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Jahrbuch 2007/2008 | Herrmann, Bernhard G. | Regulatorische Netzw erke bei der Bildung des Rumpfes in
Säugetieren
Regulatorische Netzwerke bei der Bildung des Rumpfes in
Säugetieren
Regulatory networks of trunk formation in mammals
Herrmann, Bernhard G.
Max-Planck-Institut für molekulare Genetik, Berlin
Korrespondierender Autor
E-Mail: [email protected]
Zusammenfassung
Die Mesodermbildung ist ein Prozess der Embryonalentw icklung, der eine entscheidende Rolle bei der Bildung
von Rumpf und Organen in Säugetieren spielt. Er w ird von mehreren interagierenden Signalkaskaden
kontrolliert, die auch bei der Tumorprogression eine Rolle spielen. Mithilfe neuer Verfahren sollen die aus
Tausenden von Genprodukten bestehenden Regelnetzw erke aufdeckt w erden, die diesen Prozess im Embryo
und in Tumoren kontrollieren.
Summary
Mesoderm formation is an important process of embryonic development. It plays an essential role in trunk
formation and organ development in mammals. It is controlled by several interacting signalling pathw ays,
w hich also play an important role in tumour progression. Novel methods are utilized for deciphering the
complex regulatory netw orks comprising thousands of gene products, w hich control mesoderm formation in
the embryo and in tumours.
Einführung
Die Entw icklung eines Embryos beginnt mit der Verschmelzung von Eizelle und Spermium. Der einzellige
Embryo fängt an, sich zu teilen und bildet einen Zellhaufen. Damit jedoch ein überlebensfähiger Organismus
heranw achsen kann, müssen sich die Zellen in unterschiedlicher Weise w eiterentw ickeln und innerhalb des
entstehenden Körpers organisieren. Dies basiert auf einer Vielzahl komplexer Prozesse, die einem räumlich
und zeitlich streng kontrollierten Ablauf folgen.
Ein w ichtiger Grundprozess der Gestaltbildung und Organogenese ist die epithelial-mesenchymale Transition
(EMT), die auch bei der Bildung des mittleren Keimblatts (Mesoderm) im Säugetierkeim zum Tragen kommt.
Dieser Begriff bezeichnet die Umgestaltung einer polaren, sich im festen Zellverband befindlichen Zelle in eine
migrierende, nur
lockere
Zellkontakte
ausbildende
Zelle
(Abb. 1).
EMT
kommt
nicht
nur
bei
der
Mesodermbildung, der Organogenese und vielen Prozessen der Embryonalentw icklung vor, bei denen
Zellw anderung eine Rolle spielt, sondern auch bei der Tumorprogression, die zur Metastasenbildung führen
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kann.
Me sode rm bildung a m Be ispie l de s Hühnche ne m bryos. Link s:
Aufna hm e e ine s Hühnche ne m bryos; re chts: sche m a tische
Da rste llung de s frühe n Em bryos. Im hinte re n (k a uda le n)
Be re ich de s Em bryos löse n sich Ze lle n a us de m Ek tode rm
(obe n, gra u) a b (e pithe lia l-m e se nchym a le Tra nsition) und
wa nde rn zwische n Ek tode rm und Endode rm (unte n) e in. Sie
bilde n da s Me sode rm (ge lb), da s sich in pa ra x ia le s (ora nge ),
inte rm e diä re s und la te ra le s Me sode rm a ufspa lte t, we lche a lle
zur Bildung ve rschie de ne r Ge we be und O rga ne be itra ge n. Da s
prä som itisch-pa ra x ia le Me sode rm wird e ine r R e ifung
unte rzoge n, be vor e s in Som ite npa a re se gm e ntie rt wird, a us
de ne n vor a lle m die W irbe lsä ule und die Sk e le ttm usk ula tur
he rvorge he n. Aus de m inte rm e diä re n Me sode rm e ntste he n
die Nie re und Gona de n, a us de m la te ra le n Me sode rm zum
Be ispie l da s Ba uchfe ll. Da de r Em bryo vom Kopf zum Schwa nz
hin ve rlä nge rt wird, sind vorde re Be re iche we ite r e ntwick e lt und
diffe re nzie rt a ls hinte re .
