostenkurve immer über der Durchschnittskostenkurve liegt, folgt die Angebotsmenge ab einem Preis P0 der Grenzkostenkurve. 168 Bei konstanten Skalenerträgen sind die Grenz- und Durchschnittskosten identisch und konstant. Ab einem Güterpreis von P0 wird Gewinn gemacht. P re is K o s te n P G K = D K 0 M e n g e Allerdings ist die Angebotsmenge unbestimmt. Der Gewinn ist maximal, wenn die Produktion maximal gewählt wird. Die Menge kann also nur durch die Nachfrage begrenzt werden. Jede Betriebsgröße ist optimal. Bei steigenden Skalenerträgen liegt die Grenzkostenkurve unterhalb der Durchschnittskostenkurve. Wird also die Menge nach den Grenzkosten gewählt (Q̄1 ), so wird ein Verlust gemacht. P re is K o s te n P 1 D K Q G K 1 Q M e n g e 1 169 Hier existiert keine Angebotskurve in dem Sinne, dass einem gegebenen Preis eine gewinnmaximale Angebotsmenge zugeordnet wird. Verlust wird allerdings dann vermieden, wenn bei einem Preis P1 die Menge Q1 gewählt wird, wo die Stückkosten gleich dem Preis sind. Auch hier existiert keine Begrenzung. Im Prinzip könnte die Firma den gesamten Markt bedienen, aber würde wohl schnell merken, dass sie damit auch einen Einfluss auf den Preis ausübt. 4.4 Der Marktein- und austritt Da beim Markteintritt alle Faktoren variabel sind, wird eine Firma dann in den Markt eintreten, wenn der Stückpreis über den Stückkosten liegt, also wenn mindestens die durchschnittlichen Kosten gedeckt werden. Beim Marktaustritt muss man jedoch bedenken, dass kurzfristig Faktoren fix sein können. Dann kann es sinnvoll sein, kurzfristig unter die Durchschnittskosten zu gehen, da damit wenigstens ein Teil der fixen Kosten gedeckt werden kann (Deckungsbeitrag). Bestünde die Alternative darin, die Firma aufzulösen, so stünde sie in der Tat besser da, wenn die Firma liquidiert werden würde, da dann die gesamten fixen Kosten entfallen. Dies gilt aber nur dann, wenn die fixen Kosten nicht aus sunk costs bestehen. Haben die fixen Faktoren nämlich keine weitere Verwendung und sind damit deren Opportunitätskosten null, so sind die variablen Durchschnittskosten aus der Sicht der Firma gleich deren totalen Durchschnittskosten und eine Weiterführung der Firma würde dann durchaus Sinn machen. Sind die Opportunitätskosten des fixen Faktors positiv, da dieser Faktor in anderen Verwendungen Ertrag erzeugt, tritt eine Firma aus dem Markt aus, wenn der Deckungsbeitrag in der bisherigen Verwendung kleiner ist als die Opportunitätskosten des fixen Faktors. Für den Markteintritt spielt diese Unterscheidung keine Rolle. Hier müssen zunächst alle Faktoren finanziert werden und dies geht nur, wenn Gewinn gemacht wird, wenn also mindestens die Stückkosten gedeckt werden können. 4.5 Die Faktornachfrage Ist einmal die Outputmenge Q bekannt, so lassen sich die Faktormengen im Prinzip leicht finden, indem wir die bedingten Nachfragekurven in Abhängigkeit von Q auswerten. Wollen wir unbedingte Nachfragekurven in direkter 170 Abhängigkeit von P bekommen, müssen wir das entsprechende Extremalproblem lösen. 4.5.1 Kurzfristige Faktornachfrage Hier lautet die bedingte Faktornachfragefunktion: (311) L = L(Q, C̄) . Für die in den letzten Kapiteln betrachtete Cobb-Douglas-Funktion gilt z.B.: β 1 L = C̄ − α Q α α 1 und C = L̄− β Q β . (312) Ist die Produktmenge nicht gegeben und nur der Preis bekannt, so kann analog zu den Angebotskurven der Grenzerlös den Faktorgrenzkosten gleichgesetzt werden. Die Faktorgrenzkosten ergeben sich als: GK(L) = ∂(I L) =I . ∂L (313) Der Erlös ist: (314) E=PQ und damit der Grenzerlös eines Faktors: GE(L) = P ∂Q (L, C̄) . ∂L (315) Da gelten muss: (316) GE = GK , folgt die Marginalbedingung: (317) P QL = I . Die Voraussetzung, also die Totalbedingung, muss sein, dass die Firma überhaupt einen Gewinn macht. Die Bedingung zweiter Ordnung lautet: (318) P QLL < 0 . 171 Dies gilt für eine neoklassische Produktionsfunktion wie für eine ertragsgesetzliche Produktionsfunktion im Bereich sinkender Ertragszuwächse. Eine Firma maximiert ihren Gewinn, wenn sie die Einsatzmengen des variablen Faktors derart wählt, dass der Grenzerlös gleich den Grenzkosten des Faktors ist. Daraus folgt die unbedingte Faktornachfragefunktion: (319) L = L(P, I, C̄) Grafisch erhalten wir die Lösung, indem wir die Grenzerlöskurve aufzeichnen d.h. die Grenzproduktkurve (Ableitung der Produktionsfunktion) mit dem Preis multiplizieren. Diese Funktion gibt zugleich den Faktorpreis an. Allerdungs nur dann, wenn Gewinn gemacht wird. Überschreitet der Faktorpreis den durchschnittlichen Erlös, so wird Verlust gemacht. Für eine neoklassische Produktionsfunktion gilt: E rlö s L o h n s a tz I P Q (E rlö s k u rv e ) m a x P Q P Q (D u rc h n itts e rlö s k u rv e ) L L (G re n z e rlö s k u rv e = F a k to rn a c h fra g e k u rv e ) A rb e it Über einem Lohnsatz von Imax ist die Arbeitsnachfrage null. Unter Imax entspricht der Lohnsatz seinem Grenzerlös. Die Steigung der Faktornachfragekurve lässt sich bestimmen über die totale Ableitung der Bedingung erster Ordnung: (320) QL dP + P QLL dL = dI . Für dP = 0 gilt also: dI = P QLL < 0 . dL (321) 172 Ein steigender Faktorpreis führt also zu einer sinkenden Faktornachfrage. Bei einer ertragsgesetzlichen Produktionsfunktion gilt: E rlö s L o h n s a tz I G re n z e rlö s k u rv e 0 E rlö s k u rv e F a k to rn a c h fra g e fu n k tio n D u rc h s c h n itts e rlö s k u rv e L 0 A rb e it Über den maximalen Durchschnittskosten des Faktors Arbeit [P Q ] wird L max der Faktor nicht nachgefragt, da die Firma einen Verlust machen würde. Erst, wenn der Lohnsatz I0 diesem Wert entspricht, tritt die Firma in den Markt ein und fragt die Menge L0 des Faktors Arbeit nach. Eine Erhöhung des Produktpreises verschiebt alle Kurven proportional nach oben. Steigen Produktpreise und Preis des variablen Faktors proportional, so ändert sich die Faktornachfrage also nicht. Dies folgt aus: I I dP + QLL dL = dI P QL dP QLL dI ⇔ + dL = . P QL I QL dP + P QLL dL = dI ⇔ (322) (323) Ändern sich P und I um den gleichen Prozentsatz, so ist dL = 0. 4.5.2 Langfristige Faktornachfrage Die bedingte langfristige Faktornachfragekurve gibt die Höhe der Faktornachfrage bei gegebenen Faktorpreisen und gegebener Produktmenge an. In 173 allgemeiner Form lautet sie für den Faktor Arbeit: (324) L∗ = L∗ (I, r, Q) . Man erhält sie, indem man das kostenminimale Faktoreinsatzverhältnis I QL = (L, C) r QC (325) in die Produktionsfunktion einsetzt und nach dem betreffenden Produktionsfaktor auflöst, also: L∗ = f (I, r) ⇒ Q = Q[f (I, r), L∗ , C ∗ ] C∗ ⇒ L∗ = L∗ [I, r, Q] . (326) (327) Für die bisher behandelte Cobb-Douglas-Funktion galt: " #− " # αr C = βI ∗ α α+β 1 (328) Q α+β , bzw. αr L∗ = βI β α+β 1 (329) Q α+β , Die unbedingte langfristige Faktornachfragefunktion: (330) L∗ = L∗ (I, r, P ) erhält man z.B. wie folgt: Starten wir von der Gewinnfunktion: G(L, C) = P Lα C β − I L − r C , (331) so folgt für die Bedingungen erster Ordnung: ∂G(L, C) = α P Lα−1 C β − I = 0 , ∂L ∂G(L, C) = β P Lα C β−1 − r = 0 . ∂C (332) (333) Die Bedingung zweiter Ordnung (GLL GCC − GLC GCL > 0) lautet α + β < 1, also sind Niveauertragskurven mit steigenden und konstanten Skalenerträgen 174 nicht erfasst. Die Rechnung ergibt: β1 I C= α P Lα−1 α βP L β1 I = α β−1 β I α P− α+β−1 β z }| 1 P −β L β−1 β L 1−α β (334) , (β−1)(1−α) β (335) =r { z −1 β }| { (β − 1)(1 − α) " # 1−β β − 1 α+ −1 r I β β ⇔ L = P β β α " # r ⇔ L= β β α+β−1 I α 1−β α+β−1 −1 P α+β−1 . (336) (337) Entsprechend ergibt sich aufgrund der Symmetrie der Funktion (Vertauschung α ↔ β, r ↔ I): C= " # 1−α α α+β−1 α+β−1 I α r β −1 P α+β−1 . (338) Die Auswirkungen einer Faktorpreisänderung auf die Faktornachfrage lassen sich durch die entsprechenden Elastizitäten beschreiben: 1−α α+β−1 β = α+β−1 1−β = α+β−1 α = α+β−1 ǫC,r = , (339) ǫL,r , (340) , (341) . (342) ǫL,I ǫC,I Für α+β < 1 sind die optimalen Faktormengen eindeutig bestimmt. Die Faktornachfrageelastizitäten sind dann alle negativ. Steigt der Preis eines Faktors, dann geht die Nachfrage nach beiden Faktoren zurück. Für α + β ≥ 1, 175 wenn die Produktionsfunktion also konstante oder steigende Skalenerträge aufweist, ist die Produktmenge