Optimierung der Produktion und Aufarbeitung von Glucose

Werbung
Medizin
Werner Höra
Optimierung der Produktion und
Aufarbeitung von Glucose-6-phosphat
Dehydrogenase und Hexokinase aus
Bäckerhefe
Diplomarbeit
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche
Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de/ abrufbar.
Dieses Werk sowie alle darin enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen
sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom
Urheberrechtsschutz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen,
Mikroverfilmungen, Auswertungen durch Datenbanken und für die Einspeicherung
und Verarbeitung in elektronische Systeme. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen
Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie
der Auswertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen, vorbehalten.
Copyright © 2002 Diplomica Verlag GmbH
ISBN: 9783832455804
http://www.diplom.de/e-book/221070/optimierung-der-produktion-und-aufarbeitung-von-glucose-6-phosphat-dehydrogenase
Werner Höra
Optimierung der Produktion und Aufarbeitung von
Glucose-6-phosphat Dehydrogenase und Hexokinase
aus Bäckerhefe
Diplom.de
Werner Höra
Optimierung der Produktion und
Aufarbeitung von Glucose-6-phosphat
Dehydrogenase und Hexokinase aus
Bäckerhefe
Diplomarbeit
an der Fachhochschule Jena
Fachbereich Medizintechnik
10 Monate Bearbeitungsdauer
April 2002 Abgabe
ID 5580
ID 5580
Höra, Werner: Optimierung der Produktion und Aufarbeitung von Glucose-6-phosphat
Dehydrogenase und Hexokinase aus Bäckerhefe / Werner Höra - Hamburg: Diplomica GmbH,
2002
Zugl.: Jena, Diplomarbeit, 2002
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die
der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen,
der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der
Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung,
vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im
Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der
Bundesrepublik Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem
Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche
Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten
wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht
vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die Autoren oder
Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl.
verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany
Diplomarbeit Werner Höra
1
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung ................................................................................................................................. 4
2
Zielsetzung............................................................................................................................... 5
3
Theoretische Grundlagen ........................................................................................................ 6
3.1
Die Enzyme Glucose-6-phosphat Dehydrogenase und Hexokinase....................................... 6
3.1.1
Eigenschaften der Enzyme Glucose-6-phosphat Dehydrogenase und Hexokinase............... 6
3.1.2
Die beiden Coenzyme Nikotinamid-adenin-dinucleotid-phosphat (NADP+) und
Adenosintriphosphat (ATP) sowie Mg2+-Ionen als Cofaktoren ................................................ 7
3.1.3
Die Methode der Glucosebestimmung mit Hilfe von Glucose-6-phosphat
Dehydrogenase und Hexokinase............................................................................................. 7
3.2
3.2.1
Charakterisierung des Mikroorganismus Bäckerhefe .............................................................. 9
Allgemeine Betrachtung und Physiologie von Hefen sowie taxonomische
Einordnung von S. cerevisiae .................................................................................................. 9
3.2.2
Stoffwechsel von S. cerevisiae .............................................................................................. 10
3.3
Allgemeiner Ablauf des Praktikums zur Herstellung der Enzyme G6P-DH und HK.............. 11
3.4
Theoretische Grundlagen der Satz-, Zulauf- und kontinuierlichen Kultivierung .................... 12
3.4.1
Allgemeine Betrachtungen zur Satz-, Zulauf- und kontinuierlichen Kultivierung................... 12
3.4.2
Gleichungen zur Berechnung der Prozesskenngrößen der Satz-Kultivierungen und
der kontinuierlichen Zellkulturen ............................................................................................ 13
3.5
Praxis der Kultivierung und Aufarbeitung von S. cerevisiae in der Industrie und
Vergleich mit der Kultivierung im Studentenpraktikum .......................................................... 16
3.6
Theoretische Grundlagen der Membranmikrofiltration .......................................................... 17
3.6.1
Allgemeine Charakterisierung der Membranmikrofiltration.................................................... 17
3.6.2
Einsatz und Eigenschaften der Membranmikrofiltration ........................................................ 18
3.7
Theoretische Grundlagen des Zellaufschlusses mit einer Kugelmühle................................. 19
3.7.1
Allgemeine Charakterisierung und Einsatz der Kugelmühle ................................................. 19
3.7.2
Wichtige Parameter bei der Kugelmühle ............................................................................... 20
3.8
