Service Branding - Universität St.Gallen

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Service Branding
Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten
des Aufbaus innerer Markenbilder für Dienstleistungen
am Beispiel des Telekommunikationsmarktes
DISSERTATION
der Universität St. Gallen
Hochschule für Wirtschafts-,
Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)
zur Erlangung der Würde eines
Doktors der Wirtschaftswissenschaften
vorgelegt von
Rico Kehrer
aus
Deutschland
Genehmigt auf Antrag der Herren
Prof. Dr. Torsten Tomczak
und
Prof. Dr. Thomas Bieger
Dissertation Nr. 3050
Peter Lang GmbH
Europäischer Verlag der Wissenschaften
Frankfurt am Main 2005
Die Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation, ohne damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu
nehmen.
St. Gallen, den 19. April 2005
Der Rektor:
Prof. Ernst Mohr, PhD
Meinen Eltern,
Claudia und Tom
Vorwort
Service Branding, d.h. die Entwicklung und Einführung neuer Marken für
Dienstleistungen, ist ein aktuelles und faszinierendes Thema des Marketing.
Anders als klassische Konsumgüter sind Services oftmals abstrakte und kognitiv schwer zugängliche Markenträger, die sich mitunter - wie etwa im Falle von
Telekommunikationsdienstleistungen - nicht nur dem Involvement, sondern
auch der Wahrnehmung des Nachfragers entziehen. Wie vor diesem Hintergrund Dienstleistungsmarken gestaltet werden können, um als Wahrnehmungsanker unsichtbarer Selbstverständlichkeiten eine effiziente und
wirkungsvolle Manifestation im Gedächtnis des Konsumenten zu ermöglichen,
war die spannende und relevante Kernfrage meiner Forschungsarbeit: Relevant, da sich Dienstleister in Telekommunikations- und anderen Branchen unter Einsatz enormer Budgets wahre Schlachten um die Präferenzstellung ihrer
Marken im Kopf des Konsumenten liefern - ohne dass die Marketingforschung
hierzu bislang spezifische Gestaltungsempfehlungen angeboten hätte. Und
spannend, da diese - zumal interdisziplinäre - Thematik einen integrierten Zugang über unterschiedliche Ansätze erforderte, welcher die in Theorie und Praxis ohnehin sehr kontrovers diskutierten Begriffe Marke und Dienstleistung
zielführend miteinander verknüpft.
Auf diesem Weg der wissenschaftlichen Erkenntnis, und an dieser Stelle
möchte ich so manchen Ab- und Umweg nicht verleugnen, haben mich zahlreiche Personen begleitet, ohne die das Unterfangen dieser externen Promotion
an der Universität St. Gallen so nicht möglich gewesen wäre: Allen voran gilt
der Dank meinem Doktorvater, Prof. Dr. Torsten Tomczak, für die inhaltliche,
methodische sowie vertrauensvoll menschliche Unterstützung. Prof. Dr. Thomas Bieger danke ich für die freundliche Übernahme des Korreferats und für
wichtige Anregungen in entscheidenden Phasen. Fachlich wurde das Projekt
ferner durch vielfältige Kontakte zu Unternehmens- und Verbandsvertretern,
insbesondere zu Marketingführungskräften aus der Telekommunikations- und
Energiebranche bestimmt, für deren freundliche und kooperative Unterstützung
ich mich ebenso sehr bedanke!
Einen ganz wesentlichen Anteil an der Entstehung dieser Arbeit, der sich in
anstrengenden Phasen weit über das Fachliche hinaus erstreckt hat, haben
meine Freunde Prof. Dr. Christian Schade, Dipl.-Kfm. Alexander Köhl,
Dipl.-Kfm. Tamer Kemeröz, Dr. Klaus Lawerenz sowie - last but not least Dipl.-Kfm. Conrad Zechel, der in der Endphase des Projekts große Teile der
Arbeit Korrektur gelesen hat. Dr. Ben Birkhofer danke ich für die Gastfreundschaft während der Zeit meines Doktorandenstudiums in St. Gallen. Mein Dank
gilt ferner meinen Arbeitskollegen, besonders Dipl.-Kffr. Silke van den Boom
IV
Vorwort
und Dipl.-Vfw. Harry Kriegsmann, die mir in zeitlich engen Situationen stets
den Rücken freigehalten haben.
Mein größter Dank jedoch gilt meiner Familie, ohne deren Unterstützung das
Erreichte überhaupt nicht möglich gewesen wäre: Meinen Eltern, die mich mit
immerwährender Zuversicht durch alle Höhen und Tiefen begleitet haben; Meiner Frau Claudia, die trotz so mancher Widrigkeit und Entbehrung nie den
Glauben an mich verloren und mit unendlicher Geduld und stetem Optimismus
den größten Anteil zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen hat; Und natürlich
unserem Sohn Tom, der mit seiner Geburt nicht nur den Wettlauf gegen die
Fertigstellung dieser Arbeit gewonnen, sondern seinem stolzen Vater in einer
schwierigen Phase wieder den Blick auf das wirklich Wichtige im Leben eröffnet hat. Meinen Eltern, Claudia und Tom: Ihnen ist diese Arbeit in Liebe und
Dankbarkeit gewidmet.
Frankfurt, im April 2005
Rico Kehrer
Inhaltsübersicht
A Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
1. Service Branding in Praxis und Forschung
1
1
2. Zielsetzung und Eingrenzung
17
3. Forschungsmethodik und Aufbau der Arbeit
23
B Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
31
1. Der Markt für Telekommunikation
32
2. Unternehmensexterne Faktoren des Markenumfelds
49
3. Unternehmensinterne Faktoren des Markenumfelds
63
4. Anwendungsorientierte Implikationen als Zwischenfazit
67
C Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
75
1. Marke und Dienstleistung: Objekte des Marketing
76
2. Dienstleistungsmarke: Objekt des Service Branding
99
3. Besonderheiten des Service Branding
113
4. Hypothesen zum virtuellen Service Branding
140
D Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
147
1. Auswahl und Aufbau der Fallstudien
147
2. Erhebung der Fallstudien
149
3. Cross-Case-Analyse: Fallübergreifende Auswertung und
Interpretation
193
E Implikationen für das virtuelle Service Branding
205
1. Gestaltungsempfehlungen für die Praxis
205
2. Implikationen für die Markenforschung
225
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsübersicht
V
Abbildungsverzeichnis
XIII
Abkürzungsverzeichnis
XIX
A
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
1
1.
Service Branding in Praxis und Forschung
1
1.1 Allgemeine Entwicklung und aktuelle Situation
1
1.2 Service Branding auf dem Telekommunikationsmarkt
5
1.3 Stand der Forschung: Ein themenbezogener Überblick
10
2.
17
Zielsetzung und Eingrenzung
2.1 Ziele und forschungsleitende Fragestellungen
17
2.2 Eingrenzung des Forschungsthemas
20
3.
23
Forschungsmethodik und Aufbau der Arbeit
3.1 Anwendungsorientierung als methodisches Paradigma
23
3.2 Qualitative Methodenkombination
25
3.3 Aufbau der Arbeit
28
B
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
31
1.
Der Markt für Telekommunikation
32
1.1 Markthistorie: Transformation einer Schlüsselindustrie
32
1.2 Marktkräfte: Deregulierung und Technologie
35
1.3 Marktentwicklung: Zwischen Konvergenz und Fragmentierung
38
1.4 Anbieterstruktur: Von Spezialisierung bis Full-Service
43
1.5 Entwicklungstrends: Nachfrage bestimmt den Markt
46
VIII
2.
Inhaltsverzeichnis
Unternehmensexterne Faktoren des Markenumfelds
2.1 Markenumfeld Wettbewerb
49
49
2.1.1 Die David-Goliath-Situation
49
2.1.2 Internationalisierung verschärft Markenwettbewerb
52
2.1.3 Markenchaos durch Fusionen
53
2.1.4 Markenprofilierung in Pattsituation
54
2.1.5 Innovationsgeschwindigkeit und Markenpositionierung
55
2.2 Markenumfeld Konsumenten
56
2.2.1 Markendenken entwickeln
56
2.2.2 Mangelnde Wechselbereitschaft, geringe Markenbindung
57
2.2.3 Information Overload durch hohen Werbedruck
58
2.2.4 Geringes Involvement für Dienstleistungsangebote
60
2.2.5 „Irrationales“ Konsumentenverhalten
61
2.3 Markenumfeld Lieferanten und Absatzmittler
61
3.
63
Unternehmensinterne Faktoren des Markenumfelds
3.1 Brand Excellence als Kernbedingung
63
3.2 Kurzfristiger Erfolgsdruck vs. langfristiger Markenerfolg
64
3.3 Markenverantwortung und die Rolle der Werbeagenturen
65
4.
67
Anwendungsorientierte Implikationen als Zwischenfazit
4.1 Umfeldbedingte Herausforderungen
67
4.2 Anwendungsorientierte Implikationen für das Service Branding
72
C
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
75
1.
Marke und Dienstleistung: Objekte des Marketing
76
1.1 Das Marketingobjekt Marke
76
1.1.1 Formale Erklärungsansätze: Marke als Zeichen
81
1.1.2 Konstitutive Erklärungsansätze:
Marke als Markenartikel
83
1.1.3 Integrative Erklärungsansätze:
Marke als Wahrnehmungskonstrukt
84
1.1.4 Fazit: Die Marke als Repräsentation mit Verhaltenswirkung
88
Inhaltsverzeichnis
1.2 Das Marketingobjekt Dienstleistung
2.
IX
91
1.2.1 Formale Definitionsansätze:
Dienstleistung als Klassifikationsobjekt
92
1.2.2 Inhaltliche Erklärungsansätze:
Dienstleistung als Vermarktungsobjekt
94
1.2.3 Fazit: Eine anwendungsorientierte Dienstleistungsterminologie
97
Dienstleistungsmarke: Objekt des Service Branding
99
2.1 Das Konstrukt Dienstleistungsmarke
2.1.1 Perspektiven auf die Dienstleistungsmarke
99
99
2.1.2 Dienstleistungsmarke aus integrierter Marketingperspektive
101
2.1.3 Service Branding als Prozess der Wahrnehmungssteuerung
102
2.2 Voraussetzungen, Ziele und Aufgaben des Service Branding
104
2.2.1 Voraussetzungen und Rahmenbedingungen
104
2.2.2 Service-Brand-Power als Zielgröße
105
2.2.3 Positionierung als strategischer Ausgangspunkt
107
2.2.4 Markenstimuli als Gestaltungsvariablen
110
2.2.5 Ableitung der strategischen Kernaufgabe des Service Branding 112
3.
Besonderheiten des Service Branding
3.1 Service Branding als kognitionspsychologischer Prozess
113
113
3.1.1 Konsumentenorientierte Generatoren der Service-Brand-Power 114
3.1.2 Verhaltensorientierte Indikatoren der Service-Brand-Power
119
3.1.3 Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell
des Service Branding
121
3.2 Systematisierung kognitionspsychologischer Besonderheiten
123
3.2.1 Dienstleistungstypische Einflüsse
auf das visuelle Markenwissen
124
3.2.2 Dienstleistungstypische Einflüsse
auf das verbale Markenwissen
127
3.2.3 Zwischenfazit: Leistungswahrnehmung und Service Branding
129
3.3 Ableitung dienstleistungstypologischer Herausforderungen
130
3.3.1 Konsumgüterähnliche Dienstleistungen
131
3.3.2 Interaktive Dienstleistungen
132
3.3.3 Unsichtbare Dienstleistungen
133
3.3.4 Hybride Dienstleistungstypen
134
X
Inhaltsverzeichnis
3.3.5 Exkurs: Wahrnehmungsgrade als Variable strategischer
Entscheidung
3.4 Konzeptionelle Implikationen als Zwischenfazit
4.
135
136
3.4.1 Aufbau innerer Markenbilder als zentrale Herausforderung
136
3.4.2 Der Dienstleistungstyp bestimmt die Herausforderungen
137
Hypothesen zum virtuellen Service Branding
140
4.1 Markenpositionierung als strategischer Ausgangspunkt
140
4.2 Virtuelle Markenbildwelten als kognitive Verpackung
141
4.3 Gestaltungskriterien für virtuelle Markenbildwelten
142
4.4 Markenbildwelt und Markenkommunikation
143
D
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
147
1.
Auswahl und Aufbau der Fallstudien
147
2.
Erhebung der Fallstudien
149
2.1 Arcor: Markenpionier im Festnetzsegment
149
2.1.1 Das Unternehmen im Kurzprofil
149
2.1.2 Entwicklung der strategischen Positionierung der Marke Arcor
150
2.1.3 Entwicklung der virtuellen Arcor-Markenbildwelt
150
2.1.4 Kommunikation der Marke
152
2.1.5 Kritische Kurzbewertung
153
2.2 debitel: Vom Unternehmensnamen zum Markennamen
2.2.1 Das Unternehmen im Kurzprofil
154
154
2.2.2 Entwicklung der strategischen Positionierung der Marke debitel 155
2.2.3 Entwicklung des Auftritts der Marke debitel
156
2.2.5 Kritische Kurzbewertung
158
2.3 E-Plus: Repositionierung und Relaunch der Markenbildwelt
160
2.3.1 Das Unternehmen im Kurzprofil
160
2.3.2 Strategische Repositionierung der Marke E-Plus
160
2.3.3 Relaunch der virtuellen E-Plus-Markenbildwelt
161
2.3.4 Kommunikation der Marke
162
2.3.5 Kritische Kurzbewertung
164
Inhaltsverzeichnis
2.4 mobilcom: Service Branding in der Krise
XI
165
2.4.1 Das Unternehmen im Kurzprofil
165
2.4.2 Entwicklung der strategischen Positionierung
der Marke mobilcom
166
2.4.3 Der neue Auftritt der Marke mobilcom
167
2.4.4 Kritische Kurzbewertung
169
2.5 O2: Markenbildwelt als internationale Kommunikationsplattform
170
2.5.1 Das Unternehmen im Kurzprofil
170
2.5.2 Strategische Positionierung der Marke O2
171
2.5.3 Entwicklung der virtuellen O2-Markenbildwelt
171
2.5.4 Kommunikation der Marke
172
2.5.5 Kritische Kurzbewertung
174
2.6 Vodafone: Globalisierung einer nationalen Marke
175
2.6.1 Das Unternehmen im Kurzprofil
175
2.6.2 Strategische Markenausrichtung
177
2.6.3 Entwicklung der virtuellen Vodafone-Markenbildwelt
178
2.6.4 Kommunikation der Marke
179
2.6.5 Kritische Kurzbewertung
180
2.7 Yello Strom: Farbe als Schlüsselbild
181
2.7.1 Strommarkt: Vom Monopol zum Markenwettbewerb
181
2.7.2 Yello Strom im Kurzprofil
183
2.7.3 Strategische Positionierung der Marke Yello Strom
184
2.7.4 Entwicklung der virtuellen Yello Strom-Markenbildwelt
184
2.7.5 Kommunikation der Marke
186
2.7.6 Kritische Kurzbewertung
187
2.8 E.ON: Neuer Konzern, neue Marke
188
3.
2.8.1 Das Unternehmen im Kurzprofil
188
2.8.2 Hintergrund der markenstrategischen Entwicklung
188
2.8.3 Entwicklung der virtuellen E.ON-Markenbildwelt
189
2.8.4 Kommunikation der Marke
190
2.8.5 Kritische Kurzbewertung
191
Cross-Case-Analyse: Fallübergreifende Auswertung und
Interpretation
193
XII
Inhaltsverzeichnis
3.1 Überblick
193
3.2 Fallübergreifende Auswertung
194
3.2.1 Virtuelle Markenbildwelten mit hohem Integrationsgrad
194
3.2.2 Virtuelle Markenbildwelten mit Integrationsdefiziten
196
3.2.3 Zwischenfazit
198
3.3 Bewertung und Interpretation
199
E
Implikationen für das virtuelle Service Branding
205
1.
Gestaltungsempfehlungen für die Praxis
205
1.1 Aufbau und Einführung selbstreferentieller Markenbildwelten
205
1.1.1 Kreative Leitidee generieren
205
1.1.2 Schlüsselsignale integrieren
209
1.1.3 Assoziationen kontrollieren
211
1.1.4 Markenbildwelt präsentieren
212
1.1.5 Zusammenfassende Übersicht
212
1.2 Pflege selbstreferentieller Markenbildwelten
214
1.2.1 Markenbildwelt manifestieren
214
1.2.2 Kommunikationsanlässe generieren
215
1.2.3 Leistungen modifizieren/ innovieren
216
1.2.4 Markenwirkung kontrollieren
217
1.2.5 Zusammenfassende Übersicht
218
1.3 Optionen für Marken mit fragmentierten Markenbildwelten
219
1.3.1 Markennamen visualisieren
220
1.3.2 Re-Branding-Strategien evaluieren
221
1.3.3 Markenbildwelt modifizieren
222
1.3.4 Zusammenfassende Übersicht
222
1.4 Abschließende Gesamtübersicht
223
2.
225
Implikationen für die Markenforschung
Anhang
227
Literaturverzeichnis
243
Abbildungsverzeichnis
Abb. A-1:
Die Bedeutung der Dienstleistungsmarke aus der Sicht der
Wirtschaft
1
Entwicklung der Neuanmeldungen von Dienstleistungsmarken in Deutschland
2
Abb. A-3:
Die stärksten Marken der Welt
3
Abb. A-4:
Branchenspezifischer Anteil des Markenwerts am Gesamtunternehmenswert
4
Relevanz der Entscheidungsgründe für den Wechsel eines
Telekommunikationsanbieters (in der Einschätzung von
Telekommunikationsdienstleistern)
6
Markenrelevanz und Werbeintensität der Telekommunikationsbranche im Vergleich:
Stand und Entwicklungsprognose
8
Vereinfachte Darstellung des Zusammenhangs von Marke,
Markenbild und Markenassoziationen am Beispiel klassischer Konsumartikel und Telekommunikationsdienstleistungen
9
Abb. A-2:
Abb. A-5:
Abb. A-6:
Abb. A-7:
Abb. A-8:
Abb. A-9:
Auswahl relevanter Arbeiten der Marketingliteratur zum
Themenbereich Service Branding
12
Zielkatalog der Arbeit
18
Abb. A-10: Markenmanagement als geeignete Form der Marktbearbeitung für Telekommunikationsdienstleistungen
22
Abb. A-11: Forschungsprozess und angewandte Methodik
26
Abb. A-12: Aufbau und Struktur der Arbeit
29
Abb. B-1:
Abb. B-2:
Abb. B-3:
Abb. B-4:
Umfeld der Marken für Telekommunikationsdienstleistungen
31
Zeittafel: Meilensteine der Entwicklung des
Telekommunikationsmarktes in Deutschland
33
Quantitative Entwicklung der Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen in Deutschland
34
Weltmarktanteil und Struktur des deutschen
Telekommunikationsmarktes 2003
38
XIV
Abb. B-5:
Abbildungsverzeichnis
Hauptsegmente des deutschen Telekommunikationsdienstleistungsmarktes 2003
39
Abb. B-6:
Entwicklung des deutschen Festnetzmarktes
40
Abb. B-7:
Entwicklung des deutschen Mobilfunkmarktes
42
Abb. B-8:
Vereinfachte Wertschöpfungskette des Marktes für
Telekommunikationsdienstleistungen aus Sicht der
Schlüsselanbieter Netzbetreiber und Service Provider
45
Anbietertypen des Telekommunikationsmarktes
46
Abb. B-9:
Abb. B-10: Entwicklung vom Verkäufer- zum Käufermarkt
47
Abb. B-11: Generische markenstrategische Ausgangssituationen auf
liberalisierten Märkten
49
Abb. B-12: Austauschbarkeit der Markenauftritte: Auswahl an Claims,
Testimonials und Werbeträgern in der Kommunikation
deutscher Telekommunikationsdienstleister (1998-2004)
55
Abb. B-13
Stärke der Markenbindung im deutschen Mobilfunkmarkt
58
Abb. B-14
Die Telekommunikationsindustrie als Top-Werbebranche
59
Abb. B-15
Ursachen für Kooperationsprobleme mit Werbeagenturen
66
Abb. B-16: Herausforderung strategische Markenabgrenzung
68
Abb. B-17: Herausforderung nachhaltige Markenprofilierung
69
Abb. B-18: Herausforderung wirkungseffiziente Markenkommunikation
70
Abb. B-19: Herausforderung operative Umsetzung
71
Abb. C-1:
Stufen der Markenentwicklung
77
Abb. C-2:
Markenverständnis deutscher Unternehmen
79
Abb. C-3:
Interpretationen der Begriffe Marke und Markenmanagement anhand beispielhaft ausgewählter Literatur
80
Zentrale Erklärungsansätze zur Marke in der Marketingtheorie
81
Abb. C-5:
Semiotisches Markenschema
86
Abb. C-6:
Das S-O-R Paradigma als Grundmodell kognitionspsychologischer Markenansätze
88
Markentreppe: schematische Entwicklungsstufen vom
Produkt zur Marke
90
Abb. C-4:
Abb. C-7:
Abbildungsverzeichnis
Abb. C-8:
Abb. C-9:
XV
Formale Dienstleistungsdefinitionen und Klasseneinteilungen im internationalen Markenrecht und in der
internationalen amtlichen Statistik
93
Übersicht über produktionsphasenbezogene Charakteristika von Dienstleistungen aus verschiedenen Definitionsansätzen
95
Abb. C-10: Typologisierung von Absatzobjekten nach ENGELHARDT/
KLEINALTENKAMP/ RECKENFELDERBÄUMER und deren
Erweiterung durch MEFFERT
96
Abb. C-11: Grundsätzliche Perspektiven auf die Dienstleistungsmarke
99
Abb. C-12: Operative Ansätze zur Markierung von Dienstleistungen
101
Abb. C-13: Potentielle Wahrnehmungsphasen eines Dienstleistungsmarken-Stimulus aus Kundensicht
103
Abb. C-14: Interne und externe Voraussetzungen für das Service
Branding
105
Abb. C-15: Service-Brand-Power als Zielgröße des Service Branding
107
Abb. C-16: Visualisierung der Positionierung am Beispiel
ausgewählter US-Unternehmensberatungsfirmen
110
Abb. C-17: Service-Branding-Triade: Schlüsselsignale der
Dienstleistungsmarke
111
Abb. C-18: Antriebsorientierte Generatoren der Service-Brand-Power
115
Abb. C-19: Markenbekanntheit und Markenimage als Generatoren der
Service-Brand-Power
116
Abb. C-20: Visuelles und verbales Markenwissen als Generatoren der
Service-Brand-Power
117
Abb. C-21: Vergleich der Recallfähigkeit bei visueller und verbaler
Stimulation
118
Abb. C-22: Verhaltensorientierte Indikatoren der Service-Brand-Power
120
Abb. C-23: Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des Service
Branding
122
Abb. C-24: Ansatz zur Systematisierung markentechnischer Besonderheiten des Service Branding
123
Abb. C-25: Beispielhafte produkt- bzw. leistungsbezogene visuelle
Elemente innerer Markenbilder in Abhängigkeit von der
Immaterialität des Markenprodukts
125
XVI
Abbildungsverzeichnis
Abb. C-26: Beispielhafter Vergleich leistungsbezogener Ansatzpunkte
zum Aufbau verbalen Markenwissens in Abhängigkeit von
dem wahrgenommenen Immaterialitätsgrad der Leistung
128
Abb. C-27: Markentechnische Besonderheiten des Service Branding
aus kognitionspsychologischer Perspektive
129
Abb. C-28: Dienstleistungstypologie aus kognitionspsychologischer
Perspektive
131
Abb. C-29: Markenstrategische Basisalternativen am Beispiel von
Bankdienstleistungen
135
Abb. C-30: Aufbau innerer Markenbilder als zentrale Aufgabe des
Service Branding
137
Abb. C-31: Situative Schwerpunktthemen des Service Branding aus
kognitionspsychologischer Sicht
138
Abb. C-32: Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des virtuellen
Service Branding
144
Abb. D-1:
Auswahl und Aufbau der Fallstudien
148
Abb. D-2:
Arcor: Kurzprofil
149
Abb. D-3:
Arcor: Schlüsselsignale der Marke (Name, Zeichen,
Schlüsselbild („Rotschopf“), Claim)
151
Arcor: Werbekampagnen1998 (Markteinführung), 2001
(DSL), 2003 (DSL-Flatrate)
152
Abb. D-5:
debitel: Kurzprofil
154
Abb. D-6:
debitel: Schlüsselsignale der Marke
157
Abb. D-7:
debitel: Werbekampagne (Print) 2002, 2004
158
Abb. D-8:
E-Plus: Kurzprofil
160
Abb. D-9:
E-Plus: Schlüsselsignale der Marke
162
Abb. D-4:
Abb. D-10: E-Plus: Werbekampagnen Print, Internet, TV
163
Abb. D-11: mobilcom: Kurzprofil
165
Abb. D-12: mobilcom: Schlüsselsignale der Marke
168
Abb. D-13: mobilcom: Werbekampagnen in der Startphase und nach
Sanierung des Unternehmens
169
Abb. D-14: O2: Kurzprofil
170
Abbildungsverzeichnis
XVII
Abb. D-15: O2: Schlüsselsignale der Marke O2
172
Abb. D-16: O2: Werbekampagnen 2002 (Markenwechsel), 2003
(Genion)
173
Abb. D-17: Vodafone D2: Kurzprofil
176
Abb. D-18: Vodafone D2: Schlüsselsignale der Marke
178
Abb. D-19: Von Mannesmann bis Vodafone: Entwicklung eines
Markenzeichens (1992-2002)
179
Abb. D-20: Yello Strom: Kurzprofil
183
Abb. D-21: Yello Strom: Schlüsselsignale der Marke
185
Abb. D-22: Yello Strom: Print-Werbekampagnen 1999 (Markteinführung: Dramatisierung Markenidee), 2000 (Fußball-WM:
Dramatisierung „einfacher Wechsel“) und 2004
(Dramatisierung „Preis“)
186
Abb. D-23: E.ON: Kurzprofil
188
Abb. D-24: E.ON: Schlüsselsignale der Marke
189
Abb. D-25: E.ON: Print-Werbekampagnen 2000 (Markteinführung:
Dramatisierung Markenname und Farbe), 2001 (Image und
Produktwerbung) und 2003 (Schaffung einer „OnCommunity“)
191
Abb. D-26: Integrierte Markenbildwelt am Beispiel von E-Plus:
Bedeutungszusammenhänge und -wirkungen der
Schlüsselsignale
195
Abb. D-27: Teilintegrierte Markenbildwelten im Vergleich:
Bedeutungszusammenhänge und -wirkungen der
Schlüsselsignale
197
Abb. D-28: Übersicht: Vergleich der Markenbildwelten nach dem Grad
ihrer Integration
199
Abb. D-29: Gesamtübersicht: Bewertung der Fallobjekte und
Beurteilung der Hypothesen
203
Abb. E-1:
Abb. E-2:
Vereinfachte Darstellung der Wirkungszusammenhänge
zwischen den Kernelementen der selbstreferentiellen
virtuellen Markenbildwelt
210
Maximen zu Aufbau und Einführung selbstreferentieller
Markenbildwelten
213
XVIII
Abb. E-3:
Abbildungsverzeichnis
Manifestation der kreativen und strategischen Leitidee in
Form eines Marken-Codes am Beispiel Yello Strom
215
Wirkungsmodell des virtuellen Service Branding als
Controlling-Tool
218
Abb. E-5:
Maximen zur Pflege selbstreferentieller Markenbildwelten
219
Abb. E-6:
Maximen zur Evaluierung von Optionen für Marken mit
fragmentierten Markenbildwelten
223
Zusammenfassung: Integriertes virtuelles Service Branding
als situativer Entscheidungsprozess
224
Abb. E-4:
Abb. E-7:
Abb. An-1: Interviewleitfaden
227
Abb. An-2: Begleitende Informationen zum Interviewleitfaden
228
Abkürzungsverzeichnis
ARPU
Average Revenue Per User
DL
Dienstleistung(s)
DTAG
Deutsche Telekom AG
GSM
Global System for Mobile Communication
IG
Investitionsgüter
ISDN
Integrated Services Digital Network
PoS
Point of Sale
RegT
Regulierungsbehörde für Telekommunikation
und Post
TK
Telekommunikation(s)
UMTS
Universal Mobile Telecommunications System
US
United States
USP
Unique Selling Proposition
vs.
versus
WAP
Wireless Application Protocol
WWW
World Wide Web
A
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
1.
Service Branding in Praxis und Forschung
1.1 Allgemeine Entwicklung und aktuelle Situation
Starke Marken sind die Stars in der Welt der Wirtschaftsgüter. Markant und
unverwechselbar bringen sie die vielfältigen Eigenschaften eines Leistungsangebots auf einen Punkt. Starke Marken sind Wahrnehmungsanker, die in den
Köpfen der Kunden Bilder und Emotionen, Wünsche und Erinnerungen hervorrufen, die oftmals weit über die funktionalen Eigenschaften eines Produkts
hinausgehen. Des sich hieraus ergebenden Erfolgspotentials des modernen
Markenmanagements sind sich die Anbieter auf Konsum- und Gebrauchsgütermärkten längst bewusst: Im harten Verdrängungswettbewerb substantiell
austauschbarer Produkte gehören professionell und konsequent geführte Marken zu den wenigen konstanten Erfolgsfaktoren, die einen wertvollen Beitrag
zur Differenzierung und Kundenbindung leisten1. Aber wie sieht es im Bereich
Dienstleistungen aus?
„Marke und gute Dienste sind das A und O.“
Roland Berger, Unternehmensberater,
über den deutschen Telekommunikationsmarkt
„Von allen Assets, auf die McDonald’s seinen Erfolg der letzten Jahre zurückführen kann,
ist der Wert seiner Marke einer der wichtigsten.”
Reto Egger, Chief Operating Officer McDonald’s Suisse
„Der Bankenmarkt ist durch eine starke Verunsicherung der Verbraucher und einen massiven
Wettbewerb geprägt. In diesem Umfeld stellt der Markenaufbau für die Advance Bank die
entscheidende Strategie dar.”
Hans-Jürgen Raab, Vorstandssprecher Advance Bank
„Wir stehen vor der Sättigung des Mobilfunkmarktes. In Zukunft wird es vor allem einen
Wettbewerb der Marken geben.“
Uwe Bergheim, Chief Executive Officer E-Plus
„Für Luftverkehrsunternehmen gilt, dass im Dienstleistungsmanagement der Zukunft die Marke
zu den Top-3 Erfolgsfaktoren gehört.“
Hemjö Klein, Vorstandsmitglied Deutsche Lufthansa
Abb. A-1:
Die Bedeutung der Dienstleistungsmarke aus der Sicht der Wirtschaft2
Service Branding, die professionelle Entwicklung und Einführung von Dienstleistungsmarken, findet einerseits - nach langen Jahren eher intuitiver Marken1
2
Vgl. Tomczak/ Brockdorff 2000, S. 488.
Vgl. hierzu (1) Brinkmann 2001; (2) Egger 1998, S. 170; (3) Roth/ Ickstadt 1998, S. 80; (4) Spiller
2003; (5) Klein 1998, S. 945.
2
Kapitel A
entwicklung3 - in der Praxis stark zunehmendes Interesse. Denn ob Autovermieter oder Banken, Beratungs- oder Telekommunikationsunternehmen, Verkehrsbetriebe oder Wertpapierbörsen: Zahlreiche Service-Anbieter bekunden
und versuchen, das intangible Produkt Dienstleistung als Markenartikel zu
etablieren (Abb. A-1).
Diese Tendenz spiegelt sich in der Entwicklung der patentrechtlichen Eintragungen - der juristischen Geburtsstunde jeder Marke - wider. Dienstleistungsmarken sind seit 1979 in Deutschland4 und seit 1993 in der Schweiz5 den
Sachgütermarken formaljuristisch gleichgestellt.6
Anzahl der
Markenneuanmeldungen
(in Tausend)
Dienstleistungsmarken
Warenmarken
50
45
40
Anteil an
Markenneuanmeldungen
(in Prozent)
50
40
35
30
30
25
20
20
15
10
10
Dienstleistungsmarken
5
0
0
90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03
Abb. A-2:
90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03
Entwicklung der Neuanmeldungen von Dienstleistungsmarken in Deutschland7
In Deutschland hat sich die Zahl der jährlich angemeldeten Dienstleistungsmarken von 1980 (2.195) bis 2003 (25.728) nahezu verzwölffacht, während
sich im gleichen Zeitraum die Anmeldungszahlen für Warenmarken etwa nur
vervierfacht haben. Nach einem regelrechten Anmeldungsboom für Dienstleis3
4
5
6
7
Vgl. Demuth 1999, S. 33.
Eine umfassende Darstellung der Dienstleistungsmarke aus juristischer Sicht gibt Schreiner
1983. Vgl. hierzu auch Mühlendahl 1995.
Einen kommentierenden Überblick über die wichtigsten juristischen Aspekte im Umgang mit
Dienstleistungsmarken in der Schweiz bietet Pascual 1998. Zu einer ausführlichen rechtsvergleichenden Studie unter besonderer Berücksichtigung des schweizerischen Markenrechts vgl. Landolt 1993.
Deutschland und die Schweiz sind damit erst sehr spät in den Kreis der Industrienationen eingetreten, die den Schutz der Dienstleistungsmarke vorsehen. Beispielsweise wird in den USA bereits seit 1946 mit Inkrafttreten des Lanham Act die Eintragungsfähigkeit von Dienstleistungsmarken anerkannt (vgl. Schreiner 1983, S. 20 ff.).
Quelle: Deutsches Patent- und Markenamt 2004, S. 109; 2002a, S. 87.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
3
tungsmarken Ende der 90er Jahre8 hat sich dieser Entwicklungstrend mittlerweile auf hohem Niveau konsolidiert: Im Jahr 2003 handelt es sich bei über 40
Prozent der Markenneuanmeldungen um Dienstleistungsmarken (Abb. A-2).
In deutlichem Gegensatz zu dieser positiven quantitativen Entwicklung scheint
es um die Qualität des Service Branding eher schlechter bestellt. Dies zeigen
die Resultate zahlreicher qualitativer Analysen renommierter Markenexperten
und internationaler Institute. So befindet sich laut einer von BUSINESS W EEK
veröffentlichten Markenwertuntersuchung der US-Markenberatung INTERBRAND
unter den 10 stärksten Marken der Welt lediglich ein Kerndienstleistungsunternehmen9 (Abb. A-3). Und gerade mal zwei europäische Dienstleister rangieren
unter den Top-100-Marken.10
Gehandelter Markenwert 2003
(in Milliarden US-Dollar)
80
70
70,45
65,17
60
51,77
50
42,34
40
31,11
30
29,44
28,04
24,7
22,18
21,37
20
10
0
Coca Cola
Microsoft
Coca-Cola
Microsoft
Abb. A-3:
IBM
IBM
GE
GE
Intel
Intel
Nokia
Nokia
Disney
McDonald´s Marlboro
Mercedes
Disney
McDonald‘s
Marlboro Mercedes
Die stärksten Marken der Welt11
In einer qualitativen Markenanalyse der Agentur YOUNG & RUBICAM, die sich
auf die Befragung von über 50.000 Verbrauchern in 24 Ländern zu mehr als
12.000 Marken stützt, wurden - im Vergleich zu klassischen Markenartikeln -
8
9
10
11
Allein in den Jahren 1997 und 1998 hat sich die Zahl der Neuanmeldungen von Dienstleistungsmarken deutlich überproportional um 25,8 bzw. um 47,5 Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorjahr erhöht. Zum Vergleich: Die Zahl der Neuanmeldungen von Warenmarken hat sich 1997 nur
um 4,8 Prozent und 1998 um 8,8 Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorjahr erhöht (vgl. Deutsches Patent- und Markenamt 1999).
Zur kritischen Diskussion, inwieweit es sich bei Systemgastronomie-Ketten wie McDonald’s
überhaupt um Dienstleistungsunternehmen handelt, vgl. Kapitel C 1.2.3 sowie C 3.3.1.
Dies sind die britische Retail-Bank HSBC sowie die britische Nachrichtenagentur Reuters.
Quelle: o.V. Business Week 2003. Die Ermittlung der Markenwerte erfolgte auf Basis der Markenwertformel des US-Markenberatungsunternehmens Interbrand.
4
Kapitel A
signifikante Schwächen von Dienstleistungsmarken in den Bereichen relevante
Differenzierung, Ansehen und Vertrautheit ermittelt.12
Eine Untersuchung von PRICEWATERHOUSECOOPERS/ SATTLER kommt zu dem
Ergebnis, dass sich die im Rahmen von Firmenübernahmen ermittelten Markenwerte von „klassischen“ Markenartiklern, Dienstleistungsunternehmen und
Industriegüterherstellern signifikant unterscheiden.13 Während im Bereich kurzlebiger Konsumgüter der Markenwert im Durchschnitt 62 Prozent des Gesamtwerts der Unternehmung beträgt, hat der Markenwert bei Dienstleistungen
lediglich einen Anteil von 43 Prozent. Allerdings wird in der Analyse gerade
das Wachstumspotential von Dienstleistungsmarken als besonders hoch eingeschätzt, was die Bedeutung der Marke als fundamentalen Wertfaktor eines
Dienstleistungsunternehmens unterstreicht. Weit abgeschlagen folgen Industriegüterhersteller, deren Markenwert nur einen durchschnittlichen Anteil von 18
Prozent des Unternehmenswerts aufweist (Abb. A-4).
Anteil des Markenwerts am Unternehmenswert
(in Prozent)
60
62
50
53
40
43
30
20
18
10
0
KonsumgüterKonsumgüterunternehmen
unternehmen
(kurzlebige)
(kurzlebige)
Abb. A-4:
KonsumgüterKonsumgüterunternehmen
unternehmen
(langlebige)
DienstleistungsDienstleistungsunternehmen
unternehmen
IndustriegüterIndustriegüterunternehmen
unternehmen
(langlebige)
Branchenspezifischer Anteil des Markenwerts am Gesamtunternehmenswert14
Insgesamt verdeutlicht die aktuelle Entwicklung des Service Branding zwei
wesentliche und interessante Aspekte: Zum einen werden Dienstleistungsmarken - lange Zeit im Schatten einer vorwiegend qualitäts- und kostenfokussiert
geführten Dienstleistungsdiskussion - von Dienstleistungsmanagern immer
bewusster als Key Success Driver zur Erreichung und Sicherung starker Wettbewerbspositionen wahrgenommen.15 Insofern könnte die Aussage des franzö12
13
14
15
Vgl. Richter/ Werner 1998. Die Studie basiert auf dem 1993 von der Agentur Young & Rubicam
TM
Inc. entwickelten Konzept des Brand Asset Valuator.
Vgl. PricewaterhouseCoopers/ Sattler 2001.
Quelle: PricewaterhouseCoopers/ Sattler 2001, S. 12.
Vgl. hierzu Berry (1999), der in einer branchenübergreifenden Studie über High-Performance
Dienstleister die Marke als Schlüsselerfolgsfaktor des jeweiligen Geschäftsmodells evaluierte.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
5
sischen Markenexperten JEAN-NOËL KAPFERER aus dem Jahre 1992, dass
„manche Branchen im Dienstleistungssektor [...] wohl die Bedeutung der Marke
noch nicht richtig erkannt“16 haben, heute positiver formuliert lauten:
Dienstleister erkennen zunehmend die Bedeutung des Service Branding und
wollen sich und ihre Marktleistung als starke Marke profilieren. Andererseits
aber wird deutlich, dass im gesamtwirtschaftlich dominierenden Dienstleistungssektor17 Schwierigkeiten bestehen, das strategische Erfolgspotential der
Marke ebenso konsequent auszuschöpfen, wie dies seit langer Zeit auf dem
Feld der klassischen Markenartikel geschieht. Im Ergebnis existieren bei
Dienstleistungsmarken offenbar nicht unerhebliche Effizienz- und Wirkungsdefizite, obwohl gerade bei Dienstleistungen der Einsatz von vertrauens-, kompetenz- und sympathiegenerierenden Marken von
besonderer Bedeutung ist18 - nicht zuletzt aufgrund jener spezifischen Eigenschaften, die sie von Konsumgütern unterscheiden. So bleibt nach wie vor zu
konstatieren, dass viele Serviceunternehmen einen „gewissen Nachholbedarf
in Sachen Marke und Marketing“19 aufweisen und die strategische Entwicklung
und Einführung von Dienstleistungsmarken noch immer eher die Ausnahme als
die Regel darstellt.20 Oder pointierter formuliert: Das Interesse an Dienstleistungsmarken ist hoch, die Markenwerte sind (zu) gering.
1.2 Service Branding auf dem Telekommunikationsmarkt
Eine ähnliche Situation21 lässt sich auch auf dem - noch immer jungen - Markt
für Telekommunikationsdienstleistungen mit den Hauptsegmenten Festnetz,
Mobilfunk und Internet beobachten: Wie in zahlreichen Dienstleistungsbranchen kommt Marken auch hier eine stark wachsende Bedeutung zu.
Im Zuge der vollständigen Liberalisierung des deutschen Telekommunikationsmarktes Mitte der neunziger Jahre hat die Zahl der Anbieter und damit auch
der Wettbewerb drastisch zugenommen, in deren Folge sich die Branche auch
zu einem der werbeintensivsten Wirtschaftsgebiete entwickelt hat.22 Während
nach Aufhebung der Monopolstellung des ehemaligen staatlichen Unternehmens Deutsche Telekom die Marketingaktivitäten der Teilnehmer - insbesondere der neuen Netzanbieter und Service Provider - zunächst primär auf
operative Vertriebs- und Managementkompetenz mit dem Ziel der Kundenge16
17
18
19
20
21
22
Kapferer 1992, S. 35 f.
Innerhalb der Europäischen Union entfielen 2003 (15 Mitgliedstaaten) ca. 70 Prozent der Bruttowertschöpfung auf den Dienstleistungssektor (vgl. Eurostat 2004, S. 2).
Vgl. hierzu beispielhaft Zeithaml/ Bitner 2003, S. 40; Tomczak/ Brockdorff 2000, S. 486; Bieger
2002, S. 8, S. 313 f.; Meyer/ Tostmann 1995, S. 12.
Demuth 1999, S. 33.
Zur kritischen Beurteilung der Managementqualität bei Dienstleistungsmarken vgl. Taylor 1987,
S. 127; Aumüller 1994, S. 2050; Meyer/ Tostmann 1995, S. 15; Tomczak 1998, S. 28; Stauss
1998, S. 10 ff. sowie 1995; Tomczak/ Ludwig 1998, S. 48 ff.
Vgl. dazu ausführlich Kapitel B.
Vgl. Connect 2002, S. 109.
6
Kapitel A
winnung ausgerichtet waren, ist hier zunehmend eine stärkere Gewichtung von
Kundenbindungsaktivitäten zu verzeichnen: „Das Thema Kundenbindung ist für
Service Provider neu.“23 Und ebenso setzt sich die Erkenntnis durch, dass der
systematische Aufbau von Marken bei der Bindung, aber auch bei der Gewinnung von Kunden einen wertvollen Beitrag leisten kann. So zeigt sich in einer
Branchenanalyse der Unternehmensberatung MUMMERT CONSULTING, dass
Fach- und Führungskräfte von Telekommunikationsdienstleistern die Anziehungskraft der Marke auf neue Kunden höher einschätzen als etwa die des
Faktors innovative Leistungen (Abb. A-5).
Preis
65,9
65,9
Netzqualität
59,7
Kundenbetreuung
56,8
56,8
Marke
46,6
Innovative Leistungen
44,3
Bandbreite
38,6
38,6
Bundling
34,1
Flächendeckung
32,4
Internationalität
25,6
25,6
Abrechnungstransparenz
25,6
25,6
Serviceflexibilität
25,0
Datensicherheit
24,4
Empfehlung
23,9
Zukunftstechnologien
23,9
22,7
Benutzerfreundlichkeit
0
10
20
30
40
50
60
70
Anzahl der Nennungen
(in Prozent)
Abb. A-5:
Relevanz der Entscheidungsgründe für den Wechsel eines Telekommunikationsanbieters
(in der Einschätzung von Telekommunikationsdienstleistern) 24
Hinter diesem Entwicklungstrend - von einem eher „quantitativen“ zu einem
„qualitativen“ Vermarktungskonzept der Dienstleistung Telekommunikation steht die Überzeugung, dass vor allem mit Hilfe des Instruments Marke stabile
Grundpräferenzen bei bestehenden und potentiellen Kunden aufgebaut werden
können, während die vordergründige Kommunikation von Preisangeboten mittel- und langfristig kein Überleben sichern kann.25 Dabei sind die Funktionen,
die der Marke bei der Vermarktung von Telekommunikationsdienstleistungen
zukommen, vielfältig. Zum einen ist es gerade aufgrund der Eigenschaften des
23
24
25
Thorsten Grenz, Vorstandsvorsitzender Mobilcom AG, zitiert nach Müller 2004.
Quelle: in Anlehnung an Mummert Consulting 2003, S. 71. Die Ergebnisse basieren auf einer im
November 2003 durchgeführten Befragung von 278 Fach- und Führungskräften von Carriern und
Service Providern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Kögler 1999, Expertengespräch.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
7
intangiblen Produkts notwendig, dem Konsumenten überhaupt einen kognitiven
Zugang zur Leistung zu ermöglichen und so dem Angebot ein „Gesicht“ zu geben. Denn aufgrund der hohen Abstraktheit und Komplexität unterliegen Telekommunikationsdienstleistungen und deren Qualitäten einer generellen
Wahrnehmungs- und Beurteilungsproblematik auf Seiten des Kunden und umgekehrt, auf Seiten des Anbieters, einer entsprechenden generellen Vermittlungsproblematik. Zum anderen ist es ebenfalls aufgrund der Intangibilität,26
aber gerade auch in der konsumentenseitigen Entscheidungssituation beim
Abschluss eines ein- oder mehrjährigen Vertrages über Telekommunikationsdienstleistungen erforderlich, das wahrgenommene Entscheidungsrisiko des
Kunden zu reduzieren und auf diese Weise Sicherheit und Vertrauen zu vermitteln.27 Schließlich kann gerade die Marke zu einer nachhaltigen Differenzierung
im Telekommunikationswettbewerb beitragen, da die Dienstleistungen der verschiedenen Anbieter - bis auf Angebotstiefe und -breite sowie Preisunterschiede bei einzelnen Leistungen - mehr oder weniger ähnlich sind.28 Aber auch die
Struktur des Telekommunikationsmarktes und der sich hieraus ergebende horizontale wie vertikale Markenwettbewerb erfordern die Notwendigkeit profilierter Dienstleistungsmarken: So kommt etwa ein Kunde, der ein Nokia-Handy
mit einem Mobilfunkvertrag von Vodafone über den Service Provider debitel
erwirbt, bei einer Kaufentscheidung mit einer Angebotskombination dreier Marken in Kontakt. Und nicht selten stellt sich die Wahl des Service Providers oder
des Netzanbieters als Folgeentscheidung der Hardwarewahl dar.29
Dass dennoch dem Konsumenten die Dienstleistungsmarken des Telekommunikationsbereichs allmählich vertraut werden, belegt eine empirische Studie
von MCKINSEY/ MCM,30 nach der die Bedeutung der Marke im Branchenvergleich - bereits oder erst - eine mittlere Position einnimmt (Abb. A-6). Einerseits spricht dieses Ergebnis für die Interpretation einer schon mittleren
Position, da es angesichts der völligen Markenirrelevanz in der Zeit des Monopolmarktes und des relativ kurzen Zeitraums seit der Liberalisierung die rasant
zunehmende Gewichtung der Marke dokumentiert. Und dass auch in Zukunft
von einer weiter zunehmenden Bedeutung der Dienstleistungsmarke im Telekommunikationsbereich bei weiter steigenden Werbeausgaben ausgegangen
werden kann, ist die vielfache Meinung von Branchenexperten. Als Ursache
kann hier der noch immer nicht abgeschlossene Entwicklungsprozess der
Nachfrager gesehen werden, das Denken in Marken auf ehemaligen Monopolmärkten zunächst einmal erlernen zu müssen.31 Ferner kann - aus Anbieter26
27
28
29
30
31
In einer experimentellen Studie weisen Laroche et al. den signifikanten Wirkungszusammenhang
zwischen zunehmender Intangibilität einer Leistung und höherem wahrgenommenem Risiko des
Konsumenten nach (vgl. Laroche et al. 2004, S. 373ff).
Vgl. hierzu Zeithaml/ Bitner 2003, S. 40; Meyer/ Tostmann 1995, S. 12; Stauss 1994, S. 93.
Nuber/ Binggeli 1998, S. 165.
Kögler 1999, Expertengespräch.
Vgl. McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 26 ff.
Kögler 1999, Expertengespräch.
8
Kapitel A
sicht - davon ausgegangen werden, dass kontinuierliche bzw. zunehmende Investitionen in die Marke mittel- und langfristig über ihren Einfluss auf die Kontextfaktoren die Markenrelevanz selbst verändern können.32
Markenrelevanz
Automobil
Bekleidung
Nahrungsmittel
und Getränke
Banking & Asset
Management
Gesundheit
Transport
und Logistik
Einzelhandel
Telekommunikation
Medien und
Unterhaltung
Versicherungen
PCs/ Software
Energie
Durchschnittliche Werbeintensität der Branche
Abb. A-6:
Markenrelevanz und Werbeintensität der Telekommunikationsbranche im Vergleich:
Stand und Entwicklungsprognose33
Andererseits aber spricht das Ergebnis der Studie vor dem Hintergrund der
enormen Werbeintensität für die Interpretation einer erst mittleren Position der
Markenrelevanz. In diesem Zusammenhang regt die Studie - als Momentaufnahme betrachtet - dazu an, auch hier die Wirkungseffizienz von Marken und
Werbeausgaben kritisch zu hinterfragen. Diese Einschätzung wird auch durch
aktuelle Umfragen bestätigt, nach denen beispielsweise drei von vier Kunden
des Mobilfunkbereichs bereit sind, sofort den Anbieter zu wechseln, wenn ihnen ein kostengünstigeres Angebot unterbreitet würde.34 Demnach ist es
(auch) im Telekommunikationsbereich um die tatsächliche Markenbindung35
und die erforderliche nachhaltige Manifestation der Dienstleistungsmarke in
den Köpfen der Konsumenten eher schwach bestellt.
32
33
34
35
Vgl. McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 27.
Quelle: in Anlehnung an McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 27.
Bei Prepaid-Kunden liegt dieser Anteil sogar bei 80 Prozent (vgl. Stollberger 2004).
Vgl. o.V. Systems World 2004.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
9
Dennoch ist insgesamt zu konstatieren, dass die Relevanz von Dienstleistungsmarken auf Telekommunikationsmärkten sowohl auf der Seite der Anbieter als auch der Nachfrager stark zunimmt. Dabei begründen insbesondere die
Eigenschaften von Telekommunikationsdienstleistungen die Notwendigkeit
starker Marken, sie stellen gleichzeitig aber auch spezielle An- und Herausforderungen an die Markengestaltung. Gerade im Vergleich zu Markenartikeln
des klassischen Konsumgüterbereichs wird deutlich, dass Marken für Telekommunikationsdienstleistungen besonderen Schwierigkeiten unterliegen, relevante innere Vorstellungs- bzw. Markenbilder und Assoziationen in den
Köpfen der Konsumenten hervorzurufen (Abb. A-7).
Marke/ Logo
leistungsbezogenes
Markenbild
leistungsbezogene
Markenassoziationen
Getränk
koffeinhaltig
erfrischend
kultig
...
?
Abb. A-7:
?
Vereinfachte Darstellung des Zusammenhangs von Marke, Markenbild und Markenassoziationen am Beispiel klassischer Konsumartikel und Telekommunikationsdienstleistungen
So weist etwa der Markenname oder das Logo eines klassischen Konsumartikels den Nachfrager auf ein physisches Produkt hin, dessen Design und Eigenschaften unmittelbar zum Aufbau eines inneren Markenbildes beitragen und
markenrelevante Assoziationen wecken können. Dagegen stellen Markennamen oder -zeichen von Telekommunikationsanbietern lediglich eine Verbindung zu einer nicht-physischen, abstrakten und daher kognitiv schwer
wahrzunehmenden Dienstleistung her, deren „Gestaltung“ und Eigenschaften
den Aufbau eines inneren Markenbildes und die Bildung von Assoziationen
nicht oder kaum unterstützen können. In der Folge kommt es dazu, „dass die
Konsumenten die Marken zwar kennen, aber mit ihnen nichts verbinden können“36, woraus zwangsläufig ein Mangel an Möglichkeiten resultiert, unterschiedliche Marken relevant zu differenzieren und das Markenwahlverhalten
entsprechend auszurichten.37 Telekommunikationsdienstleister stehen daher vor der Herausforderung, Marken für intangible, abstrakte und komplexe Leistungen als assoziationsbildende Wahrnehmungsanker zu
36
37
Brasch 1999, Expertengespräch.
Vgl. hierzu auch Richter/ Werner 1998, S. 27 f.
10
Kapitel A
etablieren, die insbesondere den Aufbau relevanter innerer Markenbilder
im Gedächtnis der Konsumenten unterstützen und zur präferenz- und
vertrauensbildenden Funktion der Marke beitragen. Vor diesem Hintergrund sowie der hohen Dynamik der Branche erweist sich der Markt für
Telekommunikationsdienstleistungen als interessanter situativer Kontext
zur Untersuchung des Service Branding, insbesondere zur Analyse der Zusammenhänge zwischen spezifischen Dienstleistungscharakteristika sowie der
Entstehung und Wirkung innerer Markenbilder.
1.3 Stand der Forschung: Ein themenbezogener Überblick
Markenmanagement und Dienstleistungsmarketing sind seit langen Jahren
zentrale Themen in der Marketingforschung und -praxis. Dennoch erfährt das
Schnittstellenthema Service Branding - trotz des offensichtlichen Bedarfs an
problemorientierten Handlungsempfehlungen - in der Standardliteratur zur
Markenführung38 nur eine relativ geringe Berücksichtigung.
In den zahlreichen US-amerikanischen sowie deutschsprachigen Standardwerken lassen sich verschiedentlich Hinweise zu der grundsätzlichen Möglichkeit
finden, neben tangiblen Produkten auch Dienstleistungen markieren zu können.39 Bereits 1939 formulierte der deutsche Markenpionier, HANS DOMIZLAFF,
in seinem Klassiker „Die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens“, dass Markentechnik grundsätzlich für jedes beständige Ziel nutzbar gemacht werden
könne, welches irgendwie von der öffentlichen Meinung abhängig sei40 - und
damit nicht nur für das klassische Konsumgut. Ein halbes Jahrhundert später
ist Service Branding - auch aufgrund veränderter rechtlicher Rahmenbedingungen - sehr viel stärker in den Vordergrund gerückt, was JOHN MURPHY als einen
zentralen Schritt in der Entwicklung des Markenwesens bezeichnet: „ [...] the
concept of branded goods has been extended successfully to embrace services. Thus the providers of financial, retail or other services can now generally
treat them as branded products, provided they are distinguished from those of
competitors. Thus service brands now generally enjoy the same statutory rights
as product brands“41. Und RUSSEL TAYLOR stellt fest, dass „in exactly the same
way as Coca-Cola has developed a unique and protectable aura around his
particular tangible version of syrup and carbonated water, so a similar unique
38
39
40
41
Auf eine - auch nur ansatzweise - Systematisierung dieser Werke muss hier verzichtet werden,
da die Zahl der Buch- und Zeitschriftenartikel, die bereits 1960 auf 4000 geschätzt wurde, auch
aufgrund der zunehmenden Interdisziplinarität des Themas Marke heute kaum noch überschaubar ist (vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 15).
Erstaunlicherweise reduziert der Deutsche Markenverband e.V. Markenartikel noch immer auf
klassische Herstellermarken mit Schwerpunkt Konsumgütermärkte, d.h. Verbrauchs- und Gebrauchsgüter (vgl. hierzu Bruhn 1994, S. 19 f.). Dies aber ist „heute kaum noch akzeptabel und
wird den vielfältigen Markenangeboten nicht gerecht“ (Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 18).
Domizlaff 1982, S. 78.
Murphy 1987, S. 1.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
11
and protectable aura can be built for an intangible service“42. Aber wenngleich
immer wieder postuliert wird, dass die Marke gerade auch für Dienstleister ein
zentrales Instrument zur Differenzierung des Angebots darstellt,43 beziehen
sich die meisten Arbeiten - mehr oder weniger explizit - auf den klassischen
Markenartikel. In Werken jüngeren Datums wird das Forschungsgebiet „Marken für Produkte ...“ oftmals um den Begriff „ ...und Dienstleistungen“ ergänzt,44
meist unkommentiert oder selten mit dem Hinweis, dass die jeweiligen Erkenntnisse durchaus auch auf Dienstleistungsmarken übertragbar sind. Eine
systematische Aufarbeitung konstitutiver Dienstleistungscharakteristika sowie
die Erforschung hieraus erwachsender spezifischer Implikationen oder praxisrelevanter Problemsituationen wird jedoch in der Haupt- und Standardliteratur
zur Marke weitgehend vernachlässigt.
Während Service Branding auch in der Standardliteratur des allgemeinen Marketing bislang nur am Rande erwähnt wird,45 findet es in jüngster Zeit zunehmenden Eingang in die Literatur des Dienstleistungsmarketing.46 Die
explizite wissenschaftliche Auseinandersetzung findet jedoch vornehmlich auf
Ebene von Fachartikeln und amerikanischer Journalforschung statt, deren - für
den deutschsprachigen Raum - bislang umfassendster Überblick die Publikation von TOMCZAK et al.47 bietet. Dabei lassen sich drei grundsätzliche Ansätze
bzw. Schwerpunkte bisheriger Forschungsergebnisse und Arbeiten unterscheiden,48 eine Auswahl derer Abbildung A-8 zeigt:
„Allgemeiner Fokus: Arbeiten dieser Kategorie befassen sich mit allgemeinen
Grundfragen der strategischen Führung von Dienstleistungsmarken. Die Besonderheiten werden dabei primär aus der Perspektive des Dienstleistungsmarketing erarbeitet mit dem Ziel, aus den Spezifika der Dienstleistung
allgemeine Implikationen für das strategische Markenmanagement abzuleiten und in geeignete Anwendungsempfehlungen umzusetzen;
„Problemorientierter
Fokus: Im forscherischen Mittelpunkt dieser Arbeiten
stehen spezifische strategische und/oder operative Problemstellungen des
Managements von Dienstleistungsmarken. Neben - noch wenigen - integrierten und dienstleistungsorientierten Ansätzen finden sich hierunter auch eine
Vielzahl von Arbeiten, die vorhandene Forschungsergebnisse des „klassischen“ Markenmanagements für Konsumgüter auf Dienstleistungen übertragen und anzuwenden versuchen;
42
43
44
45
46
47
48
Taylor 1987, S. 128.
Vgl. hierzu bspw. King 1991, S. 7; Berry/ Parasuraman 1992, S. 148.
Als Beispiele einer stellenweise impliziten und (daher) nicht weiter erörterten, um Dienstleistungen erweiterten Markenbetrachtung vgl. bspw. Kapferer 1992; Aaker 1996; Meffert/ Burmann
1996; Herrmann 1999; Sattler 2001; Esch 2004.
Vgl. hierzu bspw. Meffert 2000, S. 1159 ff.; Kotler et al. 2003, S. 611 f.
Vgl. hierzu insbesondere Meffert/ Bruhn 2003, S. 394 ff.
Tomczak/ Schögel/ Ludwig 1998.
Vgl. hierzu auch Tomczak/ Ludwig 1998, S. 49 f.
12
Kapitel A
„Situativer Fokus: Forschungsarbeiten dieser Kategorie nähern sich dem For-
schungsfeld über die Betrachtung spezifischer Besonderheiten einer
konkreten Branche und tragen so primär zu einem situativ zu relativierenden
Erkenntnisgewinn für das Markenmanagement bei. Hierunter befinden sich
auch zahlreiche einzelfallorientierte Darstellungen des Service Branding, die
spezifische Besonderheiten, Implikationen und Umsetzungsmaßnahmen in
konkreten Dienstleistungsunternehmen dokumentieren.49
Fokus
Allgemeiner
Fokus
Problemorientierter
Fokus
Forschungsziel
Markenmanagement
für Dienstleistungen
Forschungsthematik
Autor
Grundlagen und
Besonderheiten der
Dienstleistungsmarke
Graumann 1983
Dibb/ Simkin 1993
Stauss
1994, 1995, 1998, 2001
Tomczak/ Brockdorff
2000
Strategische Markenführung
für Dienstleistungsunternehmen
Berry/ Lefkowith/ Clark
1988
Tomzcak/ Ludwig
1998
Berry
2000
Kommunikations - und
Kommunikation von
Dienstleistungsmarken Werbestrategien für
intangible Leistungen
Phasenspezifische
Kommunikation der
Dienstleistungsmarke
Integrierte Markenkommunikation für Dienstleistungs unternehmen
George/ Berry 1981
Berry/ Clark 1986
Legg/ Baker 1987
Padgett/ Allen 1997
Maier/ Tostmann 1995
Esch
1998, 2001a, 2001b
Markenzeichengestaltung für Deichsel 1998
Dienstleistungsunternehmen
Markentransfer bei
Transfer von
Dienstleistungsmarken Dienstleistungen
Management von
Markensystemen
Situativer
Fokus
Abb. A-8:
49
Branchenspezifische s
Markenmanagement
für Dienstleistungen
Sattler 1998
Markensysteme im
Touristikmarkt
Ludwig 2001
Profilierung in vertikalen
Systemen
Meffert 2002
Markenm anagement für
Bankdienstleistungen
Weber 1992
Cramer 1994
Brauer 1997
Vogler 1998
Maier 1999
Markenm anagement im
Handel
Ahlert 2000
Auswahl relevanter Arbeiten der Marketingliteratur zum Themenbereich Service Branding
Vgl. hierzu bspw. Besig/ Maier/ Meyer 1996 (Bayerische Hypotheken- und Wechselbank); Egger
1998 (McDonald’s); Kernstock 1998 (Lufthansa, Star Alliance); Nuber/ Binggeli 1998 (Swisscom);
Payer 1998 (Schweizerische Bankgesellschaft UBS); Römer 1998 (Kuoni Reisen); Sandrock
1998 (British Airways); Wilhelm 1998 (Mannheimer Versicherungen).
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
13
Im Bereich allgemeiner Forschungsarbeiten nimmt die 1983 erschienene
Veröffentlichung von GRAUMANN50 eine wissenschaftliche Vorreiterrolle ein. Der
Autor stellt grundsätzliche Erkenntnisse über die Entwicklung, die Klassifikations- und Einsatzmöglichkeiten von Dienstleistungsmarken aus absatzwirtschaftlicher Sicht dar und liefert erste Erkenntnisse und Ideen zu der Frage,
welche spezifischen Herausforderungen Dienstleistungen - im Unterschied zu
Konsumgütern - an das Markenmanagement stellen.51 In der Folge führen bis
heute eine Reihe von Autoren eine kritische Diskussion der Besonderheiten
von Dienstleistungsmarken,52 als deren Ergebnis vor allem mit den Problemen
der Visualisierung der Marke53, der Gewährleistung von Qualitätskonstanz54
sowie der Schaffung von Phantasiemarken55 drei zentrale und spezifische Herausforderungen für die Markenführung von Dienstleistungen abgeleitet werden
können.56
Dennoch gehen die Beurteilungen dessen, ob Dienstleistungsmarken aufgrund
ihrer Spezifika schwieriger zu managen sind als Konsumgütermarken,57 in der
Literatur auseinander. So befindet etwa STAUSS, dass „der Stellenwert der
dienstleistungsbezogenen „Besonderheiten“ im Markenmanagement nicht sehr
hoch zu veranschlagen ist“, räumt aber gleichzeitig ein, dass Dienstleister im
Hinblick auf ein professionelles Markenmanagement noch viel zu lernen haben.58 Andere Autoren beurteilen dagegen die Herausforderung, Marken für
immaterielle Leistungen aufzubauen, als hoch.59 Vor diesem Hintergrund begründen TOMCZAK/ LUDWIG60 die Notwendigkeit einer internen, externen und interaktiven Markenführung bei Dienstleistern und stellen einen integrierenden
Ansatz zur strategischen Markenführung in Dienstleistungsbranchen vor, der
wertvolle Anregungen zur Fokussierung und Strukturierung relevanter Fakto50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
60
Vgl. Graumann 1983.
Hierzu entwickelt Graumann mit ökonomischen, technischen und gutspezifischen Determinanten
der Markenpolitik für Dienstleistungen drei Themengruppen, in denen er dienstleistungsspezifische Herausforderungen in der Markenführung (z.B. Markierungsproblematik, Qualitätsproblematik, Synchronizität) beschreibt und erste anwendungsorientierte Lösungsansätze
skizziert (vgl. Graumann 1983, S. 120 ff.).
Vgl. hierzu beispielhaft Messing 1983; Dibb/ Simkin 1993; Stauss 1994, S. 79-103; 1995, S. 2-7;
1998a, S. 10-23; Meffert/ Bruhn 2003, S. 399 f.
Vgl. hierzu beispielhaft Mittal 1999, S. 101 f.; Meffert/ Bruhn 2003, S. 400 f.
Vgl. hierzu beispielhaft Zeithaml/ Parasuraman/ Berry 1990; Berry/ Parasuraman 1992, S. 16;
Meffert/ Bruhn 2003, S. 400.
Vgl. Berry/ Parasuraman 1992, S. 138 f.; Berry/ Lefkowith/ Clark 1988, S. 28 ff.
Vgl. hierzu auch Meffert 2002, S. 35 ff.
Vgl. hierzu beispielhaft Meffert 1994, S. 528. Die Einschätzung dieser Behauptung, die gerne zur
Erklärung der relativen Schwäche von Dienstleistungsmarken aufgestellt wird, scheint jedoch
eher auch eine Frage des subjektiven Standpunkts als der objektiven Wertung zu sein. Denn sicherlich handelt es sich in beiden Fällen um komplexe und anspruchsvolle Managementaufgaben, deren Erfolg maßgeblich von der Problemlösungsfähigkeit angewandter Konzepte abhängt.
Vgl. hierzu auch Berry 2000, S. 136: „Despite the predisposition to think of branding in the context of tangible products, brand cultivation is just as critical for services.”
Vgl. Stauss 1998, S. 20-22.
Vgl. Mei-Pochtler 1998, S. 66; Richter/ Werner 1998, S. 32;Meyer/ Tostmann 1995, S. 12.
Vgl. Tomczak/ Ludwig 1998, S. 48-65.
14
Kapitel A
ren, Aufgaben und Ablaufprozesse des Service Branding gibt. Auch BERRY61
sieht in der interaktiven Markenführung eine zentrale Herausforderung des
Service Branding. So betont der Autor in dem von ihm entwickelten „servicebranding model“ die in der Markenperformance herausragende Stellung der
Service-Erfahrung des Kunden und zeigt verschiedene Grundsatzstrategien zur
Optimierung des Markenwerts auf. Wie zahlreiche andere Autoren62 - insbesondere in der amerikanischen Journalforschung - geht BERRY dabei von der
Dach- bzw. Unternehmensmarke als strategische Steuergröße des Service
Branding aus, da gerade bei Dienstleistern das Unternehmensimage die Einzelleistungen überstrahlt: „Brand impact shifts from product to company as service plays a greater role in determining customer value“63. Alternative markenstrategische Optionen für Dienstleister, wie beispielsweise Mehrmarken-,
Familienmarken- oder Markentransferstrategien, werden in jüngerer Zeit vornehmlich in der deutschen Literatur am Beispiel konkreter Branchen diskutiert.64
Das Spektrum der Arbeiten mit problem- und anwendungsorientiertem Fokus hat in den letzten Jahren erheblich an Umfang gewonnen und dokumentiert
eine beginnende wissenschaftliche Spezialisierung auf dem Forschungsgebiet
des Service Branding.65 Vor dem Hintergrund der identifizierten Herausforderung, Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker zu etablieren, sind dabei besonders die Forschungsarbeiten zur Kommunikation von Dienstleistungsmarken hervorzuheben, deren erste Ergebnisse und Ideen aus der amerikanischen Werbeforschung der 80er Jahre stammen. In einem frühen Beitrag
thematisieren GEORGE/ BERRY66 die besonderen Probleme bei der allgemeinen
werblichen Kommunikation von Dienstleistungen, die sich aufgrund dienstleistungsspezifischer Eigenschaften ergeben, und entwickeln erste Lösungsansätze.67 Es folgen weitere Arbeiten von BERRY/ CLARK68, LEGG/ BAKER69 sowie
PADGETT/ ALLEN70, die sich vorwiegend mit dem Zusammenhang zwischen der
61
62
63
64
65
66
67
68
69
70
Vgl. Berry 2000, S. 128 f.
Vgl. bspw. Berry/ Lefkowith/ Clark 1988, S. 28; Berry/ Parasuraman 1992.
Berry 2000, S. 128.
Vgl. Tomczak/ Ludwig 1998, S. 56; Ludwig 2001, S. 216; Meffert 2002, S. 138 f.
Vgl. hierzu beispielsweise die Forschungsarbeiten zum Transfer von Dienstleistungsmarken
(Sattler 1998) oder zum Management von vertikalen Markensystemen im Dienstleistungsbereich
(Meffert 2002).
Vgl. George/Berry 1981.
Als Ursachen für die grundsätzlichen Herausforderungen in der Werbung für Dienstleistungen
nennen George/ Berry die Funktion der Service-Mitarbeiter im Leistungserstellungsprozess
(„service is a performance“), die Variabilität sowie die Intangibilität von Dienstleistungen. Die Autoren empfehlen daher, zur Beeinflussung des Leistungserstellungsprozesses einen Teil der
Werbung auf die eigenen Mitarbeiter auszurichten und zur Reduzierung des sich aus der Variabilität ergebenden wahrgenommenen Risikos des Kunden persönliche Empfehlungen zu dramatisieren sowie zur Behebung der Intangibilitätsproblematik konkrete Motive in der Werbung
einzusetzen (vgl. George/ Berry 1981. S. 52 f.).
Berry/ Clark 1986.
Legg/ Baker 1987.
Padgett/ Allen 1997.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
15
Intangibilität und der kommunikativen Vermittlung von Dienstleistungen bzw.
Dienstleistungsmarken befassen. Alle Autoren betonen dabei - mit unterschiedlichen Akzenten71 - die Lebendigkeit („vividness“) der Werbung als zentralen
Ansatz zur Kommunikation intangibler Leistungseigenschaften. Den Arbeiten
ist gemein, die Überwindung dieser Intangibilitätsproblematik primär aus der
Sicht des Dienstleistungsanbieters vorzunehmen, ohne dabei explizit auf spezifische kognitive Verarbeitungsprozesse des „Empfängers“ Kunde einzugehen.
Dessen stärkere Einbeziehung gelingt MEYER/ TOSTMANN72, die für die deutsche Literatur einen ersten konzeptionellen Ansatz zur spezifischen Kommunikation von Dienstleistungsmarken skizzieren. Unter Hinweis auf die informatorischen Besonderheiten des Dienstleistungsprozesses plädieren die Autoren
für eine 3-Phasen-Kommunikation, die der jeweiligen Informationssituation des
Konsumenten gerecht wird und deren primäre Zielsetzung in der Vertrauensbildung und Emotionalisierung liegt. Ferner ist der Ansatz zur integrierten Markenkommunikation von ESCH73 hervorzuheben, der eine kognitiv orientierte
Betrachtung der Dienstleistungsmarke vornimmt, ohne jedoch die spezifischen
Charakteristika von Dienstleistungen und deren Auswirkungen näher zu beleuchten.
Forschungsarbeiten mit situativem Fokus, welche die markenpolitischen
Besonderheiten konkreter Branchen berücksichtigen, liegen vor allem für den
Finanzdienstleistungssektor, aber auch den Handel vor. Im Bankenmarkt
scheint die lange Zeit relativ geringer Wettbewerbsintensität und die starke
Regulierung des Marktes ursächlich zu sein für das erst allmähliche und verspätete Erkennen der strategischen Bedeutung der Markenpolitik. Wichtige Anregungen und Beispiele für ein zielgerichtetes Markenmanagement von
Banken stammen von W EBER, CRAMER und MEYER/ MAIER.74 Erstaunlich ist,
dass entsprechende branchenfokussierte Arbeiten zu - zum Teil ähnlich strukturierten - Dienstleistungsmärkten, wie etwa dem Telekommunikations-, dem
Luftverkehrs- oder dem Versicherungsmarkt bislang nicht vorliegen.
Die Diskussion des Forschungsstandes mit Blick auf die vorliegende Problemstellung zeigt, dass die bisherigen Arbeiten und Ergebnisse den Themenbereich Service Branding in folgenden Punkten nur unzureichend erforschen:
„Vor
dem Hintergrund der Praxisbedeutung vertiefen nur wenige Arbeiten
managementorientierte Fragestellungen, so dass insgesamt eine Diskrepanz zwischen der Relevanz des Themas und dem Ausmaß an theoretischer
71
72
73
74
So empfehlen Legg/ Baker (1987) etwa die Dramatisierung der Werbung. Padgett/ Allen (1997)
unterscheiden zwischen argumentativer und erzählender Werbung und empfehlen letztere zur
Kommunikation von Dienstleistungen. Da eine Dienstleistung vom Kunden als subjektiver Erfahrungsprozess wahrgenommen wird, sei erzählende Werbung - beispielsweise in Form einer leistungsaffinen Story - in der Lage, intangible Leistungseigenschaften effektiv zu transportieren.
Vgl. Meyer/ Tostmann 1995, S. 9-15.
Vgl. Esch 1998, S. 104-133; 2001a, S. 599-635 sowie 2001b.
Vgl. hierzu Weber 1992; Cramer 1994; Meyer/ Maier 1998.
16
Kapitel A
Durchdringung zu konstatieren ist. Für Telekommunikationsdienstleistungsmärkte besteht ein grundsätzliches Defizit an Gestaltungsempfehlungen, wie Marken erfolgreich konzipiert und implementiert werden
können.
„Service
Branding eröffnet ein Spannungsfeld, das sich zwischen
dienstleistungs- bzw. produktunabhängigen Erkenntnissen des traditionellen
Markenmanagements und den konstitutiven Anforderungen des Dienstleistungsmanagements befindet. Bisherige Arbeiten beleuchten dieses Feld
meist punktuell und widmen sich hauptsächlich einzelnen spezifischen Herausforderungen des Service Branding. Vor diesem Hintergrund ist das
Fehlen eines methodischen Ansatzes festzustellen, der die Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen dienstleistungsspezifischen Besonderheiten und markentechnischen Anforderungen stärker
integriert und analysiert.
„Dienstleistungsmarken kommt die wichtige Funktion des assoziationsbilden-
den Wahrnehmungsankers zu, da sich Dienstleistungen aufgrund ihrer intangiblen Abstraktheit nur schwer der Wahrnehmung des Konsumenten
erschließen. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit dieser zentralen Problematik des Service Branding fehlt in der aktuellen Literatur weitestgehend.
Insbesondere mangelt es an einem methodischen Ansatz, der sowohl
die Gestaltung, den Manifestationsmechanismus sowie die Wirkungsweise von Dienstleistungsmarken analysiert und in erklärenden Zusammenhang bringt. In der Folge mangelt es ebenso an
Empfehlungen, wie Dienstleistungsmarken gestaltet werden können,
um einen wirkungsvollen Aufbau innerer Markenbilder im Gedächtnis
der Konsumenten zu ermöglichen.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
2.
17
Zielsetzung und Eingrenzung
2.1 Ziele und forschungsleitende Fragestellungen
Entsprechend der Problemstellung sowie der evaluierten Forschungslücken
besteht die generelle Zielsetzung der Arbeit darin, einen Beitrag zur Entwicklung und Einführung von Marken für Dienstleistungen und insbesondere für Telekommunikationsdienstleistungen zu leisten, um diese nachhaltig und
erfolgreich im Gedächtnis der Nachfrager zu verankern. Im Mittelpunkt steht
dabei die Frage, welche Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten vor
dem Hintergrund dienstleistungsspezifischer Besonderheiten bestehen, damit
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker abstrakter und kognitiv
schwer zugänglicher Markenträger den erfolgreichen Aufbau innerer Markenbilder beim Konsumenten ermöglichen und eine präferenzbildende Wirkung
entfalten. Die Arbeit soll so im weiteren Sinne auch zu einer stärkeren Fundierung und Professionalisierung des Service Branding in der Theorie beziehungsweise in der Praxis beitragen und ist folglich, als anwendungsorientierter
Beitrag, gleichermaßen auf zwei Zielgruppen ausgerichtet: Praktiker des Bereichs Dienstleistungsmarken, die sich in ihrer Verantwortlichkeit um die Markenführung eines Dienstleistungsunternehmens auf Managementebene mit der
Etablierung von Dienstleistungsmarken beschäftigen, sowie Forscher der Bereiche Marken und Dienstleistungsmarketing, die sich aus wissenschaftlicher
Sicht mit der Systematik, den Zusammenhängen und den Wirkungsweisen von
Marke sowie den vermarktungsrelevanten Besonderheiten des Forschungsobjektes Dienstleistung befassen.
Die notwendige Voraussetzung für die Entwicklung Erfolg versprechender und
fundierter Lösungsansätze ist ein umfassendes Verständnis für die Herausforderungen und Zusammenhänge des Forschungsfeldes. Infolge dessen lassen
sich aus der generellen Zielsetzung weitere Subziele ableiten, mit deren Verfolgung die Arbeit Erkenntnisfortschritte zu theoretisch-konzeptionellen und
pragmatisch-problemlösungsorientierten Fragestellungen leisten soll (Abb. A9):
„Subziel 1: Integration und Weiterentwicklung theoretischer Ansätze
Zur theoretischen Fundierung der Problemstellung sollen bestehende Ansätze des Dienstleistungsmarketing sowie des Markenmanagements bezüglich
ihrer Erkenntnisse über dienstleistungsspezifische Eigenschaften und markentechnische Anforderungen vertieft analysiert werden. Im Zentrum des Erkenntnisinteresses steht hier die theoretische Fundierung grundlegender
Begriffe. Eine Integration theoretischer Ansätze soll dahingehend geleistet
werden, dass vorhandene Ergebnisse beider Forschungsfelder hinsichtlich
möglicher Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen Marke und
Dienstleistung untersucht und weiterentwickelt werden. Im Mittelpunkt steht
ferner die analytische Systematisierung der Herausforderungen und Be-
18
Kapitel A
sonderheiten des Service Branding, besonders im Hinblick auf kognitionspsychologische Aspekte der konsumentenseitigen Wahrnehmung
und Verankerung von Dienstleistungsmarken.
Globalziel
Beitrag zur erfolgreichen Entwicklung und Einführung von Marken für
Telekommunikationsdienstleistungen durch den Aufbau innerer Markenbilder
Theoretische Ziele
„
„
„
„
Praxisorientierte Ziele
Integration und Weiterentwicklung bestehender Ansätze zu Marke und Dienstleistung
Evaluierung kognitionspsychologischer
Herausforderungen und Besonderheiten im
Service Branding
Entwicklung eines integrierten Ansatzes zur
Gestaltung, Manifestation und Wirkung von
Dienstleistungsmarken
Bildung theoretisch fundierter
Hypothesen zur Entwicklung und Einführung
von Dienstleistungsmarken
„
„
„
Analyse markenrelevanter Rahmenbedingungen auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen
Ableitung spezifischer Herausforderungen
und Problemfelder bezüglich der Entwicklung
und Führung von Marken für Telekommunikationsdienstleistungen
Theoriegeleitete Überprüfung und Bewertung
der Hypothesen im Praxiszusammenhang am
Beispiel der Märkte für Telekommunikationsund Energiedienstleistungen
Anwendungsorientierte Ziele
„
„
Überprüfung der branchenübergreifenden Gültigkeit der ent wickelten Hypothesen
Ableitung fundierter Gestaltungsempfehlungen zur erfolgreichen Entwicklung und Einführung von
Dienstleistungsmarken auf dem Telekommunikationsmarkt und gegebenenfalls weiterer Dienstleistungsmärkte
Abb. A-9:
Zielkatalog der Arbeit
„Subziel 2: Entwicklung eines Wirkungsansatzes und Bildung von Hypothe-
sen
Da bislang eine vertiefte Auseinandersetzung und Analyse der Gestaltung,
Manifestation und Wirkung von Dienstleistungsmarken fehlt, besteht ein
Subziel in der Entwicklung eines integrierten Ansatzes zur Wirkung von
Dienstleistungsmarken. Insbesondere gilt es, die Dienstleistungsmarke als
gestalt- und wahrnehmbare Schnittstelle zwischen Dienstleistungsanbietern
und -nachfragern zu beleuchten und die komplexen Entscheidungssysteme
beider Ebenen in erklärenden Zusammenhang zu bringen. Auf Basis dieser
integrierten Sicht auf das Forschungsfeld sowie einer vertieften Analyse der
markenrelevanten Rahmenbedingungen des Telekommunikationsmarktes
sind theoriegeleitete Hypothesen zur erfolgreichen Gestaltung von Dienstleistungsmarken zu deduzieren, die damit gleichzeitig als Grundlage der
weiteren Forschung dienen.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
19
„Subziel 3: Empirische Überprüfung konzeptioneller Erkenntnisse
Ein weiteres Teilziel besteht darin, eine empirische Überprüfung der konzeptionell abgeleiteten Hypothesen vorzunehmen. Hierzu soll das Service
Branding verschiedener Telekommunikationsanbieter als zentraler Untersuchungsgegenstand vor dem Hintergrund der theoriegeleiteten Überlegungen
systematisch analysiert, verglichen und bewertet werden. Zur Überprüfung,
inwieweit sich die entwickelten Hypothesen über die Telekommunikationsbranche hinaus verallgemeinern lassen, soll ferner das Service Branding
von Dienstleistungsunternehmen eines weiteren Marktes, nämlich des Marktes für Energiedienstleistungen, in die Betrachtung mit einbezogen werden.
„Subziel 4: Implikationen für die Praxis
Auf Basis der empirischen Untersuchung sollen fundierte Implikationen zur
Gestaltung von Marken für Telekommunikationsanbieter abgeleitet werden, um sie erfolgreich der Wahrnehmung der Konsumenten zugängig zu
machen und sie effizient und effektiv in deren Gedächtnis zu verankern.
Aus diesen definierten Zielen sowie den evaluierten Forschungslücken lässt
sich schließlich die Ableitung der forschungsleitenden Fragestellung sowie ihrer Spezifizierung wie folgt vornehmen:
Welchen Herausforderungen unterliegen die Entwicklung und Einführung von Marken für Telekommunikationsdienstleistungen vor
dem Hintergrund dienstleistungsspezifischer Besonderheiten und
welche Gestaltungsmöglichkeiten bestehen, um sie erfolgreich als
innere Markenbilder auslösende Wahrnehmungsanker der Dienstleistung zu etablieren und eine Steigerung der Präferenzbildung zu
erzielen?
„Wie und unter welchen situativen Rahmenbedingungen werden Marken für
Telekommunikationsdienstleistungen in der Praxis aufgebaut und geführt?
Wo liegen Problemfelder in der praktischen Umsetzung?
„Wie lassen sich vorhandene Forschungsergebnisse aus dem Bereich des
„traditionellen“ Markenmanagements sowie des Dienstleistungsmanagements vor dem Hintergrund zu erarbeitender fundierter Lösungsansätze zielführend integrieren?
„Welche generellen Wirkungs- und Problemzusammenhänge bestehen zwi-
schen konkreten Dienstleistungscharakteristika und spezifischen Determinanten der Markenwirkung? Wie lässt sich der Manifestationsmechanismus
und die Wirkungsweise innerer Markenbilder für Dienstleistungen beschreiben? Welches sind die zentralen Generatoren innerer Markenbilder?
„Wie
lassen sich die Zusammenhänge der Gestaltung, Manifestation und
Wirkung von Dienstleistungsmarken integriert darstellen? Welche zentralen
Herausforderungen und Implikationen lassen sich hieraus für das erfolgreiche Service Branding von Telekommunikationsdienstleistern evaluieren?
20
Kapitel A
Lassen sich Rückschlüsse auf das markenspezifische Anforderungsprofil
bestimmter Dienstleistungstypen ziehen?
„Inwieweit lassen sich gewonnene konzeptionelle Erkenntnisse und Hypothe-
sen auf das Service Branding weiterer konsumtiver Dienstleistungsbranchen
übertragen?
„Welche Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen lassen sich als Impli-
kationen konzeptioneller Überlegungen und empirischer Überprüfung für die
Praxis formulieren und wie lassen sich diese praxisgerecht systematisieren?
2.2 Eingrenzung des Forschungsthemas
Aufgrund der Breite und Komplexität der vorliegenden Forschungsthematik ist
eine Fokussierung des Analyseobjektes erforderlich. Diese erfolgt auf den
Ebenen der problem-, unternehmens- und branchenbezogenen Limitation.
Problembezogene Eingrenzung: Fokus innere Markenbilder
Der Problemstellung, der identifizierten Forschungslücken sowie der zentralen
Fragestellung entsprechend steht der Aspekt des Aufbaus innerer Markenbilder im Mittelpunkt der Arbeit. Aus kundenorientierter Sicht richtet sich der Fokus zunächst auf die Wahrnehmbarkeit und Wahrnehmung von
Dienstleistungsmarken, um hiervon ausgehend Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten für die markenführende Dienstleistungsunternehmung abzuleiten. Wie gezeigt werden wird, besteht eine Wechselbeziehung zwischen
dem Aufbau innerer Markenbilder sowie der Visualisierung der Marke und des
Markenvorteils. Letztere wird in der Literatur, wie bereits dargelegt,75 vor allem
neben der Gewährleistung einer markenartikelgerechten Qualitätskonstanz als
zentrale Besonderheit des Service Branding gesehen.
Während die Herausforderungen des Aufbaus innerer Vorstellungsbilder beziehungsweise der Visualisierung von Dienstleistungsmarken markenspezifischer Natur sind, stellt der wesentliche Aspekt der Dienstleistungsqualität
allerdings eine generelle Herausforderung des Dienstleistungsmarketing dar.76
Denn anders als in hochstandardisierten Produktionsprozessen der Konsumgüterindustrie haben insbesondere Dienstleistungskunden und Mitarbeiter entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis und damit die Qualität der Leistung.
Die Gewährleistung einer kontinuierlichen Güte und Konstanz der objektiven
Leistungsqualität ist daher, auch in Abhängigkeit vom jeweiligen Individualisierungsgrad, grundsätzlich nur schwer zu erfüllen77 und erfordert umfangreiche
Maßnahmen in Form der Implementierung und Umsetzung eines integrierten
75
76
77
Vgl. Kapitel A 1.3.
Zur Diskussion der Dienstleistungsqualität vgl. beispielhaft Zeithaml/ Parasuraman/ Berry 1990;
Berry/ Parasuraman 1992, S. 16; Meffert/ Bruhn 2003, S. 400; Bieger 2002, S. 165 ff.
