Entropie, Boltzmann

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Nachtrag zu 11:
11.6.Statistische Physik:
Entropie,
Boltzmann-Verteilung
Ludwig Boltzmann
1860: Maxwellsche
Geschwindigkeitsverteilung
1865: Clausius,
thermodynamische Entropie,
2. Hauptsatz: Entropie nimmt immer
zu bei spontan ablaufenden Prozessen
1868-71: Boltzmann,
Boltzmann-Verteilung:
Verallgemeinerung der Maxwell-Verteilung
1877:
statistische Deutung der Entropie
1844-1906
Ludwig Boltzmann
Boltzmann:
atomistisches Weltbild,
Materie aus diskreten Teilchen aufgebaut
Damals nicht akzeptiert,
prominente Gegner: Ernst Mach (Wien)
Wilhelm Ostwald (Leipzig)
Zitat Mach: "Habens schon eins gesehen?"
Nachweis: Brownsche Bewegung
(Erklärung durch Einstein 1906)
1906: Selbstmord Boltzmanns
Zentralfriedhof Wien
Zustandsgrößen
Zustandsgrößen: Wert unabhängig von Geschichte oder Weg, auf dem
ein Zustand erreicht wird
Beispiele: Energie E, Volumen V, Teilchenzahl N,
Temperatur T, Druck p
keine Zustandsgrößen: Wärme Q, Arbeit W
aber 1. Hauptsatz
Änderung der Zustandsgröße E = zugeführte Wärme ∆Q +
zugeführte Arbeit ∆W
Zustandsgrößen
Warum sind Wärme Q, Arbeit W keine Zustandsgrößen?
Beispiel: ideales Gas bei Temperatur T (in einem Wärmebad)
Zustand 1
Wegen Gleichverteilungssatz
Zustand 2
dann auch
1. Weg von 1 nach 2: “freie Expansion”, Loch in Trennwand,
Ausströmen, kein Gegendruck (p=0), offensichtlich irreversibel
2. Weg von 1 nach 2: Wand langsam nach rechts
immer mit Gegendruck
dann reversibel
Zustandsgrößen
Zustand 1
Zustand 2
1. Weg von 1 nach 2: “freie Expansion”
kein Gegendruck, p=0, Gas leistet keine Arbeit
also auch
adiabatisch
2. Weg von 1 nach 2: langsam, immer mit Gegendruck
also auch
Wärme fließt ins Gas
Zustandsgrößen
Zustand 1
Zustand 2
Also: 2 Wege von 1 nach 2,
einmal ∆W=∆Q=0, einmal ∆W=-∆Q<0
Folgerung: W und Q können keine Zustandsgrößen sein!
Aber: Thermodynamische Entropie S ist eine weitere Zustandsgröße,
definiert durch
bei reversibler Änderung
Thermodynamische Entropie
Thermodynamische Entropie S ist eine weitere Zustandsgröße,
definiert durch
bei reversibler Änderung
Weil sich für jeden reversiblen Kreisprozess, z.B. Carnotprozess,
herausstellt, dass
p
2
bei vollem Umlauf
1
V
Dann ist
immer gleich, egal auf welchem Weg, dadurch
lässt sich S eindeutig definieren als Zustandsgröße
(Æ siehe Potentialargument für Wegintegrale)
Thermodynamische Entropie
Thermodynamische Entropie S ist eine weitere Zustandsgröße,
definiert durch
bei reversibler Änderung
Also: es gibt eine neue Zustandsgröße S,
aber was ist ihre “anschauliche” Bedeutung?
