Medizin Werner Höra Optimierung der Produktion und Aufarbeitung von Glucose-6-phosphat Dehydrogenase und Hexokinase aus Bäckerhefe Diplomarbeit Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de/ abrufbar. Dieses Werk sowie alle darin enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsschutz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen, Auswertungen durch Datenbanken und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie der Auswertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen, vorbehalten. Copyright © 2002 Diplomica Verlag GmbH ISBN: 9783832455804 http://www.diplom.de/e-book/221070/optimierung-der-produktion-und-aufarbeitung-von-glucose-6-phosphat-dehydrogenase Werner Höra Optimierung der Produktion und Aufarbeitung von Glucose-6-phosphat Dehydrogenase und Hexokinase aus Bäckerhefe Diplom.de Werner Höra Optimierung der Produktion und Aufarbeitung von Glucose-6-phosphat Dehydrogenase und Hexokinase aus Bäckerhefe Diplomarbeit an der Fachhochschule Jena Fachbereich Medizintechnik 10 Monate Bearbeitungsdauer April 2002 Abgabe ID 5580 ID 5580 Höra, Werner: Optimierung der Produktion und Aufarbeitung von Glucose-6-phosphat Dehydrogenase und Hexokinase aus Bäckerhefe / Werner Höra - Hamburg: Diplomica GmbH, 2002 Zugl.: Jena, Diplomarbeit, 2002 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. 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Diplomica GmbH http://www.diplom.de, Hamburg 2002 Printed in Germany Diplomarbeit Werner Höra 1 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ................................................................................................................................. 4 2 Zielsetzung............................................................................................................................... 5 3 Theoretische Grundlagen ........................................................................................................ 6 3.1 Die Enzyme Glucose-6-phosphat Dehydrogenase und Hexokinase....................................... 6 3.1.1 Eigenschaften der Enzyme Glucose-6-phosphat Dehydrogenase und Hexokinase............... 6 3.1.2 Die beiden Coenzyme Nikotinamid-adenin-dinucleotid-phosphat (NADP+) und Adenosintriphosphat (ATP) sowie Mg2+-Ionen als Cofaktoren ................................................ 7 3.1.3 Die Methode der Glucosebestimmung mit Hilfe von Glucose-6-phosphat Dehydrogenase und Hexokinase............................................................................................. 7 3.2 3.2.1 Charakterisierung des Mikroorganismus Bäckerhefe .............................................................. 9 Allgemeine Betrachtung und Physiologie von Hefen sowie taxonomische Einordnung von S. cerevisiae .................................................................................................. 9 3.2.2 Stoffwechsel von S. cerevisiae .............................................................................................. 10 3.3 Allgemeiner Ablauf des Praktikums zur Herstellung der Enzyme G6P-DH und HK.............. 11 3.4 Theoretische Grundlagen der Satz-, Zulauf- und kontinuierlichen Kultivierung .................... 12 3.4.1 Allgemeine Betrachtungen zur Satz-, Zulauf- und kontinuierlichen Kultivierung................... 12 3.4.2 Gleichungen zur Berechnung der Prozesskenngrößen der Satz-Kultivierungen und der kontinuierlichen Zellkulturen ............................................................................................ 13 3.5 Praxis der Kultivierung und Aufarbeitung von S. cerevisiae in der Industrie und Vergleich mit der Kultivierung im Studentenpraktikum .......................................................... 16 3.6 Theoretische Grundlagen der Membranmikrofiltration .......................................................... 17 3.6.1 Allgemeine Charakterisierung der Membranmikrofiltration.................................................... 17 3.6.2 Einsatz und Eigenschaften der Membranmikrofiltration ........................................................ 18 3.7 Theoretische Grundlagen des Zellaufschlusses mit einer Kugelmühle................................. 19 3.7.1 Allgemeine Charakterisierung und Einsatz der Kugelmühle ................................................. 19 3.7.2 Wichtige Parameter bei der Kugelmühle ............................................................................... 20 3.8 Theoretische Grundlagen der Zentrifugation ......................................................................... 21 3.8.1 Allgemeine Charakterisierung und Einsatz der Zentrifugation .............................................. 