Q-Fieber zu spät erkannt

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Foto: Heil
Tiergesundheit
Michael Lohmann stand kurz davor, die Rinderhaltung aufzugeben: Urplötzlich hatte er massive Probleme mit Aborten, Verkalbungen und schlechten Besamungsergebnissen. Erst nach Monaten stellte sich heraus, dass die Herde mit Q-Fieber infiziert war.
Q-Fieber zu spät erkannt
Eine Häufung von Spätaborten und die drastische Verschlechterung der Fruchtbarkeit zwangen den Milcherzeuger Michael Lohmann fast zur Aufgabe. Ursache war
Q-Fieber. Über den Praxisfall berichtet Tierärztin Dr. Katharina Traulsen.
F
ür Landwirt Michael Lohmann aus
Schleswig-Holstein stand viel auf
dem Spiel. Nie hatte er Probleme
mit der Fruchbarkeit seiner 108 HFKühe. Doch im Spätsommer 2011 änderte sich das drastisch. Erst fünf Monate später stand fest: Er hatte Q-Fieber
im Bestand, eine schwer zu diagnostizierende Krankheit.
Aborte häuften sich: Der erste Spät-
abort trat im sechsten Trächtigkeitsmonat auf, im Verlauf des Herbstes kam es
zu drei weiteren Verkalbungen in der
zweiten Trächtigkeitshälfte. Zudem rinderten viele Kühe nach den Ende September beginnenden Besamungen um,
hatten dabei aber stets einen regelmäßigen Zyklus. Lag der Besamungsindex vorher deutlich unter 1,9, waren jetzt bei
rund 30 % der Kühe fünf bis sechs Besamungen bis zur Trächtigkeit notwendig.
Weiterhin ergaben Trächtigkeitsuntersuchungen am 35. Tag nach künstli-
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top agrar 12/2013
cher Besamung bei bis zu 15 % der tragenden Kühe embryonale Mortalität.
Diese Tiere rinderten dann nach vier
bis sechs Wochen um. Bis Ende November 2011 war die Zwischenkalbezeit bereits auf 415 Tage gestiegen. Lohmann
war frustriert, denn vorher gehörte sein
Bestand mit deutlich unter 400 Tagen
zu den Besten im Landesdurchschnitt.
Durch eine umfassende Diagnostik
konnten infektiöse Aborterreger wie
Neospora caninum, BHV-1, BVD-V,
Chlamydien, Salmonellen und Erreger
der Paratuberkulose ausgeschlossen
werden. Eine Kontrolle von Fütterung
und Management und der Nährstoffversorgung mittels Blutproben ergaben
ebenfalls keine Auffälligkeiten.
Lohmann dachte schon daran, die
Tierhaltung komplett aufzugeben. Hinzu
kam bei ihm selbst eine hochfieberhafte
(41 °C), grippeähnliche Erkrankung, die
ihn zusätzlich aus der Bahn warf.
Erst im Frühjahr 2012 bekam der
Tierhalter Gewissheit. Blut- und Milchproben ergaben bei den Tieren Antikörper gegen Coxiella burnetii, dem Erreger des Q-Fiebers. Dabei wurden vier
von sechs untersuchten Kühen positiv
getestet. Sie wurden sofort gemerzt.
Weitere Untersuchungen bestätigten
dieses Ergebnis. Daraufhin wurden alle
Tiere des Bestandes, die über sechs Monate alt waren, gegen Q-Fieber geimpft.
Was ist Q-Fieber? Die Bezeichnung
Q-Fieber ist auf das englische Wort
„query“ für fraglich zurückzuführen.
Denn als diese Krankheit entdeckt
wurde, konnte zunächst kein Krankheitserreger gefunden werden.
Die Erreger bilden sporenähnliche
Formen aus. Diese sind extrem widerstandsfähig und können mit dem Wind
über mehrere Kilometer übertragen
werden. Die Infektion erfolgt hauptsächlich über das Einatmen von erregerhaltigem Staub. Vor allem über Frucht-
wasser und Nachgeburten werden die
Erreger freigesetzt.
Was die Diagnose besonders schwierig macht: Rinder zeigen bei einer
Q-Fieber-Infektion meistens keine spezifischen Anzeichen. Grippeähnliche
Symptome, Gebärmutterentzündungen, embryonaler Frühtod, gehäufte
Spätaborte, Nachgeburtsverhaltungen,
unregelmäßiges Umrindern, schwache
Neugeborene bzw. Totgeburten sowie
Euterentzündungen können auf eine
Infektion hinweisen.