Vgl. Stauss1998, S. 17.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
21
Qualitätsmanagements (Total Quality Management).78 Insofern kommt dem
Qualitätsaspekt im Markenkontext eine notwendige, aber nicht hinreichende
Bedingung für das erfolgreiche Service Branding zu.79 Die weiteren Ausführungen dieser Arbeit implizieren daher die Existenz eines entsprechenden Qualitätsmanagements sowie eine daraus folgende hohe Güte und Konstanz der
objektiven Dienstleistungsqualität. Der Qualitätsaspekt soll daher lediglich
dann thematisiert werden, wenn hierdurch ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn
für die Beantwortung der Forschungsfrage zu erwarten ist.
Unternehmensbezogene Eingrenzung: Fokus strategische Markenentwicklung
Die Untersuchung des Service Branding umfasst die strategische Entwicklung
von Dienstleistungsmarken. Operative Aspekte der Umsetzung wie etwa rechtliche, finanzielle oder personalpolitische Fragen sind damit nicht Gegenstand
der Arbeit. Gleichwohl sind im Zuge der Analyse relevanter Rahmenbedingungen sowie in der Diskussion anwendungsorientierter Implikationen und Handlungsempfehlungen Aspekte der Organisation und Steuerung der Markenführung zu berücksichtigen.
Branchenbezogene Eingrenzung: Fokus Telekommunikationsdienstleistungen
Die Wahl eines Branchenansatzes dient ebenfalls als Maßnahme zur erforderlichen Komplexitätsreduktion der Forschungsthematik und soll die fundiertere
Bestimmung situationstypischer Herausforderungen sowie Lösungsansätze
ermöglichen. Dass sich der Markt für Telekommunikationsdienstleistungen als
interessanter situativer Kontext zur Erforschung des Titelthemas erweist, wurde
anhand seiner Eigenschaften und Entwicklungen bereits begründet. Aber auch
aus theoretischer Sicht ist dieser Markt als geeignetes, beispielhaftes Forschungsfeld zu werten, da die Leistungen der Telekommunikationsindustrie einen für das Markenmanagement geradezu idealtypischen Dienstleistungstypus
darstellen. Da sie sich als konsumtive Kernleistungen institutioneller Anbieter
mit der Zielsetzung des Wiederholungskaufs (Kundenbindung) direkt an Endverbraucher bestimmter Marktsegmente richten, ist Service Branding gerade
für diesen Typus eine prinzipiell geeignete und Erfolg versprechende Form der
Marktbearbeitung (Abb. A-10).
Unterteilt man das breite Feld von Dienstleistungen zudem vereinfachend in
personen- bzw. objektbezogene (wie etwa medizinische Behandlungen oder
Autoreparaturen) und in abstrakte Dienstleistungen (wie etwa Finanzdienstleistungen),80 so lassen sich Telekommunikationsdienstleistungen im Zwischenbereich beider extremen Kategorien verorten. Einerseits werden sie an bzw. für
78
79
80
Vgl. Meffert/ Bruhn 2003, S. 274 f.
Vgl. hierzu Aumüller 1994, S. 2054.
Vgl. Bieger 2002, S. 5 ff. sowie S. 37.
22
Kapitel A
Personen erbracht: Sie verbinden Personen untereinander, müssen für Personen verfügbar sein und benutzerfreundlich gestaltet werden. Andererseits aber
entspricht der Charakter dieser Dienstleistung, das Bereitstellen von Netzwerken und die Konfiguration von Technologien, eher einer abstrakte Dienstleistung. Auch aus dieser Sicht lässt sich der Bereich Telekommunikationsdienstleistung als ein Anwendungsfeld charakterisieren, an dem sich neben
spezifischen Anforderungen der Branche auch verschiedene allgemeine Besonderheiten des Dienstleistungsmanagements aufzeigen lassen.
Abnehmer
Art der
Dienstleistung
Endverbraucher
Kerndienstleistung
Konsumtive
des
KernUnternehmens dienstleistungen
Zusatzleistung
des
Unternehmens
Konsumtive
Sekundärdienstleistungen
Gewerbliches
Unternehmen
Fokus
Wiederverkauf
Key-AccountManagement
Brandmanagement
Projektmanagement
Transaction
Marketing
Investive
Kerndienstleistungen
Investive
Sekundärdienstleistungen
Fokus
Transaktion
Fokus
Einzelkunde
Fokus
Marktsegment
Abb. A-10: Markenmanagement als geeignete Form der Marktbearbeitung für Telekommunikationsdienstleistungen81
81
Quellen: in Anlehnung an Meffert/ Bruhn 2003, S. 26 (linke Abbildung) sowie Plinke 1992, S. 10;
Irmscher 1997, S. 159 (rechte Abbildung).
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
3.
23
Forschungsmethodik und Aufbau der Arbeit
3.1 Anwendungsorientierung als methodisches Paradigma
Den Ausgangspunkt dieser Arbeit bildet die identifizierte Problemstellung im
Service Branding von Dienstleistungs- und insbesondere Telekommunikationsanbietern, die finale Zielsetzung besteht in der Evaluierung praxisorientierter Problemlösungen für diese Unternehmen. Somit beginnt und endet der
Forschungsprozess im Praxiszusammenhang. Aus forschungsmethodischer
Sicht erfolgt die Ausrichtung der Arbeit demnach unter dem wissenschaftstheoretischen Paradigma anwendungsorientierter Forschung. Dieser ganzheitliche
Forschungsansatz - der von HANS ULRICH, dem Begründer des St. Galler Management Modells, geprägt wurde - stellt die Betriebswirtschaftslehre in einen
streng praxisorientierten, sozialwissenschaftlichinterdisziplinären Kontext.82
Dabei besteht die primäre Zielsetzung des anwendungsorientierten Forschungsprozesses nicht - wie in theoretischen Wissenschaften - in der Erklärung und Prognose von Realität, sondern in der aktiven Gestaltung möglicher
Wirklichkeiten. Dementsprechend liegt das Gütekriterium anwendungsorientierter Forschungsergebnisse nicht in der allgemeingültigen Erklärungs- und Prognosekraft entwickelter Theorien und Gesetzeshypothesen, sondern vielmehr in
der pragmatischen Problemlösungsfähigkeit entwickelter Modelle und Regeln,
kurz: im heuristischen Potential. Hieraus ergeben sich wesentliche konzeptionelle und methodische Implikationen.
In Übertragung auf diese Arbeit bedeutet dies, die evaluierten Herausforderungen im Rahmen realitätsorientierter Marketingforschung auf dem Wege eines theoriegeleiteten Empirismus zu beschreiben, zu erklären und zu lösen.83
Vor diesem Hintergrund steht die Analyse des Service Branding von verschiedenen Telekommunikationsdienstleistern sowie von zwei Anbietern einer Vergleichsbranche im Zentrum der empirischen Betrachtung. Im Unterschied zum
deduktiv-nomologischen Forschungsansatz setzt hier also der Forschungsprozess nicht nur an der Erfassung konkreter Probleme im Praxiszusammenhang
an, sondern er ist auch auf die Untersuchung und Überprüfung des Anwendungszusammenhangs möglicher, über Einzelfall und Branche hinausgehender
Problemlösungen ausgerichtet (empirischer Induktivismus84). Hinter diesem
Vorgehen verbirgt sich die Grundidee, einerseits weder die Komplexität der
Marketingrealität in allgemeingültigen, generellen Problemlösungen hinreichend berücksichtigen zu können,85 andererseits aber ebenso wenig über die
82
83
84
85
Vgl. Ulrich 1984.
Vgl. hierzu Tomczak 1992, S. 83 f. Zur realitätsorientierten Marketingforschung vgl. insbesondere auch Belz 1989, S. 7 ff. sowie Belz 1993, S. 5 ff.
Vgl. hierzu Tomczak 1992, S. 77.
Grundsätzlich scheint die Entwicklung einer „Theorie des Service Branding“ - ähnlich dem Aufbau einer „Theorie des Dienstleistungsmarketing“ - angesichts der Heterogenität des Dienstleis(Fortsetzung der Fußnote auf der nächsten Seite)
24
Kapitel A
spezifische Beobachtung eines konkreten Einzelfalls übergeordnete und übertragbare Erkenntnisse im wissenschaftlichen Sinne gewinnen zu können. Situative Forschung verfolgt daher den Mittelweg zwischen den Extremen der
abstrakten Generalisierung (Theoriebildung) und der einzelfallorientierten Spezifizierung (Falllösung),86 dessen Kern in der Konkretisierung allgemeingültiger
Aussagen und der Abstraktion von Einzelfallstudien besteht. Das Ziel liegt im
Erkennen spezieller „Situationsmuster“, für die sich nutzbringende und realisierbare Handlungsoptionen aufzeigen lassen.87 Forschung wird dabei als
Lern- und Forschungsprozess begriffen, in dessen Zentrum ein theoretischer
Bezugsrahmen steht, der den Forschungsprozess steuert und Orientierungshilfen für die Lösung evaluierter Problemfelder der Managementpraxis liefern
soll.88
Im vorliegenden Fall wurde der - eigentlich iterative - Forschungsprozess zur
Fokussierung des Projektes vereinfachend in vier Phasen unterteilt. Die Phasen wurden dabei nicht streng sequentiell durchlaufen, da es sich bei praxisbegleitender Forschung89 um einen interaktiven Prozess im Spannungsfeld
zwischen Realitätsbeobachtung, Daten- und Informationssammlung sowie theoretischer Verarbeitung handelt.90 In der ersten Phase wurden das Forschungsgebiet expliziert, die Umfeldbedingungen des Service Branding auf
dem Telekommunikationsmarkt vertiefend analysiert und ein allgemeiner theoretischer Themenzugang erarbeitet. Die zweite Phase diente der Fokussierung
konzeptioneller Überlegungen sowie der Formulierung von Hypothesen zur
Gestaltung von Dienstleistungsmarken. Vor diesem Hintergrund wurden in der
dritten Phase das Forschungsfeld in der Praxis exploriert und die entwickelten
Hypothesen im Rahmen einer Fallstudienforschung evaluiert. Im Mittelpunkt
der vierten Phase stand - auf Basis der konzeptionellen und empirischen Erkenntnisse - die Ableitung und Entwicklung anwendungsorientierter Gestaltungsempfehlungen (Abb. A-11).
Als theoretisch-methodische Basis zur Erarbeitung des theoretischen Bezugsrahmens werden primär Theorien des Konsumentenverhaltens, insbesondere der antriebsbezogenen und kognitiven Psychologie herangezogen.
Vor dem Hintergrund der Zielsetzung erweisen sich diese Ansätze als besonders geeignet, die Entstehung der Marke im Gedächtnis von Konsumenten als
innerpsychischen Lern- und Bewertungsprozess darzustellen und zu analysie-
86
87
88
89
90
tungsspektrums kaum möglich bzw. sinnvoll zu sein (vgl. hierzu Meffert/ Bruhn 2003, S. 4): Zum
einen ist die Ableitung allgemeingültiger theoretischer Aussagen schwer erreichbar, zum anderen
würde der hierbei erforderliche Grad der Allgemeingültigkeit bzw. Generalisierung zu einer äußersten Unschärfe der Aussagen in Übertragung auf konkrete Problemsituationen der Praxis führen.
Vgl. Belz 1989, S. 9.
Vgl. Reinecke 1996, S. 16.
Vgl. Staehle 1999, S. 79; Tomczak 1992, S. 83 f.
Ulrich 1984, S. 21.
Vgl. Tomczak 1992, S. 84.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
25
ren.91 Ergänzend zu neueren Ansätzen der Leistungstypologisierung von Absatzgütern und des Dienstleistungsmarketing kann die Informationsökonomik
Hinweise zur Erklärung dienstleistungsspezifischer Besonderheiten geben und
findet implizit Anwendung.
3.2 Qualitative Methodenkombination
Im Mittelpunkt der empirischen Untersuchung steht die Analyse des Service
Branding verschiedener Telekommunikationsdienstleister. Vor dem Hintergrund von Problemstellung, Forschungsfrage sowie der realitätsorientierten
Perspektive dieser Arbeit erscheint damit der Einsatz qualitativer Forschungsmethoden insbesondere aus folgenden Gründen als sinnvoll und zielführend:
„Trotz der Eingrenzung des Forschungsthemas erweist sich die Problemstel-
lung bzw. forschungsleitende Fragestellung der Arbeit als komplex und bereichsübergreifend. Dies erfordert die fundierte und zugleich praxisnahe
Entwicklung eines strukturierten Problemverständnisses, wozu sich qualitative Erhebungsmethoden und insbesondere Expertengespräche gut eignen.92
„Für die Zusammenhänge und Wechselwirkungen bei der Gestaltung, den
Manifestationsmechanismen sowie der Wirkungsweise von Dienstleistungsmarken wurde eine bislang geringe theoretische Durchdringung festgestellt. Zur Exploration und Untersuchung eines solchen Forschungsfeldes
erscheint qualitative Forschung besonders geeignet.93
„Wie im weiteren Verlauf der Arbeit gezeigt wird, besteht hinsichtlich zentra-
ler Begrifflichkeiten und Zusammenhänge des Forschungsfeldes kein allgemeiner Konsens, sowohl in der Theorie als auch der Praxis.94 Hier bieten
sich insbesondere qualitative Methoden an, um Missverständnisse und Irrtümer während der Erhebung zu vermeiden.95
Zur empirischen und analytischen Erkenntnisgewinnung werden daher im Verlaufe des Forschungsprozesses Experteninterviews, Fallstudien sowie DeskResearch durchgeführt, die zur besseren Absicherung der Ergebnisse im Sinne
einer Triangulation96 kombiniert angewendet werden. Abbildung A-11 zeigt den
Einsatz dieser Methoden innerhalb des beschriebenen Forschungsprozesses
im Überblick.
91
92
93
94
95
96
Vgl. hierzu ausführlicher Abschnitt C 3.
Vgl. hierzu Tomczak 1992, S. 82.
Zu einer ähnlichen Vorgehensweise vgl. beispielhaft Schögel 1997, S. 9 f.
Vgl. hierzu vor allem Abschnitt C 1.1 sowie C 1.2.
Zu einer ähnlichen Vorgehensweise vgl. Ludwig 2001, S. 12 f.
Triangulation ist eine Prozedur zur Erhöhung der empirischen Validität. Im vorliegenden Fall
geht es darum, durch den Einsatz unterschiedlicher Methoden (Methoden-Triangulation) sowie
verschiedener Datenquellen (Daten-Triangulation) das Forschungsobjekt aus unterschiedlichen
Blickwinkeln auszuleuchten (vgl. hierzu Jick 1979; Flick 2004).
26
Kapitel A
Phase 1:
Forschungsgebiet
erfassen
Phase 2:
Erkenntnisse
verdichten
Phase 3:
Empirische
Überprüfung
„ Explikation der
„ Fokussierung
„ Umfeldanalyse
„ Konzeption eines
„ Formulierung theorie- „
„ Experteninterviews
„ Fallbeispiele
„ Experteninterviews
Problemstellung
in Theorie und Praxis
theoretisch fundierten
Themenzugangs
konzeptioneller
Grundlagenarbeit
geleiteter Hypothesen
zur Gestaltung von
Dienstleistungsmarken
„ Exploration des
Forschungsfeldes
in der Praxis
Empirische Überprüfung der Hypothesen
„ Fallstudienforschung
„ Experteninterviews
Phase 4:
Lösungen
entwickeln
„ Evaluierung der
gewonnenen
Ergebnisse
„ Ableitung anwen-
dungsorientierter
Gestaltungsempfehlungen
„ Fallstudienforschung
„ Desk-Research
„ Analogien
„ Kritische Reflexion
Abb. A-11: Forschungsprozess und angewandte Methodik
Experteninterviews97 stellen somit im Rahmen des Forschungsprojekts eine
wesentliche Quelle empirischer Problemerkenntnis dar. Die Erhebung des qualitativen Informations- und Datenmaterials geschieht iterativ - entlang des wissenschaftlichen Forschungsprozesses - zur Gewinnung und Ergänzung
allgemeiner Basisinformationen, zur Evaluierung und Strukturierung zentraler
Problemfelder sowie zur Erstellung fundierter Fallstudien. Die Interviews wurden mit Experten führender Unternehmen der Telekommunikationsdienstleistungsbranche durchgeführt. Die Auswahl der Branchenexperten orientierte sich
an folgenden Kriterien:
„Führungsposition:
Die Interviewpartner sollen in Führungspositionen tätig
sein (Vorstand, Geschäftsführung, Abteilungs-/ Bereichsleitung).
„Funktion: Die Interviewpartner sollen in Unternehmensfunktionen tätig sein,
die sich zentral und aktiv mit dem Thema Markenmanagement auseinandersetzen (Marketing Management, Brand Management, Product Management).
„Unternehmen:
Die Interviewpartner sollen führenden Unternehmen ihres
Marktes angehören.
Die Experteninterviews wurden persönlich vor Ort oder telefonisch im deutschsprachigen Raum durchgeführt. Die Experten erhielten vorab einen Gesprächsleitfaden, der an die spezifische Unternehmenssituation angepasst wurde. Zur
inhaltlichen Validierung und Freigabe wurde den jeweiligen Befragten nach
Abschluss des Interviews ein Ergebnisprotokoll übersandt. Zur Gewinnung ergänzender, insbesondere branchenübergreifender Informationen wurden informelle Gespräche mit Themenexperten aus Fachverbänden und Behörden, PRund Werbeagenturen sowie Unternehmen der Markenartikelindustrie geführt.
97
Die Gesprächsleitfäden sowie ausgewählte Gesprächsprotokolle befinden sich im Anhang.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
27
Der Einsatz von Fallstudien98 erfolgt in der vorliegenden Arbeit zum einen mit
der Zielsetzung, das Service Branding in der Praxis realitätsnah und plastisch
zu erfassen. Auf diese Weise können situationstypische Aspekte in einem
ganzheitlichen, abgeschlossenen Kontext dargestellt werden, um auch die Nähe zum Forschungsobjekt herzustellen.99 Zum anderen sollen auf der Basis einer fallübergreifenden Cross-Case-Analyse die theoretisch-konzeptionell
abgeleiteten Hypothesen zum Aufbau innerer Markenbilder empirisch evaluiert
werden. Entsprechend dem Postulat angewandter Wissenschaften dient dieser
Teil der Empirie als Bezugspunkt der Untersuchung und Gestaltung möglicher
zukünftiger Realitäten und somit auch der Fundierung der zu entwickelnden
Gestaltungsempfehlungen im Begründungszusammenhang.100
Desk Research umfasst das grundsätzliche Studium relevanter Buch- und
Zeitschriftenveröffentlichungen zu Service Branding, allgemeinem Markenmanagement und Dienstleistungsmarketing. Zur Erstellung und Fundierung der
Fallstudien sowie von Fallbeispielen und zur Beobachtung relevanter aktueller
Entwicklungen werden ergänzende Text- und Internet-Recherchen von Fachund Managementzeitschriften sowie Unternehmensdokumenten durchgeführt.
Neben den genannten klassischen Erhebungsmethoden kommen weitere Methoden zum Einsatz, denen allerdings primär eine didaktische, den Forschungsprozess begleitende Funktion zukommt: Hierbei handelt es sich zum
einen um Analogien, die dazu dienen, bereits bestehende Erkenntnisse aus
der Dienstleistungs- und Markenforschung auf das vorliegende Forschungsproblem zu übertragen.101 Marketinginnovationen entstehen oftmals durch die
Fähigkeit zur Abstraktion, um aus vergleichbaren Situationen in einem anderen
Kontext zu lernen.102 Gerade durch den vielfach interdisziplinären Charakter
des Forschungsobjektes versprechen Analogien zu anderen Bereichen der
Marketingforschung interessante Erkenntnisse und Rückschlüsse. Zum anderen handelt es sich um Fallbeispiele, die der verkürzten Darstellung relevanter
Einzelaspekte des Service Branding in der Praxis dienen und im Rahmen der
Arbeit im Begründungszusammenhang Anwendung finden.
98
99
100
101
102
Vgl. hierzu Bonoma 1985; Mayring 1996, S. 27 ff.
Vgl. Mayring 1996, S. 28.
Vgl. Ulrich 1984, S. 6.
Vgl. Belz 1985, S. 8-10.
Vgl. Lovelock 1983, S. 9 ff.
28
Kapitel A
3.3 Aufbau der Arbeit
Der Aufbau der Arbeit erfolgt in fünf Hauptkapiteln, die in Abbildung A-12 als
Übersicht zusammengefasst sind.
Dem einleitenden Kapitel A, in dessen Mittelpunkt die Einführung in die Problemstellung und die Bestimmung der Zielsetzung und forschungsleitenden Fragestellung dieser Arbeit stand, folgt mit Kapitel B eine vertiefte Analyse des
situativen Kontexts der Markenführung auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen. Hierzu werden Eigenschaften und Entwicklungen des
Marktes sowie unternehmensexterne und- interne Rahmenbedingungen der
Markenführung detailliert betrachtet, um aus evaluierten umfeldbedingten Herausforderungen realitätsorientierte Implikationen für das Service Branding sowie die weitere Untersuchung abzuleiten.
Kapitel C bildet den konzeptionell-analytischen Grundlagenteil der Arbeit, in
dessen Mittelpunkt die theoretische Fundierung und Analyse der Eigenschaften
und Wirkungszusammenhänge von Dienstleistung und Marke sowie der Entstehung und Wirkung innerer Markenbilder bei Dienstleistungen stehen. Dabei
werden zunächst die zentralen Begriffen Marke, Dienstleistung und Dienstleistungsmarke vor dem Hintergrund bestehender Ansätze des Marken- sowie
Dienstleistungsmanagements erfasst, um hierauf aufbauend eine Systematisierung der Herausforderungen und Besonderheiten des Service Branding vorzunehmen und den Aufbau innerer Markenbilder als eine zentrale Aufgabe in
der Markenführung abstrakter Dienstleistungen ableiten zu können. Es folgt eine vertiefte Analyse und integrierte Darstellung der Gestaltungsvariablen, Manifestationsmechanismen und Wirkungsdeterminanten von Dienstleistungsmarken, welche die komplexen Entscheidungssysteme der Markenanbieterund Markennachfragerseite miteinander verknüpft und schließlich die Herausforderungen für Telekommunikationsdienstleister aus konzeptioneller Sicht im
Rahmen einer praxisnahen, dienstleistungstypenorientierten Darstellung evaluiert. Hierauf aufbauend werden theoriegeleitete Hypothesen zum erfolgreichen
Aufbau innerer Markenbilder durch die zielgerichtete Gestaltung von Marken
für intangible und abstrakte Leistungen beziehungsweise Telekommunikationsdienstleistungen formuliert, welche als Grundlage der weiteren empirischen
Untersuchung dienen.
Als empirisch-prüfender Teil widmet sich Kapitel D anhand ausgewählter Fallbeispiele der Umsetzung des Service Branding in der Praxis am Beispiel des
deutschen Telekommunikationsmarktes. Im Mittelpunkt steht die qualitativempirische Untersuchung der Markenauftritte verschiedener Telekommunikationsdienstleister sowie - als branchenübergreifender Anwendungsfall - zweier
Energiedienstleister, die auf dem Hintergrund der zuvor evaluierten Hypothesen strukturiert und analysiert werden. Neben der Gewinnung von ergänzenden
Erkenntnissen besteht die Zielsetzung der Mehr-Fallforschung darin, die kon-
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
29
zeptionell entwickelten Gestaltungshypothesen auf Basis einer abschließenden
Cross-Case-Analyse zu beurteilen, um eine solide Grundlage für die Ableitung
anwendungsorientierter Handlungsempfehlungen zu schaffen.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker
A
B
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
Der Markt für Telekommunikation
Unternehmensexterne Faktoren
des Markenumfelds
Unternehmensinterne Faktoren
des Markenumfelds
Ableitung anwendungsorientierter Implikationen
C
Konzeptionelle Grundlagen des Service Brandingy
Begriff Marke
Begriff Dienstleistung
Begriff Dienstleistungsmarke
Ziele und Aufgaben
des Service Branding
Besonderheiten
des Service Branding
Ableitung konzeptioneller Im plikationen
Formuli erung von Gestaltungshypothesen zum Aufbau
innerer Markenbilder für unsichtbare Di enstleistungen
D
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
Erhebung der Fallstudi en
Cross-Case-Analyse
Evaluierung der Hypothesen und Interpretation
E
Implikationen für die Markenpraxis und Markenforschung
Abb. A-12: Aufbau und Struktur der Arbeit
Im abschließenden Kapitel E werden Implikationen formuliert, die sich als
Quintessenz der gewonnenen Erkenntnisse dieser Arbeit für die Entwicklung
und Einführung, aber auch für die Pflege von Marken für Telekommunikationsund Energiedienstleistungsunternehmen ergeben. Entsprechend der Zielsetzung sowie der anwendungsorientierten Forschungsausrichtung liegt der
Schwerpunkt dabei auf der Ableitung von Gestaltungsempfehlungen für die
Praxis. Im Zentrum steht hier die Darstellung des grundsätzlichen Aufbaus und
30
Kapitel A
der Einführung selbstreferentieller virtueller Markenbildwelten, die, wie die Untersuchung zeigt, aufgrund ihrer Kommunikationseffizienz am nachhaltigsten
zur Erzeugung innerer Markenbilder im Gedächtnis des Konsumenten beitragen. Ferner werden in einem weiteren Schritt Empfehlungen zur Pflege effizienter sowie zur Optimierung ineffizienter Markenbildwelten gegeben. Die
Arbeit endet mit Implikationen für die Markenforschung, die auf dem Hintergrund der Ergebnisse und Forschungsmethodik dieser Arbeit formuliert werden.
B
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
Die Aufgabe des folgenden Kapitels besteht in der vertieften Analyse des situativen Kontexts der Markenführung auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen. Als Einleitung und Grundlage des markenspezifischen
Problemzugangs werden hierbei zunächst wesentliche Eigenschaften und
Entwicklungen des Marktes detailliert betrachtet. Daran anschließend folgt eine Analyse aktueller und zentraler Umfeldbedingungen von Dienstleistungsmarken. Aufgrund der Vielfalt markenrelevanter Faktoren erfolgt hierbei eine
Konzentration auf wesentliche Elemente des Modells der „Marke in ihrem Umfeld“1 (Abb. B-1). Im Mittelpunkt steht die Darstellung ausgewählter Ausgangsund Rahmenbedingungen, die sich aus der Wettbewerbssituation, dem Konsumentenverhalten, der Absatzmittler- und Lieferantensituation sowie internen
Gegebenheiten markenführender Telekommunikationsdienstleister ergeben
und die Markenentwicklung der Gesamtbranche ebenso wie das Service Branding der Dienstleistungsanbieter nachhaltig prägen. Im Ergebnis sollen umfeldbedingte Herausforderungen sowie markenrelevante Implikationen als
realitätsorientierte Grundlage der weiteren Untersuchung abgeleitet werden.
Telekommunikationsmarkt
Wettbewerb
Konsumenten
Telekommunikationsdienstleister
Marke
Absatzmittler
Abb. B-1:
1
2
Lieferanten
Umfeld der Marken für Telekommunikationsdienstleistungen2
Vgl. hierzu Tomczak/ Ludwig 1998, S. 51; Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 18 f.
Quelle: in Anlehnung an Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 19.
32
1.
Kapitel B
Der Markt für Telekommunikation
1.1 Markthistorie: Transformation einer Schlüsselindustrie
„Das Pferd frisst keinen Gurkensalat.“ Dieser - so wird kolportiert - allererste
telefonisch übermittelte Satz, gesprochen von dem deutschen Physiker und Erfinder Philipp Reis3 im Jahre 1861, war der Urknall einer gesellschaftlichen und
wirtschaftlichen Entwicklung, die in das heutige multimediale Informationszeitalter mündet. Der „Transport von Zeichen (Sprache, Ton, Text, Daten, Bilder)
mit Hilfe nachrichtentechnischer Verbindungsverfahren zwischen einem Sender
und einem Empfänger über eine räumliche Distanz“4, kurz: Die moderne Telekommunikation und ihre Leistungen sind nicht nur Nervensystem und Antriebsmotor des heutigen Gesellschaftssystems und seiner Entwicklung,
sondern selbst, wie wohl kaum ein Wirtschaftssektor in der Vergangenheit, Objekt eines umfassenden Transformationsprozesses. Und noch immer sind nicht
alle Konturen der künftigen Entwicklung erkennbar. Doch steht zu erwarten,
dass die Telekommunikationsindustrie auch im nächsten Jahrzehnt das innovative Geschehen in den Industriegesellschaften entscheidend prägen wird.
Dabei beginnen wichtige Entscheidungen und Weichenstellungen, die teilweise
erst in der jüngeren Vergangenheit getroffen wurden, in zunehmendem Maße
ihre Wirksamkeit zu entfalten.5
Es ist erst wenige Jahre her, dass in Deutschland eine mehr als hundertjährige
Tradition einer nahezu ununterbrochenen staatlichen Monopolverwaltung der
Telekommunikation beendet wurde (Abb. B-2). Bis Ende der 80er Jahre zeichnete sich die Telekommunikationswirtschaft in Deutschland durch relativ starre
Strukturen und geringe Entwicklungsdynamik aus. Die Bereitstellung der Netzinfrastruktur und der Telekommunikationsdienste oblag einer staatlichen Telefongesellschaft, die ein umfassendes Fernmeldemonopol besaß. Post und
Telekommunikation waren als Teil der Staatsverwaltung organisiert und damit
unmittelbarer Teil der Regierung. Private Unternehmen konnten nur aktiv werden, wenn der staatliche Monopolist freiwillig auf die Ausübung seiner hoheitli3
4
5
Anfang der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts entwickelte Philipp Reis (1834-1874) bereits vor
Alexander Graham Bell (1847-1922) den ersten für Sprachübertragung geeigneten Apparat, den
er Telefon nannte. Der berühmte Satz „Das Pferd..“ ist während einer Versuchsanordnung am
26. Oktober 1861 im Frankfurter Senckenberg-Museum gefallen, die Reis im Rahmen eines Vortrags zum Thema „Über die Fortpflanzung musikalischer Töne auf beliebige Entfernung durch
Vermittlung des galvanischen Stromes" präsentierte. Reis wählte diesen merkwürdigen Satz, da
der Empfänger hierbei nicht von einem Wort auf das andere schließen und den Satz quasi erraten konnte. Erst in den 70er Jahren gelang dem in den USA lebenden schottischen Gelehrten
Bell eine verbesserte und vereinfachte Versuchsanordnung, die 1876 patentiert und auf der
Weltausstellung in Philadelphia ausgestellt wurde. Das Patent wurde von der später gegründeten
Bell-Company umfassend vermarktet. Vor allem in amerikanische und angelsächsische Geschichtsbücher ging Bell damit fälschlicherweise als Erfinder des Telefons ein (vgl. Bernzen
1999).
Gerpott 1998, S. 4.
Vgl. Büllingen/ Stamm 2001, S. 5.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
33
chen Rechte verzichtete.6 Entsprechend erfolgte die monopolistische Bereitstellung von Telekommunikationsdienstleistungen primär unter technischen
Aspekten: Kundenorientierung und Marktbedürfnisse waren irrelevant.7 „Jeder,
der möchte, erhält einen Telefonapparat in grün, grau oder orange - wie lange
er darauf zu warten hat und wie sich Preis und Qualität gestalten, war dabei
sekundär. Die Telefonsteinzeit gipfelte in dem wohl berühmtesten Werbeslogan der Bundespost: „Fasse Dich kurz!“.“8
1881
Beginn des öffentlichen Telefonverkehrs: In Berlin errichtet Siemens die erste
Vermittlungsstelle.
1928
Fernmeldeanlagengesetz: Das Fernmeldemonopol für die Reichspost wird festgeschrieben.
1949
Deutsche Bundespost wird Rechtsnachfolger der Reichspost.
1984
Beschluss zur Einsetzung der „Kommission Fernmeldewesen“ zur Liberalisierung des
Telekommunikationsmarktes.
1986
Einführung eines letzten analogen Mobilfunknetzes (C-Netz, wurde in 2000 eingestellt).
1989
1. Stufe der Post- und Fernmeldereform: Lockerung des Monopols und Zulassung des
privaten Mobilfunks. Inkrafttreten des „Gesetzes zur Neustrukturierung des Post- und
Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost”. Trennung von hoheitlichen und
unternehmerischen Aufgaben des bisherigen Bundespostministeriums. Zur Übernahme der
unternehmerischen Aufgaben werden die öffentlichen Unternehmen Deutsche Bundespost
POSTDIENST, Deutsche Bundespost POSTBANK und Deutsche Bundespost TELEKOM
gegründet.
1992
Vergabe der ersten Lizenz für ein digitales Mobilfunknetz (GSM 900 Standard) an
mannesmann/ Vodafone Airtouch (D2), wenige Monate später an Deutsche Telekom (D1).
1993
EU beschließt Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes.
Lizenzvergabe für das dritte digitale Mobilfunknetz E1 (GSM 1800 Standard) an E-Plus.
1995
2. Stufe der Post- und Fernmeldereform: Umwandlung der öffentlichen Unternehmen der
Deutschen Bundespost in private Aktiengesellschaften (Deutsche Telekom AG).
Verordnung zur Regelung von Inhalt, Umfang und Verfahren der Verleihung sowie zur
Öffnung von Märkten für Telekommunikationsdienstleistungen. Beschluss der EUKommission : Die Kabelnetze des Fernsehen müssen noch 1995 für alle in der EU bereits
liberalisierten Telekom-Dienste geöffnet werden. Auf massiven Druck der EU-Kommission
wird die Bundesregierung der Telekom ihre Kabel-Privilegien beschneiden. Private
Kabelnetzbetreiber dürfen nach Entwurf einer neuen Verordnung künftig auch dort tätig
werden, wo bisher der Telekom die Verkabelung vorbehalten war.
1996
Vollständige Liberalisierung des deutschen Telekommunikationsmarktes: Durch
Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes Ende des Netzmonopols der Deutschen
Telekom. Freigabe firmeninterner Netzwerke (corporate networks). Mitbewerber können für
geschlossene Benutzerkreise auf eigenen Netzen Sprachvermittlung anbieten. Bisher
mussten Unternehmen auf Mietleitungen der Telekom zurückgreifen. Darüber hinaus auch
Liberalisierung um Bereich der Mobil- und Satellitenkommunikation.
1998
Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post nimmt ihre Arbeit auf.
Vollständige Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes in Europa:
Privatunternehmen können Telekommunikationsnetze und eigene Telefondienste anbieten.
Start des vierten digitalen Mobilfunknetzes E2 (GSM 1800 Standard) von VIAG Interkom.
2000
Versteigerung der Lizenzen zum Universal Mobile Telecommunications System (UMTS).
2004
Markteinführung der dritten Mobilfunkgeneration (UMTS).
Abb. B-2:
6
7
8
Zeittafel: Meilensteine der Entwicklung des Telekommunikationsmarktes in Deutschland
Vgl. Büllingen/ Stamm 2001, S. 5.
Vgl. hierzu Kühnapfel 1995, S. 15.
Sohn 2001.
34
Kapitel B
Es bedurfte nach intensiven politischen Debatten schließlich dreier Fernmeldereformen, um die gesetzlichen Voraussetzungen für die Marktöffnung im
Schlüsselsektor des 21. Jahrhunderts zu schaffen. Deutschland vollzog damit
einen längst überfälligen Wandel und leitete einen Prozess ein, der von Ländern wie den USA (1974-1984), Großbritannien (1982) oder Japan (1985) bereits mehr als ein Jahrzehnt früher durchgeführt worden war und der zum
Abbau der auch dort bestehenden Monopolsituation nicht nur staatlicher, sondern auch privater Anbieter führte.9
Anzahl der Dienstleistungsanbieter
Lizenznehmer
Anbieter lizenzfreier Dienstleistungen
2500
2000
1500
1239
1315
861
879
2002
2003
1242
1112
1000
967
834
500
269
491
611
711
1999
2000
2001
0
1998
Abb. B-3:
Quantitative Entwicklung der Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen
in Deutschland10
Insbesondere das neue Telekommunikationsgesetz (TKG), das am 1. August
1996 in Kraft trat, und der Wegfall des Sprachdienstmonopols am 1. Januar
1998 gelten aus heutiger Perspektive als historische Zäsuren, die den Aufbruch Deutschlands in einen durch Wettbewerb und Innovation geprägten Telekommunikationsmarkt (Abb. B-3) ermöglichten. Sie sind verbunden mit der
Privatisierung der Staatsunternehmen Deutsche Telekom AG (DTAG), Post
AG und Postbank, um ihnen den Wandel zu gewinn- und kundenorientierten
Unternehmen zu ermöglichen und neuen Anbietern den Marktzutritt zu nationa9
10
Vgl. Neumann/ Ruhle 1998, S. 1-18; Büllingen/ Stamm 2001, S. 5.
Quelle: in Anlehnung an Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2004, S. 16. Die
Zahlen beziehen sich jeweils auf Veröffentlichungen zum 1. Quartal des betreffenden Jahres.
Nach §4 TKG ist jeder Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen zur Anzeige bei der
Regulierungsbehörde verpflichtet. Der Betrieb von Übertragungswegen für Mobilfunkdienstleistungen (Lizenzklasse 1), Satellitenfunkdienstleistungen (Lizenzklasse 2), und Telekommunikationsdienstleistungen (Lizenzklasse 3) sowie die Erbringung von Sprachtelefondiensten auf Basis
selbstbetriebener Telekommunikationsnetze (Lizenzklasse 4) sind lizenzpflichtig. Telekommunikationsdienstleistungen, die nicht unter die Lizenzklassen 1 bis 4 fallen, wie z. B. der Wiederverkauf von Festnetz- oder Mobiltelefondiensten (Service Providing) oder der Betrieb von Sprachoder Datenmehrwertdiensten ohne selbstbetriebenes Netz, sind lizenzfrei (vgl. Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2003, Teil B).
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
35
len, regionalen und lokalen Märkten zu öffnen.11 „Den meisten der rund 40 Millionen Telefonkunden ist noch nicht klar, was in fünf Monaten passiert: Von Januar an dürfen sie von zu Hause aus erstmals frei wählen und sich ihre eigene
Telefongesellschaft aussuchen. Wer sich immer schon über die Deutsche Telekom geärgert hat, weil er deren Mitarbeiter unfreundlich findet oder die Gesprächstarife zu hoch, der kann dann zur Konkurrenz gehen, die so sonderbare
Namen trägt wie Arcor, Otelo oder Viag Interkom. Ein jahrzehntelanges Staatsmonopol wird geknackt“, schreibt Ulf Brychcy Ende Juli 1997 in der Süddeutschen Zeitung12.
Dieser „Mauerfall“ in der Telekommunikationswirtschaft ermöglichte damit nicht
nur die Entwicklung eines dynamischen Wettbewerbs in den nationalen Märkten. Er erwies sich auch als notwendig für die Verbesserung der Ausgangssituation Deutschlands als Industriestandort im internationalen Wettbewerb. Durch
die eingeleitete Liberalisierung veränderten sich die gewachsenen Marktstrukturen in Deutschland innerhalb weniger Jahre sowohl auf der Angebotsseite als
auch auf der Nachfrageseite in drastischer Weise.13
1.2 Marktkräfte: Deregulierung und Technologie
Als besonders wirksam für die politisch gewünschte Veränderung der Angebots-, und damit implizit auch der Nachfrageseite, erwiesen sich neben der Liberalisierung des Endgerätemarktes Ende der achtziger Jahre die Umsetzung
des (de-)regulatorischen Ordnungsrahmens sowie die damit einhergehenden
technologischen Entwicklungen.
Regulierung der Deregulierung
Insbesondere die Tätigkeiten der REGULIERUNGSBEHÖRDE FÜR TELEKOMMUNIKATION UND POST (REGTP), die 1998 als Nachfolgeorganisation des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation zur Kontrolle und Umsetzung der
Vorgaben des TKG gegründet und mit umfangreichen Verfahren und Instrumenten ausgestattet wurde,14 übten maßgeblichen Einfluss auf die Verände11
12
13
14
Vgl. Büllingen/ Stamm 2001, S. 5. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass die Regulierungspolitik
aufgrund politikimmanenter Mechanismen nie derart ausgestaltet sein wird, dass der ehemalige
Monopolist ernsthaft in Bedrängnis gerät. Dieser wird stets auch in der weiteren Entwicklung eines liberalisierten Marktes eine herausragende Bedeutung haben und über einen langen Zeitraum hinweg weiterhin der dominierende Anbieter sein, wobei er ebenfalls von der mit der
Liberalisierung einhergehenden Marktexpansion profitiert. Aufgrund der mit der Einführung und
Zunahme des Wettbewerbs verbundenen Verluste an Marktanteilen und Preisspielräumen wird
der ehemalige Monopolist zur Steigerung der unternehmensinternen Effizienz gezwungen, damit
die Kostenstruktur ein wettbewerbsfähiges Niveau erreicht. Dieses geschieht nicht zuletzt zum
Vorteil des Verbrauchers.
Brychcy 1997, S. 4.
Vgl. Büllingen/ Stamm 2001, S. 6.
Die RegTP verfügt beispielsweise über Informations- und Untersuchungsrechte sowie abgestufte
Sanktionsmöglichkeiten. Zur detaillierten Beschreibung der Rolle und Organisation der Behörde
vgl. Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 1999, S. 16 f.
36
Kapitel B
rung der Wettbewerbsstruktur aus. Auf Grundlage des TKG und zahlreicher
Einzelverordnungen15 erfolgte eine Vielzahl regulatorischer Einzelmaßnahmen.
Die wesentlichsten Schritte bestanden in
„der Gewährleistung des Marktzutritts für neue Anbieter durch eine diskriminierungsfreie und an Effizienzkriterien orientierte Lizenzierungspolitik,
„der Ermöglichung der für den Kunden freien Auswahl des Verbindungsnetzbetreibers durch Pre-Selection und Call-by-Call-Selection,
„der Festlegung fairer Bedingungen für den Zugang zu Bottleneck-Ressourcen des bisherigen Monopolanbieters Deutsche Telekom,
„der Bereitstellung von Nummernblöcken für neue Wettbewerber sowie der
Nummernportabilität in den Fest- und Mobilfunknetzen,
„der Sicherstellung einer flächendeckenden und erschwinglichen Versorgung
mit Telefondiensten.16
Neben diesen Schritten wurden weitere Maßnahmen zur Intensivierung des Infrastrukturwettbewerbs eingeleitet. So hat die frühe Festlegung der europäischen Länder auf den Standard des Global System for Mobile Communications
(GSM) den europäischen Mobilfunk bis heute zu einer Erfolgsgeschichte werden lassen. Einen ähnlichen Impuls für den zukünftigen Aufbau einer breitbandigen Mobilfunknetz-Infrastruktur erhofften sich europäische und nationale
Regulierungsinstanzen durch die Versteigerung von Lizenzen zum Universal
Mobile Telecommunications System (UMTS) im Juli 2000. Durch die Schaffung
eines Ordnungsrahmens für diese dritte Mobilfunkgeneration wurde frühzeitig
der Weg für die Vergabe des UMTS-Spektrums geebnet. Bis dato wird dieses
als großer politischer Erfolg der europäischen Telekommunikationspolitik gewertet und soll Europa einen Vorsprung im internationalen Wettbewerb sichern. Allein in Deutschland wurden sechs Lizenzen zu einem Gesamtpreis
von knapp 51 Milliarden EUR vergeben. Inwieweit sich vor dem Hintergrund
dieser hohen Gebühren und der Erfordernis weiterer Investitionen die Erwartungen der Regulierer und der Industrie17 tatsächlich erfüllen, ist allerdings
noch nicht absehbar. Die Markteinführung der neuen Mobilfunktechnik erfolgte
erst 2004, nachdem sie aufgrund technischer Schwierigkeiten mehrfach von
den Unternehmen verschoben wurde. Nach Einschätzung von Branchenkennern wird in Deutschland frühestens 2010 mit UMTS Geld zu verdienen sein.18
15
16
17
18
Zu den wesentlichsten Verordnungen zählen die Telekommunikations-Lizenzgebührenverordnung (TKLGebV), Telekommunikations-Entgeltregulierungsverordnung (TentgV), Netzzugangsverordnung (NZV), Telekommunikations-Universaldienstleistungsverordnung (TUDLV).
Vgl. hierzu sowie zum Folgenden Büllingen/ Stamm 2001, S. 8 f.
Hierzu der Vorstandschef der Deutschen Telekom AG, Kai-Uwe Ricke: „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir UMTS ebenso zu Erfolg bringen werden wie das mit anderen innovativen Technologien in der Vergangenheit gelungen ist“ (o.V. Handelsblatt 2003a).
Diese Einschätzung erfolgt durch den internationalen Branchenverband UMTS-Forum. Den europaweiten Durchbruch von UMTS erhofft sich die Branche mit der Fußball-WM 2006 in
Deutschland (vgl. o.V. Handelsblatt 2003b).
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
37
Innovation durch Technologie
Neben der Regulierung des Marktes stellen technologische Entwicklungen und
Innovationen einen weiteren Motor der dynamischen Wettbewerbs- und Anbietersituation dar. „Zum einen haben ihre wirtschaftlichen Potenziale stets auf
Politik und Wirtschaft ausgestrahlt und den Trend und die Bereitschaft zur Liberalisierung und Öffnung der Märkte verstärkt. Zum anderen erzeugen die
wachsenden Interdependenzen und Konvergenzphänomene zwischen den verschiedenen Teilmärkten für Infrastruktur, Hardware, Software und Dienstleistungen sowohl wachsende Druck- als auch Sogeffekte auf die Marktteilnehmer,
leistungsfähigere und innovative Produkte anzubieten bzw. solche nachzufragen und anzuwenden.“19 Zu den bedeutendsten Innovationen zählen20
„Mikroelektronik:
Insbesondere die Chipentwicklung trägt zur höheren Leistungsfähigkeit bei
gleichzeitiger Miniaturisierung der Endgeräte bei und leistet eine wesentliche Grundvoraussetzung für die mobile Generation der Telekommunikation.
„Digitalisierung:
Die Digitalisierung von Netzen und Vermittlungszentralen trägt zu einer Vervielfachung der angebotenen Telekommunikationsdienstleistungen bei und
beschleunigt den Kosten- und damit Preisrückgang für diese Leistungen.
„Intelligente Vermittlungseinrichtungen:
Die neuen Generationen intelligenter Vermittlungseinrichtungen ermöglichen
neben einem nahezu fehlerfreien Verbindungsaufbau ebenso flexible Tarifierungen von Gesprächen oder Zusatzleistungen und tragen so zur kundenindividuellen Gestaltung von Telekommunikationsdienstleistungen bei.
„Optimierung von Übertragungskapazitäten:
Der Einsatz neuer Übertragungsmaterialien wie Glasfaser hat für einen
Quantensprung in der Bereitstellung von Übertragungskapazitäten und für
drastische Preissenkungen im Bereich der Fernübertragungsnetze gesorgt.
„Internet:
Das Internet übernimmt als globale und universale Kommunikationsplattform
zunehmend die Rolle, die vorher das leitungsvermittelte Telefonnetz für die
Sprachkommunikation eingenommen hat. Die Technik des Internet weist
dabei bei höherer Leistungsfähigkeit und -qualität relative Preisvorteile auf
und ermöglicht eine an der übertragenen Datenmenge orientierte Preispolitik. Internet-basierte Kommunikationsanwendungen bedrohen dabei direkt
das Kerngeschäft der Netzbetreiber und Service Provider, da die traditionellen Wertschöpfungsketten sich erweitern und völlig neu konfiguriert werden.
„Digitale Mobilfunknetze:
Zellulare digitale Mobilfunknetze ermöglichen Sprach-, Daten- sowie kom-
19
20
Büllingen/ Stamm 2001, S. 6.
Vgl. hierzu Büllingen/ Stamm 2001, S. 6 f.
38
Kapitel B
plexe Multimediadienste an jedem Ort zu jeder Zeit. Auch hier tragen technologische Innovationen zu einer Erhöhung der Qualität bei gleichzeitiger
Kostensenkung bei und ermöglichen die Vermarktung von Technologien, die
bisher nur im Festnetz zur Verfügung standen (z.B. mobiles Internet).
1.3 Marktentwicklung: Zwischen Konvergenz und Fragmentierung
Nach Angaben des EUROPEAN INFORMATION TECHNOLOGY OBSERVATORY
(EITO) beliefen sich im Jahr 2003 die Gesamtumsätze des weltweiten Marktes
für Telekommunikation auf 1.237 Milliarden EUR.
Weltweit:
Markt für Telekommunikation 2003
(in Prozent)
Japan
12,6%
Deutschland:
Marktstruktur Telekommunikation 2003
(in Prozent)
Deutschland
5,4%
Telekommunikationsdienstleistungen
84,6%
Europa*
22,2%
übrige
Länder
35,4%
USA
24,5%
Netzinfrastruktur
7,6%
Weltmarkt:
2003: 1.237 Mrd. EUR
2002: 1.165 Mrd. EUR
2001: 1.108 Mrd. EUR
* inkl. Osteuropa, ohne Deutschland
Abb. B-4:
Deutschland:
Endgeräte
7,8%
2003: 66,3 Mrd. EUR
2002: 64,0 Mrd. EUR
2001: 63,2 Mrd. EUR
Weltmarktanteil und Struktur des deutschen Telekommunikationsmarktes 200321
Der deutsche Markt ist dabei mit einem konsolidierten Gesamtanteil von 5,4
Prozent nach den USA (24,5%) und Japan (12,6%) der drittgrößte Ländermarkt
der Welt und der größte Ländermarkt Europas.22 Noch vor den USA dominiert
Europa mit einem Anteil von 27,6 Prozent den Weltmarkt. Im Vergleich zum
Vorjahr verzeichnet das Weltmarktvolumen ein Wachstum von 6,2 Prozent,
was allgemein als leichte Erholung vom Einbruch des Jahres 2001 (6,5%
Wachstum nach 14,1% im Jahre 2000) gewertet wird. In Deutschland entfallen
dabei, wie im westeuropäischen Durchschnitt, mittlerweile fast 85 Prozent des
Marktvolumens - mit weiter zunehmender Tendenz - auf Umsätze von Anbietern für Telekommunikationsdienstleistungen wie beispielsweise Telefon- oder
Mobilfunkservices. Nur etwa 15 Prozent werden von Anbietern für Endgeräte
21
22
Quelle: NFO Infratest 2003, S. 57 (linke Grafik), S. 60 (rechte Grafik). Basis: EITO 2003.
Vgl. NFO Infratest 2003, S. 57.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
39
und Netzinfrastruktur umgesetzt (Abb. B-4). Während sich damit nach Angaben
der EITO für 2003 das Volumen des deutschen Dienstleistungsmarktes auf
56,1 Milliarden EUR beläuft, geht die REGULIERUNGSBEHÖRDE FÜR TELEKOMMUNIKATION UND POST für den gleichen Zeitraum von Umsätzen in Höhe von 63,4
Milliarden EUR aus.23
Deutschland: Telekommunikationsdienstleistungsmarkt
1)
Gesamtumsatz 2003: 60,9 Mrd. EUR
Marktsegmente
Festnetz
Gesamtumsatz
(Anteil)
Internet
3)
Mobilfunk 4)
35,8 Mrd. EUR
? Mrd. EUR
(58,8%)
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Wettbewerber
Netze
Wettbewerber
Services
2)
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Deutsche Telekom
Vodafone/ Arcor
Regionale Netzbetreiber
u.a.
01019
3U Telecom
Citrus
KomTel
One.Tel
Tele 2
tesion
Tiscali
u.a.
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
1&1
AOL
CompuServe
Germany.Net
Hutchison
T-online
VictorVox
Yello
u.a.
25,1 Mrd. EUR
(41,2%)
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
T-Mobile (D1)
Vodafone (D2)
E-Plus (E1)
O2 (E2)
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Alphatel
CellWay
Debitel
EWE TEL
Hutchison
Mobilcom
Talkline
Telco
u.a.
1) Gesamtmarkt Telekommunikationsdienstleistungen ohne Kabelfernsehen.
Quelle: eigene Berechnungen auf Basis des Datenmaterials der Regulierungsbehörde für
Telekommunikation und Post 2004, S. 15f. sowie S. 34f.
2) Festnetz inkl. Mietleitungen, Daten- und Netzdienste sowie Festnetzterminierung.
3) Der Umsatzanteil internetspezifischer Telekommunikationsdienstleistungen wird von der
Regulierungsbehörde bislang nicht detailliert erhoben und ist daher im Umsatzanteil des
Festnetzsegments mit enthalten.
4) Mobilfunk inkl. Mobilfunkterminierung.
Abb. B-5:
23
Hauptsegmente des deutschen Telekommunikationsdienstleistungsmarktes 2003
Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2004, S. 16. In einer eigenen Untersuchung kommt der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien
(BITKOM) hinsichtlich der Volumenberechnung des Telekommunikationsmarktes (ohne Endgeräte) mit 58 Milliarden EUR (2003) zu einem ähnlichen Ergebnis (vgl. BITKOM 2004a, S. 1).
40
Kapitel B
Der deutsche Markt für Telekommunikationsdienstleistungen (Abb. B-5) entwickelt sich dabei im Spannungsfeld zwischen Fragmentierung und Konvergenz:
Einerseits kristallisieren sich seit der Liberalisierung deutlich die drei Hauptsegmente Festnetz, Mobilfunk und Internet mit jeweiligen Spezialanbietern
(wie z. B. City Carrier, Netzwerkmanagement, Content Provider) heraus, andererseits bestehen zwischen diesen Segmenten starke Substitutions- und
Wechselbeziehungen. Festnetzanschlüsse werden mit Mobilfunkverträgen
kombiniert oder durch diese ersetzt, Sprachtelefonie kann ebenso über das Internet abgewickelt werden, Mobilfunkgeräte sind Internet-tauglich (WAP,
UMTS). Insbesondere bei Festnetz- und Mobilfunkservices sowie ContentAggregation ist zu erwarten, dass sich der Entwicklungstrend zu einheitlichen
Service-Schnittstellen und Applikationen, die über alle Plattformen hinweg
konsistent sind, weiter verstärkt.24
Preisentwicklung
Nachfrageentwicklung
(in Cent)
(nach Verbindungsminuten,
in Mrd.)
Marktanteil Festnetz
(nach Verbindungsminuten, in Prozent)
400
100
40
346
93,9
342
78,4
80
301
30,7
300
345
30
69,8
67,1
245
61,2
60
200
197
20
178
38,8
40
30,2
9,7
100
3,2
2,0
6,1
2,2
0
0,0
0
99
00
01
02
0
03
Festnetzverbindungsminuten
Minimaltarif Festnetzgespräch
Abb. B-6:
32,9
20
4,6
98
42,4
21,6
10
7,7
97
57,6
97
98
99
00
01
02
03
Neue Wettbewerber
Deutsche Telekom
Entwicklung des deutschen Festnetzmarktes25
Die Wettbewerbsstruktur des deutschen Festnetzmarktes, mit rund 35,8 Mrd.
EUR Umsatz in 2003 das größte Marktsegment, wird auch nach der Deregulierung weiterhin durch den ehemaligen Monopolisten Deutsche Telekom geprägt
(Abb. B-6, rechte Grafik). Die Gesamtumsätze des Festnetzmarktes verteilen
sich zu je etwa einem Viertel auf Orts-, Fern- und Internetverbindungen, der
Umsatz des restlichen Viertels auf Nahverkehrs-, Mobilnetz-, Auslands- und
24
25
Vgl. PricewaterhouseCoopers 2000, S. 23.
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Regulierungsbehörde für Telekommunikation und
Post 2004, S. 29 sowie S. 31.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
41
sonstige Verbindungen.26 Nach Schätzungen des VERBANDES DER ANBIETER
VON TELEKOMMUNIKATIONS- UND MEHRWERTDIENSTEN (VATM) besitzt die Deutsche Telekom dabei auch sechs Jahre nach der vollständigen Liberalisierung
noch einen Anteil von knapp 60 Prozent im Festnetzmarkt, bezogen auf sämtliche Verbindungsminuten pro Tag.27 Als Ursache dieser Marktbeherrschung gilt
vor allem die nicht konsequente Umsetzung bestehender Deregulierungsvorschriften.28 Erst auf massiven politischen Druck ermöglichte die Regulierungsbehörde, dass Anfang 2003 das so genannte Call-by-Call-Verfahren, das bei
Fern- und Auslandsgesprächen bereits seit mehr als vier Jahren möglich ist,
den Telefonkunden auch im Ortsnetz zur Verfügung gestellt wurde.29
Trotz der - bezogen auf die Umsatzanteile der Anbieter - hohen Dominanz des
Ex-Monopolisten hat die Liberalisierung hinsichtlich Preis und Qualität des Angebots sehr deutliche Spuren hinterlassen. An vorderster Stelle sind die Märkte für Ferngespräche und Fernmietleitungen zu nennen, die im nunmehr
sechsten Jahr der Marktöffnung durch eine hohe Wettbewerbsintensität gekennzeichnet sind. Hier sind die Verhaltensspielräume des ehemaligen Monopolisten vor allem durch eine drastische Senkung der Preise deutlich geringer
geworden (Abb. B-6, linke Grafik): „Mit dem Fall des Telefon-Monopols Anfang
1998 sind die Tarife, bedingt durch einen mörderischen Preiswettbewerb im
Fern- und Auslandsbereich, bis zu 90 Prozent in den Keller gepurzelt.“30 Im
Gegenzug haben die Kunden mit einer deutlichen Erhöhung der Nachfrage reagiert mit der Folge, dass Telekommunikationsanbieter stagnierende oder gar
rückläufige Umsätze bei steigendem Verkaufsvolumen realisieren. Gleichzeitig
ist Deutschland zu einem technologischen Spitzenreiter im Festnetzbereich
aufgestiegen, was durch die Entwicklung des ISDN zur Standardtechnologie in
der festnetzgebundenen Telekommunikation dokumentiert wird. Etwa 25 Millionen digitale Anschlüsse sind inzwischen geschaltet, womit statistisch gesehen jeder fünfte ISDN-Anschluss der Welt in Deutschland liegt.31 Erst ab dem
Jahr 2005 wird mit einer Sättigung bzw. einem Rückgang des ISDN-Marktes
zugunsten breitbandiger Anschlüsse auf DSL-Basis gerechnet.32 Diese Technik, die den schnellen Internetzugang ermöglicht, ist nach Ansicht von Branchenkennern eine „der letzten Möglichkeiten, um die Karten im Festnetzwettbewerb neu zu mischen und der DTAG Marktanteile streitig zu machen“33.
26
27
28
29
30
31
32
33
Vgl. Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2002, S. 17.
Demgegenüber beziffert die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (2004, S. 29
ff.) den Festnetzmarktanteil der Deutschen Telekom auf 57,6 Prozent (vgl. Abb. B-6). Im Bereich
Ortsverbindungen geht der VATM dagegen sogar von einem Anteil von 82,6 Prozent aus (vgl.
Dialog Consult/ VATM 2003, S. 4 f. sowie Welfens/ Monnet 2001, S. 1 f.).
Vgl. Verband Der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) 2001, S. 2.
Vgl. NFO Infratest 2002, S. 106.
Stollberger 2002.
Vgl. BITKOM 2004b, S. 8.
Vgl. a.a.O.
Kicker Sportmagazin 2002, S. 13.
42
Kapitel B
Im Gegensatz zum Festnetzbereich galt und gilt der deutsche Mobilfunkmarkt
weiterhin als lukrativstes Segment des Telekommunikationsmarktes. Nach einer enormen Aufholjagd existieren in Deutschland mit zurzeit knapp 65 Millionen inzwischen mehr Mobil- als Festnetzanschlüsse (Abb. B-7, linke Grafik).
Im internationalen Vergleich liegt Deutschland mit einer Penetrationsrate von
78 Prozent weit vor den USA (54%), Japan (63%) und Osteuropa (24%).34
Trotz des damit erreichten hohen Niveaus wird die Zahl der Mobilfunkteilnehmer weiter steigen. Nach einer Studie des BUNDESVERBAND INFORMATIONSWIRTSCHAFT, TELEKOMMUNIKATION UND NEUE MEDIEN (BITKOM) kann bis Ende
2005 mit 70 Millionen Anschlüssen gerechnet werden.35 Für zusätzliche Dynamik soll, wie bereits skizziert, UMTS sorgen, da diese Technologie jenseits der
Übertragung von Sprache und Kurznachrichten völlig neue Möglichkeiten für
hochleistungsfähige Anwendungen eröffnet. Nachdem in den 90er Jahren
Festnetzkommunikation und Internet verschmolzen, wachsen nun Mobilkommunikation und Internet zusammen. Die Einführung von UMTS soll zum „Startpunkt in die mobile, digitale Internetwelt“36 werden.
Penetration
(in Prozent)
Teilnehmer
(in Mio.)
78,3
80
80
Marktanteil Netzbetreiber
(in Prozent)
50
71,6
70
68,1
70
40
60
58,6
50
40
40
28,5
20
10
17,0
3,0 4,6
1,2 2,2
10,1
6,8
6,8
0
30
30
20
15,7
36
37
12,7
7,3
6,7
5,7
2,2
0
Teilnehmer
Penetration (Teilnehmer/ Einwohner)
35
13,6
10
10
92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03
34
14,4
20
0
Abb. B-7:
41,4
38,3
40,3
39,4
40,4
39,5
60
50
30
42,3
39,8
99
T-Mobile
E-Plus
00
01
02
Vodafone
O2
Entwicklung des deutschen Mobilfunkmarktes37
Vgl. Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2004, S. 33 sowie BITKOM 2004b,
S. 12. Im westeuropäischen Vergleich liegt Deutschland dagegen rund 5 Prozent unter dem
Durchschnittswert (83%). Hier ist zu berücksichtigen, dass viele europäische Länder noch keine
Statistikbereinigungen bezüglich nicht-aktiver Prepaid-Teilnehmer durchgeführt haben.
Vgl. BITKOM 2004b, S. 12.
BITKOM 2003, S. 10.
Quelle linke Grafik: Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2004, S. 36. Quelle
rechte Grafik: Telecom Handel 2003.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
43
Entgegen der dargestellten Marktanteilsverteilung des Festnetzsegments ist
der Mobilfunkmarkt hart umkämpft. Bei der Betrachtung der langfristigen Entwicklung zeichnen sich dabei mit T-Mobile und O2 zwei Gewinner ab. Beide
Carrier - erstmals seit 2001 liegt T-Mobile nach Anzahl der Kunden vor Vodafone - konnten in den vergangenen Jahren ihren Marktanteil klar ausbauen,
während E-Plus und Vodafone in diesem Bereich deutliche Verluste hinnehmen mussten (Abb. B-7, rechte Grafik).
Der deutsche Internetmarkt, er umfasst den Internetzugangs- sowie den Content-Markt - ist auf Basis der absoluten Nutzeranzahl nach den USA und Japan
der drittgrößte Markt der Welt. Nach relativen Zahlen liegt Deutschland mit einer Internetverbreitung von 49 Prozent über dem europäischen Durchschnitt
(2003: 40%).38 Man erwartet, dass sich das Wachstum auf hohem Niveau fortsetzen wird, wobei besonders neue mobile Technologien dem Internetmarkt
zusätzliche Impulse geben werden. Bis zum Jahr 2006 wird, bei einem prognostizierten Zuwachs von 3 Millionen Nutzern jährlich, mit insgesamt 50 Millionen Usern gerechnet.39 Die Wettbewerber auf dem Internetmarkt sind Internet
Service Provider (ISPs), die den direkten Zugang zum Internet vermitteln, sowie Online-Dienste, die über den Netzwerkzugang hinaus eigene Serviceleistungen (Portale, E-Mail, Datenbanken, Banking etc.) offerieren.
1.4 Anbieterstruktur: Von Spezialisierung bis Full-Service
Der Telekommunikationsmarkt ist, wie die meisten der liberalisierten Märkte (z.
B. Energie-, Post- oder Verkehrsmarkt), ein Netzeffektmarkt.40 Aufgrund dieser
Charakteristik verfügen diese Märkte nach ihrer Öffnung in der Regel über eine
ähnliche grundsätzliche Anbieterstruktur. Diese ergibt sich durch die Auflösung
eines allumfassenden Monopols, das sowohl für die Erbringung flächendeckender Infrastrukturmaßnahmen (z. B. Aufbau und Instandhaltung von Telefonleitungs-, Energieversorgungs- oder Schienennetzen) als auch für die
Bereitstellung von netzgebundenen Leistungen (z. B. Telefonverkehr, Stromlieferung oder Personentransport) verantwortlich war. Aus der Trennung und
Freigabe von Netz und Leistung resultiert zum einen ein horizontaler Wettbewerb jeweils innerhalb der Netzbetreiber- und Leistungserbringerebene, zum
anderen ein vertikaler Wettbewerb zwischen beiden Ebenen.
Im Wettbewerb um Telekommunikationsdienstleistungen, der sich - wie auch
die Teilmärkte und Segmente des Marktes - für den Kunden recht unübersichtlich und komplex darstellt, können daher zwei grundsätzliche Anbietertypen unterschieden werden. Neben dem ehemals monopolistischen Netzbetreiber
Deutsche Telekom haben sich kurz nach der Liberalisierung vor allem Konzer38
39
40
Vgl. BITKOM 2004b, S. 14; Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2002, S. 9.
Vgl. BITKOM 2004b, S. 14.
Zu Netzeffektmärkten bzw. -gütern vgl. insbesondere Köster 1999; Ehrhardt 2001.
44
Kapitel B
ne aus dem Bereich Energie und Verkehr direkt als Betreiber eigener Telekommunikationsnetze positioniert (wie beispielsweise VIAG) oder partizipieren
an Betreibern in Form von Unternehmensbeteiligungen. So ist beispielsweise
die Deutsche Bahn AG heute im Besitz eines 18prozentigen Unternehmensanteils an der Arcor AG. RWE und VEBA bzw. deren Telekommunikationstochter
Vebacom gründeten den mittlerweile in Arcor aufgegangenen Festnetzanbieter
o.tel.o.41 Diese Unternehmen profitierten dabei von ihrer bereits vor der Marktöffnung bestehenden Netzinfrastruktur, die sie im Rahmen massiver Investitionen im Vorfeld der Liberalisierung für den Telekommunikationsverkehr
vorbereitet bzw. ausgebaut haben.42 Während die Deutsche Telekom historisch
bedingt im Festnetzbereich auf eine bis zum Endkunden reichende, bestehende Netzinfrastruktur zurückgreifen konnte, war ihr Wettbewerbsvorsprung im
Bereich Mobilfunk wesentlich geringer. Aufgrund neuer digitaler Frequenz- und
Übertragungstechnologien haben der Ex-Monopolist und die neuen Anbieter
wie D2 Mannesmann (heute Vodafone D2) oder E-Plus nahezu zeitgleich in
den Aufbau digitaler Infrastrukturmaßnahmen investiert. Auch aus heutiger
Sicht liegt hierin eine wesentliche Ursache der asymmetrischen Wettbewerbsentwicklung in den Marktsegmenten.
Neben flächendeckenden Netzbetreibern existieren zahlreiche regionale Netzanbieter. So sind viele Kommunen oder lokale Energieversorger aktiv geworden, um Telekommunikationsdienste aufzubauen oder freie Telekommunikationsressourcen zu vermarkten. Die in diesem Bereich aktiven Unternehmen
sind interessante Partner von flächendeckenden Netzbetreibern und umgekehrt. Während flächendeckende Anbieter über die regionalen Netzbetreiber
die so genannten „Letzte Meile“ (Local Loop)43 zu Geschäfts- und Privatkunden
schließen wollen, benötigen City-Carrier überregionale Verbindungskompetenz, um erfolgreich Kunden zu gewinnen.44
Vor dem Hintergrund der Netzeffektcharakteristik stellen netzunabhängige Telefongesellschaften (Service Provider) wie debitel oder mobilcom die zweite
große Anbietergruppe dar. Im Gegensatz zu Netzbetreibern besitzen diese Unternehmen kein eigenes Übertragungswegenetz. Sie bieten auf Basis von Leis-
41
42
43
44
Vgl. Fassnacht 2001.
So integrierte z.B. das Netz der Vebacom die Infrastruktur von PreussenElektra, Wintershall Gas
und Ruhrgas. Zusammen mit dem Netz der RWE verfügte die RWE/Vebacom-Allianz o.tel.o
über Glasfaserstrecken mit einer Länge von 11000 km. Die Bayernwerk Netkom als Tochter des
Bayernwerk-Konzerns konnte auf dessen bestehendes Netz von 4000 km Länge zurückgreifen
und es privaten und kommerziellen Nutzern zur Verfügung stellen. Das Arcor-Netz bestand im
wesentlichen aus dem Netz des Mannesmann-Konzerns sowie dem Lichtwellenleiternetz, welches die Deutsche Bahn entlang der deutschen Bahntrassen installiert hat (vgl. Fassnacht 2001).
Local Loop bezeichnet die Verbindung im Teilnehmer-Anschlussbereich zwischen der Vermittlungsstelle und dem angeschlossenen Teilnehmer-Apparat. Im Falle des öffentlichen Fernsprechnetzes ist es der geographische Bereich zwischen der Ortsvermittlungsstelle und dem
Vermittlungspunkt im Haus des Kunden (Hauszugangs- oder Telefonanschlussdose).
Vgl. Fassnacht 2001.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
45
tungen, die sie von Fest- oder Mobilfunknetzbetreibern einkaufen (im Wesentlichen sind dies „switched minutes“), sowohl deren Produkte in von ihnen modifizierter Form als auch eigene Produkte eigenständig an. Unter ihnen gibt es
netzunabhängige Anbieter, die eigene „Rechner“ wie z. B. netzübergreifende
Plattformen oder Vermittlungsstellen besitzen, ohne jedoch die Funktionsherrschaft über die Netze zu besitzen. Mit Hilfe dieser übergreifenden Technologien sind netzunabhängige Anbieter in der Lage, durch die Aufbereitung von
Daten aus den Netzen einen eigenen, über die Vorleistungen der Netzbetreiber
hinausgehenden „Mehrwert“ in Form von Mehrwertdiensten zu generieren und
zu konzipieren und diese eigenständig zu vermarkten.45 Die wesentliche Geschäftsgrundlage für das (lizenzfreie) Service Providing stellen dabei die Lizenzpflichten der Netzbetreiber dar, die in erster Linie den Netzzugang und die
Entgeltgestaltung regeln. Hierüber sind beispielsweise die Betreiber digitaler
Mobilfunknetze verpflichtet, mit Service-Providern zu kontrahieren (Kontrahierungszwang) und diese nicht schlechter zu stellen als die jeweils eigenen Vertriebsorganisationen (Diskriminierungsverbot).46 Abbildung B-8 zeigt die
Wertschöpfungskette von Schlüsselanbietern der Telekommunikationsbranche
in vereinfachter Form.
Ausrüster
Ausrüster
Ausrüster
Ausrüster
Netze/
Infrastrukturen
Technische Applikationen
Software
Endgeräte
Abb. B-8:
Vertrag
Netzbetreiber (Festnetz, Mobilfunk)
Service Provider
Kundenakquisition
Beratung
Verkauf
Service Provider
Übertragung
Dienste
Sprach- und
Datentransfer
Vermittlung
Datenaufbereitung
Mehrwertdienste
etc.
Billing
Vereinfachte Wertschöpfungskette des Marktes für Telekommunikationsdienstleistungen
aus Sicht der Schlüsselanbieter Netzbetreiber und Service Provider
In Bezug auf den leistungsbezogenen Differenzierungsprozess lassen sich die
unterschiedlichen Anbietertypen des Telekommunikationsmarktes hinsichtlich
Leistungsbreite und räumlicher Präsenz unterscheiden (Abb. B-9). Hiernach
rangieren Spezialisten für einzelne Technologien und Dienste, die überwiegend auf regional beschränkten Märkten tätig sind, am unteren Ende des
Schaubildes. City Carrier sind ebenfalls nur regional tätig, bieten aber eine
breitere Dienstleistungspalette. Auf der Seite flächendeckender Anbieter stehen sich fokussierte Mobilfunkanbieter sowie integrierte Komplettanbieter bzw.
45
46
Vgl. hierzu debitel 1999a, Chapter 1 Section 2.
Kontrahierungszwang und Diskriminierungsverbot stellen zentrale Regulierungsmaßnahmen zur
Herstellung und Förderung des chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs und zur
Gewährleistung eines flächendeckenden, marktwirtschaftlichen Angebots dar, die ebenfalls von
der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post überwacht werden (vgl. Kapitel B
1.2).
46
Kapitel B
(inter-) nationale Vollsortimenter gegenüber. Service Provider nehmen hinsichtlich des Leistungsspektrums - aufgrund der größeren Leistungstiefe netzbetreibender Vollsortimenter - tendenziell eine Mittelposition ein.
differenziert
City Carrier
z.B. HanseNet,
NetCologne
(Inter-)nationale
Vollsortimenter
z.B. Deutsche Telekom,
France Telecom
Service Provider
z.B. debitel,
Mobilcom
Leistungsspektrum
Spezialisten
z.B. Colt, Star
Mobilfunkanbieter
z.B. E-plus,
Vodafone D2,
T-Mobil e
fokussiert
gering
räumlicher
Verbreitungsgrad
Abb. B-9:
hoch
Anbietertypen des Telekommunikationsmarktes47
1.5 Entwicklungstrends: Nachfrage bestimmt den Markt
Auch in Zukunft werden Telekommunikationsmärkte Objekt und Ursache
grundlegender wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Veränderungen sein.
Nach einer Studie im Auftrag des BUNDESMINISTERIUM FÜR W IRTSCHAFT UND
TECHNOLOGIE ist die zukünftige Markt- und Nachfrageentwicklung im Bereich
Telekommunikationsdienstleistungen vor allem durch folgende Faktoren
gekennzeichnet:48
„War
die Angebotsstruktur der Anbieter bislang eher am technologisch
Machbaren orientiert (Kunde folgt Leistung), werden in Zukunft wesentlich
stärker Nachfrage und Nutzeranforderungen in den Mittelpunkt der Dienstleistungskonfiguration rücken (Leistung folgt Kunde), was zu einer zunehmenden Segmentierung führt. Infolgedessen verstärkt sich - neben Preisund Infrastrukturwettbewerb - der Anbieterwettbewerb mit Dienstleistungen
47
48
Quelle: in Anlehnung an Büllingen/ Stamm 2001, S. 37.
Vgl. hierzu und zum Folgenden Büllingen/ Stamm 2001, S. 69 f.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
47
und Servicepaketen, die sich gegenüber früheren Massenmarktprodukten
durch höhere Flexibilität, Skalierbarkeit, ubiquitäre Verfügbarkeit und Individualisierung auszeichnen (Abb. B-10).
1990
Technische Innovation Liberalisierung
„ Sprache
„ Einfache Datendienste
„ Begrenzter Zugang
„ One-Way-Kommunikation
„ Standardqualität
„ Standardisierte Preise
„ Multi-Stop-Shopping
„ Massenmarkt
„ Begrenztes Know-how
2000
2010
Konvergenz
Differenzierung
Network Economy
„ Advanced Voice Services
„ Multimediale Anwendungen
„ Multipler Zugang
„ Interaktivität
„ Skalierbare Qualität
„ Preisdifferenzierung
„ One-Stop-Shopping
„ Kundenspezifische Lösungen
„ Höhere Medienkompetenz
der Nutzer ausreichend
der Nutzer erforderlich
Abb. B-10: Entwicklung vom Verkäufer- zum Käufermarkt49
„Der
Mobilfunk wird als Hauptwachstumsträger des Telekommunikationsmarktes, gefolgt vom Basistelefondienst, an Bedeutung gewinnen. Das
Kommunikationsvolumen wird hinsichtlich Häufigkeit, Intensität und Reichweite deutlich zunehmen.
„Durch den Innovationsschub seit Öffnung des Marktes ist in naher Zukunft
nicht mit grundlegenden technologischen Neuerungen zu rechnen. In den
kommenden Jahren wird daher der Schwerpunkt auf der Integration und
Vernetzung vorhandener Technologien liegen.
„Die Konvergenz der Telekommunikationsteilmärkte sowie der Märkte für Information, Unterhaltung und Bildung bewirken weitere Impulse für die Entwicklung neuer Dienste und deren Bündelung in Service-Paketen.
Die Studie ermittelte ferner folgende Trends, welche die allgemeine Netzentwicklung langfristig prägen werden:50
„Die zunehmende Dominanz des Datenverkehrs gegenüber dem Sprachverkehr wird die Konvergenz von Sprach- und Datennetzen beschleunigen.
„Trotz des weiter zunehmenden Datenverkehrs kommt es zu keiner Verknap-
pung von Netzressourcen, da im Rahmen einer Preis-Nachfrage-KapazitätsSpirale auch weiterhin ein dynamischer Ausbau der Netzkapazitäten stattfindet.
49
50
Quelle: Büllingen/ Stamm 2001, S. 70.
Vgl. hierzu und zum Folgenden Büllingen/ Stamm 2001, S. 15 f.
48
Kapitel B
„Die
Entwicklung zur durchgehenden Breitbandigkeit der Fern- und Anschlussnetze bis zum Kommunikationsanschluss des Kunden wird flächendeckend breitbandige Dienste und Anwendungen ermöglichen.
„Der gesellschaftliche Megatrend Mobilität wird als zentraler Faktor für die
technische Entwicklung von Netzen und Diensten zunehmende Bedeutung
erlangen. Der Zugriff auf Telekommunikationsdienste wird zu jeder Zeit und
von jedem Ort aus möglich sein.51 Die Entwicklung mobiler Technologien ist
dabei Ursache und zugleich Folge eines sich verändernden Nachfragerverhaltens. Eine Substitution des Festnetzes findet dennoch nur im begrenzten
Umfang (Sprachtelefonie) statt. Dieses wird gegenüber Mobilfunknetzen hinsichtlich Leistungsfähigkeit, Datenraten und Kosten des Internet-Zugriffs
auch in Zukunft einen zeitlichen Entwicklungsvorsprung von etwa drei bis
fünf Jahren haben. Während die Kapazitäten von Festnetzen nahezu unendlich erweitert werden können, bleiben Frequenzen für die mobile Übertragung auch weiterhin knapp. Ebenso bleiben mobile gegenüber stationären
Endgeräten in ihrer Konstruktion aufwendiger und in ihrer Funktionalität eingeschränkter.52
51
52
Focus 2003, S. 10.
Büllingen/ Stamm 2001, S. 58.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
2.
49
Unternehmensexterne Faktoren des Markenumfelds
Die bisherigen Ausführungen zu Historie und Entwicklung des Telekommunikationsmarktes skizzierten das Spielfeld, auf dem die Markenführung der Dienstleistungsanbieter stattfindet. In diesem sowie dem folgenden Kapitel werden
nun in diesem Kontext bestehende wettbewerbs-, konsumenten-, lieferantenund absatzmittlerseitige sowie unternehmensinterne Umfeldbedingungen analysiert und in ihrer direkten Wirkung auf das Management der Dienstleistungsmarke interpretiert.
2.1 Markenumfeld Wettbewerb
2.1.1 Die David-Goliath-Situation
Aus markenstrategischer Sicht resultieren aus der Liberalisierung drei generische Anbietertypen im Wettbewerb, deren Ausgangssituation die grundsätzliche Ausrichtung der jeweiligen markenpolitischen Zielsetzung maßgeblich
beeinflusst (Abb. B-11):
bestehendes
Unternehmen
neues
Unternehmen
bestehender
Markt
neuer
Markt
„Goliath“-Position
Bsp.: Deutsche Telekom
Strategie: Imagewechsel,
Umpositionierung
„junger Goliath“-Position
Bsp.: debitel
Strategie: Imageaufbau,
Neupositionierung
„David“-Position
Bsp.: Mobilcom
Strategie: Imageaufbau,
Neupositionierung
Abb. B-11: Generische markenstrategische Ausgangssituationen auf liberalisierten Märkten
„Die „Goliath-Position“ beschreibt die Lage des ehemaligen Monopolisten,
der als einziger Großkonzern des liberalisierten Marktes über langjährige
operative Erfahrung, hohe Bekanntheit und Bestandskunden verfügt. Die
markentechnische Herausforderung dieser Position besteht im Abbau langjährig entstandener Antipathien, kurz: im nachhaltigen Imagewechsel durch
völlige Umpositionierung der ehemaligen Behörde zum modernen
Dienstleister. Dabei erweisen sich negative Vorurteile, die mit der Marke des
Ex-Monopolisten verknüpft sind, als sehr beständig: „Trotz des objektiven
Quantensprungs in Qualität und Innovation lassen sich in der breiten Masse
noch immer starke Vorurteile in Richtung Langsamkeit, Behäbigkeit, mangelnde Innovationsfähigkeit deutlich messbar nachweisen. Hier besteht für
50
Kapitel B
die Deutsche Telekom das große Problem der Überprägung bestehender
Assoziationen, was auch [...] noch einige Zeit so bleiben dürfte.“53
„Die Position des „jungen Goliath“ nehmen Konzerne ein, die durch ihr bishe-
riges Stammgeschäft über Ressourcen und Schlüsselkompetenzen verfügen, die auch auf dem liberalisierten Markt eingesetzt werden können. Wie
beschrieben, haben sich vor allem Energiekonzerne aufgrund infrastruktureller Synergien als Netzbetreiber, aber auch andere branchenfremde Großkonzerne aufgrund operativer Synergieeffekte als Service Provider
positioniert (vgl. Fallbeispiel debitel). Für neue Anbieter steht aus markenstrategischer Sicht zunächst der Aufbau von Bekanntheit und Vertrauen im
Vordergrund. Dazu haben die Konzerne in der Mehrzahl der Fälle ihre Telekommunikationstöchter namentlich an das Stammhaus angedockt, um hierüber vor allem einen Bekanntheits-, aber auch einen Imagetransfer zu
erzielen (VIAG Interkom, debitel, D2 Mannesmann).
Fallbeispiel debitel: Stärke durch operative Kompetenz54
Ein Beispiel der Position des „jungen Goliaths“ im Bereich der Service Provider stellt die heute
zur Telco Holding zugehörige debitel AG dar, die 1992 als Gemeinschaftsunternehmen der
heutigen DaimlerChryslerServices (debis) sowie der Metro VVG gegründet wurde. Die Entwicklung zum größten deutschen Service Provider verdankt debitel primär seiner historisch bedingten Managementkompetenz sowie seiner operativen Vertriebsstärke. Seit Gründung betreibt
der Provider eine konsequente Expansion durch übernommene und aufgebaute Vertriebsstrukturen sowie durch Internationalisierung des Geschäfts. So erfolgte beispielsweise 1994 die
Übernahme des deutschen Branchenzweiten Bosch Telecom Service GmbH und 1998 die
Übernahme der ISP-Infrastruktur der metronet Kommunikationsdienste GmbH & Co. KG, welche die Grundlage für den Einstieg in Internetzugangsdienste sicherte. Nach Gründung und
Erwerb zahlreicher Auslandsgesellschaften ist debitel aktuell in fünf europäischen Ländern vertreten. Mit insgesamt über 10 Millionen Kunden positioniert sich debitel heute als größter netzunabhängiger Komplettanbieter für Festnetz, Mobilfunk und Internet.
„In der Position des „David“ befinden sich Unternehmen, die sich als vollstän-
dige Neugründung ohne Historie auf dem liberalisierten Markt positionieren.
Da der Aufbau einer Infrastruktur eine nur von Konzernen zu erbringende
Kapitalausstattung erfordert, sind die Anbieter primär als Service Provider
tätig. Erfolgsfaktoren sind hier primär Geschäfts- und Vermarktungsmodelle
als Nischenanbieter (vgl. Fallbeispiel Mobilcom). Im Mittelpunkt markenstrategischer Überlegungen steht die Entwicklung eines hohen Bekanntheitsgrads sowie der Aufbau eines Images.
Fallbeispiel Mobilcom: Konsequente Umsetzung der „David-Position“55
Ein Beispiel für die konsequente Umsetzung der „David-Position“ liefert die 1991 von Gerhard
53
54
55
Ohnemus 1999, Expertengespräch.
Vgl. zu aktuellen Unternehmensinformationen debitel 2003a.
Vgl. zu den Unternehmensinformationen Mobilcom 1997; 2003.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
51
Schmid gegründete Mobilcom Communicationstechnik GmbH. Während die meisten Carrier
und Provider in irgendeiner Form mit größeren Konzernen verbunden sind, erreichte Mobilcom
als Reseller von Mobilfunkprodukten der Firmen T-Mobile, Vodafone und E-Plus einen hohen
Bekanntheitsgrad. Mobilcom setzte dabei - unter anderem mit vergleichender Werbung - als
aggressiver Billiganbieter konsequent auf eine Gegenpositionierung zum Ex-Monopolisten und
konnte aufgrund stark differenzierter Tarifstrukturen schnell wachsen. Aufsehen hat Mobilcom
mit einer Anzeige erregt, bei der die typische Farbe und Schriftart der Telekom-Werbung für
die Aufforderung verwendet wurde, die Mobilcom-Preselection-Nummer als „die günstige Vorwahl für Telekom-Kunden“ zu nutzen. Eine Preisangabe für die Ferngespräch-Minute und ein
Coupon „Ja, ich beauftrage die Deutsche Telekom AG, meinen Anschluss auf die Vorwahl
01019 einzustellen“ waren angefügt.56 Diese und andere Werbeaktionen brachten Mobilcom
zahlreiche Sympathien ein. „Jeder, der dem Tanker Telekom „eins auswischen“ wollte, ging zu
Mobilcom. Allerdings ist diese Strategie, die nur darauf angelegt ist, eine Gegenposition zu beziehen, langfristig kaum durchzuhalten. Denn mittlerweile hat sich der Telekom-Tanker bewegt
und baut systematisch Antipathien ab und Sympathien auf.“57 1996 wurde das Unternehmen in
eine Aktiengesellschaft umgewandelt und im März 1997 als eine der ersten Firmen am Neuen
Markt der Frankfurter Börse notiert. Nach einer mittlerweile erfolgten Umstrukturierung gehört
Mobilcom heute mit ca. 4,5 Millionen Kunden zu den marktführenden Service Providern.
Wenngleich die skizzierten Positionen die Anbietersituation der frühen Marktphase bis etwa Ende der Neunziger Jahre kennzeichnen, wirken sie sich bis
heute prägend auf die Markenlandschaft der Telekommunikationsbranche, insbesondere aber auch auf die markenstrategischen Optionen und deren Umsetzung durch die einzelnen Anbieter in einem reiferen Telekommunikationsmarkt
aus. Vor dem Hintergrund der Markthistorie wird auch verständlich, warum das
Thema Marke dabei erst Ende der Neunziger Jahre Einzug in die Managementetagen der Telekommunikationsindustrie gehalten und zur nachhaltigen
Entwicklung eigenständiger Marken geführt hat (Arcor, O2). Standen in der ersten Marktphase kurz nach der Liberalisierung - insbesondere im Mobilfunkbereich - die Marketingaktivitäten der Anbieter primär im Zeichen schnellen
Wachstums durch Kundenakquisition, verstärken seit einigen Jahren die meisten der Telekommunikationsdienstleister den Versuch, ihre Dienstleistungsprodukte als Marke aufzubauen und zu etablieren: „Marke spielt im
Telekommunikationsgeschäft eine ungeheuer wichtige Rolle. Weil Telekommunikation nicht anfassbar ist, muss und wird die Dienstleistung Telekommunikation zu einem großen Teil über Image verkauft (werden). Zwar ist der Preis
- gerade im Telekommunikationsmarkt - ein wichtiges Verkaufsargument; in
unserem Haus herrscht aber die Überzeugung, dass die vordergründige
Kommunikation von und über Preise mittel- und langfristig kein Überleben
sichern kann. Erst eine gute Marke bestimmt und vermittelt die Seriosität eines
Unternehmens und die gute Erfahrung. Und nur über die Marke kann eine echte Kundenbindung hergestellt werden. Dies gilt insbesondere für den Massen56
57
Köhler 1999, S. 157.