21 3.8.2 Einflussparameter bei der Zentrifugation............................................................................... 22 3.9 Theoretische Grundlagen der Ionenaustauschchromatographie .......................................... 23 3.9.1 Allgemeine Charakterisierung der Ionenaustauschchromatographie.................................... 23 3.9.2 Einsatz der Ionenaustauschchromatographie ....................................................................... 24 4 Material und Methoden .......................................................................................................... 26 4.1 Mikroorganismus, Chemikalien und Nährmedium ................................................................. 26 4.2 Materialien und Methode bei der Vorkultivierung und Kultivierung von S. cerevisiae........... 27 Diplomarbeit Werner Höra 2 4.3 Materialien und Methode bei der Überdruckfiltration ............................................................. 30 4.4 Materialien und Methode beim Zellaufschluss mit der Kugelmühle ...................................... 32 4.5 Materialien und Methode bei der Zentrifugation .................................................................... 34 4.6 Materialien und Methode bei der Anionenaustauschchromatographie ................................. 34 4.7 Bestimmung des Trockenbiomasseanteils der eingesetzten Presshefe ............................... 37 4.8 Bestimmung der Trockenbiomassekonzentration der kultivierten Hefe ................................ 38 4.9 Bestimmung der Glucosekonzentration in der Kulturbrühe ................................................... 41 4.10 Bestimmung der Ethanolkonzentration in der Kulturbrühe .................................................... 43 4.11 Enzymtests zur Bestimmung der G6P-DH- und HK-Aktivität ................................................ 44 4.12 Bestimmung der volumenbezogenen Enzymaktivität von G6P-DH während der Kultivierung ............................................................................................................................ 46 4.13 Bestimmung der Proteinkonzentrationen des Rohextraktes und eluierter Fraktionen mit Bradford-Reagenz............................................................................................................ 46 5 Ergebnisse des Herstellungsprozesses von G6P-DH und HK .............................................. 48 5.1 Ergebnisse der Vorkultivierungen und der Kultivierungen..................................................... 48 5.1.1 Messgrößen der ersten Satz-Kultivierung (Satz-1)................................................................ 49 5.1.2 Messgrößen der zweiten Satz-Kultivierung (Satz-2) ............................................................. 50 5.1.3 Messgrößen der ersten Satz-Kultivierung mit impulsweiser Zufütterung (IZ-Satz-1)............ 52 5.1.4 Messgrößen der zweiten Satz-Kultivierung mit impulsweiser Zufütterung (IZ-Satz2) ............................................................................................................................................ 54 5.1.5 Messgrößen der Zulauf-Satz-Kultivierung mit nachfolgender kontinuierlicher Prozessführung (IZ-Satz-Konti) ............................................................................................. 56 5.1.6 Messgrößen der kontinuierlichen Kultivierung (Konti-1) sowie Säureverbrauch und zudosierte Antischaummittelvolumen aller Kultivierungen .................................................... 58 5.1.7 5.2 Charakteristische Prozesskenngrößen der Kultivierungen im Vergleich............................... 60 Ergebnisse der Fest/Flüssig-Trennung mit einer Filtrationsanlage ....................................... 61 5.2.1 Fest/Flüssig-Trennung mit Papierfiltern................................................................................. 61 5.2.2 Fest/Flüssig-Trennung mit Membranfiltern ............................................................................ 62 5.3 Ergebnisse des Zellaufschlusses mit der Kugelmühle .......................................................... 66 5.3.1 Vorversuche mit und ohne Sand............................................................................................ 66 5.3.2 Vorversuche mit Sand mit Hilfe eines klassischen Versuchsplans ....................................... 67 5.3.3 Ergebnisse des Faktorenversuchsplans................................................................................ 69 5.4 Ergebnisse der Zentrifugation................................................................................................ 71 5.5 Ergebnisse der Anionenaustauschchromatographie ............................................................. 