Elektrophorese Sommersemester 2012 Gliederung 1. Was ist Elektrophorese? Allgemeine Informationen 1. Anwendung 2. Physikalische Grundlagen 3. Arten der Elektrophorese 1. Trägerelektrophorese 1. Grundlagen 2. Probleme Trägerelektrophorese 3. Weiterentwicklungen und Beispiele 2. Trägerfreie Elektrophorese – Kapillarelektrophorese 1. Physikalische Grundlagen 2. Bestandteile und Durchführung 3. Weiterentwicklungen und Beispiele 4. Übungsaufgabe 5. Literatur 1. Was ist eigentlich Elektrophorese? Definition: Wanderung von Ionen und kolloidalen Teilchen wie Makromolekülen, Viren und Zellen im elektrischen Feld unter Erzielung einer Auftrennung nach Größe und Ladungsdichte Analsyenmethode zur Trennung und Bestimmung (und Quantifizierung) von Molekülen Einteilung der Elektrophorese Arten: • Trägerelektrophorese = Zonenelektrophorese z.B. Gelelektrophorese • Trägerfreie Elektrophorese = Grenzflächenelektrophorese z.B. Kapillarelektrophorese 1.1 Anwendung Molekularbiologie und Biologie: Isolierung und Aufreinung von Makromolekülen - DNA, RNA, Proteine (z.B. Immunglobuline) (“Genetischer Fingerabdruck”) (Pharmazeutische/LMC) Analytik: Überprüfung Reinheit und Gehalt von: - Immunseren für den Menschen - Kontrolle von Insulin/Heparin - Nachweis von Kuhmilch in Ziegenkäse - Ist der Döner wirklich aus Lammfleisch? Kapillarelektrophorese häufig zur Kontrolle Gehalt und Reinheit von Arzneistoffen und Pflanzenextrakten 2. Physikalische Grundlagen der Elektrophorese Gesetz von Kohlrausch: “Geladene Teilchen wandern in Lösung unter dem Einfluss eines elektrischen Feldes mit unterschiedlicher Geschwindigkeit” Gründe für diese Verhalten: v↑ • Ladungsdichte der Moleküle: Beschleunigung • Größe der Teilchen : Reibungswiderstand v ↓ 2. Physikalische Grundlagen der Elektrophorese Einfluss von Beschleunigungsund Reibungskraft auf geladene Teilchen Fep= zi* eo* E und FR= 6π* r*η*vep Wenn Fep = FR Keine Beschleunigung mehr Geschwindigkeit ist konstant. Fep : Beschleunigungskraft FR : Reibungskraft E: Feldstärke zi : Ladungszahl des Teilchen eo : Elektrische Elementarladung Vep: elektrophoretische Wanderungsgeschwindigkeit μep : Elektrophoretische Mobilität ri: Radius der Teilchen η: Viskosität des Mediums 2. Physikalische Grundlagen der Elektrophorese Die Wanderungsgeschwindigkeit ist demzufolge abhängig von: – – – – – – Der Ladung des Moleküls Der Größe des Moleküls Den Eigenschaften des Mediums Der Solvatisierung bzw. Bildung der Ionenhülle Der Viskosität des Mediums pH-Wert der Umgebung und Isoelektrischer Punkt bei Proteinen 3.1 Trägerelektrophorese Prinzip: Die Analyse wird auf einen Träger (z.B. Gel, Papier…) aufgetragen. Dieses ist mit Pufferlösung getränkt. Beim Anlegen der Spannung trennen sich die Teilchen gemäß Ladung und Größe (siehe Punkt 2.) Zusätzliche Einflüsse: - Sogströme, Anionen - Kationen + -verdunsten Puffer - Elektroosmose Träger -Adsorption Analyten an Träger 3.1.1 Praktische Durchführung Trägerelektrophorese Träger vorbereiten (Gel gießen oder quellen lassen, Papier tränken…) - Celluloseacetat - Agarosegele - Stärkegele - Polyacrylamidgele - Papierstreifen Kammern mit Puffer füllen Puffer (richtet sich nach pka der Analyten) - TBE ( Tris-Borat-EDTA) Puffer - TAE ( Tris-Acetat-EDTA) Puffer - TTE (Tris-Taurin-EDTA) Puffer Analyt auftragen Definierte Spannung Anlegen und Gel über bestimmten