und damit auch die Faktornachfrage unbestimmt. Dies gilt aber nur, wenn P konstant bleibt d.h. solange die Firma lediglich Mengenanpasser ist. 5 Unternehmenstheorie Zur Herstellung von Produktionseinheiten werden Produktionsfaktoren eingesetzt. Nach der VWL unterscheidet man den produzierten Faktor Kapital und die Primärfaktoren Arbeit und Boden (Grundstücke, Bodenschätze) und deren Nutzungen. Was in einem Unternehmen Endprodukt ist, wird in einem anderen Unternehmen als Vorprodukt eingesetzt, ist also gesamtwirtschaftlich gesehen ein Zwischenprodukt. Es wird angenommen, dass jede Unternehmung eine Produktionsfunktion besitzt, die eine technisch effiziente Produktion bei gegebener Betriebsgröße beschreibt. Technisch effizient bedeutet nicht automatisch ökonomisch effizient. Dies wird erst bei der Erlös-Kosten-Analyse festgelegt. Es wird dabei unterstellt, dass sich die Unternehmung als Mengenanpasser verhält d.h. dass der Preis ein Datum ist. Die Aufgabe ist somit, für jeden Preis die jeweils optimale Ausbringungsmenge zu bestimmen. Man unterscheidet kurzfristige und langfristige Analysen. Während in der langfristigen Analyse alle Faktoren als variabel angesehen werden und die Betriebsgröße beliebig variiert werden kann, werden die langfristigen Variablen wie Maschinen, Arbeitsverträge, etc. in der kurzfristigen Analyse als fix angesehen, sie entstehen unabhängig von der Ausbringungsmenge. Eine kurzfristige Periode ist so kurz, dass die fixen Faktormengen nicht geändert werden können, aber nicht so lang, dass sich die Produktionsfunktion durch technischen Fortschritt ändern könnte, jedoch mindestens so lang, dass eine Produktion überhaupt stattfinden kann. Im Folgenden werden wir lediglich 2 Faktoren betrachten, da sich dann grafische Ableitungen vereinfachen. Manchmal wird angenommen, dass kurzfristig nur ein Faktor variabel ist, langfristig 2 Faktoren, und dass dabei die selbe Produktionsfunktion verwendet wird. 176 5.1 Produktionsfunktionen Wir können 3 Arten von Produktionsfunktionen unterscheiden. Die linearlimitationale Produktionsfunktion, bei der für ein Produkt ein festes Faktoreinsatzverhältnis existiert und die substitionale Produktionsfunktion mit abnehmenden Grenzprodukt, die auch neoklassisch genannt wird, sowie die ertragsgesetzliche Funktion, die einen für sie typischen Verlauf hat: Zunächst steigt das Grenzprodukt des Faktors an aufgrund Massenproduktion und anschließend fällt die Grenzproduktivität wieder ab z.B. weil sich die Faktoren gegenseitig behindern. Die Grenzproduktivität kann sogar negativ werden. Die Klasse der homogenen Funktionen stellt einen wichtigen Sonderfall dar. Aus der Produktionsfunktion ergibt sich durch die Minimalkostenkombination die Kostenfunktion. Q = Produktivität v1 = Menge an Q je Einheit von Faktor v1 . v1 = Faktor- oder Inputkoeffizient Q = Faktormenge v1 je Produktionseinheit Q. 5.1.1 Linear-limitationale Produktionsfunktion Sie ist charakterisiert durch ein konstantes Faktoreinsatzverhältnis. Die Faktorkoeffizienten sind somit konstant und die Produktionsmenge wird begrenzt durch den Engpassfaktor. vi vi , Q= . Q ai v1 v2 Q = min{ , } . a1 a2 ai = konst. = Im v1 − v2 -Diagramm ist sie gekennzeichnet durch eine Gerade durch den Ursprung. Werden mehr Faktoreinheiten von einem Faktor eingesetzt bei gleichem Einsatz von dem anderen Faktor, bleibt die Produktionsmenge konstant. Die Isoquanten sind also rechtwinklig. Jedoch allein effizient ist der Punkt B. 177 v 2 B B v 1 Das Ertragsgebirge kann man sich wie folgt vorstellen: Q v 2 v 1 Die Ertragsfunktion ist zunächst ansteigend bis der Faktor v2 Engpassfaktor wird und bleibt dann konstant. 178 Q V Q = a 2 2 v 1 Die Grenzproduktivität hat den Wert a11 , also die Steigung der Ertragskurve bei partieller Faktorvariation ist konstant und fällt dann auf 0 ab. Q 1 , Q V 1 1 a Q 1 d Q d V V 1 1 v Q= ∂Q ∂v1 1 a1 v1 für v1 ≤ Q̄ ( 1 = a1 0 a1 a2 a1 a2 1 v̄2 für v1 ≥ v̄2 für v1 < aa12 v̄2 für v1 > aa12 v̄2 Die Durschnittsproduktivität ist zunächst a11 und fällt dann allmählich ab. Man nennt diese Produktionsfunktion auch Leontief-Funktion. Die konstanten Inputkoeffizienten werden auch in der Input-Output-Analyse in der 179 VGR (Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung) angewendet. Es kann sein, dass unterschiedliche Faktoreinsatzverhältnisse zu dem gleichen Produktionsergebnis führen. Wird c% mit Produktion A produziert und (1c)% mit Produktion B, so bedeutet das, dass eine Linearkombination von A und B ebenso ein mögliches Faktoreinsatzverhältnis darstellt. Q1 = min{ av111 , av212 }, Q2 = min{ av121 , av222 }. v1 = c a11 Q1 + (1 − c) a12 Q2 v2 = c a21 Q1 + (1 − c) a22 Q2 c = 1: nur Produktionsapparat Q1 c = 0: nur Produktionsapparat Q2 v 2 B A v 1 Die Isoquanten sehen dann aus wie in der Abbildung. Bei mehreren verschiedenen Produktionsprozessen (siehe nächste Abbildung) hat man mehrere Linearkombinationen. Man erkennt, dass nur der innere Polygonzug effizient ist, denn die Linearkombination A und C kann durch andere Faktormengen effzienter hergestellt werden. Durch unendlich viele Produktionsverfahren gleicht sich der Polygonzug einer substitionalen Produktionsfunktion an. 180 v 2 A B C v 5.1.2 1 Linear-limitationale Mehrgüterproduktion Q 2 v 3 v 2 v 1 T ra n s fo rm a tio n s k u rv e Q 1 Es werden bestimmte Faktormengen auf einzelne Prozesse aufgeteilt. Bsp. das Gut Q1 und ein anderes Gut Q2 werde produziert. Jedes Gut hat eigene Faktorkoeffizienten. Somit gelten folgende Ungleichungen: a11 Q1 + a12 Q2 ≤ v̄1 , a21 Q1 + a22 Q2 ≤ v̄2 , a31 Q1 + a32 Q2 ≤ v̄3 . Q1 ≥ 0 , Q2 ≥ 0 , 181 (343) (344) (345) Für lineare Funktionen lassen sich die Geraden in einem Diagramm auftragen. Daher wird die mögliche Produktionsmenge durch die Geraden begrenzt Effizient ist einzig allein der äußere Polygonzug. Die Produktionspläne, die sich ergeben, werden durch die so genannte Transformationskurve bestimmt. 5.1.3 Die neoklassische Produktionsfunktion Für substitionale Produktionsfunktionen mit konvexen Isoquanten ist die Produktionsfunktion streng-konkav d.h. die Grenzporduktivitäten sind positiv: f1 = ∂Q >0 ∂v1 (346) und die zweite Ableitung ist negativ: f11 = ∂2Q <0. ∂v12 (347) Q v 2 Is o q u a n te n v 1 Ebenso ist die Kreuzgrenzproduktivität positiv, da die Grenzproduktivität bei steigendem Faktoreinsatz von v2 für v1 steigt. f12 ∂2Q = >0. ∂v1 ∂v2 (348) 182 Q Q = f ( v 1,v 2) Q = f ( v 1,v 2) v 2> v 2 v 1 Die Produktionselastizität lässt sich wie folgt bestimmen: ǫQ,v1 = ∂Q v1 . ∂v1 Q (349) Für eine neoklassische Funktion ist sie immer kleiner 1. Q a b v 1 v 1 Die Cobb-Douglas-Funktion ist ein Vertreter dieser Produktionsfunktionen. Sie lautet: Q = A v1α v2β A > 0, 0 < α < 1, 183 0<β<1. (350) ∂Q = α B v1α−1 mit B = A v̄2β ∂v1 Q = B v1α−1 v1 α B v1α−1 ǫQ,v1 = =α<1. B v1α−1 (351) (352) (353) Die Isoquanten ergeben sich bei Q̄ = konst. als v2 = Q̄ A !1 β α −β v1 (354) . Die Grenzrate der Substitution ist wie bei Nutzenfunktionen gegeben: dv2 α =− dv1 β Q̄ A !1 − α+β β β (355) v1 Sie ist für konkave Produktionsfunktionen negativ. Ersetzt man Q̄ durch Q̄ = A v1α v2β , so folgt: α α −α dv2 = v2 v1β − v1 β v1−1 dv1 β α v2 = − . β v1 (356) (357) Bei einer Cobb-Douglas-Technologie hängt die Grenzrate der technischen Substitution neben dem reziproken Verhältnis der Produktionselastizitäten nur noch vom Faktoreinsatzverhältnis, der Faktorintensität vv21 ab. v 2 ( v ) v 2 = k o n s t. 1 v 184 1 Das bedeutet, dass auf einer Ursprungsgeraden im v1 − v2 -Diagramm die Grenzrate der technischen Substitution immer konstant ist, die Isoquanten in diesen Punkten also dieselbe Steigung haben. Aufgrund Q̄ = konst. ⇒ dQ = f1 dv1 + f2 dv2 = 0 folgt dv2 f1 =− . dv1 f2 5.1.4 (358) Neoklassische Mehrgüterproduktion Angenommen, man habe zwei Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen Q1 = v1α1 v2β1 Q2 = v̄1α2 v̄2β2 . (359) Es ist zu zeigen, welche Möglichkeiten der effizienten Produktion der Güter 1 und 2 der Unternehmung offenstehen. Gesucht ist also die Transformationskurve für diese Entscheidungssituation. Ein geometrisches Verfahren zur Bestimmung der Transformationskurve wurde von Savornik entwickelt. Dazu werden im 4. Quadranten die Isoquanten aufgetragen, im 1. und 3. Quadranten die Niveauproduktionsfunktionen. Eine Niveauproduktionsfunktion ergibt sich bei totaler Faktorvariation, wenn sich die Faktormengen proportional ändern. Genau genommen gilt diese Ableitung daher nur für konstante Faktoreinsatzverhältnisse (konstante Faktorintensität). Dann ergibt sich im 2. Quadranten die Transformationskurve. Im Allgemeinen liegt die Faktorintensitätskurve für homogene Kurven auf einer Geraden. Auch in der Edgeworth-Box ist dies eine Gerade, wenn die dv2 Steigungen dv = − αβ11 vv21 = − αβ22 v̄v̄21 gleich ist d.h. wenn αβ11 = αβ22 . 