5.2 Bildgebende Diagnostik bei verschiedenen Entitäten

Werbung
46
5 Radiologische Aspekte
Methyl-Methionin bei Hirntumoren) oder zum sensitiven
Nachweis von neuroendokrinen Tumoren mittels 68Galli­
um-DOTATOC (= DOTA[0]-Phe1]-Tyr[3}-octreotid). Die
Kombination von PET und CT oder zukünftig MRT in
­einer Untersuchung erlaubt nicht nur die exakte anatomi­
sche Zuordnung der Anreicherung der Pharmaka, sondern
verkürzt durch Wegfall des sogenannten Transmissions­
scans die Messzeit um ca. 40 %, da die notwendige Schwä­
chungskorrektur aus den CT-Daten erfolgt. Des Weiteren
steigt die diagnostische Genauigkeit im Vergleich zur allei­
nigen PET (Kleis et al. 2009).
Für die FDG-PET bzw. PET/CT zeigt sich in einer Reihe
von Studien eine hervorragende Genauigkeit (> 90 %) in
der Beurteilung insbesondere des Lymphknotenstatus, aber
auch im Auffinden von Skelett- oder Weichteilmetastasen
(Kumar et al. 2008; Volker et al. 2007). Im Bereich von
Leber und Gehirn ist die FDG-PET aufgrund des hohen
Hintergrundsignals der Organe nicht so sensitiv wie eine
MRT. Darüber hinaus hängt die Detektionswahrschein­
lichkeit von der Tumorentität, dem Grading und der Größe
ab. Metastasen im Subzentimeterbereich können der PET
entgehen. Insbesondere kleine Lungenherde lassen sich
mit diesem Verfahren alleine nicht diagnostizieren. Der
erhebliche Vorteil der PET in der Beurteilung der Lymph­
knotenmetastasierung (Sensitivität 95 %; Volker et al. 2007)
erscheint jedoch bei vielen Tumoren im Kindesalter vor
dem Hintergrund, dass Karzinome bei Kindern selten sind,
Lymphknotenmetastasen bei osteogenen Sarkomen eine
Rarität darstellen und der Lymphknotenbefall per se (z. B.
beim Neuroblastom) keine schlechtere Prognose bedeutet
oder das Tumorstaging erst nach Lymphknotensampling
(z. B. beim Nephroblastom) erfolgt, im Vergleich zur GKMRT relativiert.
Im Gegensatz hierzu stehen die Ergebnisse des Stagings
und der Therapieresponse bei Lymphomen, insbesondere
des Hodgkin-Lymphoms, bei denen die PET oder PET/CT
eindeutig als Verfahren der Wahl angesehen werden kann
(Furth et al. 2009). Dennoch muss die einzelne und die
kumulative Strahlenexposition Beachtung finden.
5.2
Bildgebende Diagnostik
bei ­verschiedenen Entitäten
In Tabelle 5-1 werden die empfohlenen Bildgebungsver­
fahren zum primären Staging der häufigsten soliden Tu­
moren im Kindesalter nach den Leitlinien der AWMF und
der Studienprotokolle der SIOP aufgelistet. Auch wenn die
­GK-MRT bisher noch keine absolute Indikation besitzt,
wurde die Methode alternativ zu anderer Ganzkörper­
bildgebung berücksichtigt. Modifikationen des vorge­
schlagenen Procedere sind in Abhängigkeit der Tumor­
ausprägung oder spezieller Fragestellungen im Einzelfall
notwendig.
5.2.1
Maligne Hirntumoren
Hirntumoren werden primär mit der MRT untersucht. Im
Säuglingsalter ergibt sich zusätzlich die Möglichkeit, bei
offener Fontanelle transkranielle Sonographien durchzu­
führen. Nur bei absoluten Kontraindikationen für eine kon­
trastmittelgestützte MRT (z. B. im Rahmen einer schweren
Nierenfunktionsstörung zur Vermeidung einer nephroge­
nen systemischen Fibrose) kann primär die kraniale Com­
putertomographie (CCT) eingesetzt werden. Unabhängig
von der Tumorentität erfolgt die MRT mittels Standard­
bildgebung, ergänzt durch eine spinale MRT zur Klärung
der Frage, ob eine Meningeose vorhanden ist.
