Navigator Wegweiser für Entscheider in Marketing, Vertrieb und Kundenservice Das neue Öl Daten entwickeln sich immer mehr zu potenzialträchtigen Umsatztreibern Auszug aus Ausgabe 4, Sommer 2014 Das neue Öl Daten entwickeln sich immer mehr zu potenzial­ trächtigen Umsatztreibern Aus Wasser Wein machen, das konnte nur Jesus. Aus Bits und Bytes Geld machen, das klingt nach der Alchemie der Neuzeit. Monetarisierung von Daten heißt dieser Trend im Kontext von Big Data und der Digitalisierung von Geschäftsfeldern. Die möglichen Ertragspotenziale dank Daten führen mitunter zu einer regelrechten Goldgräberstimmung am Markt. Doch ist wirklich alles Gold, was da so glänzt? Sind Daten das neue Öl, das die Wirtschaft boomen lässt? Eines ist klar: Es bedarf intelligenter Filter, um aus dem Rohstoff das jeweils wertvolle, weil zweckdienliche, Destillat zu gewinnen. Laut einer Kalkulation der Financial Times (FT) würden Unternehmen aktuell rund 60 US-Cent für das Datenprofil einer Durch­ schnittsperson zahlen. Ein Paket mit tausend ähnlichen Profilen, angereichert mit Infor­ mationen zu Demographie (Alter, Wohnort u. a.), Familiensituation (Anzahl und Alter der Kinder), Vermögensstand und Interessen, wäre nach den Berechnungen der FT rund 600 Euro wert. Also ungefähr genauso viel wie tausend Liter Erdöl. Zugegeben, das ist ein gewagter Vergleich. Im Jahr 2012 gaben Unternehmen für Dienstleistungen von Markt­ forschungsinstituten weltweit über 40 Milli­ arden Euro aus – verbunden mit der Erwar­ tung, das Marketing weiter zu verbessern. Moneten aus Daten Monetarisierung von Daten. Bei diesem Geschäftsmodell geht es schlicht darum, bestehende Datenquellen innovativ zu nutzen, um zusätzliche Erlöse zu erwirtschaften. Der Verkauf von Rohdaten zum Kundenverhalten aus eigenen Datenbanken kann ein erster Ansatz sein. Echte Verhaltensdaten sind für Marktforscher nämlich eine interessante Alternative zu klassischen Befragungen, da beobachtetes Verhalten grundsätzlich wert­ voller ist als erfragtes. So hat es zwar einen gewissen Wert, wenn ein Konsument bei der Eröffnung seines Nutzerkontos in einem sozialen Netzwerk seine Interessen angibt; weitaus objektiver, umfassender und somit relevanter ist dann aber sein tatsächlich beobachtbares Nutzungsverhalten und die Klicks, mit denen er preisgibt, was ihm gefällt und was ihn beschäftigt. Neben dem bloßen Handel mit Rohdaten zählen zur Daten-Monetarisierung auch datenbasierte Services wie Analysen oder Empfehlungen. Sie zielen auf eine Verede­ lung der Rohdaten ab. Und das geht so: Je mehr Mosaiksteinchen, also Spuren in der digitalen Welt, die Nutzer hier und da hin­ terlassen, desto präziser die einzelnen Bilder, aus deren Analyse sich Empfehlungen erge­ ben. Daten über unser „Surf“-Verhalten im Internet zeigen dabei nur einen Ausschnitt, der aktuell zwar am leichtesten zu erfassen ist, aber unsere Lebenswirklichkeit nur zum Teil widerspiegelt. Schlagwörter wie „Intelli­ gente Netze & Städte“, „Persönliche Mobili­ tät“, „Vernetztes Fahren“ oder das „Internet der Dinge“ lassen vermuten, welche Bereiche unserer Wirklichkeit in Zukunft erfasst, gespeichert und ausgewertet werden können. Die rasant wachsende Anzahl an Daten­spuren bei der Nutzung alltäglicher Dienstleistungen liefert den Unternehmen in zunehmendem Maße relevantes Analyse­material. Erkenntnisgewinn aus Bewegungs­ profilen Ein internationaler Mobilfunkanbieter erfasst die Datenspur seiner Kunden im Mobilfunk­ netz, um anonymisierte Bewegungsprofile zu erstellen. Solche Profile sind für andere Unternehmen Gold wert, wenn es um die regionale Analyse von Kundenströmen und Standortentscheidungen geht. Wie viele Personen zu welcher Zeit und wo genau in London unterwegs sind, all