Zeitraum laufen lassen (Dauer : 30min – 2h) Anschließend Entwicklung des Trägers zur Detektion des Analyten (diese sind meist farblos!) DNA mit Ethidiumbromid Proteine mit Silbernitrat, Coomassie-Brilliant-Blue oder Antikörpern 3.1.1 Praktische Durchführung Trägerelektrophorese Beispiel: DNA Trennung mit Agarosegelelektrophorese (DNA ist negativ geladen, Trennung ausschließlich nach Größe Richtung Anode) - 1% Agarose in TBE-Puffer lösen (kochen) - Gel gießen und gleich Ethidiumbromid zugeben - Gel aushärten lassen, in Kammer legen (gefüllt mit TBE Puffer) und Analyt auftragen + Standard - 45min bei 120 V Gel laufen lassen 3.1.1 Praktische Durchführung Trägerelektrophorese Beispiel: Serumelektrophorese (Cellulose-Acetat-Gel) Trennung und Analytik der Serum Immunglobuline (ohne Gerinnungsfaktoren und feste Bestandteile) Alpha-Fraktion erhöht Hinweis auf Entzündung, Nierenerkrankungen 3.1.2 Probleme der Trägerelektrophorese • Häufig lange Analysendauer (>30min) • Analyten meist farblos: – Proteine anfärben mit Silber oder Coomassie Brilliant, Nachweis mit farbstoffmarkierten Antikörper (Westernblot) – DNA und RNA anfärben mit Ethidiumbromid • Quantitative Bestimmung ist stark fehlerbehaftet (schlechte Reproduzierbarkeit) • Papier und Gel kann austrocken • Viel Energie geht als Wärme verloren – Konvektion der Analyten ( breite Banden) – Proteine können bei hohen Temperaturen denaturieren Kühlung Was passiert wenn ein Analyt doppelt so schwer ist wie ein anderer, dafür aber die doppelte Ladung trägt??? Keine Trennung möglich 3.1.3 Weiterentwicklungen der Trägerelektrophorese - Isoelektrische Fokossierung Trennung von Proteinen anhand des IEP (isoelektrischer Punkt nach außen ungeledan) durch einen pH Gradienten (anschließend klassische Gelelektrophorese 2D System) - Isotachophorese Verschiedene Zonen mit unterschieldichen Feldstärken schärfere Banden der Analyten (z.B. für Wasseranalysen) - Disk-Elektrophorese Verwendung von diskontinuierlichen Puffer- und Gelsystemen (Sammelgel/Trenngel ”Stacking”) schärfere Banden der Analyten 3.1.3 Weiterentwicklungen der Trägerelektrophorese SDS-PAGE (Sodiumdecylsulfat-Polyacrylamidelektrophorese) “DAS” Trennverfahren für Proteine. SDS ist ein Tensid (z.B. auch in Shampoo) Trennung nur anhand von Molekülgröße, da die Moleküle alle von Tensid Molekülen umhüllt und somit alle negative geladen sind Wanderung Richtung Anode, je größer das Molekül desto langsamer ist es Protein wird von C oder D denaturiert, SDS wird absorbiert et voilà 3.1.3 Weiterentwicklungen der Trägerelektrophorese 3.1.3 Weiterentwicklungen der Trägerelektrophorese Entwicklung des Gels mit Coomassie Brilliant Blue, dann auswerten. 3.2 Trägerfreie Elektrophorese = Grenzflächenelektrophorese Kapillarelektrophorese (CE) Ähnliche Anwendungsgebiete wie die HPLC, jedoch unterschiedliches Trennprinzip: HPLC CE Transport der Analyten Druck Pumpen pressen Fließmittel durch HPLC Säulen Elektrische Spannung Ionen (v.a. Leitelektrolyt) wandern im elektrischen Feld Trennung der Analyten Unterschiedlich starke WW mit Säule und FM der zu trennenden Substanzen Adsorbtionschromatographie Unterschiedliche Wanderungsgeschwindigkeit der zu trennenden Substanzen im elektrischen Feld Elektrophorese 3.2 Kapillarelektrophorese - Aufbau Injektion 3.2.1 Kapillarelektrophorese – Physikalische Grundlagen Der Elektrosmotische