Navigator Wegweiser für Entscheider in Marketing, Vertrieb und Kundenservice Digitale Empathie Emotionen erobern das Servicedesign Auszug aus Ausgabe 5, Herbst 2014 Digitale Empathie Emotionen erobern das Servicedesign Digitale Services werden menschliche Emotionen verstehen und darauf reagieren. Die Beziehung zwischen Produkten und den Kunden wird dadurch erheblich gestärkt. Das ist keine ScienceFiction. Erste Züge menschenähnlichen Verhaltens zeigt die Spracherkennungssoftware Siri von Apple. Sie haben das noch nicht ausprobiert? Sollten Sie unbedingt. Erkennbar haben die Designer und Programmierer hier versucht, Siri menschlicher erscheinen zu lassen. Warum eigentlich? Dienstleistungen hochgradig effizient zu gestalten war das Ziel der Digitalisierung in den letzten Jahren. Der Einsatz hat sich gelohnt: Das Einchecken am Flughafen beispielsweise erfordert heute keine Mit­ arbeiter mehr, passé sind ausgedruckte Papiere, stecken die entsprechenden Daten doch digital im Smartphone als App. Dabei waren die Anfänge dieser Dienste recht holprig und höchstens geeignet für digital Begeisterte, nicht so sehr für typische Nutzer. Diese Dienste reibungslos funktionieren zu lassen und für die Nutzer möglichst einfach zu gestalten, darauf haben sich die Unter­ nehmen in den letzten Jahren konzentriert. Mit Erfolg. Effizienz und Funktionieren samt erheblichen Einsparungen waren das Ergeb­ nis. Dieser positive Trend wird sich weiter fortsetzen. So geht die International Air Transport Association (IATA) davon aus, dass sich allein durch die konsequente Einführung des eigenständigen Boardings jährlich mehr als 700 Millionen US-Dollar einsparen lassen. Kundenbindung braucht mehr als digitale Dienste Die überragende Mehrheit der Kunden ist heute jederzeit digital erreichbar. Services, die auf digitalen Plattformen zur Verfügung gestellt werden, ermöglichen es den Unter­ nehmen, jederzeit mit ihren Kunden zu inter­ agieren, Fragen zu beantworten, Probleme zu lösen, Produkte zu verkaufen. Die Hoffnung allerdings, dass ein Mehr an Interaktionen zugleich die Beziehung zwischen Kunden und Produkten stärke, wurde enttäuscht. Im Gegenteil. Kunden sind heute viel eher bereit, sich den Produk­ ten eines Wettbewerbers zuzuwenden. Die ernüchternde Bilanz: Digitale Dienste, so reibungslos sie funktionieren mögen, haben viele Kunden nicht binden können. Kunden­ bindung fußt nun einmal wesentlich auf Emotionen. Also heißt die zusätzliche Mission Possible: her mit den Emotionen! Dienste, die auf Funktionieren und Effizienz getrimmt sind, lenken die Beziehung zwischen Kunde und Produkt auf sachliche Aspekte, also auf das Preis-Leistungsverhältnis und Service­ qualität. Emotionale Aspekte werden dabei vernachlässigt. Doch genau diese Aspekte bilden die Grundlage für dauerhafte Bezie­ hungen. Auf funktionierende und effiziente digitale Dienstleistungen werden Unternehmen (und Kunden) nicht mehr verzichten wollen und auch nicht müssen. In der nächsten Evolu­ tionsstufe werden diese Leistungen mensch­ licher. Sie werden die Emotionen der Kunden verstehen, ihr virtuelles Gegenüber gezielt beeinflussen und die einst verlorene (emotio­ nale) Kundenbindung wieder stärken. Emotionale Intelligenz als Realität Im März 2014 hat die Universität Toronto ein Programm vorgestellt, das anhand der Mimik von Menschen ihre Emotionen bestimmt. Der Test war bewusst schwierig gestaltet; in vielen Fällen waren die Emotio­ nen nur gespielt und nicht echt. Bei der Inter­ pretation der Emotionen erreichte das Pro­ gramm der Wissenschaftler eine verblüffende Treffergenauigkeit