Theoretische Grundlagen der Zentrifugation ......................................................................... 21
3.8.1
Allgemeine Charakterisierung und Einsatz der Zentrifugation .............................................. 21
3.8.2
Einflussparameter bei der Zentrifugation............................................................................... 22
3.9
Theoretische Grundlagen der Ionenaustauschchromatographie .......................................... 23
3.9.1
Allgemeine Charakterisierung der Ionenaustauschchromatographie.................................... 23
3.9.2
Einsatz der Ionenaustauschchromatographie ....................................................................... 24
4
Material und Methoden .......................................................................................................... 26
4.1
Mikroorganismus, Chemikalien und Nährmedium ................................................................. 26
4.2
Materialien und Methode bei der Vorkultivierung und Kultivierung von S. cerevisiae........... 27
Diplomarbeit Werner Höra
2
4.3
Materialien und Methode bei der Überdruckfiltration ............................................................. 30
4.4
Materialien und Methode beim Zellaufschluss mit der Kugelmühle ...................................... 32
4.5
Materialien und Methode bei der Zentrifugation .................................................................... 34
4.6
Materialien und Methode bei der Anionenaustauschchromatographie ................................. 34
4.7
Bestimmung des Trockenbiomasseanteils der eingesetzten Presshefe ............................... 37
4.8
Bestimmung der Trockenbiomassekonzentration der kultivierten Hefe ................................ 38
4.9
Bestimmung der Glucosekonzentration in der Kulturbrühe ................................................... 41
4.10
Bestimmung der Ethanolkonzentration in der Kulturbrühe .................................................... 43
4.11
Enzymtests zur Bestimmung der G6P-DH- und HK-Aktivität ................................................ 44
4.12
Bestimmung der volumenbezogenen Enzymaktivität von G6P-DH während der
Kultivierung ............................................................................................................................ 46
4.13
Bestimmung der Proteinkonzentrationen des Rohextraktes und eluierter Fraktionen
mit Bradford-Reagenz............................................................................................................ 46
5
Ergebnisse des Herstellungsprozesses von G6P-DH und HK .............................................. 48
5.1
Ergebnisse der Vorkultivierungen und der Kultivierungen..................................................... 48
5.1.1
Messgrößen der ersten Satz-Kultivierung (Satz-1)................................................................ 49
5.1.2
Messgrößen der zweiten Satz-Kultivierung (Satz-2) ............................................................. 50
5.1.3
Messgrößen der ersten Satz-Kultivierung mit impulsweiser Zufütterung (IZ-Satz-1)............ 52
5.1.4
Messgrößen der zweiten Satz-Kultivierung mit impulsweiser Zufütterung (IZ-Satz2) ............................................................................................................................................ 54
5.1.5
Messgrößen der Zulauf-Satz-Kultivierung mit nachfolgender kontinuierlicher
Prozessführung (IZ-Satz-Konti) ............................................................................................. 56
5.1.6
Messgrößen der kontinuierlichen Kultivierung (Konti-1) sowie Säureverbrauch und
zudosierte Antischaummittelvolumen aller Kultivierungen .................................................... 58
5.1.7
5.2
Charakteristische Prozesskenngrößen der Kultivierungen im Vergleich............................... 60
Ergebnisse der Fest/Flüssig-Trennung mit einer Filtrationsanlage ....................................... 61
5.2.1
Fest/Flüssig-Trennung mit Papierfiltern................................................................................. 61
5.2.2
Fest/Flüssig-Trennung mit Membranfiltern ............................................................................ 62
5.3
Ergebnisse des Zellaufschlusses mit der Kugelmühle .......................................................... 66
5.3.1
Vorversuche mit und ohne Sand............................................................................................ 66
5.3.2
Vorversuche mit Sand mit Hilfe eines klassischen Versuchsplans ....................................... 67
5.3.3
Ergebnisse des Faktorenversuchsplans................................................................................ 69
5.4
Ergebnisse der Zentrifugation................................................................................................ 71
5.5
Ergebnisse der Anionenaustauschchromatographie ............................................................. 71
5.5.1
Anionenaustauschchromatographie mit Proteinlösung aus Trockenhefe mit Hilfe
eines linearen Gradienten (Chroma-1) .................................................................................. 72
Diplomarbeit Werner Höra
5.5.2
3
Anionenaustauschchromatographie mit Proteinlösung aus kultivierter Hefe mit Hilfe
eines linearen Gradienten (Chroma-2) .................................................................................. 72