Q-Fieber ist eine Zoonose, es kann
also vom Tier auf den Menschen übertragen werden. Auch hier deuten lediglich grippeähnliche Symptome, plötzlicher Fieberanstieg sowie Kopf und Gliederschmerzen auf die Krankheit hin.
Erfolgt die Infektion während einer
Schwangerschaft, können Früh-, Fehlund Totgeburten die Folge sein.
Auf dem Betrieb Lohmann war die
Diagnose sogar noch schwieriger. Die
einzigen Symptome seiner Tiere waren
Spätaborte und Umrindern. Gebärmutterentzündungen oder Nachgeburtsverhaltungen traten gar nicht auf, bei jeder
Brunst war stets klarer Brunstschleim
zu sehen und Färsen waren überhaupt
nicht betroffen. Dies ließ zunächst
nicht an Q-Fieber denken.
Ob der Betriebsleiter während seiner
hochfieberhaften Erkrankung tatsächlich auch an Q-Fieber litt, konnte nicht
abschließend geklärt werden.
Wie kam es zu der Infektion? Q-Fie-
ber kann durch viele Tierarten wie
Hunde, Katzen, Pferde, Rinder, Vögel,
Geld für Impfung
Die meisten Bundesländern fördern die Bekämpfung von Q-Fieber
nicht. Doch es gibt Ausnahmen:
In Niedersachsen können Tierhalter seit Juni 2013 einen Beihilfe-Antrag für die Impfung bei der
Tierseuchenkasse stellen. Dieser
wird dann einzelbetrieblich geprüft. Erstattet werden die tatsächlichen Impfkosten bis maximal 8 €
je Impfdosis bei Rindern.
In Nordrhein-Westfalen übernimmt die Tierseuchenkasse die
Kosten für die Untersuchung der
Tiere und für den Impfstoff. Impfgebühren und sonstige Leistungen
des Tierarztes werden nicht erstattet, ebenso wenig durch die Krankheit entstandene Tierverluste.
Schnell gelesen
• Auf dem Milchviehbetrieb
Lohmann kam es gehäuft zu
Spätaborten und schlechten
Besamungsergebnissen.
• Als Ursache wurde letztlich
Q-Fieber diagnostiziert.
• Durch eine Bestandsimpfung
wurde das Problem unter
Kontrolle gebracht.
• In einigen Bundesländern
unterstützen die Tierseuchenkassen die Bekämpfung von
Q-Fieber.
Insekten oder Zecken übertragen werden. Aber vor allem durch kleine Wiederkäuer wie Schafe und Ziegen wird
der Erreger verbreitet.
Weil die Erreger-“Sporen“ mit dem
Wind transportiert werden können, ist
dafür noch nicht mal ein direkter Tierkontakt notwendig. In Lohmanns Fall
konnte die Infektionsquelle nicht mehr
zweifelsfrei bestimmt werden. Möglicherweise waren Schafe auf einer angrenzenden Weide für die Infektion
verantwortlich.
Laut Tierärztin konnte bei einigen
Schäfereien aus der Region bei bis zu
30 % der Tiere Antikörper gegen Coxiellen gefunden werden, es traten aber
keine klinischen Erkrankungen auf. Andere Schäfereien in der Gegend hatten
dagegen überhaupt keine Tiere mit den
entsprechenden Antikörpern im Bestand.
Impfen hilft: Die erste Bestandsimpfung gegen Q-Fieber fand auf dem Betrieb Lohmann im Frühjahr 2012 statt.
Diese Grundimmunisierung bestand aus
zwei Impfungen im Abstand von drei
Wochen.
Die Auffrischungsimpfung erfolgte
dieses Frühjahr und soll wahrscheinlich
auch nächstes Jahr wiederholt werden.
Die Fruchtbarkeitskennzahlen haben
sich wieder deutlich erholt. So liegt die
Zwischenkalbezeit mit 396 Tagen wieder
auf dem Niveau vor dem Ausbruch und
auch der Besamungsindex hat sich mit
einem Wert von 2,18 wieder verbessert.
Die Impfung wurde von allen Tieren
gut vertragen, es wurde nur ein kurzzeitiger, minimaler Milchrückgang beobachtet. Die Impfstoffkosten lagen bei
ungefähr 10 € pro Dosis. Die Kosten zur
Bekämpfung waren für Lohmann das
kleinere Problem. Ihm haben die unkontrollierbaren Misserfolge im Bereich
Fruchtbarkeit mehr zugesetzt.
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