Rechnen mit bedingten Erwartungswerten

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Spieltheorie
Z2-1
Wintersemester 2009/10
Rechnen mit bedingten Erwartungswerten
1. Bedingte Wahrscheinlichkeiten/Dichtefunktionen
(a) Diskrete Zufallsvariablen
Die Wahrscheinlichkeit für ein “Ereignis” A, gegeben dass ein “Ereignis” B
eingetreten ist wird als bedingte Wahrscheinlichkeit von A gegeben B bezeichnet. Sie ist definiert als
P rob(A|B) :=
P rob(A ∩ B)
P rob(B)
(1)
wobei P rob(A ∩ B) die Wahrscheinlichkeit der Schnittmenge A ∩ B ist, d.h.
die Wahrscheinlichkeit, dass zugleich Ereignis A und B erfüllt ist. Dies gilt
natürlich nur, wenn P rob(B) > 0, da der Ausdruck sonst nicht definiert
wäre.1
(b) Stetige Zufallsvariablen
Seien X und Y zwei eindimensionale, stetig verteilte Zufallsvariablen. Die
bedingte Dichte der Realisierung x ∈ R gegeben die Realisierung y ∈ R ist
definiert als
f (x, y)
(2)
f (x|y) :=
g(y)
wobei fR(x, y) die gemeinsame Dichte von zwei Realisierungen x und y ist und
g(y) = f (x, y)dx die marginale Dichte von y.
(c) Stetige Zufallsvariablen und “Ereignisse”
Die bedingte Dichte von x gegeben ein Ereignis B (genauer: x ∈ B) ist
definiert als
f (x) · 1B (x)
(3)
f (x|B) :=
P rob(B)
wobei f (x) die Dichte von x ist, P rob(B) =
1B (x) :=
1