5.5.3
Anionenaustauschchromatographie mit Proteinlösung aus Presshefe mit Hilfe
eines Stufengradienten (Chroma-3) ...................................................................................... 74
5.5.4
Anionenaustauschchromatographie mit Proteinlösung aus kultivierter Hefe mit Hilfe
eines Stufengradienten (Chroma-4) ...................................................................................... 76
5.6
6
Ergebnisse und Diskussion der Lagerung von G6P-DH und HK .......................................... 78
Diskussion der Ergebnisse der Teilverfahren des Herstellungsprozesses ........................... 80
6.1
Diskussion der Ergebnisse der Vorkultivierungen und der Kultivierungen............................ 80
6.2
Diskussion der Ergebnisse der Mikrofiltration........................................................................ 82
6.3
Diskussion der Ergebnisse des Zellaufschlusses.................................................................. 83
6.4
Diskussion der Ergebnisse der Zentrifugation ....................................................................... 84
6.5
Diskussion der Ergebnisse der Chromatographieversuche .................................................. 84
6.6
Gesamtbilanz des Prozesses in Bezug auf G6P-DH............................................................. 86
6.7
Ergebnisse und Diskussion des selbst hergestellten Glucosetestes im Vergleich
mit dem Glucosetest von Roche ............................................................................................ 87
7
Vorschlag zur Durchführung eines Praktikums...................................................................... 95
8
Kostenvergleich des zweiten selbst hergestellten Glucosetestes mit dem gekauften
Glucosetest von Roche.......................................................................................................... 98
9
Zusammenfassung und Ausblick ......................................................................................... 100
10
Chemikalien- und Verbrauchsmaterialienliste sowie Geräteliste......................................... 102
10.1
Chemikalien- und Verbrauchsmaterialienliste ..................................................................... 102
10.2
Geräteliste............................................................................................................................ 103
11
Literaturverzeichnis.............................................................................................................. 104
12
Verzeichnis der Symbole und Indizes.................................................................................. 108
13
Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................................ 111
14
Abbildungsverzeichnis ......................................................................................................... 112
15
Tabellenverzeichnis ............................................................................................................. 116
16
Antrag auf Ausgabe des Diplomthemas .............................................................................. 118
17
Erklärung.............................................................................................................................. 120
18
Anhang................................................................................................................................. 121
18.1
Versuchsanleitung zur Durchführung des Praktikums......................................................... 121
18.2
Musterprozess mit Prozesskenngrößen in Kurzform........................................................... 132
18.3
Definition der Enzymaktivität................................................................................................ 134
18.4
Rohdaten und Datenblätter.................................................................................................. 134
Diplomarbeit Werner Höra
1
4
Einleitung
Diese Diplomarbeit entstand im Rahmen meiner Ausbildung im Studiengang Medizintechnik,
Fachrichtung Biotechnologie, die ich von Oktober 1996 bis Mai 2002 an der Fachhochschule Jena
absolvierte.
In der Zeit meines Studiums gab es einen Aufschwung der Biowissenschaften, darunter auch der
Biotechnologie. Insgesamt gibt es zur Zeit ca. 1200 Biotechnologieunternehmen in Deutschland
[Mietzsch, A.; 2001] und der Trend zur Unternehmensgründung ist steigend. Zu Recht wird die
Biotechnologie als eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Unter anderem
erhofft man sich von ihr die Linderung und Heilung von bislang unheilbaren Krankheiten wie z.B. von
Chorea Huntington, Mukoviszidose und Krebs.
„Unter Biotechnologie versteht man die Herstellung oder Veränderung von chemischen Verbindungen mit
Hilfe lebender Organismen oder Teilen von Organismen im Rahmen industrieller Verfahren. Darunter
fallen beispielsweise die Herstellung und Konservierung von Nahrungs- und Genussmitteln wie Brot,
Sauerkraut, Käse, Bier und Wein aber auch von Arzneimitteln wie Antibiotika (z.B. Penicilline),
Vitaminen, Blutprodukten (z. B. Serumalbumin, Blutgerinnungsfaktoren, Immunoglobuline). Weiterhin
zählen zur Biotechnologie die Produktion von chemischen Vor- und Zwischenprodukten wie
Zitronensäure, Aminosäuren oder Ethylalkohol und die Herstellung von Enzymen“ [Folienserie des Fonds
der Chemischen Industrie, 1996].
