Mechanik – Schwingungen I 6. Schwingungen I 6.1. Der Federschwinger − Eine Feder setzt ihrer Verformung eine Federkraft entgegen, die der Verfo rmung proportional ist. FF = − D ⋅ x mit: (1) D ... Federkonstante Maßeinheit: [D] = − ! N m SI Eine an der Feder befestigte Masse wird nach dem Loslassen beschleunigt: FF = m ⋅ a = m ⋅ &x& (3 - 2) ⇒ mit (1): - D ⋅ x = m ⋅ &x& bzw. D ⋅ x + m ⋅ &x& = 0 | :m d2 D ⋅x + 2 x =0 m dt (2) Dies ist die Bewegungsgleichung des Federschwingers, eine lineare Differentialgleichung 2. Ordnung. − Gl. (2) beschreibt den dynamischen Vorgang der Bewegung der Masse. Sie gilt zu jedem Zeitpunkt t, in allen „Stadien“, z. B. denen maximaler Geschwindigkeit der Masse (= l) oder maximaler Verformung der Feder (= u), aber auch allen Zwischenstadien: − Mathematische Lösung für Gl. (2)? &x& ~ − x ⇒ Es kommen sin- oder cosFunktion in Frage. ! 34 Mechanik – Schwingungen I x ( t ) = x 0 ⋅ cos ω0 t Ansatz: ⇒ x& ( t ) = − x 0 ω0 ⋅ sin ω 0 t ⇒ &x& ( t ) = − x 0 ω0 ⋅ cos ω 0 t 2 (3) (4) (3) in (2): ⇒ ⇒ D 2 ⋅ x 0 cos ω 0 t − x 0 ω0 ⋅ cos ω 0 t = 0 m D D ! = ω 0 2 , d.h. ω 0 = m m Also ergibt sich als Lösung für Gl. (2) x( t ) = x 0 cos ω 0 t mit: D 2π = 2πν = m T ν ... Frequenz T ... Schwingungsdauer ω0 = ω lt. Gl. (4) ist plausibel: · · straffe Feder/kleine Masse weiche Feder/große Masse → → schnelle Bewegung langsame Bewegung − Gl. (3) ist auch bezüglich der Anfangsbedingungen x(0) = x0 gut gewählt. Die Funktion x = x0 sinωt erfüllt die Differentialgleichung (2) ebenfalls, entspricht aber nicht der Anfangsbedingung. Sie wäre richtig, wenn wir bei x = 0 mit einem „Schubs“ starten! Für „Schubs“ + Auslenkung brauchen wir die allgemeine Lösung x(t) = x0 [c1 sinω0 t + c2 cosω0 t] (Linearkombination der beiden unabhängigen Lösungen), die lt. Mathematik hier eigentlich gilt. − kinetische Energie: E kin = m 2 m 2 v = x& 2 2 (4 - 3) mit Gl. (4) ⇒ ⇒ mit: x& ( t ) = − x 0 ω0 ⋅ sin ω0 t m D / E kin = x 0 2 sin 2 ω0 t 2 m / E kin = D 2 x 0 sin 2 ω0 t 2 ω0 = D m (5) 35 Mechanik – Schwingungen I − potentielle Energie: vgl. Gl. (4 - 11) x W = − ∫ FF dx = E pot ( x ) − E pot ( 0) (4 - 11) 0 (W ist die beim Verformen der Feder, also gegen die Federkraft geleistete Arbeit. Epot (0) wird zweckmäßiger Weise gleich Null gesetzt.) Gl. (1) in (4 - 11): x ⇒ E pot ( x ) = − ∫ (− D ⋅ x ') dx ' 0 = D 2 x 2 (6) Gl. (4) in (6): E pot ( x ) = mit: − ω0 = D 2 x 0 cos 2 ω0 t 2 D m (7) Wir haben also ein ständiges „Hin- und Herfluten“ von Ekin ↔ Epot. Die Gesamtenergie ist natürlich konstant: E ges = ( ) D 2 x 0 sin 2 ω0 t + cos 2 ω 0 t 144424443 2 (6) =1 − Schwingungen in Systemen mit |Kraft| ~ Auslenkung (Gl. (1)), die also sinoder cos-Verlauf haben, heißen harmonische Schwingungen. ! 36 Mechanik – Schwingungen I Sie haben große Bedeutung, weil bei ihnen ja Epot ~ Auslenkung2 ist und sich jedes Potentialminimum als Parabel annähern lässt. Jede Schwingung um irgendein Potentialminimum kann also in gewissem Maße durch eine harmonische Schwingung angenähert werden. Ein Beispiel für eine näherungsweise harmonische Schwingung ist das Pendel. 