Funktionalanalysis I Prof. A. S. Sznitman Nach der Mitschrift von T. Kohn Wintersemester 2004/05 Version vom 22. Februar 2013 Inhaltsverzeichnis Einleitung 5 0 Einige Begriffe der Topologie 9 1 Baire-Kategorie 23 2 Lineare Abbildungen 35 2.1 Stetige lineare Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2.2 Quotientenräume und Produkträume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 3 Prinzipien der Funktionalanalysis 3.1 Gleichmässige Beschränktheit . . . . . . 3.2 Der Satz von der offenen Abbildung . . 3.3 Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Der Satz vom abgeschlossenen Graphen 3.5 Abschliessbare Operatoren . . . . . . . . 4 Der Satz von Hahn-Banach und Konvexität 4.1 Der Satz von Hahn-Banach . . . . . . . . 4.2 Der Dualraum . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Dualität im Hilbertraum . . . . . . . . . 4.4 Trennungssätze für konvexe Mengen und Extremalpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 53 56 58 61 67 75 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 5 Reflexivität und schwache Konvergenz 103 5.1 Reflexivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 5.2 Schwache Topologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 5.3 Schwache* Topologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 6 Spektraltheorie 133 6.1 Spektrum und Resolvente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 6.2 Kompakte Operatoren: Riesz-Fredholm-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . 143 6.3 Spektraltheorie im Hilbertraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Index 167 3 Einleitung Die Funktionalanalysis entwickelt Methoden, die eine Vielfalt von Problemen in unendlichdimensionalen Räumen von Funktionen behandeln. Die lineare Struktur (Vektorraum, Konvexität) und topologische Begriffe (z. B. Vollständigkeit, Kompaktheit) spielen dabei eine wichtige Rolle. Die Wahl des »richtigen« Raums von Funktionen in Anwendungen dieser Methoden ist wesentlich. Beispiele 1. Poisson-Gleichung Sei Ω ⊂⊂ Rd eine kompakte Teilmenge1 . Gegeben f auf Ω sucht man u, so dass −∆u = f u = 0 in Ω auf ∂ Ω Typischerweise hat man keine explizite Lösung für solch ein Randwertproblem. Man versucht richtige Räume von Funktionen X (für u) und Y (für f ) zu finden, sodass für jedes f ∈ Y eine einzige Lösung u ∈ X der obigen Gleichungen existiert. Naiv wählt man zuerst X = C 2 (Ω) und Y = C(Ω). Aber für gewisse f ∈ C(Ω) existiert kein u ∈ C 2 (Ω) ⊃ C 2 (Ω) mit −∆u = f in Ω. Diese naive Wahl ist also kein guter Rahmen. Als »richtigen« Rahmen kann man, wenn Ω glatt genug ist, z. B. den Sobolev-Raum X = H 2 ∩ H01 (Ω) und Y = L2 (Ω) wählen, und sogenannte schwache Lösungen der obigen Gleichungen konstruieren. 2. Schrödinger-Gleichung: eine Anwendung in der mathematischen Physik Man betrachtet das Potential V (·) : Rd → R, die Anfangsbedingung g auf Rd und man sucht u auf R × Rd , Lösungen von i 1 ∂u ∂t = −∆u + V u, Anm.: Die Notation A ⊂⊂ B steht hier offenbar für „A ist kompakte Teilmenge von B“. In anderen Büchern genügt es auch, wenn A kompakte Teilmenge von B ist. 5 Einleitung ut=0 = g, 1 (z. B. d = 3, V (x) = − |x| ). Mit dem Begriff von unbeschränken selbstadjungierten Operatoren gibt die Funktionalanalysis einen Rahmen, um eine (verallgemeinerte) eindeutige Lösung dieser Gleichungen zu konstruieren. Gegeben ein »konkretes« Potential V versucht man zu prüfen, ob die entsprechende Bedingung für diesen Rahmen erfüllt sind oder nicht. Des weiteren liefert die Funktionalanalysis mit der Spektraltheorie (das ist im obigen Beispiel in einem verallgemeinerten Sinn die Analysis der Lösungen von −∆v + V v = Ev, mit E ∈ R beliebig) Methoden, um das asymptotische Verhalten von u in den Gleichungen zu untersuchen. 3. Monotone Kopplung: eine Anwenung in der Wahrscheinlichkeitstheorie Funktionalanalysis hat zahlreiche Anwendungen in der Wahrscheinlichkeitstheorie. Die folgende Anwendung zeigt auch, dass Funktionalanalysis nicht explizit mit partiellen Differentialgleichungen zu tun hat. Wenn µ, ν Wahrscheinlihckeitsmasse auf (R, B(R)) sind, kann man mit »elementaren Methoden« zeigen, dass die folgenden Bedingungen äquivalent sind: I. Z Z f dµ ≤ R II . f dν R für alle beschränkten monoton wachsenden Funktionen f auf R. es existiert ein Wahrscheinlichkeitsmass ρ (»Kopplung von µ und ν«), auf dem Produkteraum (R × R, B(R) ⊗ B(R)) mit ρ({x ≤ y}) = 1 und µ = π1 ◦ ρ, ν = π2 ◦ ρ (πi : kanonische Projektionen). Die Richtung II ⇒I ist elementar, denn aus der Monotonie von f und II folgt: Z Z Z Z f dµ = f (x)ρ(dxdy) ≤ f (y)ρ(dxdy) = f dν. R R×R R×R R Um I ⇒II zu zeigen, benutzt man eine Darstellung von µ und ν als Bild der uniformen Verteilung auf (0, 1) unter »Umkehrfunktionen« der respektiven Verteilungsfunktionen: Fµ (t) := µ ((−∞, t]) ≥ Fν (t) := ν ((−∞, t]) , t ∈ R. Die Äquivalenz I ⇔ II kann man massiv verallgemeinern: sie gilt für µ, ν auf (E, B(R)), wobei E ein vollständiger metrischer Raum mit einer abzählbaren dichten Teilmenge ist, und die Ordnung »≤« (die die Monotonie von f in I bestimmt) 6 Einleitung die folgende Eigenschaft erfüllt: {x ≤ y} ist eine abgeschlossene Teilmenge von E × E. Das ist der Satz von Strassen. Der Beweis ist nicht mehr elementar und stützt sich auf den Satz von Hahn-Banach, siehe Kapitel 4. Der Satz von Strassen spielt eine wichtige Rolle in der »stochastic domination« in der Wahrscheinlichkeitstheorie und hat zahlreiche Anwendungen. Die Vorlesung wird die Grundlagen dieser Methoden der Funktionalanalysis darbieten und einige deren Anwendungen diskutieren. Literatur • Brezis: »Analyse fonctionelle«, • Jänich: »Topologie«, • Reed-Simon: »Functional Analysis«, • Rudin: »Functional Analysis«, • Struwe: »Funktionalanalysis I«, Vorlesungsscript. 7 0 Einige Begriffe der Topologie In diesem kurzen Kapitel diskutieren wir einige Begriffe der Topologie, die für die Funktionalanalysis nützlich sind. D EFINITION Ein topologischer Raum ist ein Paar (X, T) mit einer Menge X und einer Menge T von Teilmengen (genannt offene Mengen) von X, so dass: – – – Beliebige Vereinigungen von offenen Mengen sind offen. Der Durchschnitt von je zwei offenen Mengen ist offen. ∅ und X sind offen. (0.1) (0.2) (0.3) A ⊂ X heisst abgeschlossen, wenn AC ∈ T (d. h. wenn die Komplementärmenge offen ist). U ⊂ X heisst Umgebung von x ∈ X, wenn es ein V ∈ T mit x ∈ V ⊂ U gibt. Beispiele 1. Sei (X, d) ein metrischer Raum, d. h. d : X × X → R+ (die Metrik) ist eine Abbildung, so dass – – – für alle x, y ∈ X: d(x, y) = 0 ⇔ x = y, für alle x, y ∈ X: d(x, y) = d(y, x), für alle x, y, z ∈ X: d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z) (Dreiecksungleichung). (0.4) (0.5) (0.6) Die Topologie von (X, d) ist dann T(d) = {V ⊆ X ∀x ∈ V : ∃ε > 0 : Bε (x) ⊆ V } , (0.7) wobei die offene Kugel Br (x) definiert ist als Br (x) := {y ∈ X d(y, x) < r} , für r ≥ 0. 9 0 Einige Begriffe der Topologie 2. Ist X eine Menge, dann ist die triviale Topologie: Ttriv = {∅, X}. (0.8) Die diskrete Topologie ist: Tdisk = P(X) = {V V ⊆ X} , (0.9) wobei P(X) die Potenzmenge von X ist. Die diskrete Topologie ist von der Form 0.7 mit d(x, y) = (0.10) 0, 1, für x = y für x 6= y. 3. Sei (X, T) ein topologischer Raum und Y ⊂ X. Die induzierte oder Teilraumtopologie auf Y ⊂ X ist T|Y = {O ∩ Y O ∈ T} . (0.11) Zum Beispiel ist [0, 12 ) (= (−∞, 12 ) ∩ [0, 1]) offen für die induzierte Topologie auf [0, 1], wenn R mit der üblichen Topologie versehen ist. 4. X = [0, 1] und T = V ⊆ X V = ∅ oder V C ist höchstens abzählbar . (0.12) Dieses Beispiel ist eher pathologisch1 und ist nützlich, um Gegenbeispiele zu konstruieren. Diese Topologie ist nicht metrisierbar2 , d. h. nicht wie in Beispiel 1 von einer Metrik erzeugt (vgl. 0.26 unten). Anm.: Beispiele für in dieser Topologie offene Menge sind R \ Q ∩ [0, 1] oder Mengen der Form X \ {p}. 1 pathologisch = krankhaft, unnatürlich 2 Anm.: Eine Topologie T heisst metrisierbar, wenn es eine Metrik auf X gibt, die T erzeugt. 10 5. Topologie der punktweisen Konvergenz auf [0, 1] Sei X = R[0,1] die Menge der Funktionen f : [0, 1] → R. T ist dann die Menge der V ⊆ X, mit V beliebige Vereinigung von Mengen O der Form (0.13) O = {f ∈ X ∀γ ∈ Γ : f (γ) ∈ Iγ } , (0.14) wobei Γ ⊆ [0, 1] endlich ist und für jedes γ ∈ Γ Iγ ⊆ R offen ist. (T in 0.13 erfüllt 0.1, 0.2, 0.3: es ist klar für 0.1 und 0.3. Für 0.2 benützt man einfach, dass wenn O, O0 von der Form 0.14 sind, O ∩O0 von der Form 0.14 bleibt). Diese Topologie ist auch nicht metrisierbar, (vgl. 0.26). Für die Terminologie, vergleiche 0.24. 6. Schwache Topologie auf `2 ( X = `2 := reelle Folgen a = (an )n≥0 ∞ X ) a2n < ∞ . n=0 Mit der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung wissen wir, dass für a, b ∈ X: 1/2 X n≥0 |an bn | ≤ X a2n n≥0 1/2 X b2n <∞ n≥0 und (a, b) := X an bn (0.15) n≥0 wohl definiert ist. Für b ∈ X und I ⊆ R offen setzen wir Ob,I = {a ∈ X (a, b) ∈ I} . Die schwache Topologie auf `2 ist dann Tist die Menge der V ⊆ X, wo V beliebige Vereingung von Mengen O der Form Ob1 ,I1 ∩ Ob2 ,I2 ∩ . . . ∩ Obn ,In ist. Wir werden später sehen, dass (X, T) nicht metrisierbar ist. 11 (0.16) 0 Einige Begriffe der Topologie D EFINITION Sei (X, T) ein topologischer Raum und A ⊆ X. – Die abgeschlossene Hülle von A ist \ A := (0.17) F. F ⊇A F – abgeschlossen Der offene Kern von A ist Å := (0.18) [ O. O⊂A O offen – Der Rand von A ist ∂A := A \ Å. (0.19) Als direkte Folgerung der Definition hat man: (A)C = AC (0.20) ◦ , (Å)C = AC . Satz Sei (X, T) ein topologischer Raum und A ⊆ X. x ∈ A ⇔ für jede Umgebung U von x, U ∩ A 6= ∅. (0.21) Beweis x mit F C x 6∈ A ⇒ ∃F abgeschlossen mit A ⊆ F und x 6∈ F ⇒ F C 3 x ist eine Umgebung von ∩ A = ∅. Sei U eine Umgebung von x mit U ∩ A = ∅. Dann ist x ∈ V offen mit V ∩ A = ∅ und damit x 6∈ V C abgeschlossen mit V C ⊃ A. Also x 6∈ A. 2 12 D EFINITION Sei (X, T) ein topologischer Raum. Eine Folge (xn )n≥0 konvergiert gegen x ∈ X (x ist Limes von (xn )n≥0 ), wenn Für jede Umgebung U von x existiert ein n0 ≥ 0 mit xn ∈ U für alle n ≥ n0 . (0.22) (X, T) heisst hausdorffsch, wenn: für jedes Paar x 6= y in X existieren offene Mengen O, V mit x ∈ O, y ∈ V und O ∩ V = ∅. (0.23) Für (X, T) hausdorffsch hat natürlich jede Folge höchstens einen Limes. Im Fall der trivialen Topologie 0.8 (die nicht hausdorffsch ist) konvergiert zum Beispiel jede Folge (xn )n≥0 in X gegen alle x ∈ X! Beispiele 1. Sei (X, d) ein metrischer Raum mit T(d) wie in 0.7. Dann ist (X, T(d)) hausdorffsch. 2. Für Beispiel (5), X = R[0,1] , T wie in 0.13. (X, T) ist hausdorffsch, denn für f 6= g in X existieren t0 ∈ [0, 1], ε0 > 0 mit |f (t0 ) − g(t0 )| > 2ε0 . Dann sind Of = {h |h(t0 ) − f (t0 )| < ε0 } , Og = {h |h(t0 ) − g(t0 )| < ε0 } offen und Of ∩ Og = ∅. Für eine Folge (fn )n≥0 in X gilt: (fn ) konvergiert gegen f ⇔ ∀t ∈ [0, 1] : limn fn (t) = f (t). (0.24) 3. In einem metrischen Raum (X, d) hat man für A ⊆ X: x ∈ A ⇔ ∃(xn )n≥0 mit ∀n ≥ 0, xn ∈ A und xn konvergiert gegen x. (0.25) Die Behauptung gilt nicht unbedingt für einen topologischen Raum (X, T). Zum Beispiel mit X = [0, 1] und T wie in 0.12. Betrachte A = [0, 1). Die Menge {1} ist nicht offen, und folglich trifft jede Umgebung U von 1 die Menge A. Mit 0.21 folgt 1 ∈ AS ⇒ A = [0, 1]. Aber keine Folge (xn ) in A kann gegen 1 konvergieren: O = [0, 1] \ n≥0 {xn } ist eine offene Menge, mit 1 ∈ O und natürlich existiert kein n0 ≥ 0 mit xn ∈ O für n ≥ n0 . Ähnlich im Fall X = R[0,1] mit T aus 0.13. Definiere: die Menge der t ∈ [0, 1] mit A= f ∈X . f (t) ≤ 1 ist höchstens abzählbar 13 0 Einige Begriffe der Topologie Jede Umgebung von f0 : f0 (t) ≡ 0 trifft A, vgl. 0.13, und somit f0 ∈ A. Aber keine Folge (gn )n≥0 in A konvergiert gegen f0 , denn D = {t ∈ [0, 1] ∃n ≥ 0, gn (t) ≤ 1} ist höchstens abzählbar und für t ∈ [0, 1] \ D, gn ≥ 1, so dass gn (t) nicht gegen 0 in R konvergieren kann. Mit 0.24 folglich (gn ) 6→ f0 . Also gilt 0.25 nicht unbedingt für die Beispiele (4) und (5) auf Seite 11. Daraus folgt: Die Beispiele 4 und 5 auf Seite 11 sind nicht metrisierbar. (0.26) 4. (X, T) in Beispiel 4 auf Seite 11 (vgl. 0.12) ist nicht hausdorffsch. Sonst hätte man für x 6= y in [0, 1] offene Mengen Ox 3 x, Oy 3 y mit Ox ∩ Oy = ∅, also [0, 1] ⊆ OxC ∪ OyC , wobei OxC ∪ OyC höchstens abzählbar ist. Mit der Diskussion unterhalb von 0.25 sieht man, dass in allgemeinen topologischen Räumen konvergente Folgen nicht genügen, um die Topologie zu bestimmen. Der nächste Begriff spielt eine wichtige Rolle (z. B. für Existentsätze). D EFINITION : KOMPAKTHEIT Ein hausdorffscher topologischer Raum (X, T) heisst kompakt, wenn jede Überdekkung (Oλ )λ∈Λ von X durch offene Mengen X⊆ (0.27) [ mit ∀λ ∈ Λ : Oλ ∈ T Oλ , λ∈Λ eine endliche Teilüberdeckung besitzt: ∃λ1 , . . . , λn ∈ Λ mit X ⊆ Uλ1 ∪ . . . ∪ Uλn (0.28) ⇔ für jede Familie (Aλ )λ∈Λ von abgeschlossenen Teilmengen von X mit existiert λ1 , . . . λn ∈ Λ mit T l∈Λ Aλ Aλ1 ∩ Aλ2 ∩ . . . ∩ Aλn = ∅. (0.29) Anm.: Die Äquivalenz dieser beiden Definitionen von »kompakt« gilt aufgrund der Beziehung [ M C = \ MC. Wir brauchen bloss Aλ = OλC zu setzen (M C bezeichnet natürlich das Komplement). 14 =∅ T HEOREM Sei (X, T) ein metrischer Raum. Dann sind die folgenden Eigenschaften äquivalent: – – – X ist kompakt, Jede Folge (xn )n≥0 in X besitzt eine konvergente Teilfolge (xnk )k≥0 , Jede unendliche Teilmenge A ⊆ X besitzt einen Häufungspunkt (d. h. ein x ∈ X mit (U \ {x}) ∩ A 6= ∅ für jede Umgebung U von x). Beweis (0.30) (0.31) (0.32) 0.30⇒0.31: T An := {xn , xn+1 , . . .}, n ≥ 0. Dann A = n≥0 An 6= ∅, sonst mit 0.29 kann man n1 , . . . nk finden mit An1 ∩ . . . ∩ Ank = ∅: unmöglich. Folglich sei x ∈ A (abgeschlossen). Mit 0.21 finden wir: x ∈ A ⊂ A0 ⇒ B(x, 1) ∩ {x0 , x1 , . . . , xn } = 6 ∅ ⇒ ∃n0 ≥ 0 mit d(x, xn0 ) < 1. Analog finden wir 1 x ∈ A ⊂ An0 +1 ⇒ B(x, ) ∩ {xn0 +1 , . . . , xn , . . .} = ∅ 2 ⇒ ∃n1 > n0 mit d(x, xn1 ) < 21 . Mit Induktion finden wir (xnk )k≥0 mit d(x, xnk ) < Also konvergiert (xnk )k≥0 gegen x. 1 k+1 , ∀k ≥ 0. 0.31⇒0.32: Sei (xn )n≥0 eine Folge in A mit n 6= n0 ⇒ xn 6= xn0 . Sei (xnk )k≥0 eine konvergente Teilfolge mit Limes x ∈ X. Der Limes x ist dann ein Häufungspunkt von A. 0.32⇒0.30: Lemma Wenn 0.32 gilt, dann existiert für jede Überdeckung (Oλ )λ∈Λ von X durch offene Mengen ein ρ > 0, so dass ∀x ∈ X : ∃λ ∈ Λ mit B(x, ρ) ⊂ Oλ . (0.33) (Intuitiv: die Oλ , λ ∈ Λ überdecken X ρ-gleichmässig). Beweis Wir zeigen 0.33 durch Widerspruch. Wenn 0.33 nicht gilt, dann existiert für alle n ≥ 1 ein xn ∈ X, so dass: ∀λ ∈ Λ : OλC ∩ B(xn , 1 ) 6= ∅. n (0.34) 15 0 Einige Begriffe der Topologie Wenn A = {xn n ≥ 1} ⊆ X endlich ist, existiert ein x ∈ A mit B(x, r) ∩ OλC 6= ∅, ∀r > 0, ∀λ ∈ Λ. Aber x ∈ Oλ0 offen und B(x, r0 ) ⊆ Oλ0 : ein Widerspruch. Wenn A unendlich ist, sei x ein Häufungspunkt von A. Dann existieren λ0 ∈ Λ, r0 > 0, so dass B(x0 , r0 ) ⊂ Oλ0 . Da x ein Häufungspunkt von A ist, ist N = n ≥ 1 xn ∈ B(x, r20 ) unendlich. Folglich existiert n0 ∈ N mit n10 < r20 , und B(xn0 , n10 ) ⊂ B(x, r0 ) ⊆ Oλ0 : ein Widerspruch mit 0.34. 2 Wir zeigen jetzt 0.30. Sei (Oλ )λ∈Λ eine Überdeckung von X durch offene Mengen und ρ > 0 wie in 0.33. Sei x1 ∈ X Wenn X nicht von B(x1 , ρ) überdeckt wird, existiert x2 ∈ X, mit d(x1 , x2 ) ≥ ρ. Weiter wenn x1 , . . . , xp ∈ X mit d(xi , xj ) ≥ ρ, für 1 ≤ i 6= j ≤ p + 1. Aber eine unendliche Folge xi , i ≥ 1, mit d(xi , xj ) ≥ ρ, für i 6= j hätte keinen Häufungspunkt und existiert wegen 0.32 nicht. Folglich gibt es x1 , . . . xp ∈ X mit X⊆ p [ B(xi , ρ) ⊆ i=1 p [ Oλi . i=1 2 Das zeigt 0.30. Beispiele 1. Rn mit der üblichen Topologie. Dann sind äquivalent: – – (0.35) (0.36) A ⊆ Rn kompakt (d. h. für die induzierte Topologie) A beschränkt und abgeschlossen. Siehe Vorlesung Analysis I, II (Theorem von H EINE -B OREL). 2. X = R[0,1] mit der Topologie punktweiser Konvergenz, vgl. 0.13. Sei M > 0, dann ist (0.37) AM = {f ∈ X ∀t ∈ [0, 1], 0 ≤ f (t) ≤ M } (0.38) kompakt. Das ist eine Anwendung vom Satz von Tychonoff, siehe Jänich »Topologie«, S. 197. Mit einem ähnlichen Argument wie oberhalb 0.26 sieht man dass AM (mit der Teilraumtopologie) nicht metrisierbar ist. (0.39) Zur Erinnerung: ein metrischer Raum (X, d) heisst vollständig, wenn jede CauchyFolge konvergiert. Eine Folge (xn )n≥1 heisst Cauchy, wenn: ∀ε > 0, ∃n ≥ 1, 16 so dass ∀l ≥ n, ∀m ≥ n, d(xl , xm ) < ε. Wir werden jetzt kompakte Teilmengen in einem vollständigen metrischen Raum charakterisieren. Zuerst brauchen wir die D EFINITION Sei (X, d) ein metrischer Raum. A ⊆ X heisst totalbeschränkt, wenn ∀ε > 0, ∃a1 , . . . , am ∈ A, so dass A⊂ m [ B(ai , ε). (0.40) i=1 Anm.: Eine Menge heisst also totalbeschränkt, wenn sie sich durch endlich viele beliebig kleine Bälle überdecken lässt. T HEOREM (X, d) vollständiger metrischer Raum. Für A ⊆ X hat man die Äquivalenz – – A ist totalbeschränkt, A ist kompakt. Beweis (0.41) (0.42) 2 Siehe Übungen Serie 1. D EFINITION Seien (X, T), (X 0 , T0 ) topologische Räume. Eine Abbildung f : X → X 0 heisst stetig, wenn ∀O0 ∈ T0 : f −1 (O0 ) ∈ T. (0.43) Anm.: Aus der Analysis wissen wir bereits, dass eine stetige Abbildung kompakte Mengen immer auf kompakte Mengen abbildet. Eine kompakte Menge wird also nie auf eine offene Menge abgebildet oder: ein offenes Bild hat nie ein kompaktes Urbild. Die topologische Definition der Stetigkeit hier basiert auf dieser Idee. Bemerkung Falls (X, d), (X 0 , d0 ) metrische Räume sind, dann hat man die Äquivalenz von 0.43 mit: Für jede konvergente Folge in X: (xn ) → x, konvergiert f (xn ) → f (x) in X 0 (d. h. Folgenstetig). 17 (0.44) 0 Einige Begriffe der Topologie Diese Äquivalenz gilt nicht im allgemeinen! Wähle z. B. X = [0, 1] und T aus 0.12 sowie X 0 = R mit der üblichen Topologie. Beachte, dass für (X, T): (xn ) konvergiert gegen x ⇔ ∃n0 ≥ 0 : ∀n ≥ n0 : xn = xn0 . (0.45) (denn ⇐ ist klar (vgl. mit dem Beispiel auf Seite 13) und für ⇒: definiere O = [0, 1] \ {xn n ≥ 0 mit xn 6= x} . Aus 0.12, O ∈ T und folglich ∃n0 ≥ 0, so dass ∀n ≥ n0 : xn ∈ O. Daraus folgt, dass ∀n ≥ n0 : xn = x). Aus 0.45 sehen wir, dass jedes f : X = [0, 1] → X 0 = R 0.44 erfüllt! Aber 1, x ∈ [ 12 , 1], f (x) = 0, x ∈ [0, 12 ). erfüllt nicht 0.43: für die offene Menge ( 34 , ∞) ist z. B. f −1 (( 43 , ∞)) = [ 12 , 1] 6∈ T und somit ist f nicht stetig. Um die Stetigkeit von f : (X, T) → (X 0 , T0 ) mit Hilfe von konvergenten Folgen wie in 0.44 zu beschreiben, ist der folgende Begriff nützlich: D EFINITION Ein topologischer Raum (X, T) erfüllt das Erste Abzählbarkeitsaxiom, wenn für jedes x ∈ X eine Folge (Un )n≥1 von Umgebungen von x existiert, so dass Für jede Umgebung von x gibt es ein n ≥ 1, so dass Un ⊂ U . (0.46) (Un )n≥1 heisst abzählbare Umgebungsbasis von x. (X, T) erfüllt das Zweite Abzählbarkeitsaxiom, wenn eine Folge (Vn )n≥1 von offenen Mengen existiert, so dass ∀O ∈ T : ∃I ⊆ N : O = (0.47) [ Vn . n∈I (Vn )n≥1 heisst abzählbare Basis der Topologie. Bemerkung 1. Aus dem zweiten Abzählbarkeitsaxiom folgt das erste Abzählbarkeitsaxiom. 18 2. Ein metrischer Raum (X, d) erfült das Erste Abzählbarkeitsaxiom: setze Un = B(x, n1 ), n ≥ 1. 3. Sei X die Menge der beschränkten Funktionen f : [0, 1] → R mit der Metrik d∞ (f, g) = sup |f (t) − g(t)|. t∈[0,1] Dann erfüllt X das erste, aber nicht das zweite Abzählbarkeitsaxiom: setze für s ∈ (0, 1), gs (x) = 1x≥s . Dann gilt d∞ (gs , gs0 ) = 1 für s 6= s0 in (0, 1), (0.48) und für s ∈ (0, 1) ist B(gs , 21 ) eine nicht abzählbare Kollektion von paarweise disjunkten offenen Mengen. Somit kann 0.47 nicht gelten. Anm: Das Bild zeigt die Funktion gs (x) mit der Umgebung B(gs , 21 ) (oben und unten wurde B etwas gestutzt). Auf den ersten Blick scheinen sich die verschiedenen B(gs , 12 ) zu überschneiden. Aber jede Funktion f ∈ B(gs , 12 ) muss duch den Schnittpunkt der beiden Rechtecke gehen und diese Schnittpunkte sind für jedes s ∈ [0, 1] verschieden; also gibt es keine Funktion f , die in zwei verschiedenen B(gs , 12 ) für verschiedene s sein kann und damit sind die B(gs , 12 ) disjunkt. Satz Seien (X, T) und (X 0 , T0 ) topologische Räume. Wenn (X, T) das erste Abzählbarkeitsaxiom erfüllt, gilt für jedes f : X → X 0 f stetig ⇔ f folgenstetig (d. h. 0.44). Beweis (0.49) f stetig ⇒f folgenstetig: (wahr ohne Abzählbarkeitsaxiom) klar: denn für jede Umgebung U 0 von f (x) ist f −1 (U 0 ) eine Umgebung von x ⇒∃n0 ≥ 0, so dass xn ∈ f −1 (U 0 ), ∀n ≥ n0 ⇒∃n0 ≥ 0, so dass f (xn ) ∈ U 0 , ∀n ≥ n0 . Also konvergiert f (xn ) → f (x) für jede konvergente Folge xn → x. 19 0 Einige Begriffe der Topologie f folgenstetig ⇒f stetig: Seien x ∈ X, U 0 eine Umgebung von f (x) und (Un )n≥1 wie in 0.46. Wenn ∀n ≥ 1, (0.50) U1 ∩ U2 ∩ . . . ∩ Un ∩ (f −1 (U 0 ))C 6= ∅ | {z } =:Wn gilt, können wir eine Folge (xn )n≥1 , mit xn ∈ Wn , ∀n ≥ 1 konstruieren. Dann konvergiert xn gegen x wegen 0.46, und aus 0.44 folgt, dass f (xn ) ∈ U 0 für n gross genug: Widerspruch zu 0.50. Folglich existiert ein n0 ≥ 1 mit Wn0 = ∅, d. h. U1 ∩ . . . ∩ Un0 ⊂ f −1 (U 0 ). | {z } Umgebung von x 2 Daraus folgt, dass f stetig ist. Bemerkung 1. Mit 0.49 und der Diskussion unterhalb von 0.45 sehen wir, dass [0, 1] versehen mit der Topologie 0.12 das erste Abzählbarkeitsaxiom nicht erfüllt. 2. Analog zum Beweis von 0.49 zeigt man auch, dass falls (X, T) das erste Abzählbarkeitsaxiom erfüllt, und A ⊆ X, dann gilt 0.25, d. h. (0.51) x ∈ A ⇔ ∃(xn )n≥0 mit ∀n ≥ 0 : xn ∈ A und (xn ) konvergiert gegen x. Mit der Diskussion oberhalb von 0.26 sehen wir, dass R[0,1] versehen mit der Topologie der punktweisen Konvergenz (vgl. 0.13) das erste Abzählbarkeitsaxiom auch nicht erfüllt. D EFINITION (0.52) Ein topologischer Raum (X, T) heisst separabel, wenn er eine abzählbare dichte Teilmenge D enthält (d. h. D abzählbar mit D = X). Anm.: Ein Beispiel für eine separable Menge ist R, denn Q liegt dicht in R, ist aber abzählbar. Satz (0.53) Ist (X, d) ein metrischer Raum, dann sind äquivalent: – – (X, T(d)) separabel, (X, T(d)) erfüllt das zweite Abzählbarkeitsaxiom. Anm.: Dieser Satz gilt natürlich nur für die von der Metrik induzierte Topologie T(d) und nicht für jede beliebige Topologie. 20 Beweis ⇐: klar. Denn sei (Vn )n≥1 wie in 0.47, o. B. d. A. Vn 6= ∅ eine abzählbare Basis der Topologie. Wähle xn ∈ Vn . Dann gilt {xn , n ≥ 1} = X. ⇒: 1 Sei (xn )n≥1 mit {xn , n ≥ 1} = X. Betrachte die abzählbare Kollektion B(x, m ), n, m ≥ 1 von offenen Mengen. Es genügt zu zeigen, dass für jedes x ∈ X, r > 0 gilt: [ B(x, r) = n,m∈I 1 B xn , , m (0.54) 1 wobei I := n, m ≥ 1 B(xn , m ) ∈ B(x, r) . Setze für y ∈ B(x, r): r0 = r − d(x, y) > 0 und wähle r m0 ≥ 1 mit m10 < 20 . Aus 0.21 und {xn , n ≥ 1} = X können wir n0 ≥ 1 mit xn0 ∈ B(y, m10 ) finden. Folglich gilt y ∈ B(xn0 , m10 ) und dazu gilt B(xn0 , m10 ) ⊂ B(x, r), denn: d (z, xn0 ) < 1 ⇒ d(z, x) ≤ d(z, xn0 ) + d(xn0 , y) + d(y, x) m0 1 1 < + + r − r0 < r. m0 m0 2 Die Behauptung 0.54 folgt. Beispiele 1. Der Raum X der beschränkten f : [0, 1] → R mit der Supremumsmetrik (vgl. Beispiel 3 oberhalb von 0.48) ist nicht separabel. 