Vgl. Brasch 1999, Expertengespräch.
52
Kapitel B
markt „Privatkunden“, während im Geschäftskundenbereich neben dem Markenimage zahlreiche weitere Faktoren den Erfolg bestimmen. Umgekehrt ist
Markenmanagement entbehrlich, sofern man nicht die Zielsetzung der Kundenbindung verfolgt.“58 Einen weiteren exemplarischen Beleg für diesen Paradigmenwechsel innerhalb der Unternehmensführung, aber auch der
Unternehmenskommunikation, liefert der Börsenverkaufsprospekt des internationalen Mobilfunkanbieters Orange aus dem Jahr 2001, der die Relevanz und
Stärke der eigenen Marke als ersten Punkt der „Company’s Strengths“ anführt:
„The Company believes that the ‘‘Orange’’ brand, which will be transferred into
all of the markets in which the Company currently operates, will become one of
the most powerful names in the European wirefree communications market.
[…] The Group intends to introduce the Orange brand in all of the markets
where it has controlled operations”59.
2.1.2 Internationalisierung verschärft Markenwettbewerb
Wie die Betrachtung der Marktsituation ebenfalls gezeigt hat, trifft der von
D'AVENI geprägte Begriff des Hyperwettbewerbs60 mittlerweile auch auf den
Telekommunikationsmarkt zu. Hyperwettbewerb kennzeichnet vor allem Branchen, die durch starke Veränderungen hinsichtlich Konsolidierungen, technologischer Innovationen oder Nachfragertrends geprägt sind und manifestiert sich
durch Verdrängungskampf um bestehende Marktanteile. Erschwerend kommt
hinzu, dass - wie aufgezeigt - im Telekommunikationssektor Marktgrenzen
ebenso verschwimmen wie in anderen Branchen: Automobil- und Technologiekonzerne eröffnen Banken, Tankstellen werden zu Supermärkten und Reisebüros, Bahnhöfe zu Shopping Malls.61
Ursache dieser Entwicklung ist die Entstehung zunehmender internationaler
Verflechtungen, die den Markenwettbewerb auf nationalen Märkten weiter verschärfen. Insbesondere durch höhere Umsatzvolumina können international
agierende Dienstleister in weitaus größerem Maße von Erfahrungs- und Größeneffekten profitieren als national fixierte Marken. Vorteile ergeben sich hierbei auch durch verringerte Kosten für den Aufbau von Markenbekanntheit und image.62 Die zeigt sich, wie im nächsten Kapitel dargestellt, an den zahlreichen
Fusionen der letzten Jahre. Dass dieses Phänomen nicht spezifisch für den Telekommunikationsmarkt ist, verdeutlicht beispielsweise der deutsche Touristikmarkt: Hier geht das Wachstum weniger international agierender Reiseveranstalter zu Lasten kleinerer und mittlerer Unternehmen und führt zu einer
oligopolistischen Position der Großanbieter.63
58
59
60
61
62
63
Kögler 1999, Expertengespräch.
Vgl. Orange 2001, S. 72.
Vgl. D’Aveni 1995.
Vgl. Herrmann 1999, S. 61.
Vgl. Sattler 2001, S. 24.
Vgl. Ludwig 2001, S. 61 ff.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
53
2.1.3 Markenchaos durch Fusionen
Die zahlreichen Unternehmensfusionen der letzten Jahren haben in einem
ständigen Wandel zum Aufbau, zur Restrukturierung oder zur Elimination neuer
bzw. bestehender Marken geführt. Allein zwischen April 2000 und März 2001
erfolgten im deutschsprachigen Raum 17 Transaktionen im Mobilfunkbereich,
worunter sich mit der Übernahme des Mannesmann Telekommunikationsbereichs (Arcor, D2 mannesmann) durch die konkurrierende britische VodafoneGruppe der „Megamerger“ des Marktes befand.64 Der in der Folge von freundlichen oder feindlichen Übernahmen ständige Wechsel von Markennamen und
-strategien oder gar das Verschmelzen ehemals konkurrierender Marken stand
und steht dabei primär unter dem Vorzeichen des externen Wachstums. Im
Kern geht es um die Beschleunigung des Unternehmenswachstums durch übernahmebedingte Kundenakquisitionen, um auf diesem Wege schnellstmöglich zu internationaler Größe zu gelangen.
Die mit dieser „fröhlichen Fusionitis“65 einhergehenden Strukturveränderungen
des Dienstleistungsmarktes verändern dabei ebenso die vom Konsumenten
wahrgenommene, dachmarkendominierte Markenlandschaft.66 Inwieweit der
zielgerichtete Aufbau von Marken in solchen Situation überhaupt sinnvoll und
möglich ist oder seitens der Unternehmensführung tatsächlich als relevant eingestuft wird, ist dabei ebenso kritisch zu hinterfragen wie die Überlegung, ob
das in den Köpfen der Nachfrager aufgebaute „junge“ Markenkapital hinsichtlich der langfristigen strategischen Ausrichtung eines Telekommunikationskonzerns entscheidungsrelevant sein sollte. Aus Sicht des Nachfragers jedenfalls
dürfte der branchenweite rasche Markenwandel Irritationen auslösen (s. Fallbeispiel o.tel.o), die zu einem nachhaltigen Glaubwürdigkeitsverlust der Marke
als solche führen kann, zumal auf einem Markt, auf dem das „Denken in Marken“ konsumentenseitig erst gelernt werden muss.67
Fallbeispiel o.tel.o: Erfolgreiche Marke als Bauernopfer einer Fusion
Der Festnetzanbieter o.tel.o, der 1997 mit Blick auf die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes als gemeinsame Tochterunternehmung der Stromkonzerne Veba und RWE gegründet wurde, hat sich mit einer nachhaltigen Werbestrategie in kurzer Zeit den Ruf des
sympathischen Dienstleisters erarbeitet: „o.tel.o wird in den Augen der Kunden als freundlicher,
menschlicher, netter Anbieter „von nebenan“ wahrgenommen. o.tel.o-Kunden legen starken
Wert auf preisgünstiges Telefonieren, während technische Aspekte eine sehr geringe Rolle
spielen.“68 Kunden, die Anfang 1999 bei o.tel.o einen Festnetzvertrag abgeschlossen haben,
waren kurze Zeit später Vertragspartner des Konkurrenzunternehmens Mannesmann-Arcor.
Dieses hat im April 1999 den kleineren Konkurrenten mit der Zielsetzung übernommen, den
64
65
66
67
68
Vgl. Arthur Andersen 2001, S. 35
Schwarz 1998.
Im Unterschied hierzu nehmen Kunden Fusionen und Übernahmen im Konsumgüterbereich nur
indirekt wahr, da Produktmarken i.d.R. weiterhin und unverändert am Markt angeboten werden.
Vgl. hierzu Kapitel B 3.1.
Kögler 1999, Expertengespräch.
54
Kapitel B
Festnetzmarkt mit den zwei Marken Arcor (für Geschäftskunden) und o.tel.o (für Privatkunden)
unter Druck zu setzen: „Seit der Übernahme von o.tel.o durch Mannesmann Arcor wird im
Festnetzbereich sehr bewusst eine Zwei-Marken-Strategie verfolgt. Die Marke o.tel.o ist eine
sehr starke Marke im Privatkundengeschäft, was sich in zahlreichen Analysen herausgestellt
hat. Diese Analysen zeigen auch, dass wir mit beiden Marken tatsächlich unterschiedliche Zielkunden ansprechen: o.tel.o ist auf den echten, durchschnittlich telefonierenden Privatkunden
ausgerichtet, während Arcor bereits das obere Segment des Vieltelefonierers anspricht. Arcor
gilt in dieser Zielgruppe als hochwertiger, technisch perfekter und ausgereifter Anbieter.“69 Anfang 2000 erfolgte unter hohem öffentlichen Interesse die Übernahme von Mannesmann-Arcor
durch Vodafone Airtouch. o.tel.o-Kunden gehörten damit - abermals ohne Vertragswechsel zum ehemaligen britischen Rivalen. Ende 2001 gab Arcor-Chef Harald Stöber bekannt, dass
die Tochtergesellschaft als eigenständige Marke eingestellt werde. Die Aufgabe der ZweiMarken-Strategie und die Einstellung der Marke sei dabei „eine rein emotionale Entscheidung“70. Arcor übernimmt dabei alle Preselection-Kunden von o.tel.o, die Tarife bleiben aber
bestehen, d.h. Preselection-Kunden von o.tel.o telefonieren auch weiterhin ohne Mindestumsatz. Noch im Juni 2001 belegte o.tel.o im Rahmen einer Langzeitstudie in Sachen Service und
Kundenbindung den ersten Platz. Abgeschlagen auf Rang 16 landete die Telefonmarke der
Mutter Arcor. „Das Resultat dieser Umfrage soll Arcor- Chef Stöber sehr geärgert haben, denn
es belegte, dass o.tel.o am Telefonmarkt die bekanntere, sympathischere und leistungsfähigere
Marke im Vergleich zu Arcor ist“.71
2.1.4 Markenprofilierung in Pattsituation
Eine weitere Folge aus Liberalisierung, Hyperwettbewerb und Internationalisierung besteht in der Homogenisierung des Dienstleistungsangebots. Einerseits
ist ein breites Angebotsspektrum die Vorrausetzung, um auf einem liberalisierten Markt überhaupt Fuß zu fassen. Deshalb verfügen die großen Anbieter
über ähnliche Angebotspaletten. Andererseits unterscheiden sich die Dienstleistungsangebote in der Wahrnehmung der Telekommunikationskunden kaum
in Qualität und funktionaler Ausgestaltung. Hohe Qualität ausgereifter Leistungen wird vom Konsumenten nicht nur erwartet, sondern gefordert. Differenzierung über objektive und funktionale Dienstleistungseigenschaften ist schwierig,
weshalb eine Alleinstellung in erster Linie über die Marke und der mit ihr verbundenen Assoziationen des Konsumenten möglich ist.
Allerdings ist bei diesem Trend, vom Leistungswettbewerb hin zum Kommunikationswettbewerb, vielfach eine hohe Ähnlichkeit der kommunikativen Auftritte
zu verzeichnen.72 In der Folge scheint besonders in vielen Dienstleistungsbereichen eine Verlagerung von der Austauschbarkeit der Leistungen hin zur
Austauschbarkeit der Marken stattzufinden, was sich exemplarisch anhand der
69
70
71
72
Kögler 1999, Expertengespräch.
Schwarz 2001.
Ebenda.
Vgl. Esch/ Wicke 2001, S. 19.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
55
inhaltlichen Unverbindlichkeit der Marken- bzw. Werbeclaims, der Beliebigkeit
eingesetzter Testimonials und der Ähnlichkeit der Werbeträger - vor allem im
Sport-Sponsoring - zeigen lässt (Abb. B-12).
Unternehmen
Claims
Testimonials
Sport-Sponsoring
Arcor
Enjoy communication.
Hier bin ich richtig.
Hertha BSC Berlin
debitel
Kommunikation ist alles.
Felix Magath
VfB Stuttgart
E-Plus
So nah als wär‘ man da!
Mobile in mind.
Ein Plus verbindet
Franz Beckenbauer
Claudia Schiffer
Rudi Völler
DFB
Nationalmannschaft
o.tel.o
For a better understanding.
O2
O2 can do.
Franz Beckenbauer
Anke Engelke
Veronica Ferres
Dieter Bohlen
Bayer 04 Leverkusen
BMW Williams F1 Team
T-Com
Zukunft wird aus Ideen
gemacht.
Manfred Krug
Günther Jauch
FC Bayern München
T-Mobile
Get more.
For a better world for you.
Stefanie Graf
André Agassi
Catherine Zeta-Jones
Mika Häkkinen
Til Schweiger
Team T-Mobile
T-Online
Ich leb Online mit T-Online.
Michael Steinbrecher
Cosma Shiva Hagen
Klaus J. Behrendt
Enie van de Meiklokjes
Vodafone D2
How are you?
Michael Schumacher
Hertha BSC Berlin
Ferrari F1 Team
Manchester United
Abb. B-12: Austauschbarkeit der Markenauftritte: Auswahl an Claims, Testimonials und Werbeträgern in der Kommunikation deutscher Telekommunikationsdienstleister (1998-2004)73
2.1.5 Innovationsgeschwindigkeit und Markenpositionierung
Ein weiteres Kennzeichen der technikdominierten und hochstandardisierten
Branche ist die hohe Innovationsgeschwindigkeit bei der Entwicklung von Leistungen und Leistungsbündeln. Gleichzeitig werden erfolgreiche Innovationen
rasch nachgeahmt. Dies gilt zwar auch für viele Bereiche klassischer Marken.
Allerdings ist die „Rezeptur“ einer innovativen Dienstleistung, anders als beispielsweise die „Coca-Cola-Formel“, patentrechtlich nicht schutzfähig.
Aus dem Umfang und der enormen Geschwindigkeit technologischer Entwicklungen resultiert eine doppelte Problematik für das Service Branding von Tele73
Quelle linke Spalte (Claims): Satelliten Media Design 2003.
56
Kapitel B
kommunikationsunternehmen. Hohe Innovationsgeschwindigkeit erschwert die
strategische Fokussierung einer Marke auf eine konkrete Markt-LeistungsKombination, weil Telekommunikationsdienstleistungen und -sortimente eine
gewisse Variabilität bzw. Heterogenität aufweisen. „Leistungsbezogene dauerhafte Markenabgrenzungen sind in vielen Dienstleistungsbereichen kaum möglich, da die Zeitfenster des Wettbewerbsvorteils durch (technische) Leistungsinnovationen sehr klein sind.“74 Demgegenüber erfordert hohe Innovationsgeschwindigkeit einen - aus leistungsbezogener Sicht - flexiblen Markenkern, der
mit der Produktentwicklung „mitwachsen“ kann. Die Reduktion eines vielfältigen Dienstleistungsspektrums auf einen gemeinsamen Nenner führt damit allerdings zur Problematik einer nicht fokussierten Markenpositionierung, die
lediglich ein allgemeines Sympathie- und Vertrauensdach für das
Leistungssortiment bildet.75
2.2 Markenumfeld Konsumenten
Auf der Nachfragerseite des Telekommunikationsmarktes sind, wie auf zahlreichen dynamischen Märkten mit qualitativen Pattsituationen, zwei wesentliche
und divergierende Tendenzen zu beobachten: Im Kampf um den Kunden wird
dieser immer stärker kommunikativ umworben, gleichzeitig ist er immer weniger zur Informationsaufnahme bereit. Sein Konsumverhalten ist zudem kaum
noch prognostizierbar. Auf liberalisierten Märkten kommt erschwerend hinzu,
dass sich Konsumenten an den neuen Wettbewerb und das Markenangebot
gewöhnen müssen.
2.2.1 Markendenken entwickeln
Anders als auf klassischen Markenmärkten können Konsumenten in der Startphase eines liberalisierten Marktes über keine langjährige Markenerfahrung
bzw. -konditionierung verfügen. Aus ihren Erfahrungen des Monopolmarktes
heraus ist Markenwettbewerb ungewohnt, weshalb Nachfrager das „Denken in
Marken“76 zunächst erlernen bzw. sich hieran gewöhnen müssen. Solange
Marktleistungen für die Mehrzahl der Konsumenten unproblematische Selbstverständlichkeiten darstellen, ist dieser Entwicklungsprozess nicht abgeschlossen. Man kann davon auszugehen, dass die vollkommene „Markenreife“
liberalisierter Märkte grundsätzlich erst dann erreicht ist, sobald ein Markenmanagement auf das Entscheidungsverhalten derjenigen Konsumentengeneration abzielen kann, für die der Markenwettbewerb - und nicht primär die
Leistung - eine Selbstverständlichkeit darstellt. Aus dieser Sicht hat die Relevanz der Marke auf dem Telekommunikationsmarkt noch nicht ihr volles Ausmaß erreicht.
74
75
76
Ohnemus 1999, Expertengespräch.
Vgl. hierzu Tomczak 1999, S. 28.
Kögler 1999, Expertengespräch.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
57
2.2.2 Mangelnde Wechselbereitschaft, geringe Markenbindung
Wie die Historie liberalisierter Märkte zeigt, wurde der konsumentenseitige
Leidensdruck im monopolistischen und die Wechselbereitschaft im postmonopolistischen Markt vielfach überschätzt. Wie auch im Strommarkt besteht
seitens der Nachfrager ein enormes Beharrungspotential. „Schimpfen aber
bleiben“ scheint die Devise zu lauten (s. Fallbeispiel Wechselbereitschaft).77
Die neuen Anbieter stehen vor der Herausforderung überproportionaler Anstrengungen, um die Nachfrager zu bewegen: „Nach meiner Hypothese liegt
dies auch daran, dass der Deutsche - anders als in anderen Ländern - eine
Entscheidung nicht stufenweise, sondern „optimal“ treffen möchte: Wenn er
sich entscheidet, muss er das Gefühl haben, sich nicht nur „gut“ im Sinne eines
kurzfristigen Vorteils entschieden zu haben, sondern sich „richtig“ entschieden
zu haben. Und da es schwierig ist, die optimale Entscheidung zu treffen, wenn
man sich nicht intensiv mit dem Thema auseinandersetzt und es sicherlich
sinnvolleres für den Kunden gibt, als am Wochenende Mondscheintarife zu
vergleichen, besteht die Hauptaufgabe in der Aktivierung der Menschen für die
Sache.“78
Fallbeispiel Wechselbereitschaft: Kunden bleiben der Telekom treu79
Der verschärfte Wettbewerb auf dem Festnetz-Markt mit immer neuen Tarifangeboten hat die
Mehrheit der Deutschen nicht aus der Ruhe gebracht. Das zeigt eine von Forsa [...] durchgeführte Umfrage. Danach gaben 65 Prozent an, die neuen Möglichkeiten überhaupt noch nicht
genutzt zu haben. 30 Prozent haben bereits über andere Anbieter telefoniert. Eine feste Neubindung sind aber nur drei Prozent eingegangen, der Rest machte keine Angaben. Die „Connect“-Studie zeigt auch Wachstumsgrenzen für die Wettbewerber. Mehr als die Hälfte der
Deutschen (55%) will nämlich der Deutschen Telekom bis auf weiteres treu bleiben.
Während mangelnde Wechselbereitschaft primär den Festnetzmarkt kennzeichnet, zeigt sich im Mobilfunkmarkt ein gegenteiliges Bild. Nach einer Zeit,
in der potentielle Kunden von den Mobilfunkkonkurrenten über subventionierte
Mobiltelefonpreise gelockt wurden, hat sich bei den Anbietern die Erkenntnis
durchgesetzt, dass die lukrative Zielgruppe des umsatzstarken Kunden bereits
im Markt ist. „Wer jetzt noch kein Mobilfunknutzer ist, wird in Zukunft voraussichtlich auch nicht zu den attraktivsten, also umsatzstärksten Kunden zählen.“80 Umgekehrt formuliert: Lukrative Neukunden können nur noch von der
Konkurrenz abgeworben werden, lukrative Bestandskunden müssen durch
kundenbindende Maßnahmen gehalten werden. Im Unterschied zum Festnetzmarkt zeichnet sich der Mobilfunkkunde durch eine hohe Wechselbereitschaft bzw. geringe Markenbindung aus. Nach einer TNS EMNID-Studie tendiert
die Hälfte aller befragten Mobilfunkkunden zu einem Anbieterwechsel zum
77
78
79
80
Vgl. Ohnemus 1999, Expertengespräch. Zur Wechselbereitschaft im Strommarkt vgl. GFK 2000.
Ohnemus 1999, Expertengespräch.
Aus: Der Tagesspiegel vom 22.03.1999 (o.V. Tagesspiegel 1999).
Zütphen 2002, S. 22.
58
Kapitel B
nächstmöglichen Zeitpunkt, während durchschnittlich nur 11 Prozent der Befragten überzeugte Markenkunden sind. Als besonders signifikant zeigt sich die
überdurchschnittliche Höhe wechselbereiter Kunden von Service Providern,
während die Netzanbieter - mit Ausnahme von Vodafone - über einen überdurchschnittlich hohen Anteil markentreuer Kunden verfügen (Abb. B-13).81
Gesamt
49%
O2
54%
T-D1
52%
Vodafone
40
36
16
30
10
8
hoch
Abb. B-13
3
54%
12
58%
15
47
25
50%
15
43
30
48%
11
42
32
46%
25
10
28%
Kunden sind . . .
21
37
38%
Mobilcom
39
51%
15
39
42%
debitel
36
13
46%
Talkline
37
15
50%
E-Plus
11
44
28
verbunden
schwankend
72%
gering
Markenbindung
verwurzelt
62%
15
wechselbereit
Stärke der Markenbindung im deutschen Mobilfunkmarkt82
2.2.3 Information Overload durch hohen Werbedruck
Seit Marktöffnung wird der Kunde mit Werbung für Telekommunikationsdienstleistungen regelrecht überhäuft. Innerhalb weniger Jahre hat sich der Telekommunikationsmarkt zu einer der vier werbeintensivsten Branchen im Bereich
der klassischen Medien entwickelt, die gemeinsam rund ein Drittel der Gesamtwerbeausgaben in Deutschland ausmachen (Abb. B-14). Der Werbedruck
geht dabei nicht nur von neuen Anbietern zur Etablierung neuer Marken und
Produkte aus, sondern ebenso bzw. überproportional von der Deutschen Telekom. Nach bereits drastischen Kürzungen gegenüber dem Vorjahr verfügte der
Konzern in 2001 über einen Gesamtwerbeetat von 2 Milliarden EUR.83 Hiervon
entfielen etwa ein Drittel auf Werbekampagnen in klassischen Medien, zwei
Drittel waren für nicht-klassische Marketingaktionen, wie Direktmarketing,
Sponsoring und Events bestimmt.84 Die Werbeausgaben für klassische Medien
der Deutschen Telekom einschließlich T-Online und T-Mobile machten damit
81
82
83
84
Vgl. Zütphen 2002, S. 23.
Quelle: in Anlehnung an TNS emnid, zitiert nach Zütphen 2002, S. 23.
Vgl. Delbrouck 2002.
Vgl. o.V. Handelsblatt 2002.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
59
knapp ein Viertel der Gesamtwerbeausgaben der Telekommunikationsbranche
aus.85 Den größten Werbeetat unter den Einzelunternehmen stellte mit 130 Millionen EUR Vodafone D2, gefolgt von Deutsche Telekom (Festnetz, 86 Millionen EUR), O2 und T-Mobile (jeweils knapp 72 Millionen EUR) und E-Plus (70
Millionen EUR).86
Werbeinvestitionen in klassische Medien 2001
(in Millionen Euro)
1750
1692
1692
1542
1500
1250
1055
1000
848
750
603
592
574
535
500
395
395
363
250
0
Massenmedien
Abb. B-14
Automobil
Handel
Tele- Süßwaren Spezial- Pharma Finanz- Finanz- Unterkommuverdienst- anlagen nehmensnikation
sender
leistungen
werbung
Die Telekommunikationsindustrie als Top-Werbebranche87
Damit liegt die Telekommunikationsbranche voll im Trend. Denn „Viel hilft viel!“
scheint die Devise zahlreicher Marketing- und Kommunikationsexperten zu lauten, nach welcher der Erfolg einer Marke hauptsächlich von der Höhe der Werbeausgaben abhängt. Beleg hierfür ist die in den vergangenen Jahren
allgemeine drastische Zunahme von Werbekampagnen in klassischen Medien
sowie das enorme Wachstum der Medienbranche selbst. Neben Radio- und
Fernsehsender, Tageszeitungen und Plakatanschlagstellen ist die intensive
kommunikative Nutzung des Mediums Internet gerückt. Ferner fließt ein Großteil von Kommunikationsinvestitionen in so genannte, die klassischen Kommunikationsmaßnahmen ergänzende „Below-the-line-Aktivitäten“ wie etwa
Events, Sponsoring oder Product Placement.88
Dass die inflationäre Ausweitung von Kommunikationsmaßnahmen nicht automatisch mit einer besseren Wirkung der Marke beim Konsumenten einhergeht,
belegt eine Gemeinschaftsstudie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK)
85
86
87
88
Vgl. Connect 2002, S. 109.
Vgl. Connect 2002, S. 109.
Quelle: A.C.Nielsen Marktforschung zitiert nach Connect 2002, S. 107.
Vgl. Esch/ Wicke 2001, S. 15.
60
Kapitel B
sowie dem Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA). Hieraus geht
hervor, dass sich durch eine hundertprozentige Steigerung des Werbedrucks
lediglich eine durchschnittliche Marktanteilssteigerung von 3,5 Prozent erzielen
lässt.89 Gleichzeitig wird, wie der Telekommunikationsbereich sehr plastisch
verdeutlicht, durch höheren Werbedruck auch der Gegendruck der Konkurrenz
verstärkt. Dies führt zu weiteren Effizienzeinbußen der Werbewirkung90 und
leistet dem zunehmenden Information Overload des Konsumenten Vorschub.91
Nach einer Studie des Instituts für Konsum- und Verhaltensforschung aus dem
Jahre 1987 gingen damals bereits 98 Prozent der dargebotenen Informationen
ungenutzt am Konsumenten vorüber bzw. wurden lediglich zwei Prozent der Informationen aufgenommen.92
2.2.4 Geringes Involvement für Dienstleistungsangebote
Geringes Involvement der Konsumenten für Telekommunikationsdienstleistungen stellt eine weitere erschwerende Rahmenbedingung der Markenführung
dar.93 Grundsätzlich kann die wettbewerbsbedingte hohe Ähnlichkeit konsumtiver Dienstleistungen aus der subjektiven Sicht des Nachfragers - trotz der spezifischen Unsicherheitsprobleme des Produkts Dienstleistung - eine relative
Reduktion ökonomischer und psychosozialer Risiken bewirken, die mit dem
Abschluss eines Dienstleistungsvertrages verbunden sind.94 Hieraus resultiert
grundsätzlich ein geringes kognitives und emotionales Involvement der Konsumenten für die angebotene Dienstleistung,95 das sich beispielsweise in Form
geringer Zeitaufwendungen für die Betrachtung von Werbung oder Angeboten
niederschlägt. So werden einseitige Zeitungsanzeigen nicht länger als zwei
Sekunden betrachtet.96
Mit Blick auf die Marktsegmente des Telekommunikationsmarktes können bezüglich des Involvement durchaus Unterschiede festgestellt werden: Der Mobilfunkmarkt verfügt hier über eine gewisse Eigendynamik, da er von der
Hardware dominiert wird. „Kunden kaufen kein Netz und keine Telefonkarten,
sie kaufen Handys. Diese Handys [...] werden nach wie vor ohne Netzpräferenz
erworben. Der Handymarkt wird von Nokia dominiert und Anbieter, die diese
Handys nicht anbieten, haben keine Chance.“97 Im Unterschied hierzu spielt im
Festnetzbereich die Hardware keine Rolle, da der Verbundcharakter der Produktkombination „Telefon-Telefonnetz“ kaum vorhanden ist. Und hier haben die
89
90
91
92
93
94
95
96
97
Vgl. Gesamtverband Kommunikationsagenturen 2000a.
Vgl. Buchholz/ Wördemann 1998, S. 18.
Diese Situation stellt aus spieltheoretischer Sicht ein „Gefangenendilemma“ dar.
Vgl. Esch/ Wicke 2001, S. 17 f.
Das Involvementkonzept wurde 1965 durch Krugman in die Marketingtheorie eingeführt und hat
sich seitdem zu einem grundlegenden Ansatz des Konsumentenverhaltens entwickelt.
Vgl. Rossiter/ Percy 1997, S. 166 f.
Vgl. Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 57 f.
Vgl. Esch 2004, S. 32.
Brasch 1999, Expertengespräch.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
61
Kunden sehr schnell verstanden, „dass die Wahl der Telefongesellschaft im
Festnetzmarkt nur über den Preis geht.“98 Das Involvement richtet sich daher
primär auf Tarife und Preisstrukturen.
2.2.5 „Irrationales“ Konsumentenverhalten
Eine generelle und wesentliche Rahmenbedingung und Herausforderung für
die Markenführung ergibt sich aus den veränderten Konsumgewohnheiten des
„neuen“ Konsumenten. Waren Verbraucher früher noch relativ einfach über klare Präferenzmuster greifbar, „so ist ihr Konsumverhalten heute komplex, bipolar, ja in vielerlei Hinsicht sogar widersprüchlich geworden“99. Der Verbraucher
befindet sich zunehmend „in Bewegung“ und verhält sich wie ein „Fisch“100. Die
Beschreibungen dieses Verhaltens, sie reichen von situativ, hybride oder multioptional bis hin zu paradox und schizophren,101 sind ebenso vielschichtig wie
die Kategorien der neuen Käufersegmente (System Beater, Smart Shopper,
Schnäppchenjäger etc.)102.
Zahlreiche Sozial- und Konsumentenforscher sehen die Ursachen des modernen Konsumentenverhaltens im Wandel,103 Pluralismus104 und in der Synthese105 gesellschaftlicher Werte und Normen. Die heutigen Wertestrukturen
manifestieren sich beispielsweise in Form zunehmender Erlebnisorientierung,
in Umwelt-, Natur- und Gesundheitsbewusstsein, in Freizeitorientierung, internationaler und multikultureller Ausrichtung, Hedonismus und individueller
Selbstentfaltung.106 Wenngleich durch diese Entwicklung die potentiellen Zugangsmotive zu Marken heute sehr viel breiter sind als noch vor einigen Jahren,107 hat die Marke ihre grundsätzlichen Funktionen der Orientierung und
Differenzierung nicht eingebüsst. Insbesondere auf Märkten, auf denen die
Marke als Garant eines relevanten Qualitätsvorsprungs oder als Ausdruck eines individuellen Lebensstils wahrgenommen wird, sind Markenkaufbereitschaft und Markenbewusstsein der Konsumenten unverändert hoch.108
2.3 Markenumfeld Lieferanten und Absatzmittler
In Bezug auf Lieferanten und Absatzmittler weist der Telekommunikationsmarkt in seiner Eigenschaft als Netzeffektmarkt eine aus markenstrategischer
98
99
100
101
102
103
104
105
106
107
108
Brasch 1999, Expertengespräch.
Herrmann 1999, S. 63.
Vgl. Horx 1995, S. 60.
Vgl. Schmalen/ Lang 1998, S. 5; Schüppenhauer 1998, S. 5; Liebmann 1996, S. 41.
Vgl. Esch/ Wicke 2001, S. 23 ff.
Vgl. Inglehart 1995 sowie 1998.
Vgl. Bismarck/ Baumann 1996, S. 76.
Vgl. Herbert 1993, S. 2.
Vgl. zusammenfassend Esch/ Wicke 2001, S. 21 ff.
Vgl. Buchholz/ Wördemann 1998, S. 29 ff.
Vgl. Esch/ Wicke 2001, S. 27 ff.
62
Kapitel B
Sicht wesentliche Besonderheit auf. Die aus der regulierungstechnisch bedingten Trennung von Netz und Leistung entstandenen Schlüsselanbieter Netzbetreiber und Service Provider stehen nicht nur untereinander im Markenwettbewerb, sondern sind gleichzeitig über eine Lieferanten-/Vertriebsbeziehung
eng miteinander verbunden. So sind Netzbetreiber als Produzenten eigenvermarkteter Leistungen gleichzeitig Zulieferer für Service Provider, während Service Provider als Konfigurator fremder Netzleistungen zugleich Konkurrenz und
Vertriebskanal für Netzbetreiber darstellen.
Diese Konstellation bedingt eine insbesondere für Service Provider grundsätzliche Wettbewerbs- und Differenzierungsproblematik, die auch anhand der bereits dargestellten Wertschöpfungskette109 deutlich wird. Netzbetreiber, die auf
die gesamte Wertschöpfungskette Zugriff haben, verfügen besonders mit
breitbandigen Netzen über „essential facilities“, die für den gesamten Leistungserstellungsprozess von fundamentaler Bedeutung sind.110 Zwar können
Service Provider diese Fähigkeiten regulationsbedingt ebenfalls nutzen, doch
besitzen sie keinerlei eigenständige technische Differenzierungsmöglichkeiten,
die nicht ebenfalls von einem Netzbetreiber kurzfristig aufgebaut werden könnten. Die einzige sich aus der Marktstellung des Service Providers ergebende
Alleinstellungsmöglichkeit (gegenüber Netzbetreibern) besteht in der netzübergreifenden Kundenberatung im Vorfeld eines Vertragsabschlusses, einer Leistung also, die der Kunde auch ohne Kaufvertrag in Anspruch nehmen oder
gleichermaßen mit Hilfe von Fachzeitschriften oder Internetrecherchen abfragen kann. Eine leistungsbezogene Differenzierung gegenüber anderen Service
Providern kann primär über die Konfiguration attraktiver Preis-LeistungsBündel oder über die Entwicklung intelligenter Mehrwertdienste erfolgen. Aufgrund der Dynamik und der Vielzahl von Innovationen in diesem Sektor ist die
Strategie der meisten Anbieter bis heute von einem kreativen „Trial-and-Error“Verhalten bestimmt, was sowohl die Angebote als auch die Unternehmensstrukturen betrifft.
109
110
Vg. Abb. B-8
Vgl. Büllingen/ Stamm 2001, S. 38.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
3.
63
Unternehmensinterne Faktoren des Markenumfelds
Um das unternehmerische Erfolgspotential des Service Branding zu realisieren,
sind seitens des markenführenden Unternehmens eine Vielzahl operativer Anforderungen zu erfüllen, die sowohl finanzielle, personelle, juristische als auch
organisatorische Aspekte umfassen. Faktisch aber erfolgt das Markenmanagement der Telekommunikationsdienstleister oftmals unter Voraussetzungen,
die zu enormen Problemen in der strategischen und operativen Umsetzung
führen. Da operative Aspekte nicht Gegenstand dieser Arbeit sind, werden
nachfolgend nur einige kritische unternehmensinterne Faktoren beziehungsweise Problemfelder des Service Branding exemplarisch erörtert.
3.1 Brand Excellence als Kernbedingung
Aufbau und Führung starker Marken ist ohne Brand Excellence in markenführenden Unternehmen unmöglich. Brand Excellence umfasst neben hoher Markenkompetenz, dem Verständnis um das Funktionieren von Marken, ebenso
klare Markenverantwortlichkeit, d.h. eine klare zu- und übergeordnete Führungs- und Richtlinienkompetenz für strategische und operative Markenentscheidungen. Brand Excellence erfordert eine feste Verankerung auf TopManagement-Ebene, weil ohne „Leadership [...] die volle Ertragskraft einer
Marke nicht ausgeschöpft werden“111 kann. Gleichzeitig müssen Markenkonzepte derart manifestiert sein, dass sie Führungswechsel unbeschadet überstehen können, ohne Gegenstand persönlicher Profilierung zu werden.112
Die Frage nach der Brand Excellence konnten zahlreiche Unternehmen des
Telekommunikationsbereichs lange Zeit nur sehr dürftig beantworten, einige
bis heute nicht. Auch hier lassen sich Probleme auf die Markt- und jeweilige
Unternehmenshistorie zurückführen: Denn in der Start-up-Phase des deregulierten Marktes,113 aber auch zahlreicher neugegründeter Telekommunikationsunternehmen spielte Technik die dominierende Rolle (s. Fallbeispiel VIAG
Interkom). „In dieser Phase wird das Thema Vermarktung als zweitrangig angesehen: Es dominiert die Sichtweise der Ingenieure. Und dabei wird schlicht
vernachlässigt, dass sich auf der Kundenseite eben keine Ingenieure befinden.“114 In der Folge bestimmten und bestimmen in zahlreichen Unternehmen
Vertrieb und Handelsmarketing die Werbeinhalte.
111
112
113
114
Vgl. Mei-Pochtler 1998, S. 77.
Vgl. hierzu das folgende Kapitel B 3.2.
Vgl. Abb. B-10.
Ohnemus 1999, Expertengespräch.
64
Kapitel B
Fallbeispiel VIAG Interkom: Von der Technikdominanz zum Markenmanagement115
Bis 1998 wurden unter dem Markenzeichen VIAG Interkom (Schrifttyp, gelb-weiß) verschiedene Produkte angeboten, „die irgendetwas mit Telekommunikation (Festnetz, Mobilfunk, Internet) zu tun hatten, aber weiter keine Gemeinsamkeiten aufwiesen“. Danach hat sich VIAG
Interkom intensiv mit Marke beschäftigt: Es erfolgte die systematische Suche nach und Definition von Gemeinsamkeiten des heterogenen Leistungsspektrums und die Beantwortung der
Frage, wofür die Marke stehen soll.
Auf inhaltlicher Ebene sollte VIAG Interkom für Innovation und Telekommunikation, auf emotionaler Ebene für „Herz und Motor der Telekommunikation“ stehen. Des weiteren sollte - auch
in Abgrenzung zur Deutschen Telekom - das Unternehmen die Konnotation „frech und pfiffig“
erhalten. „Allerdings müssen wir hierbei beachten, nicht unseriös zu wirken und nicht pfiffig in
dem Sinne zu sein, den Markt abzuschöpfen, wie dies bei bestimmten Konkurrenten zu beobachten ist.“ Für VIAG Interkom bedeutete dies im Umkehrschluss, alle Maßnahmen und Leistungen, die diese Dimensionen nicht unterstützen, konsequent aus der Markenkommunikation
zurückzunehmen. In der Konsequenz wurde die Call-by-Call-Nummer als günstige Gelegenheit
zum Telefonieren kommuniziert. Vor dem Markenauftritt lautete die Botschaft: „VIAG Interkom
bietet mit 01090 eine günstige Gelegenheit zu telefonieren.“ Hier hat sich die Gewichtung der
Kommunikationsinhalte zu Gunsten der Marke verlagert. Gleichzeitig grenzte sich VIAG Interkom von Konkurrenten ab, die in ihrem Werbeauftritt primär die Preisdimension dramatisieren.
„Wenn wir heute als Marke VIAG Interkom mit dem Verbraucher sprechen, tun wir dies über
Produkte mit wirklich innovativen Komponenten, die damit unsere Markeninhalte unterstützen.
Hier setzen wir das Produkt GENION quasi mit der Marke VIAG Interkom gleich.“
Organisatorisch wurde der Schritt von Technikfokussierung zum Markenmanagement durch
Aufteilung in die Funktionen Brand Management und Product Management begleitet: Der Aufgabenbereich des Product Management umfasst die Entwicklung von Produktkonzepten (technische Umsetzung, Preisspannen etc.). Aufgabe des Brand Management ist, diese Produkte
kommunikativ umzusetzen und sie am Markt entsprechend anzubieten und zu verkaufen. Beide Bereiche arbeiten eng zusammen und stimmen sich ab - hinsichtlich der technischen Möglichkeiten („Was können wir?“) und der marktlichen Erfordernisse („Was brauchen wir?“).
3.2 Kurzfristiger Erfolgsdruck vs. langfristiger Markenerfolg
Ein Gütekriterium der organisatorischen und institutionellen Verankerung und
Umsetzung des Markenmanagements besteht in der Kompatibilität zwischen
kurzfristigem Erfolgsdruck bzw. Erfolgsdenken des Managements sowie der erforderlichen Ausdauer und Langfristigkeit bei Markeninvestitionen.116
Ursächlich für die Dominanz des kurzfristigen Managementfokus können anreizinkompatible Entlohnungsmechanismen sein. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass die Höhe des variablen Gehaltsanteils von Markenmanagern an
115
116
Ohnemus 1999, Expertengespräch. Das Fallbeispiel bezieht sich auf die Zeit vor der Umfirmierung von VIAG Interkom in O2 Germany Anfang 2002.
Vgl. Aaker 1996, S. 34.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
65
Ziel- und Erfolgsgrößen (wie z. B. die jährliche Umsatzveränderung) gekoppelt
ist, in denen sich langfristige Unternehmensziele oder Markenkennziffern nicht
widerspiegeln. Vor diesem Hintergrund verhalten sich Markenmanager durchaus ökonomisch rational und systemkonform, wenn sie die Mitarbeit an einer
Marke zur kurzfristigen Profilierung der eigenen Vita oder als Karrieresprungbrett nutzen. Langfristige Auswirkungen ihrer Entscheidung auf die Marke werden dann vernachlässigt.117 Anreizkompatibilität würde hier den Einsatz von
Erfolgsgrößen erfordern, die gleichzeitig zur Beurteilung der eigentlichen Markenführungsqualität geeignet sind.118
Ähnliche temporale Inkompatibilitäten kann auch die einseitige Orientierung
auf den Shareholder Value bewirken, dessen Fokus ebenfalls auf eine kurzfristige Optimierung der (Quartals-)Gewinne anstatt auf die langfristige Unternehmensentwicklung ausgerichtet ist.119 So können Maßnahmen wie preis- und
konditionenpolitische Verkaufsaktionen, die etwa aufgrund ihrer quantitativen
Umsatzwirkung durchaus zu kurzfristigen Aktienkurssteigerungen führen, im
Gegenzug auf mittlere bis lange Perspektive das Markenkapital ruinieren.
Insgesamt verdeutlichen diese Beispiele nicht nur die Notwendigkeit der organisatorischen und institutionellen Verankerung des Markenmanagements, sondern ebenso die Erfordernis eines professionellen Markencontrollings, das den
immateriellen Wert der Marke als verhaltensbeeinflussendes Vorstellungsbild
im Gedächtnis der Verbraucher auch in finanzwirtschaftlichen Konzepten berücksichtigt bzw. integriert.
3.3 Markenverantwortung und die Rolle der Werbeagenturen
Im Zusammenhang des Markenauftritts stellt sich die Frage nach der Rolle der
Werbeagenturen. Der Kern einer Agenturleistung, die visuelle Umsetzung und
Dramatisierung einer Markenstrategie, ist ein höchst kreativer, künstlerischschöpferischer Prozess. Erfolgreiche Markenumsetzung erfordert daher zwingend das Zusammenspiel zweier Kräfte: des markensensitiven Managements
und der kreativen Werbeagentur. Dabei gilt allerdings, dass auch die beste
Agentur keine Marke nachhaltig etablieren kann, wenn dem Auftraggeber das
Verständnis und die Sensibilität für Marke fehlt. Und umgekehrt ist auch die
beste Markenstrategie eines Auftraggebers erfolglos, wenn die Agentur keine
hervorragende Kreativleistung erbringt. Das markenführende Unternehmen befindet sich hier in der Bringschuld einer klaren Markenvision und -strategie, an
denen die Kreativleistung der Agentur ansetzen muss.120
117
118
119
120
Vgl. Esch 2004, S. 56.
Zu Anforderungen an anreizkompatible Entlohnungssysteme vgl. Laux 1990.
Vgl. Tomczak/ Coppetti 2004, S. 287.
Brasch 1999, Expertengespräch.
66
Kapitel B
Dienstleistungsunternehmen
Projektspezifische
Kooperation
„ Eigener Geschäftszweck
„ Fehlende oder unvollständige
Markenstrategie
„ Unvollständige Aufgabenstellungen und Briefingunterlagen
„ Zeitdruck
„ Erfolgsdruck
Abb. B-15
Werbeagentur
„ Eigener Geschäftszweck
„ Mangel an erforderlichem
Kooperationsprobleme
leistungs- und unternehmensspezifischem Know-how
„ Erfolgsdruck
„ „Agenturstempel” prägt Marke
Ursachen für Kooperationsprobleme mit Werbeagenturen
Dieser Zusammenhang verdeutlicht nochmals, dass Markenführung eine nicht
delegierbare Unternehmensaufgabe ist. „Man kann sich Hilfestellungen, Anregungen usw. holen, muss aber am Ende selbst entscheiden, welche Markengrundsatzstrategie aus der Vielzahl möglicher Alternativen gewählt wird und
muss diese - auch in Zusammenarbeit mit Agenturen - konsequent verfolgen.“121 Fehlende oder mangelnde Brand Excellence des Markeninhabers, Unsicherheit oder Unvermögen in der Frage, was Marke ist und wie man Marke
führt, dürfte daher, neben der „falschen“ Agenturwahl, eine der häufigsten Ursachen zentraler Kooperationsprobleme und erfolgloser Markenumsetzungen
sein (Abb. B-15). Denn jede Werbeagentur hat den Geschäftszweck, Werbung
zu verkaufen. Hieraus generiert sie Umsatz und Ansehen, weshalb es für sie
und ihre Mitarbeiter oftmals das wichtigste Ziel ist, auffallende und ungewöhnliche Werbung zu kreieren. „Dies hilft nicht zwingend der Positionierung einer
relevanten, starken Marke. Insofern sind Agenturen sicher wichtig, aber Firmen, die nicht über eine interne starke Steuerung verfügen, sind verloren. Und
gerade das oftmals fehlende Markenverständnis von Dienstleistern macht diese Firmen zu einem Eldorado für Agenturen und Berater, die sich ja dieser
Situation bewusst sind: Und was man dann zum Teil angeboten bekommt, ist
wirklich eine Frechheit.“122
121
122
Ohnemus 1999, Expertengespräch.
Ebenda.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
4.
67
Anwendungsorientierte Implikationen als
Zwischenfazit
Die Betrachtung unternehmensexterner und -interner Umfeldfaktoren von Marken für Telekommunikationsdienstleistungen hat gezeigt, dass diese in vielfältiger Form Einfluss nehmen auf Notwendigkeiten und Möglichkeiten der
strategischen Markenführung. Dabei resultieren die multikausalen Problemund Wirkungszusammenhänge aus dem Zusammenwirken allgemeiner Anforderungen an das Markenmanagement sowie situativer Rahmen- und Leistungsbedingungen des Telekommunikationsmarktes. Im Folgenden sollen das
Spektrum umfeldbedingter Herausforderungen aus problemorientierter Sicht interpretiert sowie markenrelevante Implikationen als realitätsorientierte Grundlage der weiteren Untersuchung abgeleitet werden.
4.1 Umfeldbedingte Herausforderungen
Betrachtet man die skizzierten Faktoren des Markenumfelds vor dem Hintergrund der forschungsleitenden Frage bzw. Zielsetzung dieser Arbeit (Stichwort:
Aufbau innerer Markenbilder zur Steigerung der Präferenzbildung), lassen sich
hieraus als besondere Schwerpunkte Herausforderungen in der strategischen
Markenabgrenzung, der nachhaltigen Markenprofilierung sowie der Wirkungseffizienz der Markenkommunikation ableiten.
Strategische Markenabgrenzung
Vorbei sind die Zeiten, in denen man „einfach nur telefonieren“123 konnte und
wollte: Telekommunikationsdienstleistungen entwickeln sich seit der Öffnung
des Marktes in einer Aufwärtsspirale aus technologischer Innovation und veränderten Konsumentenbedürfnissen zu komplexen Leistungspaketen, die für
den Kunden immer schwieriger zu überschauen sind. Gleichzeitig weisen die
Sortimente der einzelnen Anbieter eine wettbewerbs-, technologie- und innovationsbedingt hohe Veränderungsdynamik (Variabilität) und Heterogenität auf.
Vor diesem Hintergrund ergeben sich für das Service Branding von Telekommunikationsdienstleistern Herausforderungen bei der strategischen Markenabgrenzung (Abb. B-16), in deren Mittelpunkt die Gestaltungsentscheidung steht,
unter welchen und wie vielen Marken der Anbieter welche und wie viele Dienstleistungen vermarktet.124 Für Telekommunikationsdienstleister erweist sich ei123
124
„Ich will doch einfach nur telefonieren!“: Werbespruch eines Mobilfunkanbieters in den 90er Jahren.
Aus klassischer Sicht begründet diese Entscheidung die Wahl einer Dach-, Programm-, oder
Einzelmarkenstrategie bzw. deren Kombination. Im Falle einer Mehrmarkenstrategie umfasst das
markenstrategische Gestaltungsfeld auch die Architektur der Marken und ihrer Beziehungen zueinander. Mehrmarkenstrategien können horizontal (z. B. zwei Programmmarken) und vertikal
(z. B. Dachmarke mit Programm- und Einzelmarken) ausgerichtet sein (vgl. Esch 2004, S. 391).
68
Kapitel B
ne langfristige Markenabgrenzung auf Leistungsebene als kaum möglich, da
die Zeitfenster des Wettbewerbsvorteils durch (technische) Leistungsinnovationen sehr klein sind.125 Die Beziehung zwischen Programm- bzw. Leistungsmarke und den jeweils zugrunde liegenden Dienstleistungen ist somit einem
ständigen Veränderungsprozess ausgesetzt, der zwangsläufig zum Problem
der Anpassungsnotwendigkeit und Kontinuität des Markensystems führt. Zudem bewirkt die zunehmende Konvergenz der Telekommunikations-Teilmärkte
die immer stärkere Vernetzung von zuvor eigenständigen Leistungen. Gerade
bei den auf die Teilmärkte Festnetz, Mobilfunk oder Internet ausgerichteten
Marken führt dies in der Folge zu Störungen in der Markenwahrnehmung der
Konsumenten, sowohl in der Trennschärfe als in der Anordnungslogik der Markenarchitektur.126 Die Aufgabe der Entwicklung von Markenstrategien für
Telekommunikationsdienstleistungen muss demzufolge in einem Spannungsfeld zwischen notwendiger Kontinuität und gleichzeitig erforderlicher Anpassung gelöst werden,127 was auch ein gewisses Dilemma des
klassischen Ansatzes (Dachmarke versus Programmmarke) offenbart.
Ursachen
Wettbewerbs- und
technologisch bedingte
hohe Innovations- und
Veränderungsdynamik
des Dienstleistungsangebots
Konvergenz der
Teilmärkte/
Marktsegmente
Hohe Variabilität einzelner
Dienstleistungen
Hohe Variabilität einzelner
Dienstleistungssortimente
Markendehnung: Ausweitung und Veränderung
des Leistungskatalogs unter
bestehendem Markendach
Hohe Heterogenität des
Dienstleistungsangebots im
Gesamtmarkt
Hoher Abstraktionsgrad der
Gesamtmarke
Herausforderungen
Problem der Gestaltung kontinuierlicher Leistungsmarken
Problem der Gestaltung kontinuierlicher Sortimentsmarken
Mangelnder Fit zwischen Marke und Dienstleistungen
Problem der nicht integrierten Markenwahrnehmung
durch den Konsumenten
Schwache Wahrnehmung der Markenidentität durch
den Konsumenten ("leere" Marke)
Abb. B-16: Herausforderung strategische Markenabgrenzung
Die Interdependenz dieser Aufgabe mit Fragen der Markenpositionierung und
-profilierung verdeutlicht, dass Entscheidungsabläufe bezüglich Markenstrategie und -inhalt nicht isoliert, sondern integriert stattfinden sollten. Dennoch trägt
eine sachlogische Trennung zum besseren Problemverständnis sowie zur (internen) Strukturierung und Ordnung des komplexen Entscheidungsprozesses
im Service Branding bei. Der strategischen Gestaltung der Marke-LeistungsRelation kommt so, als Gerüst der Markenführung, eine Schlüsselrolle im Service Branding zu.
125
126
127
Ohnemus 1999, Expertengespräch.
Vgl. hierzu Esch 2004, S. 403.
Vgl. Jenner 1999, S. 151.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
69
Nachhaltige Markenprofilierung
Während also die strategische Markenabgrenzung unter anderem die
Grundsatzentscheidung über die Anzahl der Marken umfasst, kommt der Markenprofilierung bzw. Markenpositionierung die Aufgabe der inhaltlichen Ausgestaltung der jeweiligen Marke sowie des Aufbaus eines positiven,
differenzierenden und relevanten Markenimages zu.128 In diesem Zusammenhang erweisen sich die Möglichkeiten der Gestaltung eines differenzierten Markenprofils auf inhaltlicher und objektiver Leistungsebene für
Telekommunikationsanbieter aufgrund zahlreicher umfeldbedingter Ursachen als schwierig (Abb. B-17).
Ursachen
Austauschbarkeit/ Ähnlichkeit der Leistungen
Hohe Nachahmungsgeschwindigkeit
Hohe Innovationsgeschwindigkeit
Liberalisierung
Herausforderungen
Leistungspatt
Mangel an objektiven Differenzierungsmöglichkeiten
Kurzfristigkeit objektiver
Differenzierungsvorteile
Schneller Wandel des
Leistungssortiments
Hoher Abstraktionsgrad des
Markenkerns
Problem der dauerhafter Leistungsdifferenzierung im
Wettbewerb
Problem der Bestimmung der Markenidentität
David/Goliath-Situation
Gefahr der Austauschbarkeit von Marken
Schwache Wahrnehmung der Marke durch den
Kunden
Eigenständige Differenzierung im Wettbewerb
Überwindung von Wechselbarrieren
Low Involvement
Intensiver Preiswettbewerb
Gestaltung langfristiger Profilierung trotz Preiskampf
Konsumenten sind noch
nicht an Marken "gewöhnt„
Schaffung von Markenakzeptanz
Überwindung Low Involvement
Überwindung der geringen Wechselbereitschaft von
Kunden
Evaluierung relevanter Differenzierungsmerkmale
Hohe Preissensibilität der
Kunden
Abb. B-17: Herausforderung nachhaltige Markenprofilierung
Der von Konsumgütermärkten sattsam bekannten hohen Austauschbarkeit und
Ähnlichkeit der Leistungen begegnen diese oftmals mit einer Markenkerngestaltung von hoher Beliebigkeit (innovativ, sympathisch, nett etc.), die zu einer Wiederholung der Austauschbarkeit und Ähnlichkeit auf Positionierungsund Imageebene führt. Eine telekommunikationsmarktspezifische Ursache
nicht differenzierter Markenpositionierung und -wahrnehmung liegt auch in liberalisierungsbedingten Umständen. Unter den neuen Wettbewerbern bestand
und besteht teilweise noch die Tendenz, den ehemaligen Monopolisten zum
Bezugspunkt eigener Positionierungsstrategien zu machen.129 Auch hieraus er128
129
Vgl. hierzu Kapitel C 2.2.2. Zum Zusammenhang zwischen Markenprofilierung und -positionierung sowie Markenidentität und Markenimage vgl. Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 29 ff.
sowie Esch 2004, S. 87.
Ohnemus 1999, Expertengespräch.
70
Kapitel B
klärt sich die häufige Verwendung allgemeiner Positionierungsziele wie Kompetenz, Kundenfreundlichkeit oder Sympathie. Eine aus Konsumentensicht
eindeutige, geschweige denn relevante Profilierung, die eine nachhaltige inhaltliche Markenverankerung im Wahrnehmungs- und Bedeutungshaushalt zur
Folge hat, kann unter diesen Prämissen kaum erzielt werden. Im Ergebnis
kommt es häufig zu dem Phänomen „leerer Marken“, die zwar bekannt sind,
aber keine Assoziationen generieren.130 Die Profilierung von Dienstleistungsmarken, insbesondere die Gestaltung des Markenkerns sowie die Suche nach
relevanten Positionierungsdimensionen, erweist sich somit als eine schwierige
und zentrale Herausforderung des Service Branding.
Wirkungseffizienz der Markenkommunikation
Eine weitere wesentliche Herausforderung für die Markenführung von Telekommunikationsdienstleistern besteht hinsichtlich der Wirksamkeit der Markenkommunikation beziehungsweise der Vermittlung relevanter Markeninhalte
(Abb. B-18). Auf dem Hintergrund eines bestehenden Hyper-Kommunikationswettbewerbs befinden sich die Anbieter im Kampf um die Aufmerksamkeit eines Kunden, dessen Möglichkeiten, aber auch dessen Bereitschaft zur
Informationsaufnahme objektiv-physisch und subjektiv-willentlich stark limitiert
sind. Telekommunikationsdienstleister stehen somit vor der Herausforderung, Markeninhalte beziehungsweise differenzierende Positionierungseigenschaften innerhalb kleiner Zeitfenster kommunizieren zu müssen, in
denen der Konsument die Marke kontaktiert.
Ursachen
Hyperwettbewerb in
Kommunikation
Information Overload des
Konsumenten
Herausforderungen
Hohe Kommunikationskosten
Geringe Kommunikationseffizienz
Wettbewerb um Werbekontaktzeiten
Low Involvement
Geringe werbliche Aufmerksamkeit
Kurze Werbekontaktzeiten
Abb. B-18: Herausforderung wirkungseffiziente Markenkommunikation
In diesem Zusammenhang werden die Versuche zwar verständlicher, Aufmerksamkeit um jeden Preis durch die Einbeziehung von Testimonials oder
durch den Einsatz von Sport- und insbesondere Fußballsponsoring erzielen zu
wollen. Was bis heute - im Falle von Testimonials - zu einem regelrechten
Kampagnen-Tourismus zwar allseits bekannter, aber durchaus austauschbarer
Prominenter geführt hat. Inwieweit diese Maßnahmen im Rahmen des beschriebenen Umfelds allerdings zur Schaffung oder Unterstützung eines eigen130
Brasch 1999, Expertengespräch. Vgl. hierzu ausführlicher Kapitel C 1.1.4.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
71
ständigen, originären Markenbildes geeignet sind, kann bezweifelt werden.
Denn aus Sicht der Konsumenten können diese zwar durchaus unterhaltsam
sein, führen aber aufgrund ihrer Häufigkeit und Beliebigkeit nicht notwendigerweise zum gewünschten Imagetransfer bzw. zum nachhaltigen Aufbau profilierter Gedächtnisstrukturen.
Herausforderung operative Umsetzung
Dass neben wettbewerbs-, konsumenten-, lieferanten- und absatzmittlerseitigen Umfeldbedingungen ebenso Gegebenheiten und Wirkungszusammenhänge des unternehmensinternen Markenumfelds Herausforderungen an das
Service Branding und insbesondere dessen operativer Umsetzung implizieren,
hat die Betrachtung verdeutlicht (Abb. B-19).
Ursachen
Shareholder-ValueOrientierung/
Anreizinkompatible
Entlohnungssysteme
Mangelnde
Brand Excellence
Herausforderungen
Inkompatibilität: kurzfristiger Kontinuierliche Durchsetzung langfristiger Markenziele
Erfolgsdruck kontra langfristige Markeninvestitionen Aufbau und Führung eines Markencontrollings sowie
Integration in finanzwirtschaftliche Erfolgsrechnung
Schwächen und
Fehlende oder unvollständige Markenstrategie
Unsicherheit in der
Markenführung
Markenadäquate Mitarbeiterauswahl und -führung
Markenadäquate Leistungsinnovation und -pflege
Koordination und Integration markenrelevanter
Prozessabläufe
Mangelndes oder fehlendes Markenkontrollsystem
Kompensation durch
"Outsourcing":
Marke wird zum "Spielball"
von Werbeagenturen
Problem der "richtigen" Agenturauswahl
Auftraggeberspezifische
Kooperationsprobleme
Fehlende oder unvollständige Markenstrategie
Auftraggeber- und agenturspezifische Kooperationsprobleme mit Werbeagenturen (s.u.)
Mangelnde Kontinuität durch häufige Agenturwechsel
Unvollständige Aufgabenstellung und Briefings
Zeit- und Erfolgsdruck
Agenturspezifische
Kooperationsprobleme
Mangel an erforderlichem leistungs- und
unternehmensspezifischem Know-how
"Agenturstempel" prägt Marke
Zeit- und Erfolgsdruck
Schnelles Wachstum
Schnelle Ressourcenanpassung
Markenadäquate Qualitätsgewährleistung
Abb. B-19: Herausforderung operative Umsetzung
Als Dreh- und Angelpunkt fungiert hier die Brand Excellence, d.h. die erforderliche hohe Markenkompetenz und klare Markenverantwortlichkeit im Unternehmen, da erfolgreiches Service Branding das „Gespür“ für die komplexen
72
Kapitel B
Funktions- und Wirkweisen der Marke erfordert. Allein die Investitionskostenhöhe für klassische Kommunikationsmaßnahmen und der mögliche Beitrag der
Marke zum Unternehmenserfolg unterstreichen die Bedeutung und Auswirkungen „guter“ bzw. „schlechter“ strategischer Grundsatzentscheidungen des Managements. Und nicht nur auf den Märkten für konsumtive Dienstleistungen
gilt, dass „jedes Unternehmen, das die Frage, was Marke ist und wie man
Marke führt, nicht kompetent beantworten kann, keine Chance hat.“131 Ähnlich
wie die erforderliche Qualität eines Markenprodukts stellt somit die Ressource
Brand Excellence eine notwendige Voraussetzung jeder strategischen und operativen Markenführung dar, von deren Existenz im Folgenden ausgegangen
wird. Da die Zielsetzung der Arbeit auf die strategische Gestaltung des Service
Branding ausgerichtet ist, werden Einzelaspekte operativer Umsetzungsprobleme im weiteren Verlauf der Arbeit nicht weiter vertieft.
4.2 Anwendungsorientierte Implikationen für das Service
Branding
Im Rahmen der Problemstellung der Arbeit wurde formuliert, dass Telekommunikationsdienstleister vor der Herausforderung stehen, Marken als assoziationsbildende Wahrnehmungsanker für intangible, abstrakte und komplexe
Leistungen zu etablieren. Dieser Sachverhalt, dessen detaillierte Analyse Gegenstand des folgenden Kapitels C sein wird, kann nach der erfolgten Betrachtung des situativen Kontexts der Markenführung auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen präzisiert werden. Als Implikation der Analyse des
Markenumfelds können für Dienstleistungsunternehmen des Telekommunikationsmarktes folgende ergänzenden Aufgaben und Funktionen abgeleitet werden, welche das Service Branding beziehungsweise die Marke in ihrer Rolle
als assoziationsbildender Wahrnehmungsanker zu erfüllen hat:
„Dienstleistungsmarke als dynamische Schnittstelle
Die für Telekommunikationsanbieter bestehenden Schwierigkeiten, eine
langfristige Markenabgrenzung auf Leistungsebene vorzunehmen, implizieren die Notwendigkeit einer gewissen Flexibilität der Dienstleistungsmarke.
Die Maßnahmen des Service Branding sollten daher unter anderem darauf
ausgerichtet sein, dass Marken als dynamische Schnittstellen zwischen Unternehmung und Konsument den situativ bedingten Innovations- und Veränderungsprozess begleiten und „umrahmen“ können, ohne die erforderliche
inhaltliche Kontinuität zu verlieren.
„Dienstleistungsmarke als Instrument kreativer Profilierung
Die beschriebenen Schwierigkeiten, Telekommunikationsdienstleistungen
nachhaltig auf leistungsbezogener Basis zu differenzieren, begründen den
Einsatz der Marke als Instrument zur kreativen Profilierung. Im Service
131
Ohnemus 1999, Expertengespräch.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld
73
Branding sollten daher die Potentiale der Marke als Instrument kreativer
Profilierung umfassend genutzt werden, um einen eigenständigen Beitrag
der Marke zur Profilierung des Dienstleistungsangebots im Wettbewerb zu
leisten.
„Dienstleistungsmarke als Kommunikationskatalysator
In Anbetracht des Aufmerksamkeitswettbewerbs um kurze Kontaktzeiten
kommt der Marke die wichtige Funktion zu, dem Konsumenten einen einfachen, schnellen und wirkungsvollen kognitiven Zugang zum Angebot des
Dienstleistungsanbieters zu ermöglichen. Dem Konsumenten müssen sich
die Inhalte einer Marke, das also, wofür die Marke steht, in kürzester Zeit erschließen. Eine wesentliche Aufgabe des Service Branding besteht deshalb
darin, Marken kommunikationseffizient132 zu gestalten.
Diese sich aus den geschilderten Faktoren des Markenumfelds ergebenden
anwendungsorientierten Implikationen stellen begleitende Anforderungen an
die Markenführung von Telekommunikationsdienstleistern in der Praxis dar. Im
weiteren Verlauf der Arbeit steht zunächst die konzeptionelle Analyse der
Zusammenhänge von Marke und Dienstleistung und den daraus entstehenden Herausforderungen vor dem Hintergrund des Aufbaus innerer
Markenbilder im Mittelpunkt. Gemeinsam mit den dort zu entwickelnden konzeptionellen Implikationen werden die Erkenntnisse aus der hier vorgenommenen Umfeldanalyse in die Ableitung theoriegeleiteter Hypothesen für das
Service Branding einfließen.
132
Zu einer näheren Erläuterung dieses Begriffs vgl. Kapitel C 4.3.
74
Kapitel B
C
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
Die Hauptaufgabe dieses Kapitels besteht in der theoretischen Fundierung des
Forschungsfeldes sowie der Evaluierung seiner Besonderheiten und Implikationen. Ausgehend von einem kurzen Abriss über die zentralen, in Marketingtheorie und -praxis stets sehr kontrovers diskutierten Begriffe Marke und
Dienstleistung wird zunächst ein theoretisch-systematischer Zugang zum Thema Dienstleistungsmarke und Service Branding entwickelt. Ziel dieses Abschnittes ist es, diese ebenfalls heterogen verwendeten Begriffe aus Sicht
verschiedener Dienstleistungs- und Markenansätze integriert zu erfassen und
als Forschungsobjekt „greifbar“ zu machen, ohne dabei die Kompatibilität zum
Markenverständnis von Brand Managern und Marketing-Führungskräften zu
vernachlässigen. Der definitorische Teil schließt mit der Betrachtung von Aufgaben, Zielen und Gestaltungsvariablen des Service Branding.
Vor diesem Hintergrund geht die Arbeit anschließend der Frage nach, welche
spezifischen Herausforderungen sich für das Service Branding ergeben, insbesondere im Hinblick auf kognitionspsychologische Aspekte der konsumentenseitigen Wahrnehmung und Verankerung von Dienstleistungsmarken. Unter
anderem geht es darum, den Aufbau innerer Markenbilder als eine zentrale
Aufgabe in der Markenführung abstrakter Dienstleistungen abzuleiten. Hierzu
erfolgt zunächst auf Basis verschiedener Theorien des Dienstleistungsmarketing und des Konsumentenverhaltens eine vertiefte Analyse von Gestaltungsvariablen, Manifestationsmechanismen und Wirkungsdeterminanten von
Dienstleistungsmarken sowie die Entwicklung eines integrierten Wirkungsansatzes, der die Dienstleistungsmarke als gestalt- und wahrnehmbare Schnittstelle zwischen Markendienstleistungsunternehmen und Markenkonsumenten
beschreibt und die komplexen Entscheidungssysteme beider Ebenen miteinander verknüpft. Hieran schließt sich eine systematische Analyse markentechnischer Besonderheiten des Service Branding an, welche schließlich die
Herausforderungen für Telekommunikationsdienstleister aus konzeptioneller
Sicht im Rahmen einer praxisnahen, dienstleistungstypenorientierten Darstellung evaluiert.
In Anbetracht dessen sowie vor dem Hintergrund der Implikationen markenrelevanter Rahmenbedingungen der Telekommunikationsbranche (Kapitel B)
werden theoriegeleitete Hypothesen zum erfolgreichen Aufbau innerer Markenbilder für intangible und abstrakte Leistungen beziehungsweise Telekommunikationsdienstleistungen formuliert. Sie bilden die Grundlage der weiteren
empirischen Untersuchung (Kapitel D).
76
1.
Kapitel C
Marke und Dienstleistung: Objekte des Marketing
1.1 Das Marketingobjekt Marke
Die Marke ist kein ökonomisches Phänomen der Moderne. Sie besitzt eine
jahrhundertealte entstehungs- und entwicklungsgeschichtliche Tradition.1 Bereits in der ägyptischen und griechisch-römischen Antike wurden Visualisierungsmethoden in Form optischer Markierungen zur Kennzeichnung von
Handelsgütern, wie beispielsweise Keramiken und Amphoren, verwandt. Zu
den wesentlichen Epochen der Markenhistorie zählt das europäische Mittelalter. Es gilt als Wurzel des heutigen Markenzeichenrechts.2 Infolge der strengen, durch Zünfte und Kommunalverwaltungen überwachten Marktordnung der
Städte verpflichtete der Gesetzgeber Handwerker und Kaufleute, jede angebotene Ware mit Haus-, Meister-, Zunft- oder Städtemarken zu versehen.3 Diese
historischen Markenformen, die sich im Zuge des Untergangs des Merkantilismus und der Auflösung der Zünfte in der Zeit des ausgehenden 18. Jahrhunderts wieder zurückbildeten, sollten die Stadtbürger standesgemäß versorgen
und vor Betrug durch minderwertige Qualität schützen.4
Einen neuen Impuls erhält das Markenwesen durch die neuzeitliche Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Infolge der durch Massenproduktion und Massenkonsum bedingten Anonymisierung der Marktteilnehmer
gerät die Marke zu einem Ersatzinstrument der ehemals direkten Kommunikation zwischen Hersteller und Nachfrager. Die Konstanz der Leistungseigenschaften markierter Industrieprodukte ermöglicht und rechtfertigt ein
Sachvertrauen der Konsumenten in die nunmehr eigenständig werdende „Persönlichkeit“ des Markenprodukts. Dieses ist losgelöst vom Personenvertrauen,
das sich auf nicht anonymen Märkten direkt auf die Fähigkeiten des Herstellers
und somit indirekt auf dessen Produkte bezieht.5 Die Marke entwickelt sich zu
einer kognitiven Orientierungshilfe, die dem Konsumenten in der zunehmend
unübersichtlicheren Fülle des Angebots Unterstützung bei der Identifizierung,
Einschätzung und Auswahl der Ware bieten soll.6
Inzwischen hat das Markenwesen einen tiefgreifenden Wandel vollzogen, der
sich auch anhand der Entwicklungsphasen der Marke im Zeitablauf ablesen
lässt (Abb. C-1). Wie bereits am Beispiel des Telekommunikationsmarktes
1
2
3
4
5
6
Zur Entwicklungs- und Entstehungsgeschichte des historischen Markenwesens vgl. beispielhaft
Dichtl 1978, Leitherer 1994. Zur Darstellung der Entwicklungsphasen des modernen Markenwesens vgl. Bruhn 1994, S. 10 ff.
So wurden bereits im 13. Jahrhundert die ersten Markenregister und Zeichenrollen durch Zünfte
eingerichtet und geführt; vgl. Mellerowicz 1963, S. 4. Vgl. ebenso Busse/ Starck 1990, S. 27.
Vgl. hierzu Leitherer 1994, S. 141.
Vgl. Mellerowicz 1963, S. 4.
Vgl. Leitherer 1994, S. 146.
Vgl. hierzu Berekoven 1978, S. 44 f.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
77
ausgeführt, sind aggressiver Hyperwettbewerb, multioptionales bis paradoxes
Käuferverhalten und die fortschreitende Verschmelzung von Konsum und Kultur beispielhafte Kennzeichen eines elementar veränderten Umfeldes, in dem
die postmoderne Marke eine Vielzahl neuer Formen und Funktionen erfüllen
muss und erfüllt.7
Inhaltlicher Fokus der Marke/ des Marketing
Stadt-/ lokale/
Personenmarken
Individualorientierung
Öko-/ internationale/ DL-/
IG-Marken
Umweltorientierung/
Internationalisierung
Wettbewerbsorientierung
Luxus-/
Billigmarken
Handelsmarken
Handelsorientierung
Distributions- und Verbraucherorientierung
Kennzeichnung
Herstellermarken
Zunft-,
Eigentumszeichen
Mittelalter
Abb. C-1:
t
1950er
1960er
1970er
1980er
1990er
2000er
Stufen der Markenentwicklung8
Die zunehmende Ausdifferenzierung der modernen Konsumgesellschaft9 findet
sich in der enormen Diversifikation des Markenwesens wieder. Waren Marken
ursprünglich ein Phänomen klassischer Ge- und Verbrauchsgütermärkte, so
werden sie heute zur Vermarktung sämtlicher Leistungen, Institutionen, Personen, Nationen und sonstiger Objekte, die sich als Markenträger eignen und in
irgendeiner Weise von der öffentlichen Meinung abhängig sind, eingesetzt.
Neben den mittlerweile klassischen Konsumgüter- und Handelsmarken finden
sich Konzern-, Dienstleistungs- und Investitionsgütermarken wie Thyssen,
Lufthansa oder Airbus, Komponenten- und Non-Profit-Marken wie Intel oder
Greenpeace, Szene- und Personenmarken wie Thommy Hilfiger oder Boris
Becker, ebenso wie Marken für TV-Formate (Harald-Schmidt-Show), Diskjockeys (Sven Väth), Städte (das „neue“ Berlin), Aktien (T-Aktie) oder Politiker.
Auf der anderen Seite haben sich mit dieser zunehmenden Markenvielfalt auch
die Zielgruppen der Markenkommunikation erweitert: Die postmoderne Marke
richtet sich an sämtliche (Teil-)Gruppen jener Öffentlichkeit, deren Meinungen
7
8
9
Vgl. Bruhn 1994, S. 15 f.
Quelle: in Anlehnung an Bruhn 1994, S. 13.
Vgl. Luhmann 1985.
78
Kapitel C
und Verhaltensweisen den Erfolg des Markenträgers direkt oder indirekt beeinflussen. Bei den modernen Markenkonsumenten kann es sich neben den klassischen Käufern ebenso um Wähler, Zuschauer, Besucher oder Fans handeln.
Zum erweiterten Kreis der Kommunikationszielgruppe gehören Mitarbeiter,
Banken und Privatanleger, öffentliche Institutionen, Medien etc.10
Die Marke des 21. Jahrhunderts erfüllt damit auch weiterhin ihre klassischen
Basisfunktionen wie Herkunftsbestimmung, Identifizierung und Qualitätssicherung. Doch die hochwertige Qualität des Leistungsangebots, das auf zunehmend gesättigten Märkten durch technisch ausgereifte, funktional ähnliche bis
austauschbare Markenträger geprägt ist - hier spricht man von Brand Parity11 -,
avanciert auf Seiten des „neuen“ Konsumenten zur Selbstverständlichkeit. Anstelle materiell-physischer Aspekte dominieren immer stärker mental-psychische Bedürfnisse dessen Markenwahlentscheidungen.12 In das Zentrum des
Anforderungsspektrums der postmodernen Marke rücken somit zunehmend
emotional-symbolische Bedeutungs- und Wirkungsfunktionen, die weit über die
verbale funktional-rationale Mitteilbarkeit hinausgehen.13 In der marketingwissenschaftlichen Analyse ist diesem Phänomen durch eine stärker pragmatisch
orientierte Interpretation der postmodernen Marke aus der Sicht des Markenkonsumenten Rechnung zu tragen.
Trotz - oder gerade wegen - des breiten Raums, der dem Thema Marke bereits
seit Beginn des letzten Jahrhunderts in der Betriebswirtschaft, insbesondere
aber im Marketing, eingeräumt wird, erfährt der Begriff in der Literatur keine
einheitliche Definition.14 Vergleicht und kombiniert man die terminologischen
Ansätze15 verschiedener Autoren, so führt dies zu der „unbrauchbaren, die wissenschaftliche Realität aber in vielfacher Hinsicht zutreffend beschreibenden
Gedankenkette ‘Marke = Markenartikel = Markierung = Warenzeichen = Markenzeichen = Markenname’“16.
Dass das Markenverständnis auch in der Wirtschaftspraxis äußerst heterogen
ist, zeigt eine empirische Untersuchung von 134 deutschen Unternehmen der
Ver- und Gebrauchsgüterbranchen zu der Frage: „Was verstehen Sie unter einer Marke?“ (Abb. C-2).
10
11
12
13
14
15
16
Vgl. hierzu beispielhaft Bieger 2002, S. 42 ff.
Vgl. hierzu beispielhaft Muncy 1996, S. 411 ff; Becker 2001, S. 187 f.
Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 25.
Vgl. hierzu Leitherer 1994, S. 137.
Aus etymologischer Sicht entstammt „Marke“ dem mittelhochdeutschen Wort „marc“ (Grenze,
Grenzland, Grenzlinie zur Unterscheidung) und dem französischen Begriff „marque“ („auf der
Ware angebrachtes Zeichen“); vgl. Bruhn 1994, S. 5.
Bruhn unterscheidet zwischen merkmalsorientierten, intensitätsbezogenen, herkunftsstrukturierenden, instrumentalen, absatzorientierten, erfolgsorientierten und wirkungsbezogenen Erklärungsansätzen zur Marke (1994, S. 7 ff.).
Grösser 1991, S. 45.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
79
Was verstehen Sie unter einer Marke?
Kennzeichen
51,9%
12,4%
Kennzeichen und
markiertes Produkt
35,7%
Markiertes Produkt
Abb. C-2:
Markenverständnis deutscher Unternehmen17
Natürlich ist mit der Auslegung des Markenbegriffs auch die Interpretation des
Begriffs Markenmanagement eng verbunden. Auch in diesem Punkt bestehen
in der wissenschaftlichen Literatur - aber auch in der Praxis - kontroverse Ansätze. Hier wird Markenmanagement entweder als übergeordnetes Marketingkonzept, als kommunikations- oder produktpolitisches oder eigenständiges
Marketinginstrument oder - die provokanteste Auffassung - lediglich als Synonym des Begriffs Marketing dargestellt. Abbildung C-3 gibt anhand beispielhaft ausgewählter Literatur einen Einblick über unterschiedliche und
interessante Interpretationen der beiden Begriffe.
Da definitorische Begriffsbestimmungen grundsätzlich nicht „falsch“ oder „richtig“ sein können, entscheiden letztlich Erklärungsziel und Zweckmäßigkeit über
die Güte einer Definition. Und so unterschiedlich diese teleologischen Zugangsweisen zur Marke sind, so unterschiedlich sind auch die Markendefinitionen, die man - etwa neben soziologisch inspirierten18, systemischen19, psychoanalytischen20, mythischen21 oder kulturanthropologischen22 Ansätzen, in der
Marketingtheorie und -praxis antrifft.23 Aus dieser Sicht erscheint es - auch zur
Ordnung der „babylonischen Sprachverwirrung“24 - sinnvoll, in der Betrachtung
marketingrelevanter Markenansätze zwischen formalen und funktionalen,25 aber
auch zwischen hersteller- und kundenorientierten Aspekten zu unterscheiden.
17
18
19
20
21
22
23
24
25
Quelle: Günther/ Kriegbaum 1999, S. 6.
Vgl. bspw. Bolz 1997; Gerken 1996; Horx/ Wippermann 1995.
Vgl. Otte 1993.
Vgl. Halstenberg 1996.
Vgl. Bismarck/ Baumann 1996.
Vgl. Karmasin/ Karmasin 1997.
Vgl. Herrmann 1999, S. 35 und 43.
Schenk 1970, S. 125. Zusätzliche Verwirrung entsteht zudem durch die Doppeldeutigkeit des
häufig nicht konsistent verwendeten Begriffs der „Markierung“, der sich sowohl auf die Tätigkeit
des Markierens (Bsp.: die Markierung [= das Markieren] des Produkts) als auch auf das Ergebnis
des Markierens (Bsp.: die Markierung [= das Zeichen] auf dem Produkt) beziehen kann.
Vgl. hierzu beispielhaft Matt 1988, S. 5; Hätty 1989 S. 6 ff., Sander 1994, S. 5 ff; BekmeierFeuerhahn 1998, S. 12 ff.
80
Kapitel C
Marke
Karl Marx
„Eine Ware scheint auf den ersten Blick ein selbstverständliches, triviales
Ding. Ihre Analyse ergibt, dass sie ein sehr vertracktes Ding ist, voll metaphysischer Spitzfindigkeiten und theologischer Mucken. Soweit sie
Gebrauchswert, ist nichts mysteriöses an ihr [...] aber sobald sie als Ware
auftritt, verwandelt sie sich in ein übersinnliches Ding“ (1867/1957).
David Ogilvy
„A brand is a complex symbol. It is the intangible sum of a product's
attributes, its name, packaging, and price, its history, reputation, and the
way it's advertised. A brand is also defined by consumers' impressions of
the people who use it, as well as their own experience" (1955, zitiert nach
Otto/Bois 2001, S. 4).
John M. Murphy
„A brand is the product or service of a particular supplier which is
differentiated by its name and presentation“ (1990, S. 1).
Philip Kotler
„A brand can be defined as a name, term, sign, symbol, or design or
combination of them which is intended to identify the goods and services of
one seller or a group of sellers and to differentiate them from those of
competitors“ (1991, S. 442).
David A. Aaker
„Brand equity is a set of assets (and liabilities) linked to a brand‘s name
and symbol that adds to (or subtracts from) the value provided by a product
or service to a firm and/or that firm‘s customers. The major asset categories
are (1) brand name awareness, (2) brand loyalty, (3) perceived quality and
(4) brand associations“ (1996, S. 7 f.).
Heribert Meffert
Marke ist „ein in der Psyche des Konsumenten verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleistung“ (vgl.
2000, S. 847).
Markenmanagement /-politik
Dominique von Matt
„Markenpolitik umfasst die Gesamtheit von Problemen, die gelöst werden
muss, wenn das grundlegende Verhalten der Unternehmung in Bezug auf
die Verwendung von Marken als Marketinginstrument bestimmt wird.
Markenpolitik ist eine Teilpolitik der Marketingpolitik“ (1988).
David Arnold
„Richtig verstanden ist Markenpolitik das gleiche wie Marketing“ (1992, S.
45).
Manfred Bruhn
Markenpolitik i.e.S. umfasst sämtliche, mit der Markierung von Produkten
verbundene Maßnahmen und Entscheidungen. Markenpolitik i.w.S. ist ein
übergreifendes und integriertes Marketingkonzept für Markenartikel. Es
umfasst Markenaufbau, Markenpflege und den spezifischen Markenartikelvertrieb (vgl. 1994, S. 17 f.).
Günther Haedrich/
Torsten Tomczak
Strategische Markenführung ist die kontinuierliche und systematische
Pflege eingeführter Marken. Eine Marke kann dabei als Strategische
Geschäftseinheit verstanden werden, d.h. als Produkt-Markt-Kombination
mit eigenständigen strategischen Erfolgsfaktoren (vgl. 1996, S. 27 ff.).
Markus Irmscher
Markenmanagement bedeutet zum einen, überlegene Produkte anzubieten
und zum anderen, dafür zu sorgen, dass die Nachfrager diese Überlegenheit wahrnehmen und von ihr überzeugt werden können (vgl. 1997, S. 87).
Christian Belz
“Markenführung = Marketing.” Marken sind das Ergebnis des gesamten
Marketing. Die häufige Gleichsetzung von Markenführung und Kommunikation ist weder notwendig noch ergiebig (vgl. 1998, S. 38 ff.).
Abb. C-3:
Interpretationen der Begriffe Marke und Markenmanagement anhand beispielhaft ausgewählter Literatur
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
81
Im Ergebnis lassen sich in der Marketingtheorie drei Hauptgruppen, nämlich
formale, konstitutive und integrative Erklärungsansätze feststellen (Abb. C4), auf deren wichtigste Vertreter im Folgenden detaillierter eingegangen wird.
Kundenorientierung
Integrative Ansätze
Marke als
Wahrnehmungskonstrukt
Marktperspektive
Formale Ansätze
Marke
Marke als
als Zeichen
Konstitutive Ansätze
Marke als
Markenartikel
Herstellerorientierung
formal
Interpretationsschwerpunkt
Abb. C-4:
funktional
Zentrale Erklärungsansätze zur Marke in der Marketingtheorie
1.1.1 Formale Erklärungsansätze: Marke als Zeichen
Formale Erklärungsansätze, die in der Praxis primär im Rahmen der Gesetzgebung Anwendung finden, verstehen Marke aus primär herstellerorientierter
Sicht im Sinne eines (Marken- bzw. Kenn-) Zeichens: „Eine Marke ist ein Kennzeichen, das geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von den Waren oder Dienstleistungen eines anderen Unternehmens zu
unterscheiden.“26 Die, kraft Eintragung in ein nationales bzw. das internationale
Markenregister27 rechtswirksame Marke stellt für den Markeneigentümer ein
26
27
Deutsches Patent- und Markenamt 2002b, S. 1. Fast deckungsgleich ist die Markeninterpretation
der American Marketing Association (AMA), die ebenfalls der formalen Sichtweise folgt. In ihrer
Definition ist Marke „ein Name, ein Begriff, ein Zeichen, ein Symbol oder Design oder eine Kombination dieser Elemente, die dazu dienen, die Produkte oder Dienstleistungen eines Anbieters
oder einer Anbietergruppe identifizierbar zu machen und sie von der Konkurrenz abzuheben“
(Alexander 1960, S. 10).
Das Madrider Markenabkommen (MMA) ermöglicht Inhabern national angemeldeter bzw. eingetragener Marken die zusätzliche internationale Registrierung beim Internationalen Büro der
Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO/OMPI) in Genf (vgl. Deutsches Patent- und Markenamt 2002c, S. 1).
82
Kapitel C
Schutzrecht28 dar, das sich - im Gegensatz zu Patenten, Gebrauchsmustern,
Topographien oder Geschmacksmustern - nicht auf die technische Seite eines
Produktes oder eines Verfahrens bezieht, sondern auf die Marke bzw. Markierung einer Leistung. Als Marken kommen, nach der zum 01.01.1995 in Kraft
getretenen Novellierung des deutschen Markengesetzes, eine Reihe von teilweise bislang nicht schutzfähigen - Kennzeichnungsformen in Betracht, soweit sie dazu „geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden“:29
„Wortmarken, bestehend aus einem oder mehreren Wörtern (z. B. Allianz,
Deutsche Bahn), Namen (z. B. McDonalds) oder einprägsamen Werbeslogans (z. B. „Keine Sorge, Volksfürsorge“),
„Bildmarken, bestehend aus Bildern, Emblemen oder anderen graphischen
Gestaltungen (z. B. Schrägstrich im Quadrat als Bildmarke der Deutschen
Bank),
„Wort-Bild-Marken, bestehend aus einer Kombination aus Wort- und Bildbestandteilen, Formen, Farben und Figuren,
„Form-Marken, d.h. dreidimensionale Formen von charakteristischen Werbefiguren (z. B. „Michelinmännchen“), Produkten (z. B. Design eines Rasierapparates) und Verpackungen (z. B. Odol-Mundwasserflasche),
„Hörmarken, bestehend aus Tonfolgen (Intel-Jingle) oder Melodien (Radiosender),
„Buchstaben, hauptsächlich in Form von Abkürzungen oder Monogrammen
(z. B. ADAC, RTL),
„Zahlen (z. B. „4711“, „8x4“) und
„Farben und Farbkombinationen (z. B. Magenta für die Deutsche Telekom
oder Rot-Gelb für Maggi).