6.2. − Das Pendel Gewichtskraft: r r r G = G || + G ⊥ á á spannt den Faden wirkt rücktreibend (9) Man erkennt leicht, dass G ⊥ (ϕ) = −G ⋅ sin ϕ mit G = m ⋅ g folgt G ⊥ ( ϕ) = −m ⋅ g ⋅ sin ϕ − Diese Kraft beschleunigt die ausgelenkte Masse: G ⊥ ( ϕ) = m ⋅ &s&( ϕ) = m ⋅ l ⋅ &ϕ& (ϕ) − (11) (10) und (11) ergibt: m / ⋅ l ⋅ &ϕ& = −m / ⋅ g ⋅ sin ϕ g &ϕ& + sin ϕ = 0 l − (10) (12) (12) ist nicht mehr exakt lösbar. Wir beschränken uns auf kleine Winkel, dann ist: ϕ ≈ sin ϕ und (12) wird zu: &ϕ& + − g ϕ=0 l (13) Gl. (13) entspricht völlig Gl. (2), das Pendel für kleine ϕ (sogenanntes mathematisches Pendel) vollführt eine harmonische Schwingung mit der Kreisfrequenz: ω0 = g 2π = 2 πν = l T (14) 37 Mechanik – Schwingungen I Kommentar: − Durch Messung von T und l ist g bestimmbar! − ω0 ≠ f(m)! l T = 2π ⋅ − langes Pendel ⇒ großes T g 6.3. − Gedämpfte Schwingungen Bisher haben wir ungedämpfte Schwingungen betrachtet. In der Realität ∃ Reibung: ⇒ Außer der Federkraft wirkt auch noch eine Reibungskraft, d.h. wir müssen das NEWTONsche Grundgesetz (Gl. (3 - 2)) ansetzen als: Fges = FF + FR = m&x& − (15) Die Reibungskraft FR setzen wir wieder v-proportional an lt. Gl. (3 - 19): ⇒ − u − D ⋅ x − k ⋅ x& = m&x& An Stelle von Gl. (2) tritt also: D k x + x& + &x& = 0 m m (16) Exkurs: Darstellung von Schwingungen mittels komplexer Zahlen ! P → x + iy x + iy = r[cos ϕ + i sin ϕ] Betrachtet wird eine Rotation in der komplexen Ebene Physikalisch relevant ist natürlich nur der Realteil x(t), also die Projektion auf die x-Achse. Warum macht man das so kompliziert? → In der komplexen Ebene ist jede Schwingung ist ein rotierender Vektor (Zeiger), die Überlagerung mehrerer Schwingungen ist einfach die Addition mehrerer Vektoren (Zeiger) zu jedem Zeitpunkt). Haben die überlagerten Schwingungen gleiches ω0 , ergibt sich ein Summenvektor, der mit diesem ω0 rotiert. Wenn man die Addition in der komplexen Ebene vollzogen hat, muss man auf den Realteil zurückgehen. Man schreibt: cos ϕ + i sin ϕ = e iϕ (17) 38 Mechanik – Schwingungen I − Lösung von Gl. (16) auf diese Weise: Wir setzen als Lösung für Gl. (16) an: x = x 0 e λt ⇒ x& = λx 0 e λt , &x& = λ2 x 0 e λt Dies in Gl. (16) eingesetzt: ⇒ ⇒ D k x 0 e λt + λ + λ2 = 0 m m á á ≠ 0 ∀t q + pλ + λ2 = 0 (18) Wir müssen nur die quadratische Gleichung lösen1 und erhalten: 2 λ1,2 = − − k D k ± − 2m m 2m (19) Wir betrachten den Fall relativ geringer Dämpfung (d.h., es soll überhaupt noch eine Schwingung stattfinden). Dann ist der Radikand negativ: 2 D k − <0 m 2m Umformung entsprechend dem physikalisch allein sinnvollen ω2 > 0 ergibt: λ1,2 = − D k 2 k ± − − = −δ ± − ω 2 m 2 m 2m (20) ⇒ λ1 = −δ + iω ⇒ x̂ = x 0 e (− δ+iω )t (21a) ⇒ λ 2 = −δ − iω ⇒ x̂ = x 0 e (− δ−iω )t (21b) Beide Gleichungen führen, wenn wir den Realteil bilden, auf dasselbe, nämlich x = x 0 e −δt ⋅ cos ωt (22a) Anders als Gl. (4) klingt die Schwingung mit e-δt ab, wobei lt. Gl. (20) gilt: δ= k 2m (22b) D.h. schnelles Abklingen für großes k, also großes FR, sowie kleines m! 1 Lösungsformel: λ 1, 2 = − p ± 2 p2 −q 4 39 Mechanik – Schwingungen I Ferner ist ω= D − δ2 , m d.h., die Frequenz ω ist gegenüber der Frequenz ω 0 = − (22c) D reduziert. m Im Grenzfall verschwindet die Wurzel in Gl. (20), d. h.: 2 D k − =0 m 2m Dadurch vereinfacht sich die Lösung zu: ⇒ λ1 = λ 2 = −δ Es lässt sich zeigen, dass die allgemeine Lösung dann lautet: x = x 0 (1 + δ ⋅ t ) ⋅ e −δt Dies ist der sogenannte aperiodische Grenzfall, d.h. das schnelle Einschwenken in die Nulllage. − (23) ! Für noch stärkere Dämpfung folgt entsprechend: 2 D k − >0 m 2m Hier kann man von Schwingung nicht mehr sprechen. Die Auslenkung geht ebenfalls asymptotisch gegen Null, aber langsamer als lt. Gl. (23). Dies ist der sogenannte Kriechfall ! 40