Mit Hilfe weiterer MR-Methoden (z. B. Diffusion, Per­
fusion oder MRT-Spektroskopie) können der Malignitäts­
grad oder posttherapeutische Veränderungen (Narben
oder radiogene Veränderungen) in gewissem Maße ein­
geschätzt werden. Die Artdiagnose erfolgt in den aller­
meisten ­Fällen durch die Histopathologie. Bei z. B. diffus
wachsenden Hirnstammtumoren ist dies jedoch nicht un­
bedingt erforderlich, insbesondere wenn eine ausreichende
Charakterisierung mittels Bildgebung gelingt. Auch kann
bei Keimzelltumoren mit spezifischen Tumormarkern in
Zusammenschau mit der Bildgebung eine Artdiagnose ge­
stellt werden.
Postoperativ erfolgt eine frühe Kontrolle zum Aus­
schluss eines Resttumors am 2. und 3. Tag (Albert et al.
1994; Abb. 5-1). Eine frühere oder eine spätere Kontrolle
kann die Beurteilung durch unspezifische Kontrastmittel­
austritte oder Schrankenstörungen unmöglich machen. In
Abhängigkeit von der Tumorentität, des eingeschlagenen
Behandlungsweges sowie des Therapieendes wird die MRT
zunächst alle 3 Monate und später alle 6–9 Monate wie­
derholt. Eine detaillierte Beschreibung der Morphologie
der verschiedenen Tumorentitäten ist im Rahmen dieses
Kapitels nicht möglich (siehe hierzu Kap. 10 „Tumoren des
zentralen Nervensystems“).
5.2.2Lymphome
Generell können alle Organsysteme zu einem bestimmten
Zeitpunkt der Erkrankung involviert sein. Bei HodgkinLymphomen sind dies jedoch in erster Linie die Lymph­
knoten und die Milz, während bei den Non-HodgkinLymphomen die extranodalen Manifestationen eine Rolle
spielen. In Tabelle 5-1 sind die Modalitäten für das Staging
bei Lymphomen aufgelistet.
5.2 Bildgebende Diagnostik bei ­verschiedenen Entitäten
Abb. 5-1 MRT des Schädels bei Vorliegen eines
Medulloblastoms. Präoperative Aufnahmen:
a) T2-Wichtung koronal u. b) T1-Wichtung nach
Kontrastmittelgabe transversal. Man erkennt
den großen Tumor im Bereich des 4. Ventrikels
mit konsekutiver Erweiterung der Seitenventrikel. c) Frühe postoperative Kontrolle mit Tumorrest (Pfeile), der dann erfolgreich reseziert
werden konnte.
Tab. 5-1 Empfohlene Bildgebungsverfahren zum primären Staging solider kindlicher Tumoren (nach AWMF und Studienprotokollen der
SIOP).
Tumorentität
Sonographie
Röntgen
MRT
CT
Nuklearmedizin
Hirntumoren
bei offener
­Fontanelle
–
zerebral und spinal;
fakultativ mit
­Spektroskopie
cCT nur bei Kontraindikationen für
eine MRT
fakultativ Aminosäuren-PET
Hodgkin-Lymphome Abdomen und
alle peripheren
­LK-Stationen
Thorax
Hals, Thorax, Abdomen, falls keine
PET/CT verfügbar
Thorax, falls keine
PET/CT verfügbar
PET oder PET/CT
Non-HodgkinLymphome
Abdomen und
alle peripheren
­LK-Stationen
Thorax
in Abhängigkeit von Thorax bei Verdacht
der Symptomatik
auf Lungenbefall
Teil oder GK-MRT,
immer zerebrale
MRT
Skelettszintigraphie
bei Verdacht auf
Knochenbefall falls
kein GK-MRT verfügbar, evtl. PET/CT
Neuroblastome
Abdomen und regionale LK-Stationen
Thorax, fakulativ
betroffene Knochen
in Abhängigkeit von –
der Symptomatik
Teil oder GK-MRT,
immer zerebrale
MRT
MIBG-Szintigraphie,
Skelettszintigraphie bei Verdacht
auf Knochenbefall
falls kein GK-MRT
verfügbar
Nephroblastome
Abdomen und regionale LK-Stationen
Thorax
Abdomen
MIBG-Szintigraphie,
falls unsichere
Abgrenzung zum
Neuroblastom
Weichteilsarkome
lokal, regionale
LK-Stationen und
Abdomen
Thorax
in Abhängigkeit von Thorax
der Symptomatik
Teil- oder GK-MRT,
immer zerebrale
MRT
Skelettszintigraphie
bei Verdacht auf
Knochenbefall falls
kein GK-MRT verfügbar, evtl. PET/CT
Ossäre Ewing- und
Osteosarkome
–
betroffene Region
und Thorax
betroffene Region,
falls vorhanden
GK-MRT
Thorax
Skelettszintigraphie,
kann u. U. bei verfügbarem ­GK-MRT
entfallen
Hepatoblastome
Abdomen und regionale LK-Stationen
Thorax
Abdomen
Thorax
–
GK = Ganzkörper; LK = Lymphknoten
Thorax bei Patienten > 2 Jahre und/
oder bei Verdacht
auf Lungenbefall
47
48
5 Radiologische Aspekte
Abb. 5-2 PET/CT bei Hodgkin-Lymphom Stadium IIa. a) Vor Chemotherapie mit zervikalen
und mediastinalen Befunden; b) metabolisch
komplette Response mit unspezifischer Anreicherung des braunen Fettgewebes (Pfeile).