2. X = Cb ((0, 1), R) sei der Raum der beschränkten stetigen Funktionen f : (0, 1) → R mit der Metrik d∞ (f, g) = sup |f (t) − g(t)|, ist nicht separabel: Betrachte die t∈(0,1) Teilmenge ∀n ≥ 2 : f n1 ∈h {0, 1},i 1 U = f ∈ X f ist linear auf n1 , n+1 , und f bleibt konstant auf 12 , 1 (0.55) f 6= g ⇒d∞ (f, g) ≥ 1, und card(U ) = 2N (card bezeichnet die Kardinalität bzw. Mächtigkeit einer Menge). Mit dem selben Argument wie in Beispiel 3 oberhalb von 0.48 sehen wir, dass (X, T(d∞ )) das zweite Abzählbarkeitsaxiom nicht erfüllt und wegen 0.53 nicht separabel ist. 21 0 Einige Begriffe der Topologie Anm: Ein Funktion aus U skizziert. Wie das bekannte Beispiel sin(1/x) kann eine solche Funktion zum Nullpunkt hin immer stärker oszillieren – muss aber nicht. 3. Im Fall von R[0,1] versehen mit der Topologie der punktweisen Konvergenz (die nicht metrisierbar ist, vgl. 0.13) ist für ein n ≥ 2 bleibt f auf jedem Intervall D = f : [0, 1] → Q 1 1 2 0, n , n , n , . . . , n−1 n , 1 konstant. eine abzählbare dichte Teilmenge von R[0,1] . In diesem Fall ist der Raum separabel, obwohl das erste Abzählbarkeitsaxiom nicht erfüllt ist (vgl. unterhalb von 0.51). 4. R mit der Topologie T = {V ⊆ R V ist eine beliebige Vereinigung von [a, b); a < b} . (R, T) erfüllt das erste Abzählbarkeitsaxiom: für alle a ∈ R ist 1 a, a + n n≥1 (0.56) eine abzählbare Umgebungsbasis von a, (0.57) (R, T) ist separabel: Q ist dicht. (0.58) (R, T)Serfüllt das zweite Abzählbarkeitsaxiom nicht. Jedes V in T ist von der Form V = i∈I [ai , bi ), wobei I höchstens abzählbar ist und für i 6= j gilt: [ai , bi ) ∩ [aj , bj ) = ∅. Wenn (Vn )n≥1 , wie in 0.47 existierte, hätte man auch eine abzählbare Basis S (Ṽn )n≥1 der Form Ṽn = [an , bn ), ∀n ≥ 1. Aber für a 6= an , ∀n ist [a, a + 1) = n∈I Ṽn , mit I ⊆ N unmöglich. (R, T) ist nicht metrisierbar: wegen 0.57, 0.58 und 0.53. (0.59) 22 1 Baire-Kategorie D EFINITION Sei (X, T) ein topologischer Raum. – – A ⊂ X heisst dicht, falls A = X, ˚ = ∅. A ⊂ X heisst nirgends dicht, falls A (1.1) (1.2) Anm.: Natürlich ist Q dicht in R. Z ⊂ R wäre ein Beispiel für eine nirgends dichte Menge. Satz: Satz von Baire Sei (X, d) ein vollständiger metrischer Raum, so gelten die folgenden Aussagen: T – Seien Oj , j S ≥ 1 dichte offene Mengen, dann ist O = ∞ j=1 Oj dicht, ∞ – Falls X = j=1 Aj mit abgeschlossenen Mengen Aj , j ≥ 1, dann gibt es mindestens ein j0 ≥ 1 mit Åj0 6= ∅. (1.3) (1.4) Als einfaches Beispiel 1.3 betrachte X = R mit der üblichen Metrik, Oq = {q}C , q ∈ T für C Q. Dann ist O = q∈Q {q} = R \ Q dicht in R. Beweis 1.3⇒1.4: Als Folge von 1.3 (in der Tat äquivalente Äusserung) hat man für abgeschlossene Mengen Aj , j ≥ 1 mit Åj = ∅, ∀j ≥ 1: ◦ [ Aj = ∅, (1.5) j≥1 denn man setzt einfach Oj = AC j und 1.5 folgt aus 1.3 wegen ◦ C 0.20 ∅ = (O) = (OC )◦ = [ Aj . j≥1 Jetzt folgt 1.4 aus 1.5 durch Widerspruch. 23 1 Baire-Kategorie 1.3: Seien x ∈ X, r > 0. Wir zeigen B(x, r) ∩ O 6= ∅. (1.6) Da x, r beliebig sind, wird dann folgen, dass O = X, d. h. 1.3. Da O1 offen und dicht ist, gilt O1 ∩ B(x, r) 6= ∅ und offen. Wähle x1 ∈ X, r1 ∈ (0, 2r ) mit B(x1 , r1 ) ⊂ B(x1 , 2r1 ) ⊂ O1 ∩ B(x, r). (1.7) Seien x1 , . . . xj−1 ∈ X, r1 , . . . , rj−1 bereits bestimmt. Da Oj offen und dicht ist, gilt Oj ∩ r B(xj−1 , rj−1 ) 6= ∅ und offen. Wähle dann xj ∈ X, rj ∈ (0, j−1 2 ) mit B(xj , rj ) ⊂ B(xj , 2rj ) ⊂ Oj ∩ B(xj−1 , rj−1 ). (1.8) Dann gilt für j ≥ k ≥ 1: xj ∈ B(xj , rj ) ⊂ Oj ∩ B(xj−1 , rj−1 ) ⊂ B(xj−1 , rj−1 ) ⊂ · · · ⊂ B(xk , rk ) (1.9) und folglich r → 0, für j ≥ k → ∞. 2k Das zeigt, dass (xj )j≥1 eine Cauchy-Folge ist. Da (X, d) vollständig ist, konvergiert (xj )j≥1 gegen x∗ . Aus 1.9 und 1.8 folgt dass für jedes k ≥ 1, d(xj , xk ) ≤ rk < x∗ ∈ B(xk , rk ) ⊂ Ok . Mit 1.7 sieht man auch, dass x∗ ∈ B(x, r). Wir erhalten x∗ ∈ (1.10) \ Ok ∩ B(x, r) = O ∩ B(x, r). k≥1 Das zeigt 1.6. 2 24 Eine erste Anwendung Die Motivation von B AIRE (1899), den obigen Satz zu zeigen, war folgendes Problem: Gegeben eine Folge fn : [0, 1] → R von stetigen Funktionen, die punktweise gegen f : [0, 1] → R konvergieren, wie gross ist die Menge der Stellen x ∈ [0, 1], an denen f nicht stetig ist. Satz Sei (fn )n≥1 eine Folge von stetigen Funktionen fn : X → R, und es existiere für jedes x ∈ X der punktweise Limes in R, f (x) = lim fn (x). Sei n S = {x ∈ X f ist stetig an der Stelle x} , dann gilt: S= \ Oj , mit Oj offen und dicht, (1.11) j≥1 und insbesondere ist S dicht. Beweis (1.12) 1.12 folgt aus 1.3. Wir zeigen nur 1.11. Wir setzen für ε > 0, n ≥ 1, Pn,ε = {x ∈ X |fn (x) − f (x)| ≤ ε} und Rε = [ (1.13) P̊n,ε . n≥1 Für δ ≤ ε gilt: Rδ ⊂ Rε . Wir setzen Oj = R 1j und O = \ (1.14) Oj . j≥1 Erster Schritt: wir zeigen (1.15) S=O S ⊆ O: 25 1 Baire-Kategorie Sei x0 ∈ S (d. h. f ist stetig in x0 ). Für ε > 0 wähle r0 > 0, n0 ≥ 1, und für n ≥ n0 , rn > 0, so dass: ∀x ∈ B(x0 , r0 ), |f (x) − f (x0 )| < ε , 3 ε , 3 ε |fn (x) − fn (x0 )| < , 3 |fn (x0 ) − f (x0 )| < ∀x ∈ B(x0 , rn ), Dann folgt, dass für n ≥ n0 , r < min(r0 , rn ): ∀x ∈ B(x0 , r), (1.16) |fn (x) − f (x)| < ε, und folglich B(x0 , r) ⊂ Pn,ε ⇒ x0 ∈ P̊n,ε ⊆ Rε . Also x0 ∈ O. O ⊆ S: Sei x0 6∈ S (f ist unstetig in x0 ). Dann existiert ε > 0 mit ∀r > 0, (1.17) oscx0 ,r f := sup f − inf f > 3ε0 . B(x0 ,r) (1.18) B(x0 ,r) Für n ≥ 1, wähle rn > 0 mit ∀r < rn , oscx0 ,r fn < ε0 . Für 0 < r < rn gilt dann f (x) − f (y) − fn (x) − fn (y) 2 sup |fn − f | ≥ sup B(x0 ,r) x,y∈B(x0 ,r) ≥ 1.17,1.18 > oscx0 ,r f − oscx0 ,r fn 2ε0 . Folglich x0 6∈ P̊n,ε0 , ∀n ≥ 1, ⇒x0 6∈ Rε0 ⇒x0 6∈ Rε , ∀ε < ε0 . Also x0 6∈ O, d. h. O ⊆ S. Wir haben jetzt 1.15 gezeigt. Zweiter Schritt: (1.19) Rε ist offen und dicht für jedes ε > 0. Rε offen: klar. 1.19 folgt dann (vgl. 0.20) aus RεC (1.20) ◦ = ∅, ∀ε > 0. Für ε > 0, n ≥ 1, definieren wir die abgeschlossene Menge Fn,ε = {x ∈ X |fn (x) − fn+k (x)| ≤ ε, ∀k ≥ 1} . (1.21) Da f (x) = limk fn+k (x) für jedes x, erhalten wir wegen 1.13 26 Fn,ε ⊆ Pn,ε . (1.22) Da f (x) = limn fn (x) für jedes x, sehen wir auch, dass [ Fn,ε = X, für jedes ε > 0. (1.23) n≥1 Wie schon oberhalb von 1.21 bemerkt, ist Fn,ε abgeschlossen, und Fn,ε \ F̊n,ε ◦ 0.19 = (∂Fn,ε ) ◦ 0.21 = ∅, ∀ε > 0 (1.24) Es folgt jetzt, dass für jedes ε > 0: C 1.13 RεC = [ 1.22,1.23 P̊n,ε [ ⊆ ⊆ [ n≥1 Fn,ε \ n≥1 Fn,ε \ F̊n,ε [ F̊n,ε n≥1 n≥1 ⊆ [ ∂Fn,ε . n≥1 Aus dem Satz von Baire (vgl. 1.5) und 1.24 erhalten wir ◦ [ ∂Fn,ε = ∅, n≥1 und 1.20 folgt. Somit ist 1.19 bewiesen und wegen 1.14 und 1.15 folgt 1.11. 2 Beispiel Die Indikatorfunktion f = 1Q∩[0,1] : [0, 1] → R ist nirgends stetig und wegen 1.12 kann man f nicht als punktweisen Limes von stetigen Funktionen fn : [0, 1] → R auffassen! D EFINITION : B AIRE -KATEGORIE Sei (X, T) ein topologischer Raum. – – – S A ⊂ X heisst von 1. Kategorie (oder mager) in X, falls A = j≥1 Aj , mit nirgends dichten Aj , j ≥ 1; Kat(A) = 1. A ⊂ X heisst von 2. Kategorie (oder fett) in X, falls A nicht von 1. Kategorie ist; Kat(A) = 2. R ⊂ X heisst residuell, falls die Komplementärmenge A = RC von 1. Kategorie ist. 27 (1.25) (1.26) (1.27) 1 Baire-Kategorie Beispiele 1. Q ist von 1. Kategorie in R (oder mager), R \ Q ist residuell, R ist 2. Kategorie (oder fett) wegen 1.4. R \ Q ist auch 2. Kategorie (sonst wäre R = (R \ Q) ∪ Q von 1. Kategorie). 2. In 1.11 ist S residuell, denn [ 1.11 OjC , SC = mit OjC nirgends dicht für j ≥ 1, j≥1 ist mager. Aus dem selben Argument wie oben hat man auch Kat(S) = 2. 3. Jede Teilmenge einer mageren Menge ist mager. Abzählbare Vereinigungen magerer Mengen sind mager. 4. Q ist nicht eine Gδ -Menge in R (d. h. ein abzählbarer Durchschnitt von offenen Mengen). Sonst hätte man \ Oj , Oj offen ⇒ ∀j : R = Q ⊂ Oj , Q= j≥1 d. h. Oj offen und dicht. Folglich wäre R\Q = siehe (1) oben: ein Widerspruch. S C j≥1 Oj mager, aber Kat(R\Q) = 2, 5. Die Untersuchung der Beziehung zwischen Stetigkeit und Differenzierbarkeit von Funktionen R → R hat eine lange Geschichte. K. W EIERSTRASS (ca. 1895) zeigte, dass f (x) = (1.28) ∞ X bk cos(ak πx) k=0 (wobei a eine positive ungerade Zahl ist, 0 < b < 1, und ab > 1 + 3π 2 ), eine stetige Funktion ist, aber in keinem Punkt eine endliche Ableitung besitzt, (siehe E. Hewitt, K. Stromberg: »Real and Abstract Analysis«, p. 258 für den Beweis). Weitere bekannte Beispiele waren ähnlich kompliziert, und da enstand der Eindruck, dass nirgends differenzierbare stetige Funktionen eine Rarität sind. Aber solche Funktionen sind keine Rarität und S. B ANACH (1931) zeigte: Satz (1.29) Die Menge der auf [0, 1] stetigen und nirgends differenzierbaren Funktionen ist residuell im vollständigen metrischen Raum (C([0, 1]), d∞ ) mit d∞ (f, g) := sup |f (t) − g(t)| t∈[0,1] und folglich dicht (siehe 1.31 unten). 28 Beweis 2 Siehe Übungsserie 2. Wir beschreiben unten einige einfache Folgerungen des Satzes von B AIRE. Satz Sei (X, d) ein vollständiger metrischer Raum. Dann gilt: – – – Kat(X) = 2, A ⊂ X residuell ⇒Kat(A) = 2 und A ist dicht in X, O 6= ∅ offen ⇒Kat(O) = 2. Beweis (1.30) (1.31) (1.32) 1.30: folgt aus 1.4. 1.31: A residuell ⇒AC ist mager. Folglich ist Kat(A) = 2, sonst wäre X = A ∪ AC mager (vgl. Beispiel 3 oberhalb 1.28): ein Widerspruch. Dazu hat man [ [ 1.5 B j ⇒ (AC )◦ = ∅ → A ist dicht. AC = Bj ⊆ j≥1 j≥1 1.32: O 6= ∅. Wäre Kat(O) = 1, so wäre OC residuell und damit wegen 1.31 dicht und abgeschlossen, also wäre OC = X: ein Widerspruch. 2 Die Aussage 1.4 ist sehr nützlich für die Funktionalanalysis. Wir illustrieren zuerst mit einem Beispiel die Anwendung von 1.4. Beispiel D[0,1] := {f : R → R C ∞ mit Träger ⊂ [0, 1]} . Wir zeigen jetzt: 29 1 Baire-Kategorie Satz Sei (fn )n≥1 eine Folge von Funktionen in L1 ([0, 1], dx), so dass 1 Z ∀ϕ ∈ D[0,1] : (1.33) fn (x)ϕ(x)dx → Λϕ ∈ R. Λn ϕ := 0 Dann existiert l ≥ 0, M ≥ 0, so dass sup |Λn ϕ| ≤ M · ϕ(l) , ∀ϕ ∈ D[0,1] , (1.34) ∞ n≥1 wobei |g|∞ := sup |g(x)| x∈R und ϕ(l) die l-te Ableitung von ϕ bezeichnet. (Natürlich gilt auch |Λϕ| ≤ M |ϕ(l) |∞ , ∀ϕ ∈ D[0,1] , mit l ≥ 0, M > 0 wie oben). Als Illustration von 1.33 betrachte z. B. fn (x) = n2 1[0, 1 ] (x), n ≥ 1. n Dann gilt für ϕ ∈ D[0,1] : Z 1 fn ϕdx = n 2 0 1 n Z ϕ(x)dx 0 = n 2 1 n Z 0 Z x 0 ϕ (y)dy dx 0 1 0 ϕ (0) = 0, n → ∞. 2 → Dazu gilt auch: Z 0 1 Z 0 2 fn ϕdx ≤ |ϕ |∞ · n 0 1 n Z 0 x 1 dy dx = |ϕ0 |∞ , ϕ ∈ D[0,1] , 2 (vergleiche mit 1.34), aber dennoch Z 1 fn dx = n → ∞. 0 30 Beweis Definiere auf D[0,1] die Metrik d(ϕ, ψ) = X 1 |(ϕ − ϕ)(l) |∞ ∧ 1. 2l (1.35) l≥0 Behauptung: (D[0,1] , d) ist ein vollständiger metrischer Raum. (1.36) (l) Denn sei (ϕn )n≥1 eine Cauchy-Folge. Wegen 1.35 ist für jedes l ≥ 0, ϕn n≥1 Cauchy relativ zu | · |∞ (d. h. relativ zur Metrik d∞ (h, g) = |h − g|∞ auf Cb∞ (R, R)). Folglich existiert für jedes l ≥ 0 eine stetige Funktion hl mit Träger in [0, 1], so dass lim ϕn(l) − hl n→∞ ∞ (1.37) = 0. Dazu gilt für jedes ϕ ∈ D[0,1] und l ≥ 0 ∀t ∈ R : ϕ(l) (t) = Z t ϕ(l+1) (u)du. (1.38) 0 Wenn wir ϕ durch ϕn ersetzen und n → ∞ streben lassen, erhalten wir wegen 1.37, dass Z ∀l ≥ 0, ∀t ∈ R : hl (t) = t (1.39) hl+1 (u)du, 0 (l) und deswegen gilt für jedes l: hl = h0 , und wegen 1.37, 1.35 lim d(ϕn , h0 ) = 0. n→∞ Damit ist 1.36 bewiesen. Als Folgerung von 1.39 und supp(ϕ(l) ) ⊂ [0, 1], ∀l ≥ 0, für ϕ ∈ D[0,1] erhalten wir auch (l) ϕ ∞ ≤ ϕ(l+1) ∞ , ∀ϕ ∈ D[0,1] , ∀l ≥ 0. (1.40) Der nächste Schritt ist folgende Behauptung: für ψ ∈ D[0,1] ist Vψ,l0 ,m0 l0 \ 1 (l) (l) := ϕ ∈ D[0,1] ϕ − ψ < m0 l=0 n o (l ) = ϕ ∈ D[0,1] ϕ 0 − ψ (l0 ) < m10 , l0 ≥ 0, m0 ≥ 1 (1.41) eine abzählbare Umgebungsbasis von ψ in (D[0,1] , d) (vgl. 0.46). Denn Vψ,l0 ,m0 ist offen, enthält ψ und für ε > 0 wähle l0 ≥ 0 mit 2−l0 < 2ε , so dass für alle ϕ ∈ Vψ,l0 ,2l0 +1 gilt X 1 X 1 (l) (l) d(ϕ, ψ) ≤ |ϕ − ψ | + ∞ 2l 2l l≤l0 l>l0 31 1 Baire-Kategorie 1 ≤ X 2l0 +1 2−l + 2−l0 l≥0 ε ε + = ε. 2 2 < Also gilt Vψ,l0 ,2l0 +1 ⊂ B(ψ, ε) und somit ist 1.41 bewiesen. Wegen 1.33 hat man (1.42) D[0,1] = [ ϕ sup |Λn ϕ| ≤ p . n≥1 p∈N Beachte auch, dass ϕ ∈ D → Λn ϕ ∈ R für jedes n ≥ 1 steig ist, denn: Z 1 Z 1 |fn |dx · |ϕ − ψ|∞ , fn (ϕ − ψ)dx ≤ |Λn ϕ − Λn ψ| ≤ 0 0 k k und aus d(ϕk , ψ) → 0 folgt wegen 1.35 |ϕk − ψ|∞ → 0 und |Λn ϕk − Λn ψ| → 0. Deswegen sehen wir, dass für p ≥ 1 ϕ sup |Λn ϕ| ≤ p (1.43) n≥1 = \ {ϕ |Λn ϕ| ≤ p} n≥1 abgeschlossen ist. Jetzt können wir, wie früher angedeutet, 1.4 auf 1.42–1.43 anwenden: für mindestens ein p0 ≥ 1 ist ◦ ϕ sup |Λn ϕ| ≤ p0 6= ∅. n≥1 Wegen 1.41 existiert ψ0 ∈ D[0,1] , l0 ≥ 0, m0 ≥ 1, so dass Vψ0 ,l0 ,m0 ⊂ (1.44) ϕ sup |Λn ϕ| ≤ p0 . n≥1 Folglich für ϕ ∈ D[0,1] mit |ϕ(l0 ) |∞ < 1 m0 gilt für jedes n ≥ 1: 1.44 |Λn (ϕ)| = | − Λn (ψ0 ) + Λn (ϕ + ψ0 )| ≤ 2p0 . (1.45) Für ϕ ∈ D[0,1] \ {0} (⇒|ϕ(l0 ) |∞ > 0) hat man folglich sup Λn (1.46) n≥1 und somit finden wir, dass 32 1.45 ϕ ≤ 2p0 , (l ) 0 2m0 |ϕ |∞ ∀ϕ ∈ D[0,1] : sup |Λn ϕ| ≤ 4p0 m0 |ϕ(l0 ) |∞ . (1.47) n≥1 2 Das zeigt 1.34. Die abstrakte Version der obigen Anwendung von 1.4 leifert jetzt das T HEOREM : P RINZIP DER GLEICHMÄSSIGEN B ESCHRÄNKTHEIT Sei (X, d) vollständig, (fλ )λ∈Λ eine Familie stetiger Funktionen fλ : X → R, und sei (fλ )λ∈Λ punktweise beschränkt in dem Sinne, dass sup |fλ (x)| < ∞, ∀x ∈ X. (1.48) λ∈Λ Dann gibt es eine offene Kugel B ⊂ X mit sup |fλ (x)| < ∞ (1.49) λ∈Λ x∈B (»(fλ )λ∈Λ ist gleichmässig beschränkt auf B«). Beweis Definiere für p ∈ N die abgeschlossene Menge Ap = {x ∈ X ∀λ ∈ Λ : |fλ (x)| ≤ p} = \ {xj |fλ (x)| ≤ p} , (1.50) λ∈Λ wobei die Mengen ganz rechts abgeschlossen sind, da fλ stetig ist. Wegen 1.48 erhalten wir [ X= Ap p∈N und 1.49 folgt aus 1.4. 2 Wie das obige Beispiel zeigt, hat 1.49 starke Konsequenzen, wenn die fλ , λ ∈ Λ lineare Abbildungen sind. 33 2 Lineare Abbildungen Vorbemerkung Einige der folgenden Sätze gelten jeweils für beide Körper R und C. Anstatt beide Formen aufzuschreiben, habe ich diese in der Notation F zusammengefasst, wie dies auch anderswo üblich ist. D EFINITION Sei X ein F-Vektorraum, k · k : X → [0, ∞) heisst eine Norm auf X (und (X, k · k) normierter Raum), wenn gilt: I. II . III . kxk = 0 ⇔ x = 0 (Definitheit) kλxk = |λ|kxk, ∀x ∈ X, ∀λ ∈ F (positive Homogenität) kx + yk ≤ kxk + kyk (Dreiecksungleichung) (2.1) Mit der von k · k induzierten Metrik d(x, y) = kx − yk ist (X, d) ein metrischer Raum. Terminologie (X, k · k) heisst Banach-Raum, falls (X, d) vollständig ist. (2.2) Als einfache Folgerung finden wir, dass für einen normierten Raum (X, k · k) die Norm k · k : X → R+ Lipschitz-stetig auf X ist, denn ∀x ∈ X, ∀y ∈ Y : |kxk − kyk| ≤ kx − yk, und dass die Vektorraumoperationen (2.3) (x, y) ∈ X × X → x + y ∈ X, und (λ, x) ∈ F × X → λx ∈ X (2.4) stetig sind, denn k(x + y) − (x0 + y 0 )k ≤ kx − x0 k + ky − y 0 k, und kλx − λ0 x0 k = k(λ − λ0 )x + λ0 (x − x0 )k ≤ |λ − λ0 | · kxk + |λ0 | · kx − x0 k. Beispiel Sei U 6= ∅ eine Menge, (X, k · kX ) ein normierter Raum. Dann ist die Menge B(U, X) = f : U → X sup kf (u)kX <∞ (2.5) u∈U 35 2 Lineare Abbildungen mit der Norm kf kB(U,X) = sup kf (u)kX (2.6) u∈U (2.7) ein normierter Raum. B(U, X), k · kB(U,X) ist vollständig, wenn (X, k · kX ) vollständig ist. Denn mit (f + g)(u) := f (u) + g(u), (λf )(u) := λf (u), u ∈ U ist B(U, X) ein Vektorraum. Dazu erfüllt k · kB(U,X) ganz klar 2.1 I , II. Für 2.1 III beachte, dass kf + gkB(U,X) = sup kf (u) + g(u)kX u∈U ≤ sup (kf (u)kX + kg(u)kX ) u∈U ≤ kf kB(U,X) + kgkB(U,X) . Somit ist k · kB(U,X) eine Norm. Schliesslich, um 2.2 zu prüfen, beachte, dass für eine Cauchy-Folge (fn )n≥1 in B(U, X), (fn (u))n≥1 für jedes u ∈ U eine Cauchy (und folglich konvergente) Folge in X ist. Wir definieren f ∈ B(U, X) durch f (u) := limn fn (u), ∀u ∈ U . Dann gilt kf − fn kB(U,X) = sup kf (u) − fn (u)kX u∈U = (2.8) ≤ sup lim kfn+k (u) − fn (u)kX u∈U k→∞ sup kfn+k − fn kB(U,X) k≥n −→ n→∞ 0. Die Behauptung 2.7 folgt. Als Anwendung des obigen Beispiels haben wir das T HEOREM (2.9) Sei (X, d) ein metrischer Raum. Es existiert ein vollständiger metrischer Raum (X ∗ , d∗ ), und eine Isometrie Φ : X → X ∗ (d. h. ∀x, y ∈ X : d∗ (Φ(x), Φ(y)) = d(x, y)). Terminologie Der Raum (X̃, d∗ |X̃×X̃ ) mit X̃ := Φ(x) heisst Vervollständigung von (X, d). Die Vervollständigung ist bis auf Isometrie eindeutig definiert (siehe Serie 3). 36 Wir setzen X ∗ = B(X, R), d∗ ist die von k · kB(X,R) induzierte Metrik. Wegen 2.7 ist (X , d ) vollständig. Wir wählen x0 ∈ X. Beachte, dass für x ∈ X: Beweis ∗ ∗ ∀z ∈ X : |d(x, z) − d(x0 , z)| ≤ d(x, x0 ), und somit ist Φ : X → X ∗ : x ∈ X → Φ(x) := d(x, ·) − d(x0 , ·) (2.10) wohldefiniert. Wir sehen auch, dass für x, y ∈ X gilt kΦ(x) − Φ(y)kB(X,R) = sup d(x, z) − d(x0 , z) − d(y, z) − d(x0 , z) z∈X = sup |d(x, z) − d(y, z)| z∈X ≤ d(x, z). Mit der Wahl z = x oder z = y erhalten wir auch kΦ(x) − Φ(y)kB(X,R) ≥ d(x, y). 2 Somit ist Φ eine Isometrie und der Satz ist bewiesen. D EFINITION Die Normen k · k1 , k · k2 auf dem Vektorraum X heissen äquivalent, falls ein C > 0 existiert, so dass ∀x ∈ X : C −1 kxk1 ≤ kxk2 ≤ Ckxk1 . (2.11) (insbesondere definieren zwei äquivalente Normen die selbe Topologie und die selben Cauchy-Folgen). Beispiel Auf Rn (oder Cn ) sind je zwei Normen äquivalent. Denn betrachte die Einheitssphäre in Rn !1/2 n X S n−1 = x = (x1 , . . . , xn ) ∈ Rn kxk := x2i =1 . i=1 Jede Norm k · k1 auf Rn ist stetig bezüglich k · k: |kxk1 − kyk1 | ≤ kx − yk1 ≤ n X |xi − yi | · kei k1 , i=1 ≤ kx − yk n X !1/2 kei k21 . i=1 37 (2.12) 2 Lineare Abbildungen wobei (ei )i=1,...,n die kanonische Basis von Rn ist. Da S n−1 in (Rn , k·k) kompakt ist, folgt dass xmin , xmax ∈ S n−1 existieren mit inf x∈S n−1 kxk1 = kxmin k1 := C1−1 sup kxk1 = kxmax k1 := C2 , x∈S n−1 und C1 , C2 ∈ (0, ∞). Folglich gilt 1 kxk1 ≤ kxk ≤ Ckxk1 , ∀x ∈ Rn , C mit C = max(C1 , C2 ). Das zeigt 2.12. Als einfache Folgerung von 2.12 haben wir Satz (2.13) Auf einem endlich-dimensionalen Vektorraum X sind je zwei Normen äquivalent. (2.14) Endlich-dimensionale Teilräume eines normierten Raumes sind vollständig und folglich abgeschlossen. Beweis 2.13: Wir beweisen den Satz für einen R-Vektorraum X; der Fall eines C-Vektorraums wird ähnlich behandelt. Wähle eine Basis v1 , . . . vn für X. Dann ist Φ : Rn → X, x = (x1 , . . . xn ) → Φ(n) = (2.15) n X x i vi ∈ X i=1 linear und bijektiv. Seien k · kX , k · k0X Normen auf X, dann sind k · k1 := kΦ(·)kX , k · k2 := kΦ(·)k0X zwei Normen auf Rn , die wegen 2.12 äquivalent sind. Dann folgt, dass für jedes x ∈ X, 1 kxkX C 38 ≤ 1 −1 kΦ (x)k1 C kΦ−1 (x)k2 = kxk0X ≤ CkΦ−1 (x)k1 = CkxkX . = Das zeigt 2.13. 2.14: Die Einschränkung k · kX von k · kY auf den endlich-dimensionalen Teilraum X von Y definiert eine Norm. Diese Norm ist äquivalent zur Norm k · k0 = kΦ−1 (·)keuklidsch , wobei Φ : Rn → X eine lineare Bijektion wie in 2.13 ist. Natürlich ist (X, k · k0 ) vollständig und wegen der Bemerkung unterhalb von 2.11 ist auch (X, k · kX ) vollständig. Jedes x ∈ X (abgeschlossene Hülle von X ⊂ Y ) kann man (siehe 0.25) als Limes einer Folge (xn )n≥1 mit xn ∈ X∀n ≥ 1 auffassen. Dann ist (xn )n≥1 eine k · kX -Cauchy-Folge, die wegen der Vollständigkeit von (X, k · kX ) in X konvergiert. Also x ∈ X und somit X = X: X ist eine abgeschlossene Teilmenge von Y . 2 Beispiele 1. Sei X = C([0, 1]; R) (Vektorraum der stetigen f : [0, 1] → R). Die Normen Z 1 kf k1 = sup |f (t)| und kf k2 = |f (t)|dt 0 t∈[0,1] sind nicht äquivalent: betrachte die Folge (fn )n≥1 : fn (t) = tn mit 0 ≤ t ≤ 1. Dann gilt Z 1 1 → 0, kfn k2 = tn dt = n+1 0 kfn k1 = 10 , ∀n ≥ 1, und somit konvergiert fn gegen 0 in (X, k · k2 ) aber nicht in (X, k · k1 ). 2. X = C([0, 1]; R) ⊂ Y = L1 ([0, 1], dx) und Z 1 kf k := |f (t)|dt 0 für f ∈ Y . Die Folge (gn )n≥1 in X: gn (t) := min((2t)n , 1), n ≥ 1, konvergiert wegen des Satzes von dominanter Konvergenz gegen 0, 0 ≤ t < 21 , g∞ (t) = 1, 12 ≤ t ≤ 1. Somit liegt der Limes g∞ von (gn )n≥1 in Y \ X und X ist kein abgeschlossener Teilraum von Y . In der Tat weiss man aus der Analysis-III-Vorlesung (über Masstheorie), dass X dicht in (Y, k · k) ist. 39 2 Lineare Abbildungen T HEOREM Sei (X, k · k) ein normierter Raum. Folgende Aussagen sind äquivalent: (2.16) (2.17) – – dim(X) < ∞ Die Einheitssphäre in X, S = {x ∈ X kxk = 1} ist kompakt. Beweis 2.16⇒2.17: Seien Φ wie in 2.15, k · k1 = kΦ(·)k (Norm auf Rn ) und Rn ⊇ S1 = Φ−1 (S) = {z ∈ Rn kzk1 = 1} . Dann ist S1 wegen 2.12 beschränkt, abgeschlossen und folglich kompakt (H EINE -B OREL). Somit ist auch S = Φ(S1 ) kompakt in (X, k · k). 2.17⇒2.16: Beweis durch Widerspruch. Sei dimR (X) = ∞. Wir konstruieren eine Folge in X, die keine konvergente Teilfolge besitzt: somit ist S nicht kompakt (vgl. 0.30, 0.31), ein Widerspruch zu 2.17. Anm.: Im unendlich-dimensionalen Raum der Polynome können wir etwa die Folge x1 , x2 , x3 , x4 , . . . betrachten. Wir können uns auch einen unendlich-dimensionalen euklidschen Raum vorstellen, wo T die Vektoren (1, 0, 0 . . .)√ , (0, 1, 0 . . .)T etc. senkrecht aufeinander stehen, auf der Einheitssphäre liegen und alle Abstand 2 voneinander haben. Bemerkung: Falls k · k von einem Skalarprodukt (·, ·) induziert wird, d. h. kxk = p (x, x), ∀x ∈ X, hat man eine leichte Konstruktion der Folge. Sei (yk )k≥1 eine Folge linearer unabhängiger Vektoren. Das Gram-Schmidtsche Verfahren liefert dann eine Folge (xk )k≥1 orthogonaler Vektoren (d. h. ∀k ≥ 1, kxk k = 1, i 6= j ≥ 1 ⇒(xi , xj ) = 0), so dass Span{y1 , . . . , yk } = Span{x1 , . . . , xk } für jedes k ≥ 1. Somit hat man für i 6= j ≥ 1: kxi − xj k2 = kxi k2 + kyj k2 − 2(xi , xj ) = 2. Folglich hat die Folge (xk )k≥1 in S keine konvergente Teilfolge. Wir kommen zum allgemeinen Fall zurück und verwenden das 40 Lemma: Franz Riesz Sei (X, k · k) ein normierter Vektorraum, Y ⊂ X ein abgeschlossener linearer Unterraum, Y 6= X. Dann gibt es für jedes ε ∈ (0, 1) ein x ∈ X mit: – kxk = 1 (2.18) – d(x, y) := inf y∈Y kx − yk > 1 − ε. (2.19) Beweis vom Lemma Wähle x0 ∈ X \ Y . Da Y abgeschlossen in (X, k · k) ist, ist α := d(x0 , y) = inf kx0 − yk > 0, (2.20) y∈Y (sonst wäre x0 der Limes einer Folge in Y , und folglich auch in X). Dann existiert y0 ∈ Y mit α ≤ kx0 − y0 k < Wir setzen x = x0 −y0 kx0 −y0 k , α . 1−ε (2.21) so dass kxk = 1. Folglich gilt auch d(x, Y ) = inf kx − yk y∈Y x0 − y0 − kx − 0 − y0 ky = inf y∈Y kx0 − y0 k d(x0 , Y ) = kx0 − y0 k α > = 1 − ε. α/(1 − ε) 2 Wir betrachten eine Folge (yk )k≥1 linearer unabhängiger Vektoren in X und setzen yk = Span{y1 , . . . , yk } für k ≥ 1. Wegen 2.14 ist yk für jedes k abgeschlossen. Wir wählen jetzt x1 = wie unterhalb von 2.19, wählen wir xk ∈ Yk \ Yk−1 mit kxk k = 1, d(xk , Yk−1 ) > y1 ky1 k und für k ≥ 2, 1 . 