71 5.5.1 Anionenaustauschchromatographie mit Proteinlösung aus Trockenhefe mit Hilfe eines linearen Gradienten (Chroma-1) .................................................................................. 72 Diplomarbeit Werner Höra 5.5.2 3 Anionenaustauschchromatographie mit Proteinlösung aus kultivierter Hefe mit Hilfe eines linearen Gradienten (Chroma-2) .................................................................................. 72 5.5.3 Anionenaustauschchromatographie mit Proteinlösung aus Presshefe mit Hilfe eines Stufengradienten (Chroma-3) ...................................................................................... 74 5.5.4 Anionenaustauschchromatographie mit Proteinlösung aus kultivierter Hefe mit Hilfe eines Stufengradienten (Chroma-4) ...................................................................................... 76 5.6 6 Ergebnisse und Diskussion der Lagerung von G6P-DH und HK .......................................... 78 Diskussion der Ergebnisse der Teilverfahren des Herstellungsprozesses ........................... 80 6.1 Diskussion der Ergebnisse der Vorkultivierungen und der Kultivierungen............................ 80 6.2 Diskussion der Ergebnisse der Mikrofiltration........................................................................ 82 6.3 Diskussion der Ergebnisse des Zellaufschlusses.................................................................. 83 6.4 Diskussion der Ergebnisse der Zentrifugation ....................................................................... 84 6.5 Diskussion der Ergebnisse der Chromatographieversuche .................................................. 84 6.6 Gesamtbilanz des Prozesses in Bezug auf G6P-DH............................................................. 86 6.7 Ergebnisse und Diskussion des selbst hergestellten Glucosetestes im Vergleich mit dem Glucosetest von Roche ............................................................................................ 87 7 Vorschlag zur Durchführung eines Praktikums...................................................................... 95 8 Kostenvergleich des zweiten selbst hergestellten Glucosetestes mit dem gekauften Glucosetest von Roche.......................................................................................................... 98 9 Zusammenfassung und Ausblick ......................................................................................... 100 10 Chemikalien- und Verbrauchsmaterialienliste sowie Geräteliste......................................... 102 10.1 Chemikalien- und Verbrauchsmaterialienliste ..................................................................... 102 10.2 Geräteliste............................................................................................................................ 103 11 Literaturverzeichnis.............................................................................................................. 104 12 Verzeichnis der Symbole und Indizes.................................................................................. 108 13 Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................................ 111 14 Abbildungsverzeichnis ......................................................................................................... 112 15 Tabellenverzeichnis ............................................................................................................. 116 16 Antrag auf Ausgabe des Diplomthemas .............................................................................. 118 17 Erklärung.............................................................................................................................. 120 18 Anhang................................................................................................................................. 121 18.1 Versuchsanleitung zur Durchführung des Praktikums......................................................... 121 18.2 Musterprozess mit Prozesskenngrößen in Kurzform........................................................... 132 18.3 Definition der Enzymaktivität................................................................................................ 134 18.4 Rohdaten und Datenblätter.................................................................................................. 