Formale Erklärungsansätze trennen gedanklich zwischen Marke und Produkt
und heben somit auf den Prozess der Markierung (Design) als eigentliche
Grundlage der Markenentwicklung ab.
28
29
In Deutschland beträgt die Schutzdauer einer eingetragenen Marke 10 Jahre und kann vom Markeneigentümer um jeweils 10 weitere Jahre auf Antrag und gegen Gebühr verlängert werden
(vgl. § 47 Markengesetz, in: Mühlendahl 1995).
Vgl. hierzu und zum Folgenden § 3, Abs. 1 Markengesetz, in: Mühlendahl 1995.
Dagegen sind Kennzeichnungen vom Markenschutz ausgenommen, wenn diesem Schutzhindernisse entgegenstehen. Die wichtigsten absoluten Schutzhindernisse sind (1) fehlende Unterscheidungskraft der Marke, (2) für die allgemeine Benutzung freizuhaltende beschreibende
Angaben, (3) ersichtliche Irreführungsgefahr, (4) in der Marke enthaltene Hoheitszeichen, (5)
Verstoß gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung (z.B. anstößige Kennzeichnungen).
Vgl. hierzu § 8 Markengesetz, in: Mühlendahl 1995 sowie Deutsches Patent- und Markenamt
2002b, S. 4.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
83
1.1.2 Konstitutive Erklärungsansätze: Marke als Markenartikel
Im Gegensatz zu formalen Markendefinitionen sind konstitutive oder merkmalsorientierte Erklärungsansätze stärker ökonomisch geprägt. Sie gehen davon aus, dass Markierung zwar die notwendige Voraussetzung, nicht aber der
eigentliche Kern des Markenmanagements ist. Im Zentrum dieser Ansätze
steht daher nicht die Marke als formales Zeichen, sondern die Marke - und hier
insbesondere ihre Eigenschaften und Funktionen - als Produkt-ZeichenKombination, als deren vollkommenste Ausprägung der Markenartikel gesehen wird30. Dabei wird versucht, den Markenartikel über die Aufzählung konstitutiver Bestimmungsfaktoren zu definieren.31 Nach dem wohl bekanntesten,
von MELLEROWICZ (1963) stammenden Merkmalskatalog sind „Markenartikel
„für den privaten Bedarf geschaffene Fertigwaren,
„die in einem größeren Absatzraum
„unter einem besonderen, die Herkunft kennzeichnenden Merkmal
„in einheitlicher Aufmachung,
„gleicher Menge sowie
„in gleichbleibender oder verbesserter Güte erhältlich sind und sich dadurch
sowie
„durch die für sie betriebene Werbung
„die Anerkennung der beteiligten Wirtschaftskreise
(Verbraucher, Händler,
Hersteller) erworben haben (Verkehrsgeltung)“ .
32
Nach wie vor verdeutlicht dieser Definitionsklassiker die Erscheinung des traditionellen Markenartikels recht anschaulich, wird aber den vielschichtigen Formen und Anforderungen der modernen Marke nicht gerecht: Beliebigkeit der
Kriterien, fehlende Dynamik und Vernachlässigung der Konsumentensicht sind
zentrale Kritikpunkte.33 Zudem schließt die konstitutive - wohl für die Entstehungszeit des Ansatzes typische, aber nicht zwingende - Einschränkung, dass
nur Fertigwaren für den Privatkonsum Markenartikel sein können, Dienstleistungen, Investitionsgüter oder Vorprodukte von der Markenbildung aus.
30
31
32
33
Vgl. hierzu Mellerowicz 1963, S. 8.
Der erste Versuch, Markenartikel über charakteristische Eigenschaften zu klassifizieren, wird allgemein Findeisen (1924) zugeschrieben. In seiner „nomistischen Markendefinition“ unterscheidet
er aufgrund des kennzeichnenden Charakters der Marke zwischen markierter Ware
(=Markenartikel) und anonymer Ware. Leitherer (1955) spezifiziert den merkmalsorientierten Ansatz und unterscheidet bei markierter Ware - unter Berücksichtigung des absatzwirtschaftlichen
Erfolgs - zwischen Markenware und Markenartikel.
Mellerowicz 1963, S. 39.
Zur umfangreichen Kritik am merkmalsorientierten Ansatz vgl. bspw. Meffert 2000, S. 846 f.;
Hätty 1989, S. 15; Matt 1988, S. 31; Berekoven 1978, S. 40.
84
Kapitel C
1.1.3 Integrative Erklärungsansätze: Marke als Wahrnehmungskonstrukt
Im Unterschied zu formalen oder konstitutiven Erklärungsansätzen nähern sich
integrative Definitionen der Marke bzw. dem Markenartikel aus der Perspektive
des Kunden. Im Zentrum steht die Frage nach den Funktionen und Wirkungen des Konstrukts Marke in der Wahrnehmung des Rezipienten. Für den
Markeninhaber ergibt sich daraus die wichtige Frage, wie eine Marke beschaffen sein muss, um die Wahrnehmung dieser Funktionen in der Verbrauchersicht zu erzielen.34 Insofern ist diese Sichtweise integrativ und ganzheitlich, da
sie sich am Endpunkt der Absatzkette orientiert und von hier die Wirkung der
konkreten Marke zurückverfolgen kann.35
Wirkungsbezogene Markendefinitionen
Eine derartige traditionelle Marken(artikel)interpretation, die den Konsumenten
in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt, nimmt der wirkungsbezogene Ansatz
vor. Entscheidendes Kriterium dafür, ob es sich bei einem markierten Produkt
um einen Markenartikel handelt oder nicht, ist die Reaktion des Konsumenten
und damit der Markenerfolg. Alle Dienstleistungen und Waren, die dieser
Konsument als Markenartikel bezeichnet oder wahrnimmt, sind Markenartikel.36
Diese, zeitgleich und voneinander unabhängig von THURMANN (1961) und
BEREKOVEN (1961) entwickelte, Sichtweise rückt damit völlig von der herstellerzentrierten Markeninterpretation ab und stellt das Vorstellungsbild sowie die
subjektive Wahrnehmung durch den Nachfrager in den Vordergrund.37
Allerdings führt die wirkungsbezogene Begriffsbestimmung über das singuläre
Kriterium Erfolg der Marke beim Konsumenten nicht notwendigerweise zu einer
Vereinfachung des Markenverständnisses.38 Erforderlich ist eine differenzierte
Betrachtung von Erfolgsgrößen, die den generellen unternehmerischen Erfolgsgrößen wie Marktanteil oder Umsatz vorgeschaltet sind. Aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht ist ein Abgleich von relevanten Bedürfnissen und Erwartungen
der Konsumenten einerseits sowie deren Kenntnisse über und Einstellungen zu
bestimmten Marken andererseits notwendig, um den Wirkungsgrad von Marken bzw. deren Auswirkung auf die Reaktion zu ermitteln (Zweck-MittelAnalyse).39 In dieser Tradition schlägt HÄTTY (1989) als Erfolgsmaßstab den
Erfüllungsgrad konsumentenorientierter Markenfunktionen beim Nachfrager (z.
B. Identifikationsfunktion, Vertrauensfunktion, Nutzenfunktion) vor, der sich anhand der Ausprägungen bestimmter Indikatoren (z. B. Bekanntheitsgrad, wahrgenommenes Kaufrisiko und Konsumenteneinstellung) ableiten lässt.40
34
35
36
37
38
39
40
Vgl. Meffert 2000, S. 847.
Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 20.
Vgl. Berekoven 1978, S. 43; Meffert 1979, S. 23 f.
Vgl. Thurmann 1961, S. 16; Berekoven 1961, S. 145 ff.
Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 20.
Vgl. Kroeber-Riel 1992.
Vgl. Hätty 1989, S. 18 ff.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
85
Semiotische Markendefinitionen
Ein interdisziplinärer, in den Marketingwissenschaften aber mittlerweile verbreiteter Ansatz41 zur Erklärung zentraler Funktions- und Wirkungsweisen der
modernen Marke lässt sich aus der Semiotik, der Wissenschaft von den Zeichen, ableiten.42 In der Sprache der Semiotik sind Gegenstände, Personen
oder Handlungen, d.h. alle in irgendeiner Art sinnlich wahrnehmbaren Objekte
über ein Zeichensystem mit einer bedeutenden Vorstellung, dem so genannten
Signifikant, verbunden:43
OBJEKT
Î ZEICHEN Î BEDEUTUNG
Das die Wahrnehmungs- und die Bedeutungsebene verbindende Zeichen
übernimmt somit die Funktion des Mediums zur intersubjektiven Botschaftsübermittlung. Das Zeichen kann dabei nicht nur in visueller Form, sondern
ebenso beispielsweise in Form von Text, Sprache oder Musik auftreten. Die
Bedeutung des Objektes wiederum, die über das Zeichen vermittelt wird, erschließt sich dem Zeichenbetrachter auf zwei unterschiedlichen, sich ergänzenden Bedeutungsebenen: der Denotation und der Konnotation.44 Die
Bedeutung ist denotativ, wenn sie auf das mit dem Zeichen gemeinte Objekt
direkt - etwa in lexikalischer Form - hinweist. Sie ist dagegen konnotativ, wenn
sie subjektive Assoziationen beinhaltet, welche die eigentliche Grundbedeutung des Zeichens begleiten bzw. ergänzen.
Dieses semiologische Basismodell geht also zunächst nur von einem Einzelbetrachter aus. Unterstellt man erweiternd eine kollektive Betrachtergemeinschaft, richtet sich also ein Zeichen an mehrere Rezipienten, so können auf der
konnotativen - also der eigentlich subjektiven - Bedeutungsebene sehr wohl
kollektive als auch subjektive Konnotationen ausgelöst werden.45 Bei kollektiven Konnotationen handelt es sich um - eigentlich subjektive - Assoziationen,
die aber in der Gesamtheit oder zumindest in einem Teil des Betrachterkollektivs gleichförmig ausgelöst werden und somit intersubjektiver Art sind. Ursache
dieser subjektiven, aber kollektiv geteilten Assoziationen sind in aller Regel
bestehende, kollektiv geteilte Wertesysteme der Betrachtungsgemeinschaft.
Subjektive Konnotationen stellen dagegen intrasubjektive Assoziationen dar,
die vor dem persönlichen Erfahrungs- und Entwicklungshintergrund des individuellen Rezipienten entstehen und von dem zeichenbetrachtenden Kollektiv
nicht geteilt werden.
41
42
43
44
45
Zur Verwendung der Semiotik im (allgemeinen) Marketingkontext vgl. beispielsweise Werner
1999; Holbrook/ Hirschman 1993; Umiker/ Sebeok 1997. Zur Verwendung der Semiotik im Markenkontext vgl. beispielsweise Schütz 2001; Bekmeier-Feuerhahn 1998; Esch 1993; Hätty 1989;
Kelz 1989;
Vgl. Kehrer 2001.
Vgl. hierzu Eco 1972.
Vgl. Bismarck/ Baumann 1996, S. 87.
Bismarck/ Baumann (1996, S. 87 ff.) sprechen in diesem Zusammenhang von „objektiven“ bzw.
„subjektiven“ Konnotationen.
86
Kapitel C
Die Übertragung dieses Mitteilungs- und Bedeutungssystems auf Markenebene zeigt, dass sich das dreidimensionale semiologische Grundschema ebenso
in der Funktions- und Wirkungsweise moderner Marken wiederfinden lässt:
MARKENTRÄGER
Î MARKENZEICHEN Î BEDEUTUNG
Bild-, Wortbild- oder Hörmarken weisen als Zeichen - oder Zeichenbündel - auf
das bedeutete Objekt „Markenträger“ (bspw. Unternehmen, Produktsortiment,
Person, Dienstleistungsangebot) hin und können in der Psyche des Rezipienten (Nachfrager, Aktionär, Mitarbeiter etc.) Bedeutung auf denotativer und kollektiv-konnotativer bzw. subjektiv-konnotativer Ebene generieren. Aus dieser
Sicht stellt Marke kein Objekt dar, sondern vielmehr eine Weise des Bedeutens, die sich in der Psyche des individuellen Nachfragers aufgrund objektiver,
kollektiv-geteilter sowie subjektiver Informationen, Erfahrungen, Werte etc.
manifestieren kann. Abbildung C-5 fasst dieses semiotische Markenschema in
einer Übersicht zusammen.
Objekt
(Signifikat)
Markenträger
Unternehmen, Produktsortiment, Einzelprodukt, Dienstleistung
Zeichen
Markenzeichen
Logo, Markenname, Jingle, Produktdesign
Bedeutung
(Signifikant)
Abb. C-5:
Markenbedeutung
Objektive
Denotationen
Objektive
Bedeutungsinhalte
(rational)
Kollektive
Konnotationen
Kollektiv geteilte
konnotative
Bedeutungsinhalte
(emotional)
Subjektive
Konnotationen
Individuelle,
konnotative
Bedeutungsinhalte
(emotional)
Sachinformationen,
Erlerntes
Kollektives
Wertesystem
Individuelle
Erfahrungen
Semiotisches Markenschema
Mit Hilfe der Semiotik kann die Marke somit in ihrer Beziehung zu den Nachfragern, in ihrer Verwertbarkeit, in ihrer Nützlichkeit und ihrem Aufforderungscharakter untersucht werden. Im Vergleich zu den traditionellen
Markenansätzen knüpft die semiotische Markenbetrachtung an der wirkungsbezogenen Markendefinition an, integriert aber zugleich die anbieter- und nachfragerorientierte Perspektive. Die Wahrnehmung der Marke
wird nicht als Resultante des Markierungsprozesses aufgefasst, sondern spiegelt als Potentialgröße die unternehmerische Wertschätzung der Markierung
wider.46 Da die Bedeutungen von Marken jedoch nicht nur dem volitiven Handeln wertoptimierender Markenmacher unterliegen, sondern auch in Form kol46
Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 27 ff.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
87
lektiver Manifestationen im gesellschaftlichen Diskurs ausgehandelt werden,
markiert die semiotische Markenbetrachtung gleichzeitig den Übergang zu
kognitionspsychologischen, aber auch soziologischen Markendefinitionen47.
Kognitionspsychologische Markendefinitionen
Einen weiteren zentralen Ansatz zur Marke bieten kognitionspsychologische
Definitionen. Ähnlich dem semiotischen Verständnis kommt auch hier der Marke die Funktion als Träger zentraler Eigenschaften und Bedeutungen zu, allerdings werden „Marken hier nicht in der realen Welt, sondern im Kopf des
Konsumenten verortet“48. Diese Sichtweise findet sich bereits bei DOMIZLAFF
(1939/1982) wieder, der die Zielsetzung der Markentechnik in der „Sicherung
einer Monopolstellung in der Psyche des Verbrauchers“49 sieht, aber auch in
der weitverbreiteten Markendefinition, nach der die Marke „ein in der Psyche
des Konsumenten verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem
Produkt oder einer Dienstleistung“50 ist.
Die Marke stellt somit ein produktspezifisches inneres Bild51 dar, welches
das Marken- bzw. Kaufverhalten des Konsumenten entscheidend steuert. In
der Marketingtheorie werden diese „Abbilder“ in unterschiedlichsten Formen
gefasst und verarbeitet. Die Methoden reichen von einfachen Markenschemata,
über multiattributive Vektorenmodelle und Imageansätze bis hin zu komplexen
kognitiven Netzwerken. Im weiteren Sinne können auch involvementgeprägte
Markenansätze52 zu den kognitiven Markendefinitionen gezählt werden. Das
verbindende Element dieser Ansätze besteht in dem Verständnis der Marke
als „kognitivem Filter“, der auf abgespeichertem Markenwissen beruht
und beim Kaufverhalten intervenierend zwischen Stimulus und Reaktion
tritt.53 So hält es ESCH (2003) für sinnvoll, zur Erfassung der mit einer Marke
verbundenen Vorstellungsbilder „an dem in den Köpfen der Konsumenten gespeicherten Markenwissen anzusetzen. Hier werden Gefühle, Bilder, Vorstellungen, Sachinhalte, Eigenschaften, Verwendungszusammenhänge und
andere Inhalte zur Marke archiviert“54.
Als Grundmodell zur Beschreibung und Erklärung der kognitionspsychologischen Markenauffassung wird häufig auf das neobehavioristische StimulusOrganism-Response-Modell (S-O-R-Modell) der Konsumentenforschung zurückgegriffen. Im Vordergrund dieses Forschungsansatzes steht die Beschreibung und Erklärung der Wirkung bestimmter reizauslösender Signale (Stimuli)
47
48
49
50
51
52
53
54
Vgl. Herrmann 1999, S. 39.
Herrmann 1999, S. 40.
Domizlaff 1939/1982, S. 76.
Meffert 2000, S. 847. Vgl. auch Keller 1997.
Kroeber-Riel 1993, S. 40 ff.
Vgl. bspw. Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 57 f.
Vgl. Herrmann 1999, S. 40.
Esch 2004, S. 24.
88
Kapitel C
sowie das daraus resultierende Konsumentenverhalten.55 Das S-O-R-Modell
wurde zur Erklärung dieser Reiz-Reaktions-Vorgänge entwickelt, welches neben den direkt sinnlich wahrnehmbaren Variablen des Stimulus (Beispiel: rote
Ampel) und des Verhaltens (Beispiel: Fußgänger bleibt stehen) auch Aussagen
über die nicht beobachtbaren, innerpsychischen Verarbeitungsvorgänge beim
Betrachter macht (Beispiel: Rot = Gefahr). Die Größen dieser inneren Vorgänge stellen aus analytischer Sicht hypothetische Konstrukte dar, die somit lediglich indirekt über Indikatoren messbar sind. Neuere verhaltenswissenschaftlich
orientierte Arbeiten zur Markenforschung zeigen, dass sich der Wirkungsprozess der reizauslösenden Marke und des daraus resultierenden Markenverhaltens anschaulich und empirisch nachvollziehbar im Rahmen des S-O-RModells beschreiben und erklären lässt. BEKMEIER-FEUERHAHN (1998) bezeichnet dabei das zu erklärende innerpsychische Konstrukt als Markenstärke
bzw. Markenwert.56 Abbildung C-6 zeigt das S-O-R-Modell in seiner Funktion
als Grundmodell kognitionspsychologischer Markendefinitionen.
Abb. C-6:
Stimulus
Organism
Response
Markenname
Markenzeichen
Produktdesign
Werbung
Empfehlung
etc.
Markenwissen
Markenbilder
Markenstärke
Markenwert
Markenmodelle
etc.
Kaufinteresse
Aufpreisbereitschaft
Markentreue
Sympathie
Interesse
etc.
Das S-O-R Paradigma als Grundmodell kognitionspsychologischer Markenansätze
1.1.4 Fazit: Die Marke als Repräsentation mit Verhaltenswirkung
Als Fazit der bisherigen Ausführungen ist festzustellen, dass aufgrund der Vielzahl von Interpretationen keine einheitliche Auffassung darüber existiert, was
unter einer Marke bzw. einem Markenartikel zu verstehen ist.57 Gleichzeitig
verdeutlicht die Vielfalt möglicher Sichtweisen den multidimensionalen und interdisziplinären Charakter des Phänomens Marke. Dabei deuten die rechtlichen, ökonomischen, kommunikativen oder soziologischen Aspekte darauf hin,
dass Interpretationen über Marken vor allem als Modelle zur Erklärung wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und kultureller Sachverhalte herangezogen werden.58
55
56
57
58
Vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 3 f.
Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 111 ff.
Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 14.
Vgl. Herrmann 1999, S. 43.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
89
Allerdings erscheint es wenig zweckmäßig und marketingwissenschaftlich äußerst fragwürdig, eine - auch aus Sicht des Nachfragers nicht nachvollziehbare
- willkürliche Trennung der Begriffe Marke und Markenartikel vorzunehmen.59
Im Folgenden wird daher der Begriff Marke als Synonym für den Begriff Markenartikel verwendet - und damit nicht (nur) im Sinne eines Markenzeichens:
Marke ist die positiv verhaltenswirksame Repräsentation eines markierten Objektes im Gedächtnis eines Rezipienten (Konsument, Mitarbeiter, Aktionär etc.), die in Form eines inneren Vorstellungsbildes
sämtliche Eigenschaften und Verknüpfungen umfasst, die dem Träger der Marke (Produkt, Dienstleistung, Unternehmen, Person etc.)
kognitiv zugeordnet werden.
Das Markenverhalten, das sämtliche aufgrund der Repräsentation induzierten
Reaktionen des Rezipienten gegenüber dem Träger der Marke umfasst, stellt
das eigentliche Gütekriterium der Marke dar. Aus Sicht des Managements ist
Markenverhalten somit die eigentliche und finale Zielgröße der Markenführung.
Der „Kopf des Rezipienten“ wird damit - ausgelöst durch den Stimulus Objekt
und/oder Zeichen - zum eigentlichen Ort der Markenentstehung, die dortige
Bekanntheit der Marke zur notwendigen, aber nicht hinreichenden Bedingung.
Denn die entscheidende Auslösung von Markenverhalten und damit letztlich
die Existenz einer Marke ist von der Frage abhängig, ob und in welchem Ausmaß sie die multidimensionalen objektiv-funktionalen und subjektivpsychologischen Bedürfnisse der Zielperson berühren und befriedigen kann
oder - aus Sicht des Markenrezipienten formuliert - welche inhaltlichen Assoziationen mit der Marke verknüpft werden, kurzum: welche Bedeutung die Marke
für die Zielperson hat.
Die in Abbildung C-7 dargestellte Markentreppe veranschaulicht schematisch
diese Entwicklung vom unmarkierten Produkt bis hin zur Marke als Stufenprozess.60 Diese Sichtweise findet sich u.a. in dem Postulat von BRUHN (1994)
wieder, den Begriff Marke - bei synonymer Verwendung zum Begriff Markenartikel - strikt von nur markierten Dienstleistungen und Waren zu unterscheiden,
„die lediglich durch Namen und Symbole gekennzeichnet wurden“.61 KAMBLY
(1991) formuliert, dass die Stärke einer Marke nicht allein in ihrer Bekanntheit
59
60
61
Vgl. hierzu Bruhn 1994, S. 9.
Aus dieser Sicht ist der Bekanntheitsgrad einer Marke ein - aber eben nur ein - wichtiger Indikator des Markenwerts (zu weiteren Ausführungen vgl. Kapitel C 3.1.1). Gerade in der Praxis wird
häufig mittels der einfachen Erhebung von aktiven oder passiven Markenrecalls eine (implizite)
Gleichsetzung von Markenbekanntheit und Markenerfolg vorgenommen, die aber lediglich eine
unzulässige und wenig zielführende Verkürzung der Markensituation darstellt. Damit soll jedoch
nicht bestritten werden, dass bekannte, aber bedeutungslose („leere“) Marken gegenüber unbekannten markierten Produkten durchaus im Vorteil sein können und bereits eine Art Markenverhalten auslösen können. Auch insofern ist die obige Abbildung lediglich schematisch zu sehen.
Bruhn 1994, S. 6; vgl. ebenso Mellerowicz 1963, S. 12 f.
90
Kapitel C
liegt, „sondern vor allem in der Eindeutigkeit der Vorstellungen, die mit ihr verbunden werden. Der heutige Konsument will nicht das Beste, sondern das Beste für eine bestimmte Situation“.62
Stimuli
Markenerfolg
Marke
“leere”
Marke
markiertes
Produkt
„No Name“Produkt
+
+
+
+
Markenverhalten
Bedeutung
Bekanntheit
Markierung
Produkt
(Leistung)
Abb. C-7:
Markentreppe: schematische Entwicklungsstufen vom Produkt zur Marke
Die Komplexität der Wirkungszusammenhänge zwischen Bekanntheit, Bedeutung und Markenverhalten zeigt die Praxis: Wie am Beispiel des Telekommunikationsmarktes bereits gezeigt wurde,63 existieren auf zahlreichen Märkten
„leere“ Marken, die aufgrund ihrer Bekanntheit dem Rezipienten zwar möglicherweise vertraut sind, jedoch keinerlei inhaltliche Assoziation wecken.64 Insbesondere unter jungen Marken sind zudem zahlreiche „irrelevanten“ Marken
zu beobachten, die trotz hoher Bekanntheit und - sogar positivem - Bedeutungswert (noch) kein Markenverhalten auslösen.65 Wie groß aber letztlich der
Einfluss der Marke auf die Kaufentscheidung ist, hängt neben der konkreten
Gestaltung des Markenstimulus auch von verschiedenen Rahmenbedingungen
der Markenführung ab.66 Zu den wesentlichen Einflussfaktoren zählen etwa die
Produktart bzw. Branche, das Konsumentenverhalten und der Wettbewerb.
62
63
64
65
66
Kambly 1991, S. 10.
Vgl. hierzu insbesondere Kapitel B 4.1.
Zur Bekanntheit von Marken vgl. Kapitel C 3.1.1.
Exemplarisches Beispiel Automobilmarkt: Obwohl in der Einführungsphase des Smart dem bekannten Kleinwagen sehr hohe Sympathiewerte zuteil wurden, blieben die Absatzzahlen deutlich
unter den Erwartungen zurück. Mittlerweile stellt sich der Smart als Erfolg dar.
Vgl. beispielhaft Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 18 ff.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
91
Insgesamt ergeben sich durch die Verwendung dieser wirkungsbezogenen,
konsumentenorientierten Markeninterpretation wesentliche Vorteile, da diese
„kompatibel ist mit dem ziel- und ergebnisorientierten Markenverständnis vie-
ler Brand Manager und Marketing-Führungskräfte („Marke muss verkaufen!“). Andererseits kann damit der Begriff Marke nicht mehr, wie
beispielsweise im Rahmen der merkmalsorientierten Ansätze, „aus der subjektiven Beurteilung oder dem Wunschdenken des jeweiligen Markeneigners“ 67 abgeleitet werden, da Marke als objektivierbare Ausprägung auf
einem Erfolgskontinuum zu verstehen ist;68
„ermöglicht, die Veränderungen bzw. die Dynamik von Marken in der Wahrnehmung der Nachfrager zu erfassen;69
„dennoch zulässt, die Marke mit allen charakteristischen Besonderheiten aus
einer integrierten Perspektive über die gesamte Absatzkette hinweg zu betrachten. Wenngleich diese Kette „von hinten“ aufgerollt wird, werden herstellerorientierte Kriterien (z. B. „Eindeutigkeit der Markierung“) berücksichtigt, sofern sie sich in wirkungsbezogenen Kriterien (z. B. „Identifikationsfunktion“) niederschlagen.70
1.2 Das Marketingobjekt Dienstleistung
Ebenso wie der Markenbegriff ist auch der Begriff der Dienstleistung mit zahlreichen Definitions- und Abgrenzungsproblemen verbunden. Die langjährige
wissenschaftliche Auseinandersetzung, worin die Charakteristika von Dienstleistungen liegen und welche Bereiche der Dienstleistungssektor umfasst, hat
zu einer Fülle von verschiedenen, teils sehr kontroversen, teils sich ergänzenden Ansätzen zur Definition und Typologisierung von Dienstleistungen geführt.
So entwickelt SCHEUCH einen institutionellen Klassifikationskatalog mit über
300 Betriebsbeziehungen,71 CORSTEN beschreibt 28 eindimensionale Systematisierungsansätze mit insgesamt 69 Erscheinungsformen von Dienstleistungen.72 Aber selbst diese umfangreiche Auflistung erhebt keinen Anspruch auf
Vollständigkeit.73 Und letzten Endes zeigt diese Diskussion, dass es nicht möglich ist, „die in der Marktrealität vorhandenen Güter und komplexen Angebotsbündel eindeutig den Sachgütern oder Dienstleistungen zuzuordnen“74.
67
68
69
70
71
72
73
74
Berekoven 1992, S. 44.
Vgl. hierzu Irmscher, der zusätzlich und treffend anmerkt, dass die erfolgsorientierte Sichtweise
vieldiskutierte Fragen wie „Sind Handelsmarken ungleich Markenartikel?“ oder „Was unterscheidet „echte“ von „unechten“ Marken?“ schlichtweg überflüssig macht (1997, S. 14).
Vgl. Bruhn 1994, S. 9, der an anderen bestehenden Ansätzen die vergangenheitsbezogene Betrachtungsweise kritisiert.
Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 20.
Vgl. Scheuch 1982, S. 27 ff.
Vgl. Corsten 1988, S. 24 f.
Vgl. Meffert/ Bruhn 2003, S. 40 f.
Stauss 1998, S. 11.
92
Kapitel C
Gerade wegen der in der Alltags- und Wissenschaftssprache oftmals unterschiedlichen Begriffsverwendung aber ist es erforderlich, Dienstleistung - als
Forschungsobjekt der vorliegenden Untersuchung - terminologisch zweckmäßig zu beschreiben. Aus dem Blickwinkel des Markenmanagements kann
dabei - ähnlich den Erklärungsansätzen zur Marke - auch in der Dienstleistungsdiskussion zwischen formalen und inhaltlichen (marketingwissenschaftlichen) Begriffsverwendungen differenziert werden.
1.2.1 Formale Definitionsansätze: Dienstleistung als Klassifikationsobjekt
Formale Definitionsansätze von Dienstleistungen, die vorrangig in der Gesetzgebung und der amtlichen Statistik Anwendung finden, dienen primär der normativen Klassifikation und (Zu-)Ordnung marktlicher Leistungen.
Das internationale Markenrecht stützt sich auf eine enumerative Definition
der W ELTORGANISATION FÜR GEISTIGES EIGENTUM (WIPO)75, nach der sämtliche
Waren und Dienstleistungen in einem detaillierten Verzeichnis in insgesamt 45
Klassen eingeteilt sind. Dienstleistungen werden dabei den Klassen 35 bis 45
zugeordnet (Abb. C-8, linke Spalte). Bei der Anmeldung zur Eintragung einer
Dienstleistungsmarke muss der Antragsteller die Dienstleistung(en), für welche
die Eintragung beantragt wird, so bezeichnen, dass die Klassifizierung dieser
Dienstleistung(en) in eine Klasse der Klasseneinteilung möglich ist.76 Die
Dienstleistungsklassifizierung dient dabei in erster Linie der Gebührenberechnung und ist ein Hilfsmittel für die Recherche.77 Für eine Beurteilung der Ähnlichkeit der Dienstleistungen hat sie dagegen keine Bedeutung.78
Ein vergleichbarer Definitionsansatz liegt der Wirtschaftszweigklassifikation
der Europäischen Gemeinschaft zugrunde, die dazu dient, sämtliche wirtschaftlichen Tätigkeiten von Unternehmen, Betrieben und anderen statistischen Einheiten in den amtlichen Statistiken der EG-Länder einheitlich zu erfassen.79 Als
Ergebnis ist eine hierarchisch gegliederte Wirtschaftszweigklassifikation mit
17 Abschnitten (A bis Q), 31 Unterabschnitten, 60 Abteilungen, 222 Gruppen,
503 Klassen und 1062 Unterklassen entstanden, die eine statistische Zuord75
76
77
78
79
Vgl. World Intellectual Property Organization WIPO 2001: Dieses Werk dokumentiert das »Nizzaer Klassifikationsabkommen«, bei dem erstmals 1957 - in Zusammenarbeit aller zuständigen
nationalen Patent- und Markenämter - die „Internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken“ beschlossen wurde. Das Abkommen wurde 1967 in
Stockholm revidiert und 1977 in Genf international vertraglich festgelegt.
Vgl. Markenverordnung § 14 Abs. 1 sowie Markengesetz § 32 Abs. 2, Nr. 3 in: Mühlendahl 1995.
Darüber hinaus ist sie aber auch ein Kriterium für die spätere Auslegung der Waren- und Dienstleistungsangaben, z.B. bei der Subsumtionsprüfung im Zusammenhang mit den Fragen einer
rechtserhaltenden Benutzung der Marke.
Vgl. hierzu Deutsches Patent- und Markenamt 1998, S. 1.
Vgl. Statistisches Bundesamt 2002. Die Wirtschaftszweigklassifikation der Europäischen Gemeinschaft baut auf der durch EG-Verordnungen verbindlich eingeführten statistischen Systematik der Wirtschaftszweige auf. An der Erarbeitung dieser Klassifikationen waren zahlreiche
Wirtschaftsverbände, fachlich zuständige Behörden und andere Institutionen beteiligt.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
93
nung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten ermöglicht. Dabei werden im Rahmen
einer Negativdefinition sämtliche Wirtschaftszweige dem (tertiären) Dienstleistungssektor (Abb. C-8, rechte Spalte) zugeordnet, die nicht dem primären Sektor (Urproduktion) oder dem sekundären Sektor (Weiterverarbeitung)
zugerechnet werden (3-Sektoren-Theorie).80
Dienstleistungskla ssen
des Markenrechts
Klasse 35
Klasse 36
Klasse 37
Klasse 38
Klasse 39
Klasse 40
Klasse 41
Klasse 42
Klasse 43
Klasse 44
Klasse 45
Abb. C-8:
„ Werbung
„ Geschäfts führung
„ Unternehmensverwaltung
„ Büroarbeiten
„ Versicherungs - und Finanzwesen
„ Geldgeschäfte
„ Immobilienwesen
„ Bau- und Reparaturwesen
„ Installationsarbeiten
„ Telekommunikation
„ Transportwesen
„ Verpackung/ Lagerung von
Waren
„ Verans taltung von Reisen
„ Materialbearbeitung
„ Erziehung
„ Aus bildung
„ Unterhaltung
„ Sportliche/ kulturelle Aktivitäten
„ Wiss enschaftliche und techn.
Dienstleistungen
„ Forschungsarbeiten
„ industrielle Analyse- und
Forschungsdienstleistungen
„ Entwurf und Entwicklung von
Computerhardware und –
software
„ Rechts beratung und -vertretung
„ Dienstleistungen zur Verpflegung
und Beherbergung von Gästen
„ Medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen
„ Gesundheits- und Schönheits pflege für Mens chen und Tiere
„ Dienstleistungen im Bereich der
Land-, Garten- oder
Forstwirtschaft
„ Persönliche und s oziale
Dienstleistungen betreffend
individuelle Bedürfnisse
„ Sicherheitsdienste zum Schutz
von Sachwerten oder Personen
Dienstleistungskla ssen
der amtlichen Statistik
Abschnitt G
Abschnitt H
Abschnitt I
Abschnitt J
Abschnitt K
Abschnitt L
Abschnitt M
Abschnitt N
Abschnitt O
Abschnitt P
Abschnitt Q
„ Handel
„ Instandhaltung und Reparaturen
von Kraftfahrzeugen und
Gebrauchsgütern
„ Gastgewerbe
„ Verkehr
„ Nachrichtenübermittlung
„ Kredit- und Versicherungs gewerbe
„ Grundstücks- und Wohnungs wesen
„ Vermietung beweglicher Sachen
„ Erbringung von wirtschaftlichen
Dienstleistungen (anderweitig
nicht genannt)
„ Öffentliche Verwaltung
„ Verteidigung
„ Sozialvers icherung
„ Erziehung
„ Unterricht
„ Gesundheitswesen
„ Veterinärwesen
„ Sozialwes en
„ Erbringung von sonstigen
öffentlichen und pers önlichen
Dienstleistungen
„ Private Haushalte mit
Hauspersonal
„ Exterritoriale Organisationen und
Körperschaften
Formale Dienstleistungsdefinitionen und Klasseneinteilungen im internationalen Markenrecht und in der internationalen amtlichen Statistik81
Insgesamt also stellt die Systematik formaler Dienstleistungsdefinitionen eine
dem Alltagsverständnis nahekommende und - aus markenrechtlicher und statistischer Sicht - zweckmäßige deklaratorische Übersicht unterschiedlicher
Dienstleistungen dar. Diese Auflistungen umreißen so gesehen das Spektrum
80
81
Der primäre Sektor umfasst die Abschnitte A (Land- und Forstwirtschaft), B (Fischerei und Fischzucht); der sekundäre Sektor die Abschnitte C (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden), D (verarbeitendes Gewerbe), E (Energie und Wasserversorgung) sowie F (Baugewerbe).
Quellen: World Intellectual Property Organization WIPO 2001 (linke Spalte); Statistisches Bundesamt 2002 (rechte Spalte).
94
Kapitel C
der in der Marktrealität existierenden (Dienst-)Leistungen und damit das (formale) Anwendungs- und Aufgabengebiet des Service Branding in der Praxis.
Zur Ableitung problemorientierter Handlungsempfehlungen ist allerdings - gerade angesichts der enormen Heterogenität dieses Spektrums - eine inhaltliche
Bestimmung des Dienstleistungsbegriffs unumgänglich.
1.2.2 Inhaltliche Erklärungsansätze: Dienstleistung als Vermarktungsobjekt
Im Mittelpunkt inhaltlicher, marketingwissenschaftlicher Ansätze zur Erklärung
von Dienstleistungen steht die Frage, durch welche vermarktungsrelevanten
Charakteristika sich diese auszeichnen und damit von Sachgütern unterscheiden. Die Zielsetzung, welche die meisten der Ansätze verfolgen, ist die Entwicklung dienstleistungsspezifischer Vermarktungskonzepte, die diesen
Besonderheiten und den hieraus resultierenden Implikationen in besonderem
Maße Rechnung tragen. In der Fachliteratur kann dabei zwischen definitorischen und typologisierenden Erklärungsansätzen unterschieden werden. Die
Gemeinsamkeit beider Ansätze besteht darin, dass sie, mehr oder weniger explizit und mit unterschiedlichen Ergebnissen, Bezug nehmen auf die Phasen
der Dienstleistungsproduktion: die Potentialphase (Input), die Prozessphase
(Throughput) sowie die Ergebnisphase (Output).82
Die zahlreichen Versuche der Ableitung einer allgemeingültigen Dienstleistungsdefinition bemühen sich dabei um die Identifikation konstitutiver Merkmale (Abb. C-9).83 Die zentralen, in der Literatur diskutierten Merkmale sind
„die Bereitstellung von Leistungsfähigkeiten und -bereitschaften (Leistungsversprechen) durch den Dienstleistungsanbieter (Potentialphase),84
„die Integration eines externen Faktors im Leistungserstellungsprozess (Prozessphase)85 sowie
„die
Immaterialität (Intangibilität) des Leistungsergebnisses (Ergebnispha-
se).
86
Diese Merkmale beinhalten und implizieren weitere Dienstleistungscharakteristika, wie etwa die Singularität des Leistungserstellungsprozesses, das UnoActu-Prinzip87, die Nichtlagerfähigkeit der Leistung oder die Nichtexistenz eines
82
83
84
85
86
87
Vgl. hierzu Hilke 1992, S. 15. Engelhardt/Kleinaltenkamp/Reckenfelderbäumer kritisieren, dass
der Begriff „Phase“ insofern irreführend ist, als dass er eine - im vorliegenden Fall nicht zwingend vorhandene - chronologische Abfolge unterstellt und sprechen fortan von „Dimensionen“.
Gleichzeitig stellen sie fest, dass sich diese Dimensionen bei jeder Marktleistung finden lassen
und insofern nicht konstitutiv für Dienstleistungen sind (1993, S. 398 ff.).
Übersichten über die zahlreichen Definitionsansätze finden sich beispielsweise bei Bowen 1990,
S. 43 ff.; Rosada 1990, S. 9 ff.; Köhler 1991, S. 8 ff.
Vgl. hierzu bspw. Corsten 1989, S. 24; Hilke 1992, S. 11; Meyer 1991, S. 197.
Vgl. hierzu bspw. Meyer/Mattmüller 1987, S. 189; Rosada 1990, S. 17 f.
Vgl. hierzu bereits Berekoven 1966, S. 320 f.
Vgl. Cowell 1980, S. 230.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
95
Transferobjektes zum Kaufzeitpunkt88. Die Aufzählung von Merkmalen, die von
verschiedenen Autoren jeweils für konstitutiv erachtetet werden, ist sehr wohl
in der Lage, spezifische Probleme und Herausforderungen für das Dienstleistungsmarketing aufzuzeigen. Allerdings wurde in der wissenschaftlichen Diskussion, zuvorderst in der Kritik von ENGELHARDT/ KLEINALTENKAMP/
RECKENFELDERBÄUMER (1993) und - in deren Folge - von MEFFERT (1994),
sachlogisch und methodisch zwingend nachgewiesen, dass die durch die Definitionsansätze verfolgte primäre Zielsetzung, eine allgemeingültige und verbindliche Abgrenzung zwischen Sach- und Dienstleistungen zu entwickeln,
verfehlt wird. Denn die Versuche, Dienstleistungen durch konstitutive Merkmale
zu definieren, offenbaren bei näherer Betrachtung ein sachlogisches Dilemma,
da sie in Zirkelschlüssen enden.89
Produktionsphasen
Beschreibung
Input
(Potential)
Erstellung der Leistung
unter Einbeziehung des
externen Faktors
„ Kunde bzw.
„ Kundenobjekt
„ Leistung als Verspre-
„ Uno Actu: simultane Leis- „ Intangibilität bzw. Imma-
„
„
„
„
Abb. C-9:
88
89
90
Output
(Ergebnis)
Bereitstellung von Leistungsfähigkeiten in Form
„ personeller
„ immaterieller oder
„ sachlicher Ressourcen
„
zentrale
Implikationen
Throughput
(Prozess)
chen
Notwendigkeit eines
Dienstleistungsvertrags
Nichtexistenz eines
Transferobjekts zum
Kaufzeitpunkt
Asymmetrische Informationsverteilung zwischen
Kunde und Anbieter
Erhöhtes Kaufrisiko
Zeitpunkt des Vertragsabschlusses als „Beziehungswendepunkt“
Ergebnis der immateriellen
Leistungserstellung in Form
„ immaterieller und/oder
„ materieller Elemente
tungserstellung/ -abgabe
terialität der Leistung
des Prozesses
und Leistungsmessung/
-zuordnung
Problem der Wiederholbarkeit
„ Singularität/ Individualität „ Probleme der Qualitäts„ Problem der Leistungs-
standardisierung
„ Nichtlager-/ Nichttransportfähigkeit der Leistung
„ Erfordernis der Filialisierung/ Mobilität
„ Koordinations- und
Flexibilitätsbedarf
„ Kundeneinfluss auf
Prozess/ Qualität
„ Probleme der LeistungsVertrags- messung/ -zuordnung
zeitpunkt
„
Übersicht über produktionsphasenbezogene Charakteristika von Dienstleistungen aus
verschiedenen Definitionsansätzen90
Zum Vertragsabschluss als Wendepunkt im Beziehungs- und Abhängigkeitsverhältnis zwischen
Anbieter und Nachfrager vgl. Williamson (1990, S. 70-72). Er bezeichnet diesen Übergang von
der „ex-ante-Konkurrenz“ in die „ex-post-Konkurrenz“ als „fundamentale Transformation“.
Zu den Einzelheiten der Argumentationslogik vgl. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbäumer 1993, S. 398 ff. sowie Meffert 1994, S. 521 f.
In Anlehnung an Hilke 1992, S. 15.
96
Kapitel C
Erfolgversprechender und logisch stringenter ist der in Folge dieser Kritik von
ENGELHARDT/ KLEINALTENKAMP/ RECKENFELDERBÄUMER (1993) entwickelte und
später durch MEFFERT (1994) ergänzte Typologisierungsansatz zur Identifikation spezifischer Leistungstypen. Die Darstellung von als relevant erachteten Leistungsmerkmalen erfolgt in Form von Dimensionen, die sich als
Kontinuen zwischen Extremausprägungen darstellen und infolgedessen „Unschärfebereiche zwischen den Reinformen bestimmter Absatzobjekte abzubilden“91 vermögen. In der erweiterten Typologisierung von MEFFERT (Abb. C-10)
entsteht im Ergebnis eine dreidimensionale Leistungstypologisierung mit den
Dimensionen
„Immaterialitätsgrad,
„Interaktionsgrad sowie
„Individualisierungsgrad.
92
Customized
Integrativ
VersicherungsIndividualipaket
sierungsgrad
(Potential-,
Prozess-,
Ergebnisdimension)
Gütertransport
Unternehmensberatung
Gruppensprachkurs
Sondermaschine
Unternehmensberatung
Reproduziertes
Teil
Datenbankdienst
Integrationsgrad
Standardisiert
Unabhängig
Interaktionsgrad
(Prozessdimension)
Interaktiv
Autonom
Materiell
Immaterialitätsgrad
(Ergebnisdimension)
Immateriell
Abb. C-10: Typologisierung von Absatzobjekten nach ENGELHARDT/ KLEINALTENKAMP/ RECKENFELDERBÄUMER und deren Erweiterung durch MEFFERT93
Dabei bezieht sich der Immaterialitätsgrad wiederum auf das Leistungsergebnis. Der Interaktionsgrad beschreibt das Ausmaß der Einbeziehung externer
Faktoren in den Leistungserstellungsprozess. Der Individualisierungsgrad umfasst die kundenbezogene Spezifität der Bereitstellungsleistung und wirkt sich
damit auch auf die Prozess- und Ergebnisphase aus. Interaktions- und Individualisierungsgrad können dabei als Teildimensionen des Integrationsgrades
aufgefasst werden.
91
92
93
Meffert 1994, S. 522.
Vgl. Meffert 1994, S. 525.
Quelle: Meffert 1994, S. 524.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
97
1.2.3 Fazit: Eine anwendungsorientierte Dienstleistungsterminologie
Wenngleich auch auf Basis dieser Typologisierungsansätze eine eindeutige
Abgrenzung zwischen Dienstleistungen und Sachgütern sachlogisch erfolglos
bleibt, soll und kann hier nicht der wissenschaftstheoretischen Auffassung gefolgt werden, auf den Begriff Dienstleistung zu verzichten.94 Die anwendungsorientierte Marketingforschung hat - neben den Erkenntnissen theoriebildender
Forschung - ebenso die in der Praxis geprägten Begriffsrealitäten zur Kenntnis
zu nehmen. In diesem Sinne können Dienstleistungen aus anwendungsorientierter Sicht wie folgt beschrieben werden:
Unter dem Begriff Dienstleistungen sind Marktleistungen zu verstehen, die in der praktischen Begriffsverwendung als solche bezeichnet werden und ein hohes Ausmaß an Intangibilität, Interaktion
und/oder Individualisierung aufweisen.
Dagegen werden Marktleistungen, die beispielsweise von einigen Autoren als
„veredelte“ Dienstleistung95 bezeichnet werden, aber eine Nullausprägung
sämtlicher Eigenschaften aufweisen, von dieser Dienstleistungsauffassung
ausgeschlossen.96
Die wissenschaftstheoretisch kritisierbare Unschärfe, dass sich in umgekehrter
Argumentation die Eigenschaftsdimensionen nicht zur Verwendung als konstitutive, sondern lediglich als typische Charakteristika von Dienstleistungen eignen, wird dabei zugunsten praxisorientierter Forschungsergebnisse bewusst in
Kauf genommen. Die im Mittelpunkt dieser Arbeit stehenden konsumtiven
Kerndienstleistungen respektive Telekommunikationsdienstleistungen können
infolge dessen zweckmäßig beschrieben werden als in hohem Maße immaterielle und interaktiv erbrachte Kernleistungen institutioneller (Telekommunikations-)Anbieter für den Massenmarkt.97 Da ein hoher Individualisierungsgrad für
94
95
96
97
Vgl. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbäumer 1993, S. 398 ff.
Zur Veredelung von Dienstleistungen vgl. bspw. Meyer 1984, S. 119-121 sowie 1994, S. 119 ff.
Vgl. kritisch hierzu Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbäumer 1993, S. 398 f., ebenso bereits Berekoven 1974, S. 63.
Softwarehäuser, die sich auf die Herstellung von Standardsoftware konzentrieren, sind demnach
- entgegen bspw. der amtlichen Statistik - in ihrem Kern keine Dienstleister. Ebenso gut könnte
ansonsten ein serienmäßig produziertes Automobil als veredelte Ingenieursdienstleistung verstanden werden.
In diesem Zusammenhang sei nochmals auf das „Phänomen“ McDonald’s eingegangen: Begreift
man das Unternehmen als Handelsunternehmen (zum Vertrieb primär eigenproduzierter Ware),
tritt die Dienstleistungskomponente deutlicher zum Vorschein. Andererseits aber kann McDonald’s ebenso als industrieller Produzent verzehrbarer Fertigware gesehen werden. Insofern handelt es sich um einen Mischtypus, der nicht als Kerndienstleister bezeichnet werden kann.
Dennoch weist das Markenmanagement dienstleistungsspezifische Herausforderungen auf, da
die Wahrnehmung der Marke McDonald’s durch den Konsumenten auch durch das Auftreten des
Servicepersonals bestimmt wird. Dieser Aspekt wird in Kapitel C 3 (Besonderheiten des Service
Branding) vertieft.
(Fortsetzung der Fußnote auf der nächsten Seite)
98
Kapitel C
konsumtive Dienstleistungen eher untypisch ist, kommt dieser Dimension eine
nur ergänzende Funktion zu. Grundsätzlich gilt, dass die „Serviceness“ einer
konsumtiven Dienstleistung mit zunehmender Ausprägung dieser Charakteristika ebenfalls zunimmt.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der anglizistische Begriff Service
im Rahmen dieser Arbeit synonym zum Begriff Dienstleistung verwendet wird.
Vielfach wird der Servicebegriff im deutschsprachigen Raum - anders als im
angloamerikanischen Wortgebrauch - lediglich für Zusatzdienstleistungen verwendet, was weder sachlich noch sprachlich erforderlich ist.98
98
Vgl. zu einer kritischen Diskussion dieses Themas auch Meyer, der den Fast-Food-Anbieter, obwohl dieser in der Theorie und Praxis oftmals als „Paradebeispiel einer Dienstleistungsmarke“
angesehen wird, „nüchtern betrachtet [als] eine Meisterleistung seiner Kommunikationsverantwortlichen“ bezeichnet. Meyer argumentiert, dass bei McDonald’s zahlreiche kommunikationspolitische Besonderheiten nicht vorlägen, die für den Fall einer Dienstleistung postuliert werden,
wie z.B. ein hohes wahrgenommenes Kaufrisiko aufgrund begrenzter Reversibilität von Dienstleistungen, die Notwendigkeit umfangreicher Prozesse der Informationsbeschaffung, die große
Bedeutung der Komponente Zeit oder die Kommunikationsarmut der Leistung bei gleichzeitig
hohem Informationsinteresse der Nachfrager (vgl. Meyer 1993; Meyer/ Tostmann 1995, S. 11 f.).
Diese Sichtweise vertreten auch Meffert/ Bruhn 2003, S. 30.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
2.
99
Dienstleistungsmarke: Objekt des Service Branding
2.1 Das Konstrukt Dienstleistungsmarke
2.1.1 Perspektiven auf die Dienstleistungsmarke
Vergleicht und kombiniert man die formalen und inhaltlichen Erklärungsansätze
zu Marke und Dienstleistung, eröffnen sich vier mögliche Perspektiven (Abb.
C-11), in deren jeweiligem Mittelpunkt die Dienstleistungsmarke verstanden
wird als
„Eigentums- und Schutzrecht (juristische Perspektive),
„Zeichen für immaterielle und interaktive Leistungen (operative Marketingperspektive),
„Repräsentation für Dienstleistungen (formale Marketingperspektive) bzw.
„Repräsentation für immaterielle und interaktive Leistungen (integrierte
Marketingperspektive).
Formaler
Markenansatz
Integrativer
Markenansatz
Formale
Dienstleistungsbestimmung
Inhaltliche
Dienstleistungsbestimmung
Juristische Perspektive
Operative Marketingperspektive
Dienstleistungsmarke
als Eigentums- und Schutzrecht
Dienstleistungsmarke
als Zeichen für immaterielle und
interaktive Leistungen
Formale Marketingperspektive
Integrierte Marketingperspektive
Dienstleistungsmarke
als Repräsentation
für „Dienstleistungen“
Dienstleistungsmarke
als Repräsentation für immaterielle und
interaktive Leistungen
Abb. C-11: Grundsätzliche Perspektiven auf die Dienstleistungsmarke
Die juristische Perspektive99 beschreibt die Dienstleistungsmarke als Eigentums- und Schutzrecht, in deren Mittelpunkt die formalrechtlichen Möglichkeiten und Bedingungen der Kennzeichnung von Marktleistungen stehen, die nach
ebenfalls formaljuristischer Definition eine Dienstleistung darstellen. Demnach
entsteht Markenschutz durch Eintragung des Zeichens in das Markenregister
(eingetragene Marke/ Registermarke) oder durch Benutzung eines Zeichens im
geschäftlichen Verkehr, sofern das Zeichen als Marke Verkehrsgeltung erlangt
hat (Benutzungsmarke) oder durch notorische Bekanntheit der Marke (Notoritätsmarke).100 Mit der Eintragung der Marke erlangt der Anmelder bzw. Inhaber
99
100
Zur juristischen Perspektive der Dienstleistungsmarke vgl. Schreiner 1983; Landolt 1993.
Vgl. § 4 Markengesetz, in: Mühlendahl 1995.
100
Kapitel C
der Marke ein ausschließliches Recht an dieser. Im Falle einer Verletzung des
Schutzrechts bietet es ihm die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche oder
Unterlassung geltend zu machen.101 Interessant ist in diesem Zusammenhang,
dass der Begriff Dienstleistungsmarke, ebenso wie der früher verwendete Begriff Warenzeichen, mit Inkrafttreten des Markengesetzes 1995 in Deutschland
durch den Begriff Marke als Sammelbegriff für die Kennzeichnung102 von Waren und Dienstleistungen ersetzt wurde.
Die operative Marketingperspektive fokussiert die Dienstleistungsmarke als
optisches, haptisches oder akustisches Kennzeichen für immaterielle und interaktive Leistungen. Als Hauptvertreter dieser Richtung ist GRAUMANN zu sehen, nach dessen vielzitierter und -übernommener Definition103 man unter
Dienstleistungsmarke ein Zeichen versteht, „das der Kennzeichnung von Gütern dient, deren Produktion die unmittelbare raum-zeitliche Integration eines
externen Faktors in Form der Person des Leistungsnehmers oder seines Verfügungsobjektes erfordert und die daher ausschließlich im Rahmen eines synchronen Kontakts zwischen Leistungsgeber und Leistungsnehmer bzw. deren
Verfügungsobjekte produziert werden können“104. Im Mittelpunkt dieser Betrachtung stehen Fragen hinsichtlich der erforderlichen Voraussetzungen von
Dienstleistungen als Markenware (wie z. B. Qualitätskonstanz, Standardisierung etc.)105, aber auch hinsichtlich kreativ-gestalterischer Aspekte des eigentlichen Markenzeichens (wie z. B. Form- und Farbgebung, Schrifttypen oder
Klangmuster). Ferner geht es um operative Problemstellungen wie etwa die
Frage, mit Hilfe welcher Markentechniken die Markierungsproblematiken bei
immateriellen Dienstleistungen überwunden werden können, da das Markenzeichen nicht auf dem „Produkt“ Dienstleistung selbst oder seiner Verpackung
angebracht werden kann.106 Ansätze, die hierin eine zentrale Herausforderung
für das Management von Dienstleistungsmarken sehen, verweisen dabei häufig auf die Systematisierung interner (unternehmerischer) und externer (kundenseitiger) Kontaktobjekte bzw. -subjekte (Abb. C-12).107
Auch wenn die markierungstechnische Frage der Gestaltung und Anbringung
der Dienstleistungsmarke als Zeichen eine nicht unwesentliche operative Problemstellung umfasst, beleuchtet diese Perspektive lediglich einen nachgelagerten Teilaspekt des strategischen Service Branding. Zwar können mit Hilfe der
Systematisierung von Kontaktträgern Suchfelder eröffnet und kreative Ansätze
zur eigentlichen „Markierung“ von Dienstleistungen und zur Lösung dieser
101
102
103
104
105
106
107
Vgl. § 14 Markengesetz, in: Mühlendahl 1995.
Zu den grundsätzlichen Möglichkeiten der Kennzeichnung vgl. Kap. C 1.1.1.
Vgl. bspw. Meffert/ Bruhn 2003, S. 395.
Graumann 1983, S. 144 ff.
Zur Dienstleistungsqualität und -standardisierung vgl. Zeithaml/ Parasuraman/ Berry 1990; Berry/
Parasuraman 1992, S. 16; Meffert/ Bruhn 2003, S. 400; Bieger 2002, S. 165 ff.
Vgl. bspw. Stauss 1998, S. 15.
Vgl. Graumann 1983, S. 144 ff.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
101
technischen „Visualisierungsproblematik“108 abgeleitet werden, doch werden
hiervon die zentralen Funktions- und Wirkungszusammenhänge bei der Entstehung innerer Markenbilder beim Konsumenten nicht tangiert.
Kontaktträger
Extern
Kontaktsubjekte
Externe Kontaktobjekte
Externe Kontaktsubjekte
„ Schild an Kleidungsstück nach einer
„ Stempelaufdruck beim Besuch einer
„
„ Textile Merchandising-Artikel
Textilreinigung
Hänger am Autospiegel nach einer
Reparatur
Interne Kontaktobjekte
Intern
Verfügungsbereich
Kontaktobjekte
Diskothek
(z.B. T-Shirt „Euro-Disney“)
Interne Kontaktsubjekte
„ Markierung von Gebäuden, Flugzeugen, „ Einheitliche Bekleidung mit einer
Zügen, Mietwagen etc.
Markierung bei Fluggesellschaften
Abb. C-12: Operative Ansätze zur Markierung von Dienstleistungen109
Diesen Aspekt der Dienstleistungsmarke fokussiert die formale Marketingperspektive. Allerdings liegt dieser Betrachtung eine formale Dienstleistungsauffassung zugrunde, in der die relevanten Implikationen charakteristischer
Dienstleistungseigenschaften unberücksichtigt bleiben. Wie die Ausführungen
in Kapitel B 1 dieser Arbeit gezeigt haben, ist zur ganzheitlichen Erfassung der
sich aus dem Schnittstellenthema Marke und Dienstleistung ergebenden Herausforderungen aber sowohl eine integrative Sicht der Marke als auch eine inhaltliche Interpretation der Dienstleistung erforderlich. Die sich hieraus
ergebende integrierte Marketingperspektive auf die Dienstleistungsmarke, in
deren Mittelpunkt Fragen zu dienstleistungstypischen Herausforderungen und
Lösungsansätzen zur Marke als Repräsentation im Gedächtnis des Verbrauchers stehen, wird im folgenden Kapitel näher betrachtet.
2.1.2 Dienstleistungsmarke aus integrierter Marketingperspektive
Die integrierte Marketingperspektive nimmt einen problemorientierten Blickwinkel ein, der sowohl der modernen Auffassung von Marke als Träger zentraler
Eigenschaften und Bedeutungen als auch der anwendungsorientierten Interpretation der Dienstleistung als Leistung mit besonderen Vermarktungsanforderungen Rechnung trägt. Hiernach kann Dienstleistungsmarke bzw. Service
Brand wie folgt präzisiert werden:
108
109
Vgl. Meffert/ Bruhn 2003, S. 400 f.
Quelle: Meffert/ Bruhn 2003, S. 401.
102
Kapitel C
Dienstleistungsmarke (Service Brand) ist die positiv verhaltensbeeinflussende Repräsentation eines markierten Dienstleistungsangebots im Gedächtnis des Rezipienten (Konsument, Mitarbeiter, Aktionär etc.), die in Form eines inneren Markenbildes die wichtigsten Eigenschaften und Verknüpfungen umfasst, die einer in hohem Maße
immateriellen und interaktiv erbrachten Marktleistung eines institutionellen Dienstleistungsanbieters kognitiv zugeordnet werden.
Dieser integrierte kognitionspsychologische Ansatz findet sich auch in der
Sicht der Markenpraktiker wieder, wie das folgende Zitat belegt: „Marke ist ein
Vorurteil im Kopf des Verbrauchers. Marke existiert nur beim Verbraucher: Sie
hat weniger was mit der Objektivität des Dienstleistungsangebots, als vielmehr
mit dem subjektivem Empfinden zu tun. Sie umfasst damit den Gesamteindruck, den der Verbraucher hinsichtlich des Angebots hat. Marke ist nicht nur
Logo, sondern letztendlich das Gefühl, die Emotion, die der Verbraucher abruft, wenn man ihm ein Stichwort gibt. [...] Unsere Aufgabe ist dabei, viele
gleichlautende Vorurteile zu erhalten. Faktisch liegt damit eine Dienstleistungsmarke erst dann vor, wenn ein Großteil der Zielgruppe die Marke als
gleichförmig erlebt.“110
2.1.3 Service Branding als Prozess der Wahrnehmungssteuerung
Entsprechend der integrierten Definition der Dienstleistungsmarke kann der
Begriff des Service Branding, der im Rahmen der Arbeit bislang als die professionelle Entwicklung und Einführung von Dienstleistungsmarken umschrieben
wurde, präzisiert werden. Der Begriff des Branding selbst, der etymologisch
der nordamerikanischen Viehwirtschaft des 18. Jahrhunderts entstammt und
die Brandmarkung von Kälbern und Rindern bezeichnete,111 wird heute in Literatur und Praxis unterschiedlich aufgefasst. Die Definitionen reichen von der
Gleichsetzung des Branding für die reine Namensgebung112 bis hin zur abgestimmten Gestaltung aller Marketing-Mix-Instrumente113. Im Umkehrschluss der
oben entwickelten Definition der Dienstleistungsmarke kann Service Branding
als Forschungsbereich dieser Arbeit wie folgt definiert werden:
Service Branding bezeichnet das Management sämtlicher Maßnahmen zur Entwicklung und Einführung eines Markenauftritts für
Dienstleistungen oder Dienstleistungsunternehmen, die dazu geeignet sind, im Gedächtnis des Rezipienten ein positiv verhaltensbeeinflussendes Vorstellungsbild über das in hohem Maße immaterielle
und interaktiv erbrachte Leistungsangebot zu generieren.
110
111
112
113
Ohnemus 1999, Expertengespräch.
Vgl. Grant 1999, S. 20.
Vgl. Gotta 1989, S. 16; 1994, S. 775.
Vgl. Murphy 1990, S. 4.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
103
Service Branding kann aus dieser Sicht als ein Managementprozess verstanden werden, dessen Hauptaufgabe im weiteren Sinne in der Steuerung der
Markenwahrnehmung durch den Rezipienten, und hier vor allem der des Konsumenten, besteht. Hieraus leitet sich die zentrale Fragestellung ab, wie ein
markiertes Dienstleistungsangebot als Stimulus zu gestalten ist, um sich in der
subjektiven Wahrnehmung des Konsumenten als Marke verankern zu können.
MEFFERT (1998) bemerkt hierzu, dass es auf diese Frage keine allgemeingültige Antwort geben könne, „da die Wahrnehmung und Interpretation der Marke
immer auch von situativen Bedingungen abhängig ist“114. Doch sollte dieser
Einwurf weniger als Kritik, sondern vielmehr als Hinweis auf die generelle
Problematik des Phänomens Marke gewertet werden.
Die wirkungsorientierte und kundenzentrierte Auffassung des Service Branding
impliziert zudem eine grundsätzliche Besonderheit des Managements von
Dienstleistungsmarken und öffnet einen neuen Blickwinkel auf die Phasen der
Dienstleistung. Während - wie in den Ausführungen des Kapitel B 1.2.2 dargestellt - inhaltliche Erklärungsansätze des Dienstleistungsmarketing an den
Phasen der Dienstleistungsproduktion aus Unternehmenssicht (Potential-, Prozess-, Ergebnisphase) ansetzen, stehen beim Service Branding die Phasen
der Dienstleistungswahrnehmung aus Kundensicht im Mittelpunkt. Aus dieser
Perspektive stellt sich die Phase des unternehmensseitigen Leistungsversprechens (Potentialphase) für den Kunden als Leistungserwartung dar, die Phase
der Leistungserstellung als Leistungserlebnis. Die Phase nach Leistungserstellung bzw. nach Vorliegen des Dienstleistungsergebnisses stellt sich dem Kunden aufgrund der Immaterialität und Interaktivität der Dienstleistung als Phase
der Leistungserinnerung dar. Leistungserwartung, Leistungserlebnis und Leistungserinnerung umreißen somit die grundsätzlichen Wahrnehmungsphasen,
in denen der Konsument mit einem Dienstleistungsmarken-Stimulus konfrontiert werden kann, auf dessen Grundlage sich ein inneres Vorstellungsbild manifestiert (Abb. C-13).
Potentialphase
Prozessphase
Nach-Prozessphase
Dienstleistungsmarken-Stimulus
Leistungserwartung
Leistungserlebnis
Leistungserinnerung
Abb. C-13: Potentielle Wahrnehmungsphasen eines Dienstleistungsmarken-Stimulus aus Kundensicht
114
Meffert 2000, S. 847.
104
Kapitel C
Aus der integrierten Definition der Dienstleistungsmarke bzw. des Service
Branding ergeben sich für das weitere Vorgehen folgende Themenfelder, die
im weiteren Verlauf der konzeptionellen Grundlagenarbeit zu vertiefen sind:
„Manifestation innerer Markenbilder bei Dienstleistungen: Analyse und Darstellung der kognitionspsychologischen Verarbeitungs- und Speicherungsprozesse von inneren Markenbildern bei Dienstleistungen.
„Determinanten der Markenwirkung: Analyse und Darstellung konsumentenbezogener Wirkungsdeterminanten von Dienstleistungsmarken.
„Integration der Entscheidungsebenen: Entwicklung eines integrierten Ansat-
zes, welcher der integrierten Definition der Dienstleistungsmarke als gestaltund wahrnehmbare Schnittstelle zwischen Anbietern und Nachfragern Rechnung trägt.
„Spezifische Herausforderungen des Service Branding: Analyse und Darstellung grundsätzlicher Herausforderungen, die sich aufgrund spezifischer
Dienstleistungscharakteristika für den Aufbau und die Verarbeitung innerer
Vorstellungsbilder ergeben.
„Entwicklung von Hypothesen zum Aufbau innerer Markenbilder: Formulie-
rung vorläufiger, theoretisch-konzeptionell entwickelter Aussagen über Erfolgsfaktoren des Service Branding.
Als Grundlage werden in diesem Kapitel zunächst Voraussetzungen, Ziele, Aufgaben und Gestaltungselemente des Service Branding als Entscheidungsvariablen
der markenführenden Dienstleistungsunternehmung betrachtet.
2.2 Voraussetzungen, Ziele und Aufgaben des Service Branding
2.2.1 Voraussetzungen und Rahmenbedingungen
Die Umsetzung des Service Branding ist an gewisse unternehmensinterne und
-externe Voraussetzungen und Rahmenbedingungen geknüpft. Als Indikatoren
interpretiert, bilden sie den situativen, unternehmensindividuellen Kontext für
das Service Branding, aus dem heraus sich die generelle Bedeutung der Markenführung als kritischer Erfolgsfaktor für das Unternehmen ableitet.115
Während unternehmensinterne Voraussetzungen als Determinanten des internen Markenpotentials gleichzeitig Entscheidungs- und Gestaltungsvariablen
des Managements darstellen, sind unternehmensexterne, aber auch leistungsimmanente Rahmenbedingungen nicht - oder zumindest nicht kurzfristig - be115
Ähnlich Kühn, in dessen Dominanz-Standard-Modell die Frage, ob ein bestimmtes Marketinginstrument die Funktion eines kritischen Erfolgsfaktors einnimmt, von externen und internen (variablen) Einflussfaktoren abhängig ist (vgl. 1985 S. 19-21; 1986 S. 4ff.).
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
105
einflussbare Größen. Ihre situativen Ausprägungen lassen zunächst nur Rückschlüsse auf die externe, marktbezogene Relevanz von Dienstleistungsmarken
zu und bestimmen damit maßgeblich die grundsätzlichen Chancen und Möglichkeiten des Service Branding. Abbildung C-14 verdeutlicht diese Zusammenhänge anhand exemplarisch ausgewählter Indikatoren, deren jeweilige
Ausprägungen Idealkonstellationen für die Markenführung beziehungsweise
die Markenrelevanz darstellen.
Anforderungs- und Rahmenbedingungen
niedrig
internes
Markenpotential
hoch
gering
nein
gering
gering
gering
gering
gering
gering
Komparative Leistungsstärke
Total Quality Management
Mitarbeiterqualifizierung
Leistungsdifferenzierung
Innovationsstärke
Brand Excellence
Langfristorientierung
Finanzkraft
hoch
ja
hoch
hoch
hoch
hoch
hoch
hoch
niedrig
externe
Markenrelevanz
gering
gering
hoch
gering
gering
gering
gering
gering
Marktreife
Wettbewerbsintensität
Nachahmungsgeschwindigkeit
Transaktionshäufigkeit
Involvement
Spezifität der Leistung
Vertrauenseigenschaften
Erfahrungseigenschaften
Bedeutung des Service Branding
hoch
dominant
externe
Markenrelevanz
hoch
hoch
hoch
gering
hoch
hoch
hoch
hoch
hoch
marginal
niedrig
niedrig
internes
Markenpotential
hoch
Abb. C-14: Interne und externe Voraussetzungen für das Service Branding
2.2.2 Service-Brand-Power als Zielgröße
Wirkungsvolles Service Branding leistet durch Erhalt oder Steigerung des Unternehmenswertes einen Beitrag zur Erreichung des unternehmerischen Globalziels der langfristigen Existenzsicherung.116 Dies unterstreicht den grundsätzlich derivativen Charakter des Zielsystems, da sämtliche Ziele auf Markenebene in hierarchischer Beziehung zu übergeordneten Unternehmenszielen
stehen und aus diesen abzuleiten sind.117 Gleichzeitig sind die Markenziele mit
dem ebenfalls derivativen Marketing-Zielsystem eng verknüpft. Durch die der
Dienstleistungsmarkendefinition immanente Zielsetzung der positiven Verhaltensbeeinflussung potentieller und tatsächlicher Kunden leistet Service Branding primär einen Beitrag zur Erfüllung von zwei Kernaufgaben des Marketing:
der Kundenakquisition und der Kundenbindung.118 Ebenso kann Markenführung
116
117
118
Vgl. Hahn/ Hungenberg 2001, S. 13.
Vgl. Haedrich/ Tomczak 1996a, S. 76.
Der Aufgabenorientierte Marketingansatz sieht in Kundenakquisition und Kundenbindung sowie
in Leistungspflege und Leistungsinnovation die Kernaufgaben des Marketingmanagements. Das
Konzept des Ansatzes besteht in der Integration von strategischen Marketingzielen, -instrumen
(Fortsetzung der Fußnote auf der nächsten Seite)
106
Kapitel C
durch Erhöhung kundenseitiger Akzeptanzbereitschaft für neue Angebote positive Impulse bezüglich der Kernaufgabe Leistungsinnovation bewirken.119
Die Spezifität des Erfolgsbeitrags der Marke zu übergeordneten Unternehmens- und Marketingzielen spiegelt der Begriff des Markenwerts wider: „Brand
Equity is the 'added value' with which a given brand endows a product“120. Die
betriebswirtschaftlichen Zugänge zum Markenwert sind allerdings ebenso zahlreich und heterogen wie diejenigen zum Markenbegriff selbst. Das seit den
80er Jahren sehr hohe Interesse an der Markenwertdiskussion121 entstand zum
einen aus der zunehmenden ökonomischen Bedeutung von Marken im Rahmen von Fusionen und Firmenverkäufen, von Markentransfers und Markenlizenzierung.122 Zum anderen resultiert es aus der gestiegenen Bedeutung des
Markencontrolling und dem damit verbundenen Wunsch, „Marken wie andere
Erfolgsgrößen im Unternehmen kennzahlenorientiert planen, steuern und kontrollieren zu können“123. Entsprechend können, wie IRMSCHER in einem umfangreichen Klassifikationsansatz zeigt, finanzorientierte und marketingorientierte
Markenwertmodelle unterschieden werden.124 Während finanzorientierte Modelle mittels ökonomischer Ergebnisgrößen wie Umsatz, Gewinn oder Deckungsbeitrag eine „echte“ Wertauffassung des Markenwerts in Geldeinheiten
verfolgen, orientieren sich marketingspezifische, und hierunter häufig verhaltenswissenschaftliche Markenwertkonzepte auf die Untersuchung des Markenwerts aus Konsumentensicht.
Aus der kognitionspsychologischen Auffassung der Marke im Rahmen dieser
Arbeit, nach der die Marke als inneres Vorstellungsbild im Kopf des Konsumenten entsteht, folgt demnach, dass „auch der Markenwert in den Köpfen der
Konsumenten“125 entsteht. Die Service-Brand-Power bezeichnet diesen Wert
als Stärke der Dienstleistungsmarke im Kopf des Konsumenten oder präziser: als Qualität des inneren Vorstellungsbildes eines Konsumenten über relevante Eigenschaften und Verknüpfungen, die er einer in hohem Maße
immateriellen und interaktiv erbrachten Dienstleistung kognitiv zuordnet. Die
119
120
121
122
123
124
125
ten und -aufgaben und begreift Marketingmanagement als prozessorientierte Schnittstellenfunktion im Unternehmen (vgl. hierzu Tomczak/ Reinecke 1996).
Zu einer ausführlichen Darstellung verhaltensbezogener Indikatoren des Markenwerts vgl. Kapitel C 3.1.2.
Farquhar 1989, S. 24. Vgl. hierzu auch Jones 1986. Dass der Wert der Marke somit eine Nettogröße darstellt, verdeutlicht folgendes Szenario: Sollten von heute auf morgen sämtliche Produktions- und Abfüllanlagen, Warenlager und Geschäftsimmobilien, Finanzanlagen und Forderungen, Wertpapiere und Kassenbestände, kurzum: das gesamte materielle Anlage- und
Umlaufvermögen der Coca-Cola Company untergehen, würde der Wert des Unternehmens, der
sich dann ausschließlich aus dem Recht zur zukünftigen Nutzung des Markennamens ableitet,
geschätzte 70 Mrd. US-$ betragen (vgl. Abb. A-3 dieser Arbeit).
Vgl. hierzu bspw. Irmscher 1997; Schlaberg 1997; Sander 1994.
Vgl. Kaas 1990a, S. 48.
Herrmann 1999, S. 53.
Vgl. Irmscher 1997.
Vgl. Kapferer 1992, S. 9.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
107
Optimierung der Service-Brand-Power kann also als unmittelbare Zielsetzung
sämtlicher Maßnahmen des Service Branding bezeichnet werden. Sie ist damit
ebenfalls eine derivative Ziel-, Steuer- und Kontrollgröße, die sich in Form direkt beobachtbaren Markenverhaltens auf den ökonomischen Markenerfolg
und damit auf das Globalziel der Unternehmung auswirkt.
Die Service-Brand-Power stellt ein innerpsychisches Konstrukt dar, das aufgrund der reizauslösenden Signale der Dienstleistungsmarke entsteht und im
Idealfall positives Konsumentenverhalten bewirkt. In Übertragung auf das bereits vorgestellte Grundmodell kognitionspsychologischer Markendefinitionen,
dem neobehavioristischen Stimulus-Organism-Response-Modell, lässt sich der
Prozess der Wahrnehmung und Verarbeitung einer Dienstleistungsmarke
durch den Konsumenten schematisch, wie in Abbildung C-15 gezeigt, darstellen. Für die markenführende Unternehmung stellt somit die Erfüllung kognitionspsychologischer Ziele die Grundvoraussetzung für die Erreichung
ökonomischer Ziele dar. Erfolgreiches Service Branding sollte daher die Gestaltung des Stimulus Dienstleistungsmarke unter dem Aspekt der bestmöglichen kognitionspsychologischen Zielerreichung durchführen.
Stimulus
Organism
Response
Dienstleistungsmarke
ServiceBrandPower
Markenverhalten
Abb. C-15: Service-Brand-Power als Zielgröße des Service Branding
Durch welche operationalen Verhaltens- und Wirkungsvariablen sich ServiceBrand-Power manifestiert und wie sich die Prozesse zur Entstehung der Service-Brand-Power darstellen lassen, ist Gegenstand des Kapitels C 3.
2.2.3 Positionierung als strategischer Ausgangspunkt
Das zweite Element des Service-Branding-Zielsystems umfasst Positionierungsziele.126 Wurden in den bisherigen Ausführungen die solitären Repräsentationen zu einer Marke betrachtet, ergänzt die Sichtweise der Positionierung
das System Marke um das Spektrum der Konkurrenzmarken. Denn entscheidend dafür, ob sich eine reizauslösende Marke tatsächlich als relevantes und
126
Vgl. Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 57 ff.
108
Kapitel C
eigenständiges inneres Vorstellungsbild im Gedächtnis der Zielpersonen manifestieren kann und letztlich markenspezifisches Verhalten auslöst, ist das relative Verhältnis zu den Repräsentationen über andere Marken.
Die Aufgabe der Positionierung besteht in der „Ausrichtung der Leistung auf einen Zielmarkt und ihre Ausstattung mit entsprechenden Eigenschaften mit dem
Ziel der Differenzierung zur Konkurrenz“127. Im Einzelnen werden Aussagen getroffen über Kunden eines Unternehmens (Marktsegmente, Zielgruppen), deren
Bedürfnisse (Probleme, Wünsche, Zufriedenheit), die Konkurrenz (angestrebte
Allein- bzw. Vorteilsstellung) sowie das jeweilige Leistungsangebot (Problemlösung).128
Aus den Positionierungszielen resultieren Positionierungsmaximen, die
(auch) für das Service Branding gelten, nach denen
„relevante Bedürfnisse bzw. Probleme
„einer bestimmten, ausreichend großen Kundengruppe
„mit einem maßgeschneiderten Angebot
„in der subjektiven Wahrnehmung der Kunden (Erst- und Wiederkäufer)
„dauerhaft und besser als von der Konkurrenz
„zu befriedigen bzw. zu lösen sind.
129
Positionierung liefert somit den Ausgangspunkt der Konzeption und Umsetzung
eines Markenimages: Sie beschreibt die strategische Leitidee, an der sich die
qualitative und quantitative Gestaltung aller Marketing-Mix-Instrumente, insbesondere der Markenstimuli und der Markenkommunikation, auszurichten hat.130
Sie definiert damit gleichzeitig die Soll-Positionierung der Marke in der subjektiven Wahrnehmung des Konsumenten,131 d.h. die aus Sicht der markenführenden Unternehmung gewünschte Ausgestaltung des inneren Vorstellungsbildes im Gedächtnis des Konsumenten. Inwieweit diese mit der IstPositionierung, also den tatsächlichen Gedächtnisinhalten über eine konkrete
Marke übereinstimmt, ist somit eine zentrale Frage der Umsetzung verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse, aber auch der individuellen Leistungserfahrung.132 Auch hier gilt: wahr ist, was wahrgenommen wird. Die strategische
und zugleich kreative Herausforderung besteht dabei im Auffinden geeigneter
127
128
129
130
131
132
Bieger 2002, S. 112.
Vgl. Tomczak/ Ludwig 1998, S. 54.
Vgl. Tomczak/ Reinecke 1995, S. 503; ähnlich Kaas 1990b, S. 541.
Vgl. hierzu Haedrich/ Tomczak 1996b, S. 136.
Zur subjektiven Wahrnehmung als Maßstab für die erfolgreiche Umsetzung eines Positionierungskonzeptes vgl. beispielhaft Wind 1982, S. 75; Albers 1989; Kroeber-Riel 1992, S. 205.
Zu Kernproblemen der Positionierung vgl. Esch 2001c, S. 250.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
109
Positionierungsdimensionen bzw. Positionierungsräume, zu deren systematischer Evaluierung grundsätzlich zwei Suchfelder zur Verfügung stehen:133
„Denotative Suchfelder:
134
Hier zielt das Finden von Positionierungsdimensionen auf Möglichkeiten der
Dramatisierung vorwiegend funktional-sachlicher Unique Selling Propositions der Marke ab. Aus klassischer Sicht bestehen auf dieser Ebene drei
mögliche angebotsorientierte Normstrategien, aus denen sich entsprechende Alternativen und Ansätze zur Markenpositionierung ableiten lassen:135
Preisbezogene Strategie, d.h. Differenzierung durch kontinuierliche Dramatisierung eines Preisvorteils gegenüber Konkurrenzmarken;
Leistungsbezogene Strategie, d.h. Differenzierung durch Dramatisierung
inhaltlich-qualitativer Leistungsvorteile gegenüber Konkurrenzmarken;
Segmentbezogene Strategie, d.h. Differenzierung durch Dramatisierung
eines Preis- oder Leistungsvorteils gegenüber Konkurrenzmarken innerhalb eines spezifischen Marktsegments bzw. einer Marktnische.
†
†
†
„Konnotative Suchfelder:
Das Finden von Positionierungsdimensionen auf konnotativer Ebene zielt
auf Möglichkeiten der Dramatisierung vorwiegend emotional-intuitiver Unique Selling Propositions der Marke ab. Im Mittelpunkt stehen subjektive Assoziationen, welche die Öffentlichkeit - oder Teile von ihr - kollektiv mit der
Marke verbinden sollen. Auf diesem Feld spiegelt die Positionierung auch
Eigenschaften wider, die im Rahmen identitätsorientierter Ansätze der Persönlichkeit oder dem Charakter einer Marke zugeordnet werden (z. B. Jugendlichkeit, Seriosität, Vertrauenswürdigkeit, Tradition etc.).136
Die Idee der Positionierung wird häufig durch zwei- oder mehrdimensionale
Positionierungsmodelle visualisiert (Abb. C-16). Die Achsen des Positionierungsmodells beschreiben die Positionierungseigenschaften der Marke und
spannen den Positionierungs- oder Wahrnehmungsraum auf. Hierin wird, je
nach Ausprägung der Eigenschaften, die stark vereinfachte, von der Zielgruppe
intersubjektiv wahrgenommene Stellung der zu positionierenden Marke, der
Konkurrenzmarken sowie einer oder mehrerer Idealpunkte (Idealvorstellungen)
vorgenommen. Aus den räumlichen Distanzen zwischen den Marken untereinander und den Idealpunkten können auf diese Art beispielsweise Rückschlüsse
über Erfolg oder Defizite der Markenkommunikation, über den wahrgenomme-
133
134
135
136
Ähnlich Esch (2004, S. 124), der sachlich/funktionale und emotionale Ansätze zur Suche und
Auswahl geeigneter Positionierungseigenschaften unterscheidet. In einem anderen Ansatz, der
ebenfalls Anhaltspunkte zur Evaluierung relevanter Positionierungsdimensionen aufzeigt, spricht
Heskett (1986, S. 31) von den „drei C’s“: The Company, the Customer, and the Competitor: „How
do they relate to one another on dimensions considered important to the customer?“
Vgl. hierzu die semiotische Markendefinition (Kapitel C 1.1.3).
Vgl. hierzu Porter 1996, S. 23.
Vgl. hierzu bspw. D.A. Aaker 1996, S. 78 f.; J. Aaker 1997, S. 350 f.; Kapferer 1992; 1998.
110
Kapitel C
nen Alleinstellungscharakter einer Marke oder erforderliche Änderungen der
Positionierungsziele abgeleitet werden.
Spezialisierung
(Spezialisierungsgrad)
Mitarbeiteranzahl in
Strategieberatung
ADL
SPA
Booz-Allen
Informalität
(Formalisierungsgrad)
BCG
Formalität
Braxton
A.T.
Kearny
McKinsey
& Company
Bain &
Company
Generalisierung
Abb. C-16: Visualisierung der Positionierung am Beispiel ausgewählter
US-Unternehmensberatungsfirmen137
Inwieweit „klassische“ Positionierungsmodelle in der Lage sind, über die stark
vereinfachte Darstellung wirklich entscheidungsrelevante Hinweise auf das
komplexe Konstrukt Marke zu geben, ist immer wieder Gegenstand kritischer
Betrachtungen.138 Andererseits liegt gerade in dieser Vereinfachung eine Stärke, da sich ein Markenimage nicht auf der Grundlage von zu vielen Faktoren
oder Motiven aufbauen lässt.139 Hierdurch würde „die Markenbildung beim
Verbraucher zerstört, da dieser nicht in der Lage ist, ein Markenimage aus 30
Komponenten zu begreifen“140.
2.2.4 Markenstimuli als Gestaltungsvariablen
Die Gestaltungsvariable markierte Dienstleistung, die im Rahmen der kognitionspsychologischen Definition der Dienstleistungsmarke als Auslöser der Repräsentation verstanden wurde, umfasst als Markenstimuli sowohl die Elemente
der Dienstleistungsmarke als Zeichen 141 als auch die der Marke zugrunde lie137
138
139
140
141
Quelle: Payne 1986, zitiert nach Meffert/ Bruhn 2003, S. 169.
Vgl. hierzu beispielhaft Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 50 ff.
Vgl. hierzu Kroeber-Riel/ Esch 2004, S. 51; Esch 2001c, S. 238.
Ohnemus 1999, Expertengespräch.
Vgl. Kapitel C 1.1.1.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
111
gende(n) Dienstleistung(en). Aufgrund der Immaterialität ist dabei insbesondere die verbale (Markenname) und visuelle (Markenzeichen) Markierung der
Dienstleistung von Bedeutung. Für sie gilt, dass, je besser sie gestaltet ist, d.h.
je besser sie zur Vermittlung der Positionierung beiträgt, „desto schneller kann
Markenaufbau erfolgen und desto geringer muss der kommunikative Einsatz
zum Markenaufbau sein.“142
Nach ESCH muss Markengestaltung holistisch innerhalb des „magischen Branding-Dreiecks“ erfolgen, da sich für die Zielperson der Gesamteindruck einer
Marke aus der ganzheitlichen Wirkungsbeziehung - und nicht aus der Addition
- der zentralen Brandingelemente Markenname, Markenzeichen und Produkt/Verpackungsgestaltung ergibt.143 Aus der Übertragung dieses Gedankens auf
das Service Branding resultiert die „Service-Branding-Triade“ (Abb. C-17), in
deren Mittelpunkt Markenname, Markenzeichen und Dienstleistung als zentrale
Gestaltungsvariablen und Stimuli der Dienstleistungsmarke stehen. Diese
Schlüsselsignale sind als grundsätzliche Gestaltungselemente des Service
Branding zu verstehen, unabhängig von der konkreten, der Markenbildung
zugrunde liegenden Dienstleistung.
Markenname
Markenzeichen
Dienstleistung
Abb. C-17: Service-Branding-Triade: Schlüsselsignale der Dienstleistungsmarke144
Positionierungsziele und Schlüsselsignale gehören damit zu den zentralen unternehmerischen Gestaltungselementen des Service Branding. Die geeignete
Positionierung ist eine hinreichende, ihre Vermittlung durch Schlüsselsignale die notwendige Bedingung der Service-Brand-Power. Die das innere Vorstellungsbild der Zielperson auslösenden Markenstimuli stellen somit
ein „Interface“145 dar. Sie sind gleichzeitig Schnittstelle und verbindende Ober-
142
143
144
145
Esch 2004, S. 159.
Vgl. Esch 2004 (S. 157), der zur Verdeutlichung dieser These auf eine Erkenntnis der Gestaltpsychologie zurückgreift, nach der das Ganze (hier: die Gesamtwahrnehmung von Markenname,
Markenzeichen und Produktverpackung) mehr ist als die Summe seiner Teile, d.h. die Summe
der Einzelwahrnehmung von Markenname, Markenzeichen und Produktverpackung. Zur ganzheitlichen versus additiven Wahrnehmung vgl. Arnheim 1982.