1 Die Isoquanten für Q1 werden von unten links aufgetragen und die Isoquanten für Q2 von oben rechts aus. Die Schnittpunkte liegen aufgrund αβ11 = αβ22 auf der Faktorintensitätslinie. Die Schnittpunkte lassen sich übertragen über die Niveauproduktionsfunktionen, bei denen vv21 = konst. angenommen wird, und ergeben die Transformationskurve. Q = A v1α v2β (360) 185 v 2 v 1 ( v ) v 2 1 D = k o n s t. N iv e a u p ro d u k tio n s fu n k tio n C v Q 1 v 2 T ra n s fo rm a tio n s k u rv e N iv e a u p ro d u k tio n s fu n k tio n Q h λ Q = λ α+β A v1α v2β =λ α+β 2 A v1α+β ⇒ λh Q = λα+β Ā v1α+β . Für α1 β1 6= 1 α2 β2 gilt v2 v1 v2 v1 β (361) (362) 6= konst., so dass man hier anders vorgehen muss. Die Niveauproduktionsfunktionen ergeben sich nur dann in Abhängigkeit von nur einem Faktor, wenn vv12 = konst.. Daher wird bei αβ11 6= αβ22 die Lösung entlang der Isoquanten zunächst auf die fiktive Faktorintensitätslinie mit v1 = konst. übertragen und dann erst auf die Niveauproduktionsfunktionen. v2 Die Gestalt der Transformationskurve hängt bei gegebener konstanter Faktorintensität nur von den Skalenerträgen in beiden Produktionen ab. Sie ist konkav, wenn in beiden Produktionen sinkende Skalenerträge vorliegen oder in einer Produktion konstante und in einer anderen sinkende Skalenerträge zu beobachten sind. Sie ist linear, wenn die Skalenerträge überall konstant sind (nur α = β!). Sie ist konvex, wenn beide steigen oder eine steigt, die 186 v v 1 ( vv ) 2 D D ' C 2 1 D '' = k o n s t. C '' C ' v Q 1 v 1 2 Q 2 andere konstant ist. Sie ist S-förmig. wenn eine steigt, die andere fällt. 5.1.5 Die ertragsgesetzliche Produktionsfunktion Kennzeichnend für sie ist, dass zunächst steigende Grenzproduktivität vorliegt und dann die Grenzproduktivität abfällt. Zur konstanten Ausweitung der Produktion bedarf es zunächst unterproportional steigender Faktorzuwächse und im Bereich nach dem Wendepunkt W überproportional steigender Faktorzuwächse. Die Ertragsfunktion sieht wie folgt aus: 187 Q v v v 2 2 2 v v 1 v 1 1 Q W p f11 = ∂2Q ∂v12 = ( > 0 für v1 < v1W p < 0 für v1 > v1W p f1 ≥ 0 W p v 1 Im Bereich negativer Grenzerträge kommt es aufgrund positiven Steigung der Isoquanten. dv2 dv1 = − ff12 zu einer Der Bereich effizienter Faktorallokation wird durch die beiden Linien beschränkt. Oberhalb von D oder rechts von C muss zur gleichen Produktion mehr an v1 eingesetzt werden bei v̄2 = konst.. Dies kann nicht mehr effizient sein. Für die Sato-Funktion Q = f1 = v12 v22 v13 +v23 gilt mit 2 v1 v25 − v14 v22 , (v13 + v23 )2 (363) 188 v 2 f2< 0 f1> 0 f1> 0 D v C 2 v f2 = f2> 0 f2> 0 f1< 0 v 1 v 1 1 2 v2 v15 − v24 v12 . (v13 + v23 )2 f1 > 0 für v23 > v13 12 ⇔ v2 > v1 (364) 1 1 (1) 1 3 (2) 23 f2 > 0 für v23 < v13 2 ⇔ v2 < v1 2 Das Gebiet wird also durch die beiden Geraden (1) und (2) abgegrenzt. v 2 f2< 0 v 2= v f1> 0 1 3 2 f2> 0 v 2= v 3 2 1 f1< 0 v 1 Nur in diesem Bereich ist die Produktionsfunktion effizient, so dass nur in diesem Bereich Faktorallokation Sinn macht. 189 Das klassische Ertragsgesetz ist durch 4 Bereiche gekennzeichnet: Q C B A d Q d v 1 Q v v 1 1 D u rc h s c h n itts e rtra g s fu n k tio n I II III G re n z e rtra g s fu n k tio n d Q d v IV v Bereich Gesamtertrag Grenzertrag Durchschnittsertrag Produkt.-elastizität I steigend steigend steigend >1 Q v 1 1 1 II steigend fallend steigend >1 III steigend fallend fallend <1 IV fallend negativ fallend <0 Der Punkt B ist zugleich Tangentialpunkt der partiellen Ertragsfunktion auf jener Niveauproduktionsfunktion, bei der das Faktoreinsatzverhältnis des Produktionsplans B konstant gehalten wird. Das bedeutet, dass im Bereich I und II die Ertragskurve unterhalb dieser Geraden ist. Es wird mehr v2 eingesetzt als nötig. Mit einer geringeren Menge dieses Faktors könnte man den Output steigern. 190 Q N iv e a u p ro d u k tio n s k u rv e v v v 1 2 f 1 v 2 2 v v 2 v 1 1 In den Bereichen I und II hat Faktor 2 eine negative Produktionselastizität. Die Produktionspläne dieser beiden Bereiche sind technisch ineffizient. Im Bereich IV ist die Grenzproduktivität von Faktor 1 negativ. Entscheidend ist der Tangentialpunkt von partieller Ertragsfunktion und Niveauproduktionsfunktion. Bei steigenden Skalenerträgen (die Steigung der Niveauproduktionsfunktion nimmt zu) beginnt der technisch effiziente Bereich schon vor dem Punkt B, während bei sinkenden Skalenerträgen der technisch ineffiziente Bereich über den Punkt B hinausreicht. 5.1.6 Vollkommen substitionale Produktionsfunktionen Bei vollkommen substitionaler Produktionsfunktion ist es möglich, das Produkt mit nur einem der zur Auswahl stehenden Produktionsfaktoren herzustellen. Außerdem ist die Grenzrate der technischen Substitution konstant. Bsp. für eine solche Funktion ist Q= m X ai vi wie Q = v1 + 2 v2 , (365) i=1 Möglich ist auch eine streng konkave Produktionsfunktion Q= m X Ai viαi , (366) 0 < αi < 1 . i=1 191 v Q 2 v v 2 v 1 1 Ein Maß für die Substitutionsfähigkeit ist die Substitutionselastizät σ. Sie ist definiert als relative Veränderung des Faktoreinsatzverhältnisses (Faktorintensität) im Verhältnis zur relativen Veränderung der Grenzrate der Substitution. σ= v2 dv2 v dv 1 1 dv2 v2 d dv1 v1 d (367) . Später werden wir sehen, dass v σ= f1 f2 v2 v1 v2 v 1 d ff12 d dv2 dv1 = f1 , f2 also: (368) . b 2 P b ' a Q v σ= a ' 1 192 dtan(β)/tan(β) dtan(α)/tan(α) Bei höherer Krümmung der Kurve ist σ kleiner, da sich der Winkel tan(α) stärker ändert. Grenzwerte sind σ = ∞ für Krümmung null bei vollkommener Substitution und theoretisch Krümmung unendlich bei einem Knick mit σ = 0 bei vollständig komplementären Faktoren: v 2 s = 0 s = 0 < s < v 1 Bei einer Substitutionselastizität größer als 1 ist die relative Änderung der Faktorintensität größer als die relative Änderung der Grenzrate der technischen Substitution. Daraus folgt, dass die Isoquante die Achsen schneidet. Es handelt sich deshalb um alternative Substitution. Bei σ = 1 laufen die Isoquanten asymptotisch auf die Achsen zu. Bei σ < 1 handelt es sich um periphere Substitution d.h. es wird eine Mindestmenge der Faktoren benötigt. v v 2 v 2 s = 1 s > 1 v s < 1 v 1 193 2 1 v 1 Für die Cobb-Douglas-Funktion gilt: dv2 f1 α v2 =− =− , dv1 f2 β v1 σ= 5.1.7 d v2 v1 v2 v1 − αβ vv21 − αβ d v2 v1 dv2 d dv1 ! α v2 =− d β v1 , (369) (370) =1. Die CES-Funktion Die Produktionsfunktionsklasse „CES“ (constant elasticity of substitution) umfasst die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion mit σ = 1 als auch die Leontief-Produktionsfunktion mit σ = 0. Eine allgemeine Gleichungen für CES-Funktionen lautet: h Q = A α v1−ρ + (1 − α) v2−ρ i− 1 ρ , A>0, 0<α<1. (371) Sie ist homogen vom Grad 1. Die Grenzproduktivitäten sind: ∂Q α Q ρ+1 = >0, ∂v1 Aρ v1 ∂Q 1 − α Q ρ+1 = >0. ∂v2 Aρ v2 Es ist σ = 1 1+ρ GRS = bzw. ρ = α 1−α v2 v1 1−σ . σ ρ+1 (372) (373) Die technische Substitutionsrate ist: (374) . Für ρ > −1 nimmt die GRS ab und die Isoquanten sind konvex. Der jeweilige Verlauf der konvexen Isoquanten, die eine CES-Funktion erzeugt, hängt von σ ab. Fall (1) σ→0, ρ → ∞: Die GRS strebt gegen null, es findet keine Substitution mehr statt. Die Krümmung der Isoquanten nähert sich einem rechten Winkel. 194 Fall (2) 0<σ<1, ρ > 0: Es gilt Q A −ρ (375) = α v1−ρ + (1 − α) v2−ρ = K , wobei K eine Konstante für die Isoquanten darstellt. Die Isoquante schneidet nicht die Achsen, da bei v1 → 0 entsprechend a v1−ρ → ∞ ist und K als Beschränkung dies nicht möglich machen würde. Die Isoquante verläuft asymptotisch zu: K v1 = α Fall (3) − ρ1 σ=1, bzw. v2 = K (1 − α) !