Haltung von Schildkröten - Kleintierpraxis Dr. Nina Müller

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Autorin: Ralf Michling
Haltung von Schildkröten
Allgemeines
Man unterscheidet hauptsächlich zwei Gruppen von Schildkröten, Landschildkröten und
Wasserschildkröten.
Häufig gehaltene Landschildkröten sind russische, maurische und griechische Landschildkröten.
Aber es gibt auch eine Vielzahl anderer Vertreter dieser Gruppe, die gerne gehalten werden.
Zu den bekanntesten in Gefangenschaft gehaltenen Vertretern der Wasserschildkröten zählt die
Rotwangen - Schmuckschildkröte, die auch in manchen Parkteichen anzutreffen ist.
Überlegungen zum Kauf bzw. zur Haltung
Schildkröten sollten die wärmeren Jahreszeiten im Freien verbringen oder zumindest auf einen
Balkon gesetzt werden.
Schildkröten sind hervorragende Ausbruchkünstler, besonders Wasserschildkröten können gut
klettern.
Man sollte sich beim Kauf bewusst sein, dass diese Tiere unter den richtigen Bedingungen
Jahrzehnte alt werden können und auch größer werden, sie wachsen lange.
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Alterseinschätzung der Landschildkröten nach Panzerlänge :
Panzerlänge
Alter
Ca. 3 cm
Schlupf
4,0-4,9 cm
1-2 Monate
5,0-6,9 cm
3-4 Monate
7,0-8,9 cm
5-6 Monate
11,0 cm
ca. 1 Jahr
13,0-13,9 cm
2-7 Jahre
14,0-14,9 cm
8-12 Jahre
15,0-15,9 cm
13-18 Jahre
16,0-16,9 cm
19-24 Jahre
17,0-17,9 cm
25-30 Jahre
18,0-18,9 cm
30-35 Jahre
19,0-19,9 cm
36-40 Jahre
> 20,0 cm
> 40 Jahre
Haltungsbedingungen
Schildkröten als Haustier in der Wohnung sind denkbar ungeeignet, da die
Verletzungsgefahr durch versehentliches Treten oder durch Stöße beim Öffnen der Türe
erheblich ist.
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Einrichtung des Terrariums
Das Terrarium für Landschildkröten sollte der Größe des Tieres angepasst werden. Hierbei ist zu
beachten, dass die Tiere anfangs schnell wachsen und ggf. ein größeres Becken erforderlich wird.
Als Bodengrund sollte nach Möglichkeit Erde, am besten aus dem Garten, verwendet werden, da
die Tiere gerne graben.
Tipp: Wer keine „Tierchen“ in der Erde haben möchte, kann diese kurzfristig einfrieren oder im
Backofen erhitzen.
Blumenerde ist häufig gedüngt, oder enthält Styroporkügelchen und ist daher ungeeignet.
Katzenstreu, Kies, Sand, Hobelspäne sollten auf gar keinen Fall als Einstreu verwendet werden, da
die Tiere dazu neigen, diesen Bodengrund zu fressen. Dies führt zur Verstopfung, die nicht selten
operativ behandelt werden muss.
Als Wärme- und Lichtquelle eignen sich einfache Strahler z.B. aus dem Baumarkt, die punktuell
Wärme abgeben und somit einen natürlichen Sonnenplatz imitieren (siehe UV-Licht).Heizmatten
o.ä. sind ungeeignet, da die abgegebene Wärme von unten kommt und somit nicht den natürlichen
Bedingungen entspricht. Besonders Heizschlangen können zu schweren Verbrennungen führen,
wenn die Tiere graben.
Das Terrarium für Wasserschildkröten sollte den Tieren ebenfalls ausreichend Platz bieten, da
auch diese Tiere größer werden.
Das Becken muss über einen ausreichend großen Landteil verfügen, aber auch genügend Raum
zum Schwimmen bieten. Die Wassertiefe muss mindestens der doppelten Breite des größten
Tieres entsprechen.
Das Becken sollte über ein ausreichend großen Filter verfügen, der jedoch einen regelmäßigen
Wasserwechsel nicht ersetzen kann.
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Als Bodengrund für den Landteil sollte ebenfalls ein Erde / Sand-Gemisch verwendet werden,
reiner Kies und Sand sind auch hier ungeeignet.
Für die Wärme- und Lichtquelle gilt das oben gesagte, da Wasserschildkröten sich an Land
aufhalten um sich aufzuheizen und den Panzer zu trocknen. Diese Tiere gehen zum Abkühlen ins
Wasser, jedoch muss auch das Wasser beheizt sein (ca. 25-28 °C).