von 85 Prozent. Die gleichzeitig befragten Menschen erzielten nur 55 Prozent. Über dieses reine Verstehen menschlicher Emotionen geht SoftBank hinaus. Der japa­ nische Konzern stellte im Juli dieses Jahres den Roboter Pepper vor. Pepper reagiert auf menschliche Emotionen angemessen, also emotional. Er erkennt die Gefühlslage seines Gegenübers nicht nur, sondern beantwortet sie seinerseits emotional, mit Humor und Mitgefühl. Nicht rein mechanisch-faktisch, eben wie ein üblicher Roboter, sondern tat­ sächlich menschlich. Mit anderen Worten: Die Menschheit ist – endlich – technisch in der Lage, digitale Dienste zu kreieren, die menschliche Gefühle verstehen und so inter­ agieren, wie Menschen dies miteinander tun. Dienste, die angemessene Emotionen zeigen, werden solche intelligenten Fähig­ keiten nicht nur immer besser beherrschen, sie werden auch die Bindung zwischen Pro­ dukten und Kunden stärken. Beispiele für die nahe Zukunft sind schon in der Erprobung. Eine typische Situation: Beim Ausfüllen des Onlineformulars für eine Zahnzusatzversiche­ rung ist Nutzer Feuerstein verwirrt. Offen­ sichtlich sind ihm einige Felder in dem For­ mular unklar. Da heißt es für das Gegenüber, die Versicherung, aktiv zu werden. Also wird Feuerstein proaktiv ein Servicechat ange­ boten. Das Motto: „Haben Sie Fragen zu unserem Formular, Herr Feuerstein? Ich helfe gerne.“ Feuersteins Frage wird beantwortet, er ist zufrieden (seine Zufriedenheit wird natürlich auch digital erkannt) und schließt den Vertrag unkompliziert ab. Die Antwort auf die Frage, ob Werbung bei der Nutzung von Onlinediensten aus Nutzer­ sicht akzeptabel ist oder nicht, war bisher eher frustrierend. In erster Linie hängt das davon ab, in welcher Stimmung der Nutzer gerade ist. Ein Beispiel: Kundin Maier führt ihre Überweisungen online durch und tut dies gut gelaunt und entspannt. Ideale Bedingungen also, um sie über neue Pro­ dukte zu informieren. Sollte der Nutzer hingegen angespannt sein, verzichtet der Dienst im Hintergrund auf jede Ablenkung. Die Zukunft von Services heißt „Emotionen“ Auf Emotionen der Nutzer zu reagieren und die angebotenen Dienste situativ anzupassen, das werden die digitalen Systeme schon bald können. Noch komplexer und beeindrucken­ der wird es, wenn die Dienste selbst emotio­ nales Verhalten an den Tag legen. Wie in der US-amerikanischen Science-Fiction-Romanze „Her“. In diesem Filmdrama aus dem Jahr 2013 verliebt sich Theodore in das Betriebs­ system seines Computers. So weit muss es zwar nicht gehen mit den Emotionen. Viel ist jedoch gewonnen, wenn ein Nutzer Sympathie für einen Service empfindet, denn dann will er ihn nicht mehr missen. Klassische Kundenbindung also. Dafür ein Beispiel, wie sich der Dienst am Kunden in der etwas ferneren Zukunft abspielen kann: Herr Hennig versucht, über den Onlinedienst seines Telefonanbieters ein technisches Problem zu lösen. Die Störung lässt sich jedoch nicht kurzfristig beheben. Der Service der Zukunft verhält sich in dieser Situation menschlich, indem er emotionales Verhalten zeigt und die Störung bedauert. Auch wenn der Kunde weiter verärgert ist, zeigt das System Verständnis für seine Ver­ ärgerung und entschuldigt sich erneut. Die Nase vorn haben wird, wer das ausgereif­ teste, also emotional intelligenteste System entwickelt. Accenture setzt hier Kompeten­ zen technisch um, die jeder gute Mitarbeiter in der Bearbeitung von Reklamationen beherrscht und verwendet, um verärgerte Kunden zu besänftigen. Dazu wird ein geeig­ netes Repertoire an Reaktionen je nach emo­ tionalem Zustand des Kunden