134 Diplomarbeit Werner Höra 1 4 Einleitung Diese Diplomarbeit entstand im Rahmen meiner Ausbildung im Studiengang Medizintechnik, Fachrichtung Biotechnologie, die ich von Oktober 1996 bis Mai 2002 an der Fachhochschule Jena absolvierte. In der Zeit meines Studiums gab es einen Aufschwung der Biowissenschaften, darunter auch der Biotechnologie. Insgesamt gibt es zur Zeit ca. 1200 Biotechnologieunternehmen in Deutschland [Mietzsch, A.; 2001] und der Trend zur Unternehmensgründung ist steigend. Zu Recht wird die Biotechnologie als eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Unter anderem erhofft man sich von ihr die Linderung und Heilung von bislang unheilbaren Krankheiten wie z.B. von Chorea Huntington, Mukoviszidose und Krebs. „Unter Biotechnologie versteht man die Herstellung oder Veränderung von chemischen Verbindungen mit Hilfe lebender Organismen oder Teilen von Organismen im Rahmen industrieller Verfahren. Darunter fallen beispielsweise die Herstellung und Konservierung von Nahrungs- und Genussmitteln wie Brot, Sauerkraut, Käse, Bier und Wein aber auch von Arzneimitteln wie Antibiotika (z.B. Penicilline), Vitaminen, Blutprodukten (z. B. Serumalbumin, Blutgerinnungsfaktoren, Immunoglobuline). Weiterhin zählen zur Biotechnologie die Produktion von chemischen Vor- und Zwischenprodukten wie Zitronensäure, Aminosäuren oder Ethylalkohol und die Herstellung von Enzymen“ [Folienserie des Fonds der Chemischen Industrie, 1996]. Enzyme gehören chemisch betrachtet zu den Proteinen und wirken als biochemische Katalysatoren, das heißt, sie beschleunigen eine chemische Reaktion. Sie sind an nahezu allen Umsetzungen im Stoffwechsel von Organismen beteiligt. Durch ihre hohe Substratspezifität hat ihre Bedeutung in enzymatischen Analysenmethoden stark zugenommen. Folgende Enzyme werden unter anderem mit Hilfe der Biotechnologie mittlerweile industriell gewonnen. Tabelle 1 : Wichtige industrielle Enzyme [Folienserie des Fonds der Chemischen Industrie, 1996] Enzym Rohstoffe Anwendung Protease Bacillus Waschmittel-, Mehl-Zusätze, Getränke- Aspergillus industrie, Käseherstellung, Medizin Bacillus Stärkeverzuckerung, Textil- und Papier- Aspergillus verarbeitung, Back- und Maischprozesse, Pankreas Verdauungshilfe Glucose-Isomerase Streptomyces Stärkesirup-Herstellung Lipase Candida sp. Fettspaltung, Verdauungsförderung Peroxidasen Pilz, Pflanzen Textilbleiche, Polymerisationen Penicillin-Amidasen E. coli Antibiotika-Herstellung Glucose-6-phosphat E. coli Glucosebestimmung S. cerevisiae Glucosebestimmung α - Amylase Dehydrogenase Hexokinase Diplomarbeit Werner Höra 2 5 Zielsetzung Das Ziel dieser Diplomarbeit war es, ein Verfahren zur Herstellung der Enzyme Glucose-6-phosphat Dehydrogenase (G6P-DH) und Hexokinase (HK) aus Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae) für die Anwendung zur Glucoseanalytik innerhalb eines Studentenpraktikums zu optimieren. G6P-DH und HK werden z.B. zur quantitativen Glucosekonzentrationsbestimmung in Kulturbrühen oder zur Ermittlung des Blutzuckergehaltes und des Zuckergehaltes in Lebensmitteln eingesetzt. In dem Studentenpraktikum sollen G6P-DH und HK von den Studierenden selbständig aus Saccharomyces cerevisiae (S. cerevisiae) gewonnen werden, um damit den Einkauf dieser Enzyme einzusparen. Die isolierte G6P-DH und HK soll dann zur Glukosekonzentrationsbestimmung in der im folgenden Praktikum benutzten Kulturbrühe eingesetzt werden. Die Messung der Glucosekonzentration einer Zellkultur ist notwendig, um den Substratverbrauch und damit den Substratausbeutekoeffizienten zu ermitteln. Weiterhin soll den Studierenden ein Vefahren zur Herstellung und Aufarbeitung von Enzymen im Rahmen ihrer Ausbildung vermittelt werden. Für das Praktikum werden Geräte verwendet, die der Fachhochschule Jena bereits zur Verfügung standen. Zu beachten war, dass bei der Optimierung Aufwand und Kosten der Versuche in einem vernünftigen Verhältnis zu dem Nutzen in Beziehung standen. Um das Verfahren zu optimieren wurde es zunächst mit aus der Literatur oder empirisch gewonnenen Parametern durchgeführt. Dann wurde versucht den oder die „bottlenecks“ zu beseitigen. Hierzu wurden nacheinander die Stellen, die den größten Verlust an Enzym verursachten, optimiert. Dabei durfte jedoch das ideale Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht aus den Augen verloren werden. Vor Beginn der eigentlichen Versuche wurden die Optimierungsrandbedingungen festgelegt. Dies waren zum einen die Anzahl der Versuche, die so niedrig wie möglich gehalten werden sollten, um ein geringes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erreichen. Zum anderen spielt die Dauer der Versuche im Rahmen des Praktikums eine Rolle. Für die einzelnen Versuche steht nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung. Weiterhin ist es wichtig, dass die einzelnen Schritte und Verfahren von den Studierenden soweit wie möglich selbständig durchgeführt werden können, um einen höheren Lerneffekt zu gewährleisten. Kann der Student die Aufgabe nicht allein durchführen, muss das wissenschaftliche