1
0
R
B
f (x)dx und
if B
if B, das Komplement von B
(4)
Dies ist genau der Grund, warum wir in manchen Situationen abseits vom GG-Pfad
nicht Baysianisch updaten können. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Informationsmenge
des betrachteten Spielers erreicht wird (Ereignis B), ist Null.
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Z2-2
Wintersemester 2009/10
Diese Funktion sagt also im Prinzip nichts anderes als 0 oder 1, je nachdem,
ob wir gerade in jenem Bereich über x integrieren, so dass Ereignis B eingetreten ist oder nicht. Der Term f (x) · 1B (x) entspricht also f (x, y) von Fall
(b). Wiederum muss natürlich P rob(B) > 0 sein, damit der Ausdruck Sinn
macht.
2. Bayes’ Regel (Bayes’ Theorem)
(a) Im diskreten Fall gilt, dass
P rob(B|Ai )P rob(Ai )
,
P rob(Ai |B) = P∞
j=1 P rob(B|Aj )P rob(Aj )
wenn
S∞
j=1
(5)
Aj = B, Aj ∩ Ak = ∅. Analog gilt im stetigen Fall, dass
h2 (y|x) = R
h1 (x|y)g2 (y)
h1 (x|s)g2 (s)ds
(6)
wobei h1 (x|y) die bedingte Dichte von x gegeben y ist, h2 (y|x) die bedingte
Dichte von y gegeben x, und g2 (·) ist die marginale Dichte von y.
3. Bedingter Erwartungswert
(a) Diskreter Fall:
Sei X eine diskrete Zufallsvariable. Dann ist der bedingte Erwartungswert
dieser Zufallsvariable, gegeben dass ein Ereignis B eingetreten ist (genauer:
X ∈ B), definiert als
E[X|B] :=
X
xP rob(x|B)
(7)
x
Für diskrete Zufallsgrößen gilt, dass eine Realisierung x ein Ereignis ist, welches mit positiver Wahrscheinlichkeit auftritt. Also können wir die Definition
von bedingter Wahrscheinlichkeit verwenden. Daher gilt, dass
E[X|B] :=
X
x
x
X
1
P rob(x ∩ B)
xP rob(x ∩ B)
=
P rob(B)
P rob(B)
(8)
Die Wahrscheinlichkeit P rob(x ∩ B) ist entweder Null für jene x für die das
Ereignis B nicht eintritt oder P rob(x) für jene x, für die das Ereignis B
eintritt. Dementsprechend gilt
"
#
X
X
X
1
1
E[X|B] =
xP rob(x) +
x·0 =
xP rob(x) (9)
P rob(B) x∈B
P
rob(B)
x∈B
x∈B
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Z2-3
Wintersemester 2009/10
Ein Beispiel:
Betrachten Sie einen La-Place-Würfel, d.h. die Wahrscheinlichkeit für jede
Zahl eins bis sechs ist gleich gross (nämlich 1/6). Der unbedingte Erwartungswert ist
6
X
21
1
= 3, 5.
(10)
E[X] =
i =
6
i=1 6
Wie gross ist der Erwartungswert bedingt darauf, dass die gewürfelte Zahl
wenigstens 4 oder größer ist? Einsetzen in die Formel ergibt
E[X|X ≥ 4] =
6
X
1 15
1
1
=5
i =
P rob(X ≥ 4) i=4 6
1/2 6
(11)
Es kommt genau das heraus, was man intuitiv erwartet hätte.
(b) Stetiger Fall:
Sei X eine stetig verteilte Zufallsvariable. Dann ist der bedingte Erwartungswert dieser Zufallsvariable, gegeben dass ein Ereignis B eingetreten ist, definiert als
Z
E[X|B] := sf (s|B)ds
(12)
wobei s die Laufvariable ist. Einsetzen für die bedingte Wahrscheinlichkeit
ergibt
Z
Z
f (s) · 1B (s)
1
E[X|B] = s
ds =
sf (s)ds
(13)
P rob(B)
P rob(B) B
Kurze Erklärung zum zweiten Teil der letzten Gleichung: P rob(B) ist eine
ex-ante Wahrscheinlichkeit dafür, dass Ereignis B eintritt, und ist daher invariant, kann also aus dem Integral herausgezogen werden. Die oben definierte
Funktion 1B (x) ist immer null genau dann, wenn über Realisierungen von X
integriert wird, so dass Ereignis B nicht erfüllt ist. Also ist in jenem Bereich
(B, das Komplement zu B) der Gesamtwert gerade Null. Dies bedeutet aber,
dass man nur über jene Bereiche integrieren muss, für die B erfüllt ist (analog zum diskreten Fall), dann ist 1B (x) immer eins und taucht deshalb nicht
mehr auf.
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Z2-4
Wintersemester 2009/10
Ein Beispiel:
Eine Zufallsvariable V sei zwischen [a, b] mit b > a > 0 gleichverteilt. Wir
möchten den Erwartungswert für V berechnen, gegeben dass V ≤ c,
wobei a < c < b. Wir wissen, dass für Zufallsvariablen, die über [a, b] gleichverteilt sind, die Dichtefunktion
f (v) =

 1
b−a
0
für a ≤ v ≤ b
sonst
(14)
und die Verteilungsfunktion
F (c) =
Z c
f (s)ds =
−∞



0
c−a
 b−a


1
c≤a
a<c≤b
c>b
(15)
ist (s ist der Laufindex). Die Verteilungsfunktion ist gerade die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die betrachtete Zufallsvariable eine Realisierung kleiner
oder gleich einem Schwellenwert annimmt.
Einsetzen der Formel für bedingte Erwartungswerte ergibt:
Z c
1
sf (s)ds
E[V |V ≤ c] =
P rob(V ≤ c) 0
1 Zc
1 Zc
1
=
sf (s)ds = c−a
ds
s
F (c) 0
b−a
b−a 0
"
#c
b−a 1 2 1
(b − a) 1 c2 − a2
=
s
=
c−a 2 b−a a
c − a 2 (b − a)
1
1 (c − a)(c + a)
=
= (c + a)
2
(c − a)
2
(16)
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