• wird in Thermodynamik nicht klar,
da TD (basierend auf 3 Hauptsätzen) keine mikroskopische Theorie
• mikroskopische Deutung der Entropie im Rahmen der
statistischen Physik
Æ Boltzmann-Entropie
Entropie und 2. Hauptsatz
2. Hauptsatz (Kelvin)
Es gibt keinen Prozess, dessen einziges Ergebnis die Aufnahme
von Wärme und ihre vollständige Umwandlung in Arbeit ist
(kein perpetuum mobile 2. Art)
äquivalent
2. Hauptsatz (Clausius)
Es gibt keinen Prozess, dessen einziges Ergebnis der Transport
von Wärme zu einem Körper höherer Temperatur ist
Entropie und 2. Hauptsatz
dem System reversibel zugeführte Wärme erhöht die Entropie
bei reversibler Änderung
Clausius konnte zeigen, dass sich der 2. Hauptsatz äquivalent
auch mit Hilfe der Entropie formulieren lässt, wenn wir irreversible
Prozesse betrachten:
eine spontan ablaufende irreversible Änderung erhöht die Entropie
ohne Wärmezufuhr, also gilt die Ungleichung
oder für ∆Qrev=0 (adiabatisch) gilt
Entropie und 2. Hauptsatz
für ∆Qrev=0 (adiabatisch) gilt dann insbesondere
2. Hauptsatz
In einem isolierten System nimmt die Entropie immer zu
Mikrozustand
Statistische Physik:
Teilchen,
Systeme mit
Wir haben nur sehr eingeschränkte Information über das System
mikroskopische Information:
Wir kennen Orte und Geschwindigkeiten jedes Teilchens,
Ædann können wir (prinzipiell) alle Newton-Gleichungen lösen
Æalles berechenbar mit Hilfe der Mechanik
Diese volle mikroskopische Information kennzeichnet eindeutig
einen Mikrozustand
Im Experiment (und in der Quantenmechanik auch prinzipiell) nicht
möglich und auch nicht wünschenswert/nötig, diese volle
mikroskopische Information zu haben
Makrozustand
In der Regel kennen wir nur:
makroskopische Information:
wenige Größen wie Energie E, Volumen V, Teilchenzahl N,
Ænur sehr eingeschränkte Information
Diese eingeschränkte makroskopische Information kennzeichnet
einen Makrozustand
• zu jedem Makrozustand gehören sehr viele Mikrozustände, die die
gleichen Makroobservablen haben
• Grundlage des statistischen Zugangs ist die Frage:
Wie viele Mikrozustände gibt es zu einem Makrozustand?
Æ Maß für unser “Unwissen”
Æ Boltzmann-Entropie
Mikro-/Makrozustände
Beispiel 1: 3 Würfel
Mikrozustand:
alle 3 Augenzahlen
Æ
Mikrozustände
Makrozustand:
Summe der 3 Augenzahlen
Æ 16 Makrozustände
Mit drei Würfeln muss eine
drei, vier, fünf, 16, 17 oder 18
gewürfelt werden, um einen
der Fische zu bekommen.
•zu Makrozustand n=3 gibt es nur einen Mikrozustand
•zu Makrozustand n=10 gibt es 27 Mikrozustände:
& Vertauschung
Mikro-/Makrozustände
Beispiel 2: ideales Gas, N Teilchen
Makrozustand:
N1 Teilchen in V1, N2 Teilchen in V2
Mikrozustand:
Für jedes der N Teilchen Ort (Genauigkeit ∆V) und Geschwindigkeit
Zahl der möglichen Orte in Vi:
Zahl der möglichen Geschwindigkeiten: Nv für alle Teilchen gleich
Berechne daraus Zahl der Mikrozustände
zu Makrozustand N1,V1, N2,V2
Mikro-/Makrozustände
•Zahl der Orte/Geschwindigkeiten für
jedes Teilchen in Vi:
•Zahl der Zustände für Ni Teilchen in Vi:
•Zahl der Möglichkeiten N1 Teilchen aus N Teilchen auszuwählen:
Damit:
Mikro-/Makrozustände
Welcher Makrozustand ist am
wahrscheinlichsten?
