Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät Wettbewerbsrecht Recht gegen unlauteren Wettbewerb IX. Irreführende geschäftliche Handlungen 1 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät 1. Kontext und Überblick § 3 UWG a.F. § 5 UWG §§ 5, 5a UWG 2008 84/450/EWG 97/55/EG 2006/114/UWG 2005/29/EG Blacklist Spezialtatbestände Art.10bis PVÜ 2 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät Art.10bis PVÜ Schutz gegen unlauteren Wettbewerb (1) Die Verbandsländer sind gehalten, den Verbandsangehörigen einen wirksamen Schutz gegen unlauteren Wettbewerb zu sichern. (2) Unlauterer Wettbewerb ist jede Wettbewerbshandlung, die den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel zuwiderläuft. (3) Insbesondere sind zu untersagen: 1. alle Handlungen, die geeignet sind, auf irgendeine Weise eine Verwechslung mit der Niederlassung, den Erzeugnissen oder der gewerblichen oder kaufmännischen Tätigkeit eines Wettbewerbers hervorzurufen; 2. die falschen Behauptungen im geschäftlichen Verkehr, die geeignet sind, den Ruf der Niederlassung, der Erzeugnisse oder der gewerblichen oder kaufmännischen Tätigkeit eines Wettbewerbers herabzusetzen; 3. Angaben oder Behauptungen, deren Verwendung im geschäftlichen Verkehr geeignet ist, das Publikum über die Beschaffenheit, die Art der Herstellung, die wesentlichen Eigenschaften, die Brauchbarkeit oder die Menge der Ware irrezuführen. 3 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät §§ 5, 5a UWG im Überblick Grundtatbestand mit Katalog (§ 5 I) Irreführung durch Verwechselung (§ 5 II) Angaben (§ 5 III) „Mondpreise“ (§ 5 IV) Irreführung durch Unterlassen (§ 5a I) Wesentliche Informationen für Verbraucher (§ 5a II) Informationspflichtverletzung (§ 5a III, IV) 4 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät 2. Der Grundtatbestand des § 5 I UWG Geschäftliche Handlung Angaben (vgl. § 5 III UWG) Unwahrheit oder sonstige Täuschungseignung Besonders relevante Umstände Geschäftliche Relevanz Verhältnismäßigkeit 5 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät Geschäftliche Handlung (nicht mehr nur „Werbung“) Angaben Abgrenzung: Bloße Anpreisung – „Info-Kern“ Beispiele - BGH GRUR 1969, 425 - BGH GRUR 1998, 951 - BGH GRUR 2002, 182 - BGHZ 156, 250 6 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät Angaben Abgrenzung: Bloße Anpreisung – „Info-Kern“ Beispiele - BGH GRUR 1969, 425 - BGH GRUR 1998, 951 - BGH GRUR 2002, 182 - BGH GRUR 2004, 244 Ermittlung durch Auslegung Eigenständiges Merkmal? 7 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät Unwahre Angaben Der Richtlinienvorschlag im Rat Objektiver Maßstab Beispiele (insb. § 16 I UWG) Täuschungseignung (indiziert) Geschäftliche Relevanz 8 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät Sonstige Täuschungseignung (4 Schritte) (1) Die angesprochenen Verkehrskreise Einzelpersonen Direktmarketing Publikumswerbung Fachkreise 9 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät (2) Das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise Auslegung aus Adressatensicht (Gesamtumstände) Der Inhalt der Angabe - übliche Wortbedeutung - geläuterte Verkehrsauffassung - mehrdeutigen Angaben - Blickfangwerbung Der situative Kontext - Kommunikationsweg - das finanzielle und sonstige Risiko 10 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät (3) Vergleich mit den realen Gegebenheiten Vorstellung ↔ Realität Beweis: Art. 12 der Richtlinie 2005/29/EG 11 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät (4) Irreführung des Durchschnittsadressaten? Art. 5 IIlit. b, Art. 6 und Erw.grd. 18. Rili 2005/29/EG EuGH Slg 1998, I-4657 – Gut Springenheide angemessen gut unterrichtet angemessen aufmerksam angemessen kritisch normativen Maßstab Erfahrungswissen Irreführungsquote 12 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät Besonders schutzwürdige