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Das Interesse der Abteilung Entw icklungsgenetik am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik gilt der
Regulation der frühen Ereignisse bei der Rumpfbildung und deren Ähnlichkeit bei der Tumorprogression. Der
Schw erpunkt der Arbeit liegt derzeit auf der Entzifferung regulatorischer Netzw erke, die die Bildung und
Segmentierung des paraxialen Mesoderms im Embryo kontrollieren.
Regulatorproteine
Im Laufe der vergangenen eineinhalb Jahrzehnte w urden eine Reihe von Regulatorproteinen entdeckt, die
eine essenzielle Rolle bei der Bildung des Rumpfes spielen. In mehreren Fällen w urde gezeigt, dass der Verlust
des jew eiligen Regulators entw eder zum Abbruch der Rumpfbildung führt, w as den Tod des Embryos zur Folge
hat, oder zu Fehlbildungen zum Beispiel der W irbelsäule, der Muskulatur oder anderen pathologischen
Veränderungen. Mithilfe solcher Zusammenhänge zw ischen Genprodukt und Genw irkung auf Teilprozesse der
Rumpfbildung konnten einige Gene w ichtigen Abläufen der Rumpfbildung zugeordnet w erden (Abb. 2).
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9,5 Ta ge a lte r Ma use m bryo na ch Sichtba rm a chung de r Bote nR NA e ine s Ge ns, da s vor a lle m in de r Schwa nzk nospe und in
Ze lle n a k tiv ist, a us de ne n die W irbe lsä ule und die
Sk e le ttm usk ula tur e ntste he n (rot e inge fä rbt). Die
Schwa nzk nospe a m k a uda le n (hinte re n) Ende de s Em bryo
ste llt e ine W a chstum szone da r, durch die se que nzie ll de r
R um pf und de r Schwa nz ge bilde t we rde n. Da s Bild wurde durch
spe zie lle 3-D- Bildve rfa hre n ge ne rie rt (optica l proje ction
tom ogra phy [O P T] m it Volum e R e nde ring).
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Die Darstellung solcher Zusammenhänge ist aber nur beschreibender Natur, das heißt, ein Genverlust w ird mit
einer morphologischen Veränderung in Zusammenhang gebracht, ohne dass man versteht, w as genau im
Inneren der Zelle und zw ischen Zellen im Verband auf molekularer Ebene geschieht. Zelluläre Mechanismen
innerhalb einer einzigen Zelle und zw ischen vielen benachbarten Zellen beruhen auf komplexen Netzw erken
tausender interagierender Proteine, deren Herstellung und Funktion streng kontrolliert w ird. Fehler in solchen
komplexen Regelnetzw erken können zw ar teilw eise aufgefangen w erden, aber auch zu Fehlfunktionen führen.
W ährend der Embryonalentw icklung kann dies, w ie schon erw ähnt, beispielsw eise eine Fehlbildung, im
adulten Organismus eine bestimmte Krankheit oder Krebs zur Folge haben.
W ie kann man zu einem tieferen Verständnis der zellulären Prozesse bei der Embryonalentw icklung oder auch
im adulten Organismus gelangen? Dazu ist es notw endig, von der Funktionsanalyse einzelner Gene zu einer
höheren, viel komplexeren Ebene der Genomanalyse vorzudringen, bei der das Verhalten des gesamten
Genoms und der sich davon ableitenden Genprodukte gleichzeitig untersucht w erden müssen. Diese neue
Analyseform komplexer Vorgänge im lebenden Organismus w ird als systembiologischer Ansatz bezeichnet. Um
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auf diese
Ebene
vorzudringen, bedarf es
neuartiger Analyseverfahren, die
teilw eise
noch
in
den
Kinderschuhen stecken. Im Folgenden w erden einige der Verfahren vorgestellt, die in der Abteilung
Entw icklungsgenetik ausgearbeitet und angew endet w erden.