2 (2.22) Dann gilt für 1 ≤ i < j: kxj − xi k ≥ d(xj , Yi ) > 12 . Somit ist (xk )k≥1 eine Folge in S, die keine konvergente Teilfolge besitzt ⇒S ist nicht kompakt. 2 41 2 Lineare Abbildungen 2.1 Stetige lineare Abbildungen T HEOREM Seien (X, k · k), (Y, k · k) normierte Vektorräume und A : X → Y eine lineare Abbildung. Dann sind äquivalent: I. II . (2.23) III . IV . V. A ist stetig in 0 ∈ X, A ist stetig, A ist gleichmässig stetig auf X, A ist Lipschitz-stetig, sup kAxkY < ∞. kxkX ≤1 Beweis Zur Erinnerung: III bedeutet: ∀ε > 0, ∃η > 0 : ∀x, x0 ∈ X : kx0 − xkX < η ⇒ kAx0 − AxkY < ε. IV ⇒ III ⇒ II ⇒ I : klar. V ⇒ IV : Für x1 6= x2 in X gilt wegen der Linearität kAx1 − Ax2 kY = kA(x1 − x2 )kY kA(x1 − x2 )kY = kx1 − x2 kX · kx1 − x2 kX ! ≤ sup kAxkY · kx1 − x2 kX . kxkX ≤1 I⇒V: (durch Widerspruch). Wir nehmen an, dass supkxkX ≤1 kAxkY = ∞ und wählen eine Folge (xn )n≥1 in X mit: kxn kX ≤ 1, und 0 < kAxn kY → ∞, (2.24) Dann konvergiert zn := xn kAxn kY → 0, aber kAzn kY = kAxn kY =1: kAxn kY Widerspruch zur Stetigkeit von A an der Stelle 0. 42 n → ∞. 2 2.1 Stetige lineare Abbildungen Satz Seien (X, k · kX ) und (Y, k · kY ) normierte Vektorräume, X endlich dimensional und A : X → Y linear. Dann ist A (Lipschitz) stetig. (2.25) Beweis kxk∗ := kxkX + kAxkY (2.26) ist eine Norm auf X (die sogenannte von A induzierte Graphennorm auf X). Wegen 2.13 ist k·k∗ äquivalent zu k · kX . Somit existiert ein C > 0, so dass ∀x ∈ X kAxkY ≤ kxk∗ ≤ CkxkX . 2 Das zeigt 2.23V. Beispiele 1. Existenz von nicht stetigen linearen Formen Sei (X, k · k) ein unendlich-dimensionaler Vektorraum. Dann existiert eine lineare nicht stetige Abbildung A : X → R. Denn sei (eλ )λ∈Λ eine (unendliche) algebraische Basis von X, d. h. jedes x ∈ X wird eindeutig als X x= αλ (x)eλ (2.27) λ∈Λ dargestellt, wobei αλ (x) ∈ R nur für endlich viele λ ∈ Λ verschieden von 0 ist. Siehe auch Serie 2, Übung 4. Die Abbildungen αλ : X → R sind linear. Da Λ unendlich ist, können wir eine Injektion i ≥ 1 → λi ∈ Λ (d. h. alle λi sind voneinander verschieden) betrachten und die lineare Abbildung A(x) = X ikeλi kαλi (x) (2.28) i≥1 definieren (die Summe ist für jedes x ∈ X endlich). Somit erhalten wir für k ≥ 1: X e λk eλk A = ikeλi k · αλi =k keλk k keλk k i≥1 und eλk keλ k = 1. k Wegen 2.23V sehen wir, dass A nicht stetig ist. 43 2 Lineare Abbildungen 2. Setze X = Y = C([0, 1], R) (Vektorraum der stetigen Funktionen f : [0, 1] → R), k · kX = L1 -Norm, k · kY = Supremumsnorm und fn (t) = tn , n ≥ 1 wie in Beispiel 1 auf Seite 39. Dann gilt kfn kY = ∞, kf n kX n≥1 sup kf kY ≥ sup kf kX ≤1 und somit ist die Identität (X, k · kX ) → (Y, k · kY ) nicht stetig. Notationen: Seien (X, k · kX ) und (Y, k · kY ) normierte Vektorräume. L(X, Y ) := {A X → Y, A linear stetig.} (2.29) mit der Norm (sogenannte Operatornorm) kAkL(X,Y ) := sup kAxkY = sup (2.30) kxkX ≤1 x6=0 kAxkY kxkX ist ein normierter Vektorraum. Falls X = Y schreiben wir L(X) := L(X, X). Satz (2.31) Falls (Y, k·kY ) ein Banach-Raum ist, dann ist auch (L(X, Y ), k·kL(X,Y ) ) ein Banach-Raum. Beweis Der Beweis ist sehr ähnlich zum Beweis von 2.7, insbesondere Dank 2.30. Sei (An )n≥1 eine Cauchy-Folge in L(X, Y ), dann ist An x eine Cauchy-Folge in Y , für jedes x ∈ X mit kxkX ≤ 1. Dank der Linearität von An ist 1 x An x = An kxkX kxkX auch eine Cauchy-Folge für jedes x ∈ X mit kxkX > 1. Setze dann (2.32) Ax = lim An x, n→∞ x ∈ X. Für jedes x, x0 ∈ X, λ ∈ R (oder C) gelten A(x + y) 44 = lim An (x + y) n 2.1 Stetige lineare Abbildungen = lim(An x + An y) n 2.4 A(λx) = lim An x + lim An y = Ax + Ay = lim An (λx) = lim λAn (x) n n n n 2.4 = λ lim An (x) = λA(x). n Mit anderen Worten ist A linear. Dazu gilt wie in 2.8 kA − An kL(X,Y ) = sup kAx − An xkY kxkX ≤1 = sup lim kAn+k x − An xkY kxkX ≤1 k→∞ ≤ sup kAn+k − An kL(X,Y ) → 0. k≥1 2 Somit ist 2.31 bewiesen. Wir setzen unsere Diskussion von stetigen linearen Abbildungen fort. Satz Seien X, Y, Z normierte Vekotrräume und seien A ∈ L(X, Y ) und B ∈ L(Y, Z), dann gilt: – – BA ∈ L(X, Z) und kBAkL(X,Z) ≤ kAkL(X,Y ) · kBkL(Y,Z) die Abbildung (A, B) ∈ L(X, Y ) × L(Y, Z) → BA ∈ L(X, Z) ist stetig. Beweis (2.33) (2.34) 2.33: Für x ∈ X gilt: kBAxkZ = kB(Ax)kZ ≤ kBkL(Y,Z) · kAxkY ≤ kBkL(Y,Z) · kAkL(X,Y ) · kxk. 2.34: B 0 A0 − BA = (B 0 − B)A0 + B(A0 − A), wegen 2.33 folgt jetzt die Behauptung. 2 Mit Hilfe von 2.31 und der obigen Proposition erhalten wir jetzt einen Rahmen für die Existenz von Potenzreihen. 45 2 Lineare Abbildungen Satz Seien Y ein Banach-Raum, X ein normierter Vektorraum, Aj , j ≥ 1, so dass X kAj kL(X,Y ) < ∞, j≥1 dann gilt n X (2.35) Aj konvergiert in L(X, Y ) für n → ∞, j=1 (Notation für den Limes: ∞ X Aj ). j=1 P Falls X = Y und f (z) = j≥0 aj z j eine Potenzreihe auf C mit Konvergenzradius R > 0 ist (mit aj ∈ R, ∀j ≥ 0, für X ein R-Vektorraum), dann ist für A ∈ L(X) mit kAkL(X) < R f (A) = (2.36) ∞ X aj Aj j=0 wohl definiert (zur Erinnerung A0 = Id). Beweis 2.35: Pn Definiere Sn = j=1 Aj . Für n ≥ l ≥ 1 erhalten wir: kSn − Sl kL(X,Y ) ≤ X kAj kL(X,Y ) → 0, l<j≤n wegen P j≥1 kAj kL(X,Y ) < ∞. Folglich ist (Sn )n≥1 eine Cauchy-Folge in L(X, Y ) und 2.35 folgt wegen 2.31. 2.36: Wegen 2.33 und kAk < R erhalten wir X (2.37) kaj · Aj kL(X) ≤ j≥0 Die Behauptung folgt aus 2.35. 46 X kaj k · kAkjL(X) < ∞. j≥0 2 2.1 Stetige lineare Abbildungen Beispiele Seien jeweils X ein Banach-Raum und A ∈ L(X). 1. (Exponentialreihe) Somit ist exp(A) = ∞ X Aj j=0 j! wohl definiert. Wegen 2.37 hat man k exp(A)kL(X) ≤ exp(kAkL(X) ). (2.38) 2. (Neumann-Reihe) Satz Sei Banachraum und A ∈ L(X). Falls kAkL(X) < 1, ist die Neumann-Reihe P∞X ein j wohl definiert. Dazu ist I − A invertierbar und A j=0 ∞ X Aj = (I − A)−1 . (2.39) j=0 Beweis Wegen 2.36 bleibt nur zu zeigen: ∞ X Aj (I − A) = I = (I − A) ∞ X Aj . (2.40) j=0 j=0 Aber für n ≥ 0 gilt n X Aj (I − A) = I − An+1 = (I − A) n X Aj . j=0 j=0 Wenn wir n → ∞ streben lassen, erhalten wir 2.40 wegen 2.33, 2.34 und kAkL(X) < 1. 2 Bemerkung In unendlicher Dimension folgt nicht aus der Identität U · V = I, wobei U, V ∈ L(X), dass U und V invertierbar sind! Diese Schlussfolgerung gilt nur falls UV = V U = I 47 2 Lineare Abbildungen gilt. Betrachte z. B. X 2 2 an < ∞ , X = ` = reelle Folgen (an )n≥0 kakX = X a2n 1/2 , a ∈ X. n≥0 (2.41) U a = (a1 , a2 , . . .), und (2.42) V a = (0, a0 , a1 , a2 , . . .) für a = (a0 , a1 , a2 , . . .). Somit gilt für jedes a ∈ X: U V a = a, V U a = (0, a1 , a2 , . . .), und U, V sind nicht invertierbar. Satz Sei X ein normierter Vektorraum, A ∈ L(X). Die Folge kAn k1/n konvergiert in [0, ∞) und 1/n 1/n rA = lim kAn kL(X) = inf kAn kL(X) ≤ kAkL(X) (2.43) n→∞ n≥1 heisst der Spektralradius von A. Beweis 1/n Setze α = inf n≥1 kAn kL(X) ∈ [0, ∞). Für ε > 0 wähle m ≥ 1 so dass 1/m α ≤ kAm kL(X) ≤ α + ε. Für n ≥ 1 schreibe n = lm + k, wobei 0 ≤ k < m, l ≥ 0. Dann gilt: 1/n kAn kL(X) 2.33 ≤ 2.33 1/n 1/n kAlm kL(X) · kAk kL(X) l/n 1/n ≤ kAm kL(X) · kAk kL(X) ≤ (α + ε)lm/n kAkL(X) → (α + ε). k/n Folglich erhalten wir für ε > 0: 1/n α ≤ lim kAn kL(X) ≤ lim kAn k1/n ≤ α + ε. n Die Behauptung 2.43 folgt. 48 n 2 2.2 Quotientenräume und Produkträume Bemerkung 1. Wenn die Norm auf X durch eine äquivalente Norm ersetzt wird, bleibt der Vektorraum L(X) (der stetigen linearen A : X → X) unverändert. Die Operatornorm kAk von A wird dadurch im allgemeinen geändert, hingegen bleibt der Spektralradius rA wegen 2.43 der selbe. 2. Wegen 2.43 erhalten wir die untere Schranke ∀n ≥ 1 n kAn kL(X) ≥ rA . (2.44) 3. Sei X ein Banach-Raum und A ∈ L(X). Wir haben die folgende Verstärkung der Proposition oberhalb von 2.39 (zur Erinnerung rA ≤ kAkL(X) ): Falls rA < 1, konvergiert die Neumann-Reihe und ∞ X (2.45) Aj = (I − A)−1 . j=0 1/j Diese Behauptung folgt aus limj kAj kL(X) < 1, 2.35 und der Identität unterhalb von 2.40. 4. Wenn X ein C-Banach-Raum ist und A ∈ L(X), werden wir später sehen, dass rA = sup {|λ| λ ∈ C, so dass (λI − A) nicht invertierbar ist.} (2.46) Die Menge {λ ∈ C (λI − A) nicht invertierbar} heisst Spektrum von A und ist nicht leer und kompakt (siehe Rudin: »Functional Analysis«, p. 234-237). Falls X endlich-dimensional ist, stimmt das Spektrum von A mit der Menge der (komplexen) Eigenwerte von A überein. In diesem Spezialfall kann man 2.46 direkt mit Hilfe von 2.43 und der Jordan-Zerlegung für A prüfen (siehe G ANTMACHER: »Mengentheorie«, p. 177-178). 2.2 Quotientenräume und Produkträume Seien ein Vektorraum X und ein linearer Unterraum Y ⊆ X gegeben. Die Äquivalenzrelation x1 ∼ x2 genau dann wenn x1 − x2 ∈ Y, (2.47) 49 2 Lineare Abbildungen hat Äquivalenzklassen von der Form [x] := x + Y , x ∈ X. Der Quotientenraum x/Y = {[x] x ∈ X} hat eine natürliche Vektorraumstruktur: [x] + [y] := [x + y], λ[x] := [λx]. Wir bezeichnen mit π : X → X/Y die kanonische Quotientenabbildung x ∈ X → π(x) = [x] ∈ X/Y. Satz Seien (X, k · k) ein normierter Raum und Y ⊂ X ein abgeschlossener Teilraum von X, Y 6= X. Dann ist k[x]kX/Y = inf kx − ykX (2.48) y∈Y eine Norm auf X/Y . Die Abbildung π : X → X/Y ist stetig und kπkL(X,X/Y ) = 1. (2.49) (2.50) Falls (X, k · kX ) vollständig ist, ist (X/Y, k · kX/Y ) auch vollständig. Beweis 2.48: 2.1I , II sind klar. Zu 2.1III: seien x1 , x2 ∈ X, ε > 0. Wähle y1 , y2 ∈ Y mit kx1 − y1 kX + kx2 − y2 kX ≤ k[x1 ]kX/Y + k[x2 ]kX/Y + ε. Dann gilt k[x1 ] + [x2 ]kX/Y = k[x + x2 ]kX/Y ≤ k(x1 + x2 ) − (y1 + y2 )kX ≤ kx1 − y1 kX + kx2 − y2 kX ≤ k[x1 ]kX/Y + k[x2 ]kX/Y + ε. Wenn wir ε → 0 streben lassen, folgt 2.1III. Das zeigt, dass 2.48 eine Norm auf X/Y definiert. 2.49: Wegen 2.48 gilt kπ(x)kX/Y = k[x]kX/Y ≤ kxkX , und somit gilt 50 2.2 Quotientenräume und Produkträume kπkL(X,X/Y ) ≤ 1. (2.51) Sei ε > 0. Mit Hilfe des Lemmas von F. R IESZ (vgl. 2.18, 2.19) können wir x ∈ X \ Y finden, so dass: kxkX = 1, inf kx − ykX > 1 − ε. (2.52) y∈Y Mit anderen Worten erhalten wir kπ(x)kX/Y = k[x]kX/Y = inf kx − ykX > 1 − ε y∈Y und kxkX = 1. Folglich gilt kπkL(X,X/Y ) ≥ kπ(x)kX/Y >1−ε kxkX (2.53) Da ε > 0 beliebig ist, folgt 2.49. 2.50: Sei (zn )n≥1 eine Cauchy-Folge in (X/Y, k · kX/Y ). Es genügt zu zeigen, dass (zn )n≥1 eine konvergente Teilfolge besitzt. Zu diesem Zweck können wir durch Induktion eine Teilfolge (zni )i≥1 wählen, so dass für jedes i ≥ 1, kzni+1 − zni kX/Y ≤ 2−i . (2.54) Dann können wir durch Induktion eine weitere Folge (ui )i≥i in X wählen, so dass π(ui ) = zni , kui+1 − ui kX ≤ 21−i , ∀i ≥ 1. (2.55) Folglich ist (ui )i≥1 eine Cauchy-Folge. Da X vollständig ist, konvergiert (ui )i≥1 gegen einen Limes u ∈ X und (zni )i≥1 = (π(ui ))i≥1 konvergiert gegen π(u). Somit ist 2.50 bewiesen. 2 AnalogQzu Rn kann man für Vektorräume (Xi , k · ki ), 1 ≤ i ≤ n den Produktraum X = ni=1 Xi definieren. Mit den natürlichen (koordinatenweise definierten) Operationen erhält man eine Vektorraumstruktur auf X. Aus den Normen k · kXi , 1 ≤ i ≤ n kann man verschiedene Normen konstruieren: für x = (x1 , x2 , . . . , xn ) ∈ X setze kxkp,X = n X i=1 !1/p kxi kpXi , 1 ≤ p < ∞, kxk∞,X = max kxi kXi . (2.56) 1≤i≤n 51 2 Lineare Abbildungen (2.57) Diese Normen sind äquivalent (wegen 2.12). Dazu hat man auch: die kanonische Projektionen X → Xi sind stetig für 1 ≤ i ≤ n und X ist vollständig falls alle Xi vollständig sind. 52 3 Prinzipien der Funktionalanalysis In diesem Kapitel diskutieren wir einige sehr klassische Sätze aus der Funktionalanalysis. 3.1 Gleichmässige Beschränktheit Es handelt sich um die Anwendung im Kontext linearer Abbildung des Theorems von der gleichmässigen Beschränktheit p. 33. Wie schon im Beispiel p. 29 diskutiert, werden in diesem Kontext die Konsequenzen des Satzes von Baire besonders stark. T HEOREM : B ANACH -S TEINHAUS Seien (X, k · kX ) ein Banach-Raum, (Y, k · kY ) ein normierter Raum und sei (Aλ )λ∈Λ in L(X, Y ) eine punktweise beschränkte Familie, d. h. sup kAλ xkY < ∞, ∀x ∈ X. (3.1) λ∈Λ Dann gilt sup kAλ kL(X,Y ) < ∞, (3.2) λ∈Λ d. h. (Aλ )λ∈Λ ist gleichmässig beschränkt. Beweis Für λ ∈ Λ definiere die stetige Abbildung fλ : X → R fλ (x) = kAλ xk, x ∈ X. (3.3) Dann gilt 3.1 sup |fλ (x)| < ∞, ∀x ∈ X. λ∈Λ 53 3 Prinzipien der Funktionalanalysis Da X vollständig ist, können wir den Satz p. 33 anwenden und x0 ∈ X, r > 0 finden, so dass (vgl. 1.49): (3.4) |fλ (z)| = C < ∞. sup λ∈Λ z∈B(x0 ,r) Dann gilt für kxkX < 1: kAλ xkY = (3.5) 3.4 2 1 kAλ (x0 + rx) − Aλ (x0 )k ≤ C. r r Folglich gilt: ∀λ ∈ Λ, (3.6) kAλ kL(X,Y ) ≤ 2 C, r und 3.2 ist bewiesen (3.4–3.6 ist analog zu 1.44–1.47, p. 32). 2 Beispiele 1. Sei X ein Banach-Raum und Y ein normierter Vektorraum. Falls (Aj )j≥1 in L(X, Y ) punktweise gegen A : X → Y konvergiert, ist A linear stetig und kAkL(X,Y ) ≤ lim kAj kL(X,Y ) < ∞. (3.7) j→∞ Um 3.7 zu zeigen, argumentiert man wie folgt: Wegen des Satzes von B ANACH S TEINHAUS gilt sup kAj kL(X,Y ) < ∞. j≥1 Wähle eine Teilfolge (Ajk )k≥1 , sodass lim kAjk kL(X,Y ) = lim kAj kL(X,Y ) . (3.8) k j Natürlich gilt für jedes x ∈ X: Ax = lim Ajk x k→∞ und A ist linear. Folglich gilt für jedes x ∈ X: kAxkY = lim kAjk xkY k→∞ ≤ lim kAjk kL(X,Y ) · kxkX 3.8 lim kAj kL(X,Y ) · kxkX , = k j 54 3.1 Gleichmässige Beschränktheit und 3.7 ist bewiesen. R1 2. X = C([0, 1], R), kf kX = 0 |f (t)|dt (dann ist (X, k · kX ) kein Banach-Raum). Definiere Aj : X → R, so dass Z Aj f = j 1 f (t)dt, f ∈ X, j ≥ 1. 1− 1j Dann gilt für jedes j ≥ 1 Z |Aj f | ≤ j 1 |f (t)|dt = jkf kX , (3.9) 0 und somit ist jedes Aj stetig. Dazu gilt für jedes f ∈ X: Aj f → Af = f (1), j → ∞. (3.10) Aber im Gegensatz zu 3.7 ist A nicht stetig, denn fn (t) = tn , n ≥ 1 konvergiert gegen 0 in (X, k · kX ) (vgl. p. 39) und Afn = 1, ∀n ≥ 1. 3. Seien X, Y Banach-Räume (R oder C Vektorräume). Sei B(·, ·) : X × Y → F eine bilineare Abbildung. Falls für jedes x ∈ X, B(x, ·) : Y → F und für jedes y ∈ Y, B(·, y) : X → F stetig ist, dann ist B stetig. (3.11) Um 3.11 zu zeigen, argumentieren wir wie folgt: Beachte zuerst, dass ∀x, x0 ∈ X, ∀y, y 0 ∈ Y : B(x0 , y 0 ) − B(x, y) = B(x0 − x, y) + B(x, y 0 − y) + B(x0 − x, y 0 − y). Folglich brauchen wir nur zu zeigen, dass B stetig in (0, 0) ∈ X × Y ist, um 3.11 zu beweisen. X Y Betrachte dann xn → 0, yn → 0 und setze Tn (y) = B(xn , y), (3.12) X so dass Tn ∈ L(Y, F) wegen unserer Voraussetzung. Da xn → 0, sind die Abbildungen Tn punktweise beschränkt. Wegen 3.2 existiert ein C > 0, so dass 55 3 Prinzipien der Funktionalanalysis |Tn (y)| ≤ CkykY , ∀y ∈ Y, ∀n ≥ 1. (3.13) Folglich gilt |B(xn , yn )| = |Tn (yn )| ≤ Ckyn kY n→∞ → 0, und somit ist B stetig in (0, 0). Die Behauptung 3.11 folgt. Die Voraussetzung B(·, ·) bilinear ist natürlich ganz wichtig, um 3.11 zu erhalten: betrachte auf R2 C(x, y) = (3.14) xy , x2 +y 2 0, (x, y) 6= (0, 0), (x, y) = (0, 0). Dann sind C(x, ·) und C(·, y) für jedes x ∈ R (respektive jedes y ∈ R) stetig, aber C :R×R→R ist nicht stetig. 3.2 Der Satz von der offenen Abbildung D EFINITION (3.15) Seien X, Y normierte Räume und A : X → Y eine lineare Abbildung. A heisst offen, falls für jede offene Menge U von X, A(U ) eine offene Menge von Y ist. T HEOREM : S ATZ VON DER OFFENEN A BBILDUNG Seien X, Y Banach-Räume und A ∈ L(X, Y ). Dann gilt: (3.16) (3.17) – – Falls A surjektiv ist, ist A offen. Falls A bijektiv ist, ist A−1 auch stetig (d. h. A−1 ∈ L(Y, X)). Beweis 3.16⇒3.17: für jede offene Menge U ⊆ X ist das Umkehrbild von U durch A−1 gleich die offene Menge A(U ) von Y . Somit ist A−1 stetig. 56 3.2 Der Satz von der offenen Abbildung 1.16: Erster Schritt: Wir zeigen, dass ∃r > 0 : BY (0, 2r) ⊂ A(BX (0, 1)). ∞ [ ∞ [ (3.18) A ist surjektiv und folglich Y = A(BX (0, n)) = n=1 A(BX (0, n)). n=1 Wegen 1.4 (im Satz von Baire existieren n0 ≥ 1, y0 = A(x0 ) und r0 > 0, so dass BY (y0 , r0 ) = y0 + BY (0, r0 ) ⊂ A(BY (0, n0 )). (3.19) Wegen der Linearität von A erhalten wir BY (0, r0 ) ⊂ A(BX (0, n0 ) − A(x0 ) = A(BX (−x0 , n0 )). Weiter gilt für die natürliche Zahl l0 ≥ max(kx0 k, 1): BY (0, r0 ) ⊂ A(BX (0, n0 + l0 )) = (l0 + n0 )A(BX (0, 1)). Mit r= (3.20) r0 2(l0 + n0 ) erhalten wir 3.18. Zweiter Schritt: Sei r wie in 3.18. Wir zeigen jetzt, dass BY (0, r) ⊂ A(BX (0, 1)). (3.21) Wähle y ∈ BY (0, r). Wir konstruieren (xk )k≥1 , so dass X kxk kX < 1, und k≥1 Da X vollständig ist, ist x = n X Y Axk → y, n → ∞. (3.22) k=1 P∞ k=1 xk wohl definiert und y = Ax. Somit folgt 3.21 aus 3.22. 57 3 Prinzipien der Funktionalanalysis Wir konstruieren jetzt die Folge (xk )k≥1 . Wegen 3.18 gilt BY (0, 2λr) ⊂ A(BX (0, λ)), ∀λ > 0. (3.23) Da kykY < r, können wir x1 ∈ BX (0, 12 ) finden, so dass ky − Ax1 kY < r . 2 Wir setzen y1 = y − Ax1 ∈ BY (0, 2r ). Wegen 3.23 können wir x2 in X mit kx2 kX < dass r ky − Ax1 − Ax2 kY = ky1 − Ax2 kY < . 4 Weiter, wenn wir x1 , . . . xk , (k ≥ 2) in X mit r ∀1 ≤ i ≤ k : kxi kX ≤ 2−i und ky − Ax1 − Ax2 − · · · − Axk kY < k 2 1 4 finden, so r konstruiert haben, setzen wir yk = y − Ax1 − . . . Axk ∈ BY (0, 2k ). Wegen 3.23 können wir −(k+1) xk+1 ∈ X mit kxk+1 kX < 2 finden, so dass ky − Ax1 − Ax2 − · · · Axk+1 kY < 2−(k+2) . Jetzt erhalten wir durch Induktion eine Folge (xk )k≥1 , die 3.22 erfüllt. Somit folgt 3.21. Dritter Schritt: Für alle offenen U ⊂ X ist A(U ) ⊂ Y offen. Das ist eine direkte Folgerung aus 3.21 und der Linearität von A. 2 Zuerst diskutieren wir einige Folgerungen des Satzes von der offenen Abbildung. 3.3 Folgerungen Satz Seien k · k1 , k · k2 zwei Normen auf dem Vektorraum X, so dass (X, k · ki ), i = 1, 2 BanachRäume sind. Wenn ein C > 0 existiert, so dass ∀x ∈ X : (3.24) (3.25) kxk2 ≤ C · kxk1 , dann sind die Normen k · k1 und k · k2 äquivalent. Beweis Wegen 3.24 ist die Identität I : (X, k · k1 ) → (X, k · k2 ) eine stetige Abbildung. Wegen 3.17 ist I : (X, k · k2 ) → (X, k · k1 ) auch stetig. 2 58 3.3 Folgerungen Beispiele 1. Die Voraussetzung, dass (X, k · k2 ) vollständig R 1ist, ist wichtig: Betrachte X = C([0, 1], R) und kf k1 = supt∈[0,1] |f (t)|, kf k2 = 0 |f (t)|dt. Dann gilt 3.24 mit C = 1 und I : (X, k · k1 ) → (X, k · k2 ) ist eine stetige Abbildung. Diese Abbildung ist nicht offen, sonst wären die Normen k · k1 und k · k2 äquivalent (das ist nicht der Fall, vgl. p. 39). In diesem Beispiel ist (X, k · k2 ) nicht vollständig. 2. Die Voraussetzung, dass (X, k · k1 ) vollständig ist, ist ebenso wichtig: P Sei X = `2 die Menge der reellen Folgen (an )n≥0 so dass n≥0 a2n < ∞ und P 1/2 2 . kak2 = n≥0 an Betrachte die Folge linearer unabhängiger Vektoren ei , i ≥ 0: ei = (0, . . . , 1, 0, . . . , 0, . . .), wo nur die i-te Komponente von 0 verschieden ist. Man kann ei , i ≥ 0 zu einer algebraischen Basis (bλ )λ∈Λ von `2 erweitern mit kbλ k2 = 1, ∀λ ∈ Λ (vgl. Übung 4, Serie 2): das heisst, jedes x ∈ `2 wird eindeutig als x= X αλ bλ (3.26) λ∈Λ dargestellt, wobei αλ ∈ R nur für endlich viele λ ∈ Λ verschieden von 0 ist. Setze dann kxk1 = X |αλ |, x ∈ `2 , (3.27) λ∈Λ wobei die (αλ )λ∈Λ durch 3.26 definiert sind. Folglich gilt für jedes x ∈ `2 : X X kxk2 = αλ bλ ≤ |αλ | · kbλ k2 = kxk1 . λ∈Λ 2 (3.28) λ∈Λ Somit gilt 3.28 mit C = 1. Betrachte dann die Folge in `2 : k−1 X 1 1 1 1 √ ei , k ≥ 1, xk = √ , √ , . . . , √ , 0, 0, . . . = k k k k i=0 | {z } k-mal 59 3 Prinzipien der Funktionalanalysis √ Dann gilt kxk k2 = 1 und kxk k1 = k. Folglich sind die Normen k · k1 und k · k2 nicht äquivalent. Die Identität (`2 , k · k1 ) → (`2 , k · k2 ) ist stetig, aber nicht offen. Satz Sei (X, k · k) ein Banach-Raum und seien X1 , X2 Teilräume von X, so dass X = X1 ⊕ X2 , (3.29) (d. h. X ist die algebraische direkte Summe von X1 und X2 : X = X1 + X2 und X1 ∩ X2 = {0}). Falls X1 und X2 abgeschlossen sind, ist die Abbildung A : (x1 , x2 ) ∈ X1 × X2 → x1 + x2 ∈ X (3.30) bijektiv stetig mit der stetigen Inversen A−1 . Beweis Für i = 1, 2 sind (Xi , k · ki ) (k · ki sind die Einschränkungen von k · k auf Xi ) BanachRäume. Wegen 2.57 ist der Produkt-Raum X1 × X2 vollständig und A in 3.30 bijektiv und stetig. Wegen 3.17 ist auch A−1 stetig. 2 Bemerkung Der abgeschlossene Unterraum X1 des Banach-Raums (X, k · k) heisst komplementiert, wenn ein abgeschlossener Unterraum X2 von X existiert, so dass 3.29 gilt. Nicht alle abgeschlossenen Unterräume sind komplementiert. Betrachte z. B. X = L1C ((0, 2π), dt) mit k · k = L1 -Norm und X1 = 1 f ∈X 2π Z 2π int f (t)e dt = 0, ∀n ≥ 1 . 0 Dann ist der abgeschlossene Teilraum X1 von X unkomplementiert (vgl. R UDIN: »Functional Analysis«, p. 128-130). 60 3.4 Der Satz vom abgeschlossenen Graphen 3.4 Der Satz vom abgeschlossenen Graphen D EFINITION Seien X, Y normierte Vektorräume und sei A : D(A) ⊂ X → Y linear, wobei D(A) ein linearer Unterraum von X ist. Der Graph von A ist der lineare Unterraum ΓA = {(x, Ax) x ∈ D(A)} (3.31) und A heisst abgeschlossen, falls ΓA abgeschlossen in X × Y ist, (3.32) (X × Y wird z. B. mit der Norm k(x, y)kX×Y = kxkX + kykY versehen). T HEOREM : S ATZ VOM ABGESCHLOSSENEN G RAPHEN Seien X, Y Banach-Räume und A : X → Y linear. Dann sind äquivalent I. II . III . A ist stetig, X Y Falls (xn )n≥1 → 0, n → ∞ und Axn → y, n → ∞, dann ist y = 0. A ist abgeschlossen. Beweis (3.33) I ⇒ II : klar. II ⇒ III : X Sei (xm , Axn )n≥1 eine Folge in ΓA , die gegen (x, y) ∈ ΓA konvergiert. Dann gilt (x − xn ) → Y 0, n → ∞ und A(x − xn ) = Ax − Axn → Ax − y. Wegen II erhalten wir Ax − y = 0 und folglich (x, y) ∈ ΓA . Somit gilt ΓA = ΓA und A ist abgeschlossen. III ⇒ I : (Folgerung des Satzes von der offenen Abbildung). Die Einschränkung k · kA von k · kX×Y auf den abgeschlossenen Teilraum ΓA im Banach-Raum X × Y induziert einen Banach-Raum (ΓA , k · kA ). 61 3 Prinzipien der Funktionalanalysis Die Projektion πX : ΓA → X, (x, y) ∈ ΓA → x ∈ X ist bijektiv und stetig (denn kxkX ≤ −1 k(x, y)kA , ∀(x, y) ∈ ΓA ). Wegen 3.17 ist die Inverse πX : X → ΓA auch stetig. Folglich existiert C > 0, so dass ∀x ∈ X : (3.34) kAxkY ≤ kxkX + kAxkY = k(x, Ax)kA ≤ CkxkX . 