Quelle: in Anlehnung an Langner 2003, S. 27 zitiert nach Esch 2004, S. 157.
Herrmann 1999, S. 22.
112
Kapitel C
fläche zwischen zwei strukturell gekoppelten Systemen:146 der Unternehmensentscheidungen auf der einen sowie der Konsumentenentscheidungen auf der
anderen Seite, aber auch von Entscheidungen anderer Bezugsgruppen.147 Die
im Zusammenhang mit dieser Markenschnittstelle bestehende Herausforderung bezeichnet LEVERMANN als Implementationslücke zwischen der Konzeptund Realisationsebene der Markenpositionierung.148 Um die Anforderungen
und Möglichkeiten beider Systeme adäquat zu erfassen, empfiehlt sich im
Rahmen der strategischen Positionierungsplanung die Anwendung einer TopDown- und Bottom-Up- bzw. Inside-Out- und Outside-In-Betrachtung.149
2.2.5 Ableitung der strategischen Kernaufgabe des Service Branding
Vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen zu Service-Brand-Power,
Positionierung und Gestaltungsvariablen sowie unter Bezugnahme auf die Definition des Service Branding150 kann die Kernaufgabe des Service Branding
wie folgt abgeleitet werden: Die Aufgabe des strategischen Service Branding besteht darin,
„auf Basis der Planung, Entwicklung und Kontrolle einer Erfolg versprechenden Positionierungsstrategie
„die Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Maßnahmen zur Gestaltung von Schlüsselsignalen für Dienstleistungen oder Dienstleistungsunternehmen vorzunehmen, die dazu geeignet sind,
„ein
positionierungsadäquates inneres Markenbild im Gedächtnis des
Konsumenten zu generieren
„und dadurch zu einer Maximierung der Service-Brand-Power beizutragen.
Die Präzisierung verdeutlicht, dass es sich bei strategischem Service Branding
um einen iterativen Managementprozess handelt, der einer ständigen Wirkungskontrolle der Ergebnisse (Soll-Ist-Vergleich bzw. Veränderungen des inneren Markenbilds, Veränderung Service-Brand-Power) durchgeführter Maßnahmen (Positionierung, Gestaltung Schlüsselsignale) sowie deren eventueller
Anpassung bzw. Optimierung bedarf. Bereits der Planungsprozess des strategischen Service Branding sollte daher sowohl unter Berücksichtigung
unternehmensinterner Möglichkeiten und Ressourcen (Inside-Out) als
auch unter Berücksichtigung kognitiver Manifestationsprozesse der
Konsumenten (Outside-In) stattfinden, auf deren Systematik im folgenden
Kapitel C 3 eingegangen wird.
146
147
148
149
150
Vgl. Luhmann 1997, S. 100 ff.
Vgl. Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 17; Bieger 2002, S. 42 ff.
Vgl. Levermann 1994. Vgl. auch Kroeber-Riel/ Esch 2004, Tomczak/ Esch/ Roosdorp 1997.
Vgl. hierzu Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke, die in der kombinierten Anwendung der Inside-Out- und
Outside-In-Orientierung im Rahmen der strategischen (Marken-)Planung den Erfolgsfaktor für
die Umsetzung einer Positionierungsstrategie sehen (2003, S. 56).
Vgl. Kapitel C 2.1.2.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
3.
113
Besonderheiten des Service Branding
Während im vorangegangenen Kapitel Definitionen zu Service Branding und
Dienstleistungsmarke aus integrierter Marketingperspektive entwickelt und
grundsätzliche Aufgaben, Ziele und Gestaltungsvariablen aus Unternehmenssicht dargestellt wurden, steht im Mittelpunkt dieses Kapitels nunmehr die
Frage der markentechnischen Besonderheiten und Implikationen aus Konsumentensicht, insbesondere im Hinblick auf kognitionspsychologische Aspekte
der Wahrnehmung und Verankerung von Dienstleistungsmarken.
Hierzu erfolgt auf Basis verschiedener Theorien des Dienstleistungsmarketing
und des Konsumentenverhaltens eine vertiefte Analyse von Gestaltungsvariablen, Manifestationsmechanismen und Wirkungsdeterminanten von Dienstleistungsmarken, in deren Zentrum die Service-Brand-Power als Ziel- und Steuergröße steht. Ferner werden im Rahmen eines integrierten Wirkungsansatzes
die Dienstleistungsmarke als gestalt- und wahrnehmbare Schnittstelle zwischen Markendienstleistungsunternehmen und Markenkonsumenten erfasst
und die komplexen Entscheidungssysteme beider Ebenen miteinander verknüpft. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse wird ein Ansatz zur Systematisierung markentechnischer Besonderheiten entwickelt, auf dessen Basis die
Wirkungszusammenhänge zwischen Determinanten der Service-Brand-Power
und spezifischen Eigenschaftsdimensionen von Dienstleistungen analysiert
und die Herausforderungen für Telekommunikationsdienstleister aus konzeptioneller Sicht im Rahmen einer praxisnahen, dienstleistungstypenorientierten
Darstellung evaluiert werden.
3.1 Service Branding als kognitionspsychologischer Prozess
Wie bereits gezeigt, stellt die Service-Brand-Power als Stärke der Dienstleistungsmarke im Gedächtnis des Rezipienten die Zielgröße sämtlicher Maßnahmen des Service Branding dar. Aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht
kann Service-Brand-Power als innerpsychisches, hypothetisches Konstrukt des
Rezipienten151 sowie als Antriebskraft beschrieben werden, die aus der subjektiven Wertschätzung der Schlüsselsignale erfolgt. Wie im Rahmen der Aufgabendefinition des strategischen Service Branding erörtert,152 sollte die
Ausrichtung unternehmerischer Gestaltungsvariablen demnach stets unter Berücksichtigung konsumentenorientierter Entstehungs- und Wirkungsprozesse
der Markenstärke stattfinden. Zur Analyse und Operationalisierung dieser Prozesse wird im Folgenden untersucht, welche innerpsychischen Variablen (Generatoren) die Service-Brand-Power bestimmen und durch welche Verhaltensund Wirkungsvariablen (Indikatoren) sich Service-Brand-Power manifestiert.
151
152
Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 34 f.
Vgl. Kapitel C 2.2.4.
114
Kapitel C
3.1.1 Konsumentenorientierte Generatoren der Service-Brand-Power
Die wesentlichen konzeptionellen Modelle zur Entstehung von Markenstärke
aus Konsumentensicht lassen sich in Anlehnung an KROEBER-RIEL153 in antriebsbezogene sowie kognitionspsychologische Ansätze unterscheiden.
Antriebsorientierte Generatoren der Markenstärke
Antriebsorientierte Erklärungsansätze, zu deren bekanntesten Vertretern
KAPFERER154 und AAKER155 gehören, stellen auf innere, aus einem psychischen
Bewertungsprozess resultierende Antriebskräfte ab. In einer Modifikation dieser Ansätze durch BEKMEIER-FEUERHAHN 156 kann Service-Brand-Power erklärt
werden durch die Konstrukte
„(primär produkt-beeinflusste) Markenwahrnehmung: Die Markenwahrneh-
mung umfasst das Erkennen der Marke durch Verarbeitung aufgenommener
Reize, ihre Entschlüsselung und Beurteilung.157 Sie kann in Markenkenntnis,
dem inhaltlich-qualitativen Umfang der Markenbekanntheit158, sowie in Markenbeurteilung, der inhaltlich-qualitativen Einschätzung der Marke, differenziert werden.
„(primär personen-beeinflusstes) Markenbewusstsein: Markenbewusstsein
kann als Aktiviertheit einer Person bei der Markenwahrnehmung beschrieben werden und umfasst die Komponenten Involvement (innere IchBeteiligung) sowie (subjektives) Kaufrisiko.159
„(primär
sozial-beeinflusster) Geltungsnutzen: Der Geltungsnutzen beschreibt das prestigeorientierte Konsumverhalten, das sowohl direkte (Markendokumentation) als auch indirekte (Persönlichkeitsdokumentation durch
Markenkonsum) Komponenten umfasst (Abb. C-18).
Die These, nach der die antriebsorientierte Wertschätzung der Marke und somit die Markenstärke um so größer ist, je positiver und deutlicher personenorientierte, produktorientierte und soziale Faktoren in der Psyche des
Konsumenten ausgeprägt sind, weist BEKMEIER-FEUERHAHN erstmals in einer
kausalanalytischen Studie nach.160 Die Studie kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass sich für die Bildungsfaktoren in Abhängigkeit der untersuchten Produkte und Marken sehr unterschiedliche Einflussstärken ergeben, wodurch
antriebsorientierte Ansätze - im Gegensatz zu kognitionspsychologischen Mo-
153
154
155
156
157
158
159
160
Vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 140 f.; ebenso Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 39 f.
Vgl. Kapferer 1992.
Vgl. Aaker 1992.
Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 117 f.
Vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 273 f.
Vgl. Behrens 1991, S. 201 f.
Die Einführung der Theorie des subjektiven Entscheidungsrisikos in die verhaltenswissenschaftliche Konsumentenforschung geht zurück auf Bauer (1967) und Cox (1967).
Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 117 ff.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
115
dellen - zur Ableitung eines universellen Erklärungsmodells der Markenstärke
als nicht geeignet erscheinen.161
Markenwahrnehmung
„ Markenkenntnis
„ Markenbeurteilung
Markenbewusstsein
„ Kaufrisiko
„ Involvement
Geltungsnutzen
„ direkter Geltungsnutzen
„ indirekter Geltungsnutzen
Service-Brand-Power
Abb. C-18: Antriebsorientierte Generatoren der Service-Brand-Power162
Markenbekanntheit und Markenimage als Generatoren der Markenstärke
Im Mittelpunkt kognitionspsychologischer Erklärungsansätze zur Markenstärke
stehen Lernprozesse163 zum Aufbau von Markenwissen, das aus der Wahrnehmung der Markenstimuli bzw. Schlüsselsignale resultiert. Da Markenstärke
ein zeitlich stabiles psychisches Konstrukt darstellt, ist sie an die Speicherung
von Gedächtnisstrukturen und deren Reproduzierbarkeit gebunden.164
In einer Operationalisierung des Markenwissens durch ESCH165 und in Übertragung auf das Forschungsobjekt Dienstleistungsmarke bilden Markenbekanntheit und Markenimage die zentralen Generatoren der Service-Brand-Power.
Die aktive, ungestützte (brand recall) und passive, gestützte (brand recognition) Bekanntheit der Marke wird dabei als notwendige, aber nicht hinreichende
Bedingung von Markenstärke verstanden.166 Sie ist die erforderliche Voraussetzung dafür, dass mit einer Marke überhaupt spezifische Assoziationen und
Bilder verknüpft werden können. Die hinreichende Bedingung des Markenerfolgs stellt das Markenimage dar,167 das sich aus einer Vielzahl von Assoziationen über die Marke, die in einem semantischen Netzwerk miteinander
verflochten sind, bildet. Die Markenstärke leitet sich dabei vor allem aus der
innerpsychischen Vorteilhaftigkeit, Stärke, Einzigartigkeit und Relevanz der mit
der Marke verbundenen Assoziationen ab (Abb. C-19).168 Als spezielles Merk-
161
162
163
164
165
166
167
168
Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 161 f. sowie 193 f.
Quelle: in Anlehnung an Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 117 f.
Lernen kann dabei definiert werden als die Veränderung der Wahrscheinlichkeit, auf einen Reiz
mit einer bestimmten Reaktion zu reagieren, vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 323.
Vgl. Keller 1993, S. 7 ff. sowie Esch/ Andresen 1994, S. 229.
Vgl. hierzu Esch 1998, S. 107 sowie 1993; Keller 1993.
Vgl. hierzu auch Kapitel C 1.1.4.
Vgl. Esch 2004, S. 71 sowie S. 75.
Vgl. hierzu auch Keller 1993, S. 5.
116
Kapitel C
mal der Markenstärke ist dabei die Entwicklung eigenständiger Markenassoziationen zu sehen, die nicht mit anderen Marken geteilt werden.169
Markenimage
Markenbekanntheit
„ Aktive Markenbekanntheit: Markenrecall
„ Passive Markenbekanntheit:
Markenrecognition
„
„
„
„
„
„
„
„
Art der Markenassoziationen
Stärke der Markenassoziationen
Repräsentation der Markenassoziationen
Zahl der Markenassoziationen
Einzigartigkeit der Markenassoziationen
Relevanz der Markenassoziationen
Richtung der Markenassoziationen
Zugriffsfähigkeit der Markenassoziationen
Service-Brand-Power
Abb. C-19: Markenbekanntheit und Markenimage als Generatoren der Service-Brand-Power170
Visuelles und verbales Markenwissen als Generatoren der Markenstärke
In einem ebenfalls kognitionspsychologischen und empirisch getesteten Markenmodell unterscheidet BEKMEIER-FEUERHAHN verbale und visuelle Elemente
der Markenspeicherung bzw. des Markenwissens (Abb. C-20).171
Verbales Markenwissen umfasst verbalisierbare Assoziationen wie etwa
Preis- oder Nutzenassoziationen, die eine Zielperson nach Reizaufnahme eines Markenstimulus abrufen kann. Verbale Markenassoziationen können dabei
innerhalb eines semantischen Netzwerks in Form von Knoten und Kanten abgebildet werden.172 Knoten stehen für die im Gedächtnis gespeicherten repräsentierten Konzepte wie z. B. Objekte, Personen oder Ereignisse, die Kanten
zwischen den Knoten für die Relationen, die zwischen den repräsentierten
Konzepten bestehen.173 Knoten und Kanten können nach ihren Eigenschaften
hinsichtlich Qualität, Intensität und Einzigartigkeit unterschieden werden. Mit
zunehmender Ausprägung dieser Dimensionen nimmt das interne Aktivierungspotential des Netzwerks und folglich auch die Markenstärke zu.174 Damit
zielt der auf QUILLIAN175 zurückgehende Ansatz des semantischen Netzwerks
169
170
171
172
173
174
175
Vgl. Keller 1993, S. 7ff; Esch/ Andresen 1994, S. 223.
Quelle: in Anlehnung an Esch 1998, S. 107.
Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 163 f.
Nachfolgende Abbildung C-26 stellt ein semantisches Netzwerk am Beispiel der Marken Lufthansa und debitel dar.
Vgl. Wender 1988, S. 60.
Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 169.
Vgl. Quillian 1968. Zur weiteren Entwicklung der Netzwerktheorie als allgemeiner Modellansatz
der modernen Psychologie vgl. Collins/ Quillian 1972 sowie Smith/ Shoben/ Rips 1974.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
117
vor allem auf die Erklärung psychologischer Entstehungs- und Wirkungsprozesse des Langzeitgedächtnisses ab. Die mit der Marke verbundenen Gedächtnisinhalte können dabei sowohl denotativer als auch konnotativer Natur sein.
visuelles
Markenwissen
„
„
„
„
Zugriffsfähigkeit des inneren Bildes
Einzigartigkeit des inneren Bildes
Intensität des inneren Bildes
Qualität des inneren Bildes
verbales
Markenwissen
„
„
„
„
Zugriffsfähigkeit der Markenassoziation
Einzigartigkeit der Markenassoziation
Intensität der Markenassoziation
Qualität der Markenassoziation
Service-Brand-Power
Abb. C-20: Visuelles und verbales Markenwissen als Generatoren der Service-Brand-Power176
In Ergänzung hierzu richtet sich visuelles Markenwissen auf die bildhaften inneren Vorstellungen, die eine Zielperson mit einer Marke verbindet und die
ebenfalls im Langzeitgedächtnis abgespeichert werden.177 Diese Auffassung
wird gestützt durch das Imagery-Konzept und der hieraus entstandenen Forschung. Nach KROEBER-RIEL ist unter Imagery die Entstehung, Verarbeitung,
Speicherung und Verhaltenswirkung innerer Bilder (mental images) zu verstehen. „Diese Vorgänge finden in einem eigenständigen Gedächtnissystem
statt.“178 Innere Bilder lassen sich unterscheiden in Wahrnehmungsbilder, die
sich aus der direkten sinnlichen Reizaufnahme etwa eines Markenprodukts
oder -zeichens ergeben, und Gedächtnisbilder, die als erinnerte Bilder in Abwesenheit des Gegenstandes langfristig gespeichert werden.179 Gedächtnisbilder sind somit das Ergebnis eines Lernprozesses, der als Reaktion auf die
visuelle Wahrnehmung eines Objektes ausgelöst wird.180 Sie sind gleichzeitig
ungenauer als Wahrnehmungsbilder,181 da der Rezipient eher die konnotative
Bedeutung eines Bildes, nicht aber dessen genaue Einzelheiten memoriert.182
Die - mittlerweile nicht mehr strittige183 - Trennung in ein verbales und bildliches Gedächtnissystem geht auf die von PAIVIO entwickelte Theorie der dualen
Kodierung zurück.184 Danach werden verbale und bildliche Informationen in
176
177
178
179
180
181
182
183
184
Quelle: in Anlehnung an Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 193.
Vgl. Ruge 1988, S. 27.
Kroeber-Riel 1993, S. 25.
Vgl. Kroeber-Riel 1993, S. 41.
Vgl. Langner 2003, S. 32.
Vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 353.
Vgl. Anderson 2001, S. 106.
Zu den Kritikern des Ansatzes dualer Kodierung gehören vor allem Vertreter der so genannten
propositionalen Theorien (vgl. hierzu beispielhaft Pylyshyn 1973 sowie Kosslyn 1980).
Vgl. v.a. Paivio 1971.
118
Kapitel C
funktional unabhängigen, aber miteinander verbundenen Wissenssystemen
verarbeitet und gespeichert. Eine weitere Annahme dieser Theorie besteht darin, dass die verbale Informationsspeicherung in einem sequentiellen Verarbeitungsmodus erfolgt, während die nonverbale Informationsspeicherung auf
analoger Basis arbeitet und räumliche Strukturen höherer Ordnung abbildet.185
Hieraus resultiert die wohl wichtigste These des Imagery-Konzepts, der so genannte Bildüberlegenheitseffekt (picture superiority effect, vgl. Abb. C-21).
Recallfähigkeit
(in Prozent)
Kurzfristig: 5 Minuten nach Darbietung
Langfristig: eine Woche nach Darbietung
35
30
25
20
15
10
5
0
Bilder
Konkrete Wörter
Abstrakte Wörter
Abb. C-21: Vergleich der Recallfähigkeit bei visueller und verbaler Stimulation186
PAIVIO führt diesen Effekt auf referentielle Prozesse zurück, die zwischen dem
verbalen und nichtverbalen System ablaufen.187 Während bildhafte Repräsentationen aufgrund ihrer Konkretheit auch ein verbales „Etikett“ erhalten und
somit dual gespeichert werden, wird verbalen Repräsentationen nur dann ein
entsprechendes inneres Bild zugeordnet, wenn sie konkret genug sind.188 Vereinfacht formuliert: Im Unterschied zu verbalen Stimuli erfolgt die Speicherung von bebildertem Material immer in doppelt-modaler Kodierung.
Somit bleibt bebildertes Material dauerhafter und besser in Erinnerung
(Code-Redundanz-Hypothese). Dies lässt den Rückschluss zu, dass die Existenz eines inneren Vorstellungsbildes von einer Dienstleistungsmarke gute Recognitions- und Recallfähigkeiten impliziert. KROEBER-RIEL spricht in diesem
Zusammenhang von einer tiefen gedanklichen Verarbeitung der Markenassoziationen,189 die freilich gleichzeitig als Indikator der Markenbekanntheit interpretiert werden kann.
185
186
187
188
189
Vgl. Paivio 1990, S. 63.
Quelle: in Anlehnung an Paivio 1971, S. 201 f.
Vgl. Paivio 1971, S. 367 f.
Vgl. hierzu Ruge 1988, S. 33.
Vgl. Kroeber-Riel 1993, S. 62.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
119
Unterstützt und ergänzt wird der Imagery-Ansatz von der Hemisphärenforschung, welche ebenfalls von einer - anatomisch und physiologisch bedingten Bilateralität beider Großhirnhälften (Hemisphären) ausgeht. Demnach werden
analytische und sequentielle Verarbeitungsprozesse in der linken Hemisphäre
verortet, während bildhaft-analoge und emotionale Prozesse in der rechten
Gehirnhälfte stattfinden.190 Insofern vermutet KROEBER-RIEL, dass die Prozesse
der Imagery-Verarbeitung eher rechtshemisphärisch ablaufen, da emotionale
Wirkungen „die eigentliche Wirkungsdomäne von inneren Bildern sind“191.
Zugleich ist deren Verhaltenswirksamkeit gewährleistet, da sich vor allem
emotionale Ausstrahlungen von Gedächtnisbildern stärker auf das Verhalten
auswirken als abstraktes sprachliches Wissen.192
3.1.2 Verhaltensorientierte Indikatoren der Service-Brand-Power
Unabhängig von der bisher beschriebenen Art und Weise der Entstehung stellt
Service-Brand-Power aus verhaltenswissenschaftlicher Perspektive ein innerpsychisches, hypothetisches Konstrukt dar, welches sich auf zahlreiche beobachtbare Variablen (Indikatoren) auswirkt. Zur besseren Übersichtlichkeit
können diese Indikatoren der Service-Brand-Power nach ihren marketingpolitischen Einflussbereichen geordnet werden. Als Grundlage kann hier der für das
Dienstleistungsmarketing diskutierte und erweiterte „7-P“-Ansatz193 dienen, der
den klassischen „4-P“-Marketingmix194 um die Komponenten Personalpolitik,
Prozesspolitik und Ausstattungspolitik ergänzt.195 Mit Ausnahme der Ausstattungspolitik, die eher als Steuerungs- denn als Wirkungsvariable der Markenstärke zu sehen ist, kann Service-Brand-Power positive Auswirkungen auf
folgende Bereiche des Dienstleistungsmarketing haben (Abb. C-22):
„Preisresponse: Zahlreiche empirische und konzeptionelle Studien belegen,
dass Konsumenten starker Marken tendenziell bereit sind, einen Aufpreis
gegenüber nicht oder anders markierten Leistungen zu zahlen (Aufpreisbereitschaft).196
„Kommunikationsresponse: Starke Marken implizieren oft eine erhöhte Wahr-
nehmungssensibilität der Konsumenten und bewirken einen höheren Wirkungsgrad des Marketingbudgets bzw. der Kommunikationsinvestitionen.197
„Leistungsresponse: Zunehmende Markenstärke bewirkt eine erhöhte Markentreue sowie eine erhöhte Akzeptanz von Markentransfers und -erweite-
190
191
192
193
194
195
196
197
Vgl. Federsel-Lieb 1992, S. 123.
Vgl. Kroeber-Riel 1993, S. 42.
Vgl. Kroeber-Riel 1993, S. 95.
Vgl. hierzu bspw. Cowell 1993, S. 99 ff.
Vgl. zur Verwendung des „4-P“-Ansatzes im Dienstleistungsmarketing Heskett 1986.
Bekmeier-Feuerhahn nimmt ebenfalls eine Gliederung nach absatzwirtschaftlichen Instrumentarien vor, allerdings in Bezug auf den klassischen „4-P“-Ansatz (vgl. 1998, S. 40ff).
Vgl. bspw. Aaker 1992, S. 19.
Vgl. bspw. Keller 1993, S. 9.
120
Kapitel C
rungen198 durch den Konsumenten. Die Marke stellt hier zwischen einer Folge von abgeschlossenen sowie zukünftigen Dienstleistungsverträgen über
gleiche oder andere Leistungen des Markenträgers eine innere Verbindung
her (Kundenbindung).199
Service-Brand-Power
Preisresponse
Kommunikationsresponse
Leistungsresponse
„ höhere
„ erhöhte
„ Marken-
Preisakzeptanz
„ Aufpreisbereitschaft
Wahrnehmungssensibilität
„ höherer
Wirkungsgrad von
Marketingmaßnahmen
„ HaloEffekte-
treue
„ Höhere
Akzeptanz
von
Transferleistungen
und
Markenerweiterungen
Distributionsresponse
„ PullEffekte
Personalresponse
„ höhere
Attraktivität
als Arbeitgeber
„ effizientere
Mitarbeiterakquisition
Prozessresponse
„ höhere
Mitarbeitereffizienz
durch
höhere
Motivation
Zukunftspotential
„ Aktienkurse
Abb. C-22: Verhaltensorientierte Indikatoren der Service-Brand-Power
„Distributionsresponse:
Ebenfalls zeigen empirische Untersuchungen, dass
Markenstärke - insbesondere bei Konsumgütermarken - in einem unmittelbaren und engen Zusammenhang mit Pull-Effekten beim Handel steht.200 Diese
Effekte sind ebenfalls bei multidistributiv vertriebenen Dienstleistungen (wie
z. B. Mobilfunk- oder Energiedienstleistungen) zu vermuten.
„Personalresponse: Service-Brand-Power stärkt die Attraktivität des Dienst-
leistungsunternehmens als Arbeitgeber und bewirkt dadurch eine effizientere
Mitarbeiterakquisition.201 Zugleich sind positive Auswirkungen auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter festzustellen. Diese Markenresponse steht in indirektem oder erweitertem Zusammenhang mit unmittelbaren Verhaltenswirkungen des Konsumenten, da sie sich erst über die verhaltenswirksame
Wertschätzung der Marke seitens der Nachfrager manifestiert.
„Prozessresponse: Service-Brand-Power erhöht damit ebenso die Mitarbei-
termotivation202 und führt zu effizienteren Arbeits- und Prozessabläufen im
Rahmen der Dienstleistungserstellung. Auch aus Sicht des Konsumenten
kann Markenstärke den Erstellungsprozess bzw. dessen Wahrnehmung,
198
199
200
201
202
Vgl. hierzu Weinberg 1993, S. 2682; Hätty 1989, S. 74.
Vgl. Plinke 1989, S. 308.
Vgl. bspw. Feige 1996, S. 201 u.a.a.O.
Vgl. bspw. Demuth 1999, S. 33.
Vgl. bspw. Demuth 1999, S. 33.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
121
aber auch die Beteiligungsbereitschaft am Erstellungsprozess positiv beeinflussen.203 Die dienstleistungsspezifische Response auf Prozessebene verdeutlicht die Spezifität der Service-Brand-Power gegenüber der Stärke traditioneller Markenartikel, bei denen keine Beeinflussung des Leistungserstellungsprozesses stattfindet.
„Zukunftspotential: Service-Brand-Power beinhaltet - neben den Auswirkun-
gen auf marketingpolitische Bereiche - ebenso eine zukunftsorientierte Potentialwirkung,204 die sich beispielsweise auf moderne Kapitalmärkte
auswirken kann.205 Die dortigen Entscheidungsvorgänge von Aktionären hinsichtlich des Kaufs oder Verkaufs von Unternehmensanteilen sind durchaus
mit dem Kauf- und Markenwahlverhalten eines Konsumenten im Supermarkt
vergleichbar.206
Die Ausführungen verdeutlichen, dass moderne Markenführung generell auf
erweiterte Kommunikationszielgruppen abzielt, welche neben der traditionellen
Zielgruppe (potentielle und tatsächliche Kunden) in einer 360-GradPerspektive sämtliche relevante Anspruchsgruppen im engeren und erweiterten Markenumfeld umfassen (Mitarbeiter, Kapitalmarkt, Öffentlichkeit, Wettbewerb etc.).207 Im Rahmen der weiteren Analyse werden jedoch weiterhin
potentielle und tatsächliche Kunden fokussiert, die als Wachstums- und Ertragsgeneratoren208 sowie als „Engpassfaktor“ der Markenwirkung im Zentrum
des verhaltensorientierten Service Branding stehen.
3.1.3 Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des Service Branding
Auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse zu den Wahrnehmungsphasen
in der Kommunikation von Dienstleistungsmarken, den konsumentenorientierten Generatoren sowie den verhaltensorientierten Indikatoren der ServiceBrand-Power kann nun ein kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des
Service Branding abgeleitet werden (Abb. C-23).
Aus Gründen der genannten Immaterialitätscharakteristik von Dienstleistungen
wird dabei auf das dual-kodierte Modell der visuellen und verbalen Erklärung
der Markenstärke Bezug genommen. Wie die Ausführungen des folgenden
203
204
205
206
207
208
Bspw. werden starke Turbulenzen während eines Fluges mit einer markenschwachen Airline
tendenziell auf schlechten Service oder Sicherheitsmängel (vgl. Bieger 2002, S. 174) - und damit letztlich auf die eigene Markenwahl - zurückgeführt (negative Wahrnehmungsverzerrung),
während der Kunde das gleiche Erlebnis mit einer markenstarken Airline tendenziell als schicksalhaft und ohne Hinterfragung der eigenen Markenwahlentscheidung hinnimmt (positive Wahrnehmungsverzerrung).
Vgl. hierzu Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 148 f.
Vgl. hierzu McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 9.
Vgl. bspw. Demuth 1999, S. 33.
Vgl. hierzu Haedrich/Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 17 f.; Will 2000, S. 46 f.; Tomczak et al. 2001,
S. 3; Will/ Wolters 2001.
Vgl. hierzu Tomczak/ Reinecke 1996, S. 5.
122
Kapitel C
Kapitels zeigen werden, scheint dieser Erklärungsansatz besonders gut geeignet, die aus den spezifischen Charakteristika von Dienstleistungen resultierenden besonderen Herausforderungen für das Service Branding anschaulich und
problemorientiert zu analysieren.
Stimulus
Organism
Response
Dienstleistungsmarke
ServiceBrandPower
Markenverhalten
Preis
Leistungserwartung
Kommunikation
visuelles
Markenwissen
Leistungserlebnis
Leistung
Distribution
verbales
Markenwissen
Leistungserinnerung
Personal
Prozess
Zukunft
Abb. C-23: Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des Service Branding
Das Wirkungsmodell stellt Service Branding als integrierten, kognitionspsychologischen Prozess dar und veranschaulicht im Einzelnen, dass
„die gestaltungsvariablen Schlüsselsignale der Marke
„grundsätzlich in drei Phasen der Dienstleistungswahrnehmung
von einer
Zielperson aufgenommen werden können und sich
„aufgrund kognitionspsychologischer Verarbeitung innerhalb eines verbalen
und visuellen Wissenssystems dauerhaft in einer Gedächtnisrepräsentation
manifestieren,
„deren Stärke sich über spezifisches Markenverhalten auf den Feldern Preis,
Kommunikation, Leistung, Distribution, Personal, Prozess und Zukunft zeigt.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
123
Das Wirkungsmodell leistet somit unabhängig von der einer Marke zugrunde
liegenden konkreten Dienstleistung einen konzeptionellen Beitrag zur Strukturierung und Veranschaulichung des komplexen kognitionspsychologischen
Prozesses des Service Branding, indem es die bisherigen zentralen Aussagen
miteinander in Verbindung bringt und die unternehmens- und konsumentenbezogenen Entscheidungssysteme miteinander verknüpft. Es kann damit gleichzeitig als strukturelle Grundlage zu der im weiteren vorzunehmenden Ableitung
theoriegeleiteter Hypothesen für das erfolgreiche Service Branding dienen,
dessen Schlüsselsignale unternehmerische Entscheidungsvariablen und Inputfaktoren des Wirkungsmodells darstellen.
3.2 Systematisierung kognitionspsychologischer
Besonderheiten
In den bisherigen Ausführungen zu Marke und Dienstleistung wurde bereits
angedeutet, dass typische Charakteristika von Dienstleistungen diverse Herausforderungen an das Service Branding stellen, die zu spezifischen Implikationen bei der praktischen Konzeption und Implementierung von Dienstleistungsmarken führen. Im folgenden Kapitel werden diese grundsätzlichen
markentechnischen Besonderheiten auf Basis eines integrierten kognitionspsychologischen Systematisierungsansatzes konzeptionell-analytisch abgeleitet
und dargestellt. Hierzu werden die beschriebenen dienstleistungstypischen
Dimensionen den dual-kodierten, kognitionspsychologischen Generatoren der
Service-Brand-Power gegenübergestellt (Abb. C-24).
Dienstleistungstypische
Dimensionen
Generatoren der
Service-Brand-Power
Grad der
Immaterialität
Grad der
Interaktion
Grad der
Individualisierung
visuelles
Markenwissen
verbales
Markenwissen
Abb. C-24: Ansatz zur Systematisierung markentechnischer Besonderheiten des Service Branding
In den hieraus entstehenden Forschungsfeldern werden Dienstleistungsbesonderheiten systematisch aus kognitionspsychologischer Perspektive analysiert
mit dem Ziel, grundsätzliche Implikationen hinsichtlich der Entstehung und
124
Kapitel C
Verarbeitung visuell-verbalen Wissens über Dienstleistungsmarken und damit
grundsätzliche Implikationen für das Service Branding zu evaluieren.
3.2.1 Dienstleistungstypische Einflüsse auf das visuelle Markenwissen
Aus den Erkenntnissen der Theorie der dualen Kodierung und deren Übertragung auf die Wirkungsweise des Service Branding lässt sich folgern, dass - vor
allem aufgrund des Bildüberlegenheitseffekts - in der deutlichen visuellen
Wahrnehmbarkeit einer Dienstleistungsmarke die wesentliche Voraussetzung
zur Entstehung von Service-Brand-Power besteht. Wie beschrieben, kann die
Wahrnehmung eines Schlüsselsignals (Markenname, Markenzeichen, Dienstleistung) ein inneres Markenbild erzeugen, das sich in Form direkter Wahrnehmungsbilder oder erinnerter Gedächtnisbilder manifestiert. Gleichzeitig
werden deutliche innere Markenbilder auch im verbal-kodierten Wissenssystem gespeichert.209 Aus konzeptionell-analytischer Sicht stellt sich somit die
Frage, welchen Einfluss die Dienstleistungsdimensionen Immaterialität, Interaktivität und Individualität auf den Aufbau und die Verarbeitung visuellen Wissens über Dienstleistungsmarken haben.
Immaterialität und visuelles Markenwissen
Die Ausprägung des konsumentenseitigen visuellen Wissens über eine Dienstleistungsmarke wird nachhaltig durch den Grad und die Art der Immaterialität
der Leistung bestimmt. Bei traditionellen Konsum- und Gebrauchsgütermarken
ist das tangible Produkt integraler Bestandteil der visuellen Markenwahrnehmung und damit des inneren Markenbildes.210 Aufgrund der dualen Kodierung
zeichnen sich starke Markenbilder dieser Produkte dadurch aus, dass - ausgelöst durch einen äußeren visuellen (Markenzeichen) oder verbalen Reiz (Markenname, z. B. Coca-Cola) - eine assoziativ-bildhafte Verknüpfung mit dem
Produkt und seinen Eigenschaften (z. B. Coca-Cola-Flasche) stattfindet. In der
höchsten Ausprägung des Markenwissens wird mit der visuellen Wahrnehmung eines Gattungsproduktes (z. B. Papiertaschentuch) sogar ein Markenname (Tempo) verbal assoziiert.
Eine derartige assoziativ-bildhafte Verknüpfung ist bei Dienstleistungsmarken
aufgrund des Immaterialitätsgrades mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Wie gezeigt, wird der Immaterialitätsgrad in der Dienstleistungsdiskussion
insbesondere auf Ebene der Ergebnisdimension thematisiert.211 Je stärker die
Ergebnisimmaterialität ausgeprägt ist, um so weniger steht das Dienstleistungsprodukt als Anker der visuellen Markenwahrnehmung zur Verfügung. Dies
begründet gleichzeitig das Problem der mangelnden differenzierten Markenwahrnehmung: Mit zunehmender Ergebnisimmaterialität wird es schwieriger,
209
210
211
Vgl. Kapitel C 3.1.1.
Vgl. Langner 2002, S. 41 f.
Vgl. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbäumer 1993, S. 398 ff. sowie Meffert 1994, S.
521 f.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
125
unterschiedliche Dienstleistungen eines Anbieters als Einzelmarken wahrzunehmen bzw. wahrnehmbar zu machen.212 Um die leistungsbezogene visuelle
Wahrnehmung zu ermöglichen, muss der Markenname bzw. das Markenzeichen mit visuellen Surrogaten (wie z. B. der stilisierte Kranich im Logo der
Lufthansa, der die Assoziationen „fliegen“ und „Flugzeug“ auslöst) verknüpft
werden, die eine möglichst geringe assoziative Distanz zum Dienstleistungsprodukt, d.h. zum Prozessergebnis - oder auch zum Erstellungsprozess - aufweisen.
verbale
Reizauslösung
leistungsbezogenes
visuelles
Markenwissen
„Coca-Cola“
„Lufthansa“
„debitel“
?
Abb. C-25: Beispielhafte produkt- bzw. leistungsbezogene visuelle Elemente innerer Markenbilder in
Abhängigkeit von der Immaterialität des Markenprodukts
Besondere Schwierigkeiten ergeben sich dann, wenn nicht nur das Ergebnis,
sondern auch der Erstellungsprozess und damit auch die Einsatzfaktoren des
Dienstleisters einen in der Wahrnehmung des Konsumenten hohen Immaterialitätsgrad aufweisen, wie im Falls des Forschungsfeldes Telekommunikationsdienstleistungen. Wahrnehmungssurrogate für das unmittelbare Dienstleistungsergebnis, wie zum Beispiel der haptische Einsatzfaktor „Flugzeug“ für die
ergebnisimmaterielle Dienstleistung „Flugreise“,213 stehen hier nicht oder nur
begrenzt zur Verfügung. Der kognitionspsychologische Aufbau visuellen Markenwissens, d.h. der Aufbau direkter leistungsbezogener Wahrnehmungs- sowie Gedächtnisbilder ist aufgrund des wahrgenommenen Immaterialitätsgrads
der Leistung erschwert bzw. unmöglich (Abb. C-25). Aus diesen Überlegungen wird deutlich, dass weniger die Ergebnisimmaterialität als vielmehr
212
213
Vgl. hierzu auch Berry/ Lefkowith/ Clark 1988, S. 28.
Vgl. hierzu Mittal 1999, S. 99.
126
Kapitel C
der durch den Konsumenten wahrgenommene Immaterialitätsgrad der
Dienstleistung spezifische Herausforderungen an das Service Branding
stellt, die weit über die Frage der Markierungsmöglichkeiten hinaus gehen.214
Interaktion und visuelles Markenwissen
Dem entgegen wirkt sich der Interaktionsgrad einer Dienstleistung nur auf die
Stärke der unmittelbaren visuellen Leistungswahrnehmung innerhalb des Erstellungsprozesses aus. Während aus der Perspektive des Konsumenten die
Wahrnehmung eines klassischen Markenartikels nicht - oder nur bei Produktionsmängeln - in Verbindung mit dem eigentlichen Produktionsprozess steht,
spielt gerade der interaktive, vom Konsumenten miterlebte Erstellungsprozess
eine mitentscheidende Rolle beim Aufbau visuellen Markenwissens. Auch hier
kommt es also grundsätzlich auf die Ausprägung des vom Konsumenten wahrgenommenen Interaktionsgrades an. Allerdings kann beispielsweise eine hoch
interaktive und gleichzeitig - in der Wahrnehmung des Konsumenten - hoch
immaterielle telefonische Kundenbetreuung eines Telekommunikationsanbieters keinen Beitrag zum Aufbau eines direkten Wahrnehmungsbildes der Marke leisten. Dies verdeutlicht, dass sich der konsumentenseitig
wahrgenommene Interaktionsgrad lediglich in Kombination mit einem geringen wahrgenommenen Immaterialitätsgrad auf das visuelle Markenwissen auswirkt.
Individualisierung und visuelles Markenwissen
Auch der Individualisierungsgrad einer Dienstleistung hat nur in Kombination
mit einem geringen wahrgenommenen Immaterialitätsgrad direkte Auswirkungen auf das visuelle Markenwissen. Solange sich ein hoher Individualisierungsgrad auf die kundenbezogene - aber für den Kunden nicht wahrnehmbare
- Spezifität materieller Einsatzfaktoren oder technischer Leistungserstellungsabläufe bezieht, leistet der Individualisierungsgrad ebenfalls keinen Beitrag
zum Aufbau eines direkten Wahrnehmungsbildes, anders als im Falle einer visuell wahrnehmbaren Individualisierung, wie etwa in Form einer personalbedingten Individualisierung (z. B. Einzellehrer in Sprachschule). Der
Individualisierungsgrad impliziert aus dieser Sicht keine eigenständige
Herausforderung, sondern verstärkt in Kombination mit einem hohen visuell wahrnehmbaren Interaktionsgrad die Herausforderungen in Bezug
auf den Aufbau eines markenadäquaten inneren Vorstellungsbildes (mitarbeiterorientiertes Service Branding).
214
In der Literatur zum Dienstleistungsmarketing begegnen beispielsweise Meffert/ Bruhn 2003 (S.
400 f.) sowie Stauss 1998 (S. 15 f.) der bezeichneten Immaterialitätsproblematik mit der Aufzählung interner und externer Kontaktsubjekte bzw. -objekte (vgl. Kap. C 2.1.1 sowie Abb. C-12).
Zwar stellt sich diese markentechnische Frage bei hochgradig intangiblen Dienstleistungen, trifft
aber nach Ansicht des Autors nicht das Kernproblem des Service Branding. Beispielsweise wird
sich eine starke Profilierung und Wahrnehmung einer Direktbank kaum durch die alternative
Markierung eines „Textil-Merchandising-Artikel“ erzielen lassen.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
127
Den mitunter komplexen Wirkungszusammenhang zwischen visuell wahrgenommenem Immaterialitätsgrad sowie Interaktions- und Individualitätsgrad
verdeutlicht das folgende Beispiel. Denn der - mit einem hohen wahrgenommenen Immaterialitätsgrad einhergehende - schwierige Aufbau visuellen Markenwissens erschwert bzw. unterbindet eine Markenfunktion, die vor allem im
Bereich exklusiver und langlebiger Konsum- bzw. Gebrauchsgüter markenstrategische Anwendung findet: die Funktion des demonstrativen Konsums.215 Demonstrativer Konsum bezieht sich hauptsächlich auf Marken, die über einen
hohen sozialen Geltungsnutzen verfügen und nach dem Prinzip der „gezielten
Verknappung“ vermarktet werden (z. B. Luxusuhren). 216 Die „Zielgruppen“ der
Dokumentation sind zum einen die Nutzer (Identifikationsprinzip) als auch die
Nicht-Nutzer (Ausschlussprinzip) der Marke. Während der Konsument weder
physische Eigentumsrechte noch physischen Besitz an immateriellen Dienstleistungen erlangen kann, besteht lediglich im Rahmen einer visuell wahrnehmbaren, interaktiven und individuellen Handlung innerhalb des unmittelbaren Leistungserstellungsprozesses die Möglichkeit direkter demonstrativer
Leistungsnutzung (Beispiel: Priority-Check-In für Fluggäste der First-Class; Bezahlen der Restaurantrechnung mit goldener Kreditkarte). Im Falle einer visuell
nicht wahrnehmbaren Interaktion verbliebe lediglich die (theoretische) Möglichkeit, die visuelle Dokumentationsfunktion außerhalb des Erstellungsprozesses
mit Hilfe tangibler Ersatzkommunikatoren zu erfüllen, denen damit eine quasi
eigenständige Produktfunktion zukommt. Dieser indirekten Form der Konsumdokumentation sind allerdings Glaubwürdigkeitsgrenzen gesetzt, solange der
Einsatz der Ersatzkommunikatoren nicht ebenfalls dem Prinzip der „gezielten“
Verknappung folgt. Geschieht dies nicht, entfallen maßgebliche Motive zur
Ausübung dokumentativen Konsums, was Kunden - vermutlich ergänzend zu
anderen Ursachen - von einer indirekten Dokumentationsform abhalten würde.
3.2.2 Dienstleistungstypische Einflüsse auf das verbale Markenwissen
Wie bereits beschrieben, deuten verschiedene Erklärungsansätze darauf hin,
dass sich informatorische Reize über eine dual-modierte Speicherung im Gehirn des Rezipienten manifestieren. Insbesondere bei hoher Konkretheit eines
Reizes verstärken sich visuelle und verbale Manifestationsprozesse gegenseitig.217 Der Aufbau verbalen Wissens kann durch eine konkrete Reizsituation
verursacht werden, aber auch aufgrund der Verbalisierung eines inneren Markenbildes. Umgekehrt kann sich konkretes verbales Markenwissen ebenso in
Form eines inneres Bild abspeichern.
215
216
217
Zur detaillierten Beschreibung dieser Funktion vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1996, S. 133 f.
Aus kognitionspsychologischer Sicht besteht das Prinzip der gezielten Verknappung von Luxusmarken darin, über den Aufbau verbalen und visuellen Markenwissens innerhalb eines Gesamtkollektivs Sehnsüchte und Begeisterung für eine Marke zu wecken. Gleichzeitig wird - in der
Regel über den Preis - die Mehrheit dieses Kollektivs von der Nutzung der ersehnten Marke ausgeschlossen. Dies impliziert für den „erlauchten“ Kreis der Markenuser die Möglichkeit, den Konsum der Marke wirkungsvoll zu dokumentieren (vgl. Kehrer 2001, S. 198 und 214).
Zur empirischen Validierung dieses Zusammenhangs vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1996, S. 212.
128
Kapitel C
Markenstarke Leistungen zeichnen sich demnach - ähnlich der dualen Kodierung starker innerer Markenbilder - dadurch aus, dass aufgrund eines äußeren
Reizes oder innerer Suchvorgänge eine assoziativ-verbale Verknüpfung mit
dem Produkt und seinen Eigenschaften stattfindet. Hier wird - in der höchsten
Ausprägung des verbalen Markenwissens - mit der verbal-kodierten Wahrnehmung eines Gattungsproduktes (z. B.: „Haben Sie ein Papiertaschentuch?“) der
Name einer Marke (z. B. „Tempo“) ebenfalls verbal sowie das Markenprodukt
(z. B. die Verpackung) oder das Markenzeichen bildhaft assoziiert. Hinsichtlich
des Effektes der verbalen Manifestation visuellen Markenwissens (Doppelspeichereffekt) ist bei Dienstleistungen grundsätzlich davon auszugehen, dass
sich - in Abhängigkeit des vom Konsumenten wahrgenommenen Immaterialitätsgrades der Dienstleistung - die Problematik der Bildspeicherung ebenso
auf die Qualität des verbalen Markenwissens auswirkt. Die Zusammenhänge
zwischen visuell wahrgenommenem Immaterialitäts-, Interaktions- und Individualitätsgrad auf der einen sowie visuellem Markenwissen auf der anderen
Seite sind daher auch bezüglich verbaler Speicherprozesse anzunehmen.
Lufthansa
debitel
Sonne
Komfort
Fax
Sommer
Business
Urlaub
Flugzeug
Flughafen
Termine
Telefonieren
Büro
Gespräch
Fernweh
Karibik
Kollegen
Kosten
Freunde
Oma
Arbeit
Hektik
schnell
Rückruf
Handy
Reisen
Triebwerk
Kraft
Klingeln
Jubiläum
Opa
Abb. C-26: Beispielhafter Vergleich leistungsbezogener Ansatzpunkte zum Aufbau verbalen Markenwissens in Abhängigkeit von dem wahrgenommenen Immaterialitätsgrad der Leistung
Abbildung C-26 zeigt mit Hilfe des semantischen Netzwerks leistungsbezogene verbale Assoziationen in Abhängigkeit von dem vom Konsumenten wahrgenommenen Immaterialitätsgrad der Leistung. Daher ist zu vermuten, dass sich
bei einem geringer wahrgenommenen Immaterialitätsgrad (linkes Beispiel:
Lufthansa - Flugzeug) schneller und konkreter als im Falle eines hohen Immaterialitätsgrads (rechtes Beispiel: debitel - Telefonieren) leistungsbezogene
verbale Anknüpfungspunkte finden lassen, die zudem einfach visualisierbar
sind. Hieraus folgt, dass insbesondere hinsichtlich der Zugriffsfähigkeit, Intensität und Qualität verbaler Markenassoziationen die Schwierigkeiten der kognitionspsychologischen Manifestierung von Dienstleistungen mit zunehmendem
wahrgenommenen Immaterialitätsgrad steigen.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
129
3.2.3 Zwischenfazit: Leistungswahrnehmung und Service Branding
Die konzeptionell-analytische Betrachtung im Rahmen des kognitionspsychologischen Systematisierungsansatzes hat gezeigt, dass dienstleistungstypische
Eigenschaftsdimensionen - je nach Grad ihrer Ausprägung - wesentliche Einflüsse auf kognitionspsychologische Generatoren der Service-Brand-Power
ausüben können (Abb. C-27). Dabei hat sich ferner gezeigt, dass diese Einflüsse weniger von dem objektiven, als vielmehr von dem konsumentenseitig
wahrgenommenen Ausprägungsgrad der jeweiligen Dimension abhängen: Der
wahrgenommene Immaterialitätsgrad sowie der wahrgenommene Interaktionsgrad stellen aus dieser Sicht die zentralen dienstleistungstypischen Eigenschaftsdimensionen dar, welche die nachhaltigsten
Konsequenzen für die Markenbildung implizieren. Der durch den Konsumenten potentiell in den drei dienstleistungsspezifischen Kommunikationsphasen (Leistungserwartung, Leistungserlebnis, Leistungserinnerung) wahrgenommene Immaterialitätsgrad bezieht sich primär auf physische, d.h. visuell
wahrnehmbare Inputfaktoren bzw. Stimuli-Elemente (Mitarbeiter, Gebäude,
Maschinen, Materialien etc.) im gesamten Produktionsprozess der Dienstleistung (Input-, Throughput- und Output-Phase). Der vom Konsumenten wahrgenommene Interaktionsgrad bezieht sich dagegen auf die vor allem visuell
wahrgenommene Kontaktintensität in der Phase der Leistungserstellung
(Throughput-Phase).218
Dienstleistungstypische
Dimensionen
Generatoren der
Service-Brand-Power
Grad der
Immaterialität
visuelles
Markenwissen
verbales
Markenwissen
Grad der
Interaktion
Grad der
Individualisierung
Einflüsse auf das innere Markenbild, insbesondere bezüglich
„ Konstanz
„ Individualisierungsgrad verstärkt Effekte
„ Zugriffsfähigkeit
des Interaktions„ Intensität
grades
„ Differenzierung
„ Qualität
„
„
„
„
„
Manifestation
Zugriffsfähigkeit
Intensität
Differenzierung
Qualität
„
„
„
„
„
Manifestation
Zugriffsfähigkeit
Intensität
Differenzierung
Qualität
Einflüsse auf die Markenassoziationen, insbesondere bezüglich
„ Konstanz
„ Individualisierungsgrad verstärkt Effekte
„ Zugriffsfähigkeit
des Interaktions„ Intensität
grades
„ Differenzierung
„ Qualität
Abb. C-27: Markentechnische Besonderheiten des Service Branding aus kognitionspsychologischer
Perspektive
In Bezug auf die Service-Brand-Power bedeutet dies, dass die Möglichkeiten
des Aufbaus von visuellem und verbalem Markenwissen von der jeweiligen
218
Vgl. hierzu auch Abb. C-9.
130
Kapitel C
Ausprägung der vom Kunden wahrgenommenen dienstleistungstypischen Dimension abhängen. Dabei gestaltet sich der Manifestationsmechanismus
innerer Markenbilder um so schwieriger, je weniger der Konsument die
eigentliche Dienstleistungserstellung materiell und interaktiv erleben
kann. Anders formuliert: Je abstrakter sich die der Marke zugrunde liegende
Dienstleistung dem Konsumenten darstellt, um so schwieriger ist es, im Gedächtnis des Rezipienten ein positiv verhaltensbeeinflussendes Vorstellungsbild über die Dienstleistung zu generieren. Dienstleistungen stellen daher in
Abhängigkeit von ihren jeweiligen, vom Konsumenten wahrgenommenen Dimensionsausprägungen spezifische Anforderungen an das Service Branding,
was im folgenden Kapitel näher zu untersuchen ist.
3.3 Ableitung dienstleistungstypologischer Herausforderungen
Folgt man den bisherigen Ausführungen, so variieren die markenspezifischen
Herausforderungen mit dem Grad der dienstleistungsspezifischen Eigenschaftsdimensionen. Da jede Dienstleistung zugleich über ein bestimmtes Set
an Dimensionsausprägungen verfügt, unterliegen die konkreten Herausforderungen des Service Branding somit den jeweiligen situativen Leistungsdeterminanten. Angesichts dessen sowie vor dem Hintergrund der Zielsetzung der
Arbeit, einen Beitrag zur Konzeption und Implementierung von Marken für
Dienstleistungen und insbesondere für Telekommunikationsdienstleistungen zu
leisten, erfordern die bisherigen konzeptionellen Überlegungen daher eine anwendungsbezogene Transformation, um die gewonnenen Erkenntnisse auf
das Forschungsfeld Telekommunikationsdienstleistungen zu fokussieren.
Zu diesem Zweck wird im Rahmen dieses Kapitels eine grundsätzliche markenbezogene bzw. problemspezifische Typologisierung konsumtiver Dienstleistungen auf Basis der evaluierten Dimensionen wahrgenommener Immaterialitätsgrad und wahrgenommener Interaktionsgrad vorgenommen, woraus
sich vier Grundtypen des Service Branding mit jeweils unterschiedlichen konstitutiven Herausforderungen ergeben (Abb. C-28). In diesem Zusammenhang
sind Dienstleistungen des Telekommunikationsmarktes, die sich überwiegend als Leistungen zur Bereitstellung von Netzwerken und Konfiguration von
Technologien beschreiben lassen,219 durch einen hohen wahrgenommenen
Immaterialitätsgrad (bzw. einen geringen Grad an wahrnehmbarer Materialität)
sowie einen geringen wahrgenommenen Interaktionsgrad gekennzeichnet und
stellen einen idealtypischen Repräsentanten des Dienstleistungstypus „unsichtbare Dienstleistungen“ dar.
Die entwickelte kognitionspsychologische Dienstleistungstypologie dient dabei
nicht nur der Fokussierung konzeptioneller Überlegungen auf die Telekommu219
Vgl. hierzu u.a. die Kapitel A 2.2 sowie B 1.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
131
nikationsbranche, sondern trägt darüber hinaus auch zu einer generellen Strukturierung bisheriger Erkenntnisse und deren Übertragung auf andere Forschungsfelder bei.
Markenrelevante
Dienstleistungstypen
hoch
Interaktive
Dienstleistungen
Hybride
Dienstleistungen
Konsumgüterähnliche
Dienstleistungen
TK-Dienstleistungen:
wahrgenommener
Interaktionsgrad
Unsichtbare
Dienstleistungen
niedrig
niedrig
wahrgenommener
Immaterialitätsgrad
hoch
Abb. C-28: Dienstleistungstypologie aus kognitionspsychologischer Perspektive
3.3.1 Konsumgüterähnliche Dienstleistungen
Konsumgüterähnliche Dienstleistungen zeichnen sich durch eine niedrige Ausprägung beider Eigenschaftsdimensionen aus: Der Grad der Immaterialität sowie der Interaktion werden vom Konsumenten als gering wahrgenommenen.
Als klassisches Beispiel können hier Schnellrestaurantketten angeführt werden. Die wahrgenommene Interaktion bezieht sich auf das Betreten, das
Bestellen bzw. Bezahlen und - eventuell - Verzehren eines Burgers innerhalb
der Verkaufsräume des Anbieters. Eine derart geringe Interaktionsintensität erlebt der Konsument ebenfalls beim Kauf und Konsum einer Dose Coca-Cola
an einer Tankstelle. Der wahrgenommene Immaterialitätsgrad, die sich aus
Dienstleistungssicht im Zusammenhang mit einer Schnellrestaurantkette vor allem auf den Prozess der Zubereitung und des Verkaufs des Fast-FoodProdukts beziehen würde, ist ebenfalls sehr gering. Ähnlich dem Verpackungsdesign eines Softdrinks kann auch hier um das harte Produkt Burger eine
sichtbare „Markenverpackung“ in Form der eigentlichen Produktverpackung,
132
Kapitel C
der Verkaufsraumgestaltung, der Personaluniformen etc. gestaltet werden. Anders formuliert: Hinsichtlich des Aufbaus einer visuellen und verbalen
Markenrepräsentation im Gedächtnis des Konsumenten haben McDonalds und Coca-Cola - als Beispiel für das „traditionelle“ Markenmanagement - höhere Gemeinsamkeiten als beispielsweise Coca-Cola und
Lufthansa oder Telekom.
Dass die aus der „Serviceness“ konsumgüterähnlicher Dienstleistungen entstehenden markenspezifischen Schwierigkeiten aus dieser Sicht nicht nur als
äußerst gering, sondern - im Gegenteil - sogar als generelle Chance für die
Markenführung zu bewerten sind, zeigt die Praxis. Diese Chancen bestehen
zum einen in der kurzfristig hohen Flexibilität des hoch standardisierten Produktangebots. Leistungsvariationen, ob aus Gründen einer Angebotsaktion
oder einer Verbesserung der Prozesseffizienz, sind kurzfristig plan- und realisierbar. Die zweite, wahrscheinlich wesentlichere Chance besteht in der „Erlebbarmachung“ eines physischen Produkts. Im Falle der Schnellrestaurantkette hat der Konsument die Möglichkeit, das Fast-Food-Produkt innerhalb
einer sichtbaren Markenwelt „zu erleben“, was sich aus kognitionspsychologischer Sicht insbesondere auf die Nachhaltigkeit des visuellen, aber auch des
verbalen Markenwissens positiv auswirkt. Die konsumgüterähnliche Dienstleistung ist daher nicht nur als Eigenschaft eines Anbieters, sondern als markenstrategische Option zu verstehen. Dies zeigen die vielfältigen Versuche
traditioneller Markenartikler, über die (ergänzende) Positionierung als konsumgüterähnlicher Dienstleister die sich hieraus ergebenden Chancen zu nutzen
und das physische Markenprodukt im Rahmen eines Erlebniskonzepts zu vermarkten (z. B. „Maggi-Kochstudio“, „Nutelleria“).
3.3.2 Interaktive Dienstleistungen
Im Unterschied hierzu zeichnen sich interaktive Dienstleistungen durch einen
höheren wahrgenommenen Interaktionsgrad bei gleichzeitig hohem wahrnehmbaren Materialitätsgrad aus. Dies manifestiert sich dadurch, dass der
Kunde als Person notwendiger und integrativer Bestandteil des Leistungserstellungsprozesses ist. Als typisches Beispiel können hier Fluggesellschaften
angeführt werden. Während sich also der Konsument im Falle einer konsumgüterähnlichen Dienstleistung beispielsweise das Dienstleistungsprodukt FastFood von einer dritten Person mit nach Hause bringen lassen kann, ist dies bei
interaktiven Dienstleistungen nicht möglich.
Für das Markenmanagement von interaktiven Dienstleistungen stellen
sich besondere Herausforderungen bei der Schaffung eines konsistenten
Markenbildes im Interaktionsprozess zwischen dem Anbieter und dem
Kunden (interaktives Service Branding). Hier kommt insbesondere dem
Kundenkontaktpersonal (z. B. Flugbegleiterin), aber auch materiellen Einsatzfaktoren (z. B. Flugzeug) sowie der direkten und indirekten Prozessgestaltung
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
133
und -kontrolle (z. B. Kabinenreinigung bzw. Mitarbeiterschulung) eine wesentliche Funktion in der Vermittlung visuellen und verbalen Markenwissens zu. Der
Kundenkontaktprozess vollzieht sich entlang einer multielementaren Line-ofVisibility, deren Gestaltungsziel in der Vermittlung der Markenpositionierung
liegt. Die Schaffung einer zu lebenden „Markenkultur“, die gleichzeitig als zentrales Koordinationsinstrument des Service Branding fungiert, wird daher zur
zentralen Herausforderung der internen Markenführung, die Bewältigung dieser
Aufgabe zum zentralen Erfolgsfaktor des Service Branding.
3.3.3 Unsichtbare Dienstleistungen
Einen Kontrapunkt zu interaktiven Dienstleistungen stellen unsichtbare Dienstleistungen dar. Sie sind gekennzeichnet durch einen hohen wahrgenommener
Immaterialitätsgrad (bzw. einen geringen Grad an wahrnehmbarer Materialität)
sowie einen geringen wahrgenommenen Interaktionsgrad. Wie bereits beschrieben, stellen Telekommunikationsdienstleistungen hier einen quasi idealtypischen Beispielfall dar. Der Kunde kann Leistungen dieses Typus visuell
oder haptisch nicht wahrnehmen,220 weder mittelbar noch unmittelbar: Im Gegensatz zu physischen Produkten kann er keine Größe, Form, Oberflächenstruktur, Farbe oder Qualität der Funktionserfüllung wahrnehmen, im Unterschied zu interaktiven Dienstleistungen existieren nicht einmal visuelle oder
haptische Ersatzkommunikatoren (wie z. B. ein Flugzeug). Unsichtbare Dienstleistungen können daher im Vorfeld ihrer direkten Erfahrbarkeit nicht für sich
„sprechen“. Während der Leistungserstellung wird häufig nur das NichtFunktionieren wahrgenommen.
Für das Service Branding stellt sich damit insbesondere die Herausforderung der Schaffung eines dauerhaft konsistenten Markenbildes bzw. der
assoziativen Markenverankerung ohne wahrnehmbare Leistung (virtuelles Service Branding). Da der Leistungserstellungsprozess aufgrund seiner
„Unsichtbarkeit“ für den Konsumenten hierzu keinerlei Grundlage bietet, müssen infolgedessen die zu gestaltenden Markenstimuli außerhalb des eigentlichen Leistungserstellungsprozesses die Manifestation visuellen und verbalen
Markenwissens ermöglichen. Einen Beitrag zur Kompensation dieses Visualisierungsnachteils können Schlüsselbilder in der Markenkommunikation leisten,
die ergänzend zur Vermittlung eines inneren Markenbildes zum Einsatz kommen. Nach KROEBER-RIEL sind Schlüsselbilder, neben dem Markensignal Logo, ein weiteres physisches Abbild der Marke zum Aufbau visuellen
Markenwissens.221 Schlüsselbilder bestehen in einem im Kern konstanten
Bildmotiv, welches das visuelle Extrakt der Positionierungsbotschaft vermittelt.222 Strategisch geplante Schlüsselbilder hinterlassen durch die Vermittlung
220
221
222
Vgl. Brasch 1999, Expertengespräch.
Vgl. Kroeber-Riel 1993, S. 193 f.
Vgl. Esch 2004, S. 240.
134
Kapitel C
emotionaler und informativer Assoziationen zur Marke Gedächtnisspuren über
die Markenpositionierung. Im Unterschied zu traditionellen Markenprodukten
können Schlüsselbilder bei unsichtbaren Dienstleistungen allerdings ausschließlich im Rahmen der Markenkommunikation und nicht (auch) zur Markierung des „Produkts“ Dienstleistung eingesetzt werden, beispielsweise im
Rahmen der Verpackungsgestaltung.223,224
Auch aus konzeptioneller Sicht erweist sich damit für diesen Dienstleistungstypus die Identifikation von Markenträgern, wie beispielsweise die Gesamtunternehmung, bestimmte Leistungsbündel oder Einzelleistungen und die hiermit
verbundene Festlegung einer geeigneten Markenstrategie als besonders
schwierig. Grundsätzlich gilt es zu prüfen, inwieweit bei diesen Leistungen traditionelle markenstrategische Optionen wie Einzelmarken, Mehrmarken, Dachmarken etc. überhaupt anwendbar und zielführend sind, oder ob der Wahrnehmungszugang eines Konsumenten hinsichtlich immaterieller, quasi virtueller
Dienstleistungsmarken über neue, innovative Service-Branding-Ansätze erklärt
und gesteuert werden muss.
Service Branding für Telekommunikationsdienstleister kann vor dem Hintergrund dieser theoretisch-konzeptionellen Erkenntnisse als exemplarisches Beispiel für das Service Branding für unsichtbare Dienstleistungen
gesehen werden. Branchenübergreifende Lösungsansätze dürften daher
insbesondere für Dienstleistungstypen interessant sein, die über eine ähnliche
Ausprägung situativer Leistungsdeterminanten verfügen, wie beispielsweise
Energiedienstleistungen.
3.3.4 Hybride Dienstleistungstypen
Hybride Dienstleistungstypen mit hohem wahrgenommenen Interaktionsgrad
und hohem wahrgenommenen Immaterialitätsgrad stellen eine Mischform zwischen unsichtbaren und interaktiven Dienstleistungstypen dar. Als Beispiel
können etwa Direktbanken oder -versicherer (mit Beratungsfunktion) angeführt werden. An die Stelle einer Line-of-Visibility rückt hier die Line-of-Perceptibility, da sich der Kundenkontaktprozess entlang einer nicht-visuellen Wahrnehmungslinie (z. B. bei einem telefonischen Beratungsgespräch) vollzieht.
Insbesondere für die Entstehung visuellen Markenwissens treten hiermit ähnliche Schwierigkeiten auf wie im Falle unsichtbarer Dienstleistungen. Gleichzeitig muss die Positionierung durch das nicht sichtbare Kundenkontaktpersonal
vermittelt werden. Hinsichtlich der Gestaltung der Line-of-Perceptibility beste223
224
Vgl. hierzu Kroeber-Riel 1993, S. 309 f.
Als exemplarisches Beispiel für die unzähligen Fälle, in denen ein Schlüsselbild ebenfalls zur
Verpackungsgestaltung beiträgt, sei die Waschmittelmarke Spee genannt: Hier wird der SpeeFuchs als Schlüsselbild der Positionierungsbotschaft „Die schlaue Art zu waschen!“ sowohl in der
Werbung wie auch auf der Produktverpackung eingesetzt (vgl. Langner 2002, S. 33f).
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
135
hen somit ähnliche Herausforderungen wie bei interaktiven Dienstleistungen,
jedoch primär auf Ebene des verbalen Markenwissens. Aufgrund des beschriebenen Bildüberlegenheitseffekts dürfte jedoch in der Schaffung eines
konsistenten Markenbildes außerhalb des Leistungserstellungsprozesses - wie
bei unsichtbaren Dienstleistungen - der zentrale Zugang für ein erfolgreiches
Service Branding des Mischtyps liegen.
3.3.5 Exkurs: Wahrnehmungsgrade als Variable strategischer Entscheidung
Wie bereits im Falle der konsumgüterähnlichen Dienstleistungen angedeutet,
fungieren die konkreten Ausprägungen dienstleistungsspezifischer Eigenschaftsdimensionen nicht alleine als typologisierende Charakteristik des konkreten Dienstleistungsanbieters, sondern stellen zugleich auch eine Variable
markenstrategischer bzw. positionierungsrelevanter Entscheidungen dar. Auf
diese Weise können die Eigenschaftsdimensionen zur Veranschaulichung
markenstrategischer Basisalternativen dienen. Abbilddung C-29 verdeutlicht
diesen Zusammenhang am Beispiel von Bankdienstleistungen.
hoch
Filialbank
Direktbank
mit Beratung
Strategisches
Feld
wahrgenommener
Interaktionsgrad
Direktbank
ohne Beratung
niedrig
niedrig
wahrgenommener
Immaterialitätsgrad
hoch
Abb. C-29: Markenstrategische Basisalternativen am Beispiel von Bankdienstleistungen
Die Praxis zeigt auch, dass Dienstleister etwa einen originär geringen wahrnehmbaren Interaktionsgrad durch das Angebot interaktiver Ergänzungsleistungen erhöhen und hierdurch einen Zusatznutzen schaffen, um letztlich die
Kundenbindung zu intensivieren und den Umsatz pro Kunde zu steigern. Als
Beispiel kann etwa das Internetwarenhaus Amazon.com angeführt werden, bei
136
Kapitel C
dem sich die vom Kunden wahrgenommene Interaktion im Rahmen eines gewöhnlichen Bestellvorgangs auf die Auswahl, die Bestellung und Bezahlung eines Produktes beschränkt. Der Online-Anbieter jedoch erhöht die Kontaktintensität, indem er aus den Bestellungen eines Käufers ein individuelles
Interessenprofil generiert, das eine präferenzspezifische Ansprache ermöglicht.
Der Kunde wird individuell auf für ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit interessante weitere Produkte oder Neuerscheinungen hingewiesen und so zum zielgerichteten Stöbern eingeladen.
3.4 Konzeptionelle Implikationen als Zwischenfazit
Im Rahmen der bisherigen Arbeit wurde Service Branding aus integrierter Marketingperspektive betrachtet. Im Mittelpunkt des strategischen Service Branding stehen aus Sicht des markenführenden Dienstleisters die Planung,
Durchführung und Kontrolle sämtlicher Maßnahmen zur Gestaltung von
Schlüsselsignalen für Dienstleistungen oder Dienstleistungsunternehmen, die
dazu geeignet sind, ein positionierungsadäquates inneres Markenbild dauerhaft
im Gedächtnis des Konsumenten zu generieren. In Ergänzung hierzu wurde der
komplexe Manifestationsmechanismus innerer Markenbilder aus Sicht des
Konsumenten analysiert. Auch hier fungiert, im Zentrum des entwickelten kognitionspsychologischen Wirkungsmodells, die Service-Brand-Power als zentrale Zielgröße, operationalisiert durch die innerpsychischen Variablen (Generatoren) visuelles und verbales Markenwissen. Dabei wurde, unter Bezugnahme
auf verschiedene Konzepte und Theorien der Kognitionspsychologie, der zentrale Einfluss visuellen Markenwissens auf die Service-Brand-Power verdeutlicht. Gleichzeitig wurde aufgezeigt, dass gerade der Manifestationsprozess
visuellen Markenwissens in Abhängigkeit von der Ausprägung dienstleistungstypischer Dimensionen besonderen Schwierigkeiten unterliegt. Als Zwischenfazit dieser konzeptionellen Ausführungen lassen sich aus kognitionspsychologischer Sicht somit folgende zentralen Implikationen für das Service Branding
ableiten:
„Der Aufbau dauerhafter innerer Markenbilder für Dienstleistungen spielt im
Service Branding eine zentrale Rolle.
„Die konkreten Herausforderungen im Aufbau innerer Markenbilder werden
nachhaltig vom situativen Dienstleistungstypus bestimmt.
3.4.1 Aufbau innerer Markenbilder als zentrale Herausforderung
Die Relevanz innerer Markenbilder für das Konsumentenverhalten wurde anhand der zentralen Rolle des visuellen Markenwissens bei der Manifestation
positiv verhaltensbeeinflussender Markenrepräsentationen verdeutlicht. Folgt
man diesen Ausführungen, so stellt der kognitive Zugang zur Dienstleistungsmarke den zentralen Prozess der Markenentstehung im Kopf des Konsumenten dar. „Ein lebendiges inneres Bild ist im Gedächtnis schnell und leicht
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
137
verfügbar. Damit stellt sich auch die mit einem solchen Bild verbundene Einstellung zur Firma oder zum Produkt schnell im Gedächtnis ein.“225
Leistungserwartung
Leistungserlebni s
Leistungserinnerung
Aufbau eines inneren Markenbildes entlang aller Wahrnehmungspha sen
durch Überwindung dienstleistungsspezifischer Visualisierungsp roblematik
„
Aufbau eines inneren
Markenbilds (Wahrnehmungsbild) durch
Visualisierung von
Dienstleistung und
Positionierung
Visuelles und verbales
Markenwissen aufbauen
„
„
Ausbau des inneren
Markenbildes (Wahrnehmungsbild) entlang der
Line-of-Visibility
oder
Bestätigung des inneren
Markenbildes (Gedächt nisbild) durch Gewährleistung positi ver (bz w.
nicht-negativer)
Leistungserl ebnisse
Visuelles und verbales
Markenwissen
bestätigen
„
„
Stärkung des inneren
Markenbilds durch
systematische Pflege des
Konsumenten-MarkenKontakts
Reaktivierung des inneren
Markenbilds ehemaliger
Kunden
Visuelles und verbales
Markenwissen
erneuern
Abb. C-30: Aufbau innerer Markenbilder als zentrale Aufgabe des Service Branding
Der Aufbau dauerhafter innerer Markenbilder durch Überwindung der
dienstleistungstypischen Visualisierungsproblematik kann somit als zentrale konstitutive Aufgabe und als Schlüsselerfolgsfaktor des Service Branding
gewertet werden. Visuelles Markenwissen wird zu einer wesentlichen MetaZielgröße, auf welche die strategische Planung, Gestaltung und Steuerung der
Markenstimuli, oder kurz: der unternehmerische Gestaltungsprozess des Service Branding, auszurichten ist. Abbildung C-30 zeigt diese Implikationen und
Zusammenhänge im Rahmen des konsumentenseitigen Wahrnehmungsprozesses noch einmal im Überblick.
3.4.2 Der Dienstleistungstyp bestimmt die Herausforderungen
Als weitere Implikation lässt sich festhalten, dass die konkreten Herausforderungen im Aufbau innerer Markenbilder nachhaltig vom situativen Dienstleistungstypus bestimmt werden. In Ergänzung der Ausführungen zur
problemspezifischen Typologisierung konsumtiver Dienstleistungen können
dabei zwei zentrale Themenschwerpunkte identifiziert werden, die sich für das
konkrete Service Branding in Abhängigkeit der jeweiligen Dimensionsausprägung ergeben (Abb. C-31):
225
Kroeber-Riel 1993, S. 86.
138
Kapitel C
Zentrale
Herausforderungen
Interaktives
Service Branding
Interaktives
und virtuelles
Service Branding
Konsumgüterorientiertes
Service Branding
Virtuelles
Service Branding
wahrgenommener
Interaktionsgrad
niedrig
wahrgenommener
Immaterialitätsgrad
hoch
Abb. C-31: Situative Schwerpunktthemen des Service Branding aus kognitionspsychologischer Sicht
Im Service Branding für interaktive Dienstleistungen bzw. im interaktiven Service Branding stellen sich wesentliche Herausforderungen im Zusammenhang
mit dem Ausbau visuellen Markenwissens innerhalb des Leistungserstellungsprozesses (vgl. Abb. C-30). Aufgrund der kundenseitig hohen Wahrnehmbarkeit der Dienstleistungserstellung trägt hier die Gestaltung der Line-ofVisibility maßgeblich zur Manifestation des inneren Markenbildes bei. Eine
weitere Schwierigkeit ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Konsistenz des
erzeugten Markenbildes über die Phasen des kundenseitigen Wahrnehmungsprozesses zu gewährleisten. Dies stellt besondere Anforderungen an die koordinierte Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Maßnahmen zur
Gestaltung der Markenstimuli Marke, Zeichen und Dienstleistung bzw. Dienstleistungsprozess.226
Dagegen stellt sich Service Branding für unsichtbare Dienstleistungen bzw. Telekommunikationsdienstleistungen als virtuelles Service Branding dar, weil
bei Dienstleistungen dieses Typs in Ermangelung einer kognitiv wahrnehmbaren Markenleistung der Aufbau visuellen Markenwissens nur außerhalb
des Leistungserstellungsprozesses (und somit nur virtuell) stattfinden kann.
Anders als beim interaktiven Service Branding kann hier der Dienstleistungs226
Vgl. hierzu die Service-Branding-Triade (Kapitel C 2.2.3).
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
139
prozess als eigentlicher „Markenartikel" keinen direkten Beitrag zum visuellen
Markenwissen leisten und steht daher nicht als tatsächlicher Markenträger und
Gestaltungsvariable des Service Branding zur Verfügung. Aufgrund des hohen
wahrgenommenen Immaterialitätsgrads sowie des geringen wahrgenommenen
Interaktionsgrads des Leistungserlebnisses kann die Phase der Leistungserstellung primär auf die Bestätigung verbalen, d.h. nicht-visuellen Markenwissens ausgerichtet werden (vgl. Abb. C-30).
Vor diesem sowie dem Hintergrund des Forschungsfelds der Arbeit konzentriert sich die weitere Untersuchung auf das virtuelle Service Branding, d.h. auf den Aufbau innerer Markenbilder für unsichtbare
Dienstleistungen am Beispiel des Telekommunikationsmarktes.
140
4.
Kapitel C
Hypothesen zum virtuellen Service Branding
Als wesentliche Implikation der konzeptionellen Ausführungen wurde der Aufbau innerer Markenbilder als zentrale Aufgabe und wichtiger Erfolgsfaktor des
interaktiven und virtuellen Service Branding abgeleitet. Hieraus lässt sich folgende Hypothese ableiten:
H 0 [Basishypothese]:
Dienstleistungsmarken sind um so erfolgreicher, je besser es ihnen
gelingt, über den Aufbau visuellen Markenwissens dauerhaft relevante innere Vorstellungsbilder im Gedächtnis des Konsumenten zu
generieren.
Von dieser Basishypothese ausgehend und vor dem Hintergrund der Zielsetzung dieser Arbeit werden zum Abschluss des konzeptionell-analytischen
Grundlagenteils Gestaltungshypothesen zum erfolgreichen Aufbau innerer
Markenbilder für unsichtbare Dienstleistungen und respektive Telekommunikationsdienstleistungen227 formuliert, die sich aus den konzeptionellen
Erkenntnissen sowie den Ergebnissen der Markenumfeldanalyse im Telekommunikationsmarkt deduzieren lassen. Das Kapitel dient somit der Zusammenfassung und Fokussierung wesentlicher Überlegungen wie auch als Grundlage
der weiteren Untersuchung, in der die explizierten Hypothesen im Rahmen
empirischer Fallstudienanalysen zu evaluieren228 sind.
4.1 Markenpositionierung als strategischer Ausgangspunkt
Eine wesentliche Aufgabe des virtuellen Service Branding besteht darin, ein
Markenbild positionierungsadäquat zu vermitteln. Die Positionierung stellt somit den strategischen Ausgangspunkt für die Entwicklung und Einführung des
Markenauftritts dar. Sie beschreibt die strategische Leitidee, unter deren Berücksichtigung die Gestaltung der Schlüsselsignale sowie weiterer Maßnahmen der Markenkommunikation vorzunehmen ist. Sie definiert damit gleichzeitig die Soll-Positionierung der Marke in der subjektiven Wahrnehmung des
Konsumenten, d.h. die aus Sicht der markenführenden Unternehmung gewünschte Ausgestaltung des inneren Vorstellungsbildes im Gedächtnis des
Konsumenten. Neben der Berücksichtigung von Bedürfnissen der Kunden und
den Positionierungen der Konkurrenzmarken sind dabei insbesondere auch
227
228
Im Folgenden wird der Terminus „unsichtbare Dienstleistung“ aus Vereinfachungsgründen als
Oberbegriff benutzt, der den Ausführungen in Kapitel C 3.3. entsprechend damit immer auch Telekommunikationsdienstleistungen umfasst.
Die hier aufgestellten Hypothesen können aufgrund der forschungsmethodischen Ausrichtung
dieser Arbeit nicht in streng statistischem Sinne getestet werden, da hierzu ein quantitativer Forschungsaufbau und größere Fallzahlen erforderlich wären. Insofern kann im Rahmen dieser Arbeit anhand der qualitativ-empirischen Erkenntnisse lediglich eine qualitativ-interpretative
Beurteilung der aufgestellten Hypothesen vorgenommen werden, die damit einer wissenschaftlich-logischen Bewertung entspricht.
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
141
Entscheidungen über die Dienstleistungen zu treffen, die unter der Marke angeboten werden sollen. Entsprechend kann folgende Gestaltungshypothese
formuliert werden:
H 1 [Leitidee]:
Erfolgreiche Marken für unsichtbare Dienstleistungen basieren auf
einer strategischen Leitidee in Form einer relevanten Positionierung.
4.2 Virtuelle Markenbildwelten als kognitive Verpackung
Unsichtbare Dienstleistungen können, wie bereits ausgeführt, im Unterschied
zu physischen Produkten vom Kunden weder mittelbar noch unmittelbar haptisch oder visuell wahrgenommen werden. Und im Unterschied zu interaktiven
Dienstleistungen verfügen sie über keine visuellen und haptischen Ersatzkommunikatoren. Der eigentliche Markenträger bietet daher weder einen Ansatzpunkt zum Aufbau einer Markenbildwelt, noch eine Möglichkeit der - wie der
Vergleich mit anderen Markenleistungen zeigt - wichtigen designtechnischen
Differenzierung. Um dem Konsumenten unter diesen Umständen überhaupt einen Wahrnehmungszugang zu ermöglichen, muss die Marke selbst die Funktion einer „kognitiven Verpackung“ der Markenleistung übernehmen: Als
alleiniger visueller Wahrnehmungsanker ist es die Aufgabe der Marke, ohne
Unterstützung des Markenträgers eine virtuelle Markenbildwelt aufzuspannen,
die dessen assoziative Verankerung in Form eines inneren Markenbildes im
Gedächtnis des Konsumenten ermöglicht.
Als zentrale Gestaltungs- und Visualisierungselemente einer solchen Markenbildwelt wurden im Rahmen der dargestellten Service-Branding-Triade229 zunächst - unabhängig von der der Markenbildung zugrunde liegenden Dienstleistung - Markenname, Markenzeichen und Dienstleistung beschrieben. Da
allerdings aus den genannten Gründen die Möglichkeit entfällt, eine unsichtbare Dienstleistung für den Kunden wahrnehmbar zu gestalten, kann diese auch
nicht als Schlüsselsignal der Marke fungieren. Wie ebenfalls gezeigt, können
an dieser Stelle strategisch geplante Schlüsselbilder eine zentrale Funktion
zum Aufbau innerer Markenbilder übernehmen, die durch die Vermittlung emotionaler und informativer Assoziationen zur Dienstleistung Gedächtnisspuren
über die Markenpositionierung hinterlassen.230 Folgt man diesen Ausführungen,
so sind Markenname, Markenzeichen und Schlüsselbild die zentralen Schlüsselsignale des virtuellen Service Branding, die langfristig den Gesamteindruck
des Konsumenten über die Dienstleistung und damit dessen Repräsentation in
Form des inneren Markenbildes prägen (vgl. hierzu die zusammenfassende
Abbildung C-32). Hieraus lässt sich folgende Gestaltungshypothese ableiten:
229
230
Vgl. Abschnitt C 2.2.4.
Vgl. Abschnitt C 3.3.3.
142
Kapitel C
H 2 [Markenbildwelt]:
Marken für unsichtbare Dienstleistungen sind um so erfolgreicher, je
besser es ihnen gelingt, durch den Einsatz strategisch geplanter
Schlüsselsignale (Markenname, Markenzeichen, Schlüsselbild) virtuelle Markenbildwelten zu erzeugen.
4.3 Gestaltungskriterien für virtuelle Markenbildwelten
Aus den bisherigen konzeptionellen Überlegungen, insbesondere aber auch
aus der Markenumfeldanalyse im Telekommunikationsmarkt lassen sich verschiedene Anforderungskriterien für die Gestaltung virtueller Markenbildwelten
ableiten. Da der komplexe Manifestationsmechanismus innerer Markenbilder
sowie der Aufmerksamkeitswettbewerbs um kurze Kontaktzeiten eine kognitionspsychologisch hochwirksame Gestaltung der Schlüsselsignale erfordern,
kann die Kommunikationseffizienz231 als zentrales Gütekriterium virtueller
Markenbildwelten angenommen werden. Und weil der unsichtbare Markenträger keinen Beitrag zum Aufbau visuellen Markenwissens leisten kann, ist es
Aufgabe der virtuellen Markenbildwelt und deren Komponenten, die angestrebte Positionierung in kürzester Zeit in Form eines inneren Vorstellungsbildes im
Gedächtnis des Konsumenten zu verankern. Für die Entwicklung der Markenbildwelt bzw. deren Schlüsselsignale kann die Notwendigkeit der Kommunikationseffizienz in Form der folgenden Gestaltungshypothesen präzisiert werden:
H 3a [Integrationsgrad]:
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um
so kommunikationseffizienter, je höher der inhaltliche und formale
Integrationsgrad der Schlüsselsignale ist.
H 3b [Positionierungsbeitrag]:
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um
so kommunikationseffizienter, je höher der Beitrag der einzelnen
Schlüsselsignale zur Vermittlung der Positionierung ist.
H 3c [Selbsterklärungsgrad]:
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um
so kommunikationseffizienter, je höher der Selbsterklärungsgrad der
einzelnen Schlüsselsignale ist.
Gleichzeitig implizieren die wettbewerbsbedingten Schwierigkeiten des Erreichens einer leistungsbezogenen Alleinstellungsposition sowie die raschen Innovations- und Veränderungsprozesse außerhalb und innerhalb des marken-
231
Eine virtuelle Markenbildwelt ist dann kommunikationseffizient, wenn es ihr gelingt, a) in kürzerer
Zeit als eine andere Markenbildwelt ein relevantes inneres Markenbild im Gedächtnis des Rezipienten zu generieren oder b) in gleicher Zeit ein nachhaltigeres inneres Markenbild als eine andere Markenbildwelt zu generieren. Vgl. hierzu Langner 2003, der (Kommunikations-)Effizienz als kognitiven
Zeitaufwand eines Rezipienten zur Interpretation einer Positionierung bezeichnet (S. 14 sowie S. 146).
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
143
führenden Dienstleistungsunternehmens die Notwendigkeit sowohl der kreativen Gestaltung wie auch der flexiblen Einsatzmöglichkeiten virtueller Markenbildwelten.232 Entsprechend lassen sich für die Entwicklung der Markenbildwelt
bzw. der Schlüsselsignale folgende ergänzenden Gestaltungshypothesen formulieren:
H 3d [kreative Profilierung]:
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um
so kommunikationseffizienter, je höher der eigenständige Beitrag
der Markenbildwelt zu einer kreativen Profilierung ist.
H 3e [Flexibilität]:
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um
so kommunikationseffizienter, je flexibler ihre Einsatzmöglichkeiten
im Rahmen der Markenkommunikation sind.
4.4 Markenbildwelt und Markenkommunikation
Abschließend stellt sich die Frage nach der Rolle und Funktion (ergänzender)
Maßnahmen der Markenkommunikation sowie nach den Anforderungskriterien
für ihre Gestaltung. Zu den traditionellen Maßnahmen der Markenkommunikation gehören Slogans, Werbekampagnen, der Einsatz von Testimonials, Sponsoring-Aktivitäten und ähnliche Maßnahmen, die neben der Markenbildwelt zu
einer Verstärkung des Markeneindrucks beitragen können. Auch in diesem Zusammenhang bewirkt die Unsichtbarkeit der Markenleistung eine wesentliche
Problematik hinsichtlich der markenbildbezogenen Wirkungseffizienz dieser
Maßnahmen, da etwa Testimonials in der Werbung nicht als An- oder Verwender eines physischen Produkts gezeigt werden können.233 Um unter diesen
Umständen eine nachhaltige Markenverankerung zu unterstützen, ist eine formale und inhaltliche Integration in die virtuelle Markenbildwelt erforderlich. Daher lässt sich für die Planung, Gestaltung und den Einsatz ergänzender
Kommunikationsmaßnahmen folgende Gestaltungshypothese formulieren:
H 4a [Integration der Markenkommunikation]:
Maßnahmen der Markenkommunikation sind um so kommunikationseffizienter, je besser sie formal und inhaltlich in die virtuelle Markenbildwelt integriert sind.