Hochschulpersonal dies tun. Nachdem die Optimierungsrandbedingungen festgelegt wurden, konnten bei denjenigen Verfahrensschritten, wo es sinnvoll erschien, die hierbei wesentlichen Parameter mit Hilfe einer faktoriellen Versuchsplanung optimiert werden. Die Diplomarbeit ist in sechs Kapitel unterteilt. Im 3. Kapitel der Arbeit werden die theoretischen Grundlagen der Enzyme G6P-DH und HK und des Mikroorganismus Bäckerhefe sowie der einzelnen Teilverfahren des Herstellungsprozesses dargestellt. Auf die verwendeten Materialien und Methoden wird im 4. Kapitel eingegangen. Das 5. Kapitel beschreibt die Ergebnisse der Versuche der einzelnen Teilverfahren. Im 6. Kapitel werden diese Ergebnisse zusammen mit einem selbst hergestellten Glucosetest diskutiert. Mit einem Vorschlag zur Durchführung eines Praktikums beschäftigt sich der 7. Abschnitt. Im 8 Kapitel wird ein Kostenvergleich zwischen selbst hergestelltem und gekauftem Glucosetest angestellt. Diplomarbeit Werner Höra 3 6 Theoretische Grundlagen 3.1 3.1.1 Die Enzyme Glucose-6-phosphat Dehydrogenase und Hexokinase Eigenschaften der Enzyme Glucose-6-phosphat Dehydrogenase und Hexokinase G6P-DH und HK sind Biokatalysatoren, das heißt, sie beschleunigen chemische Reaktionen ohne das chemische Gleichgewicht zu verändern, wobei sie nicht verbraucht werden und am Ende der Reaktion unverändert vorliegen. Sie setzen die Aktivierungsenergie der Reaktion herab, so dass eine thermodynamisch mögliche Reaktion bei Zimmertemperatur ablaufen kann. Enzymkatalysierte Reaktionen laufen um den Faktor 108-1020 mal schneller ab als nichtkatalysierte Reaktionen [Schlee, D./ Kleber, H.-P.; 1991]. Ihre Wirkungsweise beruht darauf, dass eine katalytische Reaktion am aktiven Zentrum des Enzymmoleküls, das aus bestimmten Teilen der Polypeptidkette durch eine besondere Faltung entsteht, stattfindet. Dabei wird das Substrat am aktiven Zentrum durch Wasserstoff-Brücken, Ionenanziehung und kovalente Wechselwirkungen gebunden. Emil Fischer beschrieb vor ca. 100 Jahren, dass Enzym und Substrat räumlich wie Schlüssel und Schloss zusammenpassen [Karlson, P. et al.; 1994]. Die Aktivität eines Enzyms kann, muss aber nicht spezifisch gegenüber einem einzigen Substrat sein. G6P-DH (EC 1.1.1.49) wirkt hochspezifisch (absolute Substratspezifität), da es nur Glucose-6-phosphat in Gluconat-6-phosphat umsetzt. Weniger spezifisch reagiert HK (EC 2.7.1.1) (relative Substratspezifität), das mehrere Monosaccharide (Hexosen) wie Glucose, Fructose und Mannose mit Hilfe des Coenzyms ATP in die entsprechenden Monosaccharid-6-phosphate umwandelt. Beide Proteine gehören zu den intrazellulären, konstitutiv gebildeten Enzymen, die nicht ins Nährmedium ausgeschleust werden [Silva, D.P. /Pessoa, A. et al.; 1994]. G6P-DH wurde Anfang der 30er Jahre von O. Warburg erstmals aus Erythrozyten und Hefe isoliert. Es kommt in allen Eukaryonten und einigen Bakterien vor und katalysiert im Pentose-Phosphat-Zyklus die erste biochemische Reaktion, indem es Glucose-6-phosphat in Gluconolacton-6-phosphat (6-Phosphogluconolacton) umsetzt. Dieses wird wiederum durch Hydratisierung in Gluconat-6-phosphat (6-Phosphogluconat) umgewandelt. G6P-DH zählt zur Klasse der Oxidoreduktasen, die bei einer katalytischen Reaktion Wasserstoff und Elektronen übertragen. Es besitzt NADP-frei ein Molekulargewicht von 102 kDa [Yue, R.H. et al.; 1967] und besteht aus 2 Untereinheiten. Sein isoelektrischer Punkt liegt beim NADP-freien Enzym bei 6,05 [Roche Diagnostics GmbH, 2001]. Heute wird G6P-DH überwiegend aus Saccharomyces cerevisiae, aus Leuconostoc mesenteroides oder aus rekombinanten E. coli-Zellen gewonnen. In dieser Diplomarbeit wird nur das Enzym aus Bäckerhefe betrachtet, da es eine größere Substrataffinität zu Glucose-6phosphat besitzt als das Enzym aus Leuconostoc mesenteroides [Fritz, U.; 1999]. HK gehört zu den Transferasen, die Gruppenübertragungen katalysieren, und besteht aus 485 Aminosäuren [Internet, Swiss Prot: Protein Data Bank; 2001]. Es wird hauptsächlich aus S. cerevisiae gewonnen und transferiert in der Glykolyse (Embden-Meyerhof-Abbauweg) im ersten Schritt eine Phosphatgruppe von ATP auf Glucose. Diplomarbeit Werner Höra 7 HK besitzt ein Molekulargewicht von 57 kDa in Citrat/Phosphatpuffer. Es kann unter anderen Pufferbedingungen Dimere bilden [Roche Diagnostics GmbH; 2001]. Sein isoelektrischer Punkt beträgt 4,7 [Gerhartz, W.; 1990]. Bei der HK aus Saccharomyces cerevisiae können 3 verschiedene Enzymformen (Isoenzyme: P I, P II und Glucokinase) auftreten. 