− 1 ρ (376) . ρ = 0: Für σ = 1 wird die CES zur Cobb-Douglas-Funktion. Aufgrund ρ = 0 kann anhand der Funktion keine Entscheidung getroffen werden, da (375) zu einer Identität wird. Man kann aber mit der Regel von L’Hospital vorgehen. Es gilt: ln(Q) − ln(A) = h′ (ρ) = h −ln α v1−ρ + (1 − α) v2−ρ ρ α v1−ρ ln(v1 ) + (1 − α) v2−ρ ln(v2 ) α v1−ρ + (1 − α) v2−ρ i = h(ρ) g(ρ) (377) da v −ρ = e−ρ ln(v) (378) konvergiert gegen α ln(v1 ) + (1 − α) ln(v2 ) bei ρ → 0. Nach der Regel von L’ Hospital gilt: h′ (z) h(z) = lim z→b g ′ (z) z→b g(z) (379) a = lim so dass damit: ln(Q) − ln(A) = α ln(v1 ) + (1 − α) ln(v2 ) ⇔ Q = A v1α v21−α Fall (4) σ>1, −1 < ρ < 0: 195 (380) Die Exponenten von (375) sind positiv. Die Isoquanten werden beide Achsen schneiden. Ist v1 = 0, so ist v2 = v1 = K α − 1 Fall (5) ρ . σ→∞, K (1−α) − 1 ρ und für v2 = 0 entsprechend ρ → −1: Beim Grenzübergang werden die Exponenten beider Ausdrücke auf der linken Seite von (375) gleich 1 und die Isoquanten sind gerade Linien. In diesem Grenzfall sind die Faktoren vollständig substituierbar. Wie sich zeigen lässt, ist die Grenzrate der technischen Substitution also: α 1−α v2 v1 1 σ = f1 f2 dv2 dv1 = f1 , f2 (381) Somit ist v2 =a v1 f1 f2 !σ (382) Obwohl die CES-Funktion mühselig anzuwenden ist, ist die GRS einfach. Mit Hilfe der Regressionsanalyse kann man (382) identifizieren. Sind v1 und v2 Arbeit und Kapital, dann zeigt (382), wie sich das Kapital-Arbeitsverhältnis für ein bestimmtes Gut verschiebt, wenn sich das Verhältnis Lohn-Rente ändert. 5.2 Totale Faktorvariation Neben den Ertragskurven bei partieller Faktorvariation kann man sämtliche Faktoren variieren (totale Faktorvariation). Dabei werden sämtliche Faktoren mit einem µ-Wert simultan gesteigert. Funktionen, die ein konstantes Verhältnis der Produktionserhöhung bei Steigerung sämtlicher Faktoren haben, heißen homogen. Es kann somit gelten bei Niveauvariation: Q(µ v1 , µ v2) = µh Q(v1 , v2 ) . (383) 196 Für den Fall h = 1 handelt es sich um eine linear homogene Funktion mit konstanten Skalenerträgen. Für h > 1 spricht man von steigenden Skalenerträgen. Für h < 1 spricht man von fallenden Skalenerträgen. Die Skalenelastizität wir bestimmt durch: ǫ(Q, µ) = ∂Q ∂µ ! µ Qµ = h µh−1 h = h . Q µ Q (384) Somit entspricht die Skalenelastizität dem Homogenitätsgrad. Die Inputkoeffizienten sind: ai = vi Q also ai (µ) = µ vi µ vi = h = µ1−h ai Q(µ vi ) µ Q(vi ) (385) > < = 0 für h = 1 < > (386) Somit ∂ai (µ) = (1 − h) µ−h ai ∂µ Bei steigenden Skalenerträgen fallen die Inputkoeffizienten, d.h. es würden prozentual weniger Faktoren eingesetzt für eine höhere Produktionseinheit. Für die Cobb-Douglas-Funktion ist die Skalenelastizität gleich der Summe aus den Produktionselastizitäten: Q = A v1α v2β ⇒ (µQ) = A (µ v1 )α (µ v2 )β = µα+β Q . (387) (388) Also ist h = α + β. Für α + β > 1 hat man steigende Skalenerträge, für α + β = 1 konstante Skalenerträge und für α + β < 1 fallende Skalenerträge. 197 Die Niveauproduktionsfunktionen lassen sich einteilen in: Q d Q d m h = 1 m m d Q d m Q h > 1 m m d Q d m Q h < 1 m Niveauertragskurve m Niveaugrenzertragskurve Die Skalenelastizität misst die prozentuale Zunahme der Ausbringungsmenge infolge einer prozentualen Änderung des Produktionsniveaus: ǫ(Q, µ) = dQ Q dµ µ (389) . 198 Q h > 1 h = 1 h < 1 v 1/v 2 Bei einer Niveauvariation werden die Faktoren v1 und v2 jeweils um µ erhöht. v 2 D v D m 2 Q m Q D v v 1 1 Aufgrund des Strahlensatzes gilt: ∆µ ∆v1 ∆v2 dµ dv1 dv2 = = ⇔ = = . µ v1 v2 µ v1 v2 199 (390) Für homogene Funktionen gilt somit immer: Die Skalenelastizität ergibt sich aus der Summe der Produktionselastizitäten. ∂Q ∂Q dv1 + dv2 , ∂v1 ∂v2 dQ ∂Q dv1 v1 ∂Q dv2 v2 = + . Q ∂v1 v1 Q ∂v2 v2 Q dQ = Mit dv1 v1 = dv2 v2 = dµ µ (391) (392) folgt: dQ µ ∂Q v1 ∂Q v2 = + Q dµ ∂v1 Q ∂v2 Q (393) und somit: (394) ǫ(Q, µ) = ǫ(Q, v1 ) + ǫ(Q, v2 ) . Dies gilt für Niveauvariation, wenn alle Faktoren um dµ gesteigert werden. Bsp.: Cobb-Douglas-Funktion mit h = α + β: ∂Q ∂Q = α A v1α−1 v2β , = β A v1α v2β−1 ∂v1 ∂v2 ⇔ (α + β) A v1α v2β = α A v1α−1 v2β v1 + β A v1α v2β−1 v2 (395) (396) Ist die Produktionsfunktion homogem von Grade h, so sind die Grenzproduktivitäten als Funktion von v1 , v2 homogen vom Grade h − 1. Bsp.: ∂Q(µ v1 , µ v2 ) ∂Q(v1 , v2 ) = µh ∂v1 ∂v1 ∂Q(µ v1 , µ v2) ∂Q(v1 , v2 ) ⇔ µ = µh ∂(µ v1 ) ∂v1 ∂Q(µ v1 , µ v2 ) ∂Q(v1 , v2 ) ⇔ = µh−1 ∂(µ v1 ) ∂v1 (397) (398) (399) Für homogene Funktionen vom Grad 1 sind die Grenzproduktivitäten somit vom Grad null. 200 Für die technische Subsitutionsrate ergibt sich folgende Lösung: dv2 f∗ µh−1 f1 f1 = − 1∗ = − h−1 =− dv1 f2 µ f2 f2 (400) Daraus folgt für homogene Funktionen: Da die Niveauvariation durch ein konstantes Faktoreinsatzverhältnis µµ vv21 = v2 = konst. gegeben ist, ist die Niveaukurve in der v1 − v2 −Ebene eine v1 Gerade. Auf dieser Geraden sind sämtliche Substitutionsraten identisch. Im Schnittpunkt dieser Geraden mit den Isoquanten haben die Isoquanten immer die selbe Steigung. Man kann auch sagen, dass das Verhältnis der Grenzproduktivitäten proportional von der Faktorintensität vv21 abhängt. Man kann sich dies auch grafisch verdeutlichen: v 2 A B C Q Q v Q 1 Eine Skalenelastizität > 1 bedeutet, dass die Abstände der Produktionsniveaus immer enger werden. 201 v 2 Q = 4 Q = 1 v Q = 3 Q = 2 1 während bei einem Homogenitätsgrad h < 1 die Abstände immer größer werden. Dies wird einem klar, wenn man sich das (Produktions-)Gebirge vorstellt. Q 1 v 1 1 2 1 Q = 4 1 v 1/v Q = 1 v 2 Q = 2 Q = 3 1 Für die Cobb-Douglas-Funktion gilt: dv2 α v2 q1 f1 =− = = f2 dv1 β v1 q2 (401) Der Expansionspfad ist somit durch die implizite Funktion: (402) β q1 v1 − α v2 q2 = 0 gegeben. 202 Der Expansionspfad definiert die Miminmalkostenkombination. Wir wissen, dass die Steigung der Isoquanten gleich dem Verhältnis der Grenzproduktivitäten, respektive bei homogenen Funktionen proportional zum Faktoreinsatzverhältnis, ist. Und da das Verhältnis der Grenzproduktivitäten auch gleich dem Faktorpreisverhältnis ist (aufgrund der Annahme der Gewinnmaximierung), muss der Expansionspfad genau wie bei einer Niveauvariation in der v1 − v2 -Ebene eine Gerade sein. Für linear-homogene Funktionen (h = 1) gilt, dass die Grenzproduktivität homogen vom Grade null ist. Auf einem Strahl durch den Ursprung ist die Grenzproduktivität somit konstant. Die homothetische Funktion ist ein Sonderfall. Man kann sie als Allgemeinfall ansehen. Zunächst ist sie konvex, dann konkav. (403) Q = Q(V ) = F (H(V )) F (z) F (0) = 0 , F (1) = 1 , F ′ > 0 für z > 0 ′′ ∗ F > 0 für 0 < z < z , F ′′ < 0 für z ∗ < z < z ∗∗ Q (404) d Q d m h < 1 h > 1 m Zunächst fallen die Inputkoeffizienten, da h > 1, dann fallen die Skalenerträge (h < 1) und die Inputkoeffizienten steigen. Wenn die Skalenerträge fallen, 203 m dann wird weniger produziert, aber für die gleiche Mengeneinheit mehr Faktoreinsatz benötigt. Da die Inputkoeffizienten vQi den Faktoreinsatz für eine Produktionseinheit angeben, steigen die Inputkoeffizienten. Die homothetische Funktion ist somit das „Ertragsgesetz“ für Niveauvariaton. Auch bei homothetischen Funktionen ist die Faktorintensität konstant und die Niveaukurve im v1 − v2 -Diagramm eine Gerade. 