2 Somit ist A stetig. Bemerkung Der Satz vom abgeschlossenen Graphen vereinfacht den Nachweis der Stetigkeit der linearen Abbildung A. Statt ( Y X Axn → y, n → ∞ (xn ) → x, n → ∞ ⇒ y = Ax genügt es zu prüfen X Y (xn ) → 0 und (Axn ) → y, n → ∞ ⇒ y = 0. Beispiele 1. Sei H ein Hilbertraum, d. h. H ist ein R (oder C)-Vektorraum versehen mitpeinem Skalarprodukt (·, ·) : H × H → F, so dass H bezüglich der Norm kxkH = (x, x) vollständig ist. Satz: Hellinger-Toeplitz Sei (H, (·, ·)) ein Hilbert-Raum und A : H → H linear und symmetrisch, d. h. ∀x, y ∈ H : (3.35) (Ax, y) = (x, Ay), dann ist A stetig. Beweis Wir zeigen 3.33II. Sei (xn )n≥1 eine Folge in H, so dass H H (xn ) → 0 und (Axn ) → y. (3.36) Dann gilt für n → ∞: (Axn , y) ↓ (y, y) 62 = (xn , Ay) ↓ = 0 3.4 Der Satz vom abgeschlossenen Graphen 2 Folglich gilt y = 0 und somit ist 3.33II bewiesen. Die Vollständigkeit von H ist wichtig! Betrachte z. B. H := {f : R → R C ∞ mit Träger ⊂ [0, 1]} (3.37) (da f stetig ist und der Träger in [0, 1] liegt, gilt dann natürlich f (0) = f (1) = 0). Z s Z 1 f (t)g(t)dt, f, g ∈ H, (f, g) = kf kH = 1 f 2 (t)dt. 0 0 A : f ∈ H → Af = f 00 ∈ H, (3.38) wo f 00 die zweite Ableitung von f bezeichnet. Dann ist A symmetrisch, denn für f, g ∈ H gilt Z 1 (Af, g) = f 00 (t)g(t)dt 0 Z 1 f 0 (t)g 0 (t)dt = − 0 Z 1 = f (t)g 00 (t)dt 0 = (f, Ag). Aber A : (H, k · kH ) → (H, k · kH ) ist nicht stetig, denn betrachte einfach die Folge in H: fn (t) = ψ(t) · 1 sin(2πnt), n t ∈ R, n ≥ 1, (3.39) wobei ψ ∈ H, ψ(t) ≡ 1 für t ∈ [ 14 , 43 ] und 0 ≤ ψ(t) ≤ 1 für alle t ∈ [0, 1]. Dann gilt. kfn k2H 1 = 2 n Z 0 1 ψ 2 (r) sin2 (2πnt)dt ≤ 1 kψk2H → 0, n2 (3.40) für n → ∞ und (Afn )(t) ψ 00 (r) n1 sin(2πnt) + 2ψ 0 (r)2π cos(2πnt) −nψ(r)4π 2 sin(2πnt), := g1,n (t) + g2,n (t) + g3,n (t), = (3.41) 63 3 Prinzipien der Funktionalanalysis wobei kg1,n kH → 0 für n → ∞, supn≥1 kg2,n kH < ∞ und kg3,n k2H = 16π 4 n2 1 Z ψ 2 (t) sin2 (2πnt)dt 0 4 2 3 4 Z ≥ 16π n sin2 (2πnt)dt → ∞ 1 4 für n → ∞. Folglich erhalten wir kAfn kH → ∞, n → ∞, und somit ist A nicht stetig. 2. Betrachte für p ∈ [1, ∞), Z 1 |f (t)|p dt 1/p Lp := Lp ([0, 1], dt), mit kf kp = für f ∈ Lp L∞ := L∞ ([0, 1], dt), mit kf k∞ = ess sup {|f (t)|} , für f ∈ Lp . 0 t∈[0,1] Anm.: ess sup steht für das wesentliche Supremum: ess sup |f (x)| := inf {α ≥ 0 µ(|f | > lpha) = 0} . x∈X Ist also s = ess sup |f (x)|, dann gilt bis auf eine µ-Nullmenge für alle x: |f (x)| ≤ s. x Natürlich gilt hier (das wäre nicht der Fall für L∞ (R, dt) und Lp (R, dt)): L∞ ⊆ Lp . Wir werden jetzt sehen, dass abgeschlossene Teilräume von Lp , die in L∞ enthalten sind, »klein« sind. Satz: Grothendieck Sei S ein abgeschlossener Teilraum von Lp ([0, 1], dt) mit S ⊆ L∞ ([0, 1], dt). (3.42) Dann ist S endlich-dimensional. 64 3.4 Der Satz vom abgeschlossenen Graphen Beweis Sei A : (S, k · kS ) → (L∞ , k · k∞ ), f → Af = f, wobei k · kS die Einschränkung von k · kp auf S bezeichnet. Da S abgeschossen ist, ist (S, k · kp ) ein Banach-Raum. Wir zeigen jetzt, dass A abgeschlossen ist. Zu diesem Zweck prüfen wir 3.33II. Sei (fn )n≥1 eine Folge in S, so dass L∞ S fn → 0, n → ∞ und fn = Afn → g Lp (∈ L∞ ⊆ Lp ). Lp Dann folgt fn → 0 und fn → g und somit gilt g = 0. Wegen 3.33 ist A stetig und es existiert ein C > 0, so dass ∀f ∈ S : kf k∞ ≤ Ckf kp . (3.43) Falls p ≤ 2, hat man dazu kf kp ≤ kf k2 , ∀f ∈ S. (3.44) Falls 2 < p < ∞, hat man 1 Z p |f (t)| dt ≤ kf kp−2 ∞ 1 Z 0 |f (t)|2 dt, 0 und wegen 3.43: kf kpp ≤ C p−2 kf kp−2 · kf k22 , p so dass kf kp ≤ C p/2−1 kf k2 , ∀f ∈ S. (3.45) Wegen 3.43, 3.44, 3.45 erhalten wir ∀f ∈ S : kf k∞ ≤ M kf k2 , (3.46) wobei M = max(C, C p/2 ). Wähle eine orthogonale Familie ϕ1 , ϕ2 , . . . , ϕn in S ⊆ L2 . Sei Q eine abzählbare dichte Familie in ( B= a = (a1 , . . . , an ) n X ) a2i ≤1 ⊆ Rn . (3.47) 1 Für a ∈ B setze fa = n X ai ϕi , i=1 so dass 65 3 Prinzipien der Funktionalanalysis ∀a ∈ B : (3.48) kfa k2 = n X !1/2 a2i ≤ 1, i=1 und wegen 3.46 ∀a ∈ B : (3.49) kfa k∞ ≤ M. Dann existiert eine Lebesgue-Nullmenge N in [0, 1], so dass n X ∀a ∈ Q, ∀t ∈ [0, 1] \ N : |fa (t)| = ai ϕi (t) ≤ M. i=1 Für t ∈ [0, 1] \ N ist a ∈ B → Pn ai ϕi (t) ∈ R stetig. Da Q dicht in B ist, erhalten wir n X ∀t ∈ [0, 1] \ N, ∀a ∈ B : ai ϕi (t) ⇒ i=1 i=1 ∀t ∈ [0, 1] \ N : (3.50) n X ϕ2i (t) ≤ M 2 . i=1 Wenn wir 3.50 integrieren erhalten wir m ≤ M 2 und folglich dim(S) ≤ M 2 . (3.51) 2 Bemerkung Die obige Proposition gilt auch im Fall, wo das Lebesgue-Mass auf [0, 1] durch ein allgemeines Wahrscheinlichkeitsmass µ auf einem messbaren Raum (Ω, Q) ersetzt wird und Lp (Ω, Q, dµ) die Rolle von Lp ([0, 1], dt) spielt (vgl. Rudin: »Functional Analysis«, p. 111–112). 66 3.5 Abschliessbare Operatoren 3.5 Abschliessbare Operatoren Anm.: Wir haben bereits definiert, was ein Graph ist. Um nun einen linearen Graphen zu definieren, können wir entweder von einem Graphen verlangen, dass er linear ist, oder wir gehen von einem linearen Unterraum aus und verlangen, dass er ein Graph ist. D EFINITION Seien X, Y normierte Vekotrräume. Ein linearer Unterraum Γ ∈ X × Y heisst linearer Graph, falls ∀x ∈ X, ∀y1 , y2 ∈ Y : (x, y1 ) ∈ Γ und (x, y2 ) ∈ Γ ⇒ y1 = y2 , (3.52) oder äquivalent dazu: falls ∀y ∈ Y : (0, y) ∈ Γ ⇒ y = 0. (3.53) Bemerkung Den obigen Begriff kann man auch in die Sprache von Operatoren, die auf einem Teilraum von X definiert sind, umformulieren. Nämlich, falls A : D(A) ⊂ X → Y (3.54) linear ist, ist ΓA , der Graph von A (vgl. 3.27), ein linearer Graph. Umgekehrt hat man: Gegeben ein linearer Graph, ist πX (Γ) ein Teilraum von X und A : x ∈ D(A) := πX (Γ) → Ax = das eindeutige y ∈ Y mit (x, y) ∈ Γ. (3.55) eine lineare Abbildung von D(A) nach Y mit ΓY = Γ. 67 3 Prinzipien der Funktionalanalysis D EFINITION Seien A : D(A) ⊆ X → Y, und B : D(B) ⊆ X → Y lineare Abbildungen. B heisst Erweiterung von A (Notation B ⊇ A), falls ΓA ⊆ ΓB (3.56) (oder äquivalent D(A) ⊆ D(B) und B|D(A) = A). A heisst abschliessbar, falls ΓA ein linearer Graph ist. Die zugehörige Erweiterung A ⊇ A mit ΓA := ΓA (⊇ ΓA ) heisst Abschluss von A. Bemerkung 1. Ist A abschliessbar, dann ist A die kleinste (für die Inklusion) abgeschlossene Erweiterung von A (vgl. 3.32). 2. Sei A abschliessbar, dann gilt: ( D(A) ⊂ D(A) = (3.57) x∈X ∃(xn )n≥1 in D(A), y ∈ Y, ) X×Y so dass (xn , Axn ) → (x, y), n → ∞ = D(A). Im Allgemeinen ist D(A) 6= D(A), siehe 3.65 unten. Um zu prüfen, ob eine lineare Abbildung A : D(A) ⊆ X → Y abschliessbar ist, ist folgende Proposition nützlich: Satz Sei A : D(A) ⊆ X → Y eine lineare Abbildung. Dann ist A genau dann abschliessbar, wenn X Y für jede Folge(xn , yn )n≥1 in ΓA mit xn → 0 und yn → y gilt: y = 0. (3.58) 68 3.5 Abschliessbare Operatoren Beweis 3.53 A abschliessbar ⇔ ΓA linearer Graph ⇔ {0}. y ∈ Y (0, y) ∈ ΓA = {0} ⇔ y ∈ Y (0, y) ∈ ΓA ⊆ 2 Beispiele 1. (stetige lineare Operatoren sind abschliessbar) A : D(A) ⊆ X → Y linear stetig ⇒ A abschliessbar. (3.59) X×Y Denn sei (x, yn = Axn )n≥1 in ΓA → (0, y) für n → ∞. Wegen der Stetigkeit von A gilt kykY = lim kAxn k ≤ lim kAkL(D(A),Y ) · kxn kX = 0. n n Somit ist 3.58 erfüllt. 2. Seien X, Y Banach-Räume. Sei A : D(A) abgeschlossen ⊆ X → Y , abschliessbar, dann ist A = A : D(A) → Y eine stetige lineare Abbildung. (3.60) Denn wegen 3.57 folgt D(A) ⊆ D(A) ⊆ D(A) = D(A) und somit D(A) = D(A) ⇒A = A. Da D(A) abgeschlossen ⊆ X ist, ist D(A) ein Banach-Raum, und somit ist A : D(A) → Y (wo sowohl D(A) als auch Y Banach-Räume sind) abgeschlossen. Die Stetigkeit von A folgt aus 3.33. 3. (eine abgeschlossene nicht stetige lineare Abbildung) X = Y = C([0, 1], R), kf kX = sup |f (t)|. t∈[0,1] Offenbar sind hier X und Y keine Banachräume. Sei D(A) = f ∈ X ∃g ∈ X so dass f 0 = g = C 1 ([0, 1], R) und Af = f 0 ∈ X, für f ∈ D(A). (3.61) Offensichtlich ist A : D(A) → X nicht stetig (z. B. D(A) 3 fn (t) = tn , n ≥ 1. Dann gilt kfn kX = 1, ∀n ≥ 1 : (Afn )(t) = ntn−1 , kAfn kX = n −→ ∞). n→∞ 69 3 Prinzipien der Funktionalanalysis Trotzdem ist A abgeschlossen: denn sei X×X (gn , Agn ) ∈ ΓA → (g, h), dann gilt: t Z ∀n ≥ 1, ∀t ∈ [0, 1] (Agn )(u)du, gn (t) = gn (0) + 0 und mit n → ∞ t Z gn (t) → g(t) = g(0) + h(u)du. 0 Folglich gilt h = g 0 und somit (g, h) ∈ ΓA . ⇒A ist abgeschlossen. 4. (eine nicht abschliessbare lineare Abbildung) D(A) = C([−1, 1], R) ⊆ X = L2 ([−1, 1], dt), Z 1 kf kX = 1/2 f 2 (t)dt , −1 A : D(A) → R, f ∈ D(A) → Af = f (0) ∈ R. (3.62) A ist nicht abschliessbar: denn sei die Folge (fn )n≥1 in D(A): fn (t) = (1 − n|t|)+ (= max(0, 1 − n|t|)), n ≥ 1, t ∈ [−1, 1]. Dann gilt: kfn k2X Z 1 = −1 (1 − n|t|)2+ dt → 0, n → ∞ (dominierte Konvergenz) und Afn = fn (0) = 1. Mit anderen Worten konvergiert (fn , Afn ) ∈ ΓA → (0, 1) ∈ X × R, und somit ist 3.58 nicht erfüllt. 5. Sei U 6= ∅ ⊆ Rd offen, d ≥ 1, und betrachte den Laplace-Operator: D(∆) = C◦∞ (U ) (= {f : U → R C ∞ mit kompaktem Träger ⊆ U }) und ∆ : D(∆) → L2 (U, dx) P 2 f ∈ D(∆) 7→ ∆f (x) = di=1 ∂∂xf2 (x) ∈ L2 (U, dx). i 70 3.5 Abschliessbare Operatoren ∆ : D(∆) → L2 (U, dx) ist abschliessbar. (3.63) L2 L2 Denn sei (fn )n≥1 in D(∆), so dass fn → 0 und ∆fn → g, n → ∞. Dann gilt für jedes ϕ ∈ C◦∞ (U ): Z Z ϕ∆fn dx = ∆ϕfn dx → 0, n → ∞. U U und für n → ∞: Z Z ϕ∆fn dx → ϕgdx. U U Folglich gilt: Z ∀ϕ ∈ C0∞ (U ). ϕgdx = 0, (3.64) U Da C0∞ (U ) dicht in L2 (U, dx) ist, folgt, dass g = 0. Somit ist 3.58 erfüllt und ∆ abschliessbar. Beachte, dass C0∞ (U ) ⊆ D(∆) 6⊆ C0∞ (U ) = L2 (D, dx), (3.65) sonst wäre ∆ : L2 (U, dx) → L2 (U, dx) abgeschlossen, und wegen 3.33 (Satz von abgeschlossenen Graphen) stetig. Aber analog zu 3.39 kann man eine Folge L2 (fn )n≥1 in C0∞ konstruieren, so dass fn → 0 und Z (∆fn )2 dx → ∞ U für n → ∞, also ein Widerspruch zur Stetigkeit von ∆. Schliesslich diskutieren wir eine wichtige Klasse von abschliessbaren Operatoren: lineare Differentialoperatoren (es handelt sich um eine Verallgemeinerung des Beispiels 5, p. 70). Sei U 6= ∅ eine offene Menge in Rd ,Pd ≥ 1 und N ∈ N. Für jeden Multi-Index α = (α1 , . . . , αd ) ∈ Nd0 vom Gewicht |α| = di=1 αi ≤ N sei aα (·) : U → R von der Klasse CbN (U ) (Klasse der Funktionen U → R, die stetige beschränkte Ableitungen von jeder Ordnung ≤ N besitzen). Wir betrachten den Operator: 71 3 Prinzipien der Funktionalanalysis A : C0∞ (U ) ⊆ Lp (U, dx) → Lp (U, dx), (3.66) wobei 1 ≤ p ≤ ∞ und Af (x) = X x ∈ U, f ∈ C0∞ (U ) aα (x)Dα f (x), |α|≤N mit der Notation Dα f = ∂1α1 ∂ |α| f. · · · ∂dαd Satz (3.67) Für 1 ≤ p ≤ ∞, d ≥ 1 ist der obige Operator A abschliessbar. Beweis (analog zum Beispiel 5, p. 70) Betrachte eine Folge (fn )n≥1 in C0∞ (U ), so dass Lp fn → 0 (3.68) Dann gilt für jedes ϕ ∈ C0∞ (U ): Z ϕAfn dx = U X Z |α|≤N = Lp Afn → g. und X ϕaα Dα fn dx U (−1) |α| Z Dα (aα ϕ)fn dx. |α|≤N Wenn wir in der obigen Gleichung n → ∞ streben lassen, erhalten wir: Z (3.69) ϕgdx = 0, ∀ϕ ∈ C0∞ (U ). U Lp Aus dem Lemma unten und Lp (U ) ⊆ L1loc (U ) folgt g = 0. Somit ist 3.58 erfüllt, und 3.67 bewiesen. 2 Lemma: Fundamentallemma der Variationsrechnung Sei f ∈ L1loc (U ) (d. h. 1K f ∈ L1 (Rd ) für alle kompakten Teilmengen K von U ), so dass: ∀ϕ ∈ (3.70) C0∞ (U ) Z : ϕf dx = 0, U 72 3.5 Abschliessbare Operatoren dann ist Lebesgue fast-überall. f = 0, Beweis (3.71) (durch Widerspruch) Falls f 6= 0, betrachte einen Lebesgue-Punkt x0 ∈ U mit 1 r→0 |B(x0 , r| Z 0 6= f (x0 ) = lim (3.72) f (x)dx, B(x0 ,r) wobei |B| das Volumen von B bezeichnet. Wähle r ∈ (0, d(x0 , U C )), so dass: Z f (x)dx 6= 0. (3.73) B(x0 ,r) Dann können wir eine Folge (ϕn )n≥1 in C0∞ (U ) konstruieren, so dass: 0 ≤ ϕn ≤ 1, und ϕn (x) → 1B(x0 ,r) (x), n → ∞, ∀x ∈ U, (3.74) (zum Beispiel 1 1 ϕn (x) = exp − 2 , n r − |x − x0 |2 falls x ∈ B(x0 , r)). Mit dem Satz von der dominierten Konvergenz sehen wir, dass Z ϕn f dx 3.70 = 0 U Z U wobei 1B(x0 ,r) dx 3.74 ϕn f → Ein Widerspruch. Das zeigt 3.71. 3.73 6= 0 1B(x0 ,r) , n → ∞. 2 73 4 Der Satz von Hahn-Banach und Konvexität 4.1 Der Satz von Hahn-Banach D EFINITION Sei X ein R-Vektorraum. Eine Abbildung p : X → R heisst sublinear, falls I. II . ∀x ∈ X, ∀α ≥ 0 : p(αx) = αp(x), ∀x, y ∈ X : p(x + y) ≤ p(x) + p(y) (4.1) (z. B. ist jede Norm oder jede lineare Abbildung von X nach R sublinear). T HEOREM : H AHN -B ANACH Seien M ein linearer Teilraum von X, p : X → R sublinear und f : M → R linear, so dass ∀x ∈ M : f (x) ≤ p(x). (4.2) Dann existiert eine lineare Abbildung F : X → R, so dass I. II . F |M = f , ∀x ∈ X : F (x) ≤ p(x). (4.3) Anm.: Ein Beispiel für ein zweidimensionales X. M ist ein linearer Unterraum, d. h. in diesem Fall eine gerade Linie durch den Ursprung und darauf definieren wir eine Funktion f (x). Da f (x) überall kleiner ist als p(x) = kxk, können wir nach dem Satz von Hahn-Banach f (x) auf die ganze Ebene X fortsetzen (in diesem einfachen Beispiel ist das natürlich trivial). 75 4 Der Satz von Hahn-Banach und Konvexität Beweis O. B. d. A. M 6= X, sonst wähle F = f . Erster Schritt: Sei x1 6∈ M und setze M1 = M + R · x1 = {z ∈ X ∃x ∈ M, u ∈ R so dass z = x + ux1 } . (4.4) Dann gilt für alle x, y ∈ M : 4.2 f (x) + f (y) = f (x + y) ≤ p(x + y) ≤ p(x − x1 ) + p(x1 + y), und folglich ∀x, y ∈ M : (4.5) f (x) − p(x − x1 ) ≤ p(y + x1 ) − f (y). Wegen 4.5 gilt dann α = sup (f (x) − p(x − x1 )) < ∞, (4.6) (⇒ ∀x ∈ M : f (x) − α ≤ p(x − x1 )) x∈M und nach dem Übergang zum Supremum in x in 4.5: ∀y ∈ M : (4.7) f (y) + α ≤ p(y + x1 ). Jetzt definieren wir f1 : M → R durch (4.8) f1 (x + tx1 ) = f (x) + tα, für jedes x ∈ M, t ∈ R. Somit ist f1 linear und f1 |M = f. (4.9) Dazu gilt auch 4.8 f1 (x ± x1 ) = f (x) ± α 4.6,4.7 ≤ p(x ± x1 ). Wenn wir die obige Ungleichung mit t > 0 multiplizieren und x durch tx ersetzen, erhalten wir wegen 4.1I und der Linearität von f : ∀x ∈ M, ∀t > 0 : (4.10) und f1 erfüllt 4.3I , II auf M1 . 76 f1 (x ± tx1 ) = f (x) + tα ≤ p(x ± tx), 4.1 Der Satz von Hahn-Banach Zweiter Schritt: Wir werden jetzt eine lineare Fortsetzung von f auf X, die 4.3 erfüllt, durch transfinite Induktion konstruieren. Dazu benützen wir das Zornsche Lemma: Lemma: Zornsches Lemma Seien eine Menge P 6= ∅ und eine partielle Ordnung ≤ auf P gegeben, so dass jede linear geordnete Teilmenge von P eine obere Schranke besitzt. Dann besitzt P ein maximales Element. (Das Zornsche Lemma ist äquivalent zum Auswahlaxiom, für den Beweis siehe etwa D UNFORD S CHWARTZ: »Linear Operators«, vol. 1, p. 6). Wir setzen P= (N, g) N linear mit M ⊆ N ⊆ X, g : N → R linear mit g|M = f und g ≤ p auf N (4.11) , und für (N, g), (L, h) ∈ P: (N, g) ≤ (L, h) ⇔ N ⊆ L und h|N = g. (4.12) Somit ist ≤ eine partielle Ordnung auf P und (M, f ) ∈ P. Sei (Nλ , gλ )λ∈Λ eine linear geordnete Familie in P. Setze dann: N= [ (4.13) Nλ , λ∈Λ und für x ∈ N : g(x) = gλ (x), falls x ∈ Nλ . (4.14) Wie wir jetzt zeigen werden, ist N ein linearer Teilraum von X und g wohldefiniert und linear. (4.15) Denn seien x, y ∈ N , u, v ∈ R. Dann existieren λ, µ ∈ Λ, so dass x ∈ Nλ , y ∈ Nµ mit Nλ ⊆ Nµ oder Nµ ⊆ Nλ und somit ux + vy ∈ Nµ oder Nλ ⊆ N . Folglich ist N ein linearer Teilraum. Dazu für x ∈ Nλ ∩ Nµ , gilt (Nλ , gλ ) ≤ (Nµ , gµ ) oder (Nµ , gµ ) ≤ (Nλ , gλ ) und wegen 4.12 gilt gλ (x) = gµ (x). Somit ist g wohldefiniert. Weiter gilt wegen 4.14: g(ux) = ug(x), ∀u ∈ R, ∀x ∈ N. Schliesslich gilt für x ∈ Nλ , y ∈ Nν mit Nλ ⊆ Nµ : x und x + y ∈ Nµ und somit g(x + y) = gµ (x + y) = gµ (x) + gµ (y) = g(x) + g(y). 77 4 Der Satz von Hahn-Banach und Konvexität Somit ist g : N → R linear und 4.15 bewiesen. Beachte, dass g 4.13,4.14 ≤ p auf N und g|M = f . Jetzt ist es klar, dass (N, g) ∈ P und ∀λ ∈ Λ, (Nλ , gλ ) ≤ (N, g). Mit anderen Worten ist (N, g) eine obere Schranke für die Familie (Nλ , gλ )λ∈Λ . Nun können wir das Zornsche Lemma anwenden: Sei (N, g) ∈ P ein (bezüglich ≤) maximales Element. Wegen des ersten Schrittes gilt N = X (sonst existiert (N1 , g1 ) ∈ P mit N1 6⊇ N und (N, g) ≤ (N1 , g1 ); ein Widerspruch zur Maximalität von (N, g)). Somit erfüllt F = g 4.3 und der Satz ist bewiesen. 2 Als Folgerung erhalten wir den: T HEOREM : S ATZ VON DER DOMINIERTEN F ORTSETZUNG Sei (X, k · kX ) ein normierter R-Vektorraum. Seien ferner M ⊆ X ein linearer Teilraum von X und f : M → R eine lineare stetige Abbildung. Dann existiert F ∈ L(X, R), so dass (4.16) I. II . F |M = f und kF kL(X,R) = kf kL(X,R) (:= sup |f (x)|). x∈M Beweis Betrachte die sublineare Abbildung p(x) = kf kL(M,R) · kxkX , ∀x ∈ X. Dann gilt: ∀x ∈ M : f (x) ≤ p(x). Sei f : X → R wie in 4.3. Dann gilt für jedes x ∈ X: F (x) ≤ p(x), F (−x) ≤ p(−x) = p(x), und somit ∀x ∈ X : |F (x)| ≤ p(x) = kf kL(M,R) · kxkX . Folglich erhalten wir kF kL(M,R) ≤ kf kL(M,R) . Da F eine Fortsetzung von f auf X ist, gilt natürlich auch kf kL(M,R) ≤ kF kL(X,R) . Somit ist 4.16 bewiesen. Jetzt diskutieren wir den Satz von Hahn-Banach im komplexen Fall. 78 2 4.1 Der Satz von Hahn-Banach D EFINITION Sei X ein C-Vektorraum. Eine Abbildung p : X → R heisst sublinear, falls ∀x ∈ X, ∀α ∈ C : p(αx) = |α|p(x), ∀x, y ∈ X : p(x + y) ≤ p(x) + p(y). – – (4.17) Bemerkung Im Gegensatz zum reellen Fall (vgl. 4.1) folgt jetzt, dass für eine sublineare Abbildung p : X → R gilt: ∀x ∈ X : p(x) ≥ 0, (4.18) denn mit 4.17: 0 = p(x − x) ≤ p(x) + p(−x) = 2p(x). T HEOREM : H AHN -B ANACH , KOMPLEX Seien X ein C-Vektorraum, M ⊆ X ein Unterraum, f : M → C linear, p : X → [0, ∞) sublinear, so dass: ∀x ∈ M : |f (x)| ≤ p(x). (4.19) Dann existiert eine lineare Abbildung F : X → C, so dass I. II . F |M = f , ∀x ∈ X : |F (x)| ≤ p(x). (4.20) Beweis Betrachte f1 = <f : M → R (< bezeichnet den Realteil, = den Imaginärteil). Dann ist f1 R-linear und ∀x ∈ M : |f1 (x)| ≤ p(x). (4.21) Weiter definiere f2 = =f : M → R und beachte, dass f (ix) = if (x) = i (f1 (x) + if2 (x)) = −f2 (x) + if1 (x) = f1 (ix) + if2 (ix). Folglich gilt: 79 4 Der Satz von Hahn-Banach und Konvexität ∀x ∈ M : (4.22) f2 (x) = −f1 (ix). Da p(·) 4.1 erfüllt und 4.21 gilt, können wir den Satz von Hahn-Banach (im reellen Fall) anwenden und eine R-lineare Funktion F1 : X → R finden, so dass (vgl. 4.3): (4.23) F1 |M = f1 und ∀x ∈ X : F1 (x) ≤ p(x). I. II . Jetzt definieren wir F (x) = F1 (x) − iF1 (ix). (4.24) Natürlich ist F R-linear und da F (ix) = F1 (ix) − iF1 (−x) = F1 (ix) + iF1 (x) = iF (x) ist F auch C-linear. Es ist wegen 4.22–4.24 auch klar, dass F |M = f . Es bleibt also 4.20II zu prüfen. Sei x ∈ X. Wähle ein α ∈ C mit |α| = 1, so dass |F (x)| = αF (x) = F (αx) = <(F (αx)) = F1 (αx). Dann folgt aus 4.23II, dass 4.17 |F (x)| ≤ p(αx) = |α|p(x) = p(x). Somit ist der Beweis von 4.20 fertig. 2 Analog zum Theorem p. 78 erhalten wir als Folgerung den Satz von der dominierten Fortsetzung (komplexer Fall): T HEOREM : S ATZ VON DER DOMINIERTEN F ORTSETZUNG ( KOMPLEX ) Sei (X, k · kX ) ein normierter C-Vektorraum. Seien ferner M ⊆ X ein linearer Teilraum von X und f : M → C eine lineare stetige Abbildung. Dann existiert F ∈ L(X, C), so dass (4.25) I. II . F |M = f und kF kL(X,C) = kf kL(X,C) (:= supx∈M |f (x)|). Beweis 80 Analog zum Beweis von 4.16. 2 4.1 Der Satz von Hahn-Banach Beispiel (P. L AX, Existenz der Greenschen Funktion) Sei U ⊆ R2 ein beschränktes Gebiet und G(x, y) = − 1 log |x − y|, 2π x 6= y in R2 . (4.26) Wir suchen eine Funktion GU (x, y) : U × U \ {(x, x), x ∈ U } → R, so dass für jedes y ∈ U eine stetige Funktion ψ(·, y) : U → R existiert, so dass I. II . III . ψ(·, y)|U harmonisch1 ist, ψ(·, y)|∂U = G(·, y)|∂U , GU (x, y) = G(x, y) − ψ(x, y), ∀x 6= y in U . (4.27) (Mit anderen Worten ist GU (x, y) harmonisch in x ∈ U \ {y}, strebt gegen 0 für x → x0 ∈ ∂U und besitzt eine ähnliche Singularität wie G(·, y) in der Umgebung von y). Eine solche Funktion heisst Greensche Funktion2 von U . Wenn U glatt genug ist (vgl. 4.37), werden wir mit Hilfe des Satzes von Hahn-Banach (reeller Fall) sehen, dass eine solche Funktion GU (·, ·) existiert. Sei X = C(∂U, R), kϕkX = supz∈∂U |ϕ(z)|, f ∈ X und ∃h ∈ C(U , R), so dass h|∂U = ϕ M = ϕ∈X . und h|U harmonisch ist Wegen des Maximumprinzips für harmonische Funktionen (siehe Vorlesung Funktionentheorie) ist h für ϕ ∈ M eindeutig und dazu gilt 1 Anm: Eine stetige Funktion heisst harmonisch, wenn sie stetige partielle Ableitungen erster und zweiter Ordnung besitzt und die L APLACEsche Differentialgleichung ∆U = 0 erfüllt. 2 Anm.: die Greensche Funktion spielt z. B. in der Elektrodynamik eine wichtige Rolle. 81 4 Der Satz von Hahn-Banach und Konvexität sup |h(x)| ≤ kϕkX . (4.28) x∈U Wir wählen y0 ∈ U fest, und definieren die lineare Abbildung f : M → R, so dass f (ϕ) = h(y0 ), für ϕ ∈ M. (4.29) Wegen 4.28 ist f : M → R stetig. Es folgt aus 4.16, dass wir eine stetige lineare Abbildung F : X → R finden können, so dass: kF kL(X,R) = kf kL(M,R) (4.30) (= 1), und F |M = f. Jetzt definieren wir für x ∈ R2 \ ∂U : ψ(x, y0 ) = F (G(x, ·)|∂U ) . (4.31) Φ Die Abbildung x ∈ U → G(x, ·)|∂U ∈ X ist wegen der Form 4.26 von G offensichtlich 2-mal stetig differenzierbar und natürlich gilt Dα Φ(x) = ∂ |α| G(x, ·)|∂U ∂ α1 x1 ∂ α2 x2 für x ∈ U, α ∈ N20 mit α1 + α2 ≤ 2. Da F : X → R linear und stetig ist, ist auch die Abbildung x ∈ U → ψ(x, y0 ) = F ◦ Φ(x) ∈ R 2-mal stetig differenzierbar und es gilt: 2 ∂2 ∂2 ∂ ∂2 ψ(x, y0 ) + 2 ψ(x, y0 ) = F Φ(x) + 2 Φ(x) ∂x21 ∂x2 ∂x21 ∂x 2 ∂2 ∂2 = F + G(x, ·)|∂U ∂x21 ∂x22 = F (0) = 0 (4.32) (4.33) Mit anderen Worten ist ψ(·, y0 ) harmonisch in U . C Weiter für x ∈ U ist G(x, ·) stetig auf U und harmonisch in U , d. h. G(x, ·)|∂U ∈ M für C C jedes x ∈ U . Wegen 4.29, 4.30 erhalten wir, dass für x ∈ U : 82 4.1 Der Satz von Hahn-Banach 4.31 ψ(x, y0 ) = F (G(x, ·)|∂U ) = G(x, y0 ). (4.34) Jetzt werden wir zeigen, dass wenn U glatt genug ist, ∀x0 ∈ ∂U, ∀(xn )n≥1 ∈ U N mit xn → x0 : lim ψ(xn , y0 ) = G(x0 , y0 ). (4.35) n Daraus wird folgen, dass wenn wir die Definition von ψ(·, y0 ) auf ∂U mit der Formel ψ(x, y0 ) = G(x, y0 ) für x ∈ ∂U erweitern, die entsprechende Funktion ψ(·, y0 ) : U → R 4.27I , II erfüllt. Somit kann die Greensche Funktion GU durch 4.27III definiert werden. Sei x0 ∈ ∂U und (xn )n≥1 → x0 für n → ∞. Betrachte yn ∈ ∂U , so dass d(xn , ∂U ) = |xn − yn | und setze: x0n = 2yn − xn (4.36) 0 n (d. h. xn +x = yn ). Unsere Voraussetzung über die Regularität von U ist ∀xo ∈ ∂U und 2 (xn )n≥1 in U mit xn → x0 : C x0n ∈ U für grosses n, und |x0n − u| → 1 gleichmässig in u ∈ ∂U für n → ∞ |xn − u| (4.37) Wegen 4.34 und 4.37 sehen wir, dass für grosses n: ψ(xn , y0 ) − G(x0n , y0 ) = F (G(xn , ·) − G(x0n , ·))|∂U 1 |xn − u| ≤ kF kL(X,R) sup log |x0 − u| → 0 u∈∂U 2π n (4.38) Natürlich gilt auch x0n → x0 , n → ∞ und G(x0n , y0 ) → G(x0 , y0 ). Die Behauptung 4.35 folgt jetzt und die Konstruktion von GU (·, ·) ist somit fertig. 83 4 Der Satz von Hahn-Banach und Konvexität Bemerkung Die Symmetrie von G(·, ·) und 4.27 zeigen »a posteriori«, dass für jedes x ∈ U G(x, ·)|∂U in M liegt (siehe oberhalb von 4.28), wenn die Regularitätsvoraussetzung 4.37 erfüllt ist. 4.2 Der Dualraum D EFINITION Sei X ein normierter Vektorraum über R oder C. X ∗ = L(X, F) (4.39) heisst Dualraum von X. Wegen 2.31 ist (X ∗ , k · kX ∗ ) mit k · kX ∗ := k · kL(X,F) ein Banach-Raum (auch wenn X nicht vollständig ist). Notation Für x∗ ∈ X ∗ , x ∈ X schreiben wir hx∗ , xiX ∗ ×X := x∗ (x). (4.40) Mit Hilfe des Satzes der dominierten Fortsetzung (vgl. 4.16, 4.25) können wir zahlreiche Elemente von X ∗ konstruieren. Anm.: Auf dem Raum X selber muss natürlich kein Skalarprodukt definiert sein, um den Dualraum X ∗ oder die Abbildung hx∗ , xi zu konstruieren. T HEOREM Sei X ein normierter Raum. Für jedes x ∈ X existiert ein x∗ ∈ X ∗ , so dass (4.41) (4.42) (4.43) (4.44) – – – – 84 hx∗ , xi = kxk2X = kx∗ k2X ∗ , ∀x ∈ X : kxkX = sup |hx∗ , xi|, ∗ ∗ ∗ kx∗ kX ∗ ≤1 ∀x ∈ X : kx kX ∗ = für x 6= y in X sup |hx∗ , xi|, kx∗ kX ∗ ≤1 existiert ` ∈ X ∗ , so dass `(x) 6= `(y). 