Enzyme gehören chemisch betrachtet zu den Proteinen und wirken als biochemische Katalysatoren, das
heißt, sie beschleunigen eine chemische Reaktion. Sie sind an nahezu allen Umsetzungen im
Stoffwechsel von Organismen beteiligt. Durch ihre hohe Substratspezifität hat ihre Bedeutung in
enzymatischen Analysenmethoden stark zugenommen.
Folgende Enzyme werden unter anderem mit Hilfe der Biotechnologie mittlerweile industriell gewonnen.
Tabelle 1 : Wichtige industrielle Enzyme [Folienserie des Fonds der Chemischen Industrie, 1996]
Enzym
Rohstoffe
Anwendung
Protease
Bacillus
Waschmittel-, Mehl-Zusätze, Getränke-
Aspergillus
industrie, Käseherstellung, Medizin
Bacillus
Stärkeverzuckerung, Textil- und Papier-
Aspergillus
verarbeitung, Back- und Maischprozesse,
Pankreas
Verdauungshilfe
Glucose-Isomerase
Streptomyces
Stärkesirup-Herstellung
Lipase
Candida sp.
Fettspaltung, Verdauungsförderung
Peroxidasen
Pilz, Pflanzen
Textilbleiche, Polymerisationen
Penicillin-Amidasen
E. coli
Antibiotika-Herstellung
Glucose-6-phosphat
E. coli
Glucosebestimmung
S. cerevisiae
Glucosebestimmung
α - Amylase
Dehydrogenase
Hexokinase
Diplomarbeit Werner Höra
2
5
Zielsetzung
Das Ziel dieser Diplomarbeit war es, ein Verfahren zur Herstellung der Enzyme Glucose-6-phosphat
Dehydrogenase (G6P-DH) und Hexokinase (HK) aus Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae) für die
Anwendung zur Glucoseanalytik innerhalb eines Studentenpraktikums zu optimieren.
G6P-DH und HK werden z.B. zur quantitativen Glucosekonzentrationsbestimmung in Kulturbrühen oder
zur Ermittlung des Blutzuckergehaltes und des Zuckergehaltes in Lebensmitteln eingesetzt.
In dem Studentenpraktikum sollen G6P-DH und HK von den Studierenden selbständig aus
Saccharomyces cerevisiae (S. cerevisiae) gewonnen werden, um damit den Einkauf dieser Enzyme
einzusparen. Die isolierte G6P-DH und HK soll dann zur Glukosekonzentrationsbestimmung in der im
folgenden Praktikum benutzten Kulturbrühe eingesetzt werden. Die Messung der Glucosekonzentration
einer Zellkultur ist notwendig, um den Substratverbrauch und damit den Substratausbeutekoeffizienten zu
ermitteln.
Weiterhin soll den Studierenden ein Vefahren zur Herstellung und Aufarbeitung von Enzymen im Rahmen
ihrer Ausbildung vermittelt werden.
Für das Praktikum werden Geräte verwendet, die der Fachhochschule Jena bereits zur Verfügung
standen.
Zu beachten war, dass bei der Optimierung Aufwand und Kosten der Versuche in einem vernünftigen
Verhältnis zu dem Nutzen in Beziehung standen. Um das Verfahren zu optimieren wurde es zunächst mit
aus der Literatur oder empirisch gewonnenen Parametern durchgeführt. Dann wurde versucht den oder
die „bottlenecks“ zu beseitigen. Hierzu wurden nacheinander die Stellen, die den größten Verlust an
Enzym verursachten, optimiert. Dabei durfte jedoch das ideale Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht aus den
Augen verloren werden.