Für das Hodgkin-Lymphom hat sich die PET in Kombi­
nation mit Schnittbildverfahren (MRT und CT) sowie das
Hybridverfahren in Form der PET-CT gegenüber der kon­
ventionellen Diagnostik als eindeutig überlegen erwiesen
(Furth et al. 2009; Volker et al. 2007). Dies gilt sowohl für
Abb. 5-3 Ganzkörper-MRT bei Non-Hodgkin-Lymphom Stadium IV.
a) Ganzkörperbild mit Darstellung der mediastinalen und ossären
Manifestationen an der unteren Extremität; b) Darstellung der
trachealen Kompression (Pfeil); c) Nierenherd (Pfeilspitze); d) zusätzlich Nachweis von Knocheninfarkten (dunkle Areale).
das initiale Staging als auch für die Beurteilung der thera­
peutischen Response: So erreicht die PET eine Spezifität bis
97 % bei der Einschätzung der frühen therapeu­tischen Res­
ponse (Furth et al. 2009). Mit Hilfe der PET (oder PET-CT)
kann darüber hinaus dann eine Beurteilung der residuellen
Veränderungen vorgenommen werden, um über die weitere
Therapie (alleinige Chemotherapie oder Radiochemothera­
pie) zu entscheiden. Falls eine PET-CT zur Verfügung steht,
kann auf weitere morphologische Bildgebung – außer der
ergänzenden Sonographie – verzichtet werden (Abb. 5-2).
Dennoch kann im Einzelfall auch mit der PET-CT aufgrund
unspezifischer Anreicherungen (z. B. braunes F
­ ettgewebe)
oder noch verbliebener Raumforderung ein residueller Be­
fund nicht immer ausgeschlossen werden.
Für die heterogene Gruppe der Non-Hodgkin-Lymphome ergibt sich in Abhängigkeit von der speziellen Lokali­
sation und der Entität ein unterschiedliches Vorgehen. Die
Stadieneinteilung (St. Jude 1–4) erfolgt anhand der Ergeb­
nisse der klinischen, laborchemischen und bildgebenden
Diagnostik. Die Basis stellt die Sonographie des Abdomens
sowie der Lymphknotenregionen, die Thoraxuntersuchung
mittels Röntgen und die zerebrale MRT dar. In Abhängig­
keit der Lokalisation wird dann eine weitere Bildgebung
mittels Thorax-CT oder Teilkörper-MRT erfolgen. Mit Hil­
fe der Ganzkörperbildgebung (GK-MRT oder PET) werden
deutlich mehr befallene Regionen entdeckt (Punwani et
al. 2010; Abb. 5-3). Für die GK-MRT (bei Referenzstandard
PET-CT) findet sich hierbei eine Sensitivität von 98 % für
die nodale und 91 % für die extranodale Manifestation. Bei
Patienten mit strahlensensiblen Grunderkrankungen sollte
die Diagnostik ausschließlich mittels Ultraschall oder MRT
erfolgen.
5.2.3Neuroblastom
Das Neuroblastom erfordert aufgrund der großen biolo­
gischen Variabilität der verschiedenen Lokalisationen und
der häufig schon bestehenden Metastasierung eine multimodale Bildgebung (Tab. 5-1). Die Sonographie ist die
Herunterladen