zentrale Annahme von Boltzmann:
alle Mikrozustände sind gleich wahrscheinlich
Dann ist derjenige Makrozustand am wahrscheinlichsten, zu dem die
meisten Mikrozustände gehören, also der
maximiert bezgl. N1
Mikro-/Makrozustände
Maximiere
bezgl. N1
Rechnen mit Fakultäten in stat. Physik
Æ Stirling-Formel
Beweis:
für große n
Mikro-/Makrozustände
Maximiere
statt
also gleiche Gasdichte
in beiden Teilen
wahrscheinlichster
Makrozustand
Æ plausibel
Boltzmann-Entropie
zentrale Annahme von Boltzmann:
alle Mikrozustände sind gleich wahrscheinlich
Dann ist System fast immer in dem
Makrozustand M mit den meisten Mikrozuständen
Æ dies ist der Gleichgewichtszustand
Das heißt: Im Gleichgewicht wird die Boltzmann-Entropie
maximal, wobei
Ω(M) = Zahl der Mikrozustände zu Makrozustand M
anschaulich: viele Mikrozustände Æ viel “Unordnung”
Boltzmann-Entropie
Boltzmann-Entropie
Ω(M) = Zahl der Mikrozustände zu Makrozustand M
kB = Boltzmannkonstante
so gewählt, dass
thermodynamische Entropie = Boltzmann-Entropie
Boltzmann-Entropie und
2. Hauptsatz
Nun lässt sich auch der 2. Hauptsatz anschaulich verstehen
2. Hauptsatz
In einem isolierten System nimmt die Entropie immer zu
•System bewegt sich durch alle
gleichwahrscheinlichen Mikrozustände
•dadurch bewegt es sich fast immer in
Richtung von Makrozuständen, die
mehr Mikrozustände enthalten
•folgt also aus eingeschränkter
Information im Makrozustand
Makrozustand mit großem
Volumen an Mikrozuständen
Makrozustand
mit wenig
Mikrozuständen
Boltzmann-Verteilung
•Betrachte System mit N Teilchen,
jedes Teilchen kann diskrete Zustände i mit Energie εi annehmen
(in Quantenmechanik klar, in Mechanik kann man kontinuierliche
Energien in diskrete Menge von Energieintervallen zusammenfassen)
•Zustand i kann mit gi Teilchen besetzt werden
(analog Volumen Vi in Beispiel2)
•Verteile N Teilchen auf Zustände i
Makrozustand: nur Besetzungszahlen Ni bekannt
Gesamtenergie
gegeben und fest
Boltzmann-Verteilung
Makrozustand: nur alle Besetzungszahlen {Ni} bekannt
Mikrozustand: wir wissen von jedem Teilchen, in welchem Zustand i
es sich befindet
•Zahl der Mikrozustände zu gegebenen Ni
•Im Gleichgewicht:
Maximiere
aber halte dabei
fest
Æ Maximieren unter Nebenbedingungen
Boltzmann-Verteilung
Æ Maximieren unter Nebenbedingung
Maximiere
“Lagrange-Multiplikator”
Boltzmann-Verteilung
Nebenbedingung
Maximiere
“Lagrange-Multiplikator”
Boltzmann-Verteilung
Bedeutung:
inverse Temperatur
Maxwell-Verteilung
Jeder Zustand i entspricht einer bestimmten Geschwindigkeit
Zu jedem
oder wegen
Maxwell-Verteilung
gleiche Anzahl Zustände
Gummi-Elastizität
Gummi wird bei Erwärmung “härter”, zieht sich zusammen, warum?
Gummi-Elastizität
rein entropischer Effekt!
Gummi besteht aus
vernetzten Polymeren
(Vulkanisation, Goodyear 1839)
Charles Goodyear
Gummi-Elastizität
Polymere sind lange Kettenmoleküle,
keine Verformungsenergie,
es zählt nur die Entropie:
Wieviele Konfigurationen bei festem Anfangs- und Endpunkt?
Makrozustand: Abstand Anfangs- zu Endpunkt
Mikrozustand: Konfiguration des ganzen Polymers
ungestreckt:
viele Konfigurationen/Mikrozustände
hohe Entropie
gestreckt:
wenige Konfigurationen/Mikrozustände
wenig Entropie
Gummi-Elastizität
•Strecken reduziert Entropie
•Wärme wird dem Gummi entzogen
•Dazu muss Arbeit am Gummi geleistet
werden
Aber: die entzogene Wärme ist größer bei höherer Temperatur !
Das Wegnehmen der Konfigurationen und damit der Entropie
schwerer bei hoher Temperatur
Æ rein entropische Gummielastizität
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