WISSEN & INNOVATION 35 SAMSTAG, 27. SEPTEMBER 2014 FORSCHUNGSFRAGE VON ALICE GRANCY Wie entfernt man Schweißflecken aus historischer Kleidung? Abgesonderte Salze setzen dem Material über die Zeit schwer zu. E s ist ein schmutziges Kapitel der Konservierungswissenschaften, das in der Forschung allerdings erst wenig beleuchtet wurde: Verunreinigungen an historischen Kleidungsstücken, verursacht durch Schweiß. Warum beschädigt das körpereigene Sekret wertvolle alte Stoffe? Und: Wie lassen sich diese nach oft sehr langer Zeit wieder reinigen? Bis Lungenhochdruck erkannt wird, können Jahre vergehen. Eine frühe Diagnose ist wichtig, um den Verlauf zu stoppen. [ Corbis ] „Krankheit bleibt oft unerkannt“ Lungenhochdruck. Andrea Olschewski erforscht Erkrankungen der Lungengefäße. Dieses Wochenende versammelt sie Experten, um über den Stand der Forschung zu diskutieren. VON CHRISTOPH ZURL tersuchung, wie sie bei jemandem mit Verdacht auf eine Lungenerkrankung durchgeführt wird. Dabei gibt man ein Kontrastmittel, und je nachdem, wie schnell dieses in die Lunge eintritt und wieder verlässt, kann man Rückschlüsse auf den Blutfluss ziehen. Patienten mit Lungenhochdruck haben einen verlangsamten Blutfluss, weil ein höherer Widerstand in der Lunge besteht. Die Presse: Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) zählt weltweit zu den häufigsten Todesursachen. Inwieweit sind die Gefäße in der Lunge mitverantwortlich? Andrea Olschewski: Viele Personen mit Lungenerkrankungen wie COPD haben Lungenhochdruck. Hier ist der Druck in den Lungengefäßen über einen gewissen Schwellenwert erhöht. Doch wird er oft nicht diagnostiziert. Man geht davon aus, dass etwa 20 Prozent der über 40-Jährigen mit Lungenerkrankungen auch Lungenhochdruck haben. ZUR PERSON Bemerken die Patienten die Erkrankung denn nicht? Der Lungenhochdruck ist mehr oder weniger stark ausgeprägt. Er bleibt oft unerkannt, denn Patienten haben unspezifische Symptome, die bei vielen Erkrankungen vorkommen können. Kurzatmigkeit bei Belastung zum Beispiel. Die Patienten gehen oft von einem zum anderen Spezialisten, bis jemand daran denkt, das sie vielleicht eine Lungengefäßerkrankung haben. Andrea Olschewski ist gelernte Anästhesistin und seit 2006 an der MedUni Graz tätig. Sie leitet das Ludwig-Boltzmann-Institut für Lungengefäßforschung in Graz. Dieses wurde 2010 unter ihrer Federführung gegründet und forscht an Therapieund Früherkennungsmethoden sowie der Entdeckung von Ursachen des Lungengefäßumbaus. Sie veranstalten am Wochenende eine Tagung zum Thema Gefäßsteifigkeit. Wie hängt diese mit dem Lungenhochdruck zusammen? Gefäßsteifigkeit verursacht Lungenhochdruck. Doch auch heutzutage weiß man kaum etwas über Gefäßsteifigkeit in den Lungengefäßen. Deshalb wollen wir Experten unterschiedlicher Fachrichtung zusammenbringen, um zu diskutieren und um Ursachen zu finden. Sind nur Patienten mit bereits bestehenden Lungenerkrankungen von Lungenhochdruck betroffen? Nein. Viele Patienten mit Lungenerkrankungen haben zwar Lungenhochdruck, es gibt aber auch andere Formen wie den Drogeninduzierten Lungenhochdruck. Beispielsweise durch Amphetamine wie Crystal Meth. Sind Drogen also ein Risikofaktor? Ja. Besonders in den USA beobachtet man in den letzten Jahren eine Zunahme von Lungenhochdruck durch Drogenkonsum. Aber auch HIV ist ein Risikofaktor oder andere Erkrankungen wie zum Beispiel angeborene Herzfehler oder die Einnahme von