UV-Licht
Schildkröten benötigen UV-Licht um Vitamin D³ zu synthetisieren. Dies ist notwendig, um Calcium
aus dem Darm zu resorbieren. Sind die Tiere nicht in der Lage Calcium aufzunehmen, kommt es
zur Rachitis, d.h. die Knochen entmineralisieren, der Panzer wird weich, verformt sich und es
kommt leicht zu Knochenbrüchen.
Besonders weibliche Tiere, die Eier anbilden, haben einen erhöhten Bedarf an Calcium.
Im Terrarium gehaltene Tiere müssen daher mit UV-Licht versorgt werden. Der UV B Anteil soll
5% betragen. Im Handel werden Neonröhren angeboten, die im Abstand von 30 cm zum Tier
angebracht werden sollten und den ganzen Tag brennen müssen. Sie müssen nach einem ¾ Jahr
ausgetauscht werden, da sie dann kein UV Licht mehr abgeben. Sie können aber als normale
Lichtquelle weiter genutzt werden.
Eine gute Alternative bietet die Glühbirne von OSRAM (Vita Lux 300 W), die im Abstand von ca.
einem Meter zum Tier angebracht werden muss und 10 - 15 Minuten am Tag brennen sollte
(die Werte sind einzuhalten, da es sonst zu Augenschäden kommt).
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Der Strahler sollte so angebracht werden, dass direkt unter ihm in Bodennähe eine Temperatur von
ca. 35 °C herrscht. Wichtig ist hierbei, dass das Tier sich den Temperaturbereich frei wählen kann,
d.h. sich in einen kälteren Bereich zurückziehen kann (Terrariengröße).
Die Körpertemperatur der Schildkröten liegt um 0,1-0,2 °C unter der Umgebungstemperatur. Die
Verdauung wird bei etwa 20°C deutlich verlangsamt.
Wichtig: UV Licht dringt nicht durch Glas! Bewährt haben sich Doppelstegplatten aus Kunststoff,
wenn eine Abdeckung notwendig ist. Daher ersetzt auch der Sonnenstrahl durch das Fenster nicht
die Strahler mit UV-Licht!
Am Wertvollsten ist eine natürliche direkte Sonneneinstrahlung.
Wasser
Landschildkröten kommen aus recht trockenen Regionen und setzen daher, wie viele Reptilien,
Harnsäure ab, um Wasser zu sparen.
Schildkröten sollten täglich gebadet werden. Man täuscht den Tieren vor, dass es geregnet hat
und animiert sie dazu Wasser zu trinken und sich der Stoffwechselendprodukte in Form von
Harnsäure zu entledigen. Der Harnabsatz lässt sich dadurch leicht kontrollieren und das Risiko der
Nierenerkrankungen wird so wirksam vermindert.
Bei Wasserschildkröten sollte darauf geachtet werden, dass sie immer sauberes Wasser zur
Verfügung haben. Die Filter haben nur eine begrenzte Kapazität.
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Ernährung
Landschildkröten sind Pflanzenfresser. Auf eine abwechslungsreiche Ernährung sollte geachtet
werden. Idealerweise sollte man den Tieren die Möglichkeit geben, sich im Freigehege
kalziumreiche Wiesenkräuter wie Löwenzahn mit Blüten, Klee, Wegerich Luzerne und andere
Kräuter selbst zu suchen. Auch Gänseblümchen, -distel, Vogelmiere, Mauerpfeffer u.a. sind sehr
beliebt.
Ansonsten eignen sich Salate, reifes Obst und Gemüse als Frischfutter. Duftendes Wiesenheu
oder Haferstrohhäcksel werden zu bestimmten Zeiten gern angenommen und verbessern den
Ballastanteil.
Kohlenhydratreiche Früchte sollten mit Bedacht verfüttert werden, da sich dabei leicht Hefen im
Darm vermehren.
Nicht geeignet sind proteinreiche Futtermittel wie z.B. Katzenfutter, da diese Ernährungsweise
schnell zu Gicht führt. Auch im Fertigfutter für Landschildkröten darf nur maximal 5 % Rohprotein
enthalten sein.
Tomaten sollten ebenfalls nicht zu häufig angeboten werden, da diese ein ungünstiges
Phosphorverhältnis aufweisen. Das optimale Ca:P-Verhältnis soll mindestens 2:1 besser 3:1 sein.
Wasserschildkröten sind in aller Regel Fleischfresser. Sie fressen gerne Fische, aber sie sollten
auch die Möglichkeit bekommen, pflanzliche Kost aufzunehmen, wie Salate, Wasserlinsen u.v.m.
Einseitige Fütterung z.B. mit im Handel angebotenen Bachflohkrebsen sollte vermieden werden.