4.2 Der Dualraum Beweis 4.41: Definiere M = Rx oder M = Cx und setze f (tx) = tkxk2X , t ∈ F, so dass f ∈ L(M, F). Dann gilt kf kL(M,F) = sup |f (tx)| = kxkX . ktxkX ≤1 Wegen 4.16 und 4.25 existiert x∗ ∈ X ∗ , so dass x∗ |M = f und kx∗ kX ∗ = kxkX . Folglich gilt auch hx∗ , xi = f (x) = kxk2X , und 4.41 ist bewiesen. 4.42: O. B. d. A. sei x 6= 0. Dann gilt für x∗ ∈ X ∗ mit kx∗ kX ∗ ≤ 1: |hx∗ , xi| ≤ kx∗ kX ∗ · kxkX ≤ kxkX . Betrachte dann x∗0 ∈ X ∗ wie in 4.41 und setze z∗ = x∗0 x∗0 = . kx∗0 kX ∗ kxkX Dann gilt kz ∗ kX ∗ = 1 und hz ∗ , xi = kxkX . Somit folgt 4.42. 4.43: klar. 4.44: Wegen 4.41 existiert ` ∈ X ∗ so dass 0 < kx − yk2X = h`, x − yi = `(x) − `(y). 2 Mit dem Dualraum können wir einen Punkt und einen abgeschlossenen Teilraum trennen. T HEOREM Sei X ein normierter Raum und seien M ⊂ X ein abgeschlossener Teilraum von X, M 6= X und x0 6∈ M . Dann existiert `0 ∈ X ∗ , so dass `0 |M = 0, k`0 kX ∗ = 1 und `0 (x0 ) = inf kx0 − xkX = d(x0 , M ) > 0, (4.45) x∈M `0 (x0 ) = max {|`(x0 )| ` ∈ X ∗ , so dass `|M = 0, k`kX ∗ = 1} . 85 4 Der Satz von Hahn-Banach und Konvexität Beweis Setze M0 = {x + tx0 x ∈ M, t ∈ F} und f : M0 → F, f (x + tx0 ) = td, wobei d := d(x0 , M ). Dann gilt f |M = 0 und f (x0 ) = d. Wir zeigen jetzt, dass kf kL(M0 ,F) = 1. (4.46) Denn für y = x + tx0 ∈ M0 mit f 6= 0 gilt: |f (y)| = |t|d −x kX t ≤ |t| · kx0 − = ktx0 + xkX = kykX , und somit kf k ≤ 1. Dann sei ε > 0 und wählen xε ∈ M , so dass d ≤ kx0 − xε kX < d + ε. (4.47) Für y = x0 − xε ∈ M0 gilt dann 4.47 f (y) = d ≥ d kykX , d+ε und folglich: kf k ≥ (4.48) |f (y)| d ≥ . kykX d+ε Wenn wir ε → 0 streben lassen, erhalten wir 4.46. Wegen 4.16 oder 4.25 können wir `0 ∈ X ∗ mit k`0 kX ∗ = 1 finden, so dass `0 |M0 = f . Folglich gilt `0 (x0 ) = f (x0 ) = d und die erste Gleichung in 4.45 ist bewiesen. Es bleibt nur zu zeigen, dass |`(x0 ) ≤ d|, (4.49) ∀` ∈ X ∗ mit k`kX ∗ = 1 und `|M = 0. Seien ` wie in 4.49, ε > 0 und xε wie in 4.47. Dann gilt |`(x0 )| = |`(x0 − xε )| ≤ kx0 − xε kX < d + ε. Wenn wir wieder ε → 0 streben lassen, erhalten wir 4.49. Somit ist 4.45 bewiesen. 86 2 4.2 Der Dualraum D EFINITION Sei A eine Teilmenge von X. A⊥ := {f ∈ X ∗ f |A = 0} (4.50) heisst Annihilator von A. (Natürlich gilt A⊥ = Span(A)⊥ ). Satz Sei M ein Unterraum von X und x0 ∈ X. Dann gelten: Beweis x0 ∈ M ⇔ ∀f ∈ M ⊥ : f (x0 ) = 0, (4.51) M = X ⇔ M ⊥ = {0}. (4.52) 4.51⇒: Seien xn → x0 , n → ∞ mit xn ∈ M und f ∈ M ⊥ . Dann gilt f (x0 ) = lim f (xn ) = 0. n 4.51⇐: Wenn x0 6∈ M , existiert wegen 4.43 `0 ∈ X ∗ , so dass `0 |M = 0 und `0 (x0 ) 6= 0 ⇒`0 ∈ M ⊥ und `0 (x0 ) 6= 0: ein Widerspruch. 4.52: Wegen 4.51 gilt: M = X ⇔ ∀x ∈ X, ∀f ∈ M ⊥ : f (x) = 0 ⇔ M ⊥ = {0}. 2 87 4 Der Satz von Hahn-Banach und Konvexität 4.3 Dualität im Hilbertraum Sei (H, (·, ·)H ) ein reeller Hilbertraum. Wir betrachten die kanonische lineare Abbildung J : H → H∗ y ∈ H → J(y) = `y ∈ H ∗ , (4.53) wobei `y (x) = (y, x)H , ∀x ∈ H. T HEOREM : D ARSTELLUNGSSATZ VON R IESZ (4.54) (4.55) J : H → H ∗ ist isometrisch und bijektiv. Beweis J ist isometrisch: Betrachte y ∈ H. Wegen der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung gilt kJ(y)kH ∗ = k`y kH ∗ = sup |(y, x)| ≤ kykH · kxkH , kxkH ≤1 und folglich kJ(y)kH ∗ ≤ kykH . Zudem gilt für y 6= 0 auch: kJ(y)kH ∗ kyk2H y = = kykH . ≥ y, kykH kykH Die Behauptung 4.55 folgt. (4.56) Wegen 4.55 ist J injektiv. Es bleibt zu zeigen, dass J surjektiv ist. Sei ` ∈ H ∗ . Jetzt konstruieren wir y ∈ H, so dass ` = `y . O. B. d. A. nehmen wir an, dass α := k`kH ∗ = sup |`(y)| > 0. kykH =1 Wähle (yn )n≥1 in H, so dass kyn kH = 1, n ≥ 1, (4.57) und lim `(yn ) = α. n→∞ Erster Schritt: (im Beweis von 4.56) (4.58) (yn )n≥1 ist eine Cauchy-Folge. 88 4.3 Dualität im Hilbertraum Wir verwenden die Parallelogramm-Identität: ∀x, y ∈ H, kx + yk2H + kx − yk2H = 2 kxk2H + kyk2H . (4.59) Wegen 4.59 gilt für k, l ≥ 1: kyk + yl k2H kyk − yl k2H + =2 2 2 1 1 kyk k2H + kyl k2H 4 4 (4.60) = 1. Wegen 4.57 gilt dann: α = = ≤ 4.60 = ≤ 1 (`(yk ) + `(yl )) k,l→∞ 2 yk + yl lim ` k,l→∞ 2 kyk + yl kH lim k`kH ∗ · 2 k,l→∞ 1/2 kyk − yl k2H α lim 1 − 2 k,l→∞ α. lim (4.61) Folglich gilt lim kyk − yl kH = 0, k,l→∞ und 4.58 ist bewiesen. Wegen der Vollständigkeit von H gilt (vgl. 4.57): yn → y ∈ H, n → ∞, und kykH = 1. (4.62) Zweiter Schritt: (im Beweis von 4.56). (4.63) ` = `αy . Wegen 4.57, 4.62 und der Stetigkeit von ` gilt: α = k`kH ∗ = `(y), und α = `αy (y). (4.64) Definiere den zu Span{y} orthogonalen Unterraum von H X = {x ∈ H (y, x)H = 0} . 89 4 Der Satz von Hahn-Banach und Konvexität Seien x ∈ X mit kxkH = 1 und ε ∈ R. Dann gilt ky + εxk2H = kyk2H + 2ε(y, x)H + ε2 kxkH = 1 + ε2 , und wenn wir y + εx yε = √ 1 + ε2 definieren, folgt: kyε kH = 1, (4.65) ε ∈ R und y0 = y. Wegen 4.64 erhalten wir α = `(y) = `(y0 ) ≥ `(yε ), ∀ε ∈ R, und die Funktion ε ∈ R → `(yε ) ∈ R hat ein Maximum an der Stelle 0 ∈ R. Dazu gilt für ε ∈ R: √ 0 ≤ `(y − yε ) = (4.66) wobei für ε → 0 gilt: 1 + ε2 − 1 ε √ `(y) − √ `(x), 2 1+ε 1 + ε2 √ ε 1 + ε2 − 1 1 √ ≈ ε2 und √ ≈ ε. 2 1 + ε2 1 + ε2 Folglich ist `(x) = 0. Somit erhalten wir, dass (4.67) `|X = 0. Also für jedes h ∈ H gilt h = x + (y, h)H · y, wobei x ∈ X und 4.64 `(h) = `(x) + (y, h)H · `(y) = `αy (h). 2 Somit ist 4.63 bewiesen und 4.56 folgt. Folgerung: T HEOREM Seien H ein Hilbertraum und M ( H ein abgeschlossener Teilraum. Sei ferner x0 6∈ M . Dann existiert eine eindeutige Zerlegung x0 = x + y, (4.68) x ∈ M, y⊥M (y⊥M bedeutet (y, z)H = 0, ∀z ∈ M ), und dist(x0 , M ) := inf kx0 − xkH = kykH . (4.69) x∈M 90 4.3 Dualität im Hilbertraum Beweis Setze M0 = {x + tx0 x ∈ M, t ∈ R} ∗ und sei `0 ∈ M − 0 (vgl. 4.43), so dass `0 (x0 ) = dist(x0 , M ), `0 |M = 0, k`0 kM0∗ = 1. (4.70) Da M0 abgeschlossen in H ist (vgl. Übung 3, Serie 5), ist M0 versehen mit der Einschränkung von (·, ·)H auf M0 × M0 auch ein Hilbertraum. Wegen 4.54 existiert y0 ∈ M0 , so dass `0 (z) = (y0 , z)H , ∀z ∈ M0 mit ky0 kH = 1 = k`0 kM0∗ . Wir setzen y = dist(x0 , M )y0 . Dann gilt ∀x ∈ M : (y, x) = dist(x0 , M ) · (y0 , x) = dist(x0 , M )`0 (x) = 0, d. h. (4.71) y⊥M, und für x = x0 − y ∈ M0 gilt auch `0 = `0 (x0 − y) = `(x0 ) − dist(x0 , M ) · (y0 , y0 )H = dist(x0 , M ) − dist(x0 , M ) = 0 4.70 ⇒ x ∈ M. Somit gilt x0 = x + y, wobei x ∈ M, y⊥M . Eine solche Zerlegung ist auch eindeutig, denn falls gilt x0 = x1 + y1 = x2 + y2 mit x1 , x2 ∈ M , y1 , y2 ⊥M , erhalten wir M 3 x1 − x2 = y2 − y1 ⊥M ⇒ x1 − x2 = 0 = y2 − y1 . 2 Für eine Teilmenge A eines Hilbertraums H setzen wir (siehe auch 4.53): A⊥ = {y ∈ H (y, x)H = 0, ∀x ∈ A} = \ ker(`x ). (4.72) x∈A Natürlich ist A⊥ ein abgeschlossener Unterraum und wegen 4.54 ist die Notation konsistent (modulo die kanonische Identifikation 4.54) mit der Definition 4.50. Als direkte Konsequenz vom Theorem p. 90 erhalten wir das 91 4 Der Satz von Hahn-Banach und Konvexität Korollar Sei H ein Hilbertraum und M ⊆ H ein abgeschlossener Teilraum. H = M ⊕ M⊥ (4.73) (d. h. H = M + M ⊥ und M ∩ M ⊥ = {0}, vgl. 3.25) und somit ist M komplementiert (siehe p. 60). Beweis O. B. d. A. Sei M 6= H und dann folgt 4.73 aus 4.68. 2 Als weitere Folgerung des Rieszschen Darstellungssatzes (vgl. 4.54) haben wir das T HEOREM : L AX-M ILGRAN Sei H ein Hilbertraum und B(·, ·) : H × H → R bilinear und stetig mit |B(x, y)| ≤ Λ · kxkH · kykH , (4.74) ∀x, y ∈ H, so dass mit einer Konstanten λ > 0 die Koerzivität gilt: B(x, x) ≥ λ · kxk2H , (4.75) ∀x ∈ H Dann existiert eine stetige Bijektion A ∈ L(H) mit B(x, y) = (Ax, y)H , (4.76) ∀x, y ∈ H, und kAkL(H) ≤ Λ, (4.77) kA−1 kL(H) ≤ λ−1 . (Die Bilinearform B ist nicht unbedingt symmetrisch im obigen Theorem!) Anm.: Eine Bilinearform B heisst genau dann koerzitiv, wenn es eine Konstante δ > 0 gibt, so dass für alle x gilt: |B(x, x)| ≥ δhx, xi. 92 4.3 Dualität im Hilbertraum Beweis Setze für x ∈ H, bx : H → R mit bx (y) = B(x, y), ∀y ∈ H. Dann ist bx linear und stetig, denn: 4.74 kbx kH ∗ = sup |B(x, y)| ≤ Λ · kxkH . (4.78) kykH ≤1 Wegen 4.54 definieren wir A : H → H, so dass Ax = J −1 bx , ∀x ∈ H. (4.79) Dann ist A linear und es gilt 4.76 und 4.78 4.54 kAxkH = kbx kH ∗ ≤ Λ · kxkH , so dass A ∈ L(H) und kAkL(H) ≤ Λ. (4.80) Jetzt werden wir zeigen, dass A injektiv ist. (4.81) Denn für x 6= 0 in H gilt: 4.75 4.76 0 < λ · kxk2H ≤ B(x, x) = (Ax, x)H . (4.82) und folglich ist Ax 6= 0. Dann zeigen wir, dass Im A abgeschlossen ist. (4.83) Denn sei y ∈ Im A und (xn )n≥1 in H, so dass Axn → y, n → ∞. Dann gilt für k, l ≥ 1: λ · kxk − xl k2H 4.75 ≤ B(xk − xl , xk − xl ) = (A(xk − xl ), xk − xl )H ≤ kAxk − Axl kH · kxk − xl kH , und folglich kxk − xl k ≤ 1 kAxk − Axl k → 0, λ k, l → ∞. Somit ist (xn )n≥1 eine Cauchy-Folge. Sei x = limn xn . Wegen der Stetigkeit von A folgt jetzt dass Ax = lim Axn = y ⇒ y ∈ Im A. n Die Behauptung 4.83 folgt. Als nächsten Schritt zeigen wir, dass A surjektiv ist. (4.84) 93 4 Der Satz von Hahn-Banach und Konvexität Denn sonst sei M = Im A ( M . Wähle x0 6∈ M und wegen 4.43 `0 ∈ H ∗ , so dass `|M = 0, `0 (x0 ) = d(x0 , M ) > 0. Setze y = J −1 ` 6= 0. Dann erhalten wir 0 < λ · kyk2H ≤ B(y, y) = (Ay, y)H = `(Ay) = 0; Ein Widerspruch. Wegen 3.17 (im Satz von der offenen Abbildung) ist A−1 stetig, da A bijektiv stetig ist. Dazu gilt für x ∈ H: λ · kA−1 xk2H 4.75 ≤ B(A−1 x, A−1 x) 4.76 = (AA−1 x, A−1 x) = (x, A−1 x)H ≤ kxkH · kA−1 xkH Folglich gilt für jedes x ∈ H: λ · kA−1 xkH ≤ kxkH (4.85) und kA−1 kL(H) ≤ λ−1 ist bewiesen. Wegen 4.80 folgt jetzt 4.77. 94 2 4.4 Trennungssätze für konvexe Mengen und Extremalpunkte 4.4 Trennungssätze für konvexe Mengen und Extremalpunkte T HEOREM : T RENNUNGSSATZ Sei (X, k · kX ) ein normierter R-Vektorraum und seien A, B ⊂ X nicht leer, disjunkt und konvex. Dann gilt: – falls A offen ist, existieren ` ∈ X ∗ , λ ∈ R mit `(a) < λ ≤ `(b), – ∀a ∈ A, b ∈ B. (4.86) falls A kompakt und B abgeschlossen ist, existieren ` ∈ X ∗ , λ ∈ R mit sup `(a) < λ < inf `(b). a∈A (4.87) b∈B Bemerkung Dass A und B beide konvex und disjunkt sind, genügt nicht, um A und B zu »trennen«. Wenn wir etwa die ganze R2 -Ebene bis auf den Ursprung mit den zwei symmetrischen Mengen A = R × (0, ∞) ∪ (0, ∞) × {0} B = −A. ausfüllen, lassen sich die beiden Mengen offenbar nicht trennen. 95 4 Der Satz von Hahn-Banach und Konvexität Beweis 4.86: Wähle a0 ∈ A, b0 ∈ B und setze x0 = b0 − a0 , C = A − B + x0 . Dann ist C konvex, offen und 0 ∈ C. Da A ∩ B = ∅ gilt auch x0 6∈ C. Das Minkowski-Funktional p : X → [0, ∞) definiert man durch: p(x) = inf {λ > 0 x ∈ λC} . (4.88) (4.89) Dann gilt (siehe Serie 7, Aufgabe 3): p ist eine sublineare Abbildung, p(x) ≤ M kxkX , (4.90) ∀x ∈ X, (wähle M = 2R−1 , wobei B(0, R) ⊆ C) und C = {x ∈ X p(x) < 1} (4.91) da C offen ist. Da x0 6∈ C, gilt auch p(x0 ) ≥ 1. Wir definieren f : Rx0 → R durch (4.92) f (tx0 ) = t, ∀t ∈ R. Dann gilt f (tx0 ) = t ≤ tp(x0 ) = p(tx0 ), ∀t ≥ 0 t < 0 ≤ p(tx0 ), ∀t < 0 Somit können wir den Satz von Hahn-Banach anwenden und wegen 4.3 ein ` : X → R finden, so dass: (4.93) `(tx0 ) = t, ∀t ∈ R und `(x) ≤ p(x), ∀x ∈ X. Für x ∈ X gilt dann: 4.90 |`(x)| = max{`(x), `(−x)} ≤ max{p(x), p(−x)} ≤ M · kxkX , und somit ` ∈ X ∗ . Dazu haben wir auch für a ∈ A, b ∈ B: 4.93 4.91 `(a) − `(b) = `(a − b + x0 ) − `(x0 ) ≤ p(a − b + x0 ) − 1 < 0. | {z } | {z } (4.94) ∈C =1 Natürlich ist ` eine offene Abbildung (sonst wäre ` = 0). Folglich sind `(A), `(B) ⊆ R konvex und `(A) offen. Wegen 4.94 gilt dann 4.86 falls wir λ = inf `(b) wählen. b∈B 96 4.4 Trennungssätze für konvexe Mengen und Extremalpunkte 4.87: Wir werden 4.86 verwenden. Zu diesem Zweck zeigen wir zuerst: ∃r > 0 : (A + BX (0, r)) ∩ B = ∅. (4.95) Denn da B abgeschlossen ist, existiert für jedes x ∈ A(⊆ B C ) ein rx > 0, so dass BX (x, 2rx ) ∩ B = ∅. Die Familie (BX (x, rx ))x∈A ist eine Überdeckung von A durch offene Mengen. Da A kompakt ist, existieren (vgl. 0.28) x1 , . . . xn ∈ A, so dass A ⊆ BX (x1 , rx1 ) ∪ . . . ∪ BX (xn , rxn ). Setze r = min rxi , dann gilt: 1≤i≤n A + BX (0, r) ⊆ n [ i=1 BX (xi , rxi ) + BX (0, r) ⊆ n [ B(xi , 2rxi ) ⊆ B C , i=1 und somit ist 4.95 bewiesen. Natürlich ist A + BX (0, r) offen und konvex. Folglich können wir 4.86 anwenden und λ0 ∈ R, ` ∈ X ∗ finden, so dass `(A + BX (0, r)) = `(A) + `(BX (0, r)) ⊆ (−∞, λ0 ), und `(B) ⊆ [λ0 , ∞), gelten. Da `(Bx (0, r)) eine offene Umgebung von 0 ∈ R ist, folgt 4.87. (4.96) 2 D EFINITION Sei K eine Teilmenge des Vektorraums X. Eine Teilmenge M von K heisst extremale Teilmenge von K, falls für alle x, y ∈ K und alle α ∈ (0, 1) gilt: αx + (1 − α)y ∈ M ⇒ x ∈ M und y ∈ M. (4.97) Falls M = {x} eine extremale Teilmenge von K ist, heisst x ein extremaler Punkt von K. Beispiele 1. Seien X = R2 , k · k die euklidische Norm und K = x ∈ R2 kxk ≤ 1 . Dann ist jedes z mit kzk = 1 ein extremaler Punkt von K (linke Abbildung). 97 4 Der Satz von Hahn-Banach und Konvexität 2. Sei wiederum X = R2 , aber für x = (x1 , x2 ) verwenden wir die Norm kxk = max{|x1 |, |x2 |}. K = x ∈ R2 kxk ≤ 1 . Dann ist M = {x = (1, u) − 1 ≤ u ≤ 1} eine extremale Teilmenge von K. Die extremalen Punkte von K sind die vier Punkte (±1, ±1) (Abbildung rechts oben). 3. Sei X = C0 die Menge der reellen Folgen a = (an )n≥0 , so dass limn an = 0 und kxk = sup |xn | für x ∈ X, n≥0 K = {x ∈ X kxk ≤ 1} . Dann gilt: K besitzt keinen extremalen Punkt. (4.98) Denn sei a ∈ K. Es existiert n0 ≥ 0, so dass 1 |an | ≤ , 2 ∀n ≥ n0 . Setze dann bn = an , falls n 6= n0 , , 1 an + 2 , falls n = n0 . cn = an , falls n 6= n0 , 1 an − 2 , falls n = n0 . Dann gilt b, c ∈ K und 12 (b + c) = a. Folglich ist a kein extremaler Punkt von K. 4. Sei X = C([0, 1], R) und als Norm verwenden wir die Supremumsnorm. K = {f ∈ X kf k ≤ 1} . Dann gilt f+ (t) = 1, ∀t ∈ [0, 1] sind die einzigen extremalen Punkte von K. f− (t) = −1, ∀t ∈ [0, 1] (4.99) Denn sei f ∈ X, so dass t0 ∈ [0, 1] existiert mit |f (t0 )| < 1. Dann können wir g 6= 0 konstruieren, so dass ∀t ∈ [0, 1] : 98 g(t) ≥ 0 und |f (t)| + g(t) ≤ 1. 4.4 Trennungssätze für konvexe Mengen und Extremalpunkte Dann gilt h+ = f + g ∈ K, h− = f − g ∈ K und f = 1 (h+ + h− ) . 2 Da h+ 6= f 6= h− , ist f kein extremaler Punkt von K. Betrachte dann f ∈ X, so dass ∀t ∈ [0, 1] : |f (t)| = 1, (mit anderen Worten f = f+ oder f = f− ). Falls g, h ∈ K und α ∈ (0, 1) existieren, so dass ∀t ∈ [0, 1] : f (t) = αg(t) + (1 − α)h(t) folgt natürlich g = h = f . Somit ist 4.99 bewiesen. Wir werden jetzt sehen, dass in einem normierten Raum kompakte konvexe Teilmengen eine reichhaltige Kollektion von extremalen Punkten enthalten. Zuerst brauchen wir ein Lemma Sei X ein Vektorraum und K eine Teilmenge von X. – – Seien M ⊂ K eine extremale Teilmenge von K und L ⊆ M eine extremale Teilmenge von M . Dann gilt: L ist eine extremale Teilmenge von K. Falls X ein normierter Raum und K eine kompakte Teilmenge von X ist, dann ist für jedes ` ∈ X ∗ Kλ = {x ∈ K `(x) = λ} , mit λ = min `(x) (4.101) x∈K eine extremale Teilmenge von K. Beweis (4.100) 4.100: Betrachte x, y ∈ K und α ∈ (0, 1), so dass αx + (1 − α)y ∈ L. Da L ⊆ M und M eine extramale Teilmenge von K ist, gilt x, y ∈ M . Folglich gilt auch x, y ∈ L, da L ⊆ M eine extremale Teilmenge von M ist. 4.101: 99 4 Der Satz von Hahn-Banach und Konvexität Betrachte x, y ∈ K und α ∈ (0, 1), so dass αx + (1 − α)y ∈ Kλ . Dann gilt `(αx + (1 − α)y) = α`(x) + (1 − α)`(y) = λ = min `(z) z∈K Folglich gilt auch `(x) = `(y) = λ und x, y ∈ Kλ . Mit anderen Worten ist Kλ eine extremale Teilmenge von K. 2 T HEOREM : K REIN -M ILMAN Sei X ein normierter Raum und sei K ⊂ X nicht leer, kompakt und konvex. Dann ist die Menge E der extremalen Punkte von K nicht leer und es gilt: K ist der Abschluss der konvexen Hülle von E: \ K = conv(E) = (4.102) B =: conv(E). B⊇E B konvex, abgeschlossen (zur \ Erinnerung: die konvexe Hülle conv(A) ist die kleinste konvexe Teilmenge B von X, die A enthält. B⊇A Bkonvex Beweis Da A konvex ist, ist auch A konvex und conv(E) = conv(E). Erster Schritt: (4.103) E ist nicht leer. Wir verwenden das Zornsche Lemma, siehe p. 77. Sei M = {M ⊂ K M 6= ∅, M kompakt und extremal in K} , versehen mit der partiellen Ordnung L ≤ M ⇔ M ⊂ L, (4.104) ∀L, M ∈ M. Dann ist M nicht leer: K ∈ M. Sei (Mλ )λ∈Λ eine linear geordnete Familie in M. Setze (4.105) M= \ λ∈Λ 100 Mλ . 4.4 Trennungssätze für konvexe Mengen und Extremalpunkte Dann ist M kompakt und nicht leer, vgl. 0.29. Dazu gilt M ∈ M und ∀λ ∈ Λ : Mλ ≤ M. (4.106) Denn betrachet x, y ∈ K und α ∈ (0, 1), so dass αx + (1 − α)y ∈ M = \ Mλ . λ∈Λ Da für jedes λ ∈ Λ, Mλ extremal in K ist, gilt für jedes λ ∈ Λ: x, y ∈ Mλ und folglich x, y ∈ M . Somit ist M auch extremal in K und 4.106 ist bewiesen. Die Voraussetzungen des Zornschen Lemmas sind erfüllt, und folglich existiert ein maximales Element M ∗ ∈ M. Wir zeigen jetzt, dass x ∈ K existiert, so dass: M ∗ = {x}. (4.107) Denn sonst existieren y 6= x in M ∗ . Wegen 4.44 können wir ` ∈ X ∗ wählen, so dass `(x) 6= `(y) und wegen 4.101 ist Mλ∗ = {m ∈ M ∗ `(m) = λ} , wobei λ = min∗ `(m). m∈M eine extremale Teilmenge von M ∗ . Dazu ist Mλ∗ ⊆ M ∗ ⊂ K nicht leer und kompakt. Es folgt aus 4.100, dass Mλ∗ extremal ist, und da entweder x oder y nicht in Mλ∗ liegt, ist Mλ∗ 6= M ∗ . Mit anderen Worten Mλ∗ ∈ M und Mλ∗ > M ∗ : ein Widerspruch. Somit sind 4.107 und 4.103 bewiesen. Zweiter Schritt: (4.108) K = conv(E). Natürlich gilt K ⊇ conv(E). Wenn x0 ∈ K \ conv(E) existiert, können wir wegen 4.87 (mit A = {x0 }, B = conv(E)) ein ` ∈ X ∗ finden, so dass inf x∈conv(E) `(x) > `(x0 ) ≥ λ := min `(x). (4.109) x∈K Betrachte Kλ = {x ∈ K `(x) = λ} . Dann ist Kλ 6= ∅ kompakt und konvex. Wegen des ersten Schrittes besitzt Kλ einen extremalen Punkt x∗ . Es folgt aus 4.101, dass Kλ eine extremale Teilmenge von K ist, und aus 4.100, dass x∗ ∈ Kλ ⊆ K ein extremaler Punkt von K ist. Somit ist 4.108 bewiesen. 2 Bemerkung Für eine allgemeinere Version des Satzes von Krein-Milman, wenn X kein normierter Raum ist, siehe R UDIN: »Functional Analysis«, p. 70. 101 5 Reflexivität und schwache Konvergenz 5.1 Reflexivität D EFINITION Sei (X, k · kX ) ein normierter Vektorraum. Der Raum X ∗∗ = (X ∗ )∗ = L(X ∗ , R) (5.1) heisst Bidualraum von X. Es gibt eine kanonische Einbettung von X in X ∗∗ , die wir jetzt beschreiben. T HEOREM Sei (X, k · kX ) ein normierter Raum. Für jedes x ∈ X ist die Abbildung `∗x : ` ∈ X ∗ 7→ `(x) ∈ R (5.2) stetig (also `∗x ∈ X ∗∗ ) und die Abbildung I : X → X ∗∗ , I(x) := `∗x , ∀x ∈ X (5.3) ist eine lineare Isometrie. Beweis 5.2: klar, denn |`(x)| ≤ k`kX ∗ · kxkX . 103 5 Reflexivität und schwache Konvergenz 5.3: Aus der obigen Ungleichung erhält man, dass kI(x)kX ∗∗ ≤ kxkX , (5.4) ∀x ∈ X. Wegen 4.41 existiert auch für jedes x ∈ X ein x∗ ∈ X ∗ , so dass x∗ (x) = kxk2X 2 = kx∗ k2X ∗ . Wenn x 6= 0 können wir ` = x∗ kx∗ kX ∗ definieren und dann gilt: kI(x)kX ∗∗ ≥ I(x)(`) = `(x) = x∗ (x) = kxkX . kx∗ kX ∗ Somit haben wir gezeigt, dass kI(x)kX ∗∗ = kxkX , ∀x ∈ X. 2 D EFINITION Ein normierter Vektorraum X heisst reflexiv, falls die Abbildung I in 5.3 surjektiv (und damit auch bijektiv) ist. Beispiele (5.5) 1. Sei (X, k · kX ) ein normierter Raum, mit dim X < ∞, dann ist X reflexiv. Denn dim X = dim X ∗ = dim X ∗∗ und I : X → X ∗∗ ist als lineare Isometrie injektiv und folglich auch surjektiv. (5.6) 2. Sei H mit (·, ·)H ein Hilbertraum, dann ist H reflexiv. Denn betrachte die bijektive Isometrie von 4.53 J : H → H ∗ , so dass ∀x, y ∈ H : J(x)(y) = (x, y)H . Dann ist auch H ∗ versehen mit dem Skalarprodukt (`, `0 )H ∗ := (J −1 (`), J −1 (`0 ))H , (5.7) ∀`, `0 ∈ H ∗ , ein Hilbertraum (die von (·, ·)H ∗ induzierte Norm auf H ∗ ist genau k · kH ∗ , da J isometrisch ist). Wir können jetzt den entsprechenden Isomorphismus J ∗ : H ∗ → H ∗∗ betrachten und es gilt die Gleichung 104 5.1 Reflexivität I = J ∗ ◦ J, (5.8) denn für jedes x, y ∈ H gilt (J ∗ ◦ J(x))(J(y)) | {z } |{z} ∈H ∗∗ = (J(y), J(x))H ∗ ∈H ∗ 5.7 = 4.53 = 5.3 = (y, x)H J(y)(x) I(x)(J(y)). Wegen 5.8 ist I surjektiv (weil J und J ∗ bijektiv sind) und 5.6 ist bewiesen. 3. Bald werden wir sehen, dass z. B. für U ⊆ Rd offen Z p L (U, dx), mit kf kp = p 1/p |f (x)| dx (5.9) U für 1 < p < ∞ reflexiv ist (siehe 5.33) und L1 (U, dx) und L∞ (U, dx) (5.10) nicht reflexiv sind (siehe 5.51 und 5.52). Bemerkung 1. Natürlich ist (X ∗∗ , k · kX ∗∗ ) ein Banachraum (vgl. 4.39 oder 2.31). Folglich ist I(X) ⊂ X ∗∗ eine kanonische Vervollständigung von (X, k · kX ). Wir hatten schon eine Vervollständigung von einem normierten Raum (X, k · kX ) auf Seite 36 konstruiert. Es ist auch klar, dass falls X reflexiv ist, dann ist X vollständig. 2. In der Definition von reflexiv spielt die Abbildung I (vgl. 5.3) eine wichtige Rolle. Es gibt Beispiele von Räumen X, so dass X und X ∗∗ isomorph sind (mit einer anderen Abbildung als I), obwohl X nicht reflexiv ist! (Siehe R. C. JAMES: »A nonreflexive Banach space isometric with its second conjugate space«, Proc. Nat. Acad. Sc. USA, 37, 174–177, 1951). Anm.: Wir kennen bereits ein ähnliches Beispiel aus der Mengenlehre. N und Z sind gleich mächtig und wir finden eine Bijektion zwischen N und Z. Diese ist aber nicht die kanonische Einbettung x → x. 105 5 Reflexivität und schwache Konvergenz Hier sind einige Folgerungen aus der Definition. Satz (5.11) Falls X reflexiv ist, ist auch X ∗ reflexiv. (5.12) Falls X ∗ reflexiv und X vollständig ist, ist auch X reflexiv. Beweis 5.11: Wir betrachten die kanonischen Isometrien I : X → X ∗∗ und I ∗ : X ∗ → X ∗∗∗ . Wir zeigen, dass I ∗ surjektiv ist. Sei1 x3∗ ∈ X 3∗ (= L(X ∗∗ , R)), dann ist x ∈ X → x3∗ (I(x)) ∈ R (5.13) eine stetig lineare Abbildung, die wir mit x∗ bezeichnen. Dann gilt für jedes x ∈ X: 5.13 I ∗ (x∗ )(I(x) ) = I(x) (x∗ ) = x∗ (x) = x3∗ (I(x)). | {z } |{z} |{z} |{z} (5.14) ∈X 3∗ ∈X ∗∗ ∈X ∗∗ ∈X ∗ Da I : X → X ∗∗ surjektiv ist, folgt, dass x3∗ = I ∗ (x∗ ). Somit ist auch I ∗ surjektiv. 