Appetitzüglern. Jedoch wird der Lungenhochdruck oft erst spät erkannt. So bleibt uns nach langjährigen Therapien nur die Lungentransplantation als letzte Behandlungsmöglichkeit. Gibt es Ansätze, um Lungenhochdruck schon früh zu erkennen? Wir haben eine Methode entwickelt, um eine deutlich frühere Diagnose zu stellen. Bei dieser erkennt man den Hochdruck bei einer normalen Computertomographie-Un- Kann eine frühe Diagnose eine Transplantation verhindern? Das Traumziel wäre, dass man diese Erkrankung rückgängig macht, und ich denke, die- ses Traumziel muss man immer vor Augen haben. Dies kann man aber heute noch nicht versprechen. Wir arbeiten daran, dass man die Erkrankung früher erkennt und im Frühstadium den Verlauf stoppt, damit eine Lungentransplantation gar nicht notwendig wird. Selbst wenn der Lungenhochdruck früh erkannt wird – gibt es heute gute Therapien? Es gibt bis zu zehn Medikamente für eine kleine Gruppe von etwa fünf Prozent der Betroffenen mit einer speziellen Form der Erkrankung. Für die anderen, die an deutlich häufigeren Formen des Lungenhochdrucks leiden, gibt es überhaupt keine zugelassenen Therapien. Wir erforschen aber molekulare Signalwege, die zum Gefäßumbau führen. Die Erkenntnisse sollen zu neuen Therapien führen. Wann ist mit Ergebnissen zu rechnen? Das ist eine Frage, die unsere Patienten auch immer stellen. Heute muss man davon ausgehen, dass die Entwicklungszeit von einem Molekül bis zu einem Medikament etwa zehn Jahre beträgt. Wir konnten schon einige vielversprechende Ansätze präsentieren. An diesen wird weiter gearbeitet. Raucherlungen im Vergleich Europa. Eine Studie unter österreichischer Leitung dokumentiert Länderunterschiede der chronischen obstruktiven Lungenerkrankung. Zehn Länder – zehn Krankheiten? Ganz so markant werden die Ergebnisse einer aktuellen Studie zwar nicht ausfallen. Denn untersucht wird nur eine Krankheit, und zwar die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) – umgangssprachlich auch als Raucherlunge bekannt. Anzeichen von COPD sind Husten, vermehrter Auswurf oder auch Atemnot. Doch zwischen den Ländern gibt es nationale Unterschiede. Diese zu entdecken und zu dokumentieren ist das Ziel einer Studie des Ludwig-Boltzmann-Instituts für COPD und Pneumologische Epidemiologie. „Wir untersuchen erstmals klinische Unterschiede von COPD-Patienten in Zentral- und Osteuropa“, erklärt Arschang Valipour. Er ist Initiator der Studie und koordiniert sie europaweit. Insgesamt zehn Länder nehmen teil – neben Österreich auch Tschechien, die Slowakei, Serbien, Polen, Russland, Bulgarien, Litauen, Estland und Kroatien. Dass die Lungenerkrankung eine bedeutende Rolle in den nationalen Gesundheitssystemen spielt, erkennt man bereits an den Zahlen. „Daten aus Salzburg zeigen, dass 25 Prozent der über 40-Jährigen COPD haben“, sagt Valipour. Wichtigster Risikofaktor ist das Rauchen. Aber auch wiederholte Lungeninfekte, allergisches Asthma in der Kind- heit oder Schadstoffe in der Luft erhöhen das Risiko, später an COPD zu erkranken. Bisherige Daten zu COPD stammen vor allem aus den USA und Westeuropa. Die Studie beleuchtet neben allgemeinen Daten zur Person wie Alter, Größe, Geschlecht auch die derzeitige Therapie, Gesundheitsversorgung und Lungenfunktion. „Wir wollen weiters erkennen, welche Risikofaktoren zur Erkrankung geführt haben.