Eine weitere Konsequenz aus der Unsichtbarkeit von Dienstleistungen besteht
darin, das "Design" der Leistung nicht kommunikationswirksam variieren zu
können. Während etwa Umgestaltungen von traditionellen Markenprodukten
232
233
Vgl. hierzu Kapitel B 4.2.
Die Wirkungseffizienz des Einsatzes von Testimonials oder Slogans in der Werbung ist etwa
dann zu hinterfragen, wenn der Konsument bei getrennter Wahrnehmung der Markenleistung
und des Testimonials (oder Slogans) dem Testimonial (oder Slogan) nicht die beworbene Markenleistung zuordnen kann und vice versa.
144
Kapitel C
oder deren Verpackungen häufig dem Zweck dienen, einen Kommunikationsanlass zu kreieren und bestimmte Facetten der Positionierung zu dramatisieren (beispielsweise den Selbstanspruch der Innovationsfähigkeit), bieten
unsichtbare Dienstleistungen hierzu keine Gelegenheit. Es ist daher davon
auszugehen, dass die notwendige Aktualisierung und Dramatisierung der Marken beziehungsweise der Markenbildwelt durch den thematisch zielgerichteten
Einsatz ergänzender Kommunikationsmaßnahmen erfolgen muss. Hieraus
lässt sich abschließend folgende Gestaltungshypothese ableiten:
H 4b [Funktion der Markenkommunikation]:
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um
so kommunikationseffizienter, je mehr die Maßnahmen der Markenkommunikation zur Aktualisierung und Dramatisierung konnotativer
und denotativer Positionierungsattribute beitragen.
Stimulus
Organism
Response
Marke für
unsichtbare
Dienstleistungen
ServiceBrandPower
Markenverhalten
Preis
Virtuelle Markenbildwelt
Markenname
Markenzeichen
visuelles
Markenwissen
Leistung
Distribution
Schlüsselbild
Maßnahmen der
Markenkommunikation
Kommunikation
verbales
Markenwissen
Personal
Prozess
Zukunft
Abb. C-32: Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des virtuellen Service Branding
Zusammenfassend zeigt Abbildung C-32 die Gestaltungsvariablen des Service
Branding im Rahmen des kognitionspsychologischen Wirkungsmodells für unsichtbare Dienstleistungen. Die Darstellung verdeutlicht nochmals die inner-
Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding
145
halb des Hypothesengerüsts beschriebene Funktion der virtuellen Markenbildwelt sowie der ergänzenden Maßnahmen der Markenkommunikation als Inputfaktoren des Modells, die auf Basis einer entsprechenden Positionierungsstrategie sowie unter Berücksichtigung der Kriterien der Kommunikationseffizienz mit dem Ziel des Aufbaus innerer Markenbilder zu entwickeln sind. Im
Vergleich zum allgemeinen Wirkungsmodell des Service Branding234 entfällt
hierbei die Darstellung der Wahrnehmungsphasen, da unsichtbare Dienstleistungen in der Phase der Leistungserstellung aus den genannten Gründen
keinen Beitrag zum Aufbau visuellen Markenwissens leisten und die virtuelle
Markenbildwelt daher als Stimulus nur außerhalb der Leistungserstellung in
den Phasen der Leistungserwartung und Leistungserinnerung wirkt.
Die Überprüfung der Frage, inwieweit diese hypothetisch beschriebenen Elemente, Funktionen und Zusammenhänge in der Praxis eine Rolle spielen, wird
Aufgabe der folgenden empirischen Fallstudienforschung sein.
234
Vgl. Abb. C-23.
146
Kapitel C
D
Fallstudien:
Virtuelles Service Branding in der Praxis
Am Beispiel des deutschen Telekommunikationsmarktes fokussiert das Kapitel
als empirisch-prüfender Teil der Arbeit die Umsetzung des virtuellen Service
Branding in der Praxis. Im Mittelpunkt steht die qualitativ-empirische Untersuchung der Markenauftritte ausgewählter Telekommunikationsdienstleister sowie - als branchenübergreifende Beispiele für weitere Vertreter unsichtbarer
Dienstleistungen - zweier Energiedienstleister, die vor dem Hintergrund der
zuvor evaluierten Hypothesen strukturiert und analysiert werden. Neben der
Gewinnung von ergänzenden, auch zur situativen Relativierung geeigneten Erkenntnissen besteht die Zielsetzung der Mehr-Fallforschung darin, die konzeptionell entwickelten Gestaltungshypothesen auf Basis einer abschließenden
fallübergreifenden Cross-Case-Analyse zu beurteilen, um eine solide Grundlage für die Ableitung anwendungsorientierter Handlungsempfehlungen zu schaffen.
1.
Auswahl und Aufbau der Fallstudien
Die Auswahl der acht Fallobjekte (Abb. D-1) erfolgte nach verschiedenen
Kriterien. Zunächst wurden durch die Wahl der sechs neuen1 Telekommunikationsdienstleister die drei Anbietergruppen des Telekommunikationsmarktes
(Festnetzbetreiber, Mobilfunknetzbetreiber, Service Provider)2 umfassend abgedeckt und in den jeweiligen Segmenten zugleich die marktführenden unter
den alternativen Anbietern ausgewählt (Arcor, Vodafone, debitel). Ein weiteres
Kriterium bestand in der Berücksichtigung der unterschiedlichen Historie der
jeweiligen Marken: Während einige Anbieter bereits seit der Öffnung ihres jeweiligen Segments operativ tätig waren und zum Teil erst in der Entfaltung des
späteren Massenmarktes als Marke aufgebaut wurden (debitel, E-Plus, mobilcom), stand der Eintritt anderer Anbieter in den deutschen Telekommunikationsmarkt bereits unter dem Vorzeichen des bewussten Markenaufbaus (Arcor,
Vodafone, O2). Dabei stehen Vodafone und O2 zugleich als exemplarische
Beispiele für Markenmigrationen3 durch Firmenübernahmen, deren Analysen
zugleich interessante Erkenntnisse bezüglich des Aspekts der Internationalisie1
2
3
Unter neuen oder alternativen Anbietern sind auf liberalisierten Märkten die Herausforderer des
Ex-Monopolisten zu verstehen. Aufgrund zahlreicher Besonderheiten, die den Ex-Monopolisten
zwar als Einzelfall, nicht aber als Beispielfall zur Ableitung übergreifender Handlungsempfehlungen interessant erscheinen lassen, wird auf dessen Betrachtung verzichtet (vgl. Kapitel B 2.1.1).
Vgl. Kapitel B 1.4.
Vgl. Esch 2004, S. 211.
148
Kapitel D
rung versprechen. Während die übrigen Anbieter auf den deutschen Markt
ausgerichtet sind oder waren, wurden die Marken Vodafone und O2 im Rahmen eines globalen bzw. europaweiten Service Branding auf den deutschen
Markt übertragen.
Zur Analyse branchenübergreifender Fallbeispiele wurde der hart umkämpfte
Markt für Energiedienstleistungen fokussiert. Vor dem Hintergrund der Problemstellung sowie der konzeptionellen Ergebnisse stellt sich dieser Markt
ebenfalls als interessanter Kontext zur Untersuchung des Service Branding für
unsichtbare Dienstleistungen dar. Mit den Unternehmen Yello Strom und E.ON
wurden dabei zwei Anbieter mit unterschiedlicher Ausgangssituation gewählt,
die in jüngster Zeit mit aggressiven Service-Branding-Strategien für Aufsehen
sorgten.
Die Struktur der Fallstudien orientiert sich an den evaluierten Gestaltungshypothesen (Abb. D-1): Einem jeweiligen Kurzporträt des Unternehmens
schließt sich die Analyse der strategischen Positionierung als Ausgangsbasis
des virtuellen Service Branding an, gefolgt von der Analyse der Markenbildwelt
sowie exemplarischer Maßnahmen der Markenkommunikation. Die Fallstudien
schließen mit einer Kurzbeurteilung, die im Rahmen der anschließenden fallübergreifenden Cross-Case-Analyse anhand einzelner Aspekte der Kommunikationseffizienz weiter vertieft wird.
Fall
Unternehmen
Branche
1
Arcor
TK
1
Kurzporträt Unternehmen
2
debitel
TK
2
Analyse Markenpositionierung
3
E-Plus
TK
3
4
mobilcom
TK
Analyse virtuelle Markenbildwelt
Fallweise Darstellung der Entwicklung und des
Einsatzes virtueller Markenbildwelten und deren
Kernelemente
5
O2
TK
4
Analyse Markenkommunikation
Fallweise Darstellung exemplarischer Maßnahmen
6
Vodafone
TK
5
Kurzbewertung
7
Yello Strom
Energie
8
E.ON
Energie
Abb. D-1:
Struktur der Fallstudien
Auswahl und Aufbau der Fallstudien
Fallübergreifende Cross-Case-Analyse
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
2.
149
Erhebung der Fallstudien
2.1 Arcor: Markenpionier im Festnetzsegment
2.1.1 Das Unternehmen im Kurzprofil
Die heutige Arcor AG & Co, 1997 als Mannesmann Arcor von CNI Communications Network International und der Bahn-Tochter DBKom gegründet, startet
nach der Liberalisierung des deutschen Telekommunikationsmarktes am 1.
Januar 1998 in das Privatkundengeschäft. Seitdem trägt Arcor seinen heutigen
Namen.
Arcor
Kurzprofil
Unternehmen
Gesellschafter
Marktstart
Tochterunternehmen/
Beteiligungen
Geschäftszweck
Zielgruppe
Geschäftsfelder/
Dienstleistungsangebot
Arcor AG & Co., Eschborn
„
„
„
Vodafone Group Plc (74%)
Deutsche Bahn AG (18%)
Deutsche Bank AG (8%)
Januar 1998 (als Mannesmann Arcor)
„ ISIS Multimedi a Net GmbH & Co. KG
„ Netcom Kassel Gesellschaft für Telekom munikation mbH
Festnetzbetreiber:
Anbieter von Sprach-, Internet- und Datendienstleistungen über ein
eigenes, bundes weit flächendeckendes Sprach- und Datennetz (ca. 22.000
km Glasfaserkabel)
Privat- und Geschäftskunden
Privatkunden:
„ Arcor-ISDN/ DSL
„ Arcor-Preselect (feste Voreinstellung) und Arcor-Call by Call
„ Arcor-Internet by Call
„ Onlinedi enste (arcor.de)
„ Video on Demand
„ Arcor JuniorNet (Internetzugang für Kinder)
„ Telefonauskunft 11 888
Geschäftskunden:
„ ISDN
„ Telefonkonferenzen und Servicerufnummern
„ flexible Bandbreiten für Internet-Zugänge
„ komplexe Internet- und Intranet- Lösungen für Unternehm en.
Kennzahlen 2003/2004 Umsatz: 1,4 Mrd. EUR
Kunden: 7,2 Mio.
Mitarbeiter: 3.930
Vertrieb
Abb. D-2:
Direktvertrieb: Eigener Vertrieb über 9 Regionen (Berlin, Dresden,
Hamburg, Hannover, Essen, Köln, Frankfurt am Mai n, Stuttgart, München)
Indi rekter Vertrieb: Kooperationen mit Distributoren, Fachhändlern etc.
Arcor: Kurzprofil
Nach der Übernahme und späteren Integration des Festnetzbetreibers o.tel.o
1999 bzw. 2001 wird Mannesmann seinerseits 2001 von Vodafone übernommen. Über ein eigenes bundesweit flächendeckendes Sprach- und Datennetz
bietet das Unternehmen seinen 7,2 Millionen Privat- und Geschäftskunden ein
150
Kapitel D
breites Spektrum an Telekommunikationsdienstleistungen im Festnetz- und Internetzugangsbereich (Abb. D-2). Mit einem Gesamtumsatz von ca. 1,4 Milliarden EUR (2003) und einem Marktanteil von 5,4 Prozent hat sich die VodafoneTochter mittlerweile als erfolgreichster Herausforderer der Deutschen Telekom
im Festnetzbereich etabliert.4
2.1.2 Entwicklung der strategischen Positionierung der Marke Arcor
Die Entwicklung und der Aufbau der Anfang 1997 entstandenen Marke Arcor
erfolgt im Rahmen einer unternehmensstrategischen Gesamtplanung im Auftrag des Vorstands: „Wir brauchen schnellstens einen neuen Namen für das
Joint-Venture von DBKom und CNI, der kundenorientiert ist, glaubwürdig und
kompetent klingt und die neue Dienstleistung „greifbar“ macht. Darüber hinaus
muss der Name international einsatzfähig und juristisch schutzfähig sein.“5 In
der Gründungsphase verfügt Mannesmann mit D2 bereits seit 1991 über einen
„hervorragend eingeführten Brand, der für hohe Qualität und Zuverlässigkeit im
Mobilfunk steht.“ Das Festnetz solle mit einer neuen, eigenständigen und ergänzenden Marke angegangen werden, die sich damit eindeutig auf ein Segment konzentriert, zugleich aber durch eine formale Anlehnung an D2
Synergieeffekte in Form eines positiven Imagetransfers nutzt. Die ZweiMarken-Strategie diene dabei zur effizienteren Bearbeitung unterschiedlicher
Zielgruppensegmente. In der Gründungsphase fokussiert D2 intensiv die Zielgruppe „Youngster“, die im Bereich Festnetz noch keine Rolle spielt. „Hier sind
also unterschiedliche Marketingfokussierungen bzw. Geschäftsausrichtungen
erforderlich, die durch separate Unternehmen bzw. Konzerneinheiten einfach
besser zu leisten sind.“6 Auch nach der Übernahme des MannesmannKonzerns durch Vodafone wird diese Doppelstrategie mit den Marken Vodafone (D2) und Arcor beibehalten. Arcor ist positioniert als engagierter Anbieter
von kunden- und zukunftsorientierten Telekommunikationsdienstleistungen und
steht damit gleichermaßen für Kompetenz, Größe, Dynamik und Kundennähe
im deutschen Festnetz.7
2.1.3 Entwicklung der virtuellen Arcor-Markenbildwelt8
Der Ausgangspunkt des Markenauftritts ist die Entwicklung eines geeigneten
Markennamens gewesen. Mit dieser Aufgabe wurde eine Namensagentur9 betraut, die mit Hilfe von Computerprogrammen und Datenbanken über 10.000
Markennamen ableitete, von denen in einem mehrstufigen Auswahlverfahrens
schließlich der Kunstname Arcor ausgewählt wurde. Mit der völlig neuen Namenskreation werde das Ziel verfolgt, eine Marke neu aufladen und mit Image
4
5
6
7
8
9
Vgl. Arcor 2004; Fiutak 2003.
Nomen International Deutschland 2004.
Kögler 1999, Expertengespräch.
Vgl. Mihatsch 1997, S. 1.
Vgl. zu diesem Kapitel Arcor 1997; Kögler 1999, Expertengespräch.
Die Entwicklung des Markennamens erfolgte durch die Düsseldorfer Namensagentur Nomen.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
151
besetzen zu können, um die Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit der Marke zu sichern. Neben formalen Anforderungen wie internationale Einsatzfähigkeit, Internetfähigkeit (Domain-Name) oder markenrechtliche Schutzfähigkeit
solle der Name aus nicht mehr als drei Silben bestehen und Assoziationen zu
Partnerschaft, Leistung und Kommunikation wecken. Auf einen typischen „Telekommunikationsnamen“, etwa mit den Silben „tel“, „kom“ oder „com“, wird
ebenso bewusst verzichtet wie auf die Benutzung des Buchstaben T (Telekom). Der harte, aber harmonische Wortklang soll die Markenattribute Dynamik, Stärke und Größe unterstützen. Inhaltlich ist der Name an das
französische arc d’or angelehnt, symbolisiert und spannt somit auch „den goldenen Bogen zum Kunden“. Bei der Gestaltung des Markenzeichens (Abb. D3) stand die damalige Markenschwester D2 Pate. Die gewünschte Anlehnung
an die zum Zeitpunkt der Entwicklung Arcor’s bereits seit sieben Jahren bestehende Marke erfolgt formal über die gleiche Farbgebung im Rahmen der
Wortmarke sowie der Werbung: Die Grundfarbe beider Markenschriften ist
blau, die Wiedererkennung zur D2 Wortmarke wird durch die Verwendung des
„roten Telefonhörers“ über dem Buchstaben „R“ der Wortmarke Arcor (bzw. der
Ziffer „2“ der Wortmarke D2) gewährleistet. Das Arcor-Markenzeichen bleibt
auch nach der Trennung von D2 und der Übernahme durch Vodafone bis heute
unverändert.
Arcor
„the telephone
people“
Abb. D-3:
Arcor: Schlüsselsignale der Marke (Name, Zeichen, Schlüsselbild („Rotschopf“), Claim)
152
Kapitel D
2.1.4 Kommunikation der Marke
Ein Schlüsselbild für Arcor ist erst in einem weiteren Schritt, nämlich im Rahmen der ersten Markenkommunikation und damit unabhängig von der Entstehung und Gestaltung des Namens und des Logos, entwickelt worden:
Rothaarige telephone people werden seit der Einführungsphase prägnant als
Erkennungszeichen der Marke eingesetzt (Abb. D-3, D-4).10 Formal angelehnt
an den roten Telefonhörer des Markenzeichens sollen sie für Kundennähe und
Kompetenz des Anbieters stehen und damit einen assoziativen Gegenpol zum
anonymen Ex-Monoplisten schaffen. Abgerundet wird die Markenbildwelt durch
den langzeitigen Einsatz des Claims „Arcor the telephone people“, der nochmals die kundenorientierte Ausrichtung der Marke verbal unterstreicht.
Abb. D-4:
Arcor: Werbekampagnen1998 (oben: Markteinführung), 2001 (DSL), 2003 (DSL-Flatrate)
Während die Markensignale in den Kampagnen der Markeneinführung primär
zur Vermittlung differenzierender Imageeigenschaften eingesetzt worden sind,
dienen die telephone people in weiteren Kampagnen vorrangig als Wiedererkennungsfaktor und Kommunikationsplattform zum Transport leistungs- beziehungsweise nutzenorientierter Werbeaussagen (Abb. D-4). Seit dem Jahr 2000
wird zudem der Claim „enjoy communication“ eingesetzt, der ebenfalls auf leistungsnutzenbezogene Aspekte der Positionierung abhebt.
10
Die Entwicklung der „Rotschopf-Kampagne“ erfolgte durch die Hamburger Werbeagentur Töpfer
Grenville Crone.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
153
Neben der klassischen Werbung (Print, TV, Hörfunk) sowie der Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit spielen Below-The-Line-Maßnahmen eine weitere Rolle in
der Markenkommunikation. Seit seiner Gründung ist das Unternehmen vor allem im Sportsponsoring aktiv und fungiert, neben Engagements im Automobilsport und Eishockey, seit September 2001 als Hauptsponsor des FußballBundesligisten Hertha BSC Berlin. Aufgrund der publikumsbreiten Wirkung
sowie der Eigenschaften als dynamische und wettbewerbsorientierte Sportart
genießt Fußball eine allgemein hohe Attraktivität als Werbeträger und Kommunikationsvermittler.11 In einer offiziellen Begründung hat Arcor-Vorstandsmitglied THIEMANN darauf hingewiesen, dass Arcor (blau-rot) und Hertha (blauweiß) von ihren Farben her sehr gut zusammenpassten und sich die „Teams“
als größter Konkurrent der Telekom im Festnetz bzw. als Verfolger der Bundesliga-Spitze jeweils in der Rolle des Herausforderers befänden.12
2.1.5 Kritische Kurzbewertung
Arcor gehört - neben dem in Arcor aufgegangenen Festnetzanbieter o.tel.o - zu
den Markenpionieren der Telekommunikationsbranche. Eine Bewertung des
Arcor-Service Branding aus heutiger Sicht sollte daher auch unter Berücksichtigung der Umfeldsituationen zum Zeitpunkt der Entwicklung erfolgen. Vor diesem Hintergrund baut die Marke Arcor auf einer weitgehend integrierten und
innovativen Markenbildwelt auf: Vor allem das langzeitig eingesetzte Schlüsselmotiv „Rotschopf“ sowie der unterstützende Claim „telephone people“ verkörpern mit visueller Kraft zentrale emotionale Werte der Positionierung und
leisten einen nachhaltigen Beitrag zum Aufbau eines inneren, differenzierenden
Markenbilds. Allerdings ist aus Sicht der konzeptionellen Überlegungen dieser
Arbeit zu kritisieren, dass sich dieses visuelle Kernelement der Markenbildwelt
nicht aus der Marke bzw. einer Markenidee selbst heraus ergibt, sondern erst
im Rahmen einer kreativen Kommunikationsidee entwickelt wurde: Insofern ist
eine mangelnde inhaltliche Integration von Markennamen und -zeichen auf der
einen und Schlüsselbild auf der anderen Seite festzustellen, wenngleich diese
Elemente aufgrund der Farbgebung eine formale Beziehung zueinander aufweisen. Im Ergebnis aber verkörpert der Markenname Arcor originär weder eine Idee, noch unterstützt er den Aufbau eines inneren Markenbildes, sondern
wird erst durch eine kreative, nicht zwingend vorhandene Kommunikationsidee
aufgeladen. Mit anderen Worten: Nicht die Marke, sondern die Markenkommunikation bestimmt den visuellen Markenauftritt. Wenngleich dies im vorliegenden Fall erfolgreich gelungen scheint, bleibt festzuhalten, dass es sich hierbei
nicht um das Resultat eines integrierten Branding Prozesses handelt, was unter dem in den Hypothesen postulierten Aspekt der Kommunikationseffizienz
einer Marke mit gewissen Risiken behaftet sein kann (defizitäre Markenwirkung, Abhängigkeit von Werbeagentur etc.).
11
12
Kicker Sportmagazin 2002, S. 18.
Vgl. Thiemann 1999.
154
Kapitel D
2.2 debitel: Vom Unternehmensnamen zum Markennamen
2.2.1 Das Unternehmen im Kurzprofil
debitel wird 1991 als Gemeinschaftsunternehmen der heutigen DaimlerChrysler-Services (debis) sowie der Metro Holding AG gegründet, um als private und
netzunabhängige Telefongesellschaft Mobilfunkdienste zu vermarkten.13 Seit
der Liberalisierung des deutschen Festnetzmarktes im Januar 1998 bietet debitel ergänzend innovative Dienste und Anwendungen im Festnetz- und Internet an. Mit rund 10 Millionen Kunden und eigenen Gesellschaften in
Frankreich, Dänemark, Slowenien und den Niederlanden ist debitel der größte
netzunabhängige Service Provider Europas und der drittgrößte Mobilfunkanbieter Deutschlands.14
debitel
Kurzprofil
Unternehmen
debitel AG, Stuttgart
Gesellschafter
„
„
Marktstart
Tochterunternehmen/
Beteiligungen
Geschäftszweck
Zielgruppe
Geschäftsfelder/
Dienstleistungsangebot
Permira (96%)
free float (4%)
Januar 1992
„ debitel Nederl and B.V.
„ debitel France S.A.
„ debitel Danmark A/S
„ debitel Telekomunikacije, d.d. Ljubljana
„ debitel Espana S.A
„ debitel Austria Kommunikationstechnik GmbH
„ debitel Vertriebs GmbH
„ debitel Multimedia GmbH
„ Dangaard Telecom Holdi ng A/S
„ Midray GmbH
„ paybox.net AG
„ jamba! AG
Service Provider (ohne eigenes Netz)
Privat- und Geschäftskunden
Konvergenzprodukte aus
„ Mobilfunk
„ Festnetz
„ Internet
Kennzahlen 2003/2004 Umsatz: 3,0 Mrd. EUR
Kunden: 10,3 Mio.
Mitarbeiter: 3.100
Vertrieb
Abb. D-5:
Direktvertrieb über ca. 100 debitel-Center
Ca. 6000 Verkaufsstellen über Vertriebspartner in Fachhandel und Großfläche (Media Markt, Saturn, METRO, Kaufhof etc.)
debitel: Kurzprofil
Nach dem Börsengang 1999 wird debitel im gleichen Jahr von der Swisscom
AG durch Erwerb der Aktienmehrheit übernommen. Im April 2004 wiederum
13
14
Vgl. debitel 1999b, S. 17.
Vgl. debitel 2003a, S. 5 f.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
155
kauft die luxemburgische, von dem europäischen Private Equity-Unternehmen
Permira gesteuerte Telco Holding S.à.r.l. die Swisscom-Anteile und ist seitdem
mit 96 Prozent Mehrheitsaktionär.
Als selbständig agierendes Unternehmen nutzt debitel die Kapazitäten der
Netzbetreiber D1, D2 und E-Plus, um deren Produktpalette anzubieten und eigene Produkte und Dienste zu entwickeln. debitel investiert nicht in Netze,
sondern konzentriert sich auf seine Kernkompetenzen: das Angebot mobiler
und multimedialer Dienste über ein mit rund 6000 Verkaufsstellen außerordentlich dichtes Vertriebsnetz. Heute sieht sich das Unternehmen als Enhanced
Service Provider (ESP), als „Anbieter ausgereifter Mehrwert-Dienstleistungen
rund um die Telekommunikation“.15 Ziel ist es, dieses bei der Mobilfunkgeneration GSM erfolgreiche Geschäftsmodell weiter auszubauen und auf UMTS zu
übertragen. Damit sichere sich das Unternehmen seine Teilnahme an diesem
Zukunftsmarkt, ohne die erheblichen finanziellen Belastungen für Lizenzgebühren und Netzinfrastruktur tragen zu müssen. Mit den wichtigsten deutschen
UMTS-Netzbetreibern Vodafone D2, T-Mobile und E-Plus hat debitel Verträge
abgeschlossen, die den Zugang zu UMTS langfristig gewährleisten.16
2.2.2 Entwicklung der strategischen Positionierung der Marke debitel
Die Marke debitel gehört - ähnlich wie Arcor auf dem Festnetzmarkt - zu den
Pionieren des Mobilfunksegments. Gegründet als strategisches Geschäftsmodell, vereint das Unternehmen in der Anfangsphase die exzellente Managementkompetenz des damaligen Daimler-Benz-Konzerns mit der umfassenden
Vertriebskompetenz der Metro-Gruppe und profitiert von dieser entscheidenden Weichenstellung bis heute. In dieser frühen Marktphase, in der mobile
Kommunikation noch keine Selbstverständlichkeit ist, fokussiert das Unternehmen primär das Business-Segment. Die Themen Marke und Positionierung
spielen daher noch bis Ende der 90er Jahre eine gänzlich untergeordnete, von
debitel möglicherweise unterschätzte Rolle.
Vor dem Hintergrund einer bis dahin undifferenzierten und unklar positionierten
Marke mit geringer Bekanntheit ändert debitel „im Hinblick auf zukünftige
Marktveränderungen“ im Jahr 2000 seine Positionierungsstrategie.17 Das Ziel
bestehe darin, aufgrund der zunehmenden Sättigungstendenzen des Mobilfunkbereichs und des hieraus entstehenden Verdrängungswettbewerbs neben
15
16
17
debitel 2003a, S. 5.
Vgl. Swisscom 2003, S. 38 f.
debitel 2001, S. 11. Nach eigenen Angaben verfügte debitel Ende 2000 noch immer über einen
„sich stabilisierenden“ Bekanntheitsgrad von 50 Prozent in der Gesamtbevölkerung und von rund
66 Prozent in der fokussierten Zielgruppe der 14 bis 49jährigen (vgl. a.a.O.). Nach einer Untersuchung von TNS emnid verfügen die Netzbetreiber bei deutschen Mobilfunknutzern ab 14 Jahren über eine signifikant höhere Bekanntheit (gestützte Erinnerung T-D1: 97%; Vodafone D2: 97
%; E-Plus: 96%; Viag Interkom: 88%) als Service Provider (gestützte Erinnerung Talkline: 50%).
Vgl. hierzu Zütphen 2002, S. 23.
156
Kapitel D
der Akquisition lukrativer Kunden die emotionale Bindung bestehender Kunden
zu erhöhen. Nach Angaben ihres Vorstandsvorsitzenden Peter Wagner investiere debitel folglich „massiv in den Aufbau einer differenzierenden und klar positionierten Marke“18. Im Ergebnis solle debitel als Dienstleistungsmarke
etabliert und im Wettbewerb, insbesondere unter den Netzbetreibern, differenziert wahrgenommen werden können. Diese Differenzierung solle über die Positionierung der debitel als „objektiver Kommunikationsexperte“ erreicht
werden, welche die Marktstellung als netzunabhängiger Anbieter unterstreiche.
Entsprechend wird die Soll-Positionierung debitels auf die leistungsbezogenen
Attribute unabhängig, kompetent („best in class“), objektiv und international,
aber auch auf die emotionalen Konnotationen kundenorientiert und sympathisch ausgerichtet.19
2.2.3 Entwicklung des Auftritts der Marke debitel
Zur Umsetzung dieser Repositionierung wird im September 2000 eine neue
Kommunikationsstrategie entwickelt. Der Ausgangspunkt des Markenauftritts
bleibt der unveränderte Markenname sowie das bestehende Markenzeichen,
dass nunmehr farblich konstant kommuniziert wird. Der Markenname resultiert
aus der Gründungsphase und gibt mit den Silben „debi“ (debis) und „tel“ einen
Hinweis auf Herkunft und Branche des Unternehmens. Zur werblichen Inszenierung und zur Vermarktung von debitel-Dienstleistungen kommt die schwarzgrüne Wortbildmarke mit dem Claim „Kommunikation ist alles“ zum Einsatz.
Zur Präsentation des Unternehmens, beispielsweise auf Messen, in Halbjahresversammlungen oder auf Geschäftspapieren, kommt allein das Logo zum
Einsatz. Das Markenzeichen ist seit Unternehmensgründung nahezu unverändert, wurde aber in der Vergangenheit formal flexibler kommuniziert, beispielsweise auf blauem Grund.20
Als Schlüsselbild der neuen Markenkommunikation fungiert eine Schlüsselsituation, in der sich jeweils in schwarzweiß zwei oder mehr Personen in einer
stilisierten Bildwelt mit grünem Bildvordergrund unterhalten (Abb. D-6): Das
Schlüsselbild wird somit zum zentralen visuellen Element des Markenauftritts
und stellt aufgrund der Farbwahl eine formale Verbindung zur Wortmarke her.
Die Positionierung der debitel soll so „mit kurzen, klaren, sympathischen und
humorvollen Dialogen vermittelt werden. Denn, wenn es um Kommunikation
geht, solle auch das Gespräch im Mittelpunkt der Werbung stehen.“21 Vorherige Visualisierungsversuche gehören damit der Vergangenheit an: Hier wurden
die Wortbildmarke auf einer Telefonkarte abgebildet oder Menschen, insbesondere Mitarbeiter, mit einer debitel-Telefonkarte gezeigt
18
19
20
21
debitel 2001, S. 6.
Vgl. debitel 2001, S. 11.
Vgl. hierzu exemplarisch debitel 1999b; 1999c.
debitel 2003b.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
157
debitel
„Kommunikation
ist alles“
Abb. D-6:
debitel: Schlüsselsignale der Marke
Die durch die Schlüsselsignale Namen, Zeichen, Schlüsselbild entstehende
Markenbildwelt ist somit gleichzeitig der Kern der Markenkommunikation
(Abb. D-7). Werbeanzeigen und TV-Spots sind auf Dialoge innerhalb des dargestellten Schlüsselbilds reduziert, die in einfacher Form wechselnde leistungsbezogene oder emotionale Botschaften vermitteln sollen. Die formale
Integration des Kommunikationsauftritts setzt sich darüber hinaus in der Gestaltung von Online-Werbeformen (Homepage, Banner, Trailer etc.) fort, die
farblich konsequent auf die Grundfarben abgestimmt sind und somit den Wiedererkennungseffekt der Marke unterstützen.
Außerhalb der klassischen Werbung erfolgt die Markenkommunikation im Rahmen von Sportsponsoring (Fußball, Inlineskating) und gesellschaftlich-sozialen
Engagements (z. B. „PCs für Förderschulen”). Die Auswahl der Sponsoringund Förderungsinitiativen soll dabei in engem Bezug zum Claim der Marke
stehen und die Positionierung des Unternehmens stützen. Als Haupt- und
Trikotsponsor des Bundesligisten VfB Stuttgart sieht debitel diese Gemeinsamkeit auch bei Telekommunikation und Fußball: „Beide fördern die Kommunikation. Der Fußball bringt Menschen zusammen - im Stadion, vor dem Fernseher,
am Stammtisch, in den Familien. debitel bringt Menschen zusammen - über die
mobile Kommunikation und über das Internet.“22
22
debitel 2003c.
158
Kapitel D
;
Abb. D-7:
debitel: Werbekampagne (Print) 2002, 2004
2.2.5 Kritische Kurzbewertung
debitel ist ein exemplarisches Beispiel dafür, dass ein bestehender Unternehmensname zu einem Markennamen ausgebaut werden soll: Nicht der Marke
als solcher, sondern vielmehr der Markenkommunikation kommt in dieser Situation eines nachgebesserten Markenauftritts die Funktion zu, Inhalt und Werte
der Marke bzw. der Positionierung zu vermitteln. Im Ergebnis gelingt debitel
jedoch nur eine hohe formale Integration der Schlüsselsignale. Das Schlüsselbild hat aufgrund der formalen Geschlossenheit hinsichtlich Farbgebung und
Schriftwahl einen hohen Wiedererkennungseffekt, besitzt gleichzeitig einen
hohen Variabilitätsgrad und einen gewissen Unterhaltungswert. Das Bindeglied
zwischen den Schlüsselsignalen Markenzeichen und Schlüsselbild sowie den
ergänzenden Kommunikationsmaßnahmen ist das konsequent standardisierte,
farbliche Erscheinungsbild der debitel: grün-weiß. Für diese Leistung erhielt
debitel 2002 eine Auszeichnung im Rahmen des Deutschen Preises für Wirtschaftskommunikation.23
Die Schwächen der Markenkommunikation offenbaren sich aus kognitionspsychologischer Perspektive an anderer Stelle, nämlich in Bezug auf die mangelnde inhaltliche Integration der Markenbildwelt: Weder der Markenname
23
Vgl. Deutscher Preis für Wirtschaftskommunikation 2002.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
159
noch das Markenzeichen sind aufgrund ihrer Abstraktheit und technischen Kälte geeignet, ein nachhaltiges inneres Vorstellungsbild über die Marke entstehen zu lassen. Name und Zeichen sind daher auch nicht in der Lage, einen
originären Beitrag zur Vermittlung der angebotsbezogenen oder emotionalen
Positionierung zu leisten.
Diese Problematik findet sich regelmäßig bei Anbietern wieder, deren Name in
einer frühen Marktphase aus der Notwendigkeit entstanden ist, ein Unternehmen benennen zu müssen. Sofern nicht im Rahmen einer strategischen Markenneuausrichtung der Name durch eine kreative Leitidee in einen neuen
Kontext24 gestellt oder ein neuer Markenname25 etabliert wird, stellen sich
nachträgliche Kommunikationsstrategien als reine Aufladungskampagnen dar,
ohne eben - wie im vorliegenden Fall - eine inhaltliche Integration der Markenbildwelt bewirken zu können. So ist das debitel-Schlüsselbild „Kommunikation“
- ähnlich wie bei Arcor, aber bei weitem nicht so kreativ und prägnant umgesetzt26 - nur formal an die Schlüsselsignale Name und Zeichen angehängt, ohne eine ein- oder wechselseitige inhaltliche Beziehung aufzubauen. So bleibt
der Markennamen debitel als Markenhülle bestehen, ohne eine kreative Markenidee vermitteln zu können.
Ein weiterer Kritikpunkt scheint bei der Positionierung angebracht: Positionierungstechnisch ist debitel sowohl in der Leistungsbreite wie auch in der Zielgruppenausrichtung auf den Gesamtmarkt Telekommunikation ausgerichtet
und daher wenig fokussiert. Leistungs- und zielgruppenbezogen stellt sich die
Positionierung daher als eine „Alles für jeden“-Strategie dar, die sich schließlich in dem beliebigen und daher austauschbaren Claim „Kommunikation ist alles“ manifestiert. Als leistungsbezogenes Differenzierungsargument dramatisiert debitel als Service Provider vor allem seine Marktposition im Wettbewerb:
Objektivität durch Netzunabhängigkeit. Hier darf bezweifelt werden, inwieweit
eine Beratungsleistung im Vorfeld eines standardisierten Dienstleistungsvertrags ein tatsächliches und relevantes Nutzenversprechen - zumal auf dem zunehmend gesättigten Mobilfunkmarkt - darstellt, das sich zur Profilierung und
Alleinstellung der Marke eignet.
24
25
26
Vgl. hierzu die Fallstudie zu E-Plus im folgenden Kapitel.
Vgl. hierzu Kapitel E 1.3.2.
Zwar gelingt es debitel, mittels der beschriebenen formalen Strenge eine Bildwelt aufzubauen,
ihre Bedeutung erhält sie allerdings erst im konkreten Zusammenwirken mit textlich präsentierten Dialoginhalten. Als rein visuelle Komponente scheint das Schlüsselbild „Gespräch“ daher
auch zu wenig konkret, um für den effizienten Aufbau visuellen Markenwissens geeignet zu sein.
160
Kapitel D
2.3 E-Plus: Repositionierung und Relaunch der Markenbildwelt
2.3.1 Das Unternehmen im Kurzprofil
Als erster E-Netzbetreiber mit Markstart im Jahre 1994 ist E-Plus einer der Pioniere und „Traditionsunternehmen“ des deutschen Telekommunikationsmarktes. Der Mobilfunkanbieter gehört seit Februar 2000 zur niederländischen KPNGruppe, einem international aufgestellten Telekommunikations-Dienstleister,
der in sämtlichen Segmenten des Marktes vertreten ist.27 Die Marke E-Plus
bleibt von dieser Übernahme unberührt. Mit mehr als 8 Millionen Kunden und
einem Marktanteil von etwa 13 Prozent zählt E-Plus nach T-Mobile und Vodafone zu den Main Playern des deutschen Mobilfunkmarktes. Etwa Dreiviertel
des Bundesgebietes werden über die mehr als 12.000 Sendestationen des
engmaschigen GSM-1800-Mobilfunknetzes abgedeckt, womit 98,7 Prozent der
Gesamtbevölkerung erreicht werden.28
E-Plus
Kurzprofil
Unternehmen
E-Plus Service GmbH & Co.KG, Potsdam
Gesellschafter
KPN Mobile N.V.
Marktstart
Geschäftszweck
Zielgruppe
1993 (als E-Plus Mobilfunk GmbH)
Netzbetreiber Mobilfunk:
Errichtung und Betrieb eines bundes weiten digitalen zellularen Mobil funknetzes (E-Netz) auf der Basis von GSM 1800 (High Quality Netzstandard),
GPRS und UMTS
Privat- und Geschäftskunden
Geschäftsfelder/
Dienstleistungsangebot
Voice/ Non-Voice-Services
„ Business Solutions
„ Wholesale
„ Mobile Advertising
Kennzahlen 2003
Umsatz: 2,5 Mrd. EUR
Betriebsergebnis: 620 Mio. EUR
Kunden: 8,2 Mio.
Mitarbeiter: 2.950
Vertrieb
Abb. D-8:
Direktvertrieb über ca. 140 E-Plus-Shops deutschlandweit sowie Internet
Indi rekter Vertrieb über Service Provider (Alphatel, debitel, mobilcom,
Talkline, Telco, The Phone House, VictorVox)
E-Plus: Kurzprofil29
2.3.2 Strategische Repositionierung der Marke E-Plus
Seit seiner Gründung zeichnet sich die Marke E-Plus stets durch hohe Sympathiewerte aus, übte aber in der Vergangenheit als „Hausfrauen- und Studen27
28
29
Vgl. KPN 2003, S. 14.
Vgl. KPN 2003, S. 22.
Vgl. hierzu KPN 2003.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
161
tennetz“ wenig Anziehungskraft auf profitable Mobilfunknutzer aus.30 Vor diesem Hintergrund entscheidet sich E-Plus Anfang 2003 zu einer Neupositionierung der Marke, in deren Mittelpunkt vier Grundaussagen stehen: „(1) Wir
bieten unseren Kunden Produkte an, die einfach zu verstehen sind. (2) Wir
versuchen, immer ein wenig mehr für's Geld zu bieten und liefern, was wir versprechen. (3) Wir wollen menschlicher, sprich näher am Kunden sein und erfahren, was unsere Kunden wünschen. (4) Und wir suchen die Herausforderung, indem wir den Markt und unsere Kunden mit innovativen Produkten
überraschen.“31 Durch diese Leitwerte solle sich die Marke emotional und
dienstleistungsbezogen gegen die etablierten Wettbewerber (T-Mobile, Vodafone) wie auch gegen den ambitionierten „Nachzügler“ O2 abgrenzen.32 Gleichzeitig sollen die Kunden E-Plus als noch sympathischer, ansprechender und
„anfassbarer“ erleben. „Die Neupositionierung der Marke untermauert unsere
Strategie, die starke Marktposition von E-Plus weiter auszubauen. Dabei geht
es darum, bestehende Kunden zu binden und neue Kunden zu überzeugen.“33
Entsprechend werden als Zielgruppe alle potentiellen E-Plus-Kunden (Kunden
der Wettbewerber) sowie alle E-Plus-Bestandskunden angesprochen, wobei
potentiell profitable Privatkunden (technikbegeisterte Medienpioniere, pragmatische Vieltelefonierer, „Handyjugendliche“) im Mittelpunkt des Interesses stehen.
Die Umsetzung der Positionierung basiert auf der Markenidee „Ein Plus verbindet“, die den Urgedanken von Kommunikation formuliert.34 Diese kreative
Leitidee soll zum Ausdruck bringen, dass die „neue“ Marke - im Unterschied zu
diversen Wettbewerbern - nicht primär für den „aufgeregten“ Umgang mit neuer Technik und Produkten um der Innovation willen steht, sondern stärker eine
emotionale Seite der mobilen Kommunikation betont: „E-Plus will nicht nur
Handys und Tarife verkaufen. E-Plus ermöglicht es den Menschen zusammenzukommen, Spaß zu haben, Probleme und Glück zu teilen.“35 Kundenbedürfnisse, an denen sich Technologien und Innovationen auszurichten haben,
rücken ins Zentrum des eigenen Markenverständnisses.
2.3.3 Relaunch der virtuellen E-Plus-Markenbildwelt
Die Umsetzung der Markenidee erfolgt durch einen Relaunch der E-PlusMarkenbildwelt (Abb. D-9) mit der Zielsetzung, die neue Positionierung von EPlus zu kommunizieren und das Image der Marke in genau definierten Facetten deutlich zu profilieren.36 Im Mittelpunkt steht dabei ein Pluszeichen als
30
31
32
33
34
35
36
Vgl. Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) 2004, S. 383 f.
E-Plus 2004a.
GWA 2004, S. 384.
Uwe Bergheim, Chief Executive Officer von E-Plus, zitiert nach E-Plus 2003a.
Der neue Markenauftritt wurde von der Hamburger Werbeagentur KNSK entwickelt.
GWA 2004, S. 385.
GWA 2004, S. 384.
162
Kapitel D
Schlüsselsymbol der Marke, das als verbindendes Element die Kommunikationsidee visualisiert und grundsätzlich ein „Mehr“ symbolisiert: mehr Kundennähe, mehr Leistung, mehr Neues oder kurz: 37 „Mehr als Andere“. Im Rahmen
des Relaunch wird das Pluszeichen gleichzeitig in das Markenzeichen integriert und stellt so den bestehenden Markennamen, der historisch bedingt die
Eigenschaft des Anbieters als Betreiber des so genannten E-Netzes beschreibt, in einen neuen Kontext.
E-Plus
„Ein Plus verbindet“
Abb. D-9:
E-Plus: Schlüsselsignale der Marke
2.3.4 Kommunikation der Marke
Die kommunikative Umsetzung der Markenidee erfolgt seit April 2003 in einem
breit angelegten Kommunikationsmix aus Plakat-, Anzeigen-, TV- und sonstiger Werbung. Den Schwerpunkt der ersten Kampagne bilden Printmotive und
ein TV-Spot, die bildstark und emotional die Qualität und Kompetenz der Marke E-Plus verdeutlichen sollen: Der TV-Spot zeigt, unterlegt mit dem BeatlesSong "Hello, Goodbye", Menschen, die in unterschiedlichen Situationen durch
ein vignettenhaftes Pluszeichen verbunden werden. Auch die Printmotive, die
in Publikumszeitschriften und überregionalen Tageszeitungen geschaltet werden, zeigen jeweils zwei Personen, die durch ein Plus verbunden sind (Abb. D-
37
GWA 2004, S. 385.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
163
10, oben links). Damit transportiert die Kampagne die Markenidee, dass der
Mobilfunk inzwischen zu einem wichtigen sozialen Bindeglied geworden ist:
„Es verbindet die Menschen nicht nur technisch, sondern auch sehr emotional.“38 Die Integration des Pluszeichens als Schlüsselsymbol sowie der Claim
"Ein Plus verbindet" sollen dabei für die Rolle der Marke stehen, Menschen
durch mobile Kommunikation miteinander zu vernetzen und ihr Leben damit zu
bereichern.
Abb. D-10: E-Plus: Werbekampagnen Print (oben links), Internet (unten links), TV (rechts)
Das Schlüsselsymbol steht auch im Mittelpunkt weiterer Kampagnen,39 in denen Menschen wiederum durch ein Pluszeichen verbunden oder im unmittelbaren Umfeld eines Pluszeichens gezeigt werden. Das Zeichen erscheint
allerdings nicht mehr als Vignette im Rahmen eines collagierten Alltagsmotivs,
sondern entsteht abstrahiert als dramatisierte Form unmittelbar aus dem konkreten Bildzusammenhang: So werden etwa Fensterkreuze, Straßenkreuzun38
39
BBDO Germany 2004.
Vgl. E-Plus 2003b, 2004b.
164
Kapitel D
gen oder sonstige kreuzähnliche Formen als Pluszeichen interpretiert, die
Menschen umgeben oder verbinden. Das originäre E-Plus-Pluszeichen erscheint lediglich innerhalb des Claims und der Wortbildmarke (Abb. D-10,
rechts). Diese Kampagne betont noch einmal stärker die Motive Mensch, Emotion und Leidenschaft und präsentiert die Marke als Selbstverständlichkeit im
Alltagskontext. Während im Rahmen der Kampagne „unter dem Jahr“ primär
neue Tarife kommuniziert werden, wird der Werbeeinsatz in der vertriebsstarken Weihnachtszeit auf imagewirksame Botschaften konzentriert.40 Durch die
anlassbezogene Nutzung von zeitgemäß interpretierten und im kollektiven
Wahrnehmungshaushalt verankerten Bildmotiven (etwa ein Paar vor einem
Weihnachtsbaum) trägt die Kampagne so deutlich zur Emotionalisierung und
Aktualisierung der Marke bei (Abb. D-10, unten links).
2.3.5 Kritische Kurzbewertung
Vor dem Hintergrund der konzeptionellen Ergebnisse dieser Arbeit zeigt die
Repositionierung der Marke E-Plus und deren Umsetzung interessante Aspekte mit Blick auf den Aufbau innerer Markenbilder: Die Entwicklung der die NeuPositionierung verbalisierenden Leitidee „Ein Plus verbindet“ kann dahingehend interpretiert werden, dass ausgehend von einem eher technisch besetzten Markennamen Anknüpfungspunkte zu dessen Visualisierung gesucht und
gefunden wurden. Im Ergebnis entsteht eine Markenbildwelt, in deren Zentrum
das Pluszeichen als das alles verbindende Schlüsselsymbol steht. Die Korrektur bzw. Ergänzung des Markenzeichens durch das Pluszeichen bewirkt eine
integrierende, sich gegenseitig unterstützende Wirkung der drei Schlüsselsignale Markenname, Markenzeichen und Schlüsselbild. Die Qualität dieses Service-Re-Branding ist dabei um so höher einzuschätzen, da es an einem
bestehenden Markennamen ansetzt, der durch eine neue Interpretation in einen innovativen Gesamtkontext gestellt und zu einem integralen Bestandteil
einer neuen, virtuellen Markenbildwelt wird.
Diese Bewertung wird durch den empirisch nachgewiesenen Erfolg der Marken-Repositionierung und ihrer Umsetzung bestätigt:41 Im Rahmen einer psychologischen Marktstudie des Instituts IFM im April 2004 ist eine deutliche
Stärkung des Images von E-Plus in Richtung der gewünschten Dimensionen
festgestellt und dem neuen Markenauftritt im Wettbewerbsvergleich die positivste Wirkung zugeschrieben worden. Auf quantitativer Ebene manifestiert
sich der Erfolg in verschiedenen Bereichen: So stieg seit Beginn des neuen
Markenauftritts die spontane Werbeerinnerung auf 27 Prozent und liegt damit
deutlich vor den Wettbewerbern T-Mobile (17 Prozent) und Vodafone (21 Prozent). Die Effizienz des Markenauftritts bestätigt sich vor dem Hintergrund des
Budgets: So musste etwa Vodafone für die gleiche durchschnittliche Werbeer40
41
Vgl. GWA 2004, S. 385.
Vgl. zum Folgenden GWA 2004, S. 385 ff.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
165
innerung 2003 47 Prozent mehr investieren. Gleichzeitig gelang E-Plus als einzigem Mobilfunkanbieter in 2003 eine Steigerung der Kaufbereitschaft: Sowohl
der „Relevant Set“ als auch die „Forced Choice“ konnten gegenüber den Konkurrenzmarken signifikant gesteigert werden.
E-Plus stellt damit ein interessantes Beispiel für die Möglichkeit dar, von einem
vorhandenen Markennamen ausgehend durch die Entwicklung einer herausragenden kreativen Leitidee und der entsprechenden Gestaltung und Korrektur
der Schlüsselsignale eine erfolgreiche, virtuelle Markenbildwelt zu generieren,
die konsumentenseitig die nachhaltige Verankerung eines inneren Markenbildes unterstützt .
2.4 mobilcom: Service Branding in der Krise
2.4.1 Das Unternehmen im Kurzprofil42
Trotz einer noch nicht allzu langen Historie blickt die mobilcom AG auf eine bewegte Vergangenheit zurück. Im Jahre 1991 von Gerhard Schmid in Schleswig
als mobilcom Communicationstechnik GmbH „aus dem Nichts“43 gegründet,
tritt das Unternehmen am Markt zunächst als reiner Mobilfunk Service Provider
auf. Nach der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft 1996 erfolgt im März
1997 der Börsengang: mobilcom gehört damit zu den Pionieren und anfänglichen Outperformern des Neuen Marktes.
mobilcom
Kurzprofil
Unternehmen
Marktstart
Geschäftszweck
Zielgruppe
mobilcom AG, Rendsburg-B üdelsdorf
1991 (als mobilcom Communicationstechnik GmbH)
Service Provider (ohne eigenes Netz):
Konzentration auf die Vermarktung von Mobilfunk verträgen für di e
Netzbetreiber T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2.
Privat- und Geschäftskunden
Geschäftsfelder/
Dienstleistungsangebot
Voice/ Non-Voice-Services
„ Business Solutions
„ Wholesale
„ Mobile Advertising
Kennzahlen 2003
Umsatz: 1,8 Mrd. EUR
Betriebsergebnis: 160 Mio. EUR
Kunden: 4,2 Mio.
Mitarbeiter: 2.970
Vertrieb
Besonderheiten
Direktvertrieb: Shopkette (Franchise-System)
Indi rekter Vertrieb: Vertriebspartnerschaften mit Fachhändlern
Im Geschäftsbereich Festnetz/Internet ist die 76prozentige Tochtergesell schaft freenet.de AG akti v.
Abb. D-11: mobilcom: Kurzprofil
42
43
Vgl. zum Folgenden SES Research 2003; mobilcom 2003.
Dreykluft 2002.
166
Kapitel D
Der Einstieg in das Festnetz- und Internetgeschäft erfolgt 1998 und nur ein
Jahr später wird das Tochterunternehmen freenet.de AG ebenfalls an den
Neuen Markt gebracht. Als weiteres Tochterunternehmen wird der Service Provider Cellway, ursprünglich entstanden aus einer Fusion der Unternehmen Proficom, Martin Dawes und Axicon, von France Telecom übernommen und als
eigenständige Fachhandelsmarke aufgebaut. Im Jahr 2000 beteiligt sich der
französische Staatskonzern France Telecom zu 28,5% an der mobilcom AG
mit der Absicht, gemeinsam gegen den Konkurrenten Deutsche Telekom in
das UMTS-Geschäft einzusteigen. Entsprechend ersteigert die gemeinsam
gegründete mobilcom Multimedia GmbH im August 2000 eine UMTS-Lizenz
auf dem deutschen Markt zu einem Preis von 8,4 Mrd. EUR.
Das Jahr 2002 wird zum Jahr der Krise und des Neubeginns: Aufgrund von
Meinungsunterschieden über UMTS-Geschäftspläne kündigt die hochverschuldete France Telecom überraschend und einseitig den Vertrag mit mobilcom
auf und es folgt die Abberufung von Gerhard Schmid als Vorstandsvorsitzendem. Kurz darauf stellt France Telecom die Zahlungen an mobilcom ein. Nur
durch eine Soforthilfe der Kreditanstalt für Wiederaufbau wird die drohende Insolvenz abgewendet, die Unterstützung eines Bankenkonsortiums ermöglicht
schließlich die Einleitung einer Konzernsanierung. Im Jahr 2003 gelingt die
Rückkehr des angeschlagenen Providers in die schwarzen Zahlen: Anfang
2003 befreien die France Telecom-Aktionäre die mobilcom AG von der Last
der UMTS-Schulden. Ebenfalls wird durch die Platzierung von 3,75 Millionen
freenet-Aktien weiterer Gestaltungsspielraum gewonnen, der die Tilgung der
Rettungskredite sowie die Rückgabe von Bundes- und Landesbürgschaften
ermöglicht. Mit einer ertragsorientierten Wachstumsstrategie und strenger Kostendisziplin belegt mobilcom 2004 - nach debitel - Platz zwei unter den Service
Providern.
2.4.2 Entwicklung der strategischen Positionierung der Marke mobilcom
Nach Höhenflug, Absturz und Sanierung steht die aktuelle Positionierung mobilcoms ganz im Zeichen der Konsolidierung: Es gilt vor allem, verlorenes Vertrauen der Anleger und Kunden zurückzugewinnen, um eine Basis für weitere
Aktivitäten zu schaffen. Das Image der Marke wird dabei allerdings noch nachhaltig von der wechselhaften Unternehmensvergangenheit beeinflusst: In den
90er Jahren verfolgte mobilcom eine klare, wenn auch nicht ganz unabhängige
Markenstrategie: Bezugspunkt war die Deutsche Telekom, zu welcher der Unternehmensgründer einen Gegenpart schaffen wollte. Mit preisaggressiven
Marktbearbeitungsstrategien und Aufsehen erregenden Werbescharmützeln
mit dem Ex-Monopolisten44 sollte mobilcom dem Bekunden Schmids zufolge
44
Während etwa der Schauspieler Manfred Krug als Testimonial für die Deutsche Telekom aktiv
war, präsentierte mobilcom in einer Kampagne Telefonrechnungen von Manfred Krug, die den
Eindruck erwecken sollten, dieser telefoniere privat über mobilcom (vgl. Abb. D-13 links). Erst ge(Fortsetzung der Fußnote auf der nächsten Seite)
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
167
zum „Mobilfunk-Aldi“ der Branche werden.45 Unter dem Claim „Preise verändern die Welt“ galt die 01019-Vorwahlnummer bald darauf als Synonym für
günstiges Telefonieren, selbst wenn mobilcom bald teurer war als mancher
Konkurrent.46 Gleichzeitig aber wurde das Unternehmensimage immer auch
durch einen Touch der Unseriosität belastet, der sich schließlich in den Verwicklungen um die UMTS-Geschäfte und die Beinahe-Insolvenz bestätigte.
Vor diesem Hintergrund steht mobilcom vor der Herausforderung der strategischen Neuausrichtung. Die Unternehmensführung hat dazu in einem ersten
Schritt die Zwei-Marken-Strategie aufgegeben und nutzt seit Ende 2003 den
ehemaligen Cellway Fachhandel zum Vertrieb der identischen Dienstleistungen von mobilcom. Diese Konzentration vermeidet die Notwendigkeit doppelter
Kampagnen und ermöglicht, dass sämtliche Werbemaßnahmen auch dem
Fachhandel zugute kommen.47 Inhaltlich will sich mobilcom als seriöser Anbieter positionieren und auf Kundennähe durch Beratung und Service zurück besinnen. Eine von mobilcom in Auftrag gegebene, repräsentative Studie des
Marktforschungsinstituts FORSA hatte ergeben, dass 93 Prozent der Mobilfunkkunden Wert auf kompetente Beratung legen und 86 Prozent auf einen Verkäufer, der sich Zeit nimmt. 78 Prozent erwarten, dass Produkte und Dienste vor
Ort getestet werden können und der Verkäufer sie zu Tarifen berät.48 „Die Ergebnisse der Befragung sind für uns eine Verpflichtung, im deutschen Markt
einen neuen Standard zu etablieren, der verbesserte Beratung und Service mit
Kundennähe und innovativen Produkten verknüpft.“49 Man setze nun nicht mehr
auf hohe Stückzahlen, sondern auf Qualität. Die neue strategische Ausrichtung
sei entsprechend auf Wert gerichtet, das heißt auf höhere Umsätze pro Kunde
und mehr Gewinn.50
2.4.3 Der neue Auftritt der Marke mobilcom
Als „ein Signal nach außen und innen sowie als Startschuss der neuen Positionierung“51 wird unter Beibehaltung des Markennamens Anfang 2003 zunächst
ein neues Markenzeichen vorgestellt: Farblich formal an die vorherige Wortmarke angelehnt (rot-weiß), erscheint die typografische Gestaltung des neuen
Logos einfacher und moderner. Gegenüber der alten Schreibweise wird der
Firmenname nun klein geschrieben: mobilcom statt MobilCom. Im Unterschied
zu früher tritt die Marke bislang ohne wirkliches Schlüsselbild und Claim auf.
45
46
47
48
49
50
51
gegen Ende der Kampagne wurde ein namensgleicher „Manfred Krug, Architekt“ vorgestellt. In
einer Gegenkampagne des Ex-Monopolisten prägte der „richtige“ Manfred Krug dann den Begriff
der „MogelCom“, der dem Unternehmen lange Zeit als Spitzname anhaftete.
Vgl. Gajek 2004.
Vgl. Nicolai 2002.
Vgl. Gajek 2004.
Vgl. mobilcom 2004.
mobilcom 2004.
Vgl. Winter 2004.
Thorsten Grenz, CEO mobilcom AG, zitiert nach o.V. Heise 2003.
168
Kapitel D
Schlüsselbild:
nicht vorhanden
Mobilcom
Claim:
nicht vorhanden
Abb. D-12: mobilcom: Schlüsselsignale der Marke
Die Kommunikation der Marke erfolgt bisher ohne starken Werbedruck. In der
Print-Kampagne wird versucht, die Positionierung der Kundennähe mit Hilfe
konstanter Bildmotive („Menschen unter blauem Himmel“) zu vermitteln und
das Nutzenversprechen einer individuellen Beratung in den Vordergrund zu rücken (Abb. D-13). Außerhalb der werblichen Markenkommunikation bildet der
Ende 2004 eröffnete Flagship-Store am KaDeWe in Berlin das Kernstück des
Markenauftritts: In diesem Mobilfunk-Shop der neuen Generation können Apparate an einer Test-Theke ausprobiert werden, die Produktinformationen werden automatisch auf moderne Plexiglasträger projiziert. Mit dem neuen
Konzept will mobilcom seinen Kompetenzanspruch im Bereich Service und Beratungskompetenz unter Beweis stellen.52
52
Vgl. mobilcom 2004.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
169
Abb. D-13: mobilcom: Werbekampagnen in der Startphase (links) und nach Sanierung des Unternehmens
2.4.4 Kritische Kurzbewertung
Dem Auftritt der Marke mobilcom, der im Vergleich zur „alten MobilCom“ tendenziell versachlicht ist, ist deutlich anzumerken, dass er (noch) unter starkem
Kosten- und Veränderungsdruck stattfindet. Insofern erscheint es nicht sinnvoll,
zum jetzigen Zeitpunkt eine abschließende Beurteilung vorzunehmen.
Dennoch aber offenbart der bisherige Markenauftritt vor dem Hintergrund der
Unsichtbarkeit der Marktleistungen zentrale Mängel und wirft - gerade im situativen Kontext - kritische Fragen auf: Ähnlich wie im Falle debitel stellt der technisch-konstruierte Markenname mobilcom lediglich eine Unternehmensbezeichnung dar, die keinerlei Ansatzpunkte zum Aufbau eines inneren
Markenbildes bietet oder originär zur Vermittlung einer nachhaltigen Markenidee beiträgt. Vor dem Hintergrund der konzeptionellen Überlegungen zum virtuellen Service Branding ist der Markenname daher tendenziell als
kommunikationsineffizient zu bewerten. Angesichts der völligen strategischen
Umpositionierung der Marke und dem Bemühen um ein seriöseres Erscheinungsbild stellt sich die Frage, wieso der Name, zumal er durch die Vorgänge
der Vergangenheit stark belastet ist, beibehalten wurde. Sicherlich hat man mit
der Übernahme des Namens den erworbenen Bekanntheitsgrad retten können
und Kosten eines Markenwechsels vermieden. Inwieweit dies allerdings vor
dem Hintergrund der zur Vermittlung der neuen Positionierung erforderlichen
Kommunikationsmaßnahmen bei gleichzeitiger Ineffizienz des Namens der
vorteilhaftere Weg ist, bleibt fraglich. Aus dieser Sicht verspricht die Beobachtung der weiteren Entwicklung des mobilcom-Markenauftritts sowie des Gesamtunternehmens einige Spannung.
170
Kapitel D
2.5 O2: Markenbildwelt als internationale Kommunikationsplattform
2.5.1 Das Unternehmen im Kurzprofil
O2 Germany ist im Mai 2002 aus dem Mobilfunkanbieter VIAG Interkom53 hervorgegangen und damit - quasi als Nachzüglerin - die jüngste Marke des deutschen Mobilfunkmarktes. „O2“ steht für mehrere europäische Gesellschaften,
die sich seit dem Jahr 2001 unter dem Dach der britischen Mobilfunk Holding
mmO2 plc. zusammengeschlossen haben.54
O2
Kurzprofil
Unternehmen
O2 (Germany) GmbH & Co. oHG, München
Gesellschafter
mmO2 plc. (Holding)
Marktstart
Geschäftszweck
Zielgruppe
Geschäftsfelder/
Dienstleistungsangebot
1996 (als Viag Interkom)
Mai 2002 (als O2)
Netzbetreiber Mobilfunk:
Errichtung und Betrieb eines bundes weiten digitalen zellularen Mobil funknetzes (E2-Netz) auf Basis von GSM 1800 (High Quality Netzstandard),
GPRS und UMTS, Roaming mit T-M obile.
Privat- und Geschäftskunden
Privatkunden:
„ Mobile Telefonie
„ Internet Dienste per Handy
„ Location Based Services (LBS)
„ Infodienste über SMS, MMS, WAP und Sprache
„ UM TS
Geschäftskunden:
„ Mobile Telefonie
„ Business-Tarife
„ O2 Multicard
„ Mobile Business Solutions
„ WLAN-Service
„ UM TS
Kennzahlen 2003/2004 Umsatz: k.A.
Betriebsergebnis: k.A.
Kunden: 6,7 Mio.
Mitarbeiter: 3600
Vertrieb
Besonderheiten
Direktvertrieb: ca. 470 Shops deutschlandweit
Indi rekter Vertrieb: ca. 9.000 Fachhändler, Großmärkte u.a.
Bis 2004 kein Vertrieb über Service Provider.
Abb. D-14: O2: Kurzprofil
53
54
VIAG Interkom wurde im Jahre 1995 durch ein Joint- Venture der VIAG, Telenor und British Telecommunications gegründet. Nach Erhalt der 4. Deutschen Mobilfunklizenz und als Spätstarter
in den Markt entwickelte VIAG Interkom sein erstes Telekommunikationsprodukt Genion 1999.
Im Januar 2001 erwarb das Unternehmen eine UMTS Lizenz. Kurz darauf wurde British Telecommunications Alleinaktionär der VIAG Interkom und spaltete das Festnetz vom Mobilfunknetz
ab. Durch diese Trennung entstanden zwei unabhängige Unternehmen: VIAG Interkom übernahm das Mobilfunkgeschäft. Im November 2001 ging mm O2 an die Börse und wurde aus dem
British Telecommunications Konzern ausgegliedert. Seit Mai 2002 firmiert VIAG Interkom als O2
Germany.
Vgl. O2 (Germany) 2004a, S. 2.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
171
Die Holding selbst entstand im September 2001 durch Ausgründung der Mobilfunksparte des Konzerns British Telecom, deren strategische Zielsetzung im
Aufbau einer neuen, europaweit agierenden Marke bestand.55 Mit etwa 6,7 Millionen Kunden (2004), die bislang ohne Vertrieb über Service Provider gewonnen wurden,56 hat sich O2 Germany in einer enormen Aufholjagd als feste
Größe im Mobilfunkmarkt etabliert und ist im Wettbewerb um Platz drei der
deutschen Anbieter stärkster Konkurrent von E-Plus.
2.5.2 Strategische Positionierung der Marke O2
Die Entwicklung der Marke O2 erfolgt im Auftrag der British Telecom mit der
Zielsetzung, den europäischen Mobilfunkmarkt „Like no other Brand“57 zu bearbeiten. Vor dem Hintergrund eines weitgehend gesichtslosen und unübersichtlichen Marktauftritts europäischer Anbieter solle eine frische, emotionale
Marke mit modernem Namen und neuer Identität entstehen, die das Leben der
Kunden mit maßgeschneiderten und spannenden Telekommunikationsdienstleistungen bereichert und als Fundament einer dauerhafter Verbindung zum
Kunden dient.58 Mit den zentralen Werten Ehrgeiz („We are fresh, surprising
and distinctive.“), Klarheit („We make highly complex technology simple to understand and easy to use.“), Offenheit („We are candid in communications - we
tell it like it is.”) und Vertrauenswürdigkeit („We understand customers. We are
accurate and truthful and never over-claim. We are helpful, supportive and responsive. We listen to customers.“) solle die Marke offensiv den Selbstanspruch des Unternehmens verkörpern, in der Rolle des spät gestarteten TopInnovators „frischen Wind“ in die europäische Mobilfunklandschaft zu bringen.59
2.5.3 Entwicklung der virtuellen O2-Markenbildwelt
Der kreative Aufbau der neuen Markenbildwelt (Abb. D-15) durch die Londoner
Agentur LAMBIE-NAIRN beginnt mit der Entwicklung des Markennamens. Ausgehend von der Überlegung, worin der zentrale Wert von (mobiler) Kommunikation liegt, entsteht die kreative Leitidee „essential for living“60. Die Weiterentwicklung dieser Idee führt die Agentur schließlich zu dem chemischen Element
Sauerstoff und dessen Zeichen O2, das am Ende zum Markennamen und Markenzeichen wird: Denn Sauerstoff ist für den Menschen essentiell, universell,
unverzichtbar und unsichtbar, ebenso wie Kommunikation.61 Entsprechend der
55
56
57
58
59
60
61
Vgl. mmO2 2001.
Bislang hatte sich O2 als einziger deutscher Mobilfunknetz-Betreiber gegen einen Vertrieb seiner
Angebote über so genannte Reseller zur Wehr gesetzt. O2 war mit den Konditionen von Anbietern wie mobilcom oder debitel nicht einverstanden. Nun aber kann mobilcom als erstes Unternehmen Produkte von O2 ins Programm nehmen (vgl. Ihlenfeld 2004).
„O2 is like no other brand“ (vgl. Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) 2003, S.
315).
Vgl. Peter Erskine, Chief Executive Officer mm O2 plc. (mmO2 2001).
Vgl. mmO2 2004.
Vgl. Lambie-Nairn 2004.
Vgl. O2 (Germany) 2004b.
172
Kapitel D
strategischen Zielsetzung und der Vorgabe des internationalen Einsatzes wird
der Name vorab in jedem Zielland erfolgreich auf seine Relevanz und Assoziationskraft getestet.
O2
„O2 can do“
Abb. D-15: O2: Schlüsselsignale der Marke O2
Der zweite Schritt gilt der Visualisierung des Markennamens bzw. des Sauerstoffs: „As an invisible element, we felt we had to capture it to see it. So we decided to use water as a vehicle to illustrate O2 in the form of bubbles. This
became one of the most significant brand properties and once again researched extremely well in all territories.”62 Das zum Markennamen komplementäre Schlüsselbild „Luftblasen“ bestimmt damit die Markenfarbe Blau.
2.5.4 Kommunikation der Marke
Die O2-Markenbildwelt dient als europaweite Kommunikationsplattform, deren
Umsetzung dezentral in den jeweiligen Ländern Deutschland, Niederlande, Irland und Großbritannien unter der Vorgabe konkreter Gestaltungs- und DesignRichtlinien erfolgt.63
So zeichnet sich auch in Deutschland der breit angelegte Kommunikationsmix
seit Einführung der Marke durch den konsequenten Einsatz der Markenbildwelt
62
63
Vgl. Lambie-Nairn 2004.
Vgl. Lambie-Nairn 2004.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
173
aus:64 Unterstützt durch den Claim „O2 can do“, der in seiner Einfachheit und
Klarheit den Kompetenzanspruch der Marke als „The Enabler“ unterstreichen
soll, werden sämtliche Leistungen, Produkte (Tarife, Handys) oder Handlungen
(Testimonials) innerhalb der blauen Markenbildwelt präsentiert. Der lebendige,
im TV-Format oftmals überraschende Einsatz des Schlüsselbilds „Bubble“ ist
dabei - neben der Farbgebung - die wesentliche visuelle Konstante im Markenauftritt.
Abb. D-16: O2: Werbekampagnen 2002 (Markenwechsel), 2003 (Genion, oben Mitte)
Inhaltlich sind die einzelnen Kampagnen auf die Kommunikation spezifischer
und aktueller Themen ausgerichtet, die jeweils das Markenversprechen dramatisieren oder unterstützen: So stand innerhalb der Einführungskampagne im
Jahr 2002 die Umbenennung von VIAG Interkom in O2 im Mittelpunkt. Hier
wird der Markenwechsel verbal („VIAG Interkom ist jetzt O2“) sowie unter Einsatz von Franz Beckenbauer beworben (Abb. D-16). Die Wahl des Prominen64
Der deutsche Markenauftritt erfolgt durch die Düsseldorfer Werbeagentur Grey Worldwide.
174
Kapitel D
ten, der zuvor für E-Plus Werbung machte, ist medienwirksam durch den Claim
„Die Mobile Generation wechselt zu O2“ unterstützt worden.65 Nach der Einführung wird die inhaltliche Ausrichtung der Kampagne nahtlos auf die Kommunikation leistungsbezogener Themen konzentriert: Im Mittelpunkt stehen nun
Produkte und Services, die verschiedene Facetten des Markenversprechens
untermauern sollen: unkompliziert, einfach, besser oder günstiger als die
Wettbewerber. Eine weitere Kampagne Ende 2003, die vornehmlich in der
Wirtschaftspresse geschaltet wurde, gilt der Dramatisierung der wirtschaftlichen Erfolge sowie der innovativen Stärke der Marke: Neben verschiedenen
Prominenten zeichnet ein Trainee sowie der CEO des Unternehmens mit einem leuchtenden Handydisplay den Schriftzug „can do“ in die Luft.66 Mit dieser
Kampagne wurde auch das Ziel verfolgt, die schnelle Identifikation der Marke
auf Mitarbeiterebene zu gewährleisten. Bemerkenswert ist, das sich der O2Markenauftritt - im Gegensatz zum Wettbewerb - durch die Konzentration auf
wenige Kampagnen mit längerer Laufzeit auszeichnet.67
2.5.5 Kritische Kurzbewertung
Es scheint auf den ersten Blick geradezu paradox, dass es einer Marke ausgerechnet mit Hilfe der Formel des chemischen Elements Sauerstoff gelingt, Telekommunikationsdienstleistungen effektiv zu visualisieren und eine nachhaltige, die Positionierung vermittelnde Markenbildwelt zu erzeugen:68 Denn
sowohl das Produkt als auch der ungewöhnliche Markenname können nicht direkt zum Aufbau eines inneren Markenbildes beitragen. Damit vermittelt die
Namensgebung allerdings allein aufgrund ihrer Außergewöhnlichkeit (O2 =
mobile Kommunikation) eine zentrale Positionierungsbotschaft, indem sie den
Absender der Marke als ebenso außergewöhnlich und innovativ darstellt.
Die eigentliche visuelle Stärke des O2-Markenauftritts ergibt sich somit zunächst nicht unmittelbar aus der Kommunikationsidee („Sauerstoff ist so essentiell wie Kommunikation“), sondern erst im Verbindung mit der Visualisierungsidee „Bubbles“. Die Luftblasen symbolisieren einerseits den Sauerstoff
und verweisen damit eindeutig auf den Markennamen (Bubbles = O2), anderseits eröffnen sie eine Vielzahl möglicher Assoziationen (Frische, Aktivität,
Transparenz, Klarheit etc.), die nachhaltig die angestrebte Positionierung unterstützen. Gleichzeitig erhalten Markenname bzw. Markenzeichen auch eine
visuelle Bedeutung, indem sie mit dem ungewöhnlichen Schlüsselbild eine logische und daher eingängige Verbindung eingehen: O2 = Bubbles. Ebenso
zwangsläufig, weil bildhaft-assoziativ naheliegend, ergibt sich hieraus die Markenfarbe: Blau = Bubbles = O2. Im Ergebnis entsteht so eine konsequente,
65
66
67
68
Vgl. Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) 2003, S. 317.
Vgl. O2 (Germany) 2003.
Vgl. GWA 2004, S. 392.
Hierzu die Berliner Morgenpost: „Alberne Umbenennung – das wird ein Schlag ins H2O!“, zitiert
nach GWA 2003, S. 315.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
175
formal und inhaltlich integrierte virtuelle Markenbildwelt, in der die Schlüsselsignale jeweils selbsterklärend zur Vermittlung der Positionierung beitragen
und sich gegenseitig in ihrer assoziativen Kraft unterstützen und verstärken.
Vor dem Hintergrund der konzeptionellen Überlegungen dieser Arbeit ist daher
davon auszugehen, dass diese kreierte Markenbildwelt höchst effizient den
Aufbau innerer Markenbilder im Gedächtnis der Konsumenten ermöglicht.
Diese Beurteilung spiegelt sich auch im qualitativen und quantitativen Erfolg
der Marke wider:69 Bereits fünf Monate nach der Einführung im Mai 2002 lag
die gestützte Markenbekanntheit von O2 über der des Vorgängers VIAG Interkom und nur acht Monate nach Einführung erreichte O2 mit einer gestützten
Bekanntheit von 85 Prozent nahezu das Niveau der etablierten Wettbewerber.70 Im Bereich Werbeerinnerung rangiert die Marke seit Ende 2002 auf Platz
eins unter den Anbietern: Die ungestützte Werbeerinnerung liegt bei 38 Prozent (Nächstbester: 29 Prozent), die gestützte Werbeerinnerung liegt bei 78
Prozent (Nächstbester: 70 Prozent). Ebenso liegt O2 mit einer Claim-Ratio von
0,75 unangefochten an erster Stelle (Nächstbester: 0,52). Auch in der qualitativen Beurteilung des Markenauftritts erzielt O2 überdurchschnittliche Werte: So
empfinden 47 Prozent der Betrachter den Auftritt als einzigartig (Wettbewerbsdurchschnitt: 32 Prozent), 43 Prozent der Betrachter halten O2 für den besseren Mobilfunkanbieter (Wettbewerbsdurchschnitt: 40 Prozent). Mit einer
durchschnittlichen Likes-/Dislikes-Ratio von 2,05 liegen auch die Sympathiewerte deutlich über dem Branchendurchschnitt (1,49). Insgesamt erzielt O2 mit
dieser Performance in 2003 - trotz einem gegenüber dem Vorjahr um 9 Prozent
reduzierten Budget - unter den Netzbetreibern das stärkste MarktanteilsWachstum (+12 Prozent), das stärkste Kundenwachstum (+22 Prozent), den
höchsten Vertragskundenanteil (58 Prozent) sowie den höchsten Umsatz pro
Kunde (31 EUR). Damit ist der Markenauftritt von O2 der „präsenteste im Markt
und setzt Effizienzmaßstäbe“71.
2.6 Vodafone: Globalisierung einer nationalen Marke
2.6.1 Das Unternehmen im Kurzprofil
Die Vodafone D2 GmbH gehört zur britischen Vodafone-Gruppe und damit
zum weltweit größten Mobilfunk-Unternehmen. Im Dezember 1989 erhält das
Unternehmen als neu gegründeter Telekommunikationsbereich des diversifizierten Weltkonzerns Mannesmann die erste private Lizenz für den Aufbau und
Betrieb eines digitalen Mobilfunknetzes, dessen kommerzieller Start im Juni
1992 unter dem Namen D2 Mannesmann Mobilfunk erfolgt.
69
70
71
Vgl. zum Folgenden: GWA 2003, S. 318 f.; GWA 2004, S. 393 f.
Im Laufe des Jahres 2003 verbesserte sich die ungestützte Markenbekanntheit weiter auf 51
Prozent, die gestützte auf 91 Prozent (vgl. GWA 2004, S. 393).
ICONBrand-Status zitiert nach GWA 2004, S. 393.
176
Kapitel D
Vodafone D2
Kurzprofil
Unternehmen
Vodafone D2 Gm bH, Düsseldorf
Gesellschafter
Vodafone Group plc (100%)
Marktstart
Geschäftszweck
Zielgruppe
Geschäftsfelder/
Dienstleistungsangebot
Juni 1992 (als Mannesmann D2)
Januar 2001 (als Vodafone D2)
Netzbetreiber Mobilfunk:
Errichtung und Betrieb eines bundes weiten digitalen zellularen Mobil funknetzes (D2-Netz) auf Basis von GSM 1800 (Hi gh Quality Netzstandard),
GPRS und UMTS.
Privat- und Geschäftskunden
Privatkunden:
„ Vodafone li ve!
„ Vodafone CallYa
„ Vodafone Onli ne
„ u.a.
Geschäftskunden:
„ Vodafone Mobile Office
„ Vodafone-CorporateFleetManagement
„ Vodafone Telematik und Telemetrie
„ u.a.
Kennzahlen 2003/2004 Umsatz: 7,8 Mrd. EUR
Kunden: 26,1 Mio.
Mitarbeiter: 9.300
Vertrieb
Besonderheiten
Dezentrale Vert riebsstruktur mit acht Niederlassungen und ei gener Filialkette (206 Filialen) sowi e Großkunden- und Mittelstands vertrieb.
Indi rekter Vertrieb über ca. 4000 Geschäfte des Fachhandels und 6000
Outlets von 9 Service Providern.
Weltweit größter Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen.
Abb. D-17: Vodafone D2: Kurzprofil
Der Düsseldorfer Netzbetreiber gehört somit zu den weltweit ersten Telekommunikationsdienstleistern, die der damals neuen GSM-Technologie zum
Durchbruch verhalfen. Im Januar 2000 erfolgt die Übernahme der Aktienmehrheit am Mannesmann-Konzern durch Vodafone Group, der früheren Vodafone
AirTouch, in deren Folge die gesamte Mannesmann AG in die VodafoneGruppe eingegliedert wird.72 Für die Vodafone Gruppe bedeutet die Übernahme einen wesentlichen Schritt auf dem eingeschlagenen Weg zum Global
Player im Mobilfunk. Weltweit ist Vodafone heute das größte international vernetzte Mobilfunk-Unternehmen. „Als weltweit aktive Gruppe verfügt Vodafone
über Möglichkeiten, die andere Telekommunikationsanbieter nicht haben. Mit
rund 100 Millionen Kunden in 28 Ländern hat Vodafone weltweit die beste Positionierung, den »largest Footprint«. Aus dieser Ausgangssituation heraus
können wir den Markt gestalten, anstatt uns vom Wettbewerb treiben zu lassen.“73 Mit dem Erwerb von UMTS-Lizenzen in den wichtigsten Ländermärkten
72
73
Parallel hierzu erfolgte der Verkauf von Atecs Mannesmann, in der die industriellen Aktivitäten
von Mannesmann ausgegliedert waren, an die Siemens AG und die Übernahme des ehemaligen
Stammgeschäfts, der Mannesmannröhren-Werke AG, durch die Salzgitter AG. Damit war der
deutsche Traditionskonzern vollständig zerschlagen.
Thomas Geitner, Chief Executive Products & Services Vodafone Group, zitiert nach o.V. Messetreff 2002.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
177
hat Vodafone die Weichen gestellt, um im neuen Zeitalter der dritten Mobilfunkgeneration ein global einheitliches, innovatives Dienstleistungsspektrum
auf den nationalen Märkten anbieten zu können.
Vodafone ist als globale Gruppe mit national agierenden Unternehmen strukturiert. In Deutschland kämpft Vodafone D2 (26,1 Millionen Kunden) gegen TMobile (27,4 Millionen Kunden) hart um Platz eins des Mobilfunkmarktes.74 Die
Internationalisierung des Konzerns ermöglicht den Kunden über Deutschland
hinaus bei 229 Netzbetreibern in 121 Ländern auf allen Kontinenten mobil zu
telefonieren und dort unter ihrer Vodafone D2-Nummer erreichbar zu sein.
2.6.2 Strategische Markenausrichtung
Im Vordergrund der Vodafone Markenstrategie steht der Aufbau eines Global
Brand, der die Vermarktung eines weltweiten Dienstleistungsangebots unter
einem einheitlichen Markendach ermöglicht. Hierzu migriert das Unternehmen
in einem Prozess der schrittweisen Vereinheitlichung starke nationale Marken
wie D2 zu einer globalen Dachmarke. Aus einem Mix unterschiedlicher Namen
und Kulturen im gesamten Konzernverbund entsteht somit im Rahmen eines
Transformationsprozesses ein einziger Brand: die erste Weltmarke im Mobilfunk. Hintergrund der Strategie ist die Überzeugung, mit Hilfe einer globalen
Einzelmarke Kundenpotentiale besser ausschöpfen und gleichzeitig von Synergien und Kostendegressionseffekten im internationalen Markenauftritt profitieren zu können: „The initial positive acceptance of the Vodafone brand has
meant that we have been able to introduce the single brand ahead of schedule
in Portugal and Spain. A seamless, consistent Vodafone brand across Europe
initially, will help drive our customers usage of Vodafone products and services
when roaming or while in their home country. This will enhance ARPU as well
as creating cost and revenue synergies.“75
Die Positionierung des Global Brand ist auf das Leistungsversprechen ausgerichtet, mit Vodafone als weltweitem Anbieter überall auf einfache Weise die
gleichen Services in Anspruch nehmen zu können - Tarife, Dienste, Hilfestellungen, Mailbox-Funktionen, Menüführungen im Handy sind überall gleich, unabhängig vom Standort des Kunden. In seinen Grundsätzen beschreibt
Vodafone seine Vision wie folgt: „To be the world's mobile communications
leader - enriching customers' lives, helping individuals, businesses and communities be more connected in a mobile world. Our customers use mobile
communications to make their lives richer, more fulfilled, more connected.
They will prefer Vodafone because the experience of using Vodafone will be
74
75
Stand der angegebenen Zahlen: 30. September 2004.
David Haines, Global Brand Director Vodafone Group Plc., zitiert nach o.V. EMEA News 2001.
Mit dem Ex-Coca-Cola-Manager engagiert Christopher C. Gent in 2001 einen Markenspezialisten der klassischen Konsumgüterindustrie, um die Marke Vodafone zu einer führenden Weltmarke zu entwickeln (vgl. Baker/ Capell 2001).
178
Kapitel D
the best they can find. We will lead in making the mobile the primary means of
personal communications for every individual around the world. Through out
leadership, our scale, our scope and our partnerships, we will bring online mobile services to the world.”76
2.6.3 Entwicklung der virtuellen Vodafone-Markenbildwelt
Der Markenname Vodafone geht auf die Bezeichnung eines Mobilfunknetzes
zurück. Die britische Racal Electronics Group ersteigerte 1982 die Lizenz zum
Aufbau des ersten privaten, analogen Mobilfunknetzes in Großbritannien, das
1985 in Betrieb genommen wurde. In Anlehnung an seine Funktion, Sprachund Datendienste über Mobiltelefone (voice and data services over mobile
phone) anzubieten, wurde das Netz Vodafone genannt.77
Vodafone
„how are you?“
Abb. D-18: Vodafone D2: Schlüsselsignale der Marke
In der Wortbildmarke erscheint der Markenname auf einer roten Telefonkarte
(Abb. D-18). Der Buchstabe „o“ des Markennamens, der gleichzeitig ein stark
umrandetes Anführungszeichen darstellt, dient in der Vergrößerung ebenfalls
als Erkennungszeichen: Als Symbol für Kommunikation beziehungsweise wörtliche Rede unterstreicht es gemeinsam mit der Telefonkarte den Branchenbezug und Geschäftszweck der Marke.
76
77
Vodafone 2003a.
Vodafone 2003b.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
179
Im internationalen Markenauftritt fungiert das „Anführungszeichen“ zudem als
wiederkehrendes Schlüsselbild bzw. Schlüsselsymbol, das meist als Umrahmung für Menschen in unterschiedlichen Situationen eingesetzt wird. Das
Symbol ist somit variabel verwendbar, schafft eine formale Verbindung zwischen beliebigen Bildmotiven und der Marke und unterstützt so den Wiedererkennungseffekt unterschiedlicher Werbemaßnahmen und -kampagnen.
2.6.4 Kommunikation der Marke
Die Schlüsselsignale werden international als konstanter Kommunikationshintergrund verwendet, auf dem die jeweiligen nationalen (z. B. Print-Werbung), aber auch internationale (z. B. Formel 1) Kommunikationsmaßnahmen
der Marke aufbauen.
In Deutschland wurde der Übergang von der Marke D2 zur Marke Vodafone in
mehreren Schritten kommuniziert, die sich am deutlichsten über die Veränderung des Markenzeichens aufzeigen lassen: Die Marke D2, 1992 als Mannesmann D2 auf den Markt gekommen und zuletzt - vor der Übernahme durch
Vodafone - als „D2 privat“ vermarktet, wurde in einem stufenweisen Prozess
durch die Wortbildmarke Vodafone überdeckt, die ehemals blau-weiße in eine
rote Markenbildwelt überführt. Aus der Sicht des deutschen Kunden stellte sich
somit ein Anbieter innerhalb von zehn Jahren in mindestens fünf verschiedenen Varianten vor (Abb. D-19). Mit dieser Überführungstechnik sollte gewährleistet werden, dass ein Teil des Kapitals der nationalen Marke D2 in den
Global Brand Vodafone einfließen: Neben dem Bekanntheitsgrad galt es insbesondere, die in der deutschen Zielgruppe verankerten leistungsbezogenen
und emotionalen Bedeutungsinhalte zu D2 auf die neue Marke zu übertragen.