Fluss (EOF) Elektroosmose ist die Bewegung einer Elektrolytlösung relative zu einer geladenen Oberfläche durch Anlegen eines elektrischen Feldes Fluss zur Kathode bei Silica-Säulen d= 50-250 µm 3.2.1 Kapillarelektrophorese – Physikalische Grundlagen μeff= effektive Mobilität (eines Analyten) μeff = μeof +μep μeof= elektroosmotische Mobilität (der Pufferlösung) μep= elektrophoretische Mobilität (eines Analyten) Der EOF überlagert die elektrophoretische Mobilität der Analyten wenn μeof groß genug ist, können Ionen unabhängig von ihrer Ladung zu einem der Pole bewegt werden, im Fall von Quarzkapillaren zur Kathode. μeof ~1/u μeof ~ ω u : Ionenstärke ω: Ladungsdichte an der Wandoberfläche Höhere Pufferkonzentration (u ↑) : EOF Höherer pH- Wert : Mehr SiOH- Gruppen deprotoniert (ω ↑) : EOF↑ 3.2.1 Kapillarelektrophorese – Strömunsprofile HPLC Strömung wird durch Druckdifferenz verursacht. Es kommt zu Reibung an der Kapillarwand: parabolisches Strömungsprofil A: HPLC B: CE CE Strömung wird durch EOF verursacht: Die Antriebskraft entsteht an der Wand es kommt zu Einem Gleichgewicht mit der Reibung : Flaches Strömungsprofil Sehr schmale Peaks Hohe Empfindlichkeit 3.2.2 Bestandteile und Durchführung CE Kapillare : • Kieselglas • Länge 30-100cm • Innendurchmesser 25 - 100μm Hochspannungsquelle: Spannung : bis zu 30 kV ! Anforderungen an Puffer: • Selektive für zu trennende Ionen (unterschiedliche Ladungen der Analyten) • Hohe Pufferkapazität keine pH Änderungen während der Analyse • Geringe Absorption bei Detektionswellenlänge (hohe Empfindlichkeit) • Geringe Mobilität des Gegenions • Konzentration : EOF groß genug für schnelle Analysenzeiten ohne Bandenverbreiterung durch thermische Effekte Injektionssysteme: (meist werden nur wenige nl injiziert!) • Hydrodynamische Injektion (Druck, Sog) • Elektrokinetische Injektion (Spannung, wichtig: IS!) Detektion (ähnlich HPLC) : • UV-Vis • Flouresenzdetektor • Massenspektroskopie (wegen sehr kleinen Flussraten von nl/min zusätzlicher Flow notwendig) 3.2.3 Weiterentwicklungen der CE Kapillarzonenelektrophorese (CZE): Klassische Verfahren mizellarelektrokinetische Chromatographie (MEKC): Zur Trennung ungeladener Analyten. Es werden dem Puffer Tenside zugegeben, die Mizellen mit einem hydrophoben Kern bilden (quasistationäre Phase). Die Analyten gehen gemäß ihrer Polarität unterschiedlich starke WW mit mobiler Phase und Mizellen ein. Zusätzlich chromatographisches Trennprinzip Kapillargelelektrophorese (CGE): Kapillare mit Polyacrylamidgel gefüllt zusätzlichen Siebeffekt (vgl. SDSPAGE) bei Trennung von sehr großen Molekülen. 3.2.3 Weiterentwicklungen der CE Beispiel: Vergleich CZE und und MEKC zur Trennung von apolaren Analyten mit sehr ähnlichem Ladungs/Masse Verhältnis. 4. Übungsaufgabe SDS PAGE Protokoll: -Beschreibung des Verfahrens (Gelelektrophorese SDS), Grundlagen Elektrophorese - Einkleben und beschriften der Elektropherograms - Gefundenes Protein (Molmasse) 5. Literatur • Rücker, G , Neugebauer M , : Willems , G.G. : Instrumentelle Pharmazeutische Analytik, Wissenschaftl. Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart,2001 • F. Lottspeich, H. Zorbas (Hrsg): Bioanalytik, Spektrum Akademischer Verlag, 1998 • www.kapillarelektrophorese.de • www.pharmchem.tu-bs.de/waetzig-cep.html • Vorlesungsskript 8. Semester Pharmazie Uni Würzburg 2007