Methoden zur Erforschung regulatorischer Netzwerke bei der Embryonalentwicklung
i.) Die Sichtbarmachung der Genaktivität im Embryo
Gene, die maßgeblich an regulatorischen Netzw erken beteiligt sind und w ichtige Vorgänge bei der
Embryonalentw icklung steuern, können durch verschiedene Ansätze identifiziert w erden. Als Hauptansatz der
Abteilung Entw icklungsgenetik w urde die Genexpressionsanalyse gew ählt. Regulatorische Gene sind sehr oft
gew ebespezifisch exprimiert, w erden also nur in bestimmten Zellgruppen oder Organanlagen aktiv. Diese
restriktive Expression ergibt ein spezifisches Muster, das im Experiment durch so genannte Hybridisierung
sichtbar gemacht w erden kann. Dazu w ird die Boten-RNA, die von einem aktivierten Gen abgeschrieben w ird,
im Embryo markiert (Abb. 3). Durch Expressionsanalyse tausender, idealerw eise aller Gene im Genom lässt
sich die Anatomie des Embryos auf molekularer Ebene w iderspiegeln. So kann die Beteiligung der meisten
Gene, die maßgeblich an der Kontrolle der Embryonalentw icklung beteiligt sind, aufgedeckt w erden. Aus den
Daten können Gengruppen erstellt w erden, die an Teilprozessen w ie der Organbildung oder der Bildung der
W irbelsäule
beteiligt
sind
und
in
regulatorische
Netzw erke
eingeflochten
w erden.
Durch
Hochdurchsatzverfahren, die im Labor der Abteilung entw ickelt w urden, konnten etw a 8000 Mausgene auf
Aktivität im Embryo geprüft w erden. Sie stehen jetzt unmittelbar für eine Vielzahl funktioneller Untersuchungen
zur Verfügung (siehe unten).
Unte rschie dliche Ge na k tivitä te n im k a uda le n Te il von 9,5
Ta ge a lte n Ma use m bryone n, e rk e nnba r a n de n ge fä rbte n
Be re iche n.
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Ne idha rdt, He rrm a nn
ii.) Ausschalten einzelner Gene durch homologe Rekombination oder RNA-Interferenz
Die Funktion einzelner Gene in biologischen Prozessen kann durch Mutagenese-Verfahren ergründet w erden.
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Dabei w ird untersucht, w ie sich der Verlust oder die Unterdrückung einer Genfunktion auf den gesamten
Organismus ausw irken. Das klassische Verfahren, das in 2007 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet w urde,
verw endet die homologe Rekombination in embryonalen Stammzellen. Dabei w ird das gesunde Gen in der
Zelle durch ein defektes Gen ausgetauscht, das im Labor angefertigt w urde (so genanntes knock-out
Verfahren). Aus den Zellen w erden Mäuse hergestellt, die den Gendefekt vererben können. Schließlich
untersucht man, w elche W irkung der Verlust des Gens auf den Organismus hat, und leitet daraus die Funktion
des Gens ab. Dieses Verfahren ist sehr aufw ändig und langw ierig.
Ein w eiteres Verfahren w urde in Grundzügen beschrieben und w ird derzeit für die Verw endung in
Mausembryonen optimiert. Es handelt sich dabei um die RNA-Interferenz, deren Entdeckung in 2006 mit dem
Nobelpreis ausgezeichnet w urde. Dabei w ird die aus einem Gen resultierende Boten-RNA, w elche als Matrize
zur Herstellung von Proteinen dient, mittels kurzer Gegenstrangsequenzen, die Teilabschnitte auf der BotenRNA erkennen können, zur Spaltung gebracht und abgebaut oder zumindest an der Verw endung als Matrize
gehindert. Dadurch kann gezielt eine ausgew ählte Genaktivität stark unterdrückt w erden. Dieses Verfahren
w ird im Zusammenspiel mit einer diffizilen, spezialisierten Technik der Herstellung von Mausembryonen in einer
Weise verw endet, die die Untersuchung von Genfunktionen in einem w esentlich kürzeren Zeitraum erlaubt.
Damit lassen sich viel mehr Gene in der gleichen Zeit untersuchen, als dies mit der knock-out Methode möglich
w äre.