5.12: (durch Widerspruch). Nehmen wir an, dass X ∗∗ ) I(X) und sei x∗∗ ∈ X ∗∗ \ I(X). Da X vollständig ist, ist I(X) vollständig und somit abgeschlossen in X ∗∗ . Wähle x3∗ in X 3∗ , so dass x3∗ (x∗∗ ) = 1 und x3∗ |I(X) = 0 (vgl. 4.43). Da I ∗ surjektiv ist, existiert x∗ ∈ X ∗ , so dass I ∗ (x∗ ) = x3∗ . Folglich gilt für jedes x ∈ X: 0 = x3∗ (I(x)) = I ∗ (x∗ )(I(x)) = I(x)(x∗ ) = x∗ (x). Somit gilt x∗ = 0 ⇒x3∗ = I ∗ (x∗ ) = 0: ein Widerspruch. Bemerkung Die obige Proposition zeigt dann, dass für einen Banachraum X gilt: X reflexiv ⇔ X ∗ reflexiv. (5.15) 1 Anstelle von X ∗∗∗ schreiben wir einfach X 3∗ , X ∗∗∗∗ wird zu X 4∗ etc. 106 2 5.1 Reflexivität Als Anwendung von 5.15 betrachten wir X und die sukzessiven Dualräume von X: X, X ∗ , X ∗∗ , X ∗∗∗ , X ∗∗∗∗ , . . . Wir haben die folgenden zwei Folgen von isometrischen Einbettungen: I ∗∗ I I 4∗ X → X ∗∗ → X ∗∗∗∗ → X 6∗ → . . . I∗ I ∗∗∗ (5.16) I 5∗ X ∗ → X ∗∗∗ → X 5∗ → X 7∗ → . . . Entweder ist X reflexiv und alle obigen Abbildungen sind wegen wiederholter Anwendung von 5.15 bijektiv, oder X ist nicht reflexiv und keine der obigen Abbildung ist bijektiv (sonst würde die sukzessive Anwendung von 5.15 zeigen, dass X reflexiv ist). Anm.: Als Beispiel für nicht-reflexive Banachräume werden wir später die Räume L1 und L∞ kennenlernen. Satz Sei (X, k · kX ) ein Banachraum und seien X reflexiv und Y ⊆ X ein abgeschlossener Teilraum von X. Dann ist Y reflexiv. Beweis (5.17) Betrachte die »Einschränkungsabbildung« r : X ∗ → Y ∗ : r(`)(y) = `(y), ∀y ∈ Y, ∀` ∈ X ∗ , (5.18) da |r(`)(y)| ≤ kykX ∗ · kykY ist r(`) stetig und kr(`)kY ∗ ≤ k`kX ∗ . (5.19) Dann können wir die Abbildung r∗ : Y ∗∗ → X ∗∗ betrachten, die wie folgt definiert wird: r∗ (y ∗∗ )(`) = y ∗∗ (r(`)), da ∀` ∈ X ∗ , ∀y ∗∗ ∈ Y ∗∗ , (5.20) 5.19 |r∗ (y ∗∗ )| ≤ ky ∗∗ kY ∗∗ · kr(`)kY ∗ ≤ ky ∗∗ kY ∗∗ · k`kX ∗ , gilt r∗ (y ∗∗ ) ∈ X ∗∗ und kr∗ (y ∗∗ )kX ∗∗ ≤ ky ∗∗ kY ∗∗ . (5.21) 107 5 Reflexivität und schwache Konvergenz Seien I : X → X ∗∗ und I Y : Y → Y ∗∗ die kanonischen Isometrien, mit I bijektiv nach Voraussetzung. Wir zeigen jetzt: I −1 (r∗ (Y ∗∗ )) ⊂ Y. (5.22) Denn sei y ∗∗ und x = I −1 (r∗ (y ∗∗ )). Nehmen wir an, dass x 6∈ Y . Wegen 4.43 existiert ` ∈ X ∗ , so dass `|Y = 0 und `(x) 6= 0. Da `|Y = 0 gilt r(`) = 0 und folglich 5.20 0 = y ∗∗ (r(`)) = r∗ (y ∗∗ )(`) = I(x)(`) = `(x) 6= 0; ein Widerspruch. Somit ist 5.22 bewiesen. Wir zeigen jetzt, dass I Y surjektiv ist (dann folgt 5.17). Sei y ∗∗ ∈ Y ∗∗ . Wegen 5.22 gilt y = I −1 (r∗ (y ∗∗ )) ∈ Y. Für h ∈ Y ∗ können wir wegen 4.16 oder 4.25 eine Fortsetzung ` ∈ X ∗ von h konstuieren (d. h. `|Y = h). Folglich gilt r(`) = h und y ∗∗ (h) (5.23) = = = = = = y ∗∗ (r(`)) r∗ (y ∗∗ )(`) I(y)(`) `(y) h(y) I Y (y)(h). Da h ∈ Y ∗ beliebig ist, gilt y ∗∗ = I Y (y). Somit ist I Y surjektiv und 5.17 ist bewiesen. 2 Wir diskutieren jetzt eine wichtige Klasse von reflexiven Räumen. Beispiele 1. Wir konstruieren einen messbaren Raum (Ω, A) und ein σ-endliches Mass µ 6= 0 auf (Ω, A), d. h. Ω= (5.24) [ Ai , wobei Ai ∈ A und µ(Ai ) < ∞, ∀i ≥ 1. i≥1 Weiter sei für 1 ≤ p < ∞ (siehe Vorlesung Masstheorie) fZ ist A-messbar und / {f f = 0 µ-f. ü.} Lp (Ω, A, µ) = f : Ω → R |f |p dµ < ∞ (5.25) Ω und für f ∈ Lp (Ω, A, µ): 108 5.1 Reflexivität Z kf kp = 1/p p |f | dµ (5.26) Ω Für den Fall p = ∞ betrachten wir auch: ∞ L (Ω, A, µ) = f ist A-messbar f :Ω→R und beschränkt / {f f = 0 µ-f. ü.} (5.27) und für f ∈ L∞ (Ω, A, µ): kf k∞ = inf t > 0 µ (|f |)−1 ((t, ∞)) = 0 . (5.28) Für p ∈ [1, ∞] definiere q ∈ (1, ∞] durch 1 1 + = 1. p q (5.29) Wegen der Hölderschen Ungleichung gilt für f ∈ Lp , g ∈ Lq : f g ∈ L1 und Z f gdµ ≤ kf kLp · kgkLq (5.30) Ω Folglich können wir eine lineare Abbildung definieren: T : Lq → (Lp )∗ , mit T (g)(f ) = Z f gdµ, ∀f ∈ Lp , ∀g ∈ Lq . (5.31) Ω T HEOREM Sei µ ein σ-endliches Mass auf (Ω, A). T ist eine bijektive Isometrie. (5.32) Für 1 < p < ∞ ist Lp reflexiv. (5.33) 109 5 Reflexivität und schwache Konvergenz Beweis (5.34) 5.32 – Erster Schritt: T ist isometrisch. Wegen 5.30 und 5.31 wissen wir schon, dass kT (g)k(Lp )∗ ≤ kgkLq , (5.35) ∀g ∈ Lq . Dazu, falls 1 < p < ∞, gilt auch 1 < q < ∞ und p = f = g · |g|q−2 , so dass Z p Z |f | dµ = (5.36) |g| Ω p·(q−1) Z dµ = Ω q q−1 . |g|q dµ < ∞, Ω und folglich f ∈ Lp . Dann gilt: |T (g)(f )| (5.37) mit q p = = = ≤ 5.36 = R f gdµ RΩ q |g| dµ Ω kgkqLq kT (g)k(Lp )∗ · kf kLp q/p kT (g)k(Lp )∗ · kgkLq , = q − 1. Es folgt: kT (g)k(Lp )∗ ≥ kgkLq , und wegen 5.35 ist 5.34 bewiesen, falls 1 < p < ∞. Falls p = 1, gilt q = ∞ und für jedes A ∈ A mit µ(A) < ∞ Z |T (g)(1A )| = gdµ ≤ kT (g)k(L1 )∗ µ(A) (5.38) A Da µ σ-endlich ist, gilt wegen 5.28: Z 1 sup dgµ = kgk∞ . 0<µ(A)<∞ µ(A) A (5.39) Folglich gilt kT (g)k(L1 )∗ ≥ kgk∞ , und wegen 5.35 ist 5.34 auch bewiesen, falls p = 1. 110 Für g 6= 0 in Lq setze 5.1 Reflexivität 5.32 – Zweiter Schritt: µ(Ω) < ∞. Wir zeigen, dass T surjektiv ist. Sei ` ∈ (Lp )∗ . Betrachte ν(A) = `(1A ), für A ∈ A (5.40) (da µ(Ω) < ∞ gilt 1A ∈ Lp ). Falls die Ai , i ≥ 1 mit Ai ∈ A, ∀i ≥ 1 paarweise disjunkt sind, setze Uk = A1 ∪ . . . ∪ Ak , für k ≥ 1, und U= [ Ai . i≥1 Es gilt k1U − 1Uk kp = (µ(U \ Uk )) 1/p → 0, k → ∞, (p < ∞), und folglich: ν(U ) = lim ν(Uk ) = lim k→∞ k→∞ k X ν(Ai ). i=1 Mit anderen Worten ist ν ein signiertes Mass auf (Ω, A) (siehe R UDIN: »Real and Complex Analysis«, kapitel 6). Dazu gilt auch |ν(A)| ≤ k`k(Lp )∗ · k1A kLp , und folglich ν(A) = 0, falls µ(A) = 0, (5.41) (d. h. ν µ: ν ist absolut stetig bezüglich µ). Wegen des Satzes von R ADON -N IKODYM aus der Masstheorie existiert g ∈ L1 , so dass Z ν(A) = 1A gdµ, ∀A ∈ A. Natürlich gilt auch wegen der Linearität: Z `(f ) = (5.42) f gdµ, Ω für jedes messbare Treppenfunktion f auf Ω. Jede beschränkte messbare Funktion f auf Ω können wir gleichmässig auf Ω durch Treppenfunktionen approximieren und auf in Lp . Es folgt dann: Z `(f ) = f gdµ, ∀f ∈ L∞ . (5.43) Ω 111 5 Reflexivität und schwache Konvergenz Wenn p = 1, setzen wir f = 1A in 5.42 und wegen 5.39 erhalten wir: kgk∞ ≤ k`k(L1 )∗ < ∞. Somit gilt g ∈ L∞ = Lq . Wenn 1 < p < ∞, setzen wir fn = 1{|g|≤n} g · |g|q−2 in 5.43 und analog zu 5.37 erhalten wir Z !1/p Z q q |g| dµ ≤ k`k(Lp )∗ · `(fn ) = {|g|≤n} |g| dµ {|g|≤n} Es folgt: !1/p Z q |g| dµ ≤ k`k(Lp )∗ , ∀n ≥ 1, {|g|≤n} und somit gilt g ∈ Lq . Somit haben gezeigt, dass g ∈ Lq . (5.44) Jetzt sind beide Seiten in der Gleichung 5.43 stetige Funktionen auf Lp und da L∞ dicht in Lp liegt, falls µ(Ω) < ∞, erhalten wir Z `(f ) = f gdµ, ∀f ∈ Lp , Ω und somit T (g) = `. Mit anderen Worten: (5.45) T ist surjektiv. 5.32 – Dritter Schritt: µ(Ω) = ∞. Da µ σ-endlich ist, existiert eine Zerlegung von Ω in paarweise disjunkte messbare Teilmengen Ωi , i ≥ 1, so dass 0 < µ(Ωi ) < ∞. Wir setzen (5.46) h(x) = 1 n2 µ(Ω i) Somit definiert die Formel 1Ωi (so dass h ∈ L1 (µ)). Z µ̃(A) = hdµ, ∀A ∈ A A ein enedliches Mass auf (Ω, A) und die Abbildung Φ : Lp (µ̃) → Lp (µ), (5.47) 112 f˜ → h1/p f˜ 5.1 Reflexivität ist eine bijektive Isometrie. Sei ` ∈ (Lp (µ))∗ , dann gilt ` ◦ Φ ∈ (Lp (µ̃))∗ und wegen des zweiten Schrittes existiert g̃ ∈ Lq (µ̃), so dass Z Z p ˜ ˜ ∀f ∈ L (µ̃) : f g̃dµ̃ = f˜g̃hdµ = ` h1/p f˜ Ω Ω Setze dann: g = h1/q g̃ ∈ Lq (µ), (d. h. g = g̃, falls q = ∞). Wir erhalten, dass für jedes f ∈ Lp (µ): Z Z 5.31 1/p −1/p ˜ f g̃hdµ = f gdµ = T (g)(f ). `(f ) = `(f h f )= | {z } Ω Ω =f˜∈Lp (µ̃) Somit haben wir gezeigt, dass T surjektiv ist und 5.32 ist bewiesen. 5.33: Betrachte 1 < p < ∞ und ϕ ∈ (Lp )∗∗ . Dann ist ϕ ◦ T eine stetig lineare Abbildung von Lq nach R und wegen 5.32 (mit q in der Rolle von p) existiert f ∈ Lp , so dass Z ϕ(T (g)) = f gdµ, ∀f ∈ Lq . Ω Dazu gilt auch für jedes g ∈ Lq : 5.31 I(f ) (T (g)) = T (g)(f ) = |{z} Z f gdµ, Ω ∈(Lp )∗∗ 2 und folglich I(f ) = ϕ. Somit ist Lp reflexiv. Als Spezialfall von 5.33 erhalten wir z. B.: Für U ⊆ Rd offen und nicht leer, ist Lp (U, dx) mit der Norm Z kf kp = 1/p |f (x)|p dx , (5.48) f ∈ Lp (U, dx) U reflexiv, falls 1 < p < ∞ und auch X `p = (an )n≥1 ⊂ RN ap < ∞ (5.49) n≥0 mit der Norm 1/p kakp = X |an |p , a ∈ `p n≥0 ist reflexiv, falls 1 < p < ∞. 113 5 Reflexivität und schwache Konvergenz 2. Die Formel 5.31 im Fall p = ∞, q = 1 liefert auch eine lineare Isometrie von L1 (Ω, A, µ) → L∞ (Ω, A, µ)∗ . Im Allgemeinen ist diese Isometrie nicht surjektiv. Z. B. im Fall U ⊆ Rd offen und nicht leer ist Cb (U ) = {f : U → R f stetig und beschränkt} ein abgeschlossener Teilraum von L∞ (U, dx). Sei x0 ∈ I und δx0 das Dirac-Funktional: f ∈ Cb (U ) → δx0 (f ) = f (x0 ). Natürlich ist δx0 : (Cb (U ), k · k∞ ) → R stetig und wir können mit Hilfe des Satzes von Hahn-Banach (vgl. 4.16) eine stetige Fortsetzung ` ∈ L∞ (U, dx)∗ konstruieren, so dass k`kL∞ (U,dx)∗ = kδx0 kCb (U )∗ = 1. Aber dann ist ` nicht von der Form (5.50) ` : f ∈ L∞ (U, dx) → Z f gdx U für irgendein g ∈ L1 (U, dx). Denn betrachte ϕ : Rd → [0, 1], stetig mit Träger ϕ ⊆ B(x0 , r) ⊆ U und ϕ(x0 ) = 1, und definiere für n ≥ 1, ϕn ∈ Cb (U ) durch: ϕn (x) = ϕ(n(x − x0 ) + x0 ), ∀x ∈ U. Dann erhalten wir für jedes g ∈ L1 (U, dx): Z ϕn gdx → 0, n → ∞, U wegen dominanter Konvergenz (da |ϕn g| ≤ g und ϕn (x)g(x) → 0 für n → ∞ fast überall), obwohl `(ϕn ) = ϕn (x0 ) = 1 und somit gilt 5.50 3. (L1 (U, dx) und L∞ (U, dx) sind nicht reflexiv) Betrachte den isometrischen Isomorphismus T : L∞ (U, dx) → L1 (U, dx)∗ , 114 5.1 Reflexivität (vgl. 5.31, 5.32) und ` wie in 5.50. Setze ψ = ` ◦ T −1 ∈ L1 (U, dx)∗∗ . Dann gilt ψ 6∈ I(L1 (U, dx)), sonst gäbe es f ∈ L1 (U, dx), so dass für alle g ∈ L∞ (U, dx): Z f gdx, `(g) = ψ(T (g)) = I(f )(T (g)) = T (g)(f ) = U im Gegensatz zu 5.50. Folglich ist L1 (U, dx) nicht reflexiv, und wegen 5.32 und 5.15 ist L∞ (U, dx) (∼ = L1 (U, dx)∗ ) auch nicht reflexiv. (5.51) (5.52) Wir setzen unsere Diskussion des Begriffs der Reflexität fort. Jetzt interessieren wir uns für die Beziehung zwischen Separabilität (vgl. 0.52) und Reflexivität. Zur Erinnerung: Separabilität (d. h. Existenz einer dichten abzählbaren Teilmenge) ist für metrische Räume äquivalent zur Erfüllung des zweiten Abzählbarkeitsaxioms (insbesondere ist eine Teilmenge Y eines separablen metrischen Raumes, versehen mit der induzierten Metrik, immer noch separabel, vgl. 0.53). Beispiele 1. (Anm.: Dieses Beispiel zeigt einen separablen Teilraum eines nicht-separablen Raumes). Sei X = Cb ((0, 1), R) der Raum der stetigen beschränkten Funktionen f : (0, 1) → R und k · k die Supremumsnorm. Dann gilt (vgl. 0.55): (X, k · k) ist nicht separabel. (5.53) Betrachte den Teilraum Y = f ∈ X f = g|(0,1) , wobei g ∈ C([0, 1], R) . Dann ist Y abgeschlossen und wegen dem Satz von W EIERSTRASS separabel. Anm: Betrachte etwa die Funktion f (x) = sin x1 . Offensichtlich ist f (x) ∈ X, aber f (x) 6∈ Y . X ist also tatsächlich grösser als Y . Gemeint ist der Approximationssatz von W EIERSTRASS. Für ein abgeschlossenes Intervall I ⊂ R liegt die Menge der Polynome R[x] dicht in C(I, R). Damit besitzt Y eine abzählbare dichte Teilmenge und ist deswegen separabel. 2. Es sei X = Lp (Ω, dx) für Ω ⊆ Rd offen, 1 ≤ p ≤ ∞, und mit der k · kLp -Norm versehen. Dann gilt: Lp (Ω, dx) ist separabel, falls p < ∞. (5.54) 115 5 Reflexivität und schwache Konvergenz Denn Cc (Ω) = {f : Ω → R f stetig mit kompaktem Träger} ist dicht in Lp (Ω, dx) und Cc (Ω) versehen mit der Supremumsnorm ist separabel (z. B. als Anwendung des Satzes von S TONE -W EIERSTRASS, vgl. Übung 4 in Serie 9). Aber L∞ (Ω, dx) ist nicht separabel. (5.55) Denn betrachte für t ∈ R und x = (x1 , . . . , xd ) ∈ Ω: ft (x) = 1{x1 ≤t} · 1Ω (x) Es existiert ein offenes Intervall I ⊆ R, so dass ∀t 6= s ∈ I : kft − fs k∞ = 1. Dann argumentiert man wie in 0.48. Satz Sei (X, k · kX ) ein normierter Raum. (5.56) (5.57) – – Falls X ∗ separabel ist, ist auch X separabel. Falls X separabel und reflexiv ist, ist X ∗ separabel. Beweis 5.56: Betrachte eine Folge (`n )n≥1 , so dass {`n , n ≥ 1} dicht in X ∗ liegt. Wähle dann xn ∈ X, für n ≥ 1, so dass `n (xn ) ≥ k`n kX ∗ − (5.58) 1 , und kxn kX = 1, für n ≥ 1. n Jetzt zeigen wir: X = {xn , n ≥ 1} (5.59) und dann folgt 5.56. Wir setzen M := {xn , n ≥ 1} und nehmen an, dass M ( X. Sei x0 6∈ M . Wegen 4.43 existiert `0 ∈ X ∗ , so dass `0 (x0 ) = 1, und `0 |M = 0. 116 5.1 Reflexivität Betrachte dann eine Teilfolge (`nj )j≥1 , so dass `0 = lim `nj j Dann erhalten wir: `nj (xnj ) = (`nj − `0 )(xnj ) ≤ k`nj − `0 kX ∗ · kxnj kX → 0, j → ∞, und auch: `n (xn ) ≥ `n (xn ) ≥ k`n kX ∗ − 1 → k`0 kX ∗ 6= 0, j → ∞; j j j j nj also ein Widerspruch. Somit sind 5.59 und 5.56 bewiesen. 5.57: Da X ∗∗ = I(X) und X separabel ist, ist auch X ∗∗ separabel. Wegen 5.56 ist dann X ∗ separabel. 2 Beispiel Da `1 (vgl. 5.41) separabel ist, und `∞ ∼ = (`1 )∗ (vgl. 5.32) nicht separabel ist, 1 ist ` nicht reflexiv. Wegen 5.15 ist auch `∞ ∼ = (`1 )∗ nicht reflexiv. Bemerkung Als direkte Folgerung der obigen Proposition und 5.15 sehen wir, dass für einen Banachraum X gilt: X ist genau dann reflexiv und separabel,wenn X ∗ reflexiv und separabel ist. (5.60) 117 5 Reflexivität und schwache Konvergenz 5.2 Schwache Topologie Sei (X, k · kX ) ein normierter Raum, dann ist die schwache Topologie auf X (siehe p. 9) definiert durch (w steht für engl. »weak«): ) ( Tw = (5.61) V ⊆X V = [ On , n Tw ist also die Menge der Mengen V ⊆ X, wobei V beliebige Vereinigung von Mengen O der Form: O = O`1 ,I1 ∩ O`2 ,I2 ∩ . . . ∩ O`n ,In . sind, wobei ` ∈ X ∗ und I ⊆ R offen und O`,I = {x ∈ X `(x) ∈ I} , (V = ∅ ∈ Tw und entspricht dem Fall einer leeren Vereinigung in 5.61). Wegen 4.44 existiert für x 6= y in X ein ` ∈ X ∗ , so dass `(x) 6= `(y) und folglich ist (X, Tw ) hausdorffsch (vgl. 0.23). Bemerkung Wenn wir mit T die von k·kX induzierte Topologie auf X (die sogenannte Standardtopologie auf X) bezeichnen, folgt aus 5.61, dass Tw ⊆ T (5.62) (d. h. jede schwach offene Menge V in 5.61 ist auch offen in der Standardtopologie). Wir wissen aus der Serie 3, Aufgabe 4b, dass (X, Tw ) nicht metrisierbar ist, falls dim X = ∞. Insbesondere gilt: Tw ( T, falls dim X = ∞. (5.63) Als einfache Konsequenz aus 2.13 und 2.15 sieht man auch, dass falls dim X < ∞, die Identitätsabbildung I : (X, Tw ) → (X, T) stetig ist und folglich wegen 5.62: Tw = T, falls dim X < ∞. (5.64) 118 5.2 Schwache Topologie Für Ω ⊆ X ist (vgl. 0.17) \ Ωw := A (5.65) A⊇Ω Aschwach abgeschlossen die schwach abgeschlossene Hülle von Ω. Wegen 5.62 ist jede schwach abgeschlossene Menge (standard-) abgeschlossen und folglich gilt für jedes Ω ⊆ X (vgl. 0.17): Ωw ⊇ Ω. (5.66) Für konvexe Ω gilt tatsächlich Gleichheit. Satz Sei (X, k · kX ) ein normierter Raum und Ω eine konvexe Teilmenge von X, dann gilt: Ωw = Ω. (5.67) Beweis Nehmen wir an, dass Ωw ) Ω. Sei x0 ∈ Ωw \ Ω. Da Ω abgeschlossen und konvex C ist (siehe oberhalb von 4.103), und {x0 } (⊆ Ω ) kompakt ist, können wir den Trennungssatz anwenden (vgl. 4.87) und ` ∈ X ∗ , λ ∈ R finden, so dass `(x0 ) < λ < inf `(x). Ω Dann ist `−1 ([λ, ∞)) eine schwach abgeschlossene Menge, die Ω, aber nicht {x0 } enthält. Folglich gilt x0 6∈ Ωw : ein Widerspruch. 2 Da Tw hausdorffsch ist, hat eine schwach konvergente Folge (xn )n≥1 in X einen eindeutigen Limes x ∈ X. Die Notation dazu ist: w xn → x oder auch xn * x. Als Folgerung der obigen Proposition, des Satzes von B ANACH -S TEINHAUS und 4.42 erhalten wir das 119 5 Reflexivität und schwache Konvergenz T HEOREM Sei (X, k · kX ) ein normierter Raum und (xn )n≥1 eine schwach konvergente Folge, xn * x, n → ∞. Dann gilt (5.68) – sup kxn kX < ∞, (5.69) – kxkX ≤ lim kxn kX , (5.70) – es existiert eine Folge von Konvexkombinationen (ym )m≥1 : n≥1 n ym = km X ak,m xk , k=1 wobei 0 ≤ ak,m ≤ 1 und km X ak,m = 1, k=1 so dass (in der Standardtopologie) ym → x, m → ∞. Beweis 5.68: Die stetigen linearen Abbildungen Λn auf (X ∗ , k · kX ∗ ) Λn : ` → `(xn ) sind punktweise beschränkt (d. h. supn≥1 |`(xn )| < ∞ für alle ` ∈ X ∗ ), und da (X ∗ , k · kX ∗ ) ein Banachraum ist (vgl. 2.31), folgt aus dem Satz von Banach-Steinhaus (vgl. 3.2), dass C := sup kΛn kX ∗∗ < ∞. n≥1 Wegen 4.42 gilt dann für jedes n ≥ 1: kxn kX = (5.71) |`(xn )| = kΛn kX ∗∗ ≤ C < ∞. sup k`kX ∗ ≤1 Somit ist 5.68 bewiesen. 5.69: Wegen 4.41 existiert ein ` ∈ X ∗ mit k`kX ∗ = 1 und kxkX = `(x) = lim `(xn ) ≤ lim k`kX ∗ · kxn kX . n 120 n 5.2 Schwache Topologie Somit ist 5.69 bewiesen. 5.70: Sei Ω die Menge der Konvexkombinationen y der Form y= K X ak xk , k=1 wobei K ≥ 1, 0 ≤ ak ≤ 1 und PK k=1 ak = 1. Dann ist Ω konvex und wegen 5.67 gilt x ∈ {xn , n ≥ 1}w ⊆ Ωw = Ω. Da x ∈ Ω, existiert (ym )m≥1 in Ω mit ym → x (vgl. 0.25). Somit ist 5.70 bewiesen. 2 Wir setzen unsere Diskussion der schwachen Topologie auf einem normierten Raum fort. Satz Sei (X, k · kX ) ein normierter Raum und f : X → F (R oder C) eine lineare Abbildung. Dann ist f genau dann schwach stetig, wenn f ∈ X ∗ . Beweis (5.72) ⇐: Wegen 5.61 folgt, dass jedes f ∈ X ∗ stetig für die schwache Topologie ist. ⇒: Tatsächlich ist das trivial, denn Tw ⊆ T (vgl. 5.62). Trotzdem geben wir unten ein (etwas kompliziertes) Argument, das im Fall der schwachen* Topologie (vgl. 5.82) wieder verwendbar ist. Lemma Sei X ein F-Vektorraum und seien f, f1 , . . . , fn : X → F lineare Abbildungen. Dann sind folgende Aussagen äquivalent: I. ∃λ1 , . . . , λn ∈ F mit f = λ1 f1 + · · · + λn fn , II . ∃M > 0, so dass für alle x ∈ X: (5.73) |f (x)| ≤ M sup |fi (x)|. 1≤i≤n III . n \ ker(fi ) ⊆ ker(f ). i=0 121 5 Reflexivität und schwache Konvergenz Beweis I ⇒ II : klar. II ⇒ III : klar. III ⇒ I : Definiere π : X → Fn durch π(x) = (f1 (x), f2 (x), . . . , fn (x)) . Wegen III gilt für jedes x, y ∈ X: π(x) = π(y) ⇒ f (x) = f (y). (5.74) Sei R = π(x) ⊂ Fn der Bildraum von π. Wegen 5.74 existiert eine lineare Abbildung G : R → F, so dass f = G ◦ π. Wir können eine lineare Fortsetzung F von G auf Fn konstruieren. Dann gilt auch f = F ◦ π, (5.75) da F |R = g. Weiter existieren λ1 , . . . , λn ∈ F, so dass F (u) = λ1 u1 + · · · + λn un n für jedes u = (u1 , . . . , un ) ∈ F . Wegen 5.75 erhalten wir für jedes x ∈ X: f (x) = F (π(x)) = λ1 f1 (x) + · · · + λn fn (x). 2 Somit ist I bewiesen. Jetzt kehren wir zum Beweis von »⇒« in 5.72 zurück. Dazu betrachten wir eine schwach stetige lineare Abbildung ` : X → F. Es existiert eine schwache offene Menge V 3 O mit |`(x)| < 1 für jedes x ∈ V . Wegen 5.71 existieren `1 , . . . , `n ∈ X ∗ und ε > 0, so dass für jedes x ∈ X: |`i (x)| < ε für i = 1, . . . , n ⇒ x ∈ V ⇒ |`(x)| < 1. (5.76) Insbesondere falls `i (x) = 0 für i = 1, . . . , n, gilt |`(rx)| < 1 für alle r > 0, also `(x) = 0. Mit anderen Worten haben wir gezeigt, dass n \ (5.77) ker(`i ) ⊆ ker(`). i=1 Wegen 5.73 existieren λ1 , . . . , λn ∈ Fn , so dass ` = λ1 `1 + λ2 `2 + · · · + λn `n . Somit folgt, dass ` ∈ X ∗ . 122 2 5.3 Schwache* Topologie 5.3 Schwache* Topologie Wir betrachten einen normierten Raum (X, k · kX ) mit dem Dualraum X ∗ und dem Bidualraum X ∗∗ . Die kanonische Isometrie I : X → X ∗∗ (siehe 5.3) wird für jedes x ∈ X definiert duch I(x)(`) = `(x), ∀` ∈ X ∗ . Die schwache* Topologie auf X ∗ ist definiert duch ) ( Tw∗ (X ∗ ) = U ⊆ X∗ U = [ Vn , (5.78) n Tw∗ ist also die Menge der Mengen U , wobei die U beliebige Vereinigungen von Mengen der Form V = Vx1 ,I1 ∩ Vx2 ,I2 ∩ . . . ∩ Vxn ,In sind, wobei für x ∈ X, I ⊆ R offen gilt: Vx,I = {` ∈ X ∗ `(x) ∈ I} = {` ∈ X ∗ I(x)(`) ∈ I} . Natürlich existiert für ` 6= `0 in X ∗ ein x ∈ X mit `(x) 6= `0 (x) und folglich ist die schwache* Topologie auf X ∗ hausdorffsch (vgl. 0.23). Bemerkung Wir können auch die schwache Topologie auf X ∗ , Tw (X ∗ ) betrachten (d. h. wir lassen in 5.61 X ∗ die Rolle von X spielen). Der Vergleich von 5.78 mit 5.61 zeigt, dass Vx,I (unterhalb von 5.78) gleich OI(x),I (unterhalb von 5.61) ist. Folglich gilt allgemein: Tw∗ (X ∗ ) ⊆ Tw (X ∗ ), (5.79) d. h. die schwache* Topologie auf X ∗ ist schwächer als die schwache Topologie auf X ∗ . Weiter, falls X reflexiv ist, ist jedes b ∈ X ∗∗ von der Form I(x) und der Vergleich von 5.61 und 5.78 zeigt jetzt, dass falls X reflexiv ist, gilt Tw∗ (X ∗ ) = Tw (X ∗ ). (5.80) Die übliche Notation für diese verschiedenen Topologien ist: – – – σ(X, X ∗ ): schwache Topologie auf X (d. h. Tw (X)), σ(X ∗ , X): schwache* Topologie auf X ∗ (d. h. Tw∗ (X ∗ )), σ(X ∗ , X ∗∗ ): schwache Topologie auf X ∗ (d. h. Tw (X ∗ )). (5.81) 123 5 Reflexivität und schwache Konvergenz Der Grund, weshalb wir diese schwächere σ(X ∗ , X)-Topologie (eher als σ(X ∗ , X ∗∗ )) auf X ∗ betrachten, ist, dass diese Topologie eine reichhaltige Kollektion von kompakten Mengen besitzt. Satz (5.82) Sei (X, k · kX ) ein normierter Raum und h : X ∗ → F eine lineare Abbildung. Dann ist h genau dann schwach* stetig, wenn h ∈ I(X), (wobei I die kanonische Isometrie I : X → X ∗∗ ist (vgl. 5.3)). Beweis 2 Analog zum Beweis von 5.72. (Folgerung: X nicht reflexiv ⇒Tw∗ (X ∗ ) ( Tw (X ∗ ), siehe auch 5.79, 5.80). T HEOREM : B ANACH -A LAOGLU Sei (X, k · kX ) ein normierter Raum. BX ∗ := {` ∈ X ∗ k`kX ∗ ≤ 1} (5.83) ist kompakt für die schwache* Topologie. (5.84) Falls X separabel ist, ist BX ∗ metrisierbar für die schwache* Topologie. (Und wegen 5.83, 0.30 und 0.31 auch folgenkompakt.) Beweis 5.83: (Der Einfachheit halber nehmen wir, dass X ein R-Vektorraum ist). Sei Y = RX die Menge der Funktionen w : X → R, versehen mit der Topologie TY der punktweisen Konvergenz (analog zu 0.13, 0.14 und X spielt jetzt die Rolle von [0, 1] in 0.13, 0.14). betrachte die injektive Abbildung Φ : X ∗ → Y : (5.85) Φ(`) = ` (Abbildung von X nach R). Beachte, dass Φ : (X, σ(X ∗ , X)) → (Y, TY ) (5.86) stetig ist. Denn für Γ ⊆ X endlich und (Ix )x∈Γ mit Ix ⊆ R offen für jedes x ∈ Γ gilt mit der 124 5.3 Schwache* Topologie Notation unterhalb von 5.78: \ Φ−1 ({w ∈ Y ∀x ∈ Γ : w(x) ∈ Iγ }) = 5.78 Vx,Ix ∈ σ(X ∗ , X), x∈Γ und folglich ist Φ−1 (0) eine schwach* offene Menge für jedes O ∈ TY . Jetzt zeigen wir: Φ : (X, σ(X ∗ , X)) → (Φ(X), TY |Φ(X) ) (5.87) ist ein Homöomorphismus (TY |Φ(X) ist die Teilraumtopologie auf Φ(X)). Wegen 5.86 und der Injektivität von Φ bleibt nur zu zeigen, dass Φ−1 stetig ist. Zu diesem Zweck beachte, dass für x ∈ X: 5.85 w ∈ Φ(X) → Φ−1 (w)(x) = w(x) ∈ R, eine stetige Abbildung ist (als Einschgränkung der stetigen Abbildung w ∈ Y → w(x) ∈ R auf Φ(X)). Folglich ist für x1 , . . . , xn ∈ X, I1 , . . . , In ⊆ R offen: Φ−1 (Vx1 ,I1 ∩ . . . ∩ Vxn ,In ) = n \ w ∈ Φ(X) Φ−1 (w)(xi ) ∈ Ii | {z } i=1 offen eine offene Menge in Φ(X). Wegen 5.78 ist Φ−1 (U ) offen in Φ(X) (versehen mit TY |Φ(X) ) für jedes offene Menge in X (versehen mit σ(X ∗ , X)). Somit ist 5.87 bewiesen. Wegen 5.87 genügt es zu zeigen, dass (5.88) K := Φ(BX ∗ ) eine kompakte Teilmenge von Y ist, um 5.83 zu beweisen. Zu diesem Zweck beachte, dass |w(x)| ≤ kxkX , w(x + y) = w(x) + w(y), K= w∈Y , w(λx) = λw(x), ∀λ ∈ R, ∀x, y ∈ X und somit gilt K = K1 ∩ K2 , wobei K1 = {w ∈ Y |w(x)| ≤ kxk, ∀x ∈ X} und K2 = {w ∈ Y w(x + y) = w(x) + w(y), w(λx) = λw(x), ∀λ ∈ R, ∀x, y ∈ X} . Da die Abbildungen w ∈ Y → w(x + y) − w(x) − w(y) ∈ R und w ∈ Y → w(λx) − λw(x) ∈ R 125 5 Reflexivität und schwache Konvergenz für beliebige x, y ∈ X, λ ∈ R stetig sind, ist K2 abgeschlossen. Wegen des Satzes von T YCHONOV (siehe JÄNICH: »Topologie«, p. 197, oder R UDIN: »Functional Analysis«, p. 368) ist Y K1 = [−kxk, kxk] x∈X eine kompakte Teilmenge von Y . Somit ist K = K1 ∩ K2 kompakt in Y und 5.88 bewiesen. Die Behauptung 5.83 folgt. 