3.1.2 Die beiden Coenzyme Nikotinamid-adenin-dinucleotid-phosphat (NADP+) und Adenosintriphosphat (ATP) sowie Mg2+-Ionen als Cofaktoren Coenzyme sind niedermolekulare Verbindungen, die bei enzymatisch katalysierten Reaktionen eine Übertragungsrolle spielen. Sie werden im Gegensatz zu Enzymen während der Reaktion chemisch verändert und sind somit nicht als Cokatalysatoren anzusehen, sondern als Cosubstrate. Jedoch unterscheiden sie sich von den Substraten dadurch, dass sie in einem kurzen Zyklus, das heißt meist in einem Reaktionsschritt, regeneriert werden. Coenzyme treten in 2 unterschiedlichen Formen auf. Wenn sie dauerhaft binden, werden sie als prosthetische Gruppe bezeichnet, wenn sie nur vorübergehend reversibel und nicht-kovalent mit dem Enzym reagieren, gelten sie als eigentliche Cosubstrate. Coenzyme können auch als Carrier (Transportmittel) auftreten. Bei der Glucoseanalytikmethode mit G6PDH und HK wirken NADP+ (EC 1.1.1.119) und ATP als solche Coenzyme im Sinne von Cosubstraten [Fritz, U. ;1999]. Damit der Glucosetest mit den Enzymen G6P-DH und HK funktioniert, brauchen die Enzyme zur größtmöglichen Aktivitätsentwicklung ferner Magnesium-Ionen in einer Konzentration zwischen insgesamt 4 und 10 mmol/l, die auch als Cofaktoren bezeichnet werden [Fritz, U.; 1999]. 3.1.3 Die Methode der Glucosebestimmung mit Hilfe von Glucose-6-phosphat Dehydrogenase und Hexokinase Das Verfahren der enzymatischen Glucosebestimmung beruht auf einem gekoppelten optischen Test. Zuerst wird die D-Glucose durch das Enzym HK unter Bildung von ADP aus ATP zu Glucose-6-phosphat (G6P) phosphoryliert. Dann wird G6P durch das Enzym G6P-DH oxidiert und NADP+ wird als Protonenakzeptor zu NADPH reduziert. Die gebildete Menge an NADPH ist der zu messenden Glucosemenge direkt proportional [Lottspeich, F./Zorbas, H.; 1998]. Unten sind die entsprechenden Reaktionsgleichungen angegeben. HK+Mg2+ 1. ↔ D-Glucose + ATP Glucose-6-phosphat + ADP (Messreaktion) G6P-DH + Mg2+ 2. Glucose-6-phosphat + NADP+ ↔ (Indikatorreaktion) Gluconat-6-phosphat + NADPH+ + H+ Diplomarbeit Werner Höra 8 Die durch die Reduktion entstandenen Strukturunterschiede zwischen NADP+ und NADPH ergeben eine Änderung der Lichtabsorption im nahen UV-Bereich. NADPH zeigt bei 260 nm und bei 340 nm ein Absorptionsmaximum. NADP+ weist bei 340 nm fast keine Absorption auf [Weide, H.; Pàca, J.; Knorre, W. A.; 1991]. Abbildung 1 : Absorptionsspektren von NADP+ und NADPH [Fritz, U.; 1999] Wird nun mit einem Spektralphotometer die Extinktion bei einer Wellenlänge von 340 nm über einen bestimmten Zeitraum (ca. 10-30 min) gemessen, kann über die NADPH-Zu- bzw. Abnahme die Glucosekonzentration bestimmt werden. Mit Hilfe der unten stehenden Formel des Testkites Gluco-quant, Nummer 1447513 (Roche Diagnostics GmbH) kann die Glucosekonzentration ermittelt werden: c = 2,89 * ∆E * Verdünnung [1] ∆ E = EProbe - ELeerwert Unter der Extinktion wird hierbei der Logarithmus aus dem Verhältnis von einfallendem Licht zu durchgelassenem Licht verstanden. E = log I0 = ε⋅c ⋅d I (Lambert − Beer `sches Gesetz ) [2] Diplomarbeit Werner Höra 3.2 3.2.1 9 Charakterisierung des Mikroorganismus Bäckerhefe Allgemeine Betrachtung und Physiologie von Hefen sowie taxonomische Einordnung von S. cerevisiae Als Mikroorganismus zur Herstellung der Enzyme G6P-DH und HK wurde Bäckerhefe, lat. Saccharomyces cerevisiae (wörtlich übersetzt „Zuckerpilz“) (Abbildung 2), gewählt. Hefen spielen in der Biotechnologie eine äußerst wichtige Rolle. Sie werden zur Backhefe-, Wein- und Ethanolherstellung benutzt. Weiterhin werden viele Enzyme wie zum Beispiel Invertase, G6P-DH, HK oder die rekombinanten Proteine Insulin, Albumin und Interferon aus ihnen gewonnen. Hefen sind 5-10 µm groß, rund oder oval und besitzen eine feste Zellwand. Ihre Vermehrung erfolgt asexuell durch Knospung (Sprossung) oder sexuell durch Teilung. Die Zellen leben einzeln oder in kleinen Gruppen. Sie können aerob oder anaerob wachsen, auch auf einfachsten Substraten (z.B. Zucker und Kohlenwasserstoffe, plus Stickstoff). Sie gedeihen ebenfalls bei sehr hohen osmotischen Drücken und können dadurch den Verderb zuckerhaltiger Produkte verursachen. Hefen wachsen noch bei niedrigen pH-Werten, wo Bakterien wenig Konkurrenz für sie darstellen. Weiterhin können sie als Sprosszelle oder Hyphe wachsen. Diese Fähigkeit wird als Dimorphismus bezeichnet [Wainwright, M.; 1992]. Die Hefen zählen zu den Eukaryonten und zu den bis jetzt bestuntersuchtesten Mikroorganismen. Sie gehören zu den Pilzen und die meisten, darunter auch S. cerevisiae, werden zur Abteilung der Ascomycota (Schlauchpilze) gerechnet. Hefen sind weiterhin mit sehr wenigen Ausnahmen nicht pathogen für den Menschen [Sonnleitner, B.; 1997]. Abbildung 2 : S. cerevisiae im Lichtmikroskop, aufgenommen mit einem Zeiss Axioskop mit einer CCD-Kamera [Internet; 2001] Diplomarbeit Werner Höra 