Begleitet wurde dieser Markenveränderungsprozess durch den Einsatz unterschiedlicher Claims: Nach „D2 live ist dabei“ und „Vodafone verbindet mobile
Menschen weltweit. In Deutschland ist D2 live dabei“ markiert „How are you?“
nun den Abschluss des Markenübergangs.
Abb. D-19: Von Mannesmann bis Vodafone: Entwicklung eines Markenzeichens (1992-2002)
Unter den deutschen Telekommunikationsdienstleistern wendet Vodafone D2
gegenwärtig den höchsten Werbeetat zur Profilierung seiner Marke auf.78 Im
leistungsbezogenen Mittelpunkt der Kampagnen steht die Einführung des - in
78
Mit Werbeinvestitionen in Höhe von 87,2 Millionen EUR (1.-3. Quartal 2002) gehört Vodafone zu
den deutschen Top-20 Unternehmen im Bereich Werbeausgaben (Quelle: Nielsen Media Research, zitiert nach Bauer Media 2003, S. 17).
180
Kapitel D
sieben europäischen Ländern lancierten - Services Vodafone live!, der den
Kunden neben einem speziellen Handy mit integrierter Digitalkamera ein exklusives Leistungsbündel von Bildversand, Chat, eMail, Gaming und Content
Services bietet. Nach E-Plus (i-mode) steigt somit auch Vodafone in den europäischen Markt für mobile Internetnutzung in Europa ein. Nach seiner Selbsteinschätzung eröffnet Vodafone den Kunden damit eine neue Kategorie
mobiler Mehrwertdienste, welche die Marke in den Kernattributen Einfachheit
und Innovation unterstützt.79
Bei der Markenkommunikation außerhalb der klassischen Werbung ist für Vodafone in Deutschland vor allem das nationale Sportsponsoring von Bedeutung. Das Unternehmen engagiert sich als Haupt-Sponsor der Deutschen
Tourenwagen Meisterschaft (DTM-Serie) und unterstützt zudem das Team
AMG Mercedes. Als Titelsponsor der deutschen Beach-Volleyball Tour (Vodafone-Masters/ Vodafone-Open) profiliert sich das Unternehmen mit Außenwerbung. Auf internationaler Ebene erfolgt die Markenkommunikation durch langfristiges Sportsponsoring europa- oder weltweit bekannter Werbeträger. Für
die vierjährige Trikot-Sponsorschaft des Fußballclubs Manchester United investierte das Unternehmen rund 30 Millionen GBP.80 Einen besonderen Schritt
zum Ausbau der Weltmarke sieht Vodafone im Sponsoring des Formel 1
Rennstalls der Scuderia Ferrari: „Through our Formula One sponsorship of
Scuderia Ferrari, Vodafone has enjoyed tremendous benefits. In part the success is as a result of the way Vodafone has integrated the Ferrari sponsorship
into the business, including local sales incentives and global advertising campaigns. By comprehensively exploiting this property, Vodafone has managed to
maximise the benefits of brand awareness and brand preference. This sponsorship also provides an excellent platform to build a rapport with our customers and helps fulfil our philosophy of connecting people with their passions.“81
2.6.5 Kritische Kurzbewertung
Wenngleich Vodafone weltweit der erfolgreichste Telekommunikationsanbieter
ist, offenbart der Markenauftritt vor dem Hintergrund der konzeptionellen Überlegungen dieser Arbeit zentrale Schwächen: Im Mittelpunkt der Kritik steht dabei der technisch konstruierte Markenname aus der Frühzeit des (britischen)
Telekommunikationsmarktes, der - ähnlich wie im Falle debitel oder mobilcom
- originär bedeutungslos ist und weder eine Markenidee, noch ein Vorstellungsbild über die Marke transportiert. Gleiches gilt für Wortbildmarke und
Schlüsselzeichen, die zwar formal integriert sind, jedoch ebenfalls keine inhaltliche Verbindung herstellen oder Idee vermitteln. Das abstrakte Markenzeichen, das vor allem zur Kennzeichnung austauschbarer Bildmotive im Rahmen
79
80
81
Vgl. hierzu Vodafone 2002.
Im Vergleich hierzu zahlt Arcor für die Trikot-Sponsorschaft von Hertha BSC Berlin 6 Millionen
EUR p.a., debitel (VfB Stuttgart) 3,3 Millionen EUR (vgl. WGZ Bank 2002, S. 14; S. 57).
Thomas Geitner, Chief Executive Products & Services Vodafone Group (Vodafone 2003c).
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
181
der Werbung sowie innerhalb von Below-the-Line-Maßnahmen ohne den Einsatz des Markennamens erfolgt, steht ohne inhaltlichen Bezug zu Markennamen und Positionierung. Seine Funktion und Bedeutung als Markenzeichen
muss daher durch Markenkommunikation inhaltlich aufgeladen und vom Konsumenten - zumal außerhalb Großbritanniens - erlernt werden. Vodafone stellt
sich somit als eine (ehemals) nationale Marke dar, die wie auch die oben genannten Beispiele, ohne Berücksichtigung von zentralen Anforderungen des
Service Branding entstanden ist und trotzdem unverändert international multipliziert wurde. Vor diesem Hintergrund ist kritisch zu hinterfragen, warum nicht
eine integrierte Neugestaltung der Marke vor ihrer weltweiten Expansion
durchgeführt wurde - ähnlich im Falle von O2.
2.7 Yello Strom: Farbe als Schlüsselbild
2.7.1 Strommarkt: Vom Monopol zum Markenwettbewerb
Die Entwicklung des deutschen Strommarktes zeigt zahlreiche Parallelen zur
Telekommunikationsbranche.82 Mit Inkrafttreten des neuen Energiewirtschaftsgesetzes 1998 wurde auch dieser ehemalige Monopolmarkt83 vollständig liberalisiert: Alle Verbraucher können seitdem frei entscheiden, von welchem
Energiedienstleister sie ihren Strom beziehen. Auch europaweit schreitet die
Öffnung der Strommärkte voran: Neben Deutschland haben Ende 2004 sechs
weitere Staaten der EU ihre Strommärkte vollständig liberalisiert. Außerdem
wurde in allen 15 traditionellen Mitgliedsstaaten ab Juli 2004 der Wettbewerb
für die Gewerbekunden eröffnet.84
In 2004 sind auf dem deutschen Strommarkt rund 1200 Unternehmen aktiv.
Neben einigen Konzernen gibt es eine Vielzahl von kleinen und mittleren
Stromversorgern. Zu den vertikal integrierten Stromversorgern, welche die
komplette Wertschöpfungskette von der Stromerzeugung, über den Stromnetzbetrieb bis hin zum Stromvertrieb abdecken, kommen rund 200 neue, darunter viele ausländische Unternehmen dazu, die ausschließlich im Stromhandel und -vertrieb tätig sind.85 Obwohl sich damit die Zahl der im deutschen
Strommarkt tätigen Unternehmen seit 1998 erhöht hat,86 hat die Liberalisierung
der Energiemärkte in Deutschland nach Ansicht von Verbraucherschützern zu
82
83
84
85
86
Vgl. Kapitel B.
Vor der Liberalisierung des Marktes hatten die Energieversorgungsunternehmen in ihren Versorgungsgebieten ein gesetzlich anerkanntes Monopol inne (vgl. vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit 2004). Bis 1998 bestand in Deutschland die so genannte dreistufige
Versorgungsstruktur aus 8 überregionalen Verbundunternehmen, die 82 Prozent des Stroms erzeugten, ca. 80 regionalen Versorgungsunternehmen (7 Prozent der Stromerzeugung) und ca.
900 kommunalen Versorgungsunternehmen (11 Prozent der Stromerzeugung), die mehrheitlich
im Eigentum von Städten und Gemeinden waren und sind (vgl. Optel Media Services 2004a).
Vgl. Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) 2004a.
Vgl. Optel Media Services 2004b.
Vgl. envia Mitteldeutsche Energie AG 2004, S. 2
182
Kapitel D
einer wettbewerbsfeindlichen Konzentration geführt: Infolge des anfänglich
starken Preiskampfes wurden Überkapazitäten abgebaut, Unternehmen umgebaut, Strukturen rationalisiert. In der weiteren Folge fusionierten rund 80 größere Stromanbieter und rund 500 kleinere Unternehmen vereinbarten Kooperationen oder strategische Allianzen zur Sicherung von Marktanteilen. Die Zahl der
großen Verbundunternehmen reduzierte sich von acht auf vier (E.ON, RWE,
Vattenfall Europe und EnBW)87, die allerdings 90 Prozent des Marktes abdecken.88
Neben regulierungspolitischen und -technischen Themen89 beherrschen - mit
Blick auf den Konsumenten - vor allem Strompreise und Energieträger90 die
Themenlandschaft der Branche. So ermöglicht die Liberalisierung Energiedienstleistungsunternehmen unter anderem, Strom energieträgerspezifisch anzubieten und abzurechnen. Wünscht ein Kunde beispielsweise Haushaltsstrom
aus Wasserkraft, so wird in der Höhe des jeweiligen Stromverbrauchs Wasserkraftstrom in das Stromnetz eingespeist. Das im Haushalt ankommende
homogene Produkt Strom kann daher sowohl auf der Ebene des Preises wie
auch auf der Ebene der Erzeugungsform variiert werden, was nunmehr eine
zweidimensionale Angebotsdifferenzierung ermöglicht.91
Als Vermarktungskonzept im Verdrängungswettbewerb spielen seit der Liberalisierung auch in der Energiewirtschaft Marken eine zunehmend wichtige Rolle.92 Wie auf dem Telekommunikationsmarkt versuchen hier zahlreiche
Anbieter, ihr Unternehmen oder ihre Leistungen als Marke zu profilieren und
stehen dabei hinsichtlich der kognitionspsychologischen Anforderungen
(Stichwort: unsichtbare Marktleistung93) in Sachen virtuellem Service Branding
vor ähnlichen Herausforderungen. Ebenfalls ähnlich sind dabei auch die situativen Faktoren des Markenumfelds:94 Die Konsumentenseite ist geprägt durch
geringes Involvement und mangelnde Wechselbereitschaft. So haben in der
87
88
89
90
91
92
93
94
E.ON entstand aus Preussen-Elektra und den Bayernwerken, RWE fusionierte mit VEW, aus
Bewag, HEW, Laubag und VEAG wurde Vattenfall Europe.
Vgl. Optel Media Services 2004a.
Trotz Liberalisierung befindet sich der Strommarkt noch immer in einem Spannungsfeld zwischen Staat und Markt. Während die staatliche Regulierungspolitik im energiepolitischen Zieldreieck von Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit stattfindet (vgl.
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit 2004), zielen die Interessen der Branchenverbände
auf die vollständige Deregulierung des Marktes unter Minimierung staatlicher Restriktionen (vgl.
Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) 2004b, S. 6 f.).
Ein Energieträger bezeichnet den Rohstoff, der für die Energiegewinnung nutzbar gemacht wird
(wie z.B. Erdöl, Kernspaltung, Steinkohle, Windkraft).
Nach der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments zur Stromkennzeichnung soll zukünftig jeder Stromabnehmer im Rahmen seiner Verbrauchsabrechung über den jeweiligen
Energieträgermix des bezogenen Stroms und die jeweiligen Auswirkungen auf die Umwelt informiert werden (vgl. Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) 2004c).
Vgl. Optel Media Services 2004c.
Vgl. Kapitel C 3.3.3.
Vgl. Kapitel B 2.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
183
Zeit von 1998 bis 2004 lediglich vier Prozent der Kunden ihren Anbieter gewechselt,95 obwohl auch im aktuellen Umfeld wieder steigender Preise noch
immer erhebliches Einsparpotential durch Tarifvergleiche besteht.96
2.7.2 Yello Strom im Kurzprofil
Die Yello Strom GmbH wird im August 1999 als 100prozentige Tochter des
Energiedienstleisters EnBW Energie Baden-Württemberg AG und erste eigenständige Marke des Energiemarktes gegründet. Die EnBW selbst ist - in strategischer Vorbereitung auf die Liberalisierung des Marktes - genau zwei Jahre
zuvor aus der Fusion der Badenwerk AG und Energie-Versorgung Schwaben
entstanden.97 Der Firmensitz der Yello Strom GmbH wird bewusst außerhalb
des Schattens der schwäbischen Konzernmutter in das Stammland des Hauptkonkurrenten RWE gelegt.98
Yello Strom
Kurzprofil
Unternehmen
Yello Strom GmbH, Köln
Gesellschafter
EnBW Energie Baden-Württemberg AG (100%)
Marktstart
Geschäftszweck
Zielgruppe
August 1999
Bundesweiter Vertrieb von Strom und weiterer Dienstleistungen rund um
Haushalt und Familie
Pri vat- und kleine Gewerbekunden
Geschäftsfelder/
Dienstleistungsangebot
Yello Strom
YelloTel
YelloInternet
Kennzahlen 2003
Umsatz: k.A.
Betriebsergebnis: k.A.
Kunden: 1,0 Mio.
Mitarbeiter: k.A.
Vertrieb
Besonderheiten
Hotline 0800-19 000 19
E-Com merce (www.yellostrom.de)
Vertriebskooperationen
Yello Direkt vert rieb („Kam pfbienen“)
Handels vertreter
Yello Strom war die erste eigenständige Strom marke in Deutschland.
Abb. D-20: Yello Strom: Kurzprofil
95
96
97
98
Rund 25 Prozent der privaten Verbraucher haben jedoch preiswertere Sonderverträge mit ihrem
örtlichen Stromversorger abgeschlossen. Bei Gewerbekunden haben rund 50 Prozent ihren
Stromanbieter bzw. den Tarif gewechselt, bei Industriekunden sogar 100 Prozent (vgl. Optel Media Services 2004b).
Eine empirische Untersuchung des Instituts für Unternehmensentwicklung und Organisation an
der Ludwig-Maximilians-Universität München ermittelte jetzt das generelle Desinteresse an der
Wechselthematik als bedeutendste Ursache für die Kundenbindung. Demzufolge wird die Bindung der Stromkunden vor allem auf emotionaler Ebene durch die latente Wechselangst bestimmt, wenngleich ein Anbieterwechsel kinderleicht ist und keinerlei Risiken für den
Verbraucher birgt. Faktoren wie Zufriedenheit oder Vertrauen zum jetzigen Stromanbieter spielen demnach nur eine untergeordnete Rolle (vgl. Optel Media Services 2004d).
Vgl. EnBW Energie Baden-Württemberg AG 2004, S. 13.
Vgl. Kreutz 2000, S. 228.
184
Kapitel D
Das Kerngeschäftsfeld der Yello Strom GmbH ist der Vertrieb von EnBWStrom an Privatkunden. Inzwischen ist die Zielgruppe auf kleinere Gewerbekunden und das Sortiment um die Dienstleistungen YelloTel (Festnetzanschluss) und YelloInternet (Internetzugang) erweitert worden („Dienstleistungen
rund um Haushalt und Familie“). Mit über einer Million Kunden und einer Markenbekanntheit von 98 Prozent in der Gesamtbevölkerung gehört Yello zu den
erfolgreichsten Marken des Energiemarktes.99 Seit 2004 schreibt das Unternehmen schwarze Zahlen.100
2.7.3 Strategische Positionierung der Marke Yello Strom
Die Entwicklung von Yello Strom im Jahre 1999 erfolgt im direkten Auftrag des
Vorstands mit der Zielsetzung, mit einer neuen Strommarke des Energiedienstleisters EnBW in den neuen Wettbewerb um private Kunden einzusteigen.101 Die zentrale Positionierung der Marke besteht in der Kombination aus
einem emotionalen Mehrwert und einem rationalen, vom Wettbewerb differenzierenden Produktvorteil:102 So soll Yello Strom in der Wahrnehmung der Kunden als frischer, frecher, fröhlicher und zuverlässiger Anbieter für günstigen
Strom wahrgenommen werden, der den einfachen Wechsel vom alten Stromversorger ermöglicht. Interessanterweise erfolgt sowohl die eigentliche Positionierung auf Leistungsebene (günstiges Produkt, einfacher Wechsel) als auch
die Entscheidung zur Gründung einer eigenständigen Firma erst am Ende der
Entwicklung der Markenbildwelt und der Werbeidee.103 Am Anfang der Marke
Yello Strom steht somit eine kreative Leitidee: „Yello. Strom ist gelb.“104 Erst
im Nachgang wird diese Idee durch die leistungsbezogene Positionierung ergänzt und den Slogan „Gelb. Gut. Günstig.“ abgerundet.
2.7.4 Entwicklung der virtuellen Yello Strom-Markenbildwelt105
Die Leitidee bestimmt gleichzeitig das visuelle Schlüsselmotiv der Marke: die
Farbe Gelb. Sie ist „eine der drei Primärfarben. Sie lässt sich nicht weiter zerlegen, ist selbst aber fast immer in anderen Farben enthalten. [...] Sie absorbiert erheblich weniger Licht als die beiden anderen Farben, und das macht
ihre besondere Signalwirkung aus. [...] Mit Gelb verbinden sich unter anderem
99
100
101
102
103
104
105
Vgl. Yello Strom 2004.
Vgl. o.V. Wirtschaftswoche 2004.
Vgl. EnBW Energie Baden-Württemberg AG 2004, S. 13; Kreutz 2000, S. 80 f.
Vgl. Kreutz 2000, S. 215 f.
Vgl. Kreutz 2000, S. 215 f., S. 228.
Über die Entstehung dieser Idee sagt Bernd Kreutz, Inhaber der gleichnamigen Werbeagentur
und Erfinder der Marke Yello Strom: In der Marke musste „eine zentrale Kommunikationsidee
verankert sein. Eine Idee, in der Werbung und Marke sich gegenseitig verstärken und nicht einfach beziehungslos nebeneinanderher vegetieren. Eine Marke, die unser Produkt eindeutig
kennzeichnet und die gleichzeitig mit einem emotionalen Mehrwert aufgeladen ist“ (Kreutz 2000,
S. 94).
Die Zitate dieses Abschnitts beziehen sich auf „Grundlagen des Markenauftritts von Yello Strom“
in: Kreutz 2000, Anschauungsmaterial.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
185
Eigenschaften wie aktiv, fröhlich, frisch, frech, laut und ähnliches.“ Als Markenname wurde „Yello“, die um das „w“ verkürzte Form des englischen Wortes
für „gelb“, mit dem „Nachnamen“ Strom106 gewählt. Der Name hat somit auch
einen Aufforderungscharakter (engl. to yell), was den unkonventionellen Markenauftritt zusätzlich unterstützt. „Auch die Ähnlichkeit mit „Hello“ ist nicht unwillkommen.“
Schlüsselbild:
Farbe „Gelb“
Yello
„Gelb.Gut.Günstig.“
Abb. D-21: Yello Strom: Schlüsselsignale der Marke
Als Markenzeichen (Abb. D-21) dient eine runde Buttonform, die durch eine
waagerechte Sinuswelle107 in zwei Flächen geteilt wird. In der oberen Hälfte
steht „Yello“ in gelb auf schwarzem Grund, in der unteren Hälfte „Strom“ in
schwarz auf weißem Grund. Form und Farbe des Markenzeichens werden in
den Grundlagen des Markenauftritts wie folgt begründet: „Der Kreis ist die vollkommenste, in sich geschlossene geometrische Form. Man kann, wenn man
will, die Erdkugel damit assoziieren. Oder eine Steckdose. Man kann aber
auch an die Sonne denken und an ihre Energie oder an das Gelbe vom Ei. Da106
107
Hierzu Bernd Kreutz: „Wir kommen neu auf den Markt. Mit einem Produkt, dass nicht greifbar
und nicht visualisierbar ist. [...] Wir müssen den Leuten sagen, um was es bei Yello geht. Es geht
um Strom. Wir brauchen diese Eindeutigkeit. Zumindest am Anfang. Wenn wir diese Eindeutigkeit nicht in der Marke verankern, müssten wir es mit anderen Mitteln tun. Die Risiken, die damit
verbunden sind, möchte ich jedenfalls nicht eingehen“ (Kreutz 2000, S. 98).
Im Erscheinungsbild der EnBW stellt die Sinuswelle das Kernelement dar, somit die Sinuswelle
als formales Indiz auf die Anbindung an den Mutterkonzern hinweist.
186
Kapitel D
durch entsteht eine fast selbstverständliche Übereinstimmung von Form und
Farbe.“ Zur Farbe heißt es: „Auf einem schwarzen Fond kommen alle Farben
besser zum Leuchten. Und mit der Zweiteilung lässt sich zum Beispiel Tag und
Nacht assoziieren. Hell und dunkel. Plus und Minus. Warm und kalt. Licht an,
Licht aus. Oder, warum denn nicht, in der Sinuswelle, dem Sinnbild für elektrische Energie, ist es ja zumindest angedeutet: Yin und Yan.“
2.7.5 Kommunikation der Marke
Seit dem ersten Markenauftritt im August 1999 betreibt Yello Strom einen breit
angelegten Kommunikationsmix aus Werbung (Tageszeitungen, Magazine,
Radio, Fernsehen, Großplakate, Bannerwerbung im Internet etc.), Internetportal (seit 2001 mit der virtuellen Kundenberaterin „Eve“), Direct Mailings, Promotions und Sponsoring.108 Die Gemeinsamkeit der Maßnahmen liegt darin,
dass sämtliche Kommunikationsaktivitäten auf die Thematisierung und Aktualisierung der Marke ausgerichtet sind.
Abb. D-22: Yello Strom: Print-Werbekampagnen 1999 (Markteinführung: Dramatisierung Markenidee), 2000 (Fußball-WM: Dramatisierung „einfacher Wechsel“) und 2004 (Dramatisierung „Preis“)
In der Einführungsphase wurde zunächst die virtuelle Markenwelt durch Slogans wie „Also ich glaube, Strom ist gelb“ oder „Mein Strom ist gelb.“ thematisiert und die Idee der Marke kommuniziert (Abb. D-22, links). Der
außergewöhnliche Werbespruch, der zunächst in ganzseitigen gelben Zeitungsanzeigen mit Markenzeichen, aber ohne Absenderhinweis beworben
wurde, war in der ersten Augustwoche 1999 bundesweit Gesprächsthema.
Flankiert wurde die Maßnahme durch innovative Fernsehspots und Radiowerbung, in denen Passanten nach der Farbe des Stroms gefragt wurden. Erst eine Woche später erschien mit Nennung einer Hotline-Nummer das Angebot
„Ab heute gibt es gelben Strom. Yello Strom. Gelb. Gut. Günstig.“. Bereits fünf
108
Vgl. hierzu Kreutz 2000, S. 229.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
187
Monate nach Einführung der Marke erreichte Yello Strom als bekanntester
Stromanbieter eine ungestützte Markenbekanntheit von 53,6 Prozent, weit vor
dem Hauptkonkurrenten RWE Energie (28,3 Prozent)109. In einer Untersuchung
im Februar 2000 gaben mehr als 60 Prozent wechselwilliger Stromkunden an,
dass Yello Strom als Anbieter für sie in Frage käme (RWE: 12 Prozent).110 Yello Strom wurde in kürzester Zeit zu der Strommarke mit den höchsten Sympathiewerten.111
Bis heute stehen sämtliche Kommunikationsaktivitäten unter dem Vorzeichen,
die leistungsbezogene Positionierung der Marke in der Yello-typischen Art in
unterschiedlichsten Formen zu dramatisieren (Abb. D-22). Als Kommunikationsanlässe werden regelmäßig aktuelle Großereignisse (so etwa die Sonnenfinsternis 1999, die Fußball-Weltmeisterschaft 2000) gewählt, die dann - als
kollektiver Reizauslöser genutzt - thematischer Bezugspunkt der konkreten
Werbebotschaft sind (Abb. D-22 Mitte) und so zur Aktualisierung der Marke
beitragen.
2.7.6 Kritische Kurzbewertung
Wie nicht zuletzt der Erfolg Marke zeigt, initiiert die virtuelle Bildwelt der Marke
Yello Strom ein nachhaltig verankertes, inneres Vorstellungsbild über das angestrebte Image sowie den Leistungsnutzen. Die erforderliche Visualisierung
der unsichtbaren Leistung Strom erfolgt bereits in der Leitidee („Yello. Strom
ist gelb.“) und setzt sich in der konsequenten, formalen und inhaltlichen Integration der virtuellen Markenbildwelt und ihrer Schlüsselsignale Markenname,
Markenzeichen und Schlüsselbild fort. Jedes dieser Elemente ist selbsterklärend und transportiert die Kommunikationsidee. Durch die geschickte Forcierung der Markenidee („Welche Farbe hat Strom?“) sowie die Dramatisierung
der Farbe Gelb im Rahmen der Einführungskampagne wird eine eineindeutige
assoziative Verknüpfung (Strom ist Gelb und Gelb ist Strom = Yello Strom)
verstärkt. In der Ergänzung mit dem ebenfalls einprägsamen alliterierten Markenslogan „Gelb. Gut. Günstig.“ verstärken sich alle Elemente gegenseitig in
ihrer Assoziationswirkung. Im Ergebnis bildet die Triade gemeinsam mit dem
Slogan eine in sich geschlossene Markenbildwelt, welche eigenständig zur
Vermittlung der gewünschten Positionierung beiträgt, ohne auf eine Aufladung
durch weitere Kommunikationsaktivitäten angewiesen zu sein. Letztere werden
daher primär anlassbedingt zur Dramatisierung des Markennutzens sowie zur
Aktualisierung der Marke eingesetzt, ohne zu einer Visualisierung der Marke
beitragen zu müssen.
109
110
111
Quelle: Horizont 2000, zitiert nach Kreutz 2000, S. 288.
Quelle: Forsa 2000, zitiert nach Mediagruppe München 2000.
Durch den Erfolg von Yello Strom sahen sich die Hauptwettbewerber RWE, VEW und PreussenElektra genötigt, innerhalb kürzester Zeit ihre Marketingstrategien komplett zu wechseln und mit
eigenen Marken in den Wettbewerb zu Yello Strom zu treten. Weder Avanza, Evivo, noch Elektra direkt konnten jedoch den Erfolg von Yello Strom auch nur annähernd erreichen (vgl. Gesamtverband Kommunikationsagenturen 2000b, S. 329).
188
Kapitel D
2.8 E.ON: Neuer Konzern, neue Marke
2.8.1 Das Unternehmen im Kurzprofil
E.ON, im Juni 2000 aus der Fusion der traditionsreichen Industrieunternehmen
Veba und Viag entstanden, ist mit einem Umsatz von mehr als 46 Mrd. EUR
und rund 66.000 Mitarbeitern (2003) der weltweit größte private Energiedienstleister.112 Noch zum Zeitpunkt der Fusion ist der Konzern durch ein umfangreiches Beteiligungsnetz auf den unterschiedlichsten Märkten (Strom,
Glas, Spezialchemie, Telekommunikation etc.) tätig. Heute ist E.ON nach einer
intensiven Phase des Konzernumbaus mit fünf Tochterunternehmen auf die
Kerngeschäftsfelder Strom und Gas fokussiert. Die E.ON AG bildet dabei das
Corporate Center der E.ON Gruppe, die Führungsgesellschaften der fünf Market Units (Central Europe, Pan European Gas, UK, Nordic, US Midwest) sind
verantwortlich für das integrierte Management der Zielmärkte.
E.ON
Kurzprofil
Unternehmen
E.ON AG, Düsseldorf
Tochterge sellschaften/ E.ON Energi e AG, München (100%)
Busine ss Uni ts
E.ON Ruhrgas AG, Essen (100%)
E.ON UK, Coventry (100% )
E.ON Nordic AB, Malmö (100% )
LG&E Energy LLC Louis ville/ US (100% )
Marktstart
Geschäftszweck
Zielgruppe
Geschäftsfelder
Kennzahlen 2003
Vertrieb
Besonderheiten
Juni 2000
Weltweiter Anbi eter von Energiedienstleistungen.
Privat- und Gewerbekunden
„ Strom
„ Gas
Umsatz: 46 Mrd. EUR
Betriebsergebnis: 4,5 Mrd. EUR
Mitarbeiter: 66.000
Ziel marktorientierter Vertrieb über Business Units und deren dezentrale
Vertriebsstrukturen (Vertriebsbüros, regionale Tochtergesellschaften etc.).
E.ON ist der weltweit größte pri vate Energiedi enstleister.
Abb. D-23: E.ON: Kurzprofil
2.8.2 Hintergrund der markenstrategischen Entwicklung
Bereits bei Ankündigung der Fusion von Veba und Viag im September 1999 ist
die Entscheidung gefallen, dem neue Unternehmen auch einen neuen Namen
zu geben. Durch den Zusammenschluss beider Konzerne entsteht zunächst
der größte private Energiedienstleister Europas. Veba und Viag zählten mit ihren Tochtergesellschaften PreussenElektra und Bayernwerk schon vor der Fusion zu den "großen Drei" der deutschen Energiewirtschaft. Da beide Namen in
112
Vgl. hierzu und zum Folgenden E.ON 2004a.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
189
der breiten Bevölkerung kaum bekannt waren, wurde die Fusion als Chance
genutzt, im Rahmen einer Ein-Marken-Strategie eine Marke zu entwickeln, die
ebenso für das Unternehmen steht wie für seine Aktie und Produkte.113
2.8.3 Entwicklung der virtuellen E.ON-Markenbildwelt
Am Anfang des Aufbaus der Markenbildwelt (Abb. D-24) steht die Suche nach
einem geeigneten Markennamen.
Schlüsselbild:
Farbe „Rot“
EON
„Neue Energie“
Abb. D-24: E.ON: Schlüsselsignale der Marke
Unmittelbar nach der Ankündigung der Fusion werden hierzu externe Spezialisten beauftragt und Mitarbeiter aufgefordert, sich an diesem kreativen Prozess
zu beteiligen. Die Kriterien für den neuen Namen: Er muss den Geist des Konzerns wiedergeben, für Anleger und Kunden im In- und Ausland leicht einprägsam sein, er darf keinen Anlass zu Verwechslungen geben. Außerdem müsse
er sich grafisch in einer attraktiven Form darstellen lassen114 und solle möglichst kein Kunstname sein. In der Verwendung eines solchen Namens sah
man die Gefahr der Gesichtslosigkeit und Austauschbarkeit.115 Nach Prüfung
von Hunderten von Vorschlägen und Marktforschungen in Deutschland, Großbritannien und Frankreich kristallisiert sich der Name Eon als klarer Favorit un113
114
115
Vgl. o.V. Die Welt 2001.
Vgl. E.ON 2004b.
Vgl. a.a.O.
190
Kapitel D
ter allen Namensalternativen heraus.116 E.ON ist nicht nur eine englische Variante des griechischen „Aeon" („Ewigkeit“, „Unendlichkeit“), sondern steht mit
seiner modernen Schreibweise auch für Energie („E“) und Aufbruch („ON“) in
die Welt von morgen.117 Die Kürze des Namens soll sich als Vorteil bei der
Gestaltung des Markenzeichens erwiesen haben. Eng an markentechnischen
Anforderungen wie Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit orientiert, entsteht
in einer spielerischen Mischung aus runden und eckigen Elementen das Design der Wortmarke E.ON: leuchtend rot, fast organisch, kraftvoll, stark und
ungewöhnlich.118 "Es wurde überall als Zeichen einer Firma empfunden, die
sympathisch, frisch und unbürokratisch ist. Ein Logo für ein flexibles Unternehmen, das mit einer sich rasch verändernden Welt Schritt hält."119 Damit ruft
das Zeichen jene Assoziationen hervor, die dem zuvor definierten Markencharakter entsprachen.120 Die Farbe Rot wird in der Folge zur Konzernfarbe und
zum visuellen Schlüsselmotiv des Markenauftritts.
2.8.4 Kommunikation der Marke
Auch E.ON betreibt seit dem ersten Markenauftritt einen breit angelegten
Kommunikationsmix aus Werbung (Tageszeitungen, Publikumsmagazine, Radio, Fernsehen, Großplakate, Bannerwerbung im Internet etc.), Internetauftritt
und Sponsoring. Die erste Kampagne im Sommer 2000 thematisierte - ohne
Absenderangabe - die Schlüsselfarbe Rot: Zwei Wochen lang ist es fast nicht
möglich, den roten Zeitungsseiten, Plakaten und TV-Spots zu entgehen:
„Deutschland sieht rot.“121 Die anonyme Kampagne sollte für Neugier und
Spannung sorgen, wer wohl dahinter stehe. Erst als die neue Konzernfarbe
"gelernt" war, wird das Geheimnis gelüftet: Auf den roten Flächen sind das Logo und der Claim "Neue Energie" zu sehen (Abb. D-25, links).122
In weiteren Phasen galt es, E.ON als innovative und kundenorientierte Markenpersönlichkeit aufzubauen und mit konkreten Produkten zu füllen.123 Hier
setzte E.ON auf den Aufmerksamkeitswert und die Beliebtheit von prominenter
Persönlichkeiten: So spielte Götz George die Hauptrolle in einem TV-Spot und
warb auf Großplakaten („Alles e.on zu Hause?“, Abb. D-25, Mitte), Veronica
Ferres bewarb das Produkt E.ON AquaPower, Arnold Schwarzenegger stand
für E.ON MixPower („Mix it, Baby!“). Die Motive, die der Verbraucher im Fern116
117
118
119
120
121
122
123
An der Gestaltung des Markennamens waren zwei Agenturen beteiligt: Der Vorschlag des Namens Eon stammt von der Agentur Citigate Demuth, die Schreibweise E.ON von der Londoner
Agentur Wolff Olins (vgl. E.ON 2004b).
Vgl. E.ON 2004b.
Vgl. o.V. Die Welt 2001.
Keshen Teo, Creative Director der Londoner Agentur Wolff Olins und Gestalter des Logos, zitiert
nach E.ON 2004b.
Vgl. o.V. Die Welt 2001.
Zitat einer großen deutschen Tageszeitung.
Vgl. o.V. Die Welt 2001.
Vgl. E.ON 2004c.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
191
sehen sah, fand er auf Anzeigen in Zeitungen, Zeitschriften und auf Plakatwänden wieder. In Bezug auf den Bekanntheitsgrad war die Kampagne überaus erfolgreich: Zum Jahresende 2001 stieg die gestützte Markenbekanntheit auf 93
Prozent,124 nur knapp anderthalb Jahren nach Markteintritt war E.ON damit eine der bekanntesten Marken Deutschlands.
Abb. D-25: E.ON: Print-Werbekampagnen 2000 (Markteinführung: Dramatisierung Markenname und
Farbe), 2001 (Image und Produktwerbung) und 2003 (Schaffung einer „On-Community“)
In einer weiteren multimedialen Kampagne (Plakate, Anzeigen, Funk- und
Fernseh-Spots) stellte E.ON - erneut ohne Absenderangabe - Ende 2002 die
Frage: „Sind Sie on?“. Unter der beworbenen Internetadresse www.ich-binon.de präsentierte E.ON ein Forum für jeden, „der sich in kreativen und interessanten Beiträgen selbst darstellen und seine persönliche On-Story erzählen
wollte.“125 Mit dem Ziel der Gründung einer Marken-Community wurde neben
attraktiven Gewinnen auch die Möglichkeit zur Mitwirkung an einer OnWerbekampagne in Aussicht gestellt. Zwischen November 2002 und Januar
2003 wurden ein paar Dutzend „On-People“ und ihre Projekte ausgewählt und
standen im Mittelpunkt der nächsten Kampagnen-Phase. Vorgestellt wurden
Frauen und Männer, die „entschlossen und zielstrebig ihren Weg gehen, dabei
Hürden überwinden und nicht aufgeben. Menschen eben, die on sind“.126 Die
Motive, die ab Mitte Oktober 2003 erschienen, schlossen den Kreis zu E.ON
und rückten ausgewählte Mitarbeiter - stellvertretend für viele ihrer Kollegen
aus dem Konzern - ins Zentrum der Kampagne (Abb. D-25, rechts).
2.8.5 Kritische Kurzbewertung
Betrachtet man die Marke E.ON vor dem Hintergrund der Unsichtbarkeit der
Marktleistungen, offenbart der Markenauftritt große Mängel. Versteht man
124
125
126
Vgl. McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 11 f.
E.ON 2004d.
A.a.O.
192
Kapitel D
Markenzeichen und Schlüsselbild als zentrale Elemente der Markenbildwelt, so
stehen diese im Falle E.ON - trotz einer möglicherweise als ansprechend zu
bewertenden formalen Gestaltung - isoliert nebeneinander, ohne sich gegenseitig zu unterstützen. Zum einen stellt sich der Markenname als ebenso abstrakt dar wie die unter ihm verkauften Produkte, zum anderen geben
Markenname, Wortmarke, Farbe und Claim („Neue Energie“) keinerlei Hinweis
auf eine leistungsbezogene Positionierung der Marke. Die Markenbildwelt
spiegelt so in ihrer Wirkung den Prozess ihrer Entstehung wider und weist eine
gewisse Beliebigkeit auf, ohne eine kreative Idee oder eine relevante Positionierung unmittelbar zu transportieren. Den Maßnahmen zur Kommunikation der
Marke kommt daher keine unterstützende, sondern eine grundsätzliche Funktion zu: Sie sind erforderlich, um die Marke mit Bedeutung und Inhalt aufzuladen. Der Aufbau eines relevanten inneren Vorstellungsbildes über die Marke
selbst kann sich dadurch nicht einstellen. Die Problematik der nachhaltigen Visualisierung und Verankerung, deren Lösung aus kognitionspsychologischer
Sicht die zentrale Aufgabe des virtuellen Service Branding darstellt, verlagert
sich somit vom unsichtbaren Produkt auf die abstrakte Marke.
Dieses Bewertungsergebnis auf Basis kognitionspsychologischer Implikationen
deckt sich mit verschiedenen Beobachtungen, welche die mangelnde konsumentenseitige Verhaltenswirkung der Marke E.ON unterstreichen. So stehen
die regionalen Tochtergesellschaften und Vertriebsgesellschaften - etwa E.ON
Hanse oder E.ON Bayern - vor dem Problem, die Konzernmarke durch Korrektur der Positionierung dem Kunden näher bringen zu müssen. Für E.ON Bayern
wurde eine Kampagne mit dem Aktionsclaim „Mit Sicherheit faire Preise“,127 für
E.ON Hanse ein Konzept für einen stärkeren Regionalbezug entwickelt.128 Ein
weiteres Beispiel für das Wirkungsdefizit der Marke E.ON stellt die „Mix it, Baby!“-Kampagne unter Einbindung des Testimonials Arnold Schwarzenegger
dar: Bei geschätzten Werbeausgaben in Höhe von 22,5 Millionen EUR konnten
laut Presseberichten129 gerade mal 1.100 Neukunden geworben werden. Somit
betrugen die Akquisitionskosten pro Kunde rund 20.500 EUR. „Angesichts eines durchschnittlichen Jahresumsatzes von geschätzten 600 EUR pro Kunde
dürften sich diese Ausgaben selbst über die Kundenlebenszeit kaum amortisieren.“130 Als ebenfalls gescheitert ist der Versuch zu werten, über die breit
angelegte „On“-Kampagne eine Brand Community - etwa im Stile von Coca
Cola, eBay oder anderer Top-Marken - zu etablieren. Am 1. März 2004 wurde
die Community-Plattform geschlossen.131
127
128
129
130
131
Vgl. Portamundi 2004.
Vgl. Seemann 2003.
Vgl. o.V. Spiegel-Online 2002.
McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 11 f.
Vgl. E.ON 2004d.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
3.
193
Cross-Case-Analyse:
Fallübergreifende Auswertung und Interpretation
3.1 Überblick
Die acht Fallstudien zum virtuellen Service Branding in der Praxis zeigen, dass
branchenübergreifend sämtliche Unternehmen - mit Ausnahme von mobilcom der Visualisierung von unsichtbaren Dienstleistungen und der damit verbundenen Möglichkeit, ein inneres Vorstellungsbild im Gedächtnis des Konsumenten
zu verankern, einen hohen Stellenwert einräumen. Dieses Ergebnis stützt die
konzeptionell abgeleitete Basishypothese H0,132 nach der ein genereller Wirkungszusammenhang zwischen visuellem Markenwissen und Markenerfolg
vermutet wurde.
Ferner zeigen die Fallstudien, dass fast ausnahmslos alle Anbieter auf unterschiedlichen Wegen und mit unterschiedlichem Erfolg versuchen, unsichtbare
Dienstleistungen mit Hilfe virtueller Markenbildwelten im Sinne der Gestaltungshypothese H2133 zu visualisieren. Die Unterschiede bei der Entwicklung,
Einführung und Durchführung der dargestellten Markenauftritte sind dabei auf
unterschiedliche Ansätze und Vorgehensweisen zurückzuführen, die zum Teil
auch durch die situative Ausgangsbedingung des jeweiligen Dienstleisters beeinflusst werden. So stellen sich - in Abhängigkeit von der situativen Variable
Unternehmensalter bzw. Zeitpunkt des Markteintritts - einige aktuelle Markenauftritte als das Ergebnis einer neuen Markenkonzeption (Arcor, O2, E.ON, Yello Strom) dar, andere wiederum als das Ergebnis einer Repositionierung
(debitel) oder völligen Neugestaltung (E-Plus) des bereits bestehenden Markenauftritts. Besonders gut lassen sich die verschiedenen Vorgehensweisen
beim Aufbau virtueller Markenbildwelten im Zusammenhang mit der Entstehung und Funktion von Markennamen und -zeichen verdeutlichen: So entstanden einige Markennamen und -zeichen im Vorfeld des Markenauftritts und
stellen formale oder auch inhaltliche Ausgangspunkte der Markenbildweltentwicklung dar (Arcor, debitel, Vodafone, E.ON beziehungsweise E-Plus), während andere das Ergebnis einer zentralen Positionierungs- oder
Kommunikationsidee sind (O2, Yello Strom).
Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Ansätze und Vorgehensweisen
werden die Fallobjekte im folgenden Kapitel in ergebnisorientierte Cluster zusammengefasst und analysiert, um über die damit mögliche Abstraktion der
Einzelfälle fallübergreifende Erkenntnisse zu gewinnen.
132
133
Vgl. Kapitel C 4.
Vgl. Kapitel C 4.2.
194
Kapitel D
3.2 Fallübergreifende Auswertung
Wie insbesondere die jeweiligen Kurzbewertungen der Fallstudien aufzeigen,
resultieren aus den verschiedenen Ansätzen unterschiedlich stark integrierte
Markenbildwelten. Das Kriterium Integrationsgrad, das entsprechend der Gestaltungshypothese H3a als zentrales Effizienzkriterium virtueller Markenbildwelten vermutet wird, dient nachfolgend zur Bildung der beiden Cluster hoch
integrierte Markenbildwelten und gering integrierte Markenbildwelten. Sieben134
Einzelfallobjekte werden jeweils in Abhängigkeit des Kurzbewertungsergebnisses einem dieser Cluster zugeordnet und clusterspezifisch analysiert. Mit dieser übergreifenden Fallstudienauswertung wird das Ziel verfolgt, signifikante
Gemeinsamkeiten innerhalb und signifikante Unterschiede zwischen den
Clustern stärker herauszuarbeiten, um - entsprechend der realitätsorientierten
Forschungsausrichtung dieser Arbeit - durch die Aggregation der einzelfallspezifischen Beobachtungsergebnisse übergeordnete und übertragbare Erkenntnisse im wissenschaftlichen Sinne gewinnen zu können.
3.2.1 Virtuelle Markenbildwelten mit hohem Integrationsgrad
Ein Vergleich der einzelfallspezifischen Kurzbewertungen zeigt, dass die Markenbildwelten von E-Plus, O2 und Yello Strom den höchsten Integrationsgrad
aufweisen, da die Schlüsselsignale in allen drei Fällen in formalem und inhaltlichem Beziehungszusammenhang stehen.
Die formale Verbindung ergibt sich aus der durchgängigen Verwendung von
Formen oder Farben: So ist im Falle von E-Plus das Schlüsselsymbol Pluszeichen visueller oder verbaler Bestandteil aller Markenelemente, die Farbe Grün
dominiert das Markenzeichen und Schlüsselsymbol. Im Falle von O2 und Yello
Strom sind ebenfalls die Farben (Blau bzw. Gelb) das formale Bindeglied zwischen Markenzeichen und Schlüsselsymbol („Bubbles“ bzw. Gelb als Schlüsselfarbe).
Die inhaltliche Verbindung ergibt sich jeweils aufgrund des Bedeutungszusammenhangs von visuellen oder verbalen Elemente, welche die zugrunde liegende kommunikative Leitidee und leistungsbezogene Positionierung
widerspiegeln: So verkörpert im Falle von E-Plus (Abb. D-25) das Pluszeichen
als visueller und verbaler Bestandteil aller Schlüsselsignale die Leitidee „Ein
Plus verbindet“ und ermöglicht die Assoziation positionierungsrelevanter Konnotationen (sympathisch, kundenfreundlich, leistungsorientiert etc.). Gleiches
gilt für die Marken O2 und Yello Strom: Im ersten Fall stehen Markenname,
134
Wie die Fallstudie zum aktuellen Markenauftritt von mobilcom aufzeigt, hat der Service Provider
- bedingt durch seine rudimentären Service-Branding-Aktivitäten - als einziger unter den analysierten Anbietern (noch?) keine Markenbildwelt entwickelt. Infolgedessen kann die weitere Betrachtung dieses Falls keinen Erkenntnisbeitrag zum virtuellen Service Branding leisten, weshalb
die „Marke“ von der folgenden Analyse ausgeschlossen wird.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
195
Markenzeichen und Schlüsselbild („Bubbles“) als Ausdruck für die Markenidee
„essential for living“, sie verkörpern gleichzeitig positionierungsrelevante Attribute (Transparenz, Frische, Aktivität, Innovation etc.) und stellen in der komplementären verbalen und visuellen Verknüpfung (O2
Bubbles
Blau) ein
in sich geschlossenes Bedeutungssystem dar. Auch im Falle von Yello Strom
stehen alle Schlüsselsignale für eine Markenidee („Strom ist gelb“) und ermöglichen die Assoziation positionierungsrelevanter Bedeutungsinhalte (frisch,
frech, fröhlich). Den drei Fallobjekten ist ferner gemein, dass sie Markenclaims
zur Verbalisierung der Markenidee einsetzen. Als einzige Ausnahme verbindet
Yello Strom über den alliterativen Claim „Gelb. Gut. Günstig.“ Markenidee und
Leistungsnutzen.
Ù
Ù
Bedeutungszusammenhang/
Bedeutungswirkung
„E-Plus“
Kreati ve
Leitidee:
„Ein Plus
verbindet“
Claim: Ein + verbindet
Abb. D-26: Integrierte Markenbildwelt am Beispiel von E-Plus:
Bedeutungszusammenhänge und -wirkungen der Schlüsselsignale
Weitere Gemeinsamkeiten bestehen im Einsatz verschiedener Instrumente der
Markenkommunikation: Die drei Fallobjekte nutzen klassische Werbung und
sonstige Kommunikationsmedien als Instrument zur themenspezifischen Aktualisierung der Markenbildwelt beziehungsweise zur Dramatisierung positionierungsrelevanter Attribute. Die jeweiligen Markenbildwelten dienen dabei
jeweils als integrierte Kommunikationsplattform, auf denen unterstützende nut-
196
Kapitel D
zen- oder imagebezogene Botschaften präsentiert werden. Die hiermit vollzogene gedankliche Trennung von Markenbildwelt und Markenkommunikation
und deren jeweiligen unterschiedlichen Funktionen werden besonders am Beispiel von O2 deutlich: Während die Markenbildwelt zentral im Auftrag der
mmO2-Holding entwickelt und international vorgegeben wird, erfolgt die Ausführung der Markenkommunikation im Rahmen definierter Gestaltungsregeln in
den einzelnen Zielländern. Hierdurch wird eine größere Nähe zum individuellen
Konsumenten gewährleistet, da die Markenbildwelt jeweils landesspezifisch
aktualisiert und thematisiert werden kann.
Als zentrales Ergebnis der fallübergreifenden Auswertung dieses Clusters
bleibt festzuhalten, dass integrierte virtuelle Markenbildwelten in der Praxis aus
der Kombination selbsterklärender Schlüsselsignale bestehen, die - neben ihrer formalen Integration - durch einen unmittelbaren Bedeutungszusammenhang miteinander verbunden sind. Diese Gestaltungselemente sind das
Resultat eines integrierten Service-Branding-Prozesses,135 in dessen Mittelpunkt eine alles vernetzende, kreative Leitidee zur Visualisierung überwiegend
konnotativer Positionierungsattribute der Marke steht. Hoch integrierte virtuelle
Markenbildwelten können daher auch als selbstreferentielles Bedeutungssystem beziehungsweise als selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelt136 bezeichnet werden, die quasi „aus sich selbst“ heraus entsteht und sich selbst
erklärt. Eine integrierte virtuelle Markenbildwelt stellt somit eine auf Kontinuität
ausgerichtete Kommunikationsplattform dar, die durch ergänzende Maßnahmen der Markenkommunikation thematisch aktualisiert und dramatisiert wird.
3.2.2 Virtuelle Markenbildwelten mit Integrationsdefiziten
Wie der Vergleich der einzelfallspezifischen Kurzbewertungen ferner zeigt,
weisen die Markenbildwelten der übrigen vier Anbieter (Arcor, debitel, Vodafone, E.ON) unterschiedlich starke Integrationsdefizite insbesondere bezüglich
der Bedeutungszusammenhänge zwischen den einzelnen Markenelementen
auf. Hinsichtlich des formalen Beziehungszusammenhangs ist dagegen in den
letzten Jahren eine zunehmende Professionalisierung festzustellen, die sich
vor allem durch die integrierte Gestaltung von Kommunikationsmaßnahmen
und Layouts bemerkbar macht.
135
136
Als situative Besonderheit der clusterspezifischen Auswertung kann festgehalten werden, dass
der integrierte Service-Branding-Prozess im Falle von E-Plus an dem bestehenden Markennamen ansetzt (Repositionierung der Marke und Relaunch der Markenbildwelt), während die Marken O2 und Yello Strom jeweils das Ergebnis eines integrierten Service-Branding-Prozesses
darstellen.
Erläuterung: Selbstreferentielle Markenbildwelten sind immer dann auch virtuell, wenn sie sich
visuell nicht - wie im Falle unsichtbarer Dienstleistungen - auf den der Markenbildwelt zu Grunde
liegenden Markenträger beziehen oder beziehen können. Wenn im Folgenden vereinfachend
von selbstreferentiellen Markenbildwelten gesprochen wird, sind daher immer selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelten gemeint.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
197
Auf der Bedeutungsebene dieser Markenauftritte besteht eine zentrale Gemeinsamkeit in Bezug auf den Markennamen: Sämtliche Namen sind abstrakt
und damit nicht in der Lage, konkrete bildhafte Bedeutungsinhalte zu vermitteln. Zwei Ursachen sind für diesen Sachverhalt verantwortlich: Im Falle von
debitel und Vodafone resultieren die Markennamen, wie gezeigt, aus der Phase des frühen Markteintritts der Unternehmen, in der Namen primär zur Bezeichnung von Unternehmen und Geschäftszweck entwickelt und eingesetzt
wurden. Während die Entstehungsgründe hier situativ begründet sind, resultieren die Entwicklung der Markennamen Arcor und E.ON auf dem zielgerichteten
Kalkül, einen jeweils differenzierenden, unbesetzten und „klangvollen“ Markennamen für ein Unternehmen zu finden. Die originäre inhaltliche und visuelle
Bedeutungslosigkeit der Namen in Kauf nehmend, sollten diese mit Hilfe der
Markenkommunikation „aufgeladen“ werden, um Assoziationen über positionierungsrelevante Denotationen und Konnotationen zu ermöglichen.
Bedeutungszusammenhang/
Bedeutungswirkung
„Arcor“
Kein Bedeutungszusammenhang /
keine Bedeutungswirkung
Kreative
Leitidee:
„telephone
people“
„debitel“
Kreative
Leitidee:
„Kommunikation
ist alles“
Claim: „the telephone people“
Claim: „Kommunikation ist alles“
„Eon“
„Vodafone“
Kreative
Leitidee:
„Neue Energie“
Kreative
Leitidee:
Farbe
„Rot“
Claim: „Neue Energie“
Claim: „how are you?“
Abb. D-27: Teilintegrierte Markenbildwelten im Vergleich:
Bedeutungszusammenhänge und -wirkungen der Schlüsselsignale
Wie sich an allen Beispielen aufzeigen lässt (Abb. D-27), stehen infolgedessen
die beiden Gestaltungselemente Markenzeichen und Schlüsselbild allenfalls in
einem formalen Beziehungszusammenhang zum Markennamen, während die
198
Kapitel D
inhaltlichen Bedeutungszusammenhänge dieser Elemente jedoch mehr oder
weniger starke Integrationsdefizite aufweisen. In der weiteren Folge müssen
ergänzende Maßnahmen der Markenkommunikation, allen voran die klassische Werbung, die Aufgabe der Markenvisualisierung und Markenaufladung
leisten. Dabei sind besonders Unterschiede in der Flexibilität und kreativen
Umsetzung festzustellen: Während beispielsweise debitel mit der Rahmenszene „Kommunikation“ eine statische Kommunikationsplattform besitzt, verfügt
Arcor mit den „Rotschöpfen“ über ein flexibel einsetzbares, kreatives Visualisierungselement.
Im Kern also resultieren teilintegrierte Markenbildwelten aus einem fragmentarischen Service-Branding-Prozess, innerhalb dessen die Konzeption und Gestaltung der Schlüsselsignale getrennt erfolgt. Dies zeigt sich exemplarisch im
direkten Vergleich der Marken E.ON und Yello Strom, die auf den ersten Blick
einige Gemeinsamkeiten aufweisen: Beide Markennamen sind aus vorhandenen Begriffen („Äon“ vs. „Yellow“) abgeleitet, beide Marken besetzten als
Schlüsselmotiv eine bestimmte Farbe („Rot“ vs. „Gelb“), beide Marken wollen
ähnliche Attribute der emotionalen Positionierung vermitteln („sympathisch,
frisch, unbürokratisch“ vs. „frisch, frech, fröhlich“). Während jedoch die Markenbildwelt von Yello Strom aufgrund ihrer virtuellen Selbstreferentialität eine
Markenidee und eine eindeutige nutzenorientierte Botschaft vermittelt, stehen
die Markenelemente E.ONs zwar formal integriert, aber inhaltlich isoliert und
beliebig nebeneinander.
Im Ergebnis zeigt die Auswertung dieses Clusters, dass gering integrierte Markenbildwelten in Ermangelung einer ganzheitlichen, kreativen Leitidee aus einer Kombination mehr oder weniger isolierter Schlüsselsignale besteht, die in
der Regel keinen eigenständigen Beitrag zum Aufbau visuellen Markenwissens
oder zur Vermittlung positionierungsrelevanter Attribute leisten können. Markenbildwelten mit hohen Integrationsdefiziten können daher auch als fragmentierte Markenbildwelten bezeichnet werden, da sie in der Regel keine
eigenständige Markenidee verkörpern und daher auf die Aufladung durch Markenkommunikation angewiesen sind. Insbesondere der Werbung kommt hier,
im Unterschied zur Situation selbstreferentieller virtueller Markenbildwelten
und neben ihren eigentlichen Funktionen, die kampagnenübergreifende Daueraufgabe zu, die Marke zu visualisieren und/oder inhaltlich aufzuladen.137
3.2.3 Zwischenfazit
Als ein zentrales Ergebnis der clusterspezifischen Fallstudienauswertung ist
festzuhalten, dass die erfolgreiche Entwicklung und Einführung selbstreferentieller virtueller Markenbildwelten einen integrierten Service-Branding-Prozess
137
In diesem Fall führt ein Wechsel der Werbeagentur dann oftmals zu einer Veränderung des Markenauftritts.
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
199
voraussetzt, in dessen Mittelpunkt eine alles vernetzende, kreative Leitidee zur
Umsetzung der Soll-Positionierung der Marke steht. Dagegen spiegeln teilintegrierte beziehungsweise fragmentierte Markenbildwelten das Ergebnis eines
Service Branding unter ungünstigen situativen Bedingungen oder unter Nichtberücksichtigung zentraler markentechnischer Anforderungen wider. Abbildung
D-28 fasst diese Resultate der Betrachtung nochmals in einer vergleichenden
Gesamtübersicht zusammen.
Formaler Beziehungszusammenhang
der Schlüsselsignale
hoch
selbstreferentielle
Mark enbildwelten
E-Plus Yello
o2
Arcor
debitel
E.ON
Vodafone
mobilcom
fragmentierte
Mark enbildwelten
niedri g
Inhaltlicher Bedeutungszusammenhang
der Schlüsselsignale
hoch
Abb. D-28: Übersicht: Vergleich der Markenbildwelten nach dem Grad ihrer Integration
3.3 Bewertung und Interpretation
Insgesamt zeigt die vorgenommene Fallstudienforschung, dass sich in der
Entwicklung und Einführung von virtuellen Markenbildwelten in der Praxis zentrale Aussagen der konzeptionell erarbeiteten Hypothesen widerspiegeln:
„Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten sind jeweils das Ergebnis einer ganzheitlichen, kreativen Leitidee zur Visualisierung überwiegend konnotativer Positionierungsattribute (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H1 [Leitidee]).
200
Kapitel D
„Sämtliche
Anbieter unsichtbarer Dienstleistungen versuchen, über eine
Kombination von Markennamen, Markenzeichen und Schlüsselbild eine virtuelle Markenbildwelt zu entwickeln, die den Aufbau visuellen Markenwissens in Form innerer Markenbilder im Gedächtnis des Konsumenten
ermöglicht (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H2 [Markenbildwelt] sowie
Hypothese H0 [Basishypothese]).
„Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten zeichnen sich durch
starke Beziehungszusammenhänge (formaler Integrationsgrad) und Bedeutungszusammenhänge (inhaltlicher Integrationsgrad) der Schlüsselsignale
aus (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H3a [Integrationsgrad]).
„Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten zeichnen sich durch
einen hohen Beitrag zur Vermittlung insbesondere konnotativer Positionierungsattribute aus (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H3b [Positionierungsbeitrag]). Denotative, nutzenorientierte Positionierungsattribute
werden zum Teil durch Claims, in allen Fällen aber über die klassische Werbung kommuniziert.
„Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten zeichnen sich durch
einen hohen Selbsterklärungsgrad der Schlüsselsignale aus. Jedes Schlüsselsignal trägt einzeln zur teilweisen oder gesamten Vermittlung der Positionierungs- oder Markenidee bei (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H3c
[Selbsterklärungsgrad]).
„Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten zeichnen sich durch
eine hohe kreative Eigenständigkeit des Markenauftritts aus, die jeweils auf
der Umsetzung einer kreativen Leitidee basiert (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H3d [kreative Profilierung]).
„Insbesondere die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten zeich-
nen sich durch eine hohe Flexibilität ihrer Gestaltungselemente aus, die einen variablen Einsatz im Rahmen ergänzender Kommunikationsmaßnahmen ermöglicht (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H3e [Flexibilität]).
„Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten dienen als Kommu-
nikationsklammern, innerhalb derer die Konzeption und Durchführung jeweiliger Werbekampagnen und sonstiger Maßnahmen der Markenkommunikation stattfinden (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H4a [Integration der
Markenkommunikation]).
„Die
untersuchten Werbekampagnen zeichnen sich insbesondere bei
selbstreferentiellen Markenbildwelten dadurch aus, dass sie über die Dramatisierung konnotativer und denotativer Positionierungsattribute zu einer
Aktualisierung der Marke beitragen (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H4b
[Funktion der Markenkommunikation]).
Als ein Ergebnis der übergreifenden Fallstudienauswertung ist damit zu konstatieren, dass die gestaltungsbezogenen Kernaussagen der konzeptionell ab-
Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
201
geleiteten Hypothesen insbesondere durch die beobachtete Entwicklung und
Einführung selbstreferentieller virtueller Markenbildwelten in der Praxis bestätigt werden.
Um die Validität des in den Hypothesen postulierten Wirkungszusammenhangs
zwischen Gestaltungsaussagen und Markenerfolg (Kommunikationseffizienz)
zu bewerten, können insbesondere quantitative Messergebnisse über den spezifischen Markenerfolg herangezogen werden. Wie in den Kurzbewertungen
der jeweiligen Fallstudien dargestellt, bestätigen zahlreiche psychologische
und quantitative Studien den überdurchschnittlichen Erfolg der untersuchten
Dienstleistungsmarken mit selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelten im
Sinne der Auffassung dieser Arbeit: Diese erzielen jeweils nach Einführung der
integrierten Markenbildwelt beispielsweise die höchste Werbeerinnerung aller
Wettbewerber (E-Plus)138, das größte Wachstum trotz der geringsten Werbeaufwendungen im Markt (O2)139 oder trotz eines fünfmal geringeren Werbebudgets als der Hauptwettbewerber (E.ON) eine gleich hohe Werbeerinnerung
(Yello Strom)140.
Zusammenfassend können damit als Ergebnis der Fallstudienforschung folgende zentralen Erkenntnisse formuliert werden:
„Die Gestaltungshypothesen zum erfolgreichen Aufbau innerer Markenbil-
der für unsichtbare Dienstleistungen, die aus den konzeptionell gewonnenen
Erkenntnissen sowie den Ergebnissen der Markenumfeldanalyse im Telekommunikationsmarkt deduziert wurden, werden tendenziell beziehungsweise deutlich bestätigt (Abb. 29). Diese Beurteilung lässt sich vor dem
Hintergrund der gewonnenen empirischen Forschungsergebnisse sowie aufgrund des offenbar deutlichen Wirkungszusammenhangs zwischen selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelten und dem Erfolg von Marken für
unsichtbare Dienstleistungen vornehmen.
„Die Gestaltungshypothesen werden branchenübergreifend auf dem Tele-
kommunikations- und dem Energiemarkt bestätigt. Der postulierte Zusammenhang zwischen der Unsichtbarkeit von Dienstleistungen und dem Aufbau
innerer Markenbilder, der sich in der Formulierung der Hypothesen manifestierte, wird damit ebenfalls tendenziell bestätigt.
„Die
Schlüsselsignale Markenname, Markenzeichen und Schlüsselbild
haben sich als zentrale Elemente virtueller Markenbildwelten bestätigt.
138
139
140
Quelle: RSG Marketing Research, zitiert nach Gesamtverband Kommunikationsagenturen
(GWA) 2004, S. 386.
Vgl. Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) 2004, S. 391 f.
Quelle: GFK Mindshare, zitiert nach Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) 2003, S.
72.
202
Kapitel D
„Markenclaims spielen als ergänzendes Element virtueller Markenbildwelten
und damit als ergänzendes Markensignal für unsichtbare Dienstleistungen
eine wichtige Rolle.
„Virtuelle Markenbildwelten sind kommunikationseffizient, wenn sie selbstre-
ferentiell sind, das heißt ein hochintegriertes, in sich geschlossenes Bedeutungssystem darstellen, das „aus sich selbst“ heraus entsteht und sich selbst
erklärt. Selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelten sind somit auch dadurch charakterisiert, dass sie unabhängig von Maßnahmen der Markenkommunikation Bedeutung besitzen.
„Virtuelle Markenbildwelten sind kommunikationsineffizient, wenn sie nur
teilintegriert beziehungsweise fragmentiert sind.141
„Selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelten sind stets das Ergebnis eines
integrierten Service-Branding-Prozesses, dessen Ausgangspunkt eine
kreative Leitidee darstellt. Die kreative Leitidee steht dabei in enger Wechselbeziehung zur strategischen Leitidee (Positionierung).
„Selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelten tragen primär zur Differenzie-
rung der Marke auf der Ebene konnotativer Attribute der Markenidee beziehungsweise der Markenpositionierung bei.
„Selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelten bilden die Kommunikations-
plattform sämtlicher weiterer Maßnahmen der Markenkommunikation (Werbung, Internetauftritt etc).
„Werbekampagnen
für selbstreferentielle Markenbildwelten zeichnen sich
durch eine hohe inhaltliche Integration aus, indem sie maßgeblich zur Dramatisierung und Aktualisierung konnotativer Positionierungsattribute beitragen.
„Denotative nutzen- oder leistungsbezogene Attribute der Marke werden primär durch Claims oder Werbekampagnen kommuniziert.
Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse steht der Aufbau selbstreferentieller Markenbildwelten als Kernaufgabe des virtuellen Service Branding
im Mittelpunkt anwendungsorientierter Gestaltungsempfehlungen, deren
Formulierung im folgenden Kapitel vorgenommen wird.
141
Vgl. hierzu und zum nächsten Punkt Langner, der auf Basis experimenteller Untersuchungen von
Wort-Bild-Kombinationen zu dem Ergebnis gelangt, dass durch die mangelnde Integration von
Markenname und Markenbild „enormes Kommunikationspotential verschenkt wird“ (2003, S.
269).
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203
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Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis
Gesamt
Arcor
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++
-
++
-
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o-
o-
+
-
+-
+
-
+-
+
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-
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-
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+
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+-
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Mobilcom
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-o
-o
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-o
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O2
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-
++
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++
-
++
-
++
-
++
-
++
Vodafone
---
++
-
+-
---
-
--
-
+-
+
-
+-
-
Yello Strom
++
-
++
-
++
-
++
-
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-
++
-
++
-
++
-
++
-
++
-
++
--
++
-
+-
---
-
--
-
+-
+
-
+-
-
E.ON
Legende/Lesart: Erfüllt die Marke (++) sehr gut, (+) gut, (o) mittel, (-) schlecht, (--) üb erhaupt nicht
Grad der
Unterstützung
H 1 [Leitidee]:
Erfolgreiche Marken für unsichtbare Dienstleistungen basieren auf einer strategischen Leitidee in Form
einer relevanten Positionierung.
tendenziell
H 2 [Markenbildwelt]:
Marken für unsichtbare Dienstleistungen sind um s o erfolgreicher, je besser es ihnen gelingt, durch den
Einsatz s trategisch geplanter Schlüsselsignale (Markenname, Markenzeichen, Schlüsselbild) virtuelle
Markenbildwelten zu erzeugen.
deutlich
H 3a [Integrationsgrad]:
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen s ind um so komm unikationseffizienter,
je höher der inhaltliche und formale Integrationsgrad der Schlüsselsignale ist.
deutlich
H 3b [Positionierungsbeitrag]:
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen s ind um so komm unikationseffizienter,
je höher der Beitrag der einzelnen Schlüsselsignale zur Vermittlung der Positionierung ist.
deutlich
H 3c [Selbsterklärungsgrad]:
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen s ind um so komm unikationseffizienter,
je höher der Selbsterklärungsgrad der einzelnen Schlüsselsignale ist.
deutlich
H 3d [kreative Profilierung]:
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen s ind um so komm unikationseffizienter,
je höher der eigenständige Beitrag der Markenbildwelt zu einer kreativen Profilierung ist.
deutlich
H 3e [Flexibilität]:
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen s ind um so komm unikationseffizienter,
je flexibler ihre Einsatzmöglichkeiten im Rahmen der Markenkommunikation sind.
deutlich
H 4a [Integration der Markenkommunikation]:
Maßnahmen der Markenkommunikation s ind um so kommunikationseffizienter,
je besser sie formal und inhaltlich in die virtuelle Markenbildwelt integriert sind.
deutlich
H 4b [Funktion der Markenkommunikation]:
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen s ind um so komm unikationseffizienter,
je mehr die Maßnahmen der Markenkommunikation zur Aktualisierung und Dramatis ierung konnotativer
und denotativer Positionierungsattribute beitragen.
tendenziell
Abb. D-29: Gesamtübersicht: Bewertung der Fallobjekte und Beurteilung der Hypothesen
204
Kapitel D
Implikationen für das virtuelle Service Branding
E
205
Implikationen für das virtuelle Service Branding
Die Aufgabe dieses abschließenden Kapitels besteht in der Formulierung von
Implikationen, die sich als Quintessenz der gewonnenen Erkenntnisse für die
Entwicklung und Einführung von Marken für unsichtbare Dienstleistungen bzw.
für das virtuelle Service Branding ergeben. Entsprechend der Zielsetzung sowie der anwendungsorientierten Forschungsausrichtung liegt der Schwerpunkt
dabei auf der Ableitung von Gestaltungsempfehlungen für die Praxis. Im
Zentrum steht hier die Darstellung des grundsätzlichen Aufbaus und der Einführung selbstreferentieller Markenbildwelten, die, wie die Untersuchung gezeigt hat, aufgrund ihrer Kommunikationseffizienz am nachhaltigsten zur
Erzeugung innerer Markenbilder im Gedächtnis des Konsumenten beitragen.
Ferner werden in einem weiteren Schritt Maßnahmen zur Pflege vorhandener
selbstreferentieller Markenbildwelten erörtert. Die anwendungsorientierten
Empfehlungen werden abgeschlossen durch eine Diskussion über Handlungsoptionen für Dienstleister, die aus situativen Gründen über eine kommunikationsineffiziente beziehungsweise keine Markenbildwelt verfügen. Die Arbeit
endet mit Implikationen für die Markenforschung, die auf dem Hintergrund
der Ergebnisse und Forschungsmethodik dieser Arbeit formuliert werden.
1.
Gestaltungsempfehlungen für die Praxis
1.1 Aufbau und Einführung selbstreferentieller Markenbildwelten
Wie die Fallstudien verdeutlicht haben, sind selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelten stets das Ergebnis eines integrierten Service-Branding-Prozesses
aus den Kernelementen Leitidee, Schlüsselsignale und Markenkommunikation.1 Dieses Kapitel konzentriert sich daher auf die Diskussion dieser drei, in
einem iterativen Beziehungszusammenhang stehenden Kernelemente. Aus
Gründen der Zweckmäßigkeit erfolgt ihre Darstellung sequentiell.
1.1.1 Kreative Leitidee generieren
Die Entwicklung einer selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt ist - wie die
Fallstudien gezeigt haben - stets das Ergebnis einer ganzheitlichen kreativen
1
Aus übergeordneter Sicht kann dieser Prozess auch als Bestandteil eines ganzheitlichen unternehmerischen Managementprozesses aufgefasst werden, dessen Ausgangspunkt in der Analyse
interner und externer Anforderungsbedingungen (vgl. hierzu Kapitel C 2.2.1) sowie in der Ableitung derivativer Markenziele aus dem Globalziel der Dienstleistungsunternehmung (vgl. hierzu
Kapitel C 2.2.2) besteht. Aus Gründen der problemorientierten Fokussierung wird auf eine derart
erweiterte Darstellung jedoch verzichtet.
206
Kapitel E
Leitidee, die zur Visualisierung konnotativer, aber auch denotativer Positionierungsattribute der Marke oder kurz: zur Visualisierung der strategischen Leitidee beiträgt.2 Strategische Leitidee und kreative Leitidee kennzeichnen dabei
in der Regel auch die Schnittstelle zwischen Dienstleistungsunternehmen und
Werbeagentur,3 was die enge Wechselbeziehung zwischen strategischer Positionierung und kreativer Umsetzung nochmals unterstreicht. Dabei gilt:
„Je präziser die strategische Leitidee zur Markenpositionierung formuliert ist,
um so zielgerichteter kann die kreative Leitidee zur Markenbildwelt abgeleitet werden.
„Je unpräziser die strategische Leitidee zur Markenpositionierung formuliert
ist, um so stärker muss die kreative Leitidee zu einer eigenständigen Profilierung der Dienstleistungsmarke beitragen.
Wie die empirische Untersuchung gezeigt hat, bestehen auf den analysierten
Dienstleistungsmärkten allerdings zentrale Schwierigkeiten in der Ableitung relevanter denotativer, d.h. leistungsbezogener Positionierungsdimensionen:
Hier stehen zur dauerhaften Differenzierung lediglich Preis- oder Nischenstrategien zur Verfügung. Interessanterweise ist dieser für beide Branchen identische Sachverhalt auf völlig unterschiedliche situative Ursachen zurückzuführen: Auf dem Telekommunikationsmarkt haben konkrete leistungsbezogene
Differenzierungsansätze aufgrund der hohen Veränderungsdynamik und Nachahmungsgeschwindigkeit des Marktes tendenziell nur kurzfristigen Bestand.
Auf dem Energiemarkt hingegen unterliegt die Dienstleistung Stromlieferung
einem geringen Innovations- und Veränderungsdruck: Hier ist aufgrund der
Homogenität des Produkts eine marktweite leistungsbezogene Differenzierung
kaum möglich. In beiden Fällen bleibt den Anbietern neben der Preisstrategie
(z. B. „Aldi-Strom“ oder „Aldi-Tel“ als fiktive Positionierungsoptionen) der Gang
in die Nische, etwa durch eine zielgruppenorientierte Markenpositionierungen
(z. B. „Öko-Strom“4, „Mobilfunk für Senioren“). Für eine jeweils marktweite
Markenpositionierung bleibt den Anbietern daher lediglich - neben der Preisstrategie - die Möglichkeit der Differenzierung auf konnotativer Ebene durch
die Dramatisierung emotional-intuitiver Unique Selling Propositions.
2
3
4
Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Kapitel C 2.2.3.
Als „Gegenmodell“ zu einem zwischen Markeninhaber und Werbeagentur „geplanten“ Branding
lassen sich in der Vergangenheit vor allem herausragende Eigentümerunternehmer finden, welche ihre Marken selbst und intuitiv entwickelt haben: so etwa Henri Nestlé (Nestlé, Vogelnest),
Steve Jobs (Apple, angebissener Apfel) oder Phil Knight (Nike). Auch diese nicht zu verallgemeinernden, erfolgreichen Markenentwicklungsprozesse können letztlich auf die kreative Umsetzung einer Vision („intuitive Positionierung“) zurückgeführt werden.
Die Positionierung „Öko-Strom“ bildet aufgrund der aktuellen Marktsituation gleichzeitig den Gegenpol zur Preispositionierung, da „Billigstrom“ in der Regel in Atomkraftwerken gewonnen wird
und Strom aus regenerativen Energieträgern überdurchschnittlich teuer ist. „Öko-Strom“ ist daher (noch) als Nischenpositionierung zu sehen.
Implikationen für das virtuelle Service Branding
207
Unter diesen schwierigen Kommunikationsbedingungen muss die kreative Leitidee also notwendigerweise die Hauptarbeit zur eigenständigen
Profilierung der Dienstleistungsmarke leisten: Die hierzu erforderliche
selbstreferentielle Markenbildwelt muss daher primär auf konnotativer Ebene
eine differenzierende Wirkungskraft entfalten. Fasst man die konzeptionell
entwickelten Erkenntnisse vor dem Hintergrund der Bewertung der qualitativempirisch ermittelten Ergebnisse zusammen, so lässt sich als ein zentrales Ergebnis der Arbeit die Aufgabe der kreativen Leitidee in folgender Maxime
beschreiben:
Maxime 1.1:
Finde zum Aufbau einer selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt einen einfach - in Form eines Schlüsselbildes - zu visualisierenden Markennamen oder ein einfach - in Form eines Markennamens - zu
verbalisierendes Schlüsselbild, dessen Wahrnehmung beim Betrachter
die für die Marke erwünschten konnotativen Assoziationen erzeugt.
Um diese konnotativen Assoziationen zu gewährleisten, muss die gefundene
komplementäre Wort-Bild-Kombination notwendigerweise auf einem bestehenden, sekundären semiotischen System aufbauen: Der Name beziehungsweise das Bild müssen eine über ihre eigentliche, denotative Bedeutung
hinausgehende zweite Bedeutungsebene besitzen (Beispiel O2 /Sauerstoff:
denotative Bedeutung: chemisches Element; mögliche konnotative Bedeutung:
Frische). Um eine gleichförmige konnotative, also eigentlich subjektive Assoziation bei einer Zielgruppe zu gewährleisten, muss die Wort-Bild-Kombination
zudem auf einem kollektiv geteilten Bedeutungssystem aufbauen. Mit anderen
Worten: Der visualisierbare Markenname beziehungsweise das verbalisierbare
Schlüsselbild lösen in einer Zielgruppe nur dann gleichförmige konnotative Assoziationen aus, wenn sie im kollektiv geteilten Wertesystem der Betrachtungsgemeinschaft verankert sind.5 Ist dies, wie etwa bei O2, länderübergreifend der Fall, ist die gefundene Wort-Bild-Kombination auch international als
Schlüsselsignal einer virtuellen Markenbildwelt einsetzbar.
Wie die Maxime ebenfalls verdeutlicht, ist es beim Aufbau einer neuen
virtuellen Markenbildwelt egal, ob die Entwicklung beim Markennamen
oder beim Schlüsselbild beginnt, da beide Schlüsselsignale im Rahmen
der beschriebenen Technik simultan entstehen.6 Werden jedoch Marken5
6
Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel C 1.1.3 (Semiotische Markendefinition).
Im Unterschied hierzu sieht Langner die Namensentwicklung als Engpassfaktor des BrandingProzesses und empfiehlt daher, den Namen vor der Ableitung eines Markenbildes zu entwickeln:
Grund sei „die juristische Eintragung des Markennamens, ohne deren erfolgreichen Abschluss
der Name nicht genutzt werden sollte“ (2003, S. 296).
Im vorliegenden Fall kann diese Argumentation aufgrund der simultanen Entstehung von Name
und Schlüsselbild jedoch nicht zutreffen. Unabhängig davon ist ergänzend anzumerken, dass die
(Fortsetzung der Fußnote auf der nächsten Seite)
208
Kapitel E
name und Schlüsselbild sequentiell entwickelt, mündet dies, wie im Rahmen
der Cross-Case-Analyse mehrfach gezeigt, in einer teilintegrierten und damit
kommunikationsineffizienten Markenbildwelt.7 In diesem Fall besteht dann die
Notwendigkeit zur sequentiellen Überprüfung von Optimierungsmöglichkeiten.8
Wie durch die Fallforschung ebenfalls bestätigt, sollte das Schlüsselbild aus
der gefundenen Wort-Bild-Kombination dem Kriterium der flexiblen Darstellbarkeit genügen. Eine Überprüfung dieses Kriteriums sollte nicht nur in Bezug
auf die bildhafte Darstellbarkeit (etwa im Rahmen von Print-Kampagnen) vorgenommen werden, sondern sollte ebenso die Möglichkeiten alternativer medialer Darstellungsformen berücksichtigen (z. B. Video, Audio, taktil, olfaktorisch): Je variabler und flexibler die Einsatzmöglichkeiten des Schlüsselbildes
sind, um so mehr Ansatzpunkte bestehen für eine kreative Kommunikation der
Marke.9
Als ein weiteres zentrales Ergebnis der Arbeit lässt sich das eigentliche Erfolgskriterium der kreativen Leitidee in folgender Maxime beschreiben:
Maxime 1.2:
Formuliere einen kreativen Bedeutungszusammenhang zwischen dem gefundenen visualisierbaren Markennamen (oder dem verbalisierbaren
Schlüsselbild) und dem unsichtbaren Dienstleistungsangebot.
Dieser Zusammenhang kann logischer Natur (wie die Leitidee „essential for living“ als Bedeutungszusammenhang zwischen Sauerstoff und Kommunikation), aber auch bewusst unlogischer Natur sein (wie die Leitidee „Strom ist
Gelb“ als Bedeutungszusammenhang zwischen Strom und der Farbe Gelb): er
sollte einprägsam und in wenigen Worten zu formulieren sein und sollte zum
Reden und Denken10 anregen.
Wesentlich ist, dass erst durch diesen Bedeutungszusammenhang gewährleistet wird, dass die Betrachter die durch den Markennamen bzw. das Schlüsselbild erzeugten kollektiven Assoziationen auf die unsichtbare Dienstleistung
übertragen. Denn aufgrund der Unsichtbarkeit der Dienstleistung können die
7
8
9
10
von Langner empfohlene Abfolge den Prozess des Branding in dieser zentralen Phase der Markenentstehung unnötig zu Lasten kreativer Ideen und Vorschläge einschränken würde, da sie
keine visuell-orientierte Namensentwicklung „vom Bild her“ erlaubt.
Vgl. hierzu unter anderem die gruppenspezifische Cross-Case-Analyse zum Cluster Virtuelle
Markenbildwelten mit Integrationsdefiziten (Kapitel D 3.2.2) sowie Langner 2003, S. 269.
Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel E 1.3.
So wurde etwa im Rahmen der Entwicklung der Marke O2 das Schlüsselbild „Bubbles“ erfolgreich fotografiert, verfilmt und vertont und so dessen Einsatzmöglichkeiten getestet (vgl. LambieNairn 2004).
Ähnlich Kreutz: „Markennamen sollten [...] zum Reden, möglicherweise auch zum Denken anregen“ (2000, S. 92).
Implikationen für das virtuelle Service Branding
209
Schlüsselsignale als semiotische Bildzeichen nicht auf ein visuelles Objekt
hinweisen. Markenname und Schlüsselbild sind daher zugleich semiotische
Zeichen und bedeutetes Objekt (Signifikat), da sie in ihrer Funktion als Zeichen
nur wechselseitig auf sich selbst verweisen können. Erst durch den in der kreativen Leitidee formulierten Bedeutungszusammenhang wird somit der unsichtbare Markenträger in ein sekundäres semiotisches Bedeutungssystem
eingewoben und erhält dadurch eine über seine eigentliche, primär denotative
Bedeutung hinausgehende konnotative Bedeutung.11
1.1.2 Schlüsselsignale integrieren
Wie die Fallstudienforschung bestätigt hat, bestehen selbstreferentielle Markenbildwelten aus den Schlüsselsignalen Markenname, Markenzeichen und
Schlüsselbild. Ferner wurde durch die empirische Untersuchung deutlich, dass
Markenclaims eine wichtige Rolle als ergänzendes Element virtueller Markenbildwelten spielen. Folgt man der hier vorgenommenen sequentiellen Darstellung des Aufbaus selbstreferentieller Markenbildwelten, so besteht der nächste
Schritt in der Integration dieser drei Schüsselsignale und des Claims.
Wie die Ausführungen des vorigen Kapitels gezeigt haben, begründet bereits
die kreative Leitidee eine Wort-Bild-Kombination, die den konzeptionell erarbeiteten und empirisch bestätigten Effizienzkriterien hoher Integrationsgrad,
hoher Positionierungsbeitrag, hoher Selbsterklärungsgrad, kreative Profilierung
sowie Flexibilität genügt.12 Die Aufgabe „Integration der Schlüsselsignale“ verkürzt sich somit auf die Entwicklung eines für die gefundene Wort-BildKombination geeigneten Markenzeichens, das ebenfalls den genannten Kriterien entsprechen muss. Hierzu kann folgende Maxime formuliert werden:
Maxime 1.3:
Entwickle eine kreative Wort- oder Wort-Bild-Marke, die formal an das
gewählte Schlüsselbild angelehnt ist.
Wie die Fallstudien zu Marken mit selbstreferentiellen Markenbildwelten zeigen, verfügen sämtliche Markenzeichen über formale Anknüpfungspunkte zum
Schlüsselbild: so ist die Wortmarke O2 entsprechend dem Schlüsselbild
„Bubbles“ blau, die Wort-Bild-Marke Yello Strom wiederholt die Schlüsselfarbe
„Gelb“ und die Wort-Bild-Marke E-Plus integriert sogar das gesamte Schlüsselbild „Pluszeichen“.
Mit diesem Schritt sind sämtliche Schlüsselsignale - ausgehend von der
kreativen Leitidee - in der Form entwickelt, dass sie jeweils alle evaluierten Kriterien der Kommunikationseffizienz erfüllen und somit in ihrer Ge11
12
Vgl. hierzu Kehrer 2001, S. 207 f.
Vgl. hierzu u.a. die unterstützten Gestaltungshypothesen H3a bis H3e in Abbildung D-29.
210
Kapitel E
samtheit eine selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelt darstellen. Abbildung E-1 stellt diesen Gesamtzusammenhang in einer Übersicht dar und
zeigt vereinfachend, dass innerhalb einer selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt im Ergebnis
„jedes Schlüsselsignal zur Visualisierung der kreativen Leitidee beiträgt (Visualität),
„jedes Schlüsselsignal aufgrund einer eigenständigen Bedeutung selbsterklärend ist (Reflexivität),
„jedes Schlüsselsignal in seiner Bedeutung auf das jeweils andere verweist
(inhaltliche Redundanz)13, wobei die Schlüsselsignale Markenzeichen und
Schlüsselbild dabei auch in formaler Wechselbeziehung stehen (formale
Redundanz).
1
Visualität
2
Reflexivität
3
Inhaltliche (und formale)
Redundanz
2
Markenname
1
3
3
kreative
Leitidee
1
1
Markenzeichen
2
Schlüsselbild
3
2
Claim
Thematisierung der kreativen Leitidee und/oder konnotativer und/oder denotativer Attribute
Abb. E-1:
13
Vereinfachte Darstellung der Wirkungszusammenhänge zwischen den Kernelementen
der selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt
Vgl. hierzu Langner, der zur Erzielung einer optimalen Kommunikationswirkung bei LowInvolvement-Marken ebenfalls eine Kombination von Markenbild und Markenname empfiehlt, die
„semantisch redundant“ ist (2003, S. 280).
Implikationen für das virtuelle Service Branding
211
Versteht man die Funktionen Visualität, Reflexivität und Redundanz als Anforderungskriterien an die Gestaltung von Schlüsselsignalen, so kann Abbildung E-1 auch als vereinfachtes Tool zur Ex-Post-Analyse der Kommunikationseffizienz bestehender Markenbildwelten genutzt werden.14
Wie in der Abbildung ebenfalls gezeigt, sollte der Markenclaim eine die Markenbildwelt unterstützende Aussage beinhalten. Für dessen Formulierung kann
als Ergebnis der empirischen Untersuchung folgende allgemeine Maxime abgeleitet werden:
Maxime 1.4:
Formuliere den Markenclaim derart, dass er thematisch zur Vermittlung
der kreativen Leitidee und/oder konnotativer Attribute und/oder denotativer Attribute der Markenbildwelt beiträgt.
Grundsätzlich sollte der Claim auf die langfristig ausgerichtete Dramatisierung
einer Thematik ausgerichtet sein. Um auf eine bessere Erinnerungs- und Zuordnungswirkung abzuzielen, sollten dabei sinnvolle Möglichkeiten zu Alliterationen oder Reimformen geprüft werden.
1.1.3 Assoziationen kontrollieren
Aus operativer Sicht ist es nach Abschluss der Entwicklung der Schlüsselsignale erforderlich, die tatsächliche Wirkung der Markenbildwelt im Rahmen von
Pre-Tests auf kognitiver Ebene zu überprüfen. Hierzu kann unter Bezug zu
dem im konzeptionellen Grundlagenteil vorgestellten Konzept zur Messung des
verbalen und visuellen Markenwissens folgende Maxime formuliert werden:15
Maxime 1.5:
Kontrolliere und vergleiche gegenüber anderen, inwieweit die kreierte
Markenbildwelt in der Zielgruppe tatsächlich die erwünschten konnotativen Assoziationen auslöst und überprüfe das „im Kopf des Konsumenten“
generierte innere Markenbild auf Zugriffsfähigkeit, Einzigartigkeit, Intensität und Qualität.