Embryonen, die aufgrund solcher Genmanipulationen Entw icklungsdefekte aufw eisen, w erden morphologisch
und mithilfe von Verfahren, die die Expression von einzelnen Markergenen erkennen lassen (s.o.), auf die
Ausw irkung des jew eiligen Gendefekts hin untersucht. Darüber hinaus w ird ein Verfahren eingesetzt, mit dem
die Expression aller Gene im Embryo quantifiziert w erden kann, ohne jedoch räumliche Auflösung zu bieten (so
genannte Expressionsprofilierung auf Microarrays). Damit lassen sich mit relativ geringem Aufw and diejenigen
Gene identifizieren, deren Expression durch den Gendefekt hoch- oder herunterreguliert w erden. Durch solche
Untersuchungen w erden Gene aufgedeckt, die vom untersuchten Regulator direkt oder indirekt abhängig sind.
iii.) Promotoranalysen - in silico, in vitro und in vivo
Jedes Gen besitzt Andockstellen für Regulatorproteine, die kontrollieren, w ann und in w elchen Zellen das Gen
exprimiert w ird. Diese Kontrollelemente befinden sich im so genannten Promotor des Gens. Promotoranalysen
dienen zur Klärung der Frage, durch w elche Regulatorproteine ein bestimmtes Gen in einem bestimmten
Zellverband zur Expression gebracht w ird. Diese Methodik ist sehr w ichtig für die Klärung hierarchischer
Beziehungen in Regelnetzw erken (Abb. 4). Regulator/Zielgen-Beziehungen können zw ar mit bioinformatischen
Werkzeugen untersucht, müssen aber durch aufw ändige experimentelle Verfahren validiert w erden, da in
silico-Vorhersagen noch nicht zuverlässig genug sind, um mit hoher Sicherheit funktionelle Zielsequenzen für
Regulatorproteine von zufälligen oder im untersuchten Kontext irrelevanten potenziellen Bindestellen im
Promotor eines Gens zu unterscheiden.
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R e gula torische s Ne tzwe rk be i de r Me sode rm bildung.
P ote nzie lle Zie lge ne de r Tra nsk riptionsre gula tore n Le f1
(bla u), Ve rm ittle r de s W NT Signa ls (ge lb), Bra chyury (grün)
und Tbx 6 (rot) sind da rge ste llt. Ein Te il de r Zie lge ne wird von
m e hre re n R e gula tore n ge m e insa m , a nde re von e inze lne n
k ontrollie rt. Die Da te n ba sie re n a uf de r Q ua ntifizie rung de r
Ge ne x pre ssion in Em bryone n, in de ne n da s je we ilige Ge n
a usge scha lte t wurde , und de re n bioinform a tische n Ana lyse n.
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W ittle r, He rrm a nn
iv.) Genomweite Bindungsstudien von Regulatorproteinen an Zielgene
Einen w ichtigen Fortschritt bei der Entdeckung der Zielgene von Transkriptionsregulatoren stellt die
Entw icklung der ChIP-Technik (Chromatin Immunpräzipitation) dar, mit deren Hilfe die Bindestellen eines DNAbindenden Proteins auf den Chromosomen festgestellt w erden können. Diese Technik erlaubt es inzw ischen,
in Verbindung mit neuartigen Hochdurchsatz-Sequenzierverfahren der zw eiten Generation genomw eite
Analysen durchzuführen. Das heißt, dass in einem einzelnen Experiment praktisch jedes Zielgen eines
gegebenen Transkriptionsregulators identifiziert w erden kann, an das der Regulator zum Zeitpunkt der
Entnahme des Gew ebes gebunden w ar (Abb. 5). Allerdings kann aus dem Befund der Bindung eines
Regulators an eine Zielsequenz allein noch nicht geschlossen w erden, w elche W irkung diese molekulare
Interaktion in der Zelle hervorruft. Dazu sind w eitere Datensätze notw endig. Diese Neuentw icklung markiert
einen Meilenstein in der Bestimmung regulatorischer Netzw erke auf der Ebene der Genkontrolle. Zudem kann
diese Methode auch für die genomw eite Analyse der epigenetischen Genkontrolle eingesetzt w erden.
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R e gula torische s Ne tzwe rk be i de r Me sode rm bildung, Te il 2.