3.2.2 10 Stoffwechsel von S. cerevisiae S. cerevisiae greift zur Energiegewinnung auf die Atmung oder die Gärung zurück. Sie kann je nach Verfügbarkeit von Sauerstoff zwischen anaerobem und aerobem Abbau des Substrates wechseln (fakultativer Aerobier). Deshalb benutzt die Fermentationsindustrie S. cerevisiae auch für zwei verschiedene Produktionsprozesse, zum einen anaerob zur Umwandlung von Zuckern zu Ethanol und aerob zur Erzeugung von Biomasse [Muttzall, K.; 1993]. Der aerobe Abbauweg ist für die Hefe energetisch weitaus günstiger und führt zu wesentlich höheren Biomasseausbeuten. Der Vorgang verläuft schematisch nach folgender biotransformatorischen Gleichung: αCsHtOu + βO2 + γNvHw → CHxOyNz + δCO2 + εH2O + ∆H [3] Substrat + Sauerstoff + Stickstoff → Biomasse + Kohlendioxid + Wasser + Wärme Der Prozess der Atmung läuft hierbei folgendermaßen ab: 1) C6H12O6 + 6 O2 → 6 CO2 + 6 H2O -∆H° = -15,6 kJ/g [4] Glucose + Sauerstoff → Kohlendioxid + Wasser Dabei werden pro Mol Glucose 38 Mol ATP gewonnen. Dies bedeutet eine Energieausbeute von 40 %. Bei der aeroben Kultivierung entstehen pro kg Glucose 540 g Hefe-Trockenmasse (YX/S = 0,54) mit 8 % Asche [Mutzall, K.; 1993]. Bei ungenügender Versorgung der Hefezellen mit Sauerstoff schalten die Zellen sofort auf den anaeroben Abbau der Glucose (Gärung) und bilden Ethanol. Dieser Effekt wird auch nach dem Entdecker Pasteur (1861) als Pasteur-Effekt bezeichnet. Bei der anaeroben alkoholischen Gärung, die schematisch nach der Gleichung 2) C6H12O6 → 2 C2H5OH + 2 CO2 -∆H° = -0,46 kJ/g [5] Glucose → Ethanol + Kohlendioxid abläuft, werden je mol Glucose nur 2 Mol ATP für die Zelle gewonnen. 92 % der freien Enthalpie verbleiben im Stoffwechselprodukt Ethanol, etwa 6 % werden als Reaktionswärme abgegeben. Für das Zellwachstum verbleiben nur 2,1 %. Damit ist das anaerobe Wachstum ein sehr unökonomischer Prozess für die Zelle. Der Ausbeutekoeffizient für das Produkt Ethanol YE/S beträgt bei der Gärung 0,47. Ein Teil des Substrates wird nicht zu Ethanol, sondern zu Biomasse und Nebenprodukten, umgesetzt. Für YX/S ergibt sich hierbei der Wert 0,075 [Muttzall, K.; 1993]. Weiterhin können Hefen bei genügender Versorgung mit Sauerstoff auch auf Ethanol als Substrat wachsen. Diese Affinität zu zwei verschiedenen Substraten wird als Diauxie bezeichnet. Diplomarbeit Werner Höra 11 Es ergeben sich bei Ethanol als Substrat folgende stöchiometrischen Verhältnisse: 3) C2H5OH + 3 O2 → 2 CO2 + 3 H2O -∆H° = -29,7 kJ/g [6] Ethanol + Sauerstoff → Kohlendioxid + Wasser Der Ausbeutekoeffizient (YX/E) hierbei beträgt 0,7 [Muttzall, K.; 1993]. Darüber hinaus wird bei ausreichender Versorgung mit Sauerstoff bei hohen Glucosekonzentrationen (über 0,1 g/l) nicht nur Biomasse, sondern auch Ethanol, gebildet. Dieser Sachverhalt wird auch Crabtree-Effekt genannt [Brammer, U.; 1990]. Die Umsatzgleichung hierfür lautet: 4) C6H12O6 + 0,25 O2 → 1,92 C2H5OH + 2,16 CO2 + 0,25 H2O Glucose + Sauerstoff → Ethanol 3.3 -∆H° = -1,08 kJ/g [7] + Kohlendioxid + Wasser Allgemeiner Ablauf des Praktikums zur Herstellung der Enzyme G6P-DH und HK Um intrazelluläre Enzyme aus Mikroorganismen zu gewinnen, muss der Mikroorganismus, in diesem Fall die Bäckerhefe, zuerst in Zellkultur vermehrt werden. Dies geschieht bei der industriellen Herstellung von Enzymen zumeist submers in einem Bioreaktor. Danach folgen mehrere Aufarbeitungsschritte wie z. B. eine erste Fest/Flüssigtrennung, ein Zellaufschluss, eine weitere Fest/Flüssigtrennung und eine Feinreinigung der Enzyme. Der Ablauf des Herstellungsprozesses der beiden Enzyme im Studentenpraktikum mit den der Fachhochschule zur Verfügung stehenden Geräten ist im folgenden Grundfließbild dargestellt. Diplomarbeit Werner Höra 12 Kultivierung der Bäckerhefe (Gerät: Bioreaktor: Arbeitsvolumen von 2 Litern) ⇓ Abtrennung der Hefe von der Kulturbrühe mit Hilfe der Membranmikrofiltration (Gerät: Überdruckfiltrationsanlage) ⇓ Zellaufschluss (Gerät: Labor-Planeten-Kugelmühle) ⇓ Abtrennung der Zellbruchstücke von den Enzymen mit Hilfe der Zentrifugation (Gerät: Laborzentrifuge) ⇓ Feinreinigung der Enzyme mit Hilfe der Anionenaustauschchromatographie (Gerät: Niederdruckchromatographieanlage) ⇓ Lagerung der Enzyme Abbildung 3 : Grundfließbild des Herstellungsprozesses der Enzyme G6P-DH und HK im Studentenpraktikum 3.4 3.4.1 Theoretische Grundlagen der Satz-, Zulauf- und kontinuierlichen Kultivierung Allgemeine Betrachtungen zur Satz-, Zulauf- und kontinuierlichen Kultivierung Am Anfang des Herstellungsprozesses von G6P-DH und HK steht die Kultivierung von S. cerevisiae. Drei häufig angewandte Prozessführungen in der Biotechnologie zur Gewinnung von Enzymen und Biomasse sind die Satz-, Zulauf- und