“ Auch Daten aus Computertomographien oder Herz-Ultraschall werden ausgewertet. Rückschlüsse auf mögliche Behandlung „Daraus ziehen wir Rückschlüsse auf biologische Faktoren, Rauchverhalten oder auch Behandlungsmöglichkeiten“, erklärt Valipour. „Wir sehen aber auch, wie häufig einzelne Krankheitsstadien oder Begleiterkrankungen in den einzelnen Ländern vorkommen.“ Als langfristiges Ziel plant man, die Therapie besser an die Gegebenheiten in den einzelnen Ländern anzupassen. „Bisher haben wir in Österreich 50 Personen untersucht“, sagt Valipour. Insgesamt sollen bis zu 400 Patienten in jedem Land teilnehmen. In Österreich sind fünf Zentren beteiligt. „Mit ersten Ergebnissen rechnen wir im Oktober“, sagt Valipour. Im Frühjahr 2015 soll die Studie abgeschlossen sein. (cz) Wenn der Mensch schwitzt, sondert er zu rund 99 Prozent Wasser ab. Im Schweiß finden sich aber auch Salze, vor allem Natrium- und Kaliumchlorid. Diese lagern sich an Textilien ab. Dass dies das Material schädigen kann, hat jetzt Textilrestauratorin Regina Höllinger in ihrer Abschlussarbeit nachgewiesen, die sie kommende Woche bei der Fachtagung des Österreichischen Restauratorenverbands vorstellt. Die feinen Salzkristallpartikel waren im Rasterelektronenmikroskop nachweisbar, mit dem verunreinigte Faserproben abgetastet wurden. Und auch unter dem Lichtmikroskop waren Schmutzanlagerungen und strukturelle Schäden an den Fasern erkennbar. „Gerade die Kombination aus wechselndem Feuchtigkeitsgehalt und spitzkantigen Salzpartikeln schädigt das Material“, so Höllinger. Für ihre Arbeit untersuchte sie ein Biedermeierkleid aus Seide. Dazu recherchierte sie zunächst in der einschlägigen Literatur zur Textilrestaurierung. Allerdings mit überschaubarem Erfolg, denn „in der wissenschaftlichen Literatur fand sich kaum etwas“, so Höllinger. Daher führte sie Testreihen mit in der Konservierung für andere Zwecke bewährten Reinigungsmethoden durch. Ihr Fazit: Mit einer nicht ionisschen Tensidlösung, also waschaktiven Substanzen, die sich im Wasser nicht in Ionen auftrennen, erzielt man die besten Ergebnisse. Materialschonende Kompressen mit Löschkarton oder speziellem Gel bewirken nur wenig. Tiefer ins Gewebe eingedrungene Verunreinigungen brauchen offenbar gestern und heute eine richtige Nassreinigung. Senden Sie Fragen an: [email protected] Die Identität von Nervenzellen Forscher entdeckten zweistufigen Prozess der Zelldifferenzierung. Die Entwicklung eines Zellhaufens zu einem Embryo, zu einem Menschen ist faszinierend und noch nicht voll verstanden: Tobias Bollenbach vom Institute of Science and Technology Austria hat gemeinsam mit Anna Kicheva und James Briscoe vom NIMR in London herausgefunden, wie verschiedene Zellen im Rückenmark während der Embryonalentwicklung Signale erhalten, die ihre spätere Funktion bestimmen („Science“, 26. 9.). Die Identität einzelner Zellen wird nach bestimmtem Muster festgelegt: Die Forscher zeigten erstmals an Hühnern und Mäusen, dass im Rückenmark ein zweistufiger Prozess dafür verantwortlich ist. Zuerst entscheidet ein Konzentrationsgefälle von Signalstoffen (Morphogenen) das Schicksal der Zellen im „Neuralrohr“ (Vorstufe des Rückenmarks). In der zweiten Phase bestimmt die Geschwindigkeit der Ausreifung der Nervenzellen das Wachstum: Die unterschiedlichen Ausreifungsraten der Vorläuferzellen zu Nervenzellen spielen eine Schlüsselrolle für das endgültige Zellmuster im Rückenmark. Die Ergebnisse können relevant für Tissue Engineering und Nervenregeneration sein. (APA/red.)