5.84: Sei (xn )n≥1 eine dichte Folge in BX := {x ∈ X kxkX ≤ 1} , und setze (5.89) d(f, g) = X 1 |hf − g, xn i| 2n n≥1 für f, g ∈ BX ∗ (vgl. 5.83). Falls d(f, g) = 0, folgt, dass f (xn ) = g(xn ), ∀n ≥ 1 und da {xn , n ≥ 1} = BX , folgt f (x) = g(x), ∀x ∈ BX ⇒ f = g. Somit ist (BX ∗ , d) ein metrischer Raum. Sei Td die induzierte Topologie auf BX ∗ . Da für jedes n ≥ 1 die Abbildung f ∈ (BX ∗ , σ(X ∗ , X)|BX ∗ ) → f (xn ) ∈ R stetig ist, ist auch die Identitätsabbildung Id (BX ∗ , σ(X ∗ , X)|BX ∗ ) → (BX ∗ , Td ) (5.90) stetig. Da (BX ∗ , Td ) hausdorffsch und (BX ∗ , σ(X ∗ , X)|BX ∗ ) kompakt ist, ist 5.90 ein Homöomorphismus (das Bild von A ⊆ BX ∗ ist σ(X ∗ , X)-abgeschlossen und folglich kompakt bezüglich d). Mit anderen Worten gilt σ(X ∗ , X)|BX ∗ = Td , und somit ist 5.84 bewiesen. 2 Bemerkung Sei (K, T) ein kompakter und hausdorffscher topologischer Raum. Betrachte eine weitere Topologie T1 ⊇ T auf K, die stärker ist als T, aber so, dass (K, T1 ) immer noch kompakt ist. Dann gilt T1 = T, denn Id : (K, T1 ) → (K, T) ist ein Homöomorphismus.. Analog sei T2 ⊆ T eine weitere Topologie auf K, die schwächer als T ist und so dass (K, T2 ) hausdorffsch ist. Dann gilt T2 = T, 126 5.3 Schwache* Topologie denn Id : (K, T) → (K, T2 ) ist wiederum ein Homöomorphismus. Somit sehen wir, dass die Kompaktheit eines Raumes eine gewisse Rigidität2 hat. Beispiele 1. Es sei Ω ⊆ Rd offen. L1 (Ω, dx) ist separabel (vgl. 5.54) und L∞ (Ω, dx) ∼ = L1 (Ω, dx)∗ (vgl. 5.32). Falls (fn )n≥1 eine beschränkte Folge in L∞ (Ω, dx) ist, existiert wegen 5.84 eine Teilfolge (fnk )k≥1 , und f ∈ L∞ (Ω, dx), so dass für k → ∞: Z Z fnk gdx → f gdx, ∀g ∈ L1 (Ω, dx). (5.91) Ω Ω 2. Betrachte `p , wobei 1 < p ≤ ∞ und eine beschränkte Folge (ai )i≥1 in `p . Wegen 5.32 ist `p ∼ = (`q )∗ , wobei q ∈ [1, ∞) und p1 + 1q = 1 und `q ist separabel. Folglich existiert eine Teilfolge aik und a ∈ `p , so dass für k → ∞: aink → an , ∀n ≥ 0. (5.92) Da (ai )i≥1 beschränkt in `p ist, genügt 5.92, um die schwache* Konvergenz der Folge (aik )k≥1 zu erzeugen: X X an bn , k → ∞, ∀b ∈ `q . aink bn → n≥0 n≥1 Wir setzen die Diskussion der schwachen* Topologie und ihrer Anwendung fort. Das folgende Beispiel zeigt, dass, falls X nicht separabel ist, 5.83 BX ∗ = {` ∈ X ∗ k`kX ∗ ≤ 1} nicht unbedingt schwach*-folgenkompakt ist. Beispiel Es sei X = L∞ ((0, 1), dx) und k · kX = k · k∞ (vgl. 5.28). Dann ist (X, k · kX ) nicht separabel (vgl. 5.55). Betrachte eine Folge (εn )n≥1 , mit εn > 0 und εn → 0 für n → ∞, sowie die Folge (`n )n≥1 in X ∗ : 1 `n (f ) = εm 2 Z εn f (x)dx, für f ∈ L∞ ((0, 1), dx), (5.93) 0 Rigidität = Strenge 127 5 Reflexivität und schwache Konvergenz so dass gilt: |`n (f )| ≤ kf k∞ , ∀f ∈ X, und folglich sup k`n kX ∗ ≤ 1. n≥1 (5.94) Jedoch, wie wir jetzt sehen werden, konvergiert keine Teilfolge `nk in der schwachen* Topologie. Sonst sei ` ∈ X ∗ und eine Teilfolge nk , so dass w∗ `nk * `, k → ∞ (d. h. in der schwachen* Topologie). Nach Auswahl, wenn nötig, einer weiteren Teilfolge, können wir voraussetzen, dass: 1> εnk+1 → 0, für k → ∞. εn k Dann betrachten wir: f= ∞ X (−1)k 1(εnk+1 ,εnk ) ∈ X, mit kf kX = 1. k=1 Dann gilt: 1 X (−1)l εnl − εnl+1 εnk l≥k Z εn k+1 1 k εnk − εnk+1 f dx = (−1) + εnk εn k 0 `nk (f ) = und folglich 1 εnk+1 + εnk+1 → 0, k → ∞. `nk (f ) − (−1)k ≤ εnk Somit konvergiert (`nk )k≥1 nicht in der schwachen* Topologie, also ein Widerspruch. Die Behauptung 5.94 folgt. Als Anwendung des Satzes von B ANACH -A LAOGUL haben wir: 128 5.3 Schwache* Topologie T HEOREM : E BERLEIN -Š MULYAN Sei X reflexiv, (xn )n≥1 eine Folge in X mit sup kxn kX < ∞. n≥1 Dann existieren x ∈ X und eine Teilfolge (xnk )k≥1 , so dass: w xnk * x, (5.95) (d. h. in der schwachen Topologie auf X). Beweis Wir setzen Y = Span{xn , n ≥ 1}. Damit ist Y abgeschlossen in X, separabel und wegen 5.17 auch reflexiv. Wegen 5.57 ist Y ∗ separabel. Wir können 5.84 im Satz von B ANACH A LAOGLU zu der beschränkten Folge I(xn ), n ≥ 1 in (Y ∗ )∗ = Y ∗∗ anwenden (I : Y → Y ∗∗ ist die kanonische Isometrie): es existieren eine Teilfolge I(xnk ), k ≥ 1 und ein Element in Y ∗∗ von der Form I(x) (da Y reflexiv ist), so dass w∗ I(xnk ) * I(x), d. h. `(xnk ) → `(x), k → ∞, ∀` ∈ Y ∗ . (5.96) Wenn h ∈ X ∗ , gilt natürlich ` := h|Y ∈ Y ∗ und folglich erhalten wir für jedes h ∈ X ∗ : 5.96 h(xnk ) = `(xnk ) → `(x) = h(x). 2 Mit anderen Worten haben wir 5.95 bewiesen. Als direkte Anwendung des obigen Theorems haben wir: Satz Sei (H, (·, ·)H ) ein Hilbertraum und (xn )n≥1 eine Folge in H mit sup kxn kH ≤ C < ∞. n≥1 Dann existiert eine Teilfolge (xnk )k≥1 und x ∈ H, so dass w xnk * x, (5.97) 129 5 Reflexivität und schwache Konvergenz (d. h. ∀y ∈ H : (xnk , y) → (x, y) für k → ∞). H ist reflexiv (vgl. 5.6) und jedes ` ∈ H ∗ ist von der Form `(·) = (·, y), für ein geeignetes y ∈ H (vgl. 4.54). Jetzt ist 5.97 die Umformulierung von 5.95. 2 Beweis Als Anwendung des Satzes von E BERLEIN -Š MULYAN haben wir: T HEOREM Sei (X, k · kX ) reflexiv und M ⊆ X eine nicht leere, konvexe, abgeschlossene Teilmenge von X und x0 ∈ X \ M . Dann existiert ein m0 ∈ M mit kx0 − m0 kX = d(x0 , M ) := inf {kx0 − mkX m ∈ M } . (5.98) (Siehe auch Serie 8, Aufgabe 1 im Fall eines Hilbertraums. Vergleiche auch mit 4.43, falls H ein abgeschlossener Teilraum ist). Beweis Wir betrachten eine »Minimalfolge« (mn )n≥1 in M : kx0 − mn kX → d(x0 , M ), n → ∞. Natürlich gilt supn≥1 kmn kX < ∞ und wegen 5.95 existiert eine Teilfolge mnk , k ≥ 1 und m0 ∈ X, so dass w (5.99) mnk * m0 . Dann gilt m0 ∈ M w 5.67 = M = M, da M konvex und abgeschlossen ist. Natürlich konvergiert x0 − mnk schwach gegen x0 − x0 , für k → ∞ und wegen 5.69 gilt kx0 − m0 kX ≤ lim kx0 − mnk kX = d(x0 , M ). k→∞ Da m0 ∈ M hat man auch kx0 − m0 kX ≥ d(x0 , M ), und 5.98 folgt. 130 2 5.3 Schwache* Topologie Bemerkung In 5.98 ist m0 nicht immer eindeutig. Betrachte zum Beispiel X = R2 mit kxkX = max(|x1 |, |x2 |) für x = (x1 , x2 ), x0 = (0, 1) und M = {(u, 0) u ∈ R} . Dann ist X reflexiv (da endlich-dimensional), aber für jedes m ∈ M gilt: 1 = d(x0 , M ) = kx0 − mkX . 131 6 Spektraltheorie 6.1 Spektrum und Resolvente D EFINITION Sei (X, k · kX ) ein Banachraum über C und sei A : D(A) ⊆ X → X eine lineare Abbildung (D(A) ein Teilraum von X). Die Resolventenmenge von A ist die Menge ρ(A) := λ ∈ C (λI − A) : D(A) → X ist bijektiv und (λI − A)−1 ∈ L(X) , (6.1) Das Spektrum von A ist die Menge σ(A) := C \ ρ(A). (6.2) Die Abbildung R : λ ∈ ρ(A) 7→ Rλ = (λI − A)−1 ∈ L(X) heisst die Resolvente von A. Lemma – Falls ρ(A) 6= ∅, dann ist A abgeschlossen (vgl. 3.32), (6.3) – Falls A abgeschlossen ist, gilt für jedes λ ∈ C: (6.4) λ ∈ ρ(A) ⇔ λI − A : D(A) → X ist bijektiv. Beweis 6.3: Sei λ ∈ ρ(A), dann gilt (λI − A)−1 ∈ L(X) und insbesondere ist (λI − A)−1 abgeschlossen (vgl. 3.33). Folglich ist die Menge Γ = (x, y) ∈ X × X y = (λI − A)−1 x 133 6 Spektraltheorie abgeschlossen und Γ = {(x, y) ∈ X × X y ∈ D(A) und (λI − A)y = x} . Dann betrachte eine konvergente Folge (un , vn )n≥1 im Graphen ΓA mit (un , vn ) → (u, v) ∈ X × X, n → ∞. Dann gilt (λun − vn , un ) = (λun − Aun , un ) ∈ Γ und für n → ∞: (λun − vn , un ) → (λu − v, u) ∈ Γ, da Γ abgeschlossen ist. Folglich gilt u ∈ D(A) und λu − Au = λu − v, also v = Au. Wir haben gezeigt, dass (u, v) ∈ ΓA , also ist A abgeschlossen. 6.4⇒: klar. 6.4⇐: Da A abgeschlossen ist, sehen wir mit einem ähnlichen Argument wie oben, dass für jedes λ ∈ C, (λI − A) abgeschlossen ist. Wenn (λI − A) : D(A) → X auch bijektiv ist, ist (λI − A)−1 abgeschlossen (mit Definitionsbereich X). Wegen des Satzes vom abgeschlossenen Graphen (vgl. 3.33), gilt (λI − A) ∈ L(X). 2 Beispiele 1. Sei K 6= ∅ eine kompakte Teilmenge von C und X = C(K, C) der Raum der stetigen Funktionen von K → C. k · kX sei die Supremumsnorm. Wir betrachten A ∈ L(X) definiert durch Af = g, wobei g(s) = sf (s) für s ∈ K. (6.5) Dann können wir das Spektrum von A bestimmen. Es gilt: σ(A) = K. (6.6) Denn für λ 6∈ K gilt (λI − A)f (s) = (λ − s)f (s), s ∈ K, f ∈ X. Definiere B ∈ L(X) durch 1 g(s), s ∈ K, g ∈ X. Bg(s) = λ−s Dann gilt: B(λI − A) = (λI − A)B = I. 134 6.1 Spektrum und Resolvente Somit folgt λ ∈ ρ(A), und damit K C ⊂ σ(A)C . Weiter für λ ∈ K gilt für jedes f ∈ X: (λI − A)f (λ) = λf (λ) − λf (λ) = 0 und damit (λI − A)(X) ⊆ {g ∈ X g(λ) = 0} ( X. Das zeigt, dass λ 6∈ ρ(A) und K ⊂ σ(A). Somit haben wir 6.6 bewiesen. 2. Es sei X = L2C ([0, 1], dt) und für f ∈ X: Z kf kX = 1/2 1 2 |f (t)| dt . 0 Betrachte die Operatoren A1 , A2 mit den Definitionsmengen Z t D(A1 ) = f ∈ X ∃u ∈ C, g ∈ X : f (t) = u + g(s)ds, 0 ≤ t ≤ 1 , 0 und D(A2 ) = Z f ∈ X ∃g ∈ X : f (t) = t g(s)ds, 0 ≤ t ≤ 1 , 0 (somit ist jedes f ∈ D(A1 ) ⊃ D(A2 ) absolut stetig, df dt ∈ X). A1 f = i df , dt f ∈ D(A1 ), A2 f = i df dt existiert fast überall und df , dt f ∈ D(A2 ). (6.7) (A1 ist eine Erweiterung von A2 , vgl. 3.56). Es ist leicht zu sehen, dass A1 und A2 abgeschlossene Operatoren sind. Jetzt gilt I) σ(A1 ) = C, II ) σ(A2 ) = ∅. (6.8) Für den Fall von A1 , merke einfach, dass für λ ∈ C: eλ (t) = e−iλt ∈ D(A1 ) und ((λI − A)eλ )(t) = λe−iλt − i(−iλ)e−iλt = 0. Folglich gilt eλ ∈ ker(λI − A) und somit λ 6∈ ρ(A1 ). Somit ist 6.8I bewiesen. 135 6 Spektraltheorie Für den Fall von A2 , setze für λ ∈ C und f ∈ X: Z t (Sλ f )(t) = i (6.9) e−iλ(t−s) f (s)ds, 0 ≤ t ≤ 1. 0 Dann gilt für f ∈ X, g ∈ D(A2 ), dass Sλ f ∈ D(A2 ) und für fast alle t: Z t d iλs −iλt e f (s)ds A2 Sλ f (t) = i ie dt 0 = λSλ f (t) − f (t), Z t e−1λ(t−s) ig 0 (s)ds Sλ A2 f (t) = i 0 Z t h it −iλ(t−·) = ie ig(·) − λ e−iλ(t−s) ig(s)ds 0 0 = −g(t) − λSλ g(t). Jetzt erhalten wir: (λI − A2 )Sλ f = λSλ f − A2 Sλ f = f Sλ (λI − A2 )g = λSλ g − Sλ A2 g = g. D. h. (λI − A2 )−1 = Sλ . Folglich ist λI − A2 : D(A2 ) → X bijektiv und wegen 6.4 sehen wir, dass λ ∈ ρ(A2 ). Die Behauptung 6.8II folgt. T HEOREM Sei (X, k · kX ) ein Banachraum und A : D(A) ⊆ X → X eine lineare Abbildung. Für λ, µ ∈ ρ(A) gilt: I. (6.10) II . III . Rλ A ⊂ ARλ = λRλ − I ∈ L(X), Rλ − Rµ = (µ − λ)Rλ Rµ , Rλ Rµ = Rµ Rλ . Anm.: Zur Erinnerung: Rλ A ⊂ ARλ heisst: ARλ ist eine Erweiterung von Rλ A. Beweis I: Sei λ ∈ ρ(A), dann gilt für jedes x ∈ X, y ∈ D(A): x = (λI − A)Rλ x = λRλ x − ARλ x, und y = Rλ (λI − A)y = λRλ y − Rλ Ay. 136 6.1 Spektrum und Resolvente Folglich gilt für y ∈ D(A): ARλ y = Rλ Ay, d. h. Rλ A ⊂ ARλ . Somit ist I bewiesen. II : Rλ = Rλ I = Rλ (λI − A)Rµ = Rλ ((µ − λ)I + λI − A)Rµ = (µ − λ)Rλ Rµ + Rλ (λI − A) Rµ | {z } Identität auf D(A) = (µ − λ)Rλ Rµ + Rµ . Somit folgt II. III : Wegen II erhalten wir für λ, µ ∈ ρ(A), dass Rλ − Rµ = (µ − λ)Rλ Rµ , Rµ − Rλ = (λ − µ)Rµ Rλ , und somit folgt Rλ Rµ = Rµ Rλ . 2 D EFINITION Sei A : D(A) ⊆ X → X eine lineare Abbildung. Die Menge σp (A) := {λ ∈ C (λI − A) ist nicht injektiv} ⊆ σ(A) (6.11) heisst Punktspektrum von A, λ ∈ σp (A) heisst Eigenwert von A und der Teilraum von D(A): ker(λI − A) = {x ∈ D(A) λx = Ax} (6.12) heisst Eigenraum von λ. 137 6 Spektraltheorie Beispiele 1. Sei X = Cn und A : Cn → Cn eine lineare Abbildung. Dann gilt λ ∈ σ(A) ⇔ ker(λI − A) 6= {0} ⇔ λI − A nicht surjektiv ⇔ det(λI − A) = 0. (6.13) Insbesondere ist das Spektrum gleich dem Punktspektrum, und besteht aus höchstens n Punkten; ρ(A) ist eine dichte offene Menge in C. 2. Betrachte das Beispiel 1 von Seite 134 (vgl. 6.5). Wegen 6.6 gilt σ(A) = K. Weiter ist λ0 ∈ K ein Eigenwert von A genau dann, wenn ∃f 6= 0 in X, so dass ∀s ∈ K: 0 = (λ0 I − A)f (s) = (λ0 − s)f (s); oder äquivalent dazu: ∃f 6= 0 in X, so dass {s ∈ K f (s) 6= 0} ⊆ {λ0 }; bzw. λ0 ist ein isolierter Punkt in K. Mit anderen Worten haben wir gezeigt, dass σp (A) = {λ ∈ K λ ist ein isolierter Punkt in K} . (6.14) Zum Beispiel falls K = {z ∈ C |z| ≤ 1} , ist σp (A) = ∅ ⊆ σ(A) = K, und falls K = {0} ∪ 1 n≥1 , n ist σp (A) = n1 n ≥ 1 und 0 ∈ σ(A) ist kein Eigenwert von A. Insbesondere sehen wir, dass σp (A) nicht immer abgeschlossen ist. 3. Betrachte das Beispiel 2) auf Seite 135 (vgl. 6.7). Im Fall von A1 sehen wir dass σ(A1 ) = σp (A1 ) = C. 138 6.1 Spektrum und Resolvente T HEOREM Sei (X, k · kX ) ein Banachraum und sei A : D(A) ⊆ X → X. Dann ist ρ(A) offen und σ(A) abgeschlossen, (6.15) und falls z0 ∈ ρ(A), gilt: o n D := z ∈ C |z − z0 | · (zo I − A)−1 L(X) < 1 ⊂ ρ(A). (6.16) Anm.: Die Menge D ist eine offene Kugel um den Punkt z0 . Da diese für jedes z0 ∈ ρ(A) vollständig in ρ(A) liegt, ist ρ(A) offen. Beweis 6.16: Betrachte Rz0 = (z0 I − A)−1 ∈ L(X), wobei z0 ∈ ρ(A). Für z ∈ C erhalten wir: zI − A = (z − z0 )I + (z0 I − A) = ((z − z0 )Rz0 + I) (z0 I − A). (6.17) Falls z ∈ D, ist (z − z0 )Rz0 + I metrisierbar (vgl. 2.39) und es gilt: X −1 (I + (z − z0 )Rz0 ) = (z0 − z)j Rzj 0 j≥0 (konvergiert in L(X)). Nach Inspektion von 6.17 sehen wir, dass (zI − A) : D(A) → X auch invertierbar ist mit (zI − A)−1 ∈ L(X). Das zeigt 6.17. 6.15: Wenn ρ(A) 6= ∅, ist ρ(A) offen wegen 6.16. Wenn ρ(A) = ∅, ist ρ(A) auch offen. Die Behauptung folgt. 2 Falls A ∈ L(X), hat man weitere Informationen über das Spektrum von A. 139 6 Spektraltheorie T HEOREM Sei (X, k · kX ) ein C-Banachraum und sei A ∈ L(X). Dann gilt: (6.18) (6.19) – – σ(A) ist eine nicht leere kompakte Teilmenge von C, {z |z| > rA } ⊆ ρ(A), wobei 1/n 1/n rA := lim kAn kL(X) = inf kAn kL(X) , n→∞ n≥1 den Spektralradius von A bezeichnet (vgl. 2.43) und tatsächlich rA = max {|z| z ∈ σ(A)} . (6.20) Beweis 6.19: Betrachte z in C mit |z| > rA , dann ist r z1 A < 1 und wegen 2.45 ist (I − z1 A) invertierbar mit (I − z1 A)−1 ∈ L(X). Dann ist auch zI − A invertierbar (mit (zI − A)−1 in L(X)) und die Behauptung 6.19 folgt. Dazu weiss man auch, dass Rz = (zI − A)−1 = (6.21) 1 z 1 I− A z −1 = X j≥0 1 Aj z j+1 (konvergiert in L(X)). |z| > rA . 6.18, 6.20: Wir wissen schon, dass σ(A) beschränkt und abgeschlossen, also kompakt ist. Dann setzen wir: (6.22) σ0 = max {|z| z ∈ σ(A)} falls σ(A) 6= ∅, 0 falls σ(A) = ∅. Wegen 6.19 wissen wir schon, dass rA ≥ σ0 . (6.23) 140 6.1 Spektrum und Resolvente Als nächsten Schritt zeigen wir, dass σ0 ≥ rA . (6.24) Betrachte r > rA , dann (siehe 6.21 oder unterhalb von 6.17) ist die Abbildung z ∈ ∂B(0, r) ⊆ C → z n (z − A)−1 ∈ L(X) stetig, n ≥ 1. Mit Hilfe der Aufgaben 4 aus den Serien 7 und 10 ist folgende Integral wohl definiert: 1 2πi R ∂C(0,r) 6.21 z n (z − A)−1 dz 1 j≥0 2πi = P = P j R ∂B(0,r) Z 1 j j≥0 2πi A z n−j−1 dz (6.25) ∂B(0,r) | = z n zA j+1 dz {z =2πiδn,j } An Insbesondere gilt für jedes ` ∈ X ∗ , x ∈ X, n ≥ 1: 1 `(A x) = 2πi n Z z n `(Rz x)dz, ∀r > rA (≥ σ0 ). (6.26) ∂B(0,r) Wegen 6.10II ist die Abbildung z ∈ ρ(A) → z n `(Rz x) ∈ C (6.27) holomorph, und nach Definition sehen wir, dass 6.26 auch für jedes r > σ0 gilt. (6.28) Folglich erhalten wir für n ≥ 1, r > σ0 : kAn kL(X) = 4.42 = 6.28 ≤ supkxkX ≤1 kAn xkX sup kxkX ≤1 |`(An x)| k`kX ∗ ≤1 n+1 r max kRz kL(X) |z| = r . (6.29) Daraus folgt, dass für jedes r > σ0 : 1/n 6.29 rA = lim kAn kL(X) ≤ r n→∞ und die Behauptung 6.24 folgt. Als letzten Schritt sehen wir, dass σ(A) 6= ∅, (6.30) 141 6 Spektraltheorie dann werden 6.18 und auch 6.20 (siehe 6.22, 6.23, 6.24) bewiesen. Wenn σ(A) = ∅, ist wegen 6.27 z ∈ C → `(Rz x) für jedes ` ∈ X ∗ , x ∈ X analytisch. Wegen 6.21 gilt auch lim |`(Rz x)| = 0. z→∞ Mit dem Satz von L IOUVILLE gilt `(Rz x) = 0, ∀z ∈ C, ` ∈ X ∗ , x ∈ X, und damit Rz = 0, ∀z ∈ C. Da (zI − A)Rz = I, ∀z ∈ ρ(A), haben wir einen Widerspruch. 142 2 6.2 Kompakte Operatoren: Riesz-Fredholm-Theorie 6.2 Kompakte Operatoren: Riesz-Fredholm-Theorie Jetzt werden wir die Spektraltheorie von kompaketen Abbildungen auf einem BanachRaum diskutieren. D EFINITION Sei (X, k · kX ) ein Banachraum. Eine lineare Abbildung A : X → X heisst kompakt, wenn A(BX (0, 1)) ⊂ X, (6.31) eine kompakte Teilmenge von X ist, wobei BX (0, 1) = {x ∈ X kxkX < 1} (natürlich gilt A ∈ L(X)). Bemerkung Allgemeiner kann man auch kompakte Abbildungen A von einem normiertem Raum X nach einem normierten Raum Y durch die Bedingung definieren, dass A(BX (0, 1)) eine kompakte Teilmenge von Y ist. Für unsere Zwecke wird die obige Definition 6.31 genügen. Beispiel Es sei X = C([0, 1], C) und k · kX die Supremumsnorm. Ferner sei K(·, ·) : [0, 1] × [0, 1] → C eine stetige Funktion. Definiere A : X → X durch Z 1 K(s, t)f (t)dt, Af (S) = für f ∈ X. (6.32) 0 Dann gilt: A ist eine kompakte Abbildung. (6.33) Denn wegen der gleichmässigen Stetigkeit von K(·, ·) auf [0, 1] × [0, 1] existiert für jedes ε > 0 ein δ > 0, so dass für jede s, s0 ∈ [0, 1] mit |s − s0 | < δ gilt: sup K(s, t) − K(s0 , t) < ε. t∈[0,1] Folglich gilt für jdes f ∈ X mit kf kX < 1: Z 1 Af (s) − Af (s0 ) ≤ K(s, t) − K(s0 , t) · |f (t)| dt ≤ ε, {z } | {z } 0 | ≤ε ≤1 143 6 Spektraltheorie falls |s − s0 | < δ, Z 1 |K(0, t)| · |f (t)|dt ≤ |Af (0)| ≤ 0 sup |K(·, ·)| < ∞. [0,1]×[0,1] Wegen des Satzes von A RZELÀ -A SCOLI ist A(BX (0, 1)) kompakt und 6.33 folgt. Anm.: Der Satz von A RZELÀ -A SCOLI besagt im wesentlichen folgendes: Sei X ein kompakter metrischer Raum und Y ein vollständiger normierter Raum. Wir betrachten nun eine Teilmenge der stetigen Funktionen F ⊆ C(X, Y ). Dann ist F genau dann kompakt, wenn F gleichgradig stetig ist und für alle x ∈ X die Menge {f (x) f ∈ F } kompakt ist. Die gleichgradige Stetigkeit ist im wesentlichen genau das, was wir oben im Beispiel bewiesen haben. Eine Menge stetiger Funktion F ⊂ C(X, Y ) heisst gleichgradig stetig in x ∈ X, wenn ∀ε > 0 : ∃δ > 0 : ∀f ∈ F : |x0 − x| ≤ δ ⇒ |f (x0 ) − f (x)| ≤ ε. Satz Sei (X, k · kX ) ein C-Banachraum und sei A : X → X eine kompakte lineare Abbildung. Dann gilt: (6.34) – ker(λI − A) ist endlich-dimensional für λ ∈ C \ {0}, (6.35) – Im(λI − A) ist abgeschlossen für λ ∈ C \ {0}. Dabei ist Im(λI − A) := (λI − A)(X) der Bildraum von λI − A. Beweis 6.34: Sei λ ∈ C \ {0} und N = ker(λI − A). Da λx = Ax für x ∈ N gilt (siehe unterhalb von 6.31 für die Notation): {x ∈ N kxk ≤ 1} = BN (0, 1) = 1 1 A(BN (0, 1)) = A(BX (0, 1) ∩ N ) λ λ ist kompakt. Wegen 2.17 und 2.16 folgt, dass dim N < ∞. 6.35: Sei λ ∈ C \ {0}. Wegen 6.34 gilt dim N < ∞, wobei N = ker(λI − A). Dann ist N komplementiert (siehe 3.25, 3.26 und Aufgabe 3 aus Serie 6): es existiert einen abgeschlossenen Unterraum M von X, so dass M ∩ N = {0} und N + M = X. 144 6.2 Kompakte Operatoren: Riesz-Fredholm-Theorie Definiere S : M → X durch Sx = λx − Ax, x ∈ M. (6.36) Dann ist S injektiv (ker S = {0}) und Im S = Im(λI − A). Wir werden zeigen, dass ρ > 0 existiert mit: kSxk ≥ ρkxk, ∀x ∈ M. (6.37) Dann folgt, dass Im(S) (= Im(λI − A)) abgeschlossen ist. Denn für jede konvergente Folge Sxn , n ≥ 1 mit xn ∈ M ist xn , n ≥ 1 wegen 6.37 auch Cauchy, und somit existiert x ∈ M , so dass für n → ∞ xn → x und Sxn → Sx. Folglich ist Im(S) abgeschlossen. Es bleibt 6.37 zu zeigen, um die Behauptung 6.35 zu beweisen. Wenn 6.37 für kein ρ > 0 gilt, existiert xn , n ≥ 1 in M mitkxn k = 1 und Sxn → 0 für n → ∞. (6.38) Da A kompakt ist, existiert eine Teilfolge (xnk )k≥1 , so dass Axnk → y ∈ X, k → ∞. Wegen 6.36, 6.38 gilt λxnk → y, k → ∞, (6.39) und folglich y ∈ M . Wir erhalten 6.38 Sy = lim λS(xnk ) = 0 ⇒ y = 0, k→∞ aber 6.39 6 0: |λ| · kyk = lim |λ| · kxnk k = |λk = k | {z } =1 ein Widerspruch. Somit ist 6.37 bewiesen und 6.35 folgt. 2 Bemerkung Falls ker(λI − A) = {0} und λ ∈ C \ {0}, zeigt das Argument unterhalb von 6.37, dass für jede abgeschlossene Teilmenge F von X (= M in der jetzigen Situation) (λI − A)(F ) eine abgeschlossene Teilmenge von X ist. Wegen des Satzes vom abgeschlossenen Graphen (vgl. 3.33) gilt: Wenn ker(λI − A) = {0} und λ ∈ C \ {0}, dann ist (6.40) λI − A : X → Im(λI − A) bijektiv mit stetiger Inverser. Später werden wir sehen, dass in dem obigen Fall Im(λI − A) gleich X ist. 145 6 Spektraltheorie T HEOREM Sei (X, k · kX ) ein C-Banach-Raum. Seien ferner A : X → X eine kompakte lineare Abbildung, und λ ∈ C \ {0}. Dann existieren eindeutige abgeschlossene Teilräume Nλ und Fλ von X, so dass I. (6.41) II . III . X = Nλ ⊕ Fλ (d. h. (vgl. 3.29), X = Nλ + Fλ und Nλ ∩ Fλ = {0}), dim Nλ < ∞, (λI − A)k (Nλ ) = {0}, (λI − A)(Fλ ) ⊆ Fλ und die Einschränkung von λI − A auf Fλ ist bijektiv mit stetiger Inverser. Beweis Existenz von Nλ und Fλ : Wir setzen U = I − λ−1 A und für k ≥ 1: Bk = I − U k (6.42) Dann gilt für k ≥ 1. Bk+1 = I − (I − Bk )(I − B − 1) = Bk + B1 − Bk B1 . | {z } | {z } Uk (6.43) U Durch Induktion folgt, dass für jedes k ≥ 1,Bk : X → X eine kompakte lineare Abbildung ist. Wir definieren jetzt für k ≥ 1: Nλk = U k −1 ({0}), Fλk = U k (X) – insbesondere gilt {0} ⊂ Nλ1 = U −1 ({0}) ⊂ Nλ2 = U −1 (Nλ1 ) ⊂ Nλ3 = U −1 (Nλ2 ) ⊂ . . . und X ⊃ Fλ1 = U (X) ⊃ Fλ2 = U (Fλ1 ) ⊃ Fλ3 = U (Fλ2 ) ⊃ . . . Wegen 6.34 und 6.35 (mit λ = 1 und Bk in der Rolle von A) erhalten wir: (6.44) dim Nλk < ∞,für jedes k ≥ 1 und Nλk ist eine aufsteigende Folge. Fλk ist abgeschlossen für jedes k ≥ 1 und Fλk ist eine abnehmende Folge. Wir zeigen jetzt: k ≥ 1 Nλk+1 = Nλk 6= ∅. (6.45) und bezeichnen mit m das kleinste Element dieser Menge. 146 6.2 Kompakte Operatoren: Riesz-Fredholm-Theorie Denn nehmen wir an, dass Nλk+1 ) Nλk für jedes k ≥ 1. Wegen des Lemmas von F. R IESZ (vgl. 2.18, 2.19) existiert eine Folge xk , k ≥ 1 mit xk ∈ Nλk , kxk kX = 1 und kxk+1 − zkX ≥ 1 , 2 falls z ∈ Nλk . Dann gilt auch für k > j ≥ 1 (da U Nλl+1 ⊆ Nλl für ≥ 1): kB1 xk − B1 xj kX = kxk − U xk − (xj − U xj )kX = kxk − (U xk + xj − U xj )kX {z } | ≥ (6.46) ∈Nλk−1 1 2. Folglich hat (B1 , xk )k≥1 keine konvergente Teilfolge, obwohl kxk k = 1, ∀k ≥ 1 und B1 ein kompakter Operator ist: ein Widerspruch. Die Behauptung 6.45 folgt. Als nächsten Schritt zeigen wir: k ≥ 1 Fλk+1 = Fλk 6= ∅. (6.47) Sonst könnten wir eine Folge yk , k ≥ 1 in Fλk konstruieren mit kyk kX = 1, kyk − zkX ≥ 21 , falls z ∈ Fλk+1 . Dann würde auch gelten (da U Fλl ⊂ Fλl+1 für l ≥ 1) für 1 ≤ k < j: 1 kB1 yk − B1 yj kX = kyk − (U yk + yj − U yj )kX ≥ . 2 | {z } ∈Fλk+1 Ein Widersruch zur Kompaktheit der Abbildung B1 . Somit sehen wir, dass für grosses k die Teilräume Nλk und Fλk konstant bleiben. Mit der Notation unterhalb von 6.45 sehen wir jetzt, dass Nλm ∩ Fλm = {0}. (6.48) Denn für y ∈ Nλm ∩ Fλm exisiert x ∈ X, so dass y = U m (x). Dazu gilt auch U m (y) = 0 ⇒ U 2m (x) =⇒ x ∈ Nλ2m = Nλm ⇒ y = U m (x) = 0. Dann zeigen wir, dass für k ≥ 0: Fλm+k = Fλm . (6.49) Sonst existiert ein n > m, so dass Fλn+1 = U (Fλn ) = Fλn ( Fλn−1 ⊆ Fλm . 