5.3 5.3.1 Kosten Kurzfristige Kostenfunktionen Es werden kurzfristige Kostenfunktionen und langfristige Kostenfunktionen unterschieden. Zur Erleichterung der Vorstellung wird bei vielen Autoren angenommen, dass in der kurzfristigen Analyse nur ein Faktor variabel ist, d.h. Q(v1 , v̄2 ). Die Kostenfunktion ergibt sich somit sehr einfach über die Ertragskurve, indem die Faktormenge mit dem Faktorpreis multipliziert wird und die fixen Kosten hinzuaddiert werden. K(Q) = q1 v1 (Q) + q2 v̄2 = q1 v1 (Q) + F . (405) Der Graph wird somit um die 45◦ -Achse gespiegelt. Fallende Grenzerträge bedeuten somit steigende Kosten. Bsp.: Die neoklassische Funktion: 204 Q K F v Q 1 Es gibt folgende wichtige Begriffe: • Totale Durchschnittskosten: DTK = q1 v1 F + . Q Q • Durchschnitt der variablen Kosten: DVK = • Grenzkosten: GK = q1 v1 . Q ∂K . ∂Q • die durchschnittlichen Fixkosten: DFK = F . Q Somit lassen sich für die einzelnen Ertragskurven folgende Kostenkurven bestimmen: 5.3.2 Die linear-limitationale Produktionsfunktion Die durchschnittlichen Fixkosten werden immer kleiner, da die Fixkosten auf eine immer größer werdende Produktionsmenge umgelegt werden. Da die Kostenkurve bis zum Punkt B eine konstante Steigung besitzt, sind die durchschnittlichen variablen Kosten und die Grenzkosten positiv und konstant. Die totalen durchschnittlichen Kosten liegen um DFK über der DVKKurve. Ab dem Punkt B macht die Verwendung des Faktors v1 keinen Sinn 205 Q K G K K D T K B D V K G K , D V K F D F K v Q 1 Q mehr, die Kosten steigen sprunghaft an. Dort ist die Produktion ineffizient, da v1 gar nicht verwendet wird. 5.3.3 Die neoklassische Funktion Die Grenzkosten sind steigend, die durchschnittlichen variablen Kosten nehmen ebenfalls zu, sind jedoch kleiner als die Grenzkosten, da tan(β) < tan(α). Die durchschnittlichen Fixkosten sind zunächst ∞, da sich die konstanten Fixkosten auf eine minimale Ausbringungsmenge umlegen, dann schmiegen sie sich an die Abszisse an. Aufgrund DTK=DVK+DFK ist die DTK-Kurve immer größer als die DVK-Kurve und läuft bei Q → ∞ asymptotisch gegen die DVK-Kurve. Q K K v F a b D T K G K D V K D F K Q 1 206 Q 5.3.4 Ertragsgesetzliche Funktion Q K B K D T K D V K F v G K B D F K Q 1 Q Wie sonst liegen die DTK über den DVK und DFK. Im Punkt B hat die Kostenkurve eine Steigung, die gleich den durchschnittlichen variablen Kosten ist. Links von B sind die Grenzkosten kleiner als die durchschnittlichen variablen Kosten. Rechts von B umgekehrt, d.h. die Grenzkosten sind größer als die DVK. Im Punkt B haben die Grenzkostenkurve und die DVK-Kurve einen gemeinsamen Punkt. Dieser Kostenverlauf wird als typisch angesehen. Die Auswirkungen auf die Angebotsfunktion werden sich später zeigen. 5.3.5 Bestimmung der konstenminimalen Menge Da es sich jedoch anbietet, mit 2 Faktoren auch in der kurzfristigen Analyse zu arbeiten, lauten bei manchen Autoren die kurzfristigen Kosten wie folgt: K(v1 , v2 , F ) = q1 v1 + q2 v2 + F . (406) Die Kostenkurve K(Q) ergibt sich folgendermaßen. Für eine gegebene Produktionsmenge Q = f (v1 , v2 ) sollen die Kosten minimiert werden. Die Lagrange-Funktion lautet: L = K(v1 , v2 , F ) + λ (Q − f (v1 , v2 )) → min . (407) Daraus ergeben sich die Bedingungen 1. Ordnung: (408) (409) (410) L1 = q1 − λ f1 = 0 , L2 = q2 − λ f2 = 0 , Lλ = Q − f (v1 , v2 ) = 0 , 207 woraus folgt: ⇒ q1 f1 = , q2 f2 λ= q1 q2 = . f1 f2 Die Steigung der Isoquanten hältnis der Faktoren: dv2 dv1 = − ff12 ist gleich dem reziproken Preisver- dv2 q1 =− . dv1 q2 1 λ f1 q1 (411) (412) ist gleich dem Grenzertrag des Geldes: Grenzertrag des Faktors 1 Grenzertrag des Faktors 1 Faktoreinheit = zusätzliche zusätzlicher Geldbetrag = zusätzlicher Geldbetrag zusätzliche Faktoreinheit 208 Es lassen sich mehrere Interpretationen geben: • Der Grenzertrag des Geldes ist für jeden Faktor gleich: fq11 = fq22 . Ist dies nicht der Fall, so erzielt das Geld in der alternativen Verwendung einen höheren Ertrag und die Ausgaben für die Faktoren sollten umgeschichtet werden. 1 2 • die Faktorgrenzkosten sind gleich ∂v q = ∂v q . Dies ist der zusätzliche ∂Q 1 ∂Q 2 Faktoreinsatz, der notwendig ist, um eine weitere Ausbringungseinheit herzustellen multipliziert mit den Kosten des Faktors. Bei alternativ substituierbaren Produktionsfaktoren schneiden die Isoquanten die Achsen. Daher ist dort auch eine Randlösung möglich. Hierbei sind 1 2 die Optimalitätsbedingungen nicht erfüllt. Es gilt z.B.: ∂v q > ∂v q , somit ∂Q 1 ∂Q 2 wird nur Faktor 2 in der Produktion verwendet, da der Faktor 1 gemessen an seiner Produktivität zu teuer ist. Auch bei Nebenbedingungen als Ungleichungen (wie v1 ≥ 0, v2 ≥ 0) kann es sein, dass die Optimalitätsbedingung im ersten Quadranten nicht erfüllt ist. Dann ist auch eine Randlösung möglich. Dann gelten die Kuhn-Tucker-Bedingungen: [λ − fqii ] vi = 0 mit λ ≤ fqii und vi ≥ 0 für i = 1, 2. Man kann sich dies auch im Graph verdeutlichen: v 2 K -F q 2 E x p a n s io n s p fa d K -F q 1 v 1 (413) K = q1 v1 + q2 v2 + F , 209 q1 K −F − v1 , q2 q2 v1 v2 1 = K−F + K−F . (414) v2 = q1 (415) q2 Bei einer Steigerung von q1 verschiebt sich der Abszissenabschnitt nach innen. Gleichzeitig erhöht sich die Kostensumme. Somit verschiebt sich der Ordinatenabschnitt ebenso ein wenig nach außen. Im Optimum geht es darum, dass die Kostenkurve die Isoquante tangiert. Somit: f1 q1 dv2 =− =− . dv1 f2 q2 (416) Die Gesamtheit aller kostenminimierenden Faktorkombinationen sind durch den Expansionspfad bestimmt. Er ergibt sich aus den Bedingungen 1. Ordnung, indem die Zuordnung zwischen v1 und v2 gewonnen wird. Der Expansionspfad einer homogenen oder homothetischen Funktion ist immer eine Ursprungsgerade. Bsp. für Cobb-Douglas-Funktion: Q = A v1α v2β , L = q1 v1 + q2 v2 + F + λ(Q̄ − A v1α v2β ) , ∂L = q1 + λ(−A α v1α−1 v2β ) = 0 ∂v1 Q̄ ⇔ q1 + λ (− α) = 0 , v1 ∂L Q̄ = q2 + λ (− β) = 0 , ∂v2 v2 ∂L = Q̄ − A v1α v2β = 0 , ∂λ q1 α v2 = , q2 β v1 oder v2 = β α v1 q1 q2 = c v1 , da β q1 α q2 = konst. 210 (417) (418) (419) (420) (421) (422) (423) Die kostenminimierende Faktorkombination lautet: Q̄ = A v1α v2β = A v1α cβ v1β = A v1α+β cβ , Q̄ −β c A v1∗ = ! 1 α+β Q̄ α c A v2∗ = , ! (424) 1 α+β (425) . Für α + β = 1 folgt: v1∗ = Q̄ α−1 c , A v2∗ = Q̄ α c . A (426) Die Kostenfunktion wird aus den Bedingungen 1. Ordnung ermittelt, indem v1∗ und v2∗ in die Funktion K(v1 , v2 , F ) eingesetzt wird. Für (α + β = 1) erhalten wir: K(Q̄) = (q1 cα−1 + q2 cα ) Für α = β = 1 2 Q̄ +F . A ergibt sich z.B. mit c = K(Q̄) = q1 q1 q2 !−1/2 (427) 1/2 q1 1/2 q2 q1 q2 + q2 = !1/2 √ Q̄ = 2 q1 q2 + F . A q1 : q2 Q̄ +F A (428) (429) Allgemein lautet die Kostenfunktion einer Cobb-Douglas-Funktion: 1 − α+β K(Q) = (α + β) A Aus Q = A v1α v2β und Q v1 = A 1 α+β v2 v1 q1 α = β q1 α q2 −β α+β q1 α α α+β q2 β ! β α+β 1 Q α+β + F . (430) folgt: q2 β ! β α+β . (431) Für α + β = 1 gilt insbesondere: K(Q) = a q1α q2β Q + F . (432) 211 Für homogene Funktionen nehmen die variablen Kosten K = q1 v1 + q2 v2 mit Q homogen zu, d.h. K steigert sich um µ und Q um µh . Somit wächst K gemessen an Q homogen vom Grad h1 . • Ist h > 1, dann hat die Kostenfunktion fallende Grenzkosten 1 h • Ist h < 1, dann hat die Kostenfunktion steigende Grenzkosten < 1. 1 h > 1. • für h = 1 sind die Grenzkosten konstant. Somit kann alles, was wir über homogene Funktionen kennen, auf die Kostenfunktionen übertragen werden. Charakteristika der Prod.-Funktion konstante Grenzerträge Q = a v1 1/2 Q = a v12 Q = a v12 v2 abnehmende Grenzerträge sinkende Skalenerträge erst zu- dann abnehmende Grenzerträge Q= a v12 v13 +a 1 Faktor linear linear überlinear unterlinear unterlinear überlinear ertragsges. ertragsges. 1/2 Q = a v1 v2 steigende Skalenerträge 1/2 Verlauf der Kostenfkt. konstante Skalenerträge zunehmende Grenzerträge Q = a v1 Verlauf der Niveauprod.-fkt. 1/3 1/4 Q = a v1 v2 erst steigende, dann sinkende Skalenerträge Q= 1 2 v12 v22 − 14 v13 v23 2 Faktoren Q = Q(v1 ) K(Q) = VK + FK 212 Für die einzelnen Funktionen lassen sich die Gesetzmäßigkeiten aufstellen. 1) linear homogen (DVK=GK): K K G K , D V K F D V K = G K D T K D F K Q Q Grenzkosten und durchschnittliche Kosten sind konstant. 