kontinuierliche Kultivierung. Eine Satz-Kultivierung ist eine Betriebsweise bei der während des Zellkulturprozesses weder Substrat noch Biomasse zu- oder abgeführt werden. Zur Zeit t = 0 wird im Fermenter die sterilisierte Nährlösung mit einer Reinkultur von Mikroorganismen beimpft und anschließend unter optimalen Wachstumsbedingungen gehalten. Dabei werden bei aeroben Prozessen Sauerstoff, wenn notwendig Lauge oder Säure zur Regelung des pH-Wertes und gegebenenfalls Antischaummittel hinzugegeben. Nach Beendigung der Kultivierung wird entleert und gereinigt, wonach der Bioreaktor für die nachfolgende Charge zur Verfügung steht. Durch den Stoffwechsel der Zellen ändern sich die Biomasse- und Metabolitkonzentrationen und die Substratzusammensetzung ständig. Obwohl sich bei der Satz- Diplomarbeit Werner Höra 13 Kultivierung eine niedrige Produktivität ergibt und der Zellkulturprozess von der vorgelegten Substratkonzentration abhängig ist, werden viele industrielle Bioprozesse im Satz-Betrieb ausgeführt, da die relativ einfache, robuste und flexible Apparatur und die minimale erforderliche Prozessregelung günstige Prozesskosten ermöglichen und der Einsatz von frischem Impfgut für jede Charge das Infektionsrisiko auf niedrigem Niveau hält. Einige Nachteile des Satz-Betriebes können beim sog. Zulauf-Betrieb verringert werden. Hierbei wird im Anschluss an eine Kultivierungsphase im Satz-Betrieb beim Erreichen einer gewünschten minimalen Substratkonzentration frisches steriles Substrat stoßweise oder kontinuierlich zugegeben. Im Vergleich zum Satzprozess wird, falls keine Wachstumsinhibition durch Stoffwechselprodukte auftritt, im gleichen Zeitraum eine höhere Endbiomassekonzentration und damit eine höhere Produktivität erreicht, da der Mikroorganismus nicht die Übergangsphase zur stationären Phase durchläuft, in der das Substrat limitierend wirkt. Bei einer kontinuierlichen Kultivierung wird dem Fermenter Substrat mit andauernder Zufuhrrate F (t) zugegeben und gleichzeitig wird ein ebenso großer Strom von der Kulturbrühe entfernt. Es wird vereinfachend davon ausgegangen, dass der Fermenterinhalt durch gleichmäßige Verteilung von Substrat und Biomasse homogen gemischt ist. Dadurch ist die Zusammensetzung des Produktstromes aus dem Bioreaktor identisch mit dem Fermenterinhalt. Mit dem Produktstrom verlässt neben Biomasse auch nicht umgesetztes Substrat den Bioreaktor, was nachteilig ist und dadurch umgangen werden kann, dass das Substrat zurückgeführt wird [Muttzall, K.; 1993]. 3.4.2 Gleichungen zur Berechnung der Prozesskenngrößen der Satz-Kultivierungen und der kontinuierlichen Zellkulturen Im nächsten Abschnitt werden die Gleichungen aufgeführt, die zur Berechnung der Prozesskenngrößen der Kultivierungen notwendig sind. Bei einem unstrukturierten Modell, in dem die Wachstumsgeschwindigkeit der Zellen proportional zur Zellmasse ist, ergibt sich im Satz-Betrieb aus der Gleichung für die Wachstumsgeschwindigkeit: dX = rX ⋅ X dt [g/(l*h)] [8] [g/l] [9] durch Integration das folgende Wachstumsgesetz: X = X 0 ⋅ e (r X ⋅t ) Die Gleichung zeigt das Prinzip des exponentiellen oder logarithmischen Wachstums auf. Solch ein ungebremstes Wachstum ist nur für ein begrenztes Intervall möglich, da durch äußere Einflüsse (z.B. Substratverbrauch, gebildete Hemmstoffe, Beeinträchtigung des Stofftransportes durch zu hohe Biomassekonzentration) nach einiger Zeit die Wachstumsrate abnimmt und sich schließlich ein Stillstand des Wachstums einstellt. Diplomarbeit Werner Höra 14 Die Auflösung der obigen Gleichung nach der spezifischen Wachstumsrate liefert: ln( rX = X ) X0 t [h-1] [10] Für den Satz-Betrieb gilt bei optimaler Sauerstoffsättigung die Monod-Kinetik, mit: r X = r X , max ⋅ [S ] K S + [S ] [h-1] (Monod - Gleichung) [11] Hierbei ist die spezifische Wachstumsrate rX einer homogenen Kultur konstant und maximal, solange die erforderlichen Nährstoffe (Substrat, Nährsalze, Spurenelemente) im Überschuss vorliegen. Ist die Verfügbarkeit eines Substrates begrenzt (limitierendes Substrat), so verringert sich die spezifische Wachstumsrate gemäß der Gleichung [11]. Wenn das gesamte Substrat verbraucht ist und auch keine alternativen Nährstoffe zur Verfügung stehen, wird rX = 0, das Wachstum kommt zum Stillstand. Der Substratverbrauch im Satz-Betrieb kann über die spezifische Substratverbrauchsrate ermittelt werden: dS = −rS ⋅ X dt [g/(l*h)] [12] Die Zeitdauer bis zum Verbrauch des Substrates errechnet sich aus: ln ( t= (S 0 − S ) ⋅ YX / S + 1) X0 rX [h] [13] Der Ertragskoeffizient (Ausbeutekoeffizient) im Satzbetrieb wird aus dem Verhältnis der spezifischen Wachstumsrate zur spezifischen Substratverbrauchsrate bestimmt: YX / S = rX rS [-] [14]