Vor Beginn der eigentlichen Versuche wurden die Optimierungsrandbedingungen festgelegt. Dies waren
zum einen die Anzahl der Versuche, die so niedrig wie möglich gehalten werden sollten, um ein geringes
Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erreichen. Zum anderen spielt die Dauer der Versuche im Rahmen des
Praktikums eine Rolle. Für die einzelnen Versuche steht nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung. Weiterhin
ist es wichtig, dass die einzelnen Schritte und Verfahren von den Studierenden soweit wie möglich
selbständig durchgeführt werden können, um einen höheren Lerneffekt zu gewährleisten. Kann der
Student die Aufgabe nicht allein durchführen, muss das wissenschaftliche Hochschulpersonal dies tun.
Nachdem
die
Optimierungsrandbedingungen
festgelegt
wurden,
konnten
bei
denjenigen
Verfahrensschritten, wo es sinnvoll erschien, die hierbei wesentlichen Parameter mit Hilfe einer
faktoriellen Versuchsplanung optimiert werden.
Die Diplomarbeit ist in sechs Kapitel unterteilt. Im 3. Kapitel der Arbeit werden die theoretischen
Grundlagen der Enzyme G6P-DH und HK und des Mikroorganismus Bäckerhefe sowie der einzelnen
Teilverfahren des Herstellungsprozesses dargestellt. Auf die verwendeten Materialien und Methoden wird
im 4. Kapitel eingegangen. Das 5. Kapitel beschreibt die Ergebnisse der Versuche der einzelnen
Teilverfahren. Im 6. Kapitel werden diese Ergebnisse zusammen mit einem selbst hergestellten
Glucosetest diskutiert. Mit einem Vorschlag zur Durchführung eines Praktikums beschäftigt sich der 7.
Abschnitt. Im 8 Kapitel wird ein Kostenvergleich zwischen selbst hergestelltem und gekauftem
Glucosetest angestellt.
Diplomarbeit Werner Höra
3
6
Theoretische Grundlagen
3.1
3.1.1
Die Enzyme Glucose-6-phosphat Dehydrogenase und Hexokinase
Eigenschaften der Enzyme Glucose-6-phosphat Dehydrogenase und Hexokinase
G6P-DH und HK sind Biokatalysatoren, das heißt, sie beschleunigen chemische Reaktionen ohne das
chemische Gleichgewicht zu verändern, wobei sie nicht verbraucht werden und am Ende der Reaktion
unverändert vorliegen. Sie setzen die Aktivierungsenergie der Reaktion herab, so dass eine
thermodynamisch mögliche Reaktion bei Zimmertemperatur ablaufen kann. Enzymkatalysierte
Reaktionen laufen um den Faktor 108-1020 mal schneller ab als nichtkatalysierte Reaktionen [Schlee, D./
Kleber, H.-P.; 1991]. Ihre Wirkungsweise beruht darauf, dass eine katalytische Reaktion am aktiven
Zentrum des Enzymmoleküls, das aus bestimmten Teilen der Polypeptidkette durch eine besondere
Faltung entsteht, stattfindet. Dabei wird das Substrat am aktiven Zentrum durch Wasserstoff-Brücken,
Ionenanziehung und kovalente Wechselwirkungen gebunden. Emil Fischer beschrieb vor ca. 100 Jahren,
dass Enzym und Substrat räumlich wie Schlüssel und Schloss zusammenpassen [Karlson, P. et al.;
1994].
Die Aktivität eines Enzyms kann, muss aber nicht spezifisch gegenüber einem einzigen Substrat sein.
G6P-DH (EC 1.1.1.49) wirkt hochspezifisch (absolute Substratspezifität), da es nur Glucose-6-phosphat
in Gluconat-6-phosphat umsetzt. Weniger spezifisch reagiert HK (EC 2.7.1.1) (relative Substratspezifität),
das mehrere Monosaccharide (Hexosen) wie Glucose, Fructose und Mannose mit Hilfe des Coenzyms
ATP in die entsprechenden Monosaccharid-6-phosphate umwandelt.
Beide Proteine gehören zu den intrazellulären, konstitutiv gebildeten Enzymen, die nicht ins Nährmedium
ausgeschleust werden [Silva, D.P. /Pessoa, A. et al.; 1994].
G6P-DH wurde Anfang der 30er Jahre von O. Warburg erstmals aus Erythrozyten und Hefe isoliert. Es
kommt in allen Eukaryonten und einigen Bakterien vor und katalysiert im Pentose-Phosphat-Zyklus die
erste biochemische