2) unterlinear homogen (DVK < GK): K K D T K G K D V K < G K D V K F D F K Q Q 213 3) überlinear homogen (DVK > GK): K K D V K > G K D T K F Q D V K G K D F K Q 4) homothetische Funktion: D V K < G K D V K > G K K K G K D T K D V K F D F K Q Q Zunächst steigende, dann fallende Skalenerträge. Dieser Verlauf wird als typischer Kostenverlauf bezeichnet. Man hat dabei die Vorstellung, dass entlang des Expansionspfades der Einsatz der variablen Faktoren zunächst in eine günstige Relation mit den fixen Faktoren hineinwächst und daher der Kostenzuwachs abnimmt, während später die Relation zwischen variablen und fixen Faktoren zunehmend ungünstiger wird und sich dabei der Kostenzuwachs fortgesetzt vergrößert. Eine solche Kostenfunktion 214 sei z.B. durch die kubische Funktion gegeben: K(Q) = a Q3 + b Q2 + c Q + F , a, c > 0 , b<0. (433) Da alle Faktoren gemäß dem Expansionspfad zu variieren sind, ist die Bezeichnung „ertragsgesetzlicher Kostenverlauf“ bei mehreren Faktoren irreführend. Der typische Kostenverlauf lässt sich mit dem Ertragsgesetz allerdings dann begründen, wenn nur ein variabler Faktor vorhanden ist. In diesem Fall gibt es keine Isoquanten und es entfällt die Wahl der optimalen Faktorkombination entlang eines Expansionspfades. (434) Q = f (v1 ) . In einem einzelnen Spezialfall kann man auch bei mehreren Faktoren von einem ertragsgesetzlichen Kostenverlauf sprechen. Wir können uns vorstellen, dass diese Produktionsfunktion aus zwei homogenen Funktionen mit einheitlichem Expansionspfad besteht, die eine mit dem Homogenitätsgrad h > 1, die andere mit h < 1. Der typische Kostenverlauf folgt unmittelbar aus der Eigenschaft des Expansionspfades, ein Strahl aus dem Ursprung mit zunächst schrumpfender, später wieder expandierender Produktionsmengenskala zu sein. Somit, da die Faktorintensität konstant ist, lassen sich die Faktoren zu einem Faktor zusammenfassen. Sonst kann es durchaus sein, dass für die einzelnen Faktoren das Ertragsgesetz gilt, die Kostenkurve aber nicht den typischen Verlauf zeigt. Ebenso muss eine typische Kostenkurve nicht Faktoren mit ertragsgesetzlichen Produktionsfunktionen haben. Die Ableitung der Kostenfunktion nach den Faktorkosten entspricht der Nachfragefunktion für v1 : ∂K(q1 , q2 , Q) = vi . ∂qi (435) Bei steigendem Faktorpreis nehmen die Grenzkosten zu, wenn der Faktor bei der Produktion verwendet wird und der Einsatz mit der Produktion zunimmt. ∂K ′ ∂2K ∂vi = = . ∂qi ∂Q∂qi ∂Q (436) 215 5.3.6 Langfristige Kostenfunktionen Die langfristige Kostenfunktion wird ermittelt, indem alle Faktoren, auch die kurzfristig fixen Faktoren, variabel wählbar sind. Der Ordinatenabschnitt ist somit null. Bei der langfristigen Kostenfunktion kann die Betriebsgröße gewählt werden. Diese Wahl ist von der gewünschten Produktionsmenge abhängig. Geringe Produktionsmengen werden am günstigsten in einem kleinen Betrieb, große Produktionsmengen in einem entsprechend größeren produziert. Ein Unternehmen trifft die Wahl seiner Kapazität dann optimal, wenn für eine gegebene zu produzierende Menge die Kosten minimal sind. Wenn alle Faktoren variabel sind, ist die Kostenfunktion geringer als wenn zusätzlich Nebenbedingungen gelten. Somit ist die langfristige Kostenfunktion die Umhüllende der kurzfristigen Kostenfunktionen. Nur in einem Punkt, wenn die Ausbringungsmenge in der kurzfristigen Analyse zugleich das Optimum in einer langfristige Analyse ist, stimmen die Kosten überein. Sonst sind die kurzfristigen Kosten immer größer. K K 1 K 2 K l F Q Für kurzfristige Analysen mit nur 1 Faktor werden die Zusammenhänge besonders deutlich. Z.B. bei einer Cobb-Douglas-Funktion mit α + β = 1 ist die Niveauproduktionskurve eine Gerade durch den Ursprung. Somit ist die langfristige Kostenfunktion linear. 216 Bsp.: Q = A v1α v21−α Q = A v1α v̄21−α lang , kurz . Die kurzfristige Kostenfunktion ist gegeben durch: K(q1 , Q) = q1 Q c 1/α mit c = A v̄21−α , 0 < α < 1 . + q2 v̄2 (437) Für größeres v2 wird c größer und q1 v1 kleiner. K (v 2) K v 2> v F = q 2v 2 K 2 l G K K K K (v 2) Q D T K Q D V K l Q * D F K Q In diesem auch langfristigen Optimum sind die GK=DTK. Für beliebige Kostenfunktionen muss GKl =GK gelten. GK=DTK muss nicht gelten. 217 K A B C K l F A : G K = D V K B : G K = G K l C : G K = D T K Q Wenn die Ursprungsgerade die Kostenfunktion tangiert, dann sind die Grenzkosten gleich den durchschnittlichen totalen Kosten. Für die Gerade vom Ordinatenabschnitt F gilt im Punkt A GK=DVK. Der Punkt B, in dem die kurzfristige die langfristige Kostenkurve tangiert, kann woanders liegen. Mit Hilfe der Kostenkurven kann man die optimale Betriebsgröße finden. In der kurzfristigen Periode kann man nur mit der gegebenen Betriebsgröße arbeiten. Dort bestimmt die Betriebsgröße die fixen Kosten F . Ist die Entscheidung bezüglich des fixen Faktors getroffen, kann sie kurzfristig nicht mehr verändert werden. Für die Produktionsmenge Q̄ bestünde jedoch auch kein Anlass. Denn die Wahl der Kapazität wurde ja im Hinblick auf die Produktion der Menge Q̄ optimal getroffen. Wir befinden uns sowohl im langfristigen = 0, da die als auch kurzfristigen Kostenminimum. Für die Menge Q̄ ist ∂K ∂F Kapazität F bezüglich der Menge Q̄ optimal gewählt wurde. Also gilt: ∂Kl ∂K(Q̄, F̄ ) ∂K(Q̄, F̄ ) dF̄ (Q̄) ∂K(Q̄, F̄ ) = + = ⇔ GK = GKl (438) ∂Q ∂Q ∂F dQ ∂Q Für die langfristige Kostenfunktion gibt es nur eine Durchschnittskostenkurve, da die fixen Kosten null sind. Die minimalen kurzfristigen Durchschnittskosten markieren die kostenminimale Produktionsmenge für die kurzfristige Periode. 218 K Q 1 Q 3 Q Q 2 Solange die langfristigen Durchschnittskosten fallen, berühren die kurzfristigen Durchschnittskostenkurven die DKl ebenfalls in deren fallenden Bereich (sonst könnten die Steigungen nicht übereinstimmen). Die Menge Q1 wird somit am kostengünstigsten nicht mit einer Kapazität produziert, die dem Minimum einer kurzfristigen Durchschnittskurve entspricht, sondern mit einer Betriebsgröße, bei der das Minimum der zugehörigen kurzfristigen Durchschnittskostenkurve noch nicht erreicht ist. Das ähnliche gilt für Q2 im steigenden Ast. Die optimale Betriebsgröße liegt bei der Produktionsmenge Q3 . Dort erreicht die langfristige Durchschnittskostenkurve ihr Minimum und daher auch die tangierende kurzfristige. Die Produktionsmenge Q3 kann bei der Wahl der zugehörigen Kapazität mit den geringstmöglichen Stückkosten produziert werden. Im Falle einer linear homogenen Produktionsfunktion sind die Grenzkosten konstant. Dort sind konstante Skalenerträge vorhanden. In diesem Fall liegt der Schnittpunkt zwischen der langfristigen und der jeweiligen kurzfristigen Durchschnittskostenkurve gerade im Minimum der entsprechenden kurzfristigen Durchschnittskostenkurve. In diesem Fall ist die optimale Betriebsgröße unbestimmt. Liegt der Güterpreis über den langfristigen Durchnittskosten, so lohnt es sich für ein Unternehmen, den Produktionsapparat auszubauen. Bei einem Güterpreis, der den langfristigen Durchschnittskosten entspricht, ist jede Betriebsgröße optimal. Gesamtwirtschaftlich sieht man, dass im Optimum die Unternehmen gerade keinen Gewinn machen. Ist der Preis höher als die duchschnittlichen langfristigen Kosten, dann lohnt es sich auch für 219 andere Unternehmen, dieses Gut zu produzieren. Obwohl ein Unternehmen den Preis als Datum auffasst, können alle Unternehmen jedoch gemeinsam einwirken. Da das Angebot steigt, ist zu erwarten, dass der Preis sinkt, bis im Extremfall der Güterpreis gleich den langfristigen Durchschnittskosten ist. K D K p * D K 1 2 K p l Q Q Für unterlineare Kostenfunktionen gibt es kein Betriebsoptimum. Da die Durchschnittskosten immer wieder sinken, wird das Unternehmen bestrebt sein, einen möglichst großen Betrieb zu führen. Auch in diesem Fall stimmt das Optimum der kurzfristigen Kostenfunktionen (im Minimum der Durchschnittskosten) nicht mit dem langfristig kostengünstigsten Produktionsplan überein. K K 1 K 2 K K D K Q l Q 1 o p t 1 (k o s te n g ü n s tig ) fü r B e trie b s g rö ß e F D T K Q Q 220 1 Q o p t Q l Empirische Studien haben gezeigt, dass für die Industrie ein Verlauf der langfristigen Kosten als typisch gelten kann, der erst durch steigende und anschließend durch konstante Skalenerträge geprägt ist. Bei einer weiteren Ausdehnung der Betriebsgröße treten schließlich sinkende Skalenerträge auf. Die langfristige Durchschnittskostenkurve hat dann das Aussehen einer Badewanne. Die minderoptimale Betriebsgröße ist (MOG). K Q D K 1 1 Q (M O G ) D K 2 2 D K l Q Betrachtet man die Durchschnittskostenkurven bei gegebener Betriebsgröße, lassen sich folgende Aussagen machen. Wie sich zeigen wird, wird für ein Gut ein Preis gewählt, der gerade den Grenzkosten entspricht (p = GK). Somit ist das Betriebsminimum (Q2 ) dort, wo die Grenzkosten gleich den variablen Durchschnittskosten sind. Dabei kann man zwar nicht mit Gewinn arbeiten, aber da die fixen Kosten sowieso anfallen, minimiert man mindestens den Verlust. Wenn die totalen Durchschnittskosten minimal sind, dann spricht man vom Betriebsoptimum oder der Gewinnschwelle (Q3 ). Erst wenn der Preis größer ist als das Minimum der DTK, dann macht man Gewinn. Gesamtwirtschaftlich ist dies ein Optimum, da dann alle Anbieter gerade keinen Gewinn machen und die aggregierte Angebotsfunktion konstant ist. Dass der Gewinn null ist, bedeutet aber nicht, dass nichts gewonnen wird. Die kalkulatorischen Kosten wie Unternehmerlohn sind in den Kosten eingeschlossen. 