Die Bindung de r R e gula torprote ine Tcf7 (rot), Le f1 (viole tt),
Bra chyury (gra sgrün), Tbx 6 (dunk e lgrün), Sna il1 (türk isbla u),
Srf (m a rine bla u) a n die P rom otore n ihre r Zie lge ne im
k a uda le n Be re ich von Ma use m bryone n wurde m ithilfe de r
C hIP -Me thode sichtba r ge m a cht und na ch bioinform a tische n
Ana lyse n in Form e ine s Ne tzwe rk s da rge ste llt. Ein Te il de r
Zie lge ne wird von m e hre re n R e gula tore n ge m e insa m , a nde re
von e inze lne n k ontrollie rt.
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He rrm a nn
Molekulare Mechanismen der Bildung und Segmentierung des paraxialen Mesoderms
Eine Vielzahl von Analysen hat bisher ergeben, dass die Bildung und Segmentierung des präsomitischen
(paraxialen) Mesoderms durch eine Hierarchie von Regulatoren kontrolliert w ird, die direkt oder indirekt vom
Signalmolekül W nt3a abhängen [1 – 7]. W nt3a induziert den Transkriptionsregulator Brachyury (T) sow ie den
Transkriptionsrepressor Snail1, w elche w iederum durch An- beziehungsw eise Abschalten ihrer Zielgene die
Mesodermbildung einleiten und kontrollieren. Mithilfe von Brachyury w ird ein w eiterer Regulator, Tbx6, zur
Expression gebracht und durch Interaktionen, die noch nicht verstanden sind, in seiner Expression auf
präsomitisch-paraxiale
Mesodermzellen
beschränkt.
W nt3a
kontrolliert
dann
zusammen
mit Tbx6
(synergistisch) die Expression von Genen, die die Reifung und Segmentierung des paraxialen Mesoderms zu
Somiten, den Vorläufern der W irbelsäule und Skelettmuskulatur, bew irken. Unter diesen Zielgenen befinden
sich unter anderem der Transkriptionsregulator Mesogenin (Msgn1) [7], der die Reifung dieses Zelltyps bew irkt,
sow ie ein Ligand des Notch-Rezeptors, Delta-like1 (Dll1) [3], der bei der Segmentierung eine w ichtige Rolle
spielt (Abb. 6).
Diese
Hierarchie
von
Regulatoren
bildet
das
Grundgerüst
der
Regelnetzw erke
bei
der
paraxialen
Mesodermbildung und Segmentierung. Die oben beschriebenen Ansätze dienen dazu, die Zielgene dieser
Regulatoren und deren Verknüpfung im Netzw erk zu klären.
Die Segmentierung selbst w ird durch einen Oszillator kontrolliert, der ebenfalls w esentlich von W nt3a
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gesteuert w ird und in rhythmischen Abständen die Abtrennung eines Segmentpaares vom präsomitischen
Mesoderm bew irkt. Hierbei interagieren drei Signalkaskaden, die W NT-, FGF- und Notch/Delta-Signalw ege,
miteinander (Abb. 6) [1, 2]. W NT- und FGF-Signalw ege arbeiten parallel (synergistisch), w ährend sich W NT/FGF
und Notch antagonistisch verhalten. Jede Signalkaskade generiert mittels negativer Rückkopplung auf
Membran-, zytoplasmatischer und Kernebene einen eigenen Oszillator. Allerdings sind diese nicht gleichrangig,
da zum Beispiel der Notch-Oszillator nach Abschalten des W NT-Signalw egs ausfällt, w ährend umgekehrt der
W NT-Oszillator durch Abschalten des Notch-Signalw egs nicht beeinträchtigt w ird. Insgesamt kann man
feststellen, dass die Segmentierung und damit die Bildung der W irbelsäule maßgeblich von der W NTSignalkaskade gesteuert w ird. Weitere Arbeiten zur Aufklärung und Modellierung dieses komplexen Prozesses
sind unterw egs.
Hie ra rchie de r wichtigste n R e gula tore n be i de r Bildung,
R e ifung und Se gm e ntie rung de s pa ra x ia le n Me sode rm s. Da s
Signa lm ole k ül W nt3a k ontrollie rt de n ge sa m te n P roze ss,
inde m e s dire k t und indire k t die Ex pre ssion von
Tra nsk riptionsre gula tore n und a nde re n Signa lm ole k üle n
ve ra nla sst, die ihre rse its we se ntlich be i de r Kontrolle von
Te ilproze sse n m itwirk e n (Nä he re s sie he Te x t).
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