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Anmerkung:
Bitte informieren Sie sich ausführlich in der Fachliteratur über abwechslungsreiche Ernährung, da
hier nur ein Kurzabriss wiedergegeben werden kann.
Zu empfehlen sind die Bücher aus dem GU Verlag.
Vitaminpräparate
Viele im Handel angebotene Vitaminpräparate sind nicht artgerecht zusammengesetzt, z.B.
ungünstiges Vitamin A zu Vitamin D³ - Verhältnis, oder sind nicht dosierbar. Sie sollten daher nicht
angewendet werden, da es leicht zu Über- oder Unterdosierung kommt.
Im Zweifel sollten Sie sich mit unserer Praxis in Verbindung setzen.
Krankheiten, der Tierarztbesuch
Falls Ihre Schildkröte bedenklich wenig frisst oder Anzeichen von Schmerzen oder Atemnot zeigt,
zögern Sie bitte nicht, zum Tierarzt zu gehen!
Schmerzen erkennen Sie an einem vorgestreckten Kopf, bei geschlossenen Augen und leicht
geöffnetem Maul, Beißen zur Schmerzstelle, Unruhe oder Bewegungsunlust mit Nachschleifen der
Hinterbeine und Verkriechen im Panzer. Bei Dauerschmerz (Legenot) können Sie u.U. glucksende
Laute hören.
Atemnot erkennen Sie am weit aufgesperrten Maul, schnorchelnden Geräuschen und
hochgehobenem Kopf.
Sie sollten das kranke Tier und eine möglichst frische Kotprobe mitbringen. Weiteren Aufschluss
können Bodengrund und alle Präparate (vor allem die Vitaminpräparate) bringen.
Wurmkur vor der Winterruhe
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Mitte August, solange der Stoffwechsel noch aktiv ist, sollte bei Freilandhaltung prophylaktisch
eine Wurmkur durchgeführt werden. Bei Schildkröten in Zimmerterrarien raten wir mindestens zur
parasitologischen Kotuntersuchung.
Die Winterruhe führen Sie nach Anweisung der Fachliteratur durch. Bei Gewichtsverlusten
deutlich über 10% des Ausgangsgewichtes ist die Winterruhe jedoch abzubrechen, da
Energiereserven und Wasserhaushalt nicht optimal sind.
Schildkröten brauchen nicht zwingend die Winterruhe, es sei denn als Zuchttiere. Wenn sie nicht
ordnungsgemäß durchgeführt werden kann, sollte man auf sie verzichten, bevor das Tier Schaden
nimmt.
Kranke und rekonvaleszente Tiere dürfen nicht eingewintert werden.
Krankheiten
Viele Erkrankungen entstehen durch suboptimale Haltungsbedingungen. Optimale Ansprechpartner
sind hierzu Fachtierärzte für Reptilien. Im Folgenden eine kurze Übersicht über einige häufige
Erkrankungen. Es gibt allerdings noch eine Vielzahl anderer Erkrankungen und Ursachen.
Verstopfung
Häufigste Ursachen für Verstopfungen sind die Aufnahme von Sand und Kies aufgrund von
Mineralstoffmangel, aber auch Buchenholzspäne (die im Handel als Bodengrund angeboten
werden) können versehentlich aufgenommen werden. Durch eine Röntgenaufnahme evtl. mit
Kontrastmittel kann der Tierarzt die Verstopfung sichtbar machen.
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Legenot
entsteht durch mangelnde Möglichkeiten für die Eiablage, zu niedrige Temperaturen oder durch
Calciummangel. Für das Anbilden von Eiern ist nicht immer ein männliches Tier notwendig. Es
werden auch unbefruchtete Eier gelegt.
Auch hier kann man das Ei auf einer Röntgenaufnahme erkennen.
Vitamin Über- und Unterdosierung
Haut-, Augen- oder Gelenksprobleme können durch Ungleichgewichte im Vitaminhaushalt
entstehen.
Inappetenz
Das „nicht Fressen“ ist das erste Anzeichen einer Krankheit bzw. der bevorstehenden Winterruhe..
Lahmheiten
können u.a. durch fütterungsbedingte Gicht, Rachitis (D³+Ca-Mangel) und Bissverletzungen
entstehen. Ein weiterer Grund sind zu glatte Böden.
Parasiten
Eine Vielzahl von Parasiten, wie z.B. Würmer und Protozoen, verursachen Verdauungsprobleme
und müssen behandelt werden.
Anmerkung:
Es ist sinnvoll jährlich eine Kotuntersuchung durchführen zu lassen, besonders, wenn die Herkunft
des Tieres unklar ist ( Zoohandel ).
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