221 Q K : G K = D V K Q 3: G K = D T K G K 2 D T K D V K D F K Q 5.4 2 Q 3 Q Dualität Auch hier lässt sich ein duales Problem lösen. Q = f (v1 , v2 ) → max mit K = q1 v1 + q2 v2 + F . v 2 fü r K * is t Q m a x im a l v 1 Somit gilt Q = Q(q1 , q2 , K). Shephard’s Lemma lautet: ∂K(q1 , q2 , Q) q2 = vi∗ ( , Q) ∂qi q1 i = 1, 2 . 222 (439) Man spricht von konditionaler Faktornachfrage oder in Analogie zu Hick’schen Nachfrage des Haushalts von kompensierter Faktornachfrage: qj vi∗ = vi ( , Q̄) , (440) qi da die Minimalkostenkombination bei gegebener Produktionsfunktion vom Verhältnis der Faktorpreise qq21 und der zu produzierenden Menge Q̄ abhängt. K = q1 v1 ( 5.5 q2 q1 , Q) + q2 v2 ( , Q) + F = K(q1 , q2 , Q) q1 q2 (441) Das Angebot Es stellt sich nun die Frage wie das Angebot gewählt werden soll bei gegebenem Marktpreis. Für einen Mengenanpasser ist der Marktpreis ein Datum. Es stellt sich für also nur die Frage der Produktionsgröße. Er wird eine solche Produktion wählen, dass sein Gewinn maximiert wird. Der Erlös ergibt sich aus der Produktion multipliziert mit dem Marktpreis: (442) E = pQ . Der Gewinn ermittelt sich aus Erlös minus Kosten. Die Kostenfunktion gibt wie bekannt bereits die kostenminimale Menge an. Unter diesen kostenminimalen Mengen wird nun diejenige gewählt, die bei gegebenem Preis den größten Gewinn erwirtschaftet: G = E − K = p Q − q1 v1 − q2 v2 − F → max . (443) Aufgrund der kostenminimalen Menge kennen wir K(v1 , v2 , F ) in Abhängigkeit von Q ⇒ K(Q, F ). G = p Q − K(Q) , ∂G ∂K = p− = p − GK = 0 ⇔ p = GK , ∂Q ∂Q ∂2G ∂2K = 0 − < 0 ⇔ K ′′ > 0 . 2 2 ∂Q ∂Q (444) (445) (446) Der Preis muss gleich den Grenzkosten sein und dies muss im steigenden Ast der Grenzkostenkurve der Fall sein. Diese Bedingung ist klar. Sie ist nur erfüllt für fallende Grenzerträge oder fallende Skalenerträge, also für konkave Technologien. Wie sich zeigen lässt, ist bei konstanten GK oder fallenden GK 223 die Absatzmenge unbestimmt. Man kann die Ableitung auch schreiben: ∂G ∂Q ∂p Q + p − GK = 0 ∂Q 1 ∂p Q ⇔ p( + 1) = GK ⇔ p ( + 1) = GK ∂Q p ǫQ,p (447) = (448) Man bezeichnet diese Beziehung auch als Amoroso-Robinson-Beziehung. ǫQ,p ist die Preiselastitzität der Nachfrage. Da E ′ (Q) ≥ 0 gelten muss, folgt daraus die Nebenbedingung: p( 1 ǫQ,p + 1) ≥ 0 ⇒ 1 ǫQ,p (449) ≥ −1 ⇔ ǫQ,p ≤ −1 . Da wir unterstellen, dass das Unternehmen ein Mengenanpasser ist, ist ǫQ,p = −∞. Steigt der Preis nur um 10%, so verliert er sofort alle Nachfrager. Somit gilt für den Mengenanpasser: p = GK. Eine weitere Bedingung ist notwendig. K K ,E E = p Q D T K K G K K p D V K m a x Q Q G K D T K D V K p Q o p t Q Aus der ersten Abbildung sehen wir, dass im Gewinnmaximum der Abstand zwischen E und K maximal sein soll. Dies gilt für den Punkt, in dem die Steigungen gleich sind. Eine weitere Bedingung kann man aus den beiden anderen Abbildungen ersehen. Liegt der Preis über den durchschnittlichen totalen Grenzkosten, dann macht das Unternehmen den schraffiert dargestellten Gewinn. Werden weniger als die DTK erwirtschaftet, so lohnt sich die Produktion zunächst, wenn der Preis über den DVK liegt, da wenigstens ein Deckungsbeitrag zu den Fixkosten anfällt, die ohnehin bezahlt werden 224 müssen. Ist die Preiserwartung so, dass die Unternehmung von einem steigenden Preis ausgeht, dann wird sie bereit sein, für eine geraume Zeit unter den DTK zu produzieren und vielleicht auf Lager zu produzieren. Das langfristige Betriebsoptimum liegt im Minimum der DTK-Kurve. Dort wird gerade kein Gewinn erzielt. Dass p=GK sein muss, lässt sich plausibel erklären. Wird rechts vom Optimum produziert, dann sind die Grenzkosten höher als der Grenzerlös. Die Produktion lohnt sich nicht. Für geringere Produktion sind die Grenzkosten zwar geringer, aber man verliert einen Teil des Erlöses. Streng genommen gilt diese Optimierung nur für konkave Technologien oder bei ertragsgesetzlichem Verlauf bei fallenden Grenzerträgen oder fallenden Skalenerträgen. K K F 1 K K 2 K F 3 3 K l D K D K 1 2 F 2 1 Q G K 1 Q 3 1 Q G K 2 G K l= D K l Q (= K a p a z itä ts g re n z e ) Q Es spielt dabei keine Rolle, von welcher Kostenfunktion man ausgeht, ob von einer kurz- oder langfristigen Kostenkurve. Wie bereits bekannt, kann langfristig die Betriebsgröße gewählt werden. Für steigenden Fixkosten-Faktoreinsatz, d.h. zunehmender Betriebsgröße, gilt eine andere Produktionsfunktion, folglich auch ein anderes System von Isoquanten und Minimalkostenkombinationen. Drei typische Kostenverläufe sind eingezeichnet. Die Funktion K 1 gilt bei relativ kleiner Betriebsgröße F 1 . Sie ist für kleinere Mengen Q günstiger. Das Minimum der Kosten findet sich jeweils in Q1 oder z.B. Q3 . Die Umhüllende all dieser Minima ergibt die langfristige Kostenkurve. Da in den Minima GKi = GKl , schneidet die Grenzkostenkurve GKi die langfristige Grenzkostenkurve von unten, da die kurzfristige Kostenkurve steiler verläuft. 225 In diesem Fall ist die langfristige Kostenkurve konkav. Würde man eine Angebotskurve anhand der langfristigen Kostenkurve erstellen, wäre die Angebotsmenge nicht bestimmt, sondern die Unternehmung würde bei einem Preis p = GKl so viel wie möglich produzieren, mindestens also bis an die Kapazitätsgrenze gehen. Für einen Preis unter den langfristigen Grenzkosten würde sich die Produktion nicht lohnen. Ähnlich ist es bei steigenden Grenzerträgen bzw. steigenden Skalenerträgen, da es auch hier Sinn macht, die Produktion immer weiter auszuweiten. Hier versagt also die Optimalitätsbedingung p = GK. K 1 K K F F K 2 D K 2 l p 1 G K Q Q 5.5.1 D K l l Analyse des Gewinnmaximus Analytisch lässt sich wie folgt vorgehen. G = pQ− m X (450) qi vi . i=1 Wir bilden den Lagrange-Ansatz. L = pQ− m X i=1 qi vi − λ [Q − f (v1 , v2 , · · · , vm )] , ∂L = p−λ = 0 , ∂Q (451) (452) 226 ∂f ∂L = −qi + λ =0 i = 1, · · · , m , ∂vi ∂vi ∂L = −[Q − f (v1 , · · · , vm )] = 0 . ∂λ (453) (454) Daraus folgen folgende Beziehungen: qi = p ∂f = p fi , ∂vi (455) p = qi ∂vi , ∂Q (456) oder oder qi = fi . p (457) fi ist die Grenzproduktivität des Faktors i. Bewertet mit dem Produktpreis ist sie eine Wertgröße und heißt Wertgrenzprodukt. Das Wertgrenzprodukt ist jener Betrag, den der Unternehmer beim Verkauf einer zusätzlichen Menge erlösen kann. Es ist aber auch gleichzeitig der Betrag, den das Unternehmen bereits wäre für den Faktor zu zahlen, also qi = p fi . qi p kann mal als Realentlohnung des Faktors i auffassen, wobei die nominale Entlohnung auf den Preis des in diesem Unternehmen hergestellten Produkts bezogen wird. Das Optimum ist erreicht, wenn die Faktoren in einer solchen Menge eingesetzt werden, dass sich ihre Grenzproduktivitäten der Realentlohnung angeglichen haben, wenn also die Faktoren nach ihren Grenzprodukten real entlohnt werden ( qpi = fi ). Die Faktorgrenzkosten werden durch fqii bestimmt. Somit gilt, dass die Faktorgrenzkosten, die wie in jeder Minimalkostenkombination sich sowieso angleichen, darüber hinaus gleich dem Marktpreis bzw. den Grenzkosten überhaupt sind (p = fqii ). λ ist wie in der Haushaltstheorie der Schattenpreis einer zusätzlichen Outputeinheit. Im Gewinnmaximum sind Schatten- und Marktpreis gleich. Ist der Lagrange-Multiplikator λ = p, dann erhält der Unternehmer für jede „zuviel“ produzierte Einheit auf dem fiktiven Markt nun einen Preis in der 227 Höhe von p, während seine Grenzkosten höher sind als p. Für jede „zu wenig“ produzierte Outputeinheit, die der Unternehmer zukauft, zahlt er den Preis p, während seine Grenzkosten geringer wären als p. Eine zusätzliche Bedingung, die erfüllt wird, ist die Minimalkostenkombination, wenn man die Gleichungen dividiert. Dies ist klar, da die Kostenfunktion K(Q) bereits die Minimalkostenkombination erfüllt. qi fi = . qj fj (458) ∂Q Aufgrund der Gleichung qi = p ∂v erhält man: i qi vi = p ∂Q vi Q ⇔ qi vi = p Q ǫQ,vi ∂vi Q (459) Das bedeutet, dass die Faktoren gemäss den Produktionselastizitäten entP lohnt werden. Für m i=1 ǫQ,vi = 1 wird der gesamte Erlös E = p Q auf die Faktoren verteilt und es entsteht kein Gewinn. Bei konkaver Technologie Pm Teil der Gewinne zu, während bei i=1 ǫQ,vi < 1 fließt den Faktoren nur ein Pm steigenden Skalenerträgen, also ǫQ,µ = n=1 ǫQ,vi > 0, die Faktoren nicht nach den Wertgrenzprodukten entlohnt werden können, da sonst mehr als der Erlös verteilt würde. G = pQ− K = pQ− = Q p (1 − m X i=1 m X i=1 qi vi − F = Q p − m X i=1 fi p vi − F (460) (461) ǫQ,vi ) − F . Ähnliches kann man mit Hilfe des Euler-Theorems feststellen. ∂Q(µ v1 , µ v2) ∂µ vi = h µh−1 Q(µ v1 , µ v2) µ=1 ∂(µ vi ) ∂µ i=1 m X m X m X ∂Q ⇔ vi = h Q ⇔ fi vi = h Q . i=1 ∂vi i=1 (462) (463) Multipliziert mit p erhält man: (464) p f1 v1 + p f2 v2 = p Q h . 