das kann genau gemessen werden. Für Supermarktketten sind Antworten auf solche Fragen von unschätz­ barem Wert, weil sich damit zum Beispiel ermitteln lässt, wo und in welchem Umfang idealerweise Coupon-Aktionen durchgeführt werden sollten. Idealerweise lassen sich solche Informationen, wie in diesem Fall, noch mit Wissen über spezifische Kunden­ segmente von weiteren externen Daten­ anbietern anreichern. Sind es eher Teenager, die zur Mittagszeit über den Piccadilly Circus flanieren? Wie viele ausländische Touristen befinden sich unter den Personenströmen? Wie unter­ scheidet sich das Durchschnittseinkommen der Passagiere in den unterschiedlichen U-Bahn-Linien? Die sogenannte „Footfall“Analyse ist ein Werkzeug, das dabei hilft, solche Fragen zu beantworten. Für den Mobilfunkanbieter eröffnete dieser Ansatz ein zusätzliches Geschäftsmodell – und das auf der Basis von Daten, die dem Unterneh­ men größtenteils bereits vorlagen. Sprich: Wenn Unternehmen in der Lage sind, diese Daten intelligent auszuwerten, können sie mehr Profit erzielen. Die denkbaren Einsatz­ möglichkeiten präzise ausgewerteter Daten sind vielfältig: Neben einer passgenauen Werbung für jeden Kunden, idealerweise sogar zum richtigen Zeitpunkt, zählen auch eine präzisere Planung von Lagerbeständen oder eine effektivere Personaleinsatzplanung der Filialen dazu. Delikate Frage der Datenhoheit In Deutschland stieß ein Unternehmen mit seinem Produkt „Smart Steps“ auf derart massive Kritik, dass die Einführung des Produktes Ende 2012 abgesagt wurde. Und das, obwohl das Unternehmen davon über­ zeugt war, dass das Angebot alle Daten­ schutzansprüche erfülle, insbesondere, da nur anonymisierte Daten in die Analyse ein­ flössen. Nachdem die rechtliche Situation in Deutschland durchaus unterschiedlich interpretiert wird, war wohl vor allem der erwartete Unmut der eigenen Kunden das ausschlaggebende Kriterium, die Einführung des Dienstes in Deutschland nicht weiter voranzutreiben. Denn dem möglichen Zusatzertrag stand ein signifikantes Risiko im Kerngeschäft gegenüber, nämlich der Verlust von Vertrauen in die Marke. Dass Konsumenten auch im deutschspra­ chigen Raum es nicht grundsätzlich ableh­ nen, Unternehmen ihre Daten zur weiteren Nutzung zu überlassen, belegt eine Studie im Auftrag eines der größten europäischen Telekommunikationsunternehmen. Danach zeigten sich drei Viertel der Befragten bereit, ihre persönlichen Daten für die Verbesserung medizinischer Leistungen herzugeben und immerhin noch knapp die Hälfte für die Ver­ ringerung von Staus oder Emissionen im Verkehr. Dagegen stimmte nur jeder Zehnte zu, persönliche Daten für bessere Kauf­ empfehlungen und personalisierte Werbung preiszugeben. Ein Mobilfunkunternehmen, das Datenspuren aus seinem Mobilfunknetz an einen Stauprognosedienst übermittelte, sah sich folglich mit deutlich weniger Kritik konfrontiert. Zustimmung oder Ablehnung hängt also stark vom Verwendungszweck ab. Big Data erregt deutlich weniger Misstrauen bei Konsumenten, wenn sie einen klaren Nutzen erkennen und die Unternehmen die erforderliche Transparenz über die Nutzung gesammelter Daten herstellen. Thema mit gewaltigem Potenzial Darüber hinaus sollten Unternehmen ihre Kunden fair und nachvollziehbar an den zusätzlichen Erlösen aus dem Geschäft mit ihren Daten beteiligen. Denn die Studie zeigte überdies die vorhandene Bereitschaft der Kunden, gegen monetäre Anreize einer Nutzung ihrer Daten zuzustimmen. In einer anderen Umfrage äußerten 62 Prozent der Autofahrer in Deutschland ein Interesse an sogenannten Telematik-Tarifen, wenn ihnen dadurch preisgünstige Beiträge garantiert werden. In diesem Fall sammelt eine im Auto installierte Box verschiedene Telemetrie-Daten zum