Verbrauchergruppen Speziell angesprochene Adressaten (§ 3 II 2 UWG) Besonders schutzwürdige Adressaten (§ 3 II 3 UWG) Beispiel: Der F.C.Bayern Klingelton (1,49 €) Werbung Erwachsene (70 %) - Jugendliche (30 %) Irreführung durch PAng: Erw. (-), Jugend 50 % 13 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät Gegenstand der Irreführung (Katalog der „Bezugspunkte“) Geschäftliche Relevanz §§ 3 II 1, 5a I UWG Art. 2 e, k, Art. 5 II b; Art. I, II, Art. 7 I, II RL 2005/29/EG; Art. 2 b RL 2006/114/EG Positive, ambivalente, negative Merkmale Bloße Anlockung 14 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät Geschäftliche Relevanz Beispiele: GRUR 2007, 247 – Krombacher Regenwaldprojekt (I, II) BGH GRUR 2007, 1079 – Bundesdruckerei BGH GRUR 2001, 239 – Last-Minute-Reise Verhältnismäßigkeit 15 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät 3. Beispiele aus der Schwarzen Liste Verhaltenskodizes Lockangebote Rechte der Verbraucher Unbestellte Produkte 16 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät 4. Weitere Beispiele aus der Rechtsprechung a) Wesentliche Merkmale der Ware/Dienstleistung … „aus Altpapier“ (BGH GRUR 1991, 546) „10 frische Farm-Eier, Kl. A“ (OLG Köln NJW 1985, 1911) Ei-fein “ei wie fein“ (BGH GRUR 1958, 86) Bio-Gold (KG GRUR 1993, 766) „Die einfachste Art, Telefonkosten zu sparen“ Geographische Herkunft (VO EG 510/2006 + §§ 126 ff. MarkenG Testergebnisse 17 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät b) Preis usw. PAngV, § 5a III UWG und RL 2005/29/EG „Handy für 0 €“ usw. (BGH GRUR 1999, 264 + 2006, 164) „Preis ohne Monitor“ (BGH GRUR 2003, 249) BGH GRUR 2001, 78 – Falsche Herstellerpreisempfehlung 18 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät b) Preis usw. Preisempfehlungen (BGH GRUR 2007, 603) Mondpreise (BGH GRUR 2009, 788) Lockvogelangebote usw. (Anh Nr. 5+6) Outletpreis, Grosshandelspreis usw. Preisgarantien 19 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät c) Geschäftliche Verhältnisse „Haus der Gesundheit“ (BVerwG NJW 1992, 588) „Factory Outlet“ (OLG Nürnberg MDR 2002, 286) „Fachgeschäft“ (BGH GRUR 1997, 141) „Europas größter Onlinedienst“ (BGH WRP 2004, 1165) „Deutsch“, „International“ „Euromint“ (BGH GRUR 97, 669) Berufsbezeichnungen und Titel (BGH GRUR 1997, 758; 1998, 487) 20 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät 5. Irreführung durch Unterlassen a) Überblick Die Transparenzgebote der schwarzen Liste Die Transparenzgebote des § 4 Nr. 4-6 UWG 21 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät b) Irreführende Unterlassungen gegenüber Verbrauchern Der Grundtatbestand des § 5a II UWG Geschäftliche Handlung gegenüber Verbraucher Wesentliche Umstände Vorenthalten Beschränkungen des Kommunikationsmittels 22 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät b) Irreführende Unterlassungen gegenüber Verbrauchern Die wesentlichen Umstände i.S.d. § 5a III UWG alle wesentlichen Merkmale des Produkts Identität des Unternehmers Preis Zahlungs- und Lieferungsbedingungen Widerrufs- und Rücktrittsrechte Die zusätzlichen Informationspflichten nach § 5a IV UWG 23 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät c) Der allgemeine Tatbestand des § 5a I UWG Unterlassen im UWG 1909 und in § 5 I 2 UWG 2004 Unterlassungen insb. gegenüber Gewerbetreibenden Keine allgemeine Aufklärungspflicht Aufklärungspflicht aus Gesetz, Vertrag, Ingerenz und bei „wesentlichen Umständen“ (Interessenabwägung) 24 Prof. Dr. Justus Meyer, Juristenfakultät Rechtsprechungsbeispiele Abweichungen des Angebots (BGH GRUR 1965, 676) Auslaufmodelle (BGH GRUR 2000, 616) EU-Importe (BGH GRUR 1999, 1122 und 1125) Folgekosten (Handy, ISDN usw.) (BGH GRUR 2008, 729; 2009, 690; MD 2010, 248) Insolvenz (BGH WRP 1989, 655) Produktveränderungen (BGH WRP 1992, 395) Kostenpflichten (BGH GRUR 2005, 433; 2008, 186; OLG Frankfurt GRUR-RR 2009, 265) 25