228 Für linear-homogene Produktionsfunktionen gilt das Adding-Up-Theorem. Aufgrund p f1 = q1 gilt: (465) q1 v1 + q2 v2 = p Q . Der Erlös wird bei einer linear homogen Produktionsfunktion also vollständig auf die Produktionsfaktoren aufgeteilt. Der Konkurrenzdruck sorgt bei offenen Märkten dafür, dass im langfristigen Gleichgewicht jedes Unternehmen mit mindestoptimaler Betriebsgröße im Betriebsoptimum produziert und Nullgewinn erzielt. Das Adding-UpTheorem folgt in diesem Fall auch für klassische Kurvenverläufe (erst steigende, dann fallende Skalenerträge) aus der Nullgewinnbedingung: (466) (467) G = p Q − q1 v1 − q2 v2 = 0 ⇔ p Q = q1 v1 + q2 v2 . 5.5.2 Eine Analyse des Extremalproblems Die analytische Lösung lautet: (468) (469) (470) p f1 = q1 , p f2 = q2 , Q = f (v1 , v2 ) . Folglich gilt: p f11 dv1 + p f12 dv2 = dq1 − f1 dp , p f21 dv1 + p f22 dv2 = dq2 − f2 dp , −f1 dv1 − f2 dv2 + dQ = 0 , (471) (472) (473) dv1 p f11 p f12 0 dq1 − f1 dp p f21 p f22 0 dv2 = dq2 − f2 dp . −f1 −f2 1 0 dQ (474) Nach der Cramer’schen Regel gilt: 2 ∆ = p2 (f11 f22 − f12 ), 1 dQ = [(dq2 − f2 dp) (−f1 p f12 + p f11 f2 ) ∆ 229 (475) (476) +(dq1 − f1 dp) (−f2 p f21 + p f22 f1 )] , 1 = [dq2 (p f11 f2 − p f12 f1 ) ∆ +dq1 (p f22 f1 − p f21 f2 ) +dp p (2 f1 f2 f12 − f22 f11 − f12 f22 )] . (477) (478) (479) (480) Ceteris paribus ist: p dQ = (2 f1 f2 f12 − f22 f11 − f12 f22 ) . dp ∆ (481) Für konkave Technologien wird der Klammerausdruck positiv und da dQ >0 dp muss ∆ ebenso größer als null sein. Da wir somit schon wissen, welches Vorzeichen ∆ hat, können wir weitere Aussagen machen. 1 [dq1 p f22 − dq2 p f12 + dp p (f2 f12 − f1 f22 )] , ∆ 1 = [dq1 (−p f21 ) + dq2 p f11 + dp p (f1 f12 − f2 f11 )] . ∆ dv1 = (482) dv2 (483) Somit gilt mit f12 > 0, f11 < 0 und f22 < 0: ∂v1 1 = p f22 < 0 , ∂q1 ∆ ∂v2 1 = − p f21 < 0 , ∂q1 ∆ ∂Q 1 = p(f22 f1 − f2 f21 ) < 0 , ∂q1 ∆ (484) (485) (486) bzw.: ∂v1 1 = − p f12 < 0 , ∂q2 ∆ ∂v2 1 = p f11 < 0 , ∂q2 ∆ ∂Q 1 = p(f11 f2 − f1 f12 ) < 0 , ∂q2 ∆ (488) ∂v1 p = (f2 f12 − f1 f22 ) > 0 , ∂p ∆ (490) (487) (489) und 230 p ∂v2 = (f1 f12 − f2 f11 ) > 0 , ∂p ∆ ∂Q p = (2 f1 f2 f12 − f22 f11 − f12 f22 ) > 0 . ∂p ∆ 5.5.3 (491) (492) Eine Analyse der Kosten Für die Kostensumme ergibt sich: K = q1 v1 + q2 v2 , (493) dK = dq1 v1 + dq2 v2 + q1 dv1 + q2 dv2 (494) 1 = dq1 v1 + dq2 v2 + q1 ( [dq1 p f22 − dq2 p f12 + dp · (· · ·)] ∆ 1 +q2 ( [dq2 p f11 − dq1 p f21 + dp · (· · ·)] . ∆ Ceteris paribus: ∂K ∂q1 ∂K ∂q2 ∂K ∂p 1 1 q1 p f22 − q2 p f21 , ∆ ∆ 1 1 = v2 + q2 p f11 − q1 p f12 , ∆ ∆ p = [q1 (f2 f12 − f1 f22 ) + q2 (f1 f12 − f2 f11 )] . ∆ (495) = v1 + Die Kostensumme steigt, wenn ∂K ∂q1 > 0 oder v1 > − ∆1 q1 p f22 + 231 (496) (497) 1 ∆ q2 p f21 Im v1 , v2 -Diagramm sieht die alte und neue Lösung wie folgt aus: v 2 K 2 v 2* v 2+ Q * v 1+ v 1* K 1 Q + v 1 K Man sieht zunächst, dass bei konstanten Kosten die rote Isokostengerade zu der roten gestrichelten Isokostengerade wird. Um das alte Produktionsniveau zu erreichen, müssten die Kosten steigen. Somit ist die Kostenfunktion über der Kostenfunktion von q1∗ . K fü r q 1+ q G K (q 1+ ) p q 1+ p K fü r q 1* q 1* G K (q 1* ) Q * 1 Q Q + Q * Q Q + Q * Man sieht, dass die Kosten größer sind bei Q∗ . Die Grenzkosten sind im Optimum gleich dem Schattenpreis, wie sich mit 232 Q (416) und (411) leicht zeigen lässt: ∂K ∂v1 ∂v2 ∂v2 ∂v1 = q1 + q2 + q2 ∂Q ∂Q ∂Q ∂v1 ∂Q q1 q2 f1 1 q1 q2 = + + q2 (− ) = = =λ. f1 f2 f2 f1 f1 f2 GK = (498) (499) Die Faktornachfragefunktion v1 = ψ(p, q1 , q2 ) wird aus der Bedingung Faktorpreis=Wertgrenzprodukt q1 = p f1 hergeleitet. Für den 1-Faktorfall ist dies besonders einfach. Um einen Verlust zu vermeiden, muss außerdem gelten: Q p > DV K = q1 v1 also q1 < Qp , v1 (500) so dass folgt: q1 = p f1 < Für q1 > Qp v1 Qp . v1 (501) wird nicht produziert. Die Faktornachfragefunktion lautet also: q 1 p Q v 1 q 1= p f 1 v 233 1 Man kann sie auch grafisch ableiten: q Q p 1 q p 1 E rtra g s k u rv e q a u s f1= v q 1 1 q 1 q 1 v 234 1 p 1 5.5.4 Eine Analyse von Preiswirkungen Steigt der Faktorpreis q1 , so muss (aufgrund q1 = p f1 ) v1 abnehmen, also muss man auf der Ertragskurve nach links gehen zum Punkt A′ . Q A A ' v v 1* 1 v 1 Da aufgrund der Konvexität der Isoquanten f12 > 0 ist, muss die Steigung der Ertragskurve Q = f (v2 ) fallen, somit gilt die Ertragskurve für das neue v̄1 , die unter der Ertragskurve von v1∗ liegt. Q q f2= p 2 fü r v 1* fü r v v 2 v 2* v 1 2 Da q2 konstant geblieben ist, muss weiterhin f2 = qp2 gelten. Da nun eine neue Ertragskurve für v2 gilt, die unter der für v1∗ liegt, nimmt v2 also ab. Dies wiederum führt dazu, dass eine neue Ertragskurve für v1 gilt, somit fällt v1 wieder. Dies geht immer weiter, bis v1 und v2 einem Grenzwert v1+ und v2+ zustreben. 235 5.6 Zusammenfassung Bedingungen für ein Güterangebot sind: • effiziente Faktorallokation, d.h. es existiert eine Produktionsfunktion Q = f (v1 , v2 ) • Minimalkostenkombination d.h. das Preisverhältnis entspricht dem Verhältnis der Grenzproduktivitäten: q1 = ff12 q2 • Gewinnmaximum: Es gibt zwei Bedingungen dafür: 1. Grenzkosten = Produktpreis q1 f1 = q2 f2 =p 2. Wertgrenzprodukt = Faktorpreis q1 = p f1 Aus 1. erhält man die Angebotsfunktion QA = Q(p, q1 , q2 ) . Aus 2. die Nachfragefunktion viN = vi (p, q1 , q2 ) . In einer Partialanalyse wird die ceteris paribus-Regel angewendet, während in einem Totalmodell wie der Marktform der vollständigen Konkurrenz alle Parameter variieren. 236 Die Angebotsfunktion lässt sich grafisch leicht anhand der Kostenkurve ableiten, indem für jeden Preis eine neue Erlöskurve eingezeichnet wird. K (Q ) E (p ) K E (p ) E (p ) Q p p p p Q Da im Gewinnmaximum GK=p gelten muss, ist die Angebotsfunktion gleich den kurzfristigen bzw. langfristigen Grenzkosten. Sie beginnt ab dem Schnittpunkt mit der DVK-Kurve. Man muss die langfristige von der kurzfristigen Angebotsfunktion unterscheiden. Langfristig sind die fixen Faktoren variabel. Die kurzfristigen Kostenkurven liegen immer über der langfristigen Kostenkurve. Zudem wird die langfristige Grenzkostenkurve von unter her von der kurzfristigen Grenzkostenkurve geschnitten. Die kurzfristige Grenzkostenkurve ist somit steiler, das Angebot ist weniger elastisch. Es scheint gut im Betriebsoptimum zu produzieren, wenn die langfristigen totalen durchschnittlichen Kosten minimal sind. Dies gilt aber nur, falls der Preis sich auch einstellt, der eine Produktion im Betriebsoptimum erlaubt. Ist der Preis dagegen höher p > DTKk = GKk , so 237 lohnt sich eine Ausweitung der Produktion. Für die verschiedenen Produktionsfunktionen kann man verschiedene Angebotsfunktionen finden: • Produkt mit sinkenden Skalenerträgen (2 Faktoren) p • homothetische Produktionsfunktion (2 Faktoren) • ertragsgesetzliche Produktionsfunktion (1 Faktor) im Bereich sinkender GrenzerträQ ge • neoklassische Produktionsfunktion (1 Faktor) • linear-limitationale Funktion p • konstante Grenzerträge (1 Faktor) • konstante Skalenerträge (2 Faktoren) linear-homogen Q Während bei steigenden Grenzkosten das Gewinnmaximum klar definiert ist, ist bei konstanten Grenzkosten die Produktion unbestimmt. Erst bei einem höheren Preis wird an der Kapazitätsgrenze produziert. Für fallende Grenzkosten ist das Gewinnmaximum nicht definiert. Es würde sich lohnen, die Produktion immer weiter auszudehnen. 238