Fahrstil (Fahrzeit, zurückgelegte Kilometer, Geschwindigkeits­ überschreitung oder Bremsverhalten). Diese werden anschließend ausgewertet und zur Kalkulation der Prämie herangezogen. Der Erfolg eines neuen Kfz-Versicherungstarifs einer Tochterbank wird somit vor allem vom Einsparpotenzial für den Fahrzeughalter abhängen, auch wenn Datenschützer den Plänen des Unternehmens noch skeptisch gegenüberstehen. Doch nicht nur Daten der Konsumenten lassen sich monetarisieren. Während die klassischen B2C-Beispiele typischerweise die größere Medienaufmerksamkeit auf sich ziehen, sind es die Möglichkeiten im B2BBereich, die ein höheres Ertragspotenzial aufzeigen. So geht General Electric in einer Studie zum „Industrial Internet“ davon aus, dass allein die Luftfahrtindustrie mit der Verminderung des Kerosinverbrauches um nur ein Prozent durch intelligent vernetzte Maschinendaten in den nächsten 15 Jahren über 30 Milliarden US-Dollar einsparen kann. Gemeinsam mit Accenture hat GE deshalb das Joint Venture Taleris gegründet, das Luft­ fahrtunternehmen weltweit dabei unterstützt, ihren Betrieb auf der Basis von Flugzeug­ sensordaten intelligenter zu gestalten. Taleris überwacht zum Beispiel im Auftrag von Etihad Airways den Flugbetrieb der gesamten Flotte und analysiert kontinuierlich die Daten verschiedener Sensoren und Komponenten an Bord, um Probleme frühzeitig zu erkennen und den Bedarf an ungeplanten Wartungs­ einsätzen und Ausfällen zu minimieren. In diesem Anwendungsfall vermindern Daten und ihre intelligente Nutzung wortwörtlich den Verbrauch von zusätzlichem Öl. Fazit Daten, die in zunehmendem Maße als Fuß­ abdrücke alltäglicher Geschäftsprozesse anfallen, sind ein wertvoller Rohstoff, dessen intelligente Nutzung Wertpotenziale für Unternehmen beinhaltet. Sie können ein Garant für deren anhaltenden wirtschaft­ lichen Erfolg sein sowie die Konjunktur ins­ gesamt ankurbeln. Gefragt sind Offenheit für Experimente in einem noch nicht defi­ nierten Markt und Fingerspitzengefühl im Umgang mit Kunden, die zunehmend sen­si­ bilisiert sind für das, was mit ihren Daten geschieht. Ihr Ansprechpartner: Michael Mattern [email protected] Über Accenture Kontakt Accenture ist ein weltweit agierender Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleister mit rund 289.000 Mitarbeitern, die für Kunden in über 120 Ländern tätig sind. Als Partner für große Business-Transformationen bringt das Unternehmen umfassende Projekterfahrung, fundierte Fähigkeiten über alle Branchen und Unternehmensbereiche hinweg und Wissen aus qualifizierten Analysen der weltweit erfolgreichsten Unternehmen in eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit seinen Kunden ein. Accenture erwirtschaftete im vergangenen Fiskaljahr (zum 31. August 2013) einen Nettoumsatz von 28,6 Mrd. US-Dollar. Die Internetadresse lautet www.accenture.de. Sven Drinkuth Geschäftsführer Accenture Strategy CRM [email protected] Accenture Management Consulting Accenture ist ein weltweit agierender Managementberatungs-Dienstleister. Mit über 17.000 Beratern weltweit und der umfassenden Erfahrung aus einer Vielzahl von Projekten unterstützt Accenture Management Consulting Unternehmen und Regierungen auf ihrem Weg zu High Performance. Die Kombination aus umfassendem Branchenwissen und fundierten Fähigkeiten ist dabei die Basis für führende Dienstleistungen in den Bereichen Strategie, Analytik, Finance & Enterprise Performance, Marketing, Operations, Risk Management, Sales & Customer Services, Nachaltigkeit sowie Talent & Organization. Copyright © 2014 Accenture All rights reserved. Accenture, its logo, and High Performance Delivered are trademarks of Accenture. Dr. Christine Knackfuss Manager Accenture GmbH [email protected]