Ein Vergleich kann dabei etwa zu alternativen Entwürfen oder Konkurrenzmarken vorgenommen werden. Das eigentliche Controlling der Markenwirkung erfolgt erst im Rahmen der Markenpflege.16
14
15
16
Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel E 1.3.
Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 2001, S. 168 f. sowie die Ausführungen in Kapitel C 3.1.1.
Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel E 1.2.4.
212
Kapitel E
1.1.4 Markenbildwelt präsentieren
Um die neue Markenbildwelt den Konsumenten erstmals zu präsentieren, ist
eine strategisch geplante, multimediale und stufenweise Einführungskampagne
erforderlich. Dies bestätigen die Untersuchungen der Dienstleistungsunternehmen mit selbstreferentieller Markenbildwelt. Für dessen Ausgestaltung
kann als Ergebnis der empirischen Untersuchung folgende allgemeine Maxime
abgeleitet werden:
Maxime 1.6:
Richte die Kampagne zur Einführung der selbstreferentiellen Markenbildwelt derart aus, dass sie thematisch zur Dramatisierung der kreativen Leitidee und/oder konnotativer Attribute und/oder denotativer Attribute der
Markenbildwelt beiträgt.
Empfehlungen zur spezifischen Ausrichtung der Einführungskampagne können
ebenfalls aufgrund sehr unterschiedlicher Einflussfaktoren nur Tendenzcharakter haben. Hierzu folgende Beispiele:
„Wenn etwa der im Rahmen der kreativen Leitidee entwickelte Bedeutungs-
zusammenhang zwischen Schlüsselbild und unsichtbarem Dienstleistungsangebot nicht unmittelbar verständlich, sprich: eigentlich unlogisch oder
absurd ist, sollte im Rahmen der Einführungskampagne tendenziell die kreative Leitidee dramatisiert werden (Beispiel Yello Strom: „Strom ist gelb“).
„Die kreative Leitidee sollte ebenfalls dramatisiert werden, wenn ein neuer
Bedeutungszusammenhang zwischen einem bestehenden Schlüsselelement
und dem unsichtbaren Dienstleistungsangebot hergestellt werden soll (Beispiel E-Plus: „Ein Plus verbindet“).
„Wenn der Bedeutungszusammenhang mehr oder weniger evident ist, sollte
dieser in der Einführungskampagne nicht unmittelbar „verraten“ werden, um
dennoch eine gewisse Neugier und Spannung aufrecht zu erhalten (Beispiel
O2).
„In
Abhängigkeit von der strategischen Markenpositionierung sollte in der
Einführungskampagne stets ein denotatives Attribut kommuniziert werden,
um den Nutzenvorteil der Marke zu dramatisieren (Beispiel Yello Strom:
„Gelb.Gut.Günstig.“).
1.1.5 Zusammenfassende Übersicht
Wie dieses Kapitel nochmals verdeutlicht hat, steht die Entwicklung einer kreativen Leitidee im Zentrum des Aufbaus einer selbstreferentiellen Markenbildwelt. Gemeinsam mit der strategischen Leitidee bildet sie den Ausgangspunkt
eines integrierten Service-Branding-Prozesses, der in die Entwicklung einer kommunikationseffizienten Markenbildwelt mündet. Die durch die wis-
Implikationen für das virtuelle Service Branding
213
senschaftliche Untersuchung fundierten und in Form von Maximen vorgetragenen Handlungsempfehlungen, die Abbildung E-2 nochmals in einer Übersicht
zusammenfasst, sollen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es gerade
in der Natur kreativer Ideen und Prozesse liegt, nicht „konstruierbar“ zu sein.
Erfolgreiche Prozesse dieser Art können und sollten zudem nicht sequentiell
ablaufen. Fast immer sind sie das Ergebnis aus kreativem Chaos, schöpferischer Zerstörung sowie aus sprunghaftem Assoziieren.
Maxime 1.1:
Finde zum Aufbau einer selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt einen einfach - in Form eines
Schlüsselbildes - zu visualisierenden Markennamen oder ein einfach - in Form eines Markennamens zu verbalisierendes Schlüsselbild, dessen Wahrnehmung beim Betrachter die für die Marke erwünschten
konnotativen Assoziationen erzeugt.
Maxime 1.2:
Formuliere einen kreativen Bedeutungszusammenhang zwischen dem gefundenen visualisierbaren
Markennamen (oder dem verbalisierbaren Schlüsselbild) und dem unsichtbaren Dienstleistungsangebot.
Maxime 1.3:
Entwickle eine kreative Wort- oder Wort-Bild-Marke, die formal an das gewählte Schlüsselbild angelehnt ist.
Maxime 1.4:
Formuliere den Markenclaim derart, dass er thematisch zur Vermittlung der kreativen Leitidee und/oder
konnotativer Attribute und/oder denotativer Attribute der Markenbildwelt beiträgt.
Maxime 1.5:
Kontrolliere und vergleiche gegenüber anderen, inwieweit die kreierte Markenbildwelt in der Zielgruppe
tatsächlich die erwünschten konnotativen Assoziationen auslöst und überprüfe das „im Kopf des
Konsumenten“ generierte innere Markenbild auf Zugriffsfähigkeit, Einzigartigkeit, Intensität und Qualität.
Maxime 1.6:
Richte die Kampagne zur Einführung der selbstreferentiellen Markenbildwelt derart aus, dass sie thematisch zur Dramatisierung der kreativen Leitidee und/oder konnotativer Attribute und/oder denotativer
Attribute der Markenbildwelt beiträgt.
Abb. E-2:
Maximen zu Aufbau und Einführung selbstreferentieller Markenbildwelten
Insofern soll der hier suggerierte Prozessablauf primär als „gedankliche
Leitplanke“ für ein erfolgreiches virtuelles Service Branding verstanden werden
und einen Beitrag zum besseren Markenverständnis in der Dienstleistungspraxis leisten, insbesondere auf den Märkten für Telekommunikation und Energie.
Auch wenn die Entwicklung einer Markenbildwelt in aller Regel in enger Zusammenarbeit zwischen Management und Agentur erfolgen wird, ist dieses
bessere Verständnis nicht zuletzt deshalb von Vorteil, um mangelhafte Briefings zu vermeiden und eine bessere Sicht auf die „gekaufte“ Kreativleistung zu
haben. Dies ist zudem, wie die überwiegende Anzahl der Fallstudien gezeigt
hat, dringend erforderlich.
214
Kapitel E
1.2 Pflege selbstreferentieller Markenbildwelten
1.2.1 Markenbildwelt manifestieren
Die Pflege der Markenbildwelt ist auf die langfristige Sicherung ihrer Kommunikationseffizienz ausgerichtet. Diese kann dauerhaft nur dann gewährleistet
werden, wenn sich die kreative Leitidee über die Schlüsselsignale hinaus auch
auf diejenigen Maßnahmen erstreckt, die eine direkte Kommunikationswirkung
erzielen (Werbekampagnen, TV-Spots, Point of Sales, Sponsoring-Maßnahmen, Messestände, Internetauftritt, Geschäftspapiere, Werbegeschenke etc.).
Dies kann als ein weiteres Ergebnis der empirischen Untersuchung abgeleitet
werden, da die Hypothese zur Integration von Maßnahmen der Markenkommunikation unterstützt wurde. Hierzu kann folgende Maxime formuliert werden:
Maxime 2.1:
Manifestiere die kreative und strategische Leitidee in einem Marken-Code
und stelle durch interne Kontrollsysteme sicher, dass sämtliche Maßnahmen, die zu einer Kommunikation der Marke beitragen, diesem Code entsprechen.
Sämtliche untersuchten Anbieter mit selbstreferentiellen Markenbildwelten verfügen in unterschiedlicher Form über einen derartigen Code sowie entsprechende Kontrollsysteme, die vor allem in der Phase nach der Einführung von
hoher Bedeutung sind: „Implementation is about controlling execution, not interpretation. The first year of O2’s existence is vital to its future growth. In order
for O2 to realise its full potential it was vital to set up and manage control systems to ensure that the behaviour and the various manifestations of O2 are in
line with its strategic goals.”17
Als Beispiel einer einfachen und effektiven Umsetzung dieser Maxime kann auf
das „Marken-Ei“ von Yello Strom verwiesen werden (Abb. E-3): Hier wird, entsprechend der kreativen Leitidee sowie der Positionierung, über attributive Beschreibungen der den nutzenorientierten Markenkern „günstig“ ergänzenden,
konnotativen Kerneigenschaften „pfiffig“, „einfach“, und „angriffslustig“ der strategische Code der Marke definiert, der als Planungs- und Abstimmungsgrundlage für sämtliche Kommunikationsmaßnahmen, aber auch für Leistungsveränderungen oder Vertriebsstrategien dient.18 Im Ergebnis erfolgt dann die
Planung beziehungsweise das Briefing für eine Werbekampagne oder einen
konkreten TV-Spot unter der Festlegung, in welchem konnotativen Kontext
(„pfiffig“ oder „einfach“ oder „angriffslustig“) der Markenkern „günstig“ zu dramatisieren ist. Der „Rest“ ist dann kreative Ausführungsarbeit einer Agentur.
17
18
Vgl. Lambie-Nairn 2004.
Vgl. Vest 2004.
Implikationen für das virtuelle Service Branding
intelligent
215
unkompliziert
clever
einleuchtend
wendig
schnell
transparent
pfi ffi g
einfach
günstig
selbstironisch
kein Chi-Chi
einfallsreich
auf den Punkt
angriffslustig
antizipierend
frech
zugänglich
fair
unerwartet
herausfordernd
mutig
Abb. E-3:
übersichtlich
rebellisch
kühn
Manifestation der kreativen und strategischen Leitidee in Form eines Marken-Codes am
Beispiel Yello Strom19
1.2.2 Kommunikationsanlässe generieren
Ein weiteres Ergebnis der Arbeit besteht in der Erkenntnis, dass Anlässe zur
Kommunikation virtueller Markenbildwelten aufgrund der Unsichtbarkeit der
Dienstleistung vergleichsweise schwieriger zu finden sind als im Falle interaktiver Dienstleistungen oder traditioneller Konsumgüter. Die Ursache ist unter
anderem darin begründet, dass unsichtbare Dienstleistungen nicht in einem
Verwendungszusammenhang gezeigt oder anlässlich einer designtechnischen
Erneuerung präsentiert werden können.
Um eine kontinuierliche Kommunikation der Markenbildwelt zu gewährleisten,
müssen daher kreative Formen der „Anlassgestaltung“ genutzt werden, was
sich in folgender Maxime beschreiben lässt:
Maxime 2.2:
Nutze zur kreativen Gestaltung von Kommunikationsanlässen die markengerechte Modifikation oder Innovation von Dienstleistungen, um durch
deren Präsentation im Rahmen der Werbung zu einer Aktualisierung oder
Dramatisierung bestimmter Attribute der Markenidee beizutragen.
Die Umsetzung dieser Maxime ist damit an die situative Variable Innovationsgeschwindigkeit des Unternehmens beziehungsweise der Branche gekoppelt.
Wie die empirische Untersuchung gezeigt hat, unterscheiden sich Telekommunikations- und Energiemarkt in diesem Punkt besonders: Modifikationen oder
Innovationen der Dienstleistung Stromlieferung sind kaum möglich. Insofern
19
Quelle: in Anlehnung an Vest 2004.
216
Kapitel E
entsteht insbesondere auf Märkten mit geringer Innovationsgeschwindigkeit die
Notwendigkeit, kreative Kommunikationsanlässe außerhalb der Leistungspräsentation zu generieren. Hieraus lässt sich die folgende Maxime ableiten:
Maxime 2.3:
Nutze zur kreativen Gestaltung von Kommunikationsanlässen Ereignisse,
die im kollektiven Bedeutungshaushalt der Zielgruppe gleichförmige,
markengerechte Assoziationen auslösen und stelle einen kreativen Bedeutungszusammenhang zwischen diesem Ereignis und der selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt her.
Ähnlich den Maximen zum Aufbau der Markenbildwelt wird durch den kreativen
Bedeutungszusammenhang die selbstreferentielle Markenbildwelt in ein weiteres sekundäres Bedeutungssystem eingewoben. Erst hierdurch kann gewährleistet werden, dass sich die durch das Ereignis (z. B. Olympiade, Opernpremiere, Sonnenfinsternis, Weihnachten etc.) ausgelösten kollektiven
Assoziationen auf die Markenbildwelt übertragen können.20 Wie die Fallstudien
ferner zeigen, kombinieren Telekommunikationsdienstleister häufig beide
Techniken und präsentieren spezifische Dienstleistungen zum Zeitpunkt eines
bestimmten Ereignisses.21
1.2.3 Leistungen modifizieren/ innovieren
Ein wesentlicher Beitrag zur Pflege der Markenbildwelt muss durch die
markengerechte Gestaltung und Pflege der angebotenen Dienstleistungen erbracht werden, was durch folgende Maxime zum Ausdruck gebracht wird:
Maxime 2.4:
Gewährleiste im Rahmen der Leistungspflege und Leistungsinnovation,
dass sämtliche unter der Marke angebotenen Dienstleistungen mit der im
Marken-Code manifestierten kreativen Leitidee kompatibel sind („service
follows brand“).
Auch hier kommt die branchenspezifische Veränderungs- und Innovationsgeschwindigkeit als situativer Einflussfaktor zum Tragen, da mit der zunehmenden Ausprägung dieses Faktors die Relevanz dieser Maßnahmen steigt.
Hieraus ergeben sich insbesondere für Telekommunikationsdienstleister nachhaltige Konsequenzen für die inhaltlich-qualitative Ausgestaltung der Aufgabenstellungen Leistungsinnovation und Leistungspflege.
20
21
Vgl. hierzu exemplarisch Kapitel D 2.7.5 (Fallstudie Yello Strom).
Vgl. hierzu exemplarisch Kapitel D 2.3.4 (Fallstudie E-Plus).
Implikationen für das virtuelle Service Branding
217
So ist im Rahmen der Leistungspflege konsequent zu gewährleisten, dass
„sämtliche Dienstleistungen den Marken-Code widerspiegeln;
„sämtliche Dienstleistungen, die den Marken-Code nicht widerspiegeln können, nicht in Verbindung mit der Marke kommuniziert oder aus dem Sortiment eliminiert werden;
„Verbesserungen
bestehender Dienstleistungen (z. B. erhöhte Datengeschwindigkeit im Internet) unter dem Postulat des Marken-Codes zu generieren sind. Der Kundennutzen dieser Verbesserung (Schnelligkeit) ist im
Rahmen einer entsprechenden Werbekampagne derart zu dramatisieren,
dass relevante Positionierungsattribute der Marke (z. B. „innovativ“) nachhaltig unterstützt werden.
Entsprechend ist im Rahmen der Leistungsinnovation zu gewährleisten, dass
„jede Dienstleistungsinnovation (z. B. Integration von Internet- und Mobilfunk-
diensten) unter dem Postulat des Marken-Codes generiert wird. Der Kundennutzen der Innovation (höherer Nutzen durch Mobilität) ist im Rahmen
einer entsprechenden Werbekampagne ebenfalls derart zu dramatisieren,
dass auch hier relevante Positionierungsattribute der Marke (z. B. „Modernität“) nachhaltig unterstützt werden;
„jede
Dienstleistungsinnovation, die nicht den Marken-Code unterstützen
kann oder soll (wie etwa Innovationen in technischen Bereichen, die zu Kosteneinsparungen führen), nicht - oder zumindest nicht vordergründig - kommuniziert wird, sofern der mögliche Kundennutzen (Preissenkung)
bestimmten Positionierungsattributen der Marke (z. B. „Hochwertigkeit“) entgegensteht.
1.2.4 Markenwirkung kontrollieren
Zur Überprüfung der Qualität und Erfolgsbeiträge der selbstreferentiellen Markenbildwelt bedarf es einer systematischen und kontinuierlichen Wirkungskontrolle. Hierzu kann vor dem Hintergrund konzeptioneller Erkenntnisse folgende
Hypothese abgeleitet werden:
Maxime 2.5:
Überprüfe im Rahmen eines kontinuierlichen Markencontrolling die Qualität und Erfolgsbeiträge der Markenbildwelt sowie der Maßnahmen der
Markenkommunikation auf kognitiver und verhaltensbezogener Ebene.
Die spezifische Zielsetzung des integrierten virtuellen Service Branding besteht
in der Optimierung der Service-Brand-Power, welche die Stärke des visuellen
und verbalen Markenwissens der Konsumenten bezeichnet. Sie manifestiert
sich durch die Zugriffsfähigkeit, Einzigartigkeit, Intensität und Qualität des
218
Kapitel E
durch die selbstreferentielle Markenbildwelt ausgelösten inneren Vorstellungsbildes.22 Als Grundlage für ein Controlling der Marke für unsichtbare Dienstleistungen eignet sich daher das im Rahmen des analytisch-konzeptionellen Teils
der Arbeit entwickelte kognitionspsychologische Wirkungsmodell. Durch die Integration von innerpsychischen, hypothetischen Konstrukten sowie beobachtbarer Wirkungsvariablen bietet das Modell einen Strukturierungsansatz, die
Stärke der durch die Schlüsselsignale ausgelösten Wirkungen auf kognitiver
und verhaltensbezogener Ebene - beispielsweise mittels Kausalanalysen empirisch zu überprüfen und entsprechende Rückschlüsse auf die Qualität des
Service Branding zu ziehen (Abb. E-4).
Stimulus
Organism
Response
Marke für
unsichtbare
Dienstleistungen
ServiceBrandPower
Markenverhalten
Virtuelle Markenbildwelt
visuelles
Markenwissen
Markenname
Zugriffsfähigkeit
Einzigartigkeit
Intensität
Qualität
Markenzeichen
Schlüsselbild
Maßnahmen der
Markenkommunikation
Abb. E-4:
Preis
Kommunikation
Leistung
Di stribution
verbales
Markenwissen
Zugriffs fähigkeit
Einzigartigkeit
Intensität
Qualität
Personal
Prozess
Zukunft
Wirkungsmodell des virtuellen Service Branding als Controlling-Tool
1.2.5 Zusammenfassende Übersicht
Abbildung E-5 fasst die formulierten Maximen zur Pflege selbstreferentieller
Markenbildwelten nochmals in einer Übersicht zusammen. An dieser Stelle sei
angemerkt, dass die abgeleiteten und dargestellten Empfehlungen primär als
22
Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel C 3.1.1.
Implikationen für das virtuelle Service Branding
219
wichtige exemplarische Beispiele dafür dienen sollen, spezifische Aspekte in
der Pflege von Marken für unsichtbare Dienstleistungen zu verdeutlichen.
Maxime 2.1:
Manifestiere die kreative und strategische Leitidee in einem Marken-Code und stelle durch interne Kontrollsysteme sicher, dass sämtliche Maßnahmen, die zu einer Kommunikation der Marke beitragen, diesem
Code entsprechen.
Maxime 2.2:
Nutze zur kreativen Gestaltung von Kommunikationsanlässen die markengerechte Modifikation oder Innovation von Dienstleistungen, um durch deren Präsentation im Rahmen der Werbung zu einer Aktualisierung
oder Dramatisierung bestimmter Attribute der Markenidee beizutragen.
Maxime 2.3:
Nutze zur kreativen Gestaltung von Kommunikationsanlässen Ereignisse, die im kollektiven Bedeutungshaushalt der Zielgruppe gleichförmige, markengerechte Assoziationen auslösen und stelle einen kreativen
Bedeutungszusammenhang zwischen diesem Ereignis und der selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt her.
Maxime 2.4:
Gewährleiste im Rahmen der Leistungspflege und Leistungsinnovation, dass sämtliche unter der Marke
angebotenen Dienstleistungen mit der im Marken-Code manifestierten kreativen Leitidee kompatibel sind
(„service follows brand“).
Maxime 2.5:
Überprüfe im Rahmen eines kontinuierlichen Markencontrolling die Qualität und Erfolgsbeiträge der
Markenbildwelt sowie der Maßnahmen der Markenkommunikation auf kognitiver und verhaltensbezogener
Ebene.
Abb. E-5:
Maximen zur Pflege selbstreferentieller Markenbildwelten
1.3 Optionen für Marken mit fragmentierten Markenbildwelten
Die bisherigen Implikationen haben sich auf den Aufbau neuer und die Pflege
bestehender selbstreferentieller Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen bezogen. Wie die Praxis zeigt, verfügen zahlreiche Marken über
kommunikationsineffiziente Markenbildwelten. Zur vereinfachten Überprüfung der Frage, inwieweit eine bestehende Markenbildwelt kommunikationsineffizient ist, kann folgende Maxime formuliert werden:
Maxime 3.1:
Prüfe, ob die Schlüsselsignale Markenname, Markenzeichen und Schlüsselbild der bestehenden Markenbildwelt dadurch integriert sind, dass jedes einzelne Schlüsselsignal dem Anspruch der Visualität und Reflexivität
und jede wechselseitige Beziehung zwischen den Schlüsselsignalen dem
Anspruch der inhaltlichen und formalen Redundanz genügt.23
Wie die vergleichende Fallstudienauswertung ergeben hat, liegt die zentrale
Ursache für kommunikationsineffiziente Markenbildwelten regelmäßig in Mar23
Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel E 1.1.2.
220
Kapitel E
kennamen, die diesen Anforderungen des integrierten virtuellen Service Branding nicht gerecht werden (Arcor, E.ON, E-Plus, debitel, mobilcom, Vodafone).
Die Entwicklung dieser Markennamen stellt stets das Ergebnis eines nicht integrierten Service-Branding-Prozesses dar, der in einigen Fällen auf unzureichende Briefings, in anderen Fällen auf die situative Variable Unternehmensalter zurückzuführen ist:24 Wie am Beispiel des Telekommunikationsmarktes
gezeigt, müssen Unternehmen gerade in der Anfangsphase wachstumsstarker
und dynamischer Märkte versuchen, durch den Aufbau operativer Kompetenz
möglichst schnell Fuß zu fassen. Da Marken in diesen Marktphasen noch eine
untergeordnete Rolle spielen, entstehen Unternehmens- bzw. Markennamen
meist ohne Berücksichtigung markentechnischer Anforderungen. So erfreuten
sich bei der Namensvergabe für Telekommunikationsdienstleister stereotype
branchenbezogene („com“, „tel“) oder technische Kürzel („D1“, „D2“, „E-Plus“)
ebenso großer Beliebtheit wie deren Kombination mit Herkunftskomponenten
ohne Aussagekraft (VIAG Interkom, debitel).25 Im Ergebnis stehen diese Unternehmen - sofern sie in der späteren Marktphase des intensiven Wettbewerbs
mit neuen Marken noch existieren - vor dem Dilemma, einerseits über einen
gewachsenen Bekanntheitsgrad, andererseits aber über teilintegrierte beziehungsweise fragmentierte Markenbildwelten zu verfügen, die unter dem Aspekt
der Effizienz zukünftiger Kommunikationsinvestitionen einer Veränderung bedürfen. Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden verschiedene Optionen
vereinfachend und kursorisch diskutiert, welche durch die empirischen Forschungserkenntnisse dieser Arbeit fundiert sind.
1.3.1 Markennamen visualisieren
Sind Marken für unsichtbare Dienstleistungen kommunikationsineffizient, so
liegt das an der mangelnden inhaltlichen und oder formalen Integration der
Schlüsselsignale. Sofern der Markenname die Anforderungskriterien für das erfolgreiche virtuelle Service Branding erfüllt,26 sind wesentliche Voraussetzungen gegeben, um auf dem Namen aufbauend eine selbstreferentielle Markenbildwelt durch entsprechende Gestaltung des Markenzeichens und eines
Schlüsselbildes zu kreieren. Die Konstellation eines solchen Markennamens in
einer ineffizienten Markenbildwelt stellt jedoch eher eine theoretische denn eine in der Praxis anzutreffende Variante dar, da effiziente Markennamen wie
Yello Strom oder O2 das Ergebnis der erfolgreichen Umsetzung einer kreativen
Leitidee sind.
Inneffiziente Markennamen wie E.ON oder debitel sind daher regelmäßig Bestandteile ineffizienter Markenbildwelten, in denen der Markenname weder eine Positionierung oder Markenidee transportiert, noch die Visualisierungs24
25
26
Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel D 3.1.
So ermittelten Schmitt/ Simonson, dass beispielsweise der Namensbestandteil „tel“ von 7909
Unternehmen genutzt wird (vgl. 1998, S. 52).
Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel E 1.
Implikationen für das virtuelle Service Branding
221
komponenten Markenzeichen und Schlüsselbild einen inhaltlichen und/oder
formalen Bezug zum Markennamen aufweisen und vice versa. Der erste
Schritt, um aus dieser Situation heraus eine selbstreferentielle Markenbildwelt
aufzubauen, kann in folgender Maxime formuliert werden:
Maxime 3.2:
Prüfe - unter Befolgung der Maximen 1.1 und 1.2, inwieweit erfolgversprechende Möglichkeiten zur kreativen Visualisierung des bestehenden Markennamens existieren.
Wie E-Plus - als Beispiel einer auf einem bestehenden Namen entwickelten integrierten Markenbildwelt27 - gezeigt hat, ist durch die Entwicklung einer kreativen, positionierungsadäquaten Markenidee die Transformation eines ehemals
ineffizienten Markennamens gelungen: Der originär techniklastige und positionierungsirrelevante Name E-Plus wird durch die Umsetzung der visualisierbaren Markenidee „Ein Plus verbindet“ zum Mittelpunkt einer neu entwickelten,
selbstreferentiellen Markenbildwelt. In diesem neuen Kontext wird der unveränderte Markenname zu einem Wahrnehmungsanker, der den Aufbau eines
positionierungsadäquaten inneren Markenbildes nachhaltig unterstützt - im
Gegensatz zu vorher.
1.3.2 Re-Branding-Strategien evaluieren
Ist eine kreative Visualisierung nicht möglich, muss vor dem Hintergrund der
Kommunikationsineffizienz des aktuellen Markenauftritts der Aufbau einer neuen selbstreferentiellen Markenbildwelt mit Änderung des Markennamens erwogen werden. Die Einführung eines neuen Markennamens stellt dabei eine
komplexe Trade-Off-Situation mit Gewinnen auf der einen und Verlusten auf
der anderen Seite dar (z.B. Verbesserung der Kommunikationseffizienz versus
Verlust des bestehenden Bekanntheitsgrades), in der eine Entscheidung nur
unter Berücksichtigung zahlreicher situativer Determinanten erfolgen kann.
Grundsätzlich gilt: Je schwächer die aktuelle Marke ist (Kundenbindungswirkung, Bekanntheitsgrad, Image etc.), um so eher sollte ein Wechsel erfolgen.
Aufbau einer neuen Markenbildwelt unter Variation der Positionierung
Im Falle der erwogenen Änderung des Markennamens sollte folgende Maxime
befolgt werden:
Maxime 3.3:
Prüfe, inwieweit bei einer erwogenen Änderung des Markennamens Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Repositionierungsstrategie bestehen.
27
Vgl. insbesondere die Ausführungen in Kapitel D 3.2.1.
222
Kapitel E
Diese Überprüfung sollte insbesondere im Hinblick auf situative Variablen wie
Unternehmensherkunft oder Unternehmenstradition erfolgen. So hätte beispielsweise im Falle der bis zum Jahr 2000 sehr schwach positionierten Marke
debitel28 die Möglichkeit bestanden, über das Aufgreifen und Dramatisieren der
(damaligen) Herkunft (Daimler-Benz) einen eigenständigen und glaubhaften
Positionierungsansatz (z. B. „Wir sind der Mercedes unter den Providern“) abzuleiten, an dem dann die Entwicklung einer kreativen Leitidee (z. B. „Wir sind
der Stern/ Star unter den Providern“) zum Aufbau einer selbstreferentiellen
Markenbildwelt - entsprechend den Maximen 1.1 bis 1.6 - hätte ansetzen können.
Aufbau einer neuen Markenbildwelt mit neuer Positionierung
Sofern keine Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Repositionierungsstrategie bestehen, resultiert aus dem Wechsel des Markennamens die Notwendigkeit des
Aufbaus und der Einführung einer neuen selbstreferentiellen Markenbildwelt
(Kapitel E 1.1). Als Beispiel hierfür kann die durch den Telekommunikationskonzern British Telecom veranlasste Entwicklung der Marke O2 angeführt werden.
1.3.3 Markenbildwelt modifizieren
Extrem hohe Wechselkosten sprechen dagegen für die Beibehaltung des Markennamens: Ein Beispiel hierfür ist Vodafone, nachdem sich das Management
entschieden hatte, die kommunikationsineffiziente Markenbildwelt international
zu expandieren. Wird also trotz unzureichendem, kreativ nicht zu visualisierenden Markennamen - und einer damit implizit unzureichenden Markenbildwelt - der Name beibehalten, erfolgt dies zwangsläufig unter Inkaufnahme von
Ineffizienzen. Auch modifizierte, durch nachträgliche Visualisierungsstrategien
„verbesserte“ Markenbildwelten zeichnen sich gegenüber selbstreferentiellen
Markenbildwelten durch ein geringeres Maß an inhaltlicher Geschlossenheit
aus. Im Ergebnis handelt es sich dann oftmals um rein formale Markenbildwelten, die jedoch nicht in der Lage sind, ein nachhaltiges und starkes Markenbild
im Kopf des Konsumenten zu generieren (Beispiel: debitel). Sollten Marken
dieser Art dem Konsumenten dennoch vom Namen her vertraut sein, ist dies
das Resultat aufwendigster Kommunikationskampagnen, was vor dem Hintergrund einer schwach visualisierten Marke ein Höchstmaß an Ineffizienz bedeutet (Beispiel: Vodafone).
1.3.4 Zusammenfassende Übersicht
Wie das Kapitel verdeutlicht hat, stellt die Wahlmöglichkeit der Beibehaltung
oder Veränderung eines Markenauftritts einen schwierigen Entscheidungsprozeß unter Unsicherheit dar. Weil im Rahmen dieses Prozesses eine simultane
28
Vgl. die Ausführungen in Kapitel D 2.2 (Fallstudie debitel).
Implikationen für das virtuelle Service Branding
223
Überprüfung zahlreicher situativer Einzelfaktoren erforderlich ist, können die in
Form von Maximen (Abb. E-6) dargestellten Empfehlungen lediglich in stark
vereinfachender Weise dazu beitragen, grundsätzliche Handlungsoptionen
aufzuzeigen und zu bewerten.
Maxime 3.1:
Prüfe, ob die Schlüsselsignale Markenname, Markenzeichen und Schlüsselbild der bestehenden Markenbildwelt dadurch integriert sind, dass jedes einzelne Schlüsselsignal dem Anspruch der Visualität und
Reflexivität und jede wechselseitige Beziehung zwischen den Schlüsselsignalen dem Anspruch der inhaltlichen und formalen Redundanz genügt.
Maxime 3.2:
Prüfe unter Befolgung der Maximen 1.1 und 1.2, inwieweit erfolgversprechende Möglichkeiten zur kreativen
Visualisierung des bestehenden Markennamens existieren.
Maxime 3.3:
Prüfe, inwieweit bei einer erwogenen Änderung des Markennamens Ansatzpunkte für eine erfolgreiche
Repositionierungsstrategie bestehen.
Abb. E-6:
Maximen zur Evaluierung von Optionen für Marken mit fragmentierten Markenbildwelten
1.4 Abschließende Gesamtübersicht
Die Zielsetzung dieses Kapitels bestand in der Formulierung von Gestaltungsempfehlungen für die Praxis, die sich als Implikationen aus den erarbeiteten,
empirisch evaluierten Forschungserkenntnissen dieser Arbeit ergeben haben.
Die Empfehlungen richteten sich dabei auf den Aufbau neuer, die Pflege bestehender und die Optimierung ineffizienter Markenbildwelten. Abbildung E-7
fasst diese unterschiedlichen Fokussierungen nochmals in Form einer Gesamtübersicht zusammen, in welcher die Maximen als Entscheidungen im
Rahmen eines vereinfachenden sequentiellen Ablaufschema dargestellt sind.
Hieran kann ferner veranschaulicht werden, dass die entwickelten Empfehlungen auf drei Stufen situationsspezifische Einflussfaktoren berücksichtigen:
„Auf Stufe eins erfolgt zunächst eine situative Differenzierung in Bezug auf
konzeptionell evaluierte Dienstleistungscharakteristika. Ausgehend von dem
Forschungsobjekt Telekommunikationsdienstleistung sowie insbesondere
kognitionspsychologischer Markenaspekte wurde hierzu der Typus der unsichtbaren Dienstleistung als übergeordnetes Forschungsobjekt abgeleitet.
Auf dieser Ebene wurde eine aus markentechnischer Sicht enge Verbindung
zur vergleichend untersuchten Energiebranche hergestellt, die sich durch die
Ergebnisse der Fallstudienforschung bestätigt hat. Mit anderen Worten: Aus
konzeptioneller Sicht beziehen sich die abgeleiteten Implikationen auf Telekommunikations- und Energiedienstleister in ihrer Funktion als idealtypische
Repräsentanten des evaluierten Dienstleistungstypus „unsichtbare
Dienstleistungen“.
„Auf Stufe zwei erfolgt eine Berücksichtigung unternehmensspezifischer Determinanten, die im Rahmen der Maximen M 3.1 bis M 3.3 stark vereinfa-
224
Kapitel E
chend in Form eines kursorischen Prozesses diskutiert wurden mit dem Ziel,
spezifische Situationsmuster für bestehende Marken für unsichtbare Dienstleistungen zu erkennen und entsprechend zu empfehlende Basisoptionen (z.
B. Aufbau neuer selbstreferentieller Markenbildwelt unter Beibehaltung des
Markennamens) aufzuzeigen.
„Auf Stufe drei werden schließlich unternehmens- und wettbewerbsspezifi-
sche Determinanten im Rahmen der Maximen zum Aufbau (M 1.1. bis M.1.6)
und zur Pflege (M 2.1. bis M 2.5) selbstreferentieller Markenbildwelten diskutiert, um situationsgerechte Entscheidungsoptionen und -restriktionen im
konkreten Anwendungsfall aufzuzeigen.
Integriertes virtuelles Service Branding für eine ...
neue Marke für
unsichtbare Dienstleistungen
bestehende Marke
für unsichtbare Dienstleistungen...
M 3.1
mit
selbstreferentieller
Markenbildwelt
ohne
selbstreferentielle
Markenbildwelt...
M 3.2
mit
Ansatzpunkten
zur kreativen
Visualisierung des
Markennamens
ohne
Ansatzpunkte
zur kreativen
Visualisierung des
Markennamens...
M 3.3
mit
Ansatzpunkten für eine
erfolgreiche
Positionierungsstrategie
ohne
Ansatzpunkte für eine
erfolgreiche
Positionierungsstrategie
Aufbau und
Pflege
Aufbau neuer
Aufbau neuer
Beibehaltung/
Aufbau neuer
Einführung
bestehender
selbstreferentieller selbstreferentieller
Modifikation
selbstreferentieller
selbstreferentieller selbstreferentieller Markenbildwelt
Markenbildwelt
bestehender
Markenbildwelt
Markenbildwelt
Markenbildwelt mit bestehendem mit Variation der
Markenbildwelt
Markennamen
Positionierung unter Inkaufnahme
M 1.1- M 1.6
M 2.1- M 2.5
(Markenname neu) von Ineffizienzen (Markenname neu)
Beispiel:
EnBW (Yello)
Abb. E-7:
Beispiel:
Yello Strom
Beispiel:
E-Plus
fiktives Beispiel:
debitel
Beispiel:
debitel
Beispiel:
Brit.Telecom (O2)
Zusammenfassung: Integriertes virtuelles Service Branding als situativer Entscheidungsprozess
Implikationen für das virtuelle Service Branding
2.
225
Implikationen für die Markenforschung
Die vorliegende Arbeit liefert einen Beitrag zur Entwicklung und Einführung,
aber auch zur Pflege von Marken für unsichtbare Dienstleistungen, insbesondere für Anbieter von Telekommunikations- und Energiedienstleistungen. Vor
dem Hintergrund der bisherigen geringen theoretischen sowie praxisbezogenen Durchdringung des Themas Service Branding musste die Arbeit zunächst
einen konzeptionellen Rahmen entwickeln und bediente sich dazu unter anderem der Fallstudienforschung.
Mit den auf konzeptionell-analytischer und qualitativ-empirischer Basis abgeleiteten anwendungsorientierten Handlungsempfehlungen leistet die Arbeit einen
Beitrag zur theoretischen Fundierung wie auch zur praxisbezogenen Professionalisierung des Themas und trägt damit gleichzeitig zu einer Integration von
Markentheorie und -praxis bei.
Eine Einschränkung dieser Arbeit besteht notwendigerweise darin, dass die
konzeptionell abgeleiteten Hypothesen nicht in einem streng statistischen Sinne getestet wurden, da hierzu ein quantitativer Forschungsaufbau sowie größere Fallzahlen erforderlich sind. Insofern basieren die entwickelten
Handlungsempfehlungen auf einer plausibilitätsorientierten Hypothesenevaluierung. Hieraus ergibt sich die Implikation, die Absicherung der gewonnenen
Erkenntnisse und Empfehlungen im Rahmen weiterführender empirischer Untersuchungen vorzunehmen.
Interessanterweise kommt LANGNER mit anderer Methodik und anderer inhaltlicher Vorgehensweise sowie bei einem anderen Anwendungsfall zu mit den Ergebnissen dieser Arbeit vergleichbaren Aussagen: So empfiehlt der Autor, wie
gezeigt wurde, zur Erzielung einer optimalen Kommunikationswirkung bei LowInvolvement-Marken ebenfalls eine redundante Kombination von Markenbild
und Markenname und kommt damit zu dem Resultat, das die isolierte Entwicklung von Markenname und Markenbild eine unterlegene Kommunikationswirkung impliziert.29 Die Übereinstimmung mit der Argumentationslinie der
vorliegenden Arbeit ist als Konvergenzvalidierung der beiden Arbeiten anzusehen. Sie verleiht damit den in der vorliegenden Arbeit qualitativ hergeleiteten
Rückschlüssen zusätzliche Glaubwürdigkeit, unterstreicht jedoch noch einmal
die Relevanz der Forderung, sich in der weiteren Forschung auch quantitativ
stärker um das Verständnis selbstreferentieller virtueller Markenbildwelten zu
bemühen.
Beispielhaft könnten folgende postulierte Wirkungszusammenhänge einer
quantitativen Untersuchung unterzogen werden: So könnte das kognitionspsy29
Vgl. Langner 2003, Sn. 280, 295.
226
Kapitel E
chologische Wirkungsmodells des virtuellen Service Branding (Abb. C-32) bevorzugt im Rahmen kausalanalytischer Untersuchungen getestet werden. Zur
Überprüfung von implizierten Einzelhypothesen eignen sich verhaltenswissenschaftliche Laborexperimente, in denen beispielsweise die Zusammenhänge
zwischen selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelten und Zahlungsbereitschaft für die betreffende Dienstleistung realitätsnah quantifiziert werden können.
Auf praxisorientierter Ebene wäre es aufschlussreich und ergiebig, die theoretisch-konzeptionell begründeten Zusammenhänge zwischen selbstreferentieller
virtueller Markenbildwelt und innerpsychischen Variablen, d.h. visuellem und
verbalem Markenwissen, aber auch zwischen selbstreferentiellen virtuellen
Markenbildwelten und Verhaltens- bzw. Wirkungsvariablen des Service Branding quantitativ-empirisch zu bestätigen. Interessant wären ebenso vergleichende Untersuchungen zwischen selbstreferentiellen und fragmentierten
Markenbildwelten und deren jeweiligen Auswirkungen auf das Konsumentenverhalten. Auch hier bieten sich experimentelle Designs zur Überprüfung der
Wirkungszusammenhänge an.
Anhang
1.
Interviewleitfaden
Die Expertengespräche wurden persönlich vor Ort oder telefonisch im
deutschsprachigen Raum durchgeführt. Die Interviews wurden in vier Problemkreise gegliedert. Die Experten erhielten vorab einen Gesprächsleitfaden (Abb.
An-1), der jeweils an die spezifische Unternehmenssituation angepasst wurde.
Expertenbefragung zum Thema
„Markenmanagement für Dienstleistungen“
Interviewleit faden
Der Begriff Marke wird in Theorie und Praxis oftmals sehr unterschiedlich verwendet. Bitte skizzieren Sie
zu Beginn des Gesprächs kurz, was Sie unter Marke verstehen. Und welche Stellung Ihrer Meinung nach
Markenmanagement im Dienstleistungsmarketing einnimmt.
A
1.
2.
Stellenwert der Marke bei Dienstleistern
Wie wichtig sind Dienstleistungsmarken im Telekommunikationsmarkt?
Welche Entwicklungen und Faktoren bestimmen diesen Stellenwert?
3.
Für welche Dienstleistungen/ Märkte ist Markenmanagement nicht angebracht (besonders angebracht)?
B
1.
2.
3.
Typi sche Probleme des Markenmanagement für Dienstleistungen
Was macht das Management von Dienstleistungsmarken so schwierig?
Wo liegen die Unterschiede zu „klassischen“ Markenartikeln?
Sehen Sie Fehler, die im Management von Dienstleistungsmarken häufig gemacht werden?
C
1.
2.
3.
Erfolgsfaktoren des Markenmanagement für Dienstleistungen
Bitte nennen Sie die 3 besten (3 weniger gute) Dienstleistungsmarken aus Ihrer Sicht!
Was macht diese Dienstleistungsmarken so erfolgreich (erfolglos)?
Welche Grundvoraussetzungen müssen erfolgreiche Dienstleistungsmarken im allgemeinen (und speziell im
Telekommunikationsmarkt) erfüllen?
D
1.
2.
3.
4.
Markenführung bei XY-Unternehmen
Welche Markenziele und -strategien verfolgt XY -Unternehmen? Worin besteht der/die Markenkern(e)?
Welche Instrumente setzen Sie zur Markensteuerung ein?
Wie organisieren Sie Markenmanagement? Welchen Anteil übernehmen Werbeagenturen?
Welche Informationen und Instrumente sollten zur Markenüberwachung vorhanden sein? Wie messen Sie
Markenerfolg?
Haben Sie Fragen an die Marketingforschung? Welche wissenschaftlichen Beiträge zum Thema
Markenmanagement für Dienstleistungen würden Sie sich wünschen? Wo besteht aus Sicht der Praxis
besonderer Problemlösungsbedarf bzw. wo liegen interessante Forschungsfelder?
Abb. An-1: Interviewleitfaden
Gemeinsam mit dem Interviewleitfaden erhielten die Interviewpartner vorab
begleitende Informationen zum Projekt (Abb. An-2).
228
Anhang
Expertenbefragung zum Thema
„Markenmanagement für Dienstleistungen“
Allgemeine Informationen
Projekt
Die Expertengespräche finden im Rahmen des Dissertationsprojektes Markenmanagement
für Dienstleistungen statt. Das Forschungsprojekt wird von Dipl.-Kfm. Rico Kehrer
durchgeführt und von Prof. Dr. Torsten Tomczak, Forschungsinstitut für Absatz und Handel
(FAH-HSG) der Universität St. Gallen, betreut.
Inhalte
Die Befragung richtet sich an Manager führender Dienstleistungsunternehmen unterschiedlicher Branchen, die sich aktiv mit Markenmanagement beschäftigen. Der empirische
Untersuchungsteil des Projekts befindet sich in der Startphase. Es ist das Ziel, praxisnah
Probleme und Herausforderungen des Managements von Dienstleistungsmarken zu
erfassen und zu strukturieren.
Der Interviewleitfaden dient der Vorabinformation und der groben Strukturierung des
Gesprächs. Die Fragen haben explorativen Charakter und sind bewusst offen gehalten, um
eine möglichst breite Abdeckung des Untersuchungsfeldes zu gewährleisten.
Durchführung
Das Einzelgespräch soll nach vorheriger Terminvereinbarung telefonisch oder persönlich
durchgeführt werden. Die Gesprächsdauer sollte mindestens 30 Minuten betragen.
Veröffentlichung
Selbstverständlich und grundsätzlich werden alle A ngaben und Informationen vertraulich
behandelt ! Die Untersuchungsergebnisse dienen ausschließlich wissenschaftlichen
Forschungszwecken.
Eine Veröffentlichung von (Teil-)Ergebnissen im Rahmen des Dissertationsprojekts erfolgt
nur nach Absprache und mit Ihrer Zustimmung. Zu diesem Zweck erhalten Sie im Nachgang
ein Gesprächsprotokoll.
Managementorientierte Marketingforschung ist auf die aktive Unterstützung von Experten der Praxis
angewiesen. Wir bitten Sie daher um eine möglichst offene Beantwortung der Fragen. Ebenso wären wir
für die Bereitstellung ergänzenden Informationsmaterials dankbar. Vielen Dank für Ihre Bemühungen!
Abb. An-2: Begleitende Informationen zum Interviewleitfaden
2.
Ausgewählte Gesprächsprotokolle
2.1
Expertengespräch Thomas Brasch, debitel AG
THOMAS BRASCH ist Leiter Marketing-Services debitel AG, Stuttgart. Das Gespräch fand am Mittwoch, den 19. Mai 1999, in der Zeit von 18:00 bis 22:00h in
der debitel-Zentrale (Stuttgart, Schelmenwasenstr. 37-39) statt.
Zum Begriff Marke
Marke heißt in aller erster Linie, Vertrauen aufzubauen. Marken vermitteln
Kunden das Gefühl, nicht über den Tisch gezogen zu werden. Dieser Vertrauensaufbau ist die Grundvoraussetzung jeder Marke. Ist diese erfüllt, folgt der
zweite entscheidende Schritt: die Schaffung von Emotionen. Marke ist ein Statement. Marke muss dem Zielkunden ein gutes Gefühl vermitteln, der Kunde
Anhang
229
muss sich mit der Marke identifizieren. Starke Marken zeichnen sich dadurch
aus, dass der Kunde stolz ist, diese und keine andere Marke zu benutzen.
Ich möchte irgendwann dahin kommen, dass das Logo „debitel“ auf Handys
steht, nicht, um damit debitel ins Bewusstsein des Kunden zu rufen, sondern
weil der debitel-Kunde dies zur Dokumentation seines Konsums wünscht. Hierzu bedarf es einer starken und konsequenten Positionierung im Markt und in
den Köpfen der Kunden.
Bedeutung des Service Branding in der Praxis
Für Diensteanbieter im Telekommunikationsmarkt spielt die Marke noch eine
untergeordnete Rolle. Dies hat zur Folge, dass hier der Leidensdruck für Managements hinsichtlich einer konsequenten Markenentwicklung noch gering ist.
Dennoch kann aus meiner Sicht eine Differenzierung im Wettbewerb langfristig
nur über Marke geschehen. Marke ist das Alles Entscheidende, da „rationale“
USPs in Märkten mit austauschbaren Produkten und Leistungen für den Käufer
nicht entscheidungsrelevant sind. Denn „rational“ gesehen ist es völlig unerheblich, ob ein Girokonto bei einer Volksbank, einer Sparkasse oder einer
Großbank geführt wird. Aber Kunden, die eine „richtige“ Bank wollen, gehen zu
„der“ Bank: die Deutsche Bank. Hier entscheidet primär das Image, nicht die
operative Kompetenz und Stärke.
Im Telekommunikationsmarkt ist dies ähnlich, wenngleich dieser Markt und
seine Teilmärkte (Festnetz, Mobilfunk, Internet) durch einige Besonderheiten
auffällt. Der Mobilfunkmarkt hat eine Eigendynamik und ist Hardwaredominiert. Kunden kaufen kein Netz und keine Telefonkarten, sie kaufen Handys. Diese Handys, das hat eine aktuelle debitel-Studie ergeben, werden nach
wie vor ohne Netzpräferenz erworben. Der Handymarkt wird von Nokia dominiert und Anbieter, die diese Handys nicht anbieten, haben keine Chance. Mobilfunknetze bzw. die Netznutzung stellen für den Kunden Selbstverständlichkeiten dar. debitel verkauft Selbstverständlichkeiten, was Markenmanagement
nicht gerade vereinfacht.
Anders im Festnetzbereich: Die Hardware, das Telefon, spielt hier überhaupt
keine Rolle. Der Verbundcharakter der Produktkombination „Telefon-Telefonnetz“ ist hier wesentlich schwächer bzw. gar nicht vorhanden. Die Kunden haben sehr schnell verstanden, dass die Wahl der Telefongesellschaft im
Festnetzmarkt nur über den Preis geht. Allerdings, und deshalb halte ich die
Liberalisierung des Marktes für gescheitert, waren die Erwartungen über die
Wechselbereitschaft der Kunden völlig überzogen. Der Leidensdruck der Telefonkunden war lange nicht so hoch wie angenommen.
230
Anhang
Probleme des Service Branding in der Praxis
Zunächst einmal sind zahlreiche Dienstleistungsbranchen junge Märkte mit jungen Unternehmen. Im Gegensatz zu den traditionellen Marken der gewachsenen Märkten für Konsumgüter geht es hier darum, von Grund auf ein
Markenimage aufzubauen. Dies ist grundsätzlich schwierig.
Zum anderen handelt es sich bei Dienstleistungen um nicht-haptische Produkte. Man kann sie weder schmecken, noch riechen, noch fühlen. Dienstleistungen können nur emotional erlebt werden. Und an diesem Punkt muss eine
Dienstleistungsmarke ansetzen. Die Dienstleistungsmarke muss glaubhaft einen Mehrwert für den Kunden vermitteln. Und da viele Dienstleistungen in den
Augen der Kunden jene angesprochene Selbstverständlichkeit darstellen,
muss dieser Mehrwert nicht rationaler, sondern emotionaler Natur sein. Kurz
gesagt: Starke Dienstleistungsmarken müssen einen emotionalen USP vermitteln.
Nehmen wir an, Sie wollen ein wichtiges Paket von A nach B verschicken.
Theoretisch könnte man irgendeinen Menschen auf der Straße ansprechen und
fragen, ob er dies nicht erledigen könnte. Wen würde man also ansprechen?
Doch wohl denjenigen, bei dem man das beste Gefühl hat, dessen Auftreten
sympathisch, freundlich, korrekt und gepflegt ist. Und nach denselben Mustern
wähle ich einen Paketdienst aus. Die Marke UPS vermittelt diese Eigenschaften. Natürlich muss UPS das Paket pünktlich und zuverlässig liefern. Aber
ebenso wichtig - wenn nicht gar wichtiger - ist das Gefühl des Kunden, dass
UPS pünktlich und zuverlässig liefert. Es geht also um die Frage, ob ich 10
Stunden lang bange, bis ich die Meldung bekomme, dass das Paket gut angekommen ist, oder ob ich mich nach der Paketübergabe in der Gewissheit zurücklehnen kann, das bestmögliche getan zu haben, damit das Paket gut
ankommt. Dieses Gefühl, diesen emotionalen USP kann nur Marke vermitteln.
Dienstleistung ist aus Unternehmenssicht ein Leistungsversprechen. Aus Markensicht ist der Standpunkt des Kunden einzunehmen. Hier stellt sich Dienstleistung als Leistungserwartung dar. Die Marke hat diese Leistungserwartung
zu stützen.
Bekanntheit ist hierfür die Basisvoraussetzung. Dies lässt sich auch an den
Werbeetats der Dienstleister ablesen. Allerdings, und dies ist das Problem der
meisten Dienstleistungsmarken, bedeutet Bekanntheit alleine noch gar nichts.
Zahlreiche Dienstleistungsmärkte, hierzu zähle ich auch den Telekommunikationsmarkt, haben mehrheitlich schwache Marken. Dies liegt zum einen daran,
dass die Leute zwar die Marken kennen, aber mit ihnen nichts verbinden können. Diese Dienstleistungsmarken sind „leere“ Marken. Oder es liegt daran,
dass den Leuten das Produkt hinter der Marke einfach egal ist. Die Marke Ar-
Anhang
231
cor ist bekannt und sympathisch, gut gemacht, aber sie ist den Menschen egal.
Unter dem Strich bedeutet dies für die Marke also zweierlei: Die Dienstleistungsmarke muss einen USP visuell vermitteln können.
Erfolgsfaktoren des Service Branding
Starke Dienstleistungsmarken sind Sixt, American Express, UPS, McDonalds.
Bei letzterem ist allerdings zweifelhaft, ob wir es mit einer Dienstleistung zu tun
haben. Denn zu McDonalds gehe ich nicht wegen des Services, sondern wegen des harten Produkts „Hamburger“.
Im Mobilfunkbereich hatte Mobilcom anfangs ein starkes Image. Mobilcom war
der „David“, der antrat, um einen aussichtslosen Kampf gegen den „Goliath“
Deutsche Telekom zu führen. Dies brachte Mobilcom zahlreiche Sympathien
ein. Jeder, der dem Tanker Telekom „eins auswischen“ wollte, ging zu Mobilcom. Allerdings ist diese Strategie, die nur darauf angelegt ist, eine Gegenposition zu beziehen, langfristig kaum durchzuhalten. Denn mittlerweile hat sich
der Telekom-Tanker bewegt und baut systematisch Antipathien ab und Sympathien auf. Der anfangs angenommene Leidens- bzw. Wechseldruck der Telekommunikationskunden wurde und wird Schritt für Schritt abgebaut. Dies
bedeutet für das Call-by-Call-Verfahren den sicheren Tod und letztlich auch - in
diesem Bereich - das Scheitern der Liberalisierung. Der durchschnittliche deutsche Telefonkunde hat eine Gesamtrechnung von ca. DM 50 pro Monat und ist
bequem. Und für eine Preisersparnis von vielleicht 5-10 Prozent macht er sich
irgendwann nicht mehr die Mühe, bei jedem Gespräch über Tarifstrukturen,
Gesprächszeiten, Gebührentaktungen usw. nachzudenken und die 01019 vorzuwählen. Abgesehen davon ist das Mobilcom-Image zwar witzig, aber nicht
vertrauensvoll. Denn die Vermutung liegt nahe, dass derjenige - wie Mobilcom,
der so mit seiner Konkurrenz umgeht, vielleicht auch irgendwann so mit seinem Kunden umgeht. Und wer würde mit einem solchen Unternehmen schon
langfristige Verträge abschließen?
Die Grundlage der erfolgreichen Markenführung ist eine eindeutige strategische Zielrichtung. Was soll die Marke aussagen, wofür steht sie? Marke bedarf
einer eindeutigen Soll-Positionierung. Eine klare Positionierung für debitel wäre der „Stern“, der „Aldi“ oder der „Media-Markt“. Ich bin nicht sicher, ob eine
Marke auf eine bestimmte Zielgruppe ausgerichtet werden muss. Was ist die
Zielgruppe von Nutella? Dies sind alle!
Operative Umsetzung des Service Branding: Markenführung bei debitel
Die erfolgreiche Markenumsetzung erfordert zwingend das Zusammenspiel
zweier Kräfte: des markensensitiven Managements und der kreativen Werbeagentur. Dabei gilt: auch die beste Agentur kann keine Marke etablieren, wenn
dem Kunden „inhouse“ das Verständnis und die Sensibilität für Marke fehlt.
Und umgekehrt ist auch die beste Markenstrategie eines Kunden erfolglos,
232
Anhang
wenn die Agentur keine hervorragende Kreativleistung erbringt. Das Unternehmen hat hier ganz klar die Bringschuld einer klaren Markenvision und -strategie, an denen die Kreativleistung der Agentur andocken muss.
Die Markenführung von debitel steht noch am Anfang. Dies hat vielfältige
Gründe. Zum einen besteht noch kein spürbarer, wirklicher Leidensdruck, eine
Marke zu entwickeln. Denn die Kernkompetenz von debitel besteht aus Vertriebsstärke (Metro etc.) und Operationsstärke (Managementorganisation etc.).
Und als Marke spielt debitel dabei (noch) keine Rolle. Dies ist u.a. darauf zurückzuführen, dass Marken (von Service-Providern und Netzbetreibern) im Mobilfunkmarkt bislang nur eine untergeordnete Rolle im Kaufentscheidungsverhalten der Nachfrager spielen. Der mangelnde Leidensdruck bewirkt, dass
im aktuellen Geschäft nicht in „Marke“ gedacht wird. Noch bestimmen Vertrieb
und Handelsmarketing die Werbeinhalte und führen zu entsprechenden Ergebnissen. debitel will allerdings aus dieser Situation herauskommen, da der Rolle
der Marke in der Zukunft eine wesentlich höherer Bedeutung beigemessen
wird.
2.2
Expertengespräch Ralph Ohnemus, VIAG Interkom
RALPH OHNEMUS ist Bereichsleiter Brand Management der VIAG Interkom
GmbH & Co. KG, München. Das Telefoninterview fand am Donnerstag, den
14. Oktober 1999, in der Zeit von 13:00 bis 13:40h statt.
Zum Begriff Marke
Marke ist ein Vorurteil im Kopf des Verbrauchers. Marke existiert nur beim
Verbraucher: Sie hat weniger was mit der Objektivität des Angebots, als vielmehr mit dem subjektiven Empfinden zu tun. Sie umfasst damit den Gesamteindruck, den der Verbraucher hinsichtlich des Gesamtangebots (Leistung und
Markenzeichen) hat. Marke ist nicht nur Logo, sondern letztendlich das Gefühl,
die Emotion, die der Verbraucher abruft, wenn man ihm ein Stichwort gibt. Was
er damit beschreibt, ist Marke: ob er damit die „Fabrik VIAG“ abruft, eine bestimmtes Gefühl von Innovation etc. Unsere Aufgabe ist dabei, viele gleichlautende Vorurteile zu erhalten. Faktisch liegt damit eine Marke erst dann vor,
wenn ein Großteil der Zielgruppe die Marke gleichförmig erlebt.
Bedeutung des Service Branding in der Praxis
Die zentrale Hebelwirkung der Marke besteht darin, eine Grundpräferenz aufzubauen. Starke Marken erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Angebote am
PoS genutzt werden. Gerade Telekommunikationsdienstleistungen brauchen
einen regulären PoS, da die Dienstleistung Mobilfunk nur in Kombination mit
einem physischen Produkt, dem Handy, genutzt werden kann. Marke muss den
Verbraucher dazu bewegen, überhaupt erst mal in einen VIAG Interkom Shop
zu kommen.
Anhang
233
Probleme des Service Branding in der Praxis
Grundsätzliche Problematik: Dienstleistungsmarken sind grundsätzlich schwieriger als Konsumgütermarken zu managen, da die Leistung als solche für den
Kunden schwieriger nachvollziehbar, anfassbar, wahrnehmbar etc. ist.
Problem der Kommunikation differenzierter Dienstleistungen: Bei einem breiten
Dienstleistungsspektrum stellt sich für die Markenbildung die Frage nach den
Gemeinsamkeiten: Was verknüpft diese verschiedenen Leistungen? Weisen
die Dienstleistungen nur Unterschiede und keine Gemeinsamkeiten auf, zerstört dies die Markenbildung beim Verbraucher, da dieser nicht in der Lage ist,
ein Markenimage aus 30 Komponenten zu begreifen. Zentrale Aufgabe der
Markenbildung wird somit das Finden einer gemeinsamen Dimension. Denn
wir reden schließlich mit denselben Menschen, mit gleichen Hirnen und gleichen Verhaltensweisen, die alle nur eine bestimmte Anzahl von Daten computen können. Ohne die Schaffung einer gemeinsamen Dimension sind diese
Menschen für uns verloren. Alternativ kann man über andere Verkaufsprozesse
mit anderen Funktionalitäten gehen, die nicht auf Wiederholungskauf aus sind
und nicht über die Dimension Marke oder Bekanntheit verkaufen. Ein Beispiel
hier wären Drückerkolonnen, die auch Dienstleistungen verkaufen können. Hier
brauche ich keine Marke.
Technischer Fortschritt schafft Probleme der Markenabgrenzung: Leistungsbezogene dauerhafte Markenabgrenzungen sind in vielen Dienstleistungsbereichen kaum möglich, da die Zeitfenster des Wettbewerbsvorteils durch
(technische) Leistungsinnovationen sehr klein sind.
Versagen bestehender Konzepte bei Dienstleistungen: Die Abgrenzung anhand traditioneller Markenkonzepte (Dach-, Unter-, Nebenmarken etc.) ist eher
eine akademische Diskussion. Diese Konzepte helfen lediglich, Markenführung
intern zu strukturieren und zu ordnen. Für den Verbraucher ist es aber meines
Erachtens bei einer Dienstleistung nicht relevant und nicht nachvollziehbar, ob
er es mit einer Dach- oder einer Produktmarke zu tun hat. Zwar taucht - bspw.
wenn man sich mit Marketingberatern unterhält - dieses Thema („Dampfer“,
„Schnellboot“) immer wieder auf, aber ich glaube, dass dieses Konzept im Gehirn des Verbrauchers nicht funktioniert.
Schnelles Kundenwachstum: Schnelles Wachstum (im Telekommunikationsmarkt) führt zu Kapazitätsproblemen und damit zu Problemen der Markenwahrnehmung im direkten Kontakt des Kunden.
Fehlendes Markenverständnis: Oftmals fehlt es unternehmensintern an dem
erforderlichen Verständnis für die Funktion einer Marke und die sich hieraus
ergebenden Konsequenzen. Die Hauptursache liegt darin, dass in der Start-upPhase eines Unternehmens (wie VIAG Interkom im Telekommunikationsmarkt)
234
Anhang
sicherlich Technik die überdimensionale Rolle spielt. In dieser Phase wird das
Thema Vermarktung als zweitrangig angesehen: Es dominiert die Sichtweise
der Ingenieure. Und dabei wird schlicht vernachlässigt, dass sich auf der Kundenseite eben keine Ingenieure befinden.
Liberalisierung: Die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes impliziert
spezifische Rahmenbedingungen für unsere Markenführung: Man kämpft mehr
gegen die Deutsche Telekom als gegen andere Wettbewerber. Diese Situation
hat Vor- und Nachteile. Vorteilhaft ist, dass die „große Mutter“ Deutsche Telekom den Bezugspunkt aller Positionierungsmaßnahmen darstellt. Hierdurch
wird die Sicht vereinfacht, da weniger Faktoren zu berücksichtigen sind. Vorteilhaft ist ebenfalls, dass die nach wie vor bestehenden negativen Vorurteile,
die mit der Marke Telekom verknüpft sind, sehr beständig sind: Trotz eines objektiven Quantensprungs in Qualität und Innovation lassen sich in der breiten
Masse noch immer starke Vorurteile in Richtung Langsamkeit, Behäbigkeit,
mangelnde Innovationsfähigkeit deutlich messbar nachweisen. Hier besteht für
die Telekom das große Problem der Überprägung bestehender Assoziationen,
was auch zu unserem Vorteil noch einige Zeit so bleiben dürfte.
Nachteilig ist, dass Menschen mit dem Kopf flinker sind als mit Taten. Es besteht ein enormes Beharrungspotential im Markt im Sinne von „Schimpfen aber
bleiben“ bzw. „Meckern aber nichts tun“. Für uns stellt sich die Herausforderung, sich überproportional anstrengen zu müssen, um diese Menschen zu bewegen, was allerdings allein durch Marke nicht zu lösen ist. Hier muss man die
gesamte Klaviatur des Marketing-Vertriebs-Mix spielen. Eine Analogie besteht
zum Strommarkt: Hier gibt’s schöne Preise und gute Angebote, aber nach meiner Schätzung werden in naher Zukunft höchstens zwischen 9-14 Prozent der
Kunden wirklich wechseln. Nach meiner Hypothese liegt dies auch daran, dass
der Deutsche - anders als in anderen Ländern - eine Entscheidung nicht stufenweise, sondern „optimal“ treffen möchte: Wenn er sich entscheidet, muss er
das Gefühl haben, sich nicht nur „gut“ im Sinne eines kurzfristigen Vorteils entschieden zu haben, sondern sich „richtig“ entschieden zu haben. Und da es
schwierig ist, die optimale Entscheidung zu treffen, wenn man sich nicht intensiv mit dem Thema auseinandersetzt und da es sicherlich sinnvolleres für den
Kunden gibt, als am Wochenende Mondtarife zu vergleichen, besteht die
Hauptaufgabe in der Aktivierung der Menschen für die Sache.
Erfolgsfaktoren des Service Branding
Kontinuität: Generell muss eine erfolgreiche Marke Kontinuität aufweisen. Im
Dienstleistungsbereich kann diese Kontinuität nicht im einzelnen Produkt liegen, sondern in den Kommunikationsinhalten. Im Telekommunikationsbereich
gibt es einige Kontinuitäten, die wichtig sind: Wenn jemand, wie für uns wichtig, Innovation haben will, muss man kontinuierlich Innovation bringen, auch
wenn es der Wettbewerb nachher auch macht. Der Kunde muss wahrnehmen,
Anhang
235
dass man innovativ ist, erster ist etc. Kontinuierliche Innovation kann nur über
Produkte kommuniziert werden. Wir tun dies, indem wir dem Verbraucher neue
„Kategorien“ anstelle von „Wir sind 10 Prozent besser“ kommunizieren: Wir
stellen beispielsweise dar, dass es eine alte Generation Mobilfunk gibt und
GENION.
Zukunftssicherheit: Gerade im Telekommunikationsbereich ist die Assoziation
„Zukunftssicherheit“ wichtig. Zukunftssicherheit ist ein Attribut, dass sich wiederum auch nur über die Kontinuität bestimmter Faktoren vermitteln lässt: hierzu gehören Seriosität, Größe und Potenz. Wir kommunizieren dies bspw.
dadurch, dass wir versuchen, immer wieder in der Presse zu stehen („VIAG Interkom eröffnet neuen Call-Center“). Zentraler Faktor ist ebenfalls, dass der
Kunde im direkten Kontakt mit unserer Firma Kompetenz und Seriosität erlebt.
Hier haben wir derzeit ein Problem, da das Kundenwachstum sehr viel schneller ist (500.000 Kunden in weniger als einem Jahr) als erwartet und der Aufbau
entsprechender Kapazitäten Zeit braucht (s.o.). Die Verantwortung der Qualitätssicherung liegt bei einem multifunktionalen Qualitätsmanagement-Team,
an dem bereichsübergreifend verschiedene Bereichsleiter beteiligt sind.
Grundvertrauen: Telekommunikation ist derart komplex, dass selbst technisch
versierte Leute nur schwer übersehen können, wie das eigentlich funktioniert.
Ich muss deshalb gerade hier vor Vertragsabschluß das Gefühl vermitteln, als
Verbraucher nicht „übers Ohr gehauen“ zu werden, bspw. indem er nicht mehr
aus einem Vertrag rauskommt. Andererseits braucht es das Vertrauen, dass
eine Firma mit Zukunftssicherheit auch morgen noch da ist.
Operative Umsetzung: Markenführung bei VIAG Interkom
Organisation: VIAG Interkom ist in verschiedene Business Units aufgeteilt. Die
im Sinne der Marktwirkung prägnantesten Units sind die Business Customer
Unit und die Private Customer Unit. Der Bereich Brand Management ist organisatorisch der Private Customer Unit zugeordnet. Das Marketing bei VIAG Interkom ist aufgeteilt in die Funktionen Brand Management und Product
Management.
Der Aufgabenbereich des Product Management umfasst die Entwicklung von
Produktkonzepten (technische Umsetzung, Preisspannen etc.). Aufgabe des
Brand Management ist, diese Produkte in Kommunikation - im Rahmen der
Brand - umzusetzen und sie am Markt entsprechend anzubieten und zu verkaufen. Beide Bereiche arbeiten eng zusammen und stimmen sich ab hinsichtlich
der technischen Möglichkeiten („Was können wir?“) und der marktlichen Erfordernisse („Was brauchen wir?“). Der Bereichsleiter Brand Management ist
a) bereichsübergreifend verantwortlich für Gestaltung und Inhalt des Firmen-
auftritts, also für den Auftritt der Gesamtmarke VIAG Interkom, auch im Bereich Business Customer Unit;
236
Anhang
b) bereichsintern verantwortlich für die konkrete werbliche Unterstützung von
Produkten bzw. Dienstleistungen im Bereich Private Customer Unit (Belowthe-Line/ Above-the-Line, Sponsoring, Ausstattung des Handels mit Material
etc.).
Markenentwicklung bei VIAG Interkom: Bis vor kurzem wurden unter dem Markenzeichen VIAG Interkom (Schrifttyp, gelb-weiß) verschiedene Produkte angeboten, die irgendwas mit Telekommunikation (Festnetz, Mobilfunk, Internet)
zu tun hatten, aber weiter keine Gemeinsamkeiten aufgewiesen haben. Heute
beschäftigen wir uns intensiv mit Marke. Unsere Aufgabe konzentriert sich darauf, nach den Gemeinsamkeiten unserer Leistungen zu suchen bzw. Gemeinsamkeiten zu definieren: Wofür soll die Marke stehen? Auf der inhaltlichen
Seiten soll VIAG Interkom für Innovation und Telekommunikation stehen. Auf
der emotionalen Seite wollen wir „Herz und Motor“ der Telekommunikation
sein, da wir - verglichen mit dem Riesen Deutsche Telekom - ein relativ kleines
Unternehmen sind. Hier wollen wir die Konnotation frech und pfiffig mitbringen.
Allerdings müssen wir hierbei beachten, nicht unseriös zu wirken, nicht pfiffig in
dem Sinne zu sein, den Markt abzuschöpfen, wie dies bei bestimmten Konkurrenten zu beobachten ist. Im Umkehrschluss heißt das, alle Maßnahmen und
Leistungen, die diese Dimensionen nicht unterstützen, konsequent aus der
Markenkommunikation zurückzunehmen. Beispiel Call-by-Call (01090): Unsere
Kommunikation früher war: VIAG Interkom bietet Euch mit 01090 eine günstige
Gelegenheit zu telefonieren. Heute kommunizieren wir, dass - wer billig telefonieren will - die Nummer 01090 wählen soll. Nur nebenbei kommunizieren wir,
das dieses Produkt von VIAG Interkom hergestellt wird. Hier haben sich also
die Gewichtung der Kommunikationsinhalte deutlich zu Gunsten der Marke verlagert. Gleichzeitig grenzen wir uns damit von Konkurrenten ab, die in ihrem
Werbeauftritt primär die Preisdimension dramatisieren. Hier bestehen Parallelen zur Markenführung im Konsumgüterbereich: Beispielsweise baut „Wrigleys“
eigene Marken und Erlebniswelten auf, die nicht mehr unter dem eigentlichen
Markennamen „Wrigleys“ am Markt auftreten, sondern als „Airwave“, „Extra“
etc.
Wenn wir heute als VIAG Interkom mit dem Verbraucher sprechen, tun wir dies
über Produkte mit wirklich innovativen Komponenten, die damit unsere Markeninhalte unterstützen (Bsp. GENION). Hier setzen wir das Produkt GENION
quasi mit der Marke VIAG Interkom gleich.
Instrumente der Markensteuerung: Momentan fällt es uns leichter, den Wettbewerb zu messen als uns. Aber wir sind dabei und nehmen es ernst, Marke
zu monitoren. Hierfür werden moderne Techniken wie GAP-Analysen, regelmäßige Imageanalysen, Werbetrekking etc. eingesetzt bzw. sind vorgesehen.
Anhang
237
Anteil der Werbeagentur an der Marke: Rein theoretisch sollte die Werbeagentur einen hohen Anteil an einer guten Marke haben. Meine Erfahrung ist allerdings, dass jedes Unternehmen, das die Frage, was Marke ist und wie man
Marke führt, nicht kompetent beantworten kann, keine Chance hat. Denn eine
Werbeagentur hat einen Geschäftszweck, nämlich Werbung zu verkaufen.
Hieraus generiert die Agentur Umsatz und Ansehen. Und daher ist es für Agenturen und ihre Mitarbeiter oftmals das wichtigste Ziel, auffallende und ungewöhnliche Werbung zu machen. Dies hilft nicht zwingend der Positionierung
einer relevanten, starken Marke. Insofern sind Agenturen sicher wichtig, aber
Firmen, die nicht über eine interne starke Steuerung verfügen, sind verloren.
Und gerade das oftmals fehlende Markenverständnis von Dienstleistern macht
diese Firmen zu einem Eldorado für Agenturen und Berater, die sich ja dieser
Situation bewusst sind: Und was man dann zum Teil angeboten bekommt, ist
wirklich eine Frechheit.
Markenführung ist zuallererst eine Unternehmensaufgabe, die nicht delegierbar
ist. Man kann sich Hilfestellungen, Anregungen etc. holen, muss aber am Ende
selbst entscheiden, welche Markengrundsatzstrategie aus der Vielzahl möglicher Alternativen gewählt wird und muss diese - auch in Zusammenarbeit mit
Agenturen - konsequent verfolgen.
2.3
Expertengespräch Barbara Kögler, Mannesmann Arcor
BARBARA KÖGLER ist Leiterin der Abteilung Kommunikation der Mannesmann
Arcor AG & Co., Eschborn. Das Telefoninterview fand am Freitag, den 19. November 1999, in der Zeit von 11:00 bis 11:40h statt.
Bedeutung des Service Branding in der Praxis
Marke spielt im Telekommunikationsgeschäft eine ungeheuer wichtige Rolle.
Weil Telekommunikation nicht anfassbar ist, muss und wird die Dienstleistung
Telekommunikation zu einem großen Teil über Image verkauft (werden). Zwar
ist der Preis - gerade im Telekommunikationsmarkt - ein wichtiges Verkaufsargument; in unserem Haus herrscht aber die Überzeugung, dass die vordergründige Kommunikation von und über Preise mittel- und langfristig kein
Überleben sichern kann. Erst eine gute Marke bestimmt und vermittelt die Seriosität eines Unternehmens und die gute Erfahrung. Und nur über die Marke
kann eine echte Kundenbindung hergestellt werden. Dies gilt insbesondere für
den Massenmarkt „Privatkunden“, während im Geschäftskundenbereich neben
dem Markenimage zahlreiche weitere Faktoren den Erfolg bestimmen. Umgekehrt ist Markenmanagement entbehrlich, sofern man nicht die Zielsetzung der
Kundenbindung verfolgt.
Probleme des Service Branding in der Praxis
Ob Dienstleistungsmarken im Telekommunikationsbereich relativ schwächer
sind als traditionelle Marken des klassischen Konsumgüterbereichs, sollte
238
Anhang
stets auch vor dem Hintergrund der jeweiligen Marktsituation beurteilt werden.
Telekommunikation ist durch die Liberalisierung des Marktes als Konsumgut
und schickes Trendprodukt überhaupt erst möglich geworden. Wir alle sind mit
Marken wie Persil oder Mars aufgewachsen, infolgedessen ist hier eine starke
erlernte Markenbildung bzw. ein Markenverständnis von Grund auf vorhanden
und es wird nach Marken gekauft. Anders als auf traditionellen Konsumgütermärkten muss sich auf jungen Dienstleistungsmärkten dieses „Denken in Marken“ auf der Konsumentenseite erst entwickeln. Im heute zehnten Jahr des
Mobilfunkmarktes haben die Kunden bereits ein großes Verständnis für Marken
aufgebaut. Im jüngeren Festnetzbereich, der ja erst seit 2 Jahren liberalisiert
ist, muss dies noch gelernt werden. Ich bin der Überzeugung, dass Kunden
auch hier in Zukunft nach Marke kaufen werden. Letztlich ist also Markenverständnis und Markenstärke immer auch eine Frage des Entwicklungsstadiums
eines Marktes.
Im übrigen verfügt jeder Markt über eigene markentechnische Gesetzmäßigkeiten. Insofern glaube ich nicht daran, dass Markenstrategien 1 zu 1 adaptierbar sind. Wer markentechnisch im Telekommunikationsbereich erfolgreich ist,
muss nicht notwendigerweise auch auf liberalisierten Strommärkten erfolgreich
sein. Insofern sehe ich auch nicht die zwingende Notwendigkeit behaupten zu
müssen, dass Experten für klassische Konsumgütermarken die besseren Markenmanager sind. Erforderlich sind Markenverständnis und Marktkenntnis. In
unserem Haus ist beides vorhanden. Ich sehe es daher nicht als Manko, dass
keiner unserer Mitarbeiter aus Marketing, Kommunikation und auch auf Vorstandsebene aus dem Bereich „klassischer“ Konsumgütermarken kommt. Herr
Stöber, der Vorstandsvorsitzende, hat Mobilfunk mit aufgebaut und kennt den
Mobilfunkmarkt exzellent.
Operative Umsetzung: Markenführung bei Mannesmann Arcor
Organisation des Markenmanagements bei Mannesmann Arcor: Die Bereiche
Marketing und Kommunikation sind bei Arcor organisatorisch getrennt: Der Bereich Kommunikation befasst sich mit Presse und Öffentlichkeitsarbeit, organisiert Pressekonferenzen und TV-Auftritte/-Interviews, fungiert als interner
Informationsdienst (Mitarbeiterzeitung). Ferner wird ein Business-to-BusinessKundenmagazin herausgegeben. Die Leiterin Kommunikation berichtet direkt
an den Vorsitzenden des Vorstandes. Der Bereich Marketing ist verantwortlich
für die gesamte Werbung (Kampagnen, TV, Print etc.), Sponsoring, Messen
und Events. Der Bereichsleiter Marketing berichtet an den Vorstand Marketing
und Vertrieb.
Die eigentliche Entwicklung der Marke Arcor war und ist primär Aufgabe des
Vorstandes. Darüber hinaus erfordert die Vielzahl der Instrumente, mit denen
die Marke Arcor kommuniziert wird (Anzeigenmotive, TV-Auftritte, Sponsoring
etc.), eine übergreifende Koordination all dieser Maßnahmen, um einen konsi-
Anhang
239
stenten Auftritt nach außen zu gewährleisten. Auch der Einsatz dieser Instrumente, die in den einzelnen Bereichen geplant und operativ umgesetzt werden,
wird in unserem Haus direkt vom Vorstand koordiniert und (mit-)entschieden.
Entwicklung der Marke Arcor: Historisch bedingt baut die Anfang 1997 entwickelte Unternehmensmarke Arcor auf der bereits seit 1990 existierenden Unternehmensmarke D2 auf. Die Marke Arcor wurde dabei bewusst an den
Superbrand D2 angelehnt, um einen positiven Imagetransfer zu ermöglichen.
Formal geschieht dies über die gleiche Farbgebung im Rahmen der Wortmarke sowie der Werbung: die Grundfarben sind blau und rot, beide Logos haben
einen roten „Telefonhörer“ (Buchstabe „R“ der Wortmarke Arcor bzw. Ziffer „2“
der Wortmarke D2). Der rote Telefonhörer wurde in der Werbung für Arcor und
D2 prägnant durch rothaarige Köpfe der „telephone people“ fortgeführt. Diese
Werbung ist auf das Segment der Privatkunden ausgerichtet.
Der Name Arcor ist ein Kunstname, der mit Hilfe einer Namensagentur entwickelt und aus über 10.000 Vorschlägen ausgewählt wurde. Wir haben uns u.a.
deshalb für den Namen Arcor entschieden, da dieser weder die bekannten Silben tel oder kom (com) enthält und damit zu 100 Prozent neu aufladbar und mit
Image zu besetzen ist. Hierdurch sollte die Uniqueness und Unverwechselbarkeit des Markennamens gesichert werden. Der Name selbst lehnt sich an das
französische arc d’or an.
Strategische Ausrichtung der Marke Arcor: Der Aufbau einer MannesmannGesamtmarke zur Bearbeitung der TK-Sektoren Festnetz, Mobilfunk und Internet (wie etwa bei VIAG-Interkom) war nie ein Thema. Die bewusste Trennung
zwischen der Festnetzmarke Arcor und der Mobilfunkmarke D2 hat marketingtechnische Ursachen, die wiederum maßgeblich durch Zeiteffekte bestimmt
wurden: Die unterschiedlichen Zeitschienen beider Telekommunikationsbereiche bedingen unterschiedliche Notwendigkeiten im Angang zum jeweiligen
Markt. Marketingtechnisch wurde der Mobilfunkmarkt in der Anfangszeit über
Geschäftskunden aufgerollt, die in dieser Phase trotz der relativen Hochpreisigkeit der Produkte den größten Nutzen hatten. Erst im 5./6. Jahr des Bestehens wurde die Schwelle zum Massenmarkt, der Voraussetzung nachhaltiger
Markenbildung, überschritten. Ein ähnliches Szenario gilt - zeitversetzt - auch
für Arcor: Man kann nie sofort den Markt in der Breite erreichen, sondern es
benötigt Bekanntheit, eine gewisse Durchdringung im Markt sowie ein bestimmtes Preisgefüge. Vor diesem Hintergrund unterschiedlicher marketingtechnischer Positionierungsbedingungen sowie vor dem Hintergrund der
unterschiedlichen Produkte Mobilfunk und Festnetz hätte es für uns keinen
Sinn gemacht, Arcor unter dem Brand D2 laufen zu lassen. D2 war bereits zum
Zeitpunkt des Arcor-Starts ein hervorragend eingeführter Brand, der für hohe
Qualität und Zuverlässigkeit im Mobilfunk steht. Eine Zusammenführung beider
Marken bzw. die Einführung der Marke Arcor unter dem Brand D2 hätte zu ei-
240
Anhang
ner völligen Verwässerung geführt, welche die notwendige klare Dokumentation nach außen, welches Unternehmen was macht und für was steht, sehr erschwert hätte. Festnetz und Mobilfunk sind zwei unterschiedliche Produkte, die
auch nach außen unterschiedlich kommuniziert werden müssen.
Darüber hinaus kann man mit unterschiedlichen, separaten Unternehmen bzw.
Marken wesentlich effizienter unterschiedliche Zielgruppensegmente bearbeiten. Mannesmann Mobilfunk fokussiert gegenwärtig sehr intensiv die Zielgruppe Teenie/Youngster, während diese Zielgruppe im Bereich Festnetz noch
keine Rolle spielt. Hier sind also unterschiedliche Marketingfokussierungen
bzw. Geschäftsausrichtungen erforderlich, die durch separate Unternehmen
bzw. Konzerneinheiten einfach besser zu leisten sind.
Hinsichtlich der viel diskutierten Konvergenz der drei Sektoren des Telekommunikationsmarktes sowie der Produkte halten wir es nicht für erforderlich,
dies notwendigerweise nur über eine Marke bzw. ein Unternehmen abwickeln
zu müssen. Unsere Konzernzugehörigkeit bietet den Vorteil, die Produkte der
beiden Marken D2 und Arcor bündeln zu können. Der Kunde erhält also ISDN,
Mobilfunk und Internetzugang aus einer Hand, er bekommt bei Arcor auch einen Mobilfunkvertrag, bei D2 auch einen Festnetzanschluss. Und der Kunde
hat nach unserer Erfahrung keine Schwierigkeiten, dies zu verstehen.
Konzeption und Kommunikation des Markenkerns von Arcor: Innovation, Zuverlässigkeit, hohe Qualität und attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis sind die
wesentliche Attribute des Arcor-Markenkerns. Wir unterscheiden uns dabei
sehr deutlich von anderen Marken, da wir diesen Führungsanspruch durch unser Handeln untermauern. Dies wird auch in der Öffentlichkeit reflektiert und
wird uns in Kundenbefragungen bestätigt. Wir waren beispielsweise die ersten,
die Internet-by-Call angeboten und damit Innovation dokumentiert haben. Innovation muss ständig bewiesen werden, ebenso wie Qualität und Zuverlässigkeit: Der Kunde bekommt sehr schnell mit, welcher Carrier ständig besetzt ist
und welcher nicht. Reine Preisprodukte wie Call-by-Call-Angebote sind allerdings aus markentechnischer Sicht sehr kritische Produkte. Wir überlegen, inwieweit im nächsten Jahr für Call-by-Call aktiv Werbung betrieben wird.
Markenbildung ist dann eben wirklich wichtig, wenn man eine echte Kundenbindung schaffen will, was bei Call-by-Call nun mal nicht der Fall ist. In diesem
Zusammenhang stimme ich der Aussage zu, dass die Produkte unter einer
Dienstleistungsmarke (Dach- bzw. Unternehmensmarke) eine wesentliche
Funktion bei der Kommunikation des Markenkerns/Markeninhalts besitzen: Unterschiedliche Produkte können dabei gezielt zur akzentuierten Kommunikation
einzelner Attribute des Markenkerns beitragen und eingesetzt werden. Hier besteht ein Unterschied zu zahlreichen Marken des klassischen Konsumgüterbereichs, wo Marke und Produkt oftmals identisch sind. Im Bereich der
Vorkontaktphase, der Phase des nicht direkten Erlebens der Marke Arcor,
Anhang
241
kommunizieren wir die Marke über Werbung, Print, TV, Hörfunk, Presse und
Öffentlichkeitsarbeit. Im Vertrieb setzen wir Fachhändler ein, die Kunden ansprechen und werben. Eine große Rolle spielt Sponsoring, das die Marke erlebbar macht.
Arcor und o.tel.o: Koordination und Perspektive der Zweimarkenstrategie: Seit
der Übernahme von o.tel.o durch Mannesmann Arcor wird im Festnetzbereich
sehr bewusst eine Zweimarkenstrategie verfolgt. Die Marke o.tel.o ist eine sehr
starke Marke im Privatkundengeschäft, was sich in zahlreichen Analysen herausgestellt hat. Diese Analysen zeigen auch, dass wir mit beiden Marken tatsächlich unterschiedliche Zielkunden ansprechen: o.tel.o ist auf den echten,
durchschnittlich telefonierenden Privatkunden ausgerichtet, während Arcor bereits das obere Segment des Vieltelefonierers anspricht. Arcor gilt in dieser
Zielgruppe als hochwertiger, technisch perfekter und ausgereifter Anbieter,
während o.tel.o in den Augen der Kunden als freundlicher, menschlicher, netter
Anbieter „von nebenan“ wahrgenommen wird. o.tel.o-Kunden legen starken
Wert auf preisgünstiges Telefonieren, während technische Aspekte eine sehr
geringe Rolle spielen. Wir werden diese Strategie der differenzierten Zielgruppenbearbeitung durch eigenständige Marken beibehalten und diese Marken
konsequent penetrieren, was bislang einmalig im Festnetzbereich ist.
Anteil der Werbeagentur an der Marke: Werbeagenturen haben einen großen
Anteil am Markenerfolg, da sie für den kreativen Part der Markenkommunikation verantwortlich sind. Hier ist insbesondere die „Rotschopf-Kampagne“ hervorzuheben, die mit der Öffnung des Marktes zum 01.01.1998 zur Ansprache
der Privatkunden eingeführt wurde. Vor diesem Zeitpunkt hat Arcor eine reine
Geschäftskundenstrategie verfolgt. Die Kampagne wurde von Töpfer Grenville
Crone Werbeagentur GmbH aus Hamburg - unabhängig von der Entwicklung
des Arcor-Logos - entwickelt. Allerdings müssen die strategischen Aufgaben
der Markenbildung und -steuerung intern gelöst werden. Wir entscheiden
grundsätzlich inhouse, welche Produkte wir mit welcher Intensität pushen und
welche Marke wie auf welche Märkte und Zielgruppen ausgerichtet wird. Die
Werbeagentur kümmert sich dann um die kreative Umsetzung dieser Strategie.
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