hinterlegt. Auch der Vertrieb nutzt zukünftig gezielt emotionales Verhalten von digitalen Diens­ ten immer stärker, um Kaufwahrscheinlich­ keiten zu erhöhen. Noch ein Beispiel aus der Bankenwelt: Beim Abheben von Geld sind die meisten Kunden in Eile und beachten die häufig eingeblendete Werbung nicht. Bei Frau Geröllheimer ist das heute ausnahmsweise anders. Sie hat Zeit, ist gut gelaunt und denkt seit einiger Zeit über eine Geldanlage nach. Der Geldautomat erkennt ihren für einen Kauf gut geeigneten emotionalen Zustand und stellt fest, dass sie sieben Sekunden lang die Werbung für Geldanlagen aufmerk­ sam angesehen hat. Ein freundlich lächeln­ der digitaler Mitarbeiter erscheint auf dem Display des Geldautomaten. Einladende Ges­ tik und Mimik unterstreichen sein Angebot, jetzt mit einem Mitarbeiter der Bank über das Thema zu sprechen (das System hat im Hintergrund geprüft, ob Mitarbeiter verfüg­ bar sind und ob Frau Geröllheimer laut CRM für Geldanlageprodukte infrage kommt). Frau Geröllheimers Mimik zeigt Unent­ schlossenheit. Das System verspricht ihr, dass das Gespräch unverbindlich ist und lediglich 15 Minuten dauern wird. Schlussendlich überzeugt der Satz: „Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sich die Zeit nehmen“, der begleitet ist von entsprechend freundlichaffirmativer Mimik und Gestik. Designing Emotions Dienste auf den Menschen mit all seinen Gefühlslagen auszurichten erfordert, dass sie einfach und elegant seine Ansprüche als Kunde erfüllen und zusätzlich angemessen – also emotional – auf sein Verhalten einge­ hen. Dadurch steigen die Komplexität und die Anforderungen an Designer, emotionale Situationen zu ermöglichen und positive Gefühle bei Kunden zu erzeugen. Wenn das Vorhaben gelingt, und es wird in naher Zukunft gelingen, können Unternehmen bald hocheffiziente digitale Dienste anbieten und mit starken (digitalen) Beziehungen gleich­ zeitig die Kundenbindung verbessern. Ihr Ansprechpartner: Johannes Erbslöh [email protected] Über Accenture Kontakt Accenture ist ein weltweit agierender Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleister mit mehr als 305.000 Mitarbeitern, die für Kunden in über 120 Ländern tätig sind. Als Partner für große Business-Transformationen bringt das Unternehmen umfassende Projekt­ erfahrung, fundierte Fähigkeiten über alle Branchen und Unternehmensbereiche hin­ weg und Wissen aus qualifizierten Analysen der weltweit erfolgreichsten Unternehmen in eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit seinen Kunden ein. Accenture erwirt­ schaftete im vergangenen Fiskaljahr (zum 31. August 2014) einen Nettoumsatz von 30 Mrd. US-Dollar. Die Internetadresse lautet www.accenture.de Sven Drinkuth Geschäftsführer Accenture Strategy CRM [email protected] Accenture Management Consulting Accenture ist ein weltweit agierender Managementberatungs-Dienstleister. Mit über 17.000 Beratern weltweit und der umfassenden Erfahrung aus einer Vielzahl von Projekten unterstützt Accenture Management Consulting Unternehmen und Regierungen auf ihrem Weg zu High Performance. Die Kombination aus umfas­ sendem Branchenwissen und fundierten Fähigkeiten ist dabei die Basis für führende Dienstleistungen in den Bereichen Strategie, Analytik, Finance & Enterprise Performance, Marketing, Operations, Risk Management, Sales & Customer Services, Nachhaltigkeit sowie Talent & Organization. Copyright © 2014 Accenture All rights reserved. Accenture, its logo, and High Performance Delivered are trademarks of Accenture. Dr. Christine Knackfuss Manager Accenture GmbH [email protected]