147 6 Spektraltheorie Sei z ∈ Fλn−1 \ Fλn , da U (z) ∈ Fλn = Fλn+1 = U (Fλn ), eixtiert y ∈ Fλn , so dass U (z) = U (y) ⇒ z − y ∈ Nλ1 ⊆ Nλm . Da z − y ∈ Fλm , gilt wegen 6.48 z = y ⇒ z ∈ Fλn , ein Widerspruch. Das zeigt 6.49. Für x ∈ X gilt U m (x) ∈ Fλm und 6.49 U m (Fλm ) = Fλm . Folglich existiert y ∈ Fλm , so dass U m (x) = U m (y) ⇒ z := x − y ∈ Nλm , und somit gilt x = y + z, wobei y ∈ Fλm + Nλm . Mit anderen Worten gilt: X = Fλm + Nλm . (6.50) Wir definieren Nλ := Nλm und Fλ := Fλm . Wegen 6.48 und 6.50 gilt X = Nλ ⊕ Fλ . Dazu gilt dim Nλ < ∞ und (λI − A)m (Nλ ) = U m (Nλ ) = {0}. Weiter ist die Einschränkung von λI − A auf Fλ surjektiv (da (λI − A)(Fλ ) = U (Fλ ) = U (Fλm ) = Fλm = Fλ ), mit Kern gleich 6.48 Fλ ∩ Nλ1 = Fλm ∩ Nλ1 ⊆ Fλm ∩ Nλm = {0}. Folglich ist diese Einschränkung bijektiv stetig mit stetiger Inverser (vgl. 3.17). Mit anderen Worten haben wir gezeigt, dass Nλ , Fλ 6.41I , II , III erfüllen. Eindeutigkeit: Nehmen wir an, dass Ñλ , F̃λ ähnliche Eigenschaften wie Nλ , Fλ in 6.41 erfüllen. Dann gilt für grosses k: (λI − A)k (Ñλ ) = {0} und Fλ = (λI − A)k (x) = F̃λ . Weiter sei ñ ∈ Ñλ , dann eistieren n ∈ Nλ , f ∈ Fλ , so dass ñ = n + f . Für grosses k gilt (λI − A)k n2 = 0 = (λI − A)k n + (λI − A)k f = (λI − A)k f, also f = 0. Folglich gilt Ñλ ⊆ Nλ . Analog zeigt man Nλ ⊆ Ñλ . Das zeigt die Eindeutigkeit. 148 2 6.2 Kompakte Operatoren: Riesz-Fredholm-Theorie Jetzt werden wir die sogenannte »Alternative von F REDHOLM« diskutieren. Zuerst brauchen wir die folgende D EFINITION : ADJUNGIERTE A BBILDUNG Seien (X, k · kX ) ein normierter Raum und T ∈ L(X). Die zu T adjungierte Abbildung T 0 : X∗ → X∗ wird definiert über: T 0 (`) = ` ◦ T (6.51) für jedes ` ∈ X ∗ . Aus 6.51 folgt kT 0 (`)kX ∗ ≤ k`kX ∗ kT kL(X) , und somit gilt T 0 ∈ L(X ∗ ) (die Abbildung T ∈ L(X) → T 0 ∈ L(X ∗ ) ist sogar isometrisch (vgl. Serie 11, Aufgabe 1)). Als Folgerung des Theorems p. 146 erhalten wir das: Korollar: Alternative von Fredholm Seien (X, k · kX ) ein C-Banach-Raum, A : X → X eine kompakte lineare Abbildung und λ ∈ C \ {0}. Dann gilt: dim(ker(λI − A)) < ∞, Im(λI − A) ist abgeschlossen und dim(ker(λI − A)) = dim(X/ Im(λI − A)), (6.52) ⊥∗ Im(λI − A) = ker(λI − A0 ) , (6.53) wobei für V ⊆ X ∗ : V ⊥∗ := {x ∈ X ∀v ∈ V : v(x) = 0} . Bemerkung Die Alternative von F REDHOLM betrifft die Auflösung der Gleichung λu − Au = f (mit λ ∈ C \ {0}). Die besagt, dass – entweder diese Gleichung für jedes f eine eindeutige Lösung besitzt, 149 6 Spektraltheorie – oder die homogene Gleichung λu − Au = 0 einen nicht trivialen endlich-dimensionalen Raum von Lösungen besitzt, und die nicht homogene Gleichung λu − Au = f genau dann, wenn f die Orthogonalitätsbedingungen f ∈ [ker(λI − A∗ )]⊥∗ erfüllt, lösbar ist. Beweis 6.52: Wegen 6.34 und 6.36 gilt schon die erste Zeile von 6.52. Betrachte dann Nλ und Fλ wie in 6.41. Sei M ⊆ Nλ ein Teilraum, so dass Nλ = (λI − A)(Nλ ) ⊕ M (6.54) (alle diese Räume sind endlich-dimensional). Wegen 6.41 gilt: I (6.55) II Im(λI − A) = Fλ ⊕ [(λI − A)(Nλ )] , und ker(λI − A) = ker ((λI − A)|Nλ ) . Wegen der Rangformel (auf Nλ ) gilt: dim ker(λI − A) = dim (ker(λI − A)|Nλ ) = dim M. Dazu ist auch die Einschränkung π : X → X/ Im(λI − A) bijektiv auf M und folglich gilt: dim M = dim X/ Im(λI − A), und 6.52 folgt. 6.53: Diese Gleichung gilt aus ganz allgemeinen Gründen (vgl. B REZIS: Theorem II.18 »Operatoren mit abgeschlossenem Bildraum«). In der jetztigen Situation können wir auch direkt argumentieren. Betrachte 4.50 Fλ0 := {ϕ ∈ X ∗ ϕ(n) = 0, ∀n ∈ Nλ } = Nλ⊥ 4.50 Nλ0 := {ν ∈ X ∗ ν(f ) = 0, ∀f ∈ Fλ } = Fλ⊥ . Wegen 6.41I gilt: X ∗ = Nλ0 + Fλ0 (6.56) 150 6.2 Kompakte Operatoren: Riesz-Fredholm-Theorie (denn die Abbildung X 3 x = n + f → (n, f ) ∈ (Nλ , Fλ ), wobei n ∈ Nλ , f ∈ Fλ , ist bijektiv und stetig (vgl. 3.26), und somit ist für jedes ` ∈ X ∗ ν : X 3 x → `(n), wobei x = n + f , in Nλ0 und ϕ : X 3 x → `(f ) in Fλ0 und ` = ϕ + ν. Dazu hat man auch Nλ⊥ ∩ Fλ⊥ = {0} und 6.56 folgt). Wir können ker(λI − A0 ) wie folgt ausdrücken: ⊥ ker(λI − A0 ) = Nλ0 ∩ [(λI − A)(Nλ )] (6.57) ⊇: Sei ν ∈ Nλ0 ∩ [(λI − A)(Nλ )], ν ◦ (λI − A)|Fλ = 0 und ν ◦ (λI − A)|Nλ = 0 ⇒ (λI − A0 )(ν) = 0. ⊆: Sei ` = ν + ϕ ∈ ker(λI − A0 ), dann gilt 6.41 0 = ` ◦ (λI − A)|Fλ = ϕ ◦ (λI − A)|Fλ ⇒ ϕ|Fλ = 0. Folglich gilt ϕ = 0. Analog finden wir ν ◦ (λI − A)|Nλ = 0 und »⊆« folgt. Wir zeigen jetzt 6.53. »⊆« ist einfach, denn für x = (λI − A)(y) in Im(λI − A) und ` ∈ ⊥∗ [ker(λI − A0 )] gilt 6.51 `(x) = ` ◦ (λI − A)(y) = (λI − A0 )(`)(y) = 0, und somit ⊥∗ Im(λI − A) ⊆ [ker(λI − A0 )] . »⊇«: Die Abbildung p : x ∈ X → m ∈ M , wobei x = f + r + m, mit f ∈ Fλ , r ∈ (λI − A)(Nλ ), m ∈ M (vgl. 6.54, 6.41I) ist stetig (vgl. 3.26). ⊥∗ Sei x ∈ [ker(λI − A0 )] , wir zeigen p(x) = 0, dann folgt x ∈ Im(λI − A) wegen 6.55I. Nehmen wir an, dass p(x) = m 6= 0. Dann existiert eine lineare Form g : M → C, mit g(m) 6= 0 und ` = g ◦ p ∈ X ∗ liegt in ⊥ 6.57 Fλ⊥ ∩ [(λI − A)(Nλ )] = ker(λI − A0 ), und folglich `(x) = 0 = g(m) 6= 0: ein Widerspruch. Somit folgt ⊥∗ [ker(λI − A0 )] Die Behauptung 6.53 ist bewiesen. ⊆ Im(λI − A) 2 151 6 Spektraltheorie Bemerkung 1. Die Formel dim ker T = dim(X/ Im T ) (vgl. 6.52), auch wenn dim ker T < ∞ und Im T ⊆ X abgeschlossen ist, gilt nicht allgemein für T ∈ L(X)! Betrachte zum Beispiel den Shift auf `2 (vgl. 2.41): a = (a0 , a1 , . . .) ∈ `2 → U a = (a1 , a2 , . . .). Dann gilt Im U = X, ker(U ) = a ∈ `2 ai = 0, i ≥ 1 , und somit dim ker U = 1 und dim X/ Im(U ) = 0. 2. Falls A ∈ L(X), gilt: A kompakt ⇔ A0 kompakt, (6.58) (vgl. Serie 12, Aufgabe 1). Falls A kompakt ist, dannn gilt die folgende Amplifikation1 von 6.52 für λ ∈ C \ {0}: dim ker(λI − A) = dim X/ Im(λI − A) = dim ker(λI − A0 ) = dim X ∗ / Im(λI − A0 ), (6.59) siehe R UDIN: »Functional Analysis«, p. 103. Der obige Beweis von 6.53 zeigt, dass dim(ker(λI − A0 )) = dim M = dim ker(λI − A). Als Folgerung können wir die Struktur des Spektrums einer kompakten linearen Abbildung beschreiben. 1 Amplifikation = Erweiterung 152 6.2 Kompakte Operatoren: Riesz-Fredholm-Theorie T HEOREM Sei (X, k · kX ) ein C-Banachraum und sei A eine kompakte lineare Abbildung. Dann gilt: – σp (A) \ {0} = σ(A) \ {0}, (6.60) und für λ ∈ σ(A) \ {0} gilt 6.52. – Für jedes r > 0 ist σ(A) \ B(0, r) endlich. (6.61) (insbesondere wenn die kompakte Menge σ(A) unendlich ist, ist 0 der einzige Häufungspunkt von σ(A)). – Falls dim X = ∞ ist 0 ∈ σ(A). Beweis (6.62) 6.60: folgt aus 6.52 und 6.4. 6.61: durch Widerspruch. Seien r > 0 und λn , n ≥ 1 in σp (A) mit λi 6= λj für i 6= j, und |λn | ≥ r, ∀n ≥ 1. Wähle en ∈ ker(λn I − A) \ {0} für jedes n ≥ 1 und setze Mn = Span(e1 , en , . . . , en ). Dann gilt für jedes n ≥ 1: (6.63) dim Mn = n (und folglich Mn+1 ) Mn ). (Durch Induktion: falls dim Mn = n, nehme an, dass en+1 = n X αi ei 1 ⇒ λn+1 en+1 = X αi λn+1 ei 1 = = Aen+1 n X αi λi ei 1 ⇒ n X (λn+1 − λi )αi ei = 0, 1 also ist für 1 ≤ i ≤ n: αi = 0: ein Widerspruch, und folglich dim Mn+1 = n + 1). Dazu gilt: 153 6 Spektraltheorie (λn I − a)Mn ⊆ Mn−1 , (6.64) n ≥ 1, (mit M0 := {0}). Mit dem Lemma von F. R IESZ (vgl. 2.18, 2.19) konstruieren wir eine Folge un in Mn , n ≥ 1 mit kun kX = 1 und kun − zkX ≥ 21 für z ∈ Mn−1 , n ≥ 1. Für n > m ≥ 1 gilt: kAun − Aum kX = λn un − [(λn I − A)un + Aum ] ≥ |λn |d(un , Mn−1 ), | {z } | {z } ∈Mm ∈Mn−1 X und folglich hat (Aun )n≥1 keine konvergente Teilfolge: ein Widerspruch zur Kompaktheit von A. 6.62: Falls 0 6∈ σ(A) ist A bijektiv und I = A ◦ A−1 ist eine kompakte lineare Abbildung, also ist {x ∈ X kxkX ≤ 1} kompakt und damit wegen 2.17 dim X < ∞. 2 Beispiel X = `2C , (cn )n≥1 eine Folge in C \ {0} mit lim→∞ cn = 0. A(x) = (0, c2 x1 , c3 x2 , . . . , cn+1 xn , . . .), für x = (x1 , x2 , . . .) ∈ X. Dann (vgl. Serie 4, Aufgabe 4) ist A eine kompakte lineare Abbildung und σ(A) = {0}, (6.65) σp (A) = ∅. Bemerkung Eine Motivation für die Entwicklung der Theorie der kompakten Operatoren war die Untersuchung von Randproblemen mit Hilfe von integralen Gleichungen, z. B. das D IRICHLET-Problem in ein einem beschränkten glatten Gebiet U ⊆ R3 : ∆v = 0 in U v|∂U = f. Man versucht, v als doppelschichtiges Potential zu finden: Z v(x) = K(x, y)ϕ(y)dS(y), ∂U 154 6.2 Kompakte Operatoren: Riesz-Fredholm-Theorie mit K(x, y) = (x − y, ny ) , 2π|x − y|3 x ∈ U, y ∈ ∂U . Falls x in U gegen x0 ∈ ∂U konvergiert, findet man, dass Z lim v(x) = −ϕ(x0 ) + K(x0 , y)ϕ(y)dS(y). x∈U x→x0 ∂U Somit sucht man ϕ auf ∂U , so dass Z f (x) = −ϕ(x) + K(x, y)ϕ(y)dS(y), ∀x ∈ ∂U. ∂U Man kann zeigen, dass der Operator Z ϕ→ K(x, y)ϕ(y)dS(y) ∂U kompakt auf C(∂U ) ist und die Alternative von F REDHOLM anwenden (siehe R EED S IMON: vol. I, p. 204 und S TAKGOLD: »Boundary Value Problems of Mathematical Physics«, vol. II, p. 122). 155 6 Spektraltheorie 6.3 Spektraltheorie im Hilbertraum Sei (H, (·, ·)H ) ein Hilbertraum über C (das Skalarprodukt ist antilinear in der zweiten Variable). D EFINITION Sei A : D(A) ⊂ H → H eine dicht definierte lineare Abbildung (d. h. D(A) = H). Der zu A Hilbertadjungierte Operator A∗ hat den Definitionsbereich D(A∗ ) = (6.66) `y y ∈ H x ∈ D(A) 7→ (Ax, y) ist stetig , und A∗ y = z, (6.67) wobei z das eindeutige Element in H ist, so dass `y (x) = (x, z) ∀x ∈ D(A) (die komplexe Version des Rieszschen Darstellungssatzes (vgl. 4.54) garantiert die Existenz von z, da `y eine eindeutige stetige Erweiterung auf H = D(A) besitzt). Bemerkung 1. Falls J : H → H ∗ die kanonische antilineare Isometrie H 3 y → J(y) ∈ H ∗ mit J(y)(x) = (x, y)H (6.68) bezeichnet, und A ∈ L(H), dann ist A∗ mit dem Banachadjungierten Operator A0 (vgl. 6.51) wie folgt verknüpft: A∗ = J −1 ◦ A0 ◦ J, (6.69) denn für x, y ∈ H gilt 6.68 6.51 (Ax, y)H = J(y)(Ax) = 6.68 A0 ◦ J(y) (x) = (x, J −1 ◦ A0 ◦ J(y))H . Insbesondere gilt A∗ ∈ L(H) in diesem Fall und 156 6.3 Spektraltheorie im Hilbertraum (Ax, y)H = (x, A∗ y)H , ∀x, y ∈ H. (6.70) Beachte, dass A ∈ L(H) → A0 ∈ L(H ∗ ) linear ist, aber (vgl. 6.69) A ∈ L(H) → A∗ ∈ L(H) antilinear ist! 2. Mit der obigen Definition ist A∗ ein abgeschlossener Operator. (6.71) Denn falls (yn , A∗ yn ) ∈ ΓA∗ → (y, z) ∈ H × H konvergiert, gilt für jedes x ∈ D(A): (x, z)H = lim(x, A∗ yn )H = lim(ax, yn )H = (Ax, y)H . n n Somit ist x ∈ D(A) → (Ax, y)H stetig, und y ∈ D(A∗ ) mit z = A∗ y. D EFINITION Sei (H, (·, ·)H ) ein Hilbertraum über C. Eine dicht definierte lineare Abbildung A : D(A) ⊆ H → H heisst symmetrisch, falls A ⊆ A∗ , (6.72) d. h. A∗ ist eine Erweiterung von A, oder ∀x, y ∈ D(A) : (Ax, y)H = (x, Ay)H . Die Abbildung heisst selbstadjungiert, falls A = A∗ . (6.73) 157 6 Spektraltheorie Beispiele 1. Falls A ∈ L(H) symmetrisch ist, gilt D(A) = HD(A∗ ), und somit ist A = A∗ . Mit anderen Worten gilt: Ein A ∈ L(H) ist genau dann symmetrisch, wenn A selbstadjungiert ist. (6.74) 2. Betrachte H = L2C ([0, 1], dt) mit 1 Z (f, g)H = f (t)g(t)dt, f, g ∈ H. 0 Dann ist D(A1 ) ⊃ D(A2 ) ⊃ D(A3 ) mit D(A1 ) = Z f ∈ H ∃u ∈ C und g ∈ H, mit f (t) = u + t g(s)ds , 0 D(A2 ) = D(A1 ) ∩ {f (0) = f (1)} , D(A3 ) = D(A1 ) ∩ {f (0) = f (1) = 0} , (D(A2 ) erfüllt die »periodische Randbedingung«, D(A3 ) die »Dirichlet Randbedingung«.) und für j = 1, 2, 3: Aj f := i (6.75) df , dt für f ∈ D(Aj ), (wie p. 135, f ∈ D(A1 ) ⊃ D(A2 ) ⊃ D(A3 ) ⇒f absolut stetig und gilt A1 ⊃ A2 ⊃ A3 . df dt ∈ H). Dann Für f ∈ D(A1 ), g ∈ D(A1 ) gilt Z (A1 f, g)H − (f, A1 g)H = i (6.76) 0 1 f 0 g + f g 0 dt = i [f g]10 . Insbesondere für f ∈ D(A3 ), g ∈ D(A1 ) erhalten wir 6.76 (A3 f, g)H = (A1 f, g)H = (f, A1 g)H , und somit A∗3 ⊃ A1 ) A3 , A3 ist symmetrisch, aber nicht selbstadjungiert. (6.77) Analog mit f, g ∈ D(A2 ) in 6.76 sehen wir, dass A∗2 ⊃ A2 : A2 ist symmetrisch. Tatsächlich gilt: A2 ist selstadjungiert. (6.78) 158 6.3 Spektraltheorie im Hilbertraum Denn sei g ∈ D(A∗2 ), setze Z t Φ(t) = (A∗2 g)(s)ds, 0 ≤ t ≤ 1. 0 Dann gilt für f ∈ D(A2 ): 1 Z i f 0 gdt = (A2 f, g)H 0 = (f, A∗2 g)H Z 1 f A∗2 gdt = (6.79) 0 Z = f (1)Φ(1) − 1 f 0 Φdt. 0 Mit der Wahl f = 1 (∈ D(A2 )) in 6.79 erhalten wir Φ(1) = 0 und folglich Z 1 f 0 Φ − igdt = 0, ∀f ∈ D(A2 ). 0 Beachte, dass 0 f f ∈ D(A2 ) = Z 1 h∈H h(t)dt = 0 , 0 und wegen der obigen Gleichung erhalten wir: falls Φ − ig konstant ist, ist g ∈ D(A2 ) (da Φ ∈ D(A2 )). Folglich gilt D(A∗2 ) ⊆ D(A2 ) und da A∗2 ⊃ A2 erhalten wir 6.78. Tatsächlich (vgl. R UDIN, p. 331) gilt auch A∗3 = A1 , A∗1 = A3 . Wir setzen unsere Diskussion der Spektraltheorie in Hilbert-Räumen fort. Insbesondere wollen wir uns mit dem Fall von kompakten selbstadjungierten Operatoren befassen. Satz Sei (H, (·, ·)H ) ein Hilbertraum über C, sei A ∈ L(H) ein selbstadjungierter Operator und setze m = inf (Au, u)H , M = sup (u, Au)H . u∈H | {z } {z } u∈H | kuk=1 ∈R kuk=1 ∈R Dann gilt: – σ(A) ⊂ [m, M ], m, M ∈ σ(A). (6.80) – Falls σ(A) = {0}, dann gilt A = 0. (6.81) 159 6 Spektraltheorie Beweis 6.80: Zuerst zeigen wir σ(A) ⊆ R. (6.82) Nehmen wir an, dass 6 ∅. σ(A) ∩ {z ∈ C Im z > 0} = Da σ(A) eine kompakte Menge von C ist (vgl. 6.18), betrachte λ0 ∈ ∂σ(A) ∩ {z Im z > 0} , (z. B. λ0 in σ(A) ∩ {z Im z ≥ a0 }, wobei a0 = max {a > 0 σ(A) ∩ {z Im z > 0} = 6 ∅} ). Dann ist λ0 ein asymptotisches Element von A (vgl. Serie 11, Aufgabe 3): es existiert un , n ≥ 1 in H mit kun k = 1 und λ0 un − Aun → 0. Dann gilt auch (Aun , un )H ∈ R und 0 < | Im λ0 | = | Im λ0 | · ku2k = |Im{(un , (λ0 − A)un )H }| ≤ |(un , (λ0 − A)un )H | → 0, also ein Widerspruch. Somit gilt σ(A) ⊆ {z Im z ≤ 0}. Analog zeigt man σ(A) ⊆ {z Im z ≥ 0} und 6.82 folgt. Setze µ = sup σ(A), wir zeigen jetzt (6.83) µ = M. Da µ ∈ ∂σ(A), ist µ ein asymptotischer Eigenwert und wir finden un , n ≥ 1 in H mit kun kH = 1 und µun − Aun → 0, n → ∞. Folglich gilt µ = lim µkun k2 = lim(Aun , un )H ≤ M, n n wegen der Definition von M . Dazu gilt auch M = lim(Avn , vn ), mit kvn k = 1, (6.84) n und da a(u, v) = (M u − Au, v)H eine sesquilineare nicht negative Form ist, gilt für u, v ∈ H: 1/2 1/2 |(M u − Au, v)H | ≤ (M u − Au, u)H · (M v − Av, v)H 160 6.3 Spektraltheorie im Hilbertraum (Cauchy-Schwarzsche Ungleichung), und wenn wir das Supremum über v mit kvk ≤ 1 nehmen, erhalten wir 1/2 kM u − Auk ≤ C(M u − Au, u)H , ∀u ∈ H. (6.85) Folglich gilt 1/2 6.84 kM vn − Avn k ≤ C(M vn − Avn , vn )H → 0, und somit ist M ein asymptotischer Eigenwert von A, also M ∈ σ(A) (vgl. Serie 11, Aufgabe 3). Folglich gilt M ≤ µ, und da µ ≤ M (siehe oberhalb von 6.84), gilt 6.83. Die Behauptung inf σ(A) = m zeigt man analog und somit erhalten wir 6.80. 6.81: Falls σ(A) = {0}, wissen wir wegen 6.80, dass m = M = 0, und (Au, u) = 0, ∀u ∈ H. Folglich gilt für u, v ∈ H: 0 = (A(u + v), u + v) = (Au, u) + (Av, v) + (Au, v)H + (Av, u)H = (Au, v)H + (Au, v)H = 2<(Au, v)H . Analog gilt 0 = <(Au, iv)H = <{−i(Au, v)H } = Im(Au, v)H , und somit erhalten wir (Au, v)H = 0, ∀u, v ∈ H ⇒ A = 0. Die Behauptung 6.81 ist bewiesen. 2 Jetzt werden wir, wie früher angekündigt, den Spezialfall von kompakten selbstadjungierten Operatoren diskutieren. 161 6 Spektraltheorie T HEOREM Sei (H, (·, ·)H ) ein Hilbertraum über C, sei A : H → H eine kompakte selbstadjungierte Abbildung, und setze für λ ∈ σ(A) ⊆ R: Eλ = ker(λI − A). Dann sind die Eλ , λ ∈ σ(A) abgeschlossen, mit 0 < dim Eλ < ∞, falls λ ∈ σ(A)\{0}, 0 ≤ dim E0 ≤ ∞, falls 0 ∈ σ(A), und (6.86) H ist die Hilbert-direkte Summe der Eλ , λ ∈ σ(A). (d. h. Eλ ⊥Eλ0 für λ 6= λ0 in σ(A) und der Raum von endlichen Summen eλ1 + · · · + eλn , wobei λi ∈ σ(A), eλi ∈ Eλi für 1 ≤ i ≤ n ist dicht in H). Insbesondere gilt: (6.87) Falls H separabel ist, existiert eine Hilbert-Basis von Eigenvektoren von A in H. (d. h. (en )n∈I mit I ⊆ N ist eine Familie in H mit (ei , ej )H = δi,j , Span(en , n ∈ I) = H, Aei = λi ei für i, j ∈ I). Bemerkung Wir wissen schon, dass σ(A) ⊆ R höchstens abzählbar ist, und 0 der einzige mögliche Häufungspunkt von σ(A) ist, mit 0 ∈ σ(A), falls dim H = ∞ (vgl. 6.61, 6.62). Dazu gilt auch σ(A) \ {0} = σp (A) \ {0} (vgl. 6.60), aber 0, auch in der obigen Situation, liegt möglicherweise in σ(A) \ σp (A). Zum Beispiel betrachte H = `2C und a2 a3 an Aa := (a1 , , , . . . , , . . .), für a = (a1 , a2 , . . .) ∈ H. 2 3 n Dann ist A kompakt selbstadjungiert auf H, 1 ,n ≥ 1 , σ(A) = {0} ∪ n σp (A) = 1 ,n ≥ 1 , n und 0 ∈ σ(A) \ σp (A). Beweis 6.86: 6.80 Falls λ 6= λ0 in σ(A) ⊆ R, u ∈ Eλ , v ∈ Eλ0 , gilt (Au, v)H = λ(u, v)H = (u, Av)H = λ0 (u, v)H ⇒ (u, v)H = 0. Sei F = Span(Eλ , λ ∈ σ(A)). Es bleibt zu zeigen, dass (6.88) F = H. 162 6.3 Spektraltheorie im Hilbertraum Natürlich gilt A(F ) ⊆ F . Folglich für u ∈ F ⊥ = {x ∈ H (x, f )H = 0, ∀f ∈ F } , f ∈ F , gilt (Au, f )H = (u, Af )H = 0 und somit gilt A(F ⊥ ) ⊆ F ⊥ . Die Einschränkung A0 : F ⊥ 3 v → Av ∈ F ⊥ von A ist ein kompakter selbstadjungierter Operator auf F ⊥ . Denn gilt σ(A0 ) = {0}, (6.89) denn für λ ∈ σ(A0 ) \ {0} existiert u 6= 0 in F ⊥ mit A0 u = Au = λu ⇒λ ∈ σp (A) \ {0} und u ∈ Eλ ∩ F ⊥ ⇒u = 0: ein Widerspruch. Wegen 6.81 gilt A0 = 0 ⇒F ⊥ ⊂ ker(A) ⊆ F ⇒F ⊥ = {0}. Somit folgt 6.88 (vgl. 4.73) und auch unsere Behauptung 6.86. 6.87: Falls H separabel ist, wählen wir einfach in jedem Eλ , λ ∈ σ(A) eine Hilbertbasis, und somit erhalten wir eine höchstens abzählbare Familie (en )n∈I von Eigenvektoren von A, die eine Hilbertbasis von H ist. 2 Beispiel H = L2C ([0, 1], dt), K(s, t) = K(t, s) in L2C ([0, 1] × [0, 1], dsdt), Z Af (s) = 1 K(s, t)f (t)dt, f ∈ H. (6.90) 0 Dann gilt Z 1 Z 1Z 1 |Af (s)|ds ≤ 0 0 0 |K(s, t)| | {z } |f (t)| dsdt < ∞, | {z } ∈L2 ([0,1]2 ) ∈L2 ([0,1]2 ) aber auch für g ∈ H: Z 1 Z |g(s)Af (s)|ds ≤ 0 0 1Z 1 0 |K(s, t)| |f (t)| · |g(s)| dsdt ≤ kKkL2 ([0,1]2 ) kf kH kgkH . {z } | {z } | ∈L2 ([0,1]2 ) ∈L2 ([0,1]2 ) Somit folgt, dass Af nicht nur in L1 ([0, 1]), sondern auch in H liegt und A : H → H erfüllt 163 6 Spektraltheorie kAf kH ≤ kKkL2 ([0,1]2 ) kf kH , (6.91) ∀f ∈ H. Setze dann für k = (k1 , k2 ) ∈ Z2 : s, t ∈ [0, 1]. ek (s, t) = exp (2πi(k1 s + k2 t)) , (ek )k∈Z2 ist eine Hilbert-Basis von L2C ([0, 1] × [0, 1], dsdt) (vgl. Serie 9, Aufgabe 4), und wir können K in dieser Basis entwickeln: K= (6.92) X ck ek , mit ck ∈ C und kKk2L2 ([0,1]2 ) = |ck |2 < ∞. k∈Z2 k∈Z2 (6.93) X Jetzt sehen wir, dass A : H → H eine kompakte selbstadjungierte Abbildung ist. Denn A ist selbstadjungiert: für f, g ∈ H: Z 1Z 1 K(s, t)f (t)g(s)dsdt (Af, g)H = 0 0 Z 1Z 1 = f (t)K(t, s)g(s)dsdt 0 0 = (f, Ag)H . Dazu ist auch A kompakt: setze für n ≥ 1 Kn := X Z ck ek , und An f (s) = 1 Kn (s, t)f (t)dt. 0 |k|≤n Dann ist der Bildraum von An endlich-dimensional in H für jedes n ⇒An ist kompakt für n ≥ 1. Dazu gilt 6.91 kA − An kL(H) ≤ kK − Kn kL2 ([0,1]2 ) → 0, n → ∞. (6.94) Folglich ist auch A kompakt (denn A(BH (0, 1)) ist wegen 6.95 totalbeschränkt (vgl 0.40, 0.41, 0.42)). Jetzt können wir 6.87 anwenden, und eine Folge (ϕn )n≥1 in H finden mit (ϕn , ϕm )H = δn,m , n, m ≥ 1, (6.95) H = Span(ϕ, n ≥ 1) (d. h. (ϕn )n≥1 ist eine Hilbert-Basis von H) und Aϕn = λn ϕn , (6.96) 164 6.3 Spektraltheorie im Hilbertraum für n ≥ 1, mit λn ∈ R und λn → 0, n → ∞. Somit gilt für jedes f ∈ H: f= X (f, ϕn )H ϕn und Af = n≥1 X λn (f, ϕn )H ϕn . (6.97) n≥1 165 6 Spektraltheorie 166 Index ⊂⊂, 5 A⊥ , 91 BX ∗ , 124 B, 9 BX (0, 1), 143 BX , 126 Cb (U ), 114 D, 29 F, 35 ΓA , 61 Im, 79 L, 44 Rλ , 133 <, 79 Tw , 118 X 3∗ , 106 card, 21 δx (f ), 114 dist, 90 ess sup, 64 `2 , 11 `p , 113 osc, 26 P, 10 π, 50 ρ(A), 133 Im, 144 σ(A), 133 σ(X, X ∗ ), 123 σ(X ∗ , X), 123 σ(X ∗ , X ∗∗ ), 123 Abbildung adjungierte, 149 kompakte, 143 lineare, 75 offene, 56 stetig lineare, 42 abgeschlossen, 9, 61, 119 schwach, 119 abschliessbar, 68, 70 Abschluss, 68 abzählbar, 18, 20 Abzählbarkeitsaxiom, 18 Alaoglu, 124 Alternative v. Fredholm, 149 Annihilator, 87 Approximationssatz, 115 Arzelà-Ascoli, 144 Auswahlaxiom, 77 Baire, 23, 25 Baire-Kategorie, 27 Banach, 28 Banach-Alaoglu, 124 Banachraum, 35, 44, 105 Basis, 18, 38 Beschränktheit gleichmässige, 33, 53 Bidualraum, 103 Bildraum, 144 Cauchy-Folge, 16, 37 Darstellungssatz, 88 Definitheit, 35 dicht, 20, 23, 156 Differentialoperatoren, 71 Dirac-Funktional, 114 Dirichlet, 158 dominierte Fortsetzung, 78, 80 167 Index Dreiecksungleichung, 35 Dualität, 88 Dualraum, 84 Eberlein-Šmulyan, 129 Eigenraum, 137 Eigenvektoren, 162 Eigenwert, 49, 137 Einheitssphäre, 37, 40 endlich-dimensional, 38, 64 Erweiterung, 68 Exponentialreihe, 47 Extremale Teilmenge, 97 Extremalpunkt, 95, 97 fett, 27 Folge, 13 folgenkompakt, 124 folgenstetig, 17, 19 Fortsetzung dominiert, 78, 80 Franz Riesz, 41 Fredholm, 149, 155 Fundamentallemma, 72 Funktion Greensche, 81 harmonische, 81 Funktional Dirac, 114 Minkowski-, 96 gleichmässig stetig, 42 Gram-Schmidt, 40 Graph, 61 abgeschlossener, 61 abschliessbarer, 68 linearer, 67 Graphennorm, 43 Greensche Funktion, 81 Grothendieck, 64 Hülle abgeschlossene, 39 konvexe, 100 schwach abgeschlossene, 119 168 Hahn-Banach, 75 komplex, 79 reell, 75 harmonisch, 81 hausdorffsch, 13, 118, 123 Hellinger-Toeplitz, 62 Hilbert, 156 Basis, 162 Hilbertraum, 88, 156 Homöomorphismus, 126 Homogenität, 35 Identitätsabbildung, 118 Imaginärteil, 79 Indikatorfunktion, 27 invertierbar, 47 Isometrie, 36 Jordan-Zerlegung, 49 Kardinalität, 21 Kategorie Baire, 27 koerzitiv, 92 kompakt, 14, 38, 40, 124, 126, 143, 162 komplementiert, 60, 92 komplexe Zahlen, 78 Konvergenz, 13 schwache, 103 Konvergenzradius, 46 konvexe Hülle, 100 Konvexität, 75 Konvexkombination, 120 Kopplung Monotone, 6 Krein-Milman, 100 Kugel offene, 9 Laplace, 81 Operator, 70 Lax, 81 Lax-Milgram, 92 Lemma von Zorn, 77 linear, 42, 62, 67 Index Lipschitz-stetig, 35, 42 mager, 27 Mass, 108 Menge konvexe, 95 offene, 9 Metrik, 9, 35 metrisierbar, 10, 124 Milgram, 92 Milman, 100 Minkowski-Funktional, 96 Multiindex, 71 Neumann-Reihe, 47 nirgends dicht, 23 Norm, 35, 75 äquivalente, 37, 38 Graphen-, 43 Operator-, 44 offen, 9, 56 Operator Abschliessbarer, 67 Differential, 71 Hilbertadjungierter, 156 Laplace, 70 Operatornorm, 44 Parallelogrammidentität, 89 Poisson Gleichung, 5 Potential, 154 Potenzmenge, 10 Potenzreihen, 45 Produktraum, 49, 51 Punktspektrum, 137 Quotientenraum, 49, 50 Randbedingung Dirichlet, 158 periodische, 158 Raum Banach, 84, 143 Banach-, 35, 44, 105 Eigen-, 137 Hilbert-, 62, 156 messbarer, 108 metrischer, 9, 16, 35 normierter, 35 Produkt-, 49 Quotienten-, 49, 50 topologischer, 9 Realteil, 79 reflexiv, 104 Reflexivität, 103 residuell, 27 Resolvente, 133 Resolventenmenge, 133 Riesz, 88 σ-endlich, 108 Satz von Baire, 23 Schrödinger-Gleichung, 5 schwach abgeschlossen, 119 schwache Topologie, 118 schwache* Topologie, 123 selbstadjungiert, 157, 162 separabel, 20, 115, 162 Skalarprodukt, 40 Šmulyan, 129 Spektralradius, 48, 49, 140 Spektraltheorie, 133 Spektrum, 49, 133, 139 Punkt-, 137 Sphäre, 97 Standardtopologie, 118 stetig, 17, 19, 42, 43 gleichgradig, 144 Lipschitz, 35, 42 sublinear, 75, 79 Summe Hilbert-direkte, 162 Supremum wesentliches, 64 symmetrisch, 62, 157 Teilmenge 169 Index extremale, 97 Topologie, 9, 37 diskrete, 10 induzierte, 10 Konvergenz, 11 schwache, 11, 118 schwache*, 123 Standard-, 118 Teilraum-, 10 triviale, 10 totalbeschränkt, 17 Trennungssatz, 95 Umgebung, 9 Umgebungsbasis, 18 unendlich-dimensional, 47 Variationsrechnung, 72 Vervollständigung, 36, 105 vollständig, 16, 35, 38, 105 Volumen, 73 Wahrscheinlichkeit, 6 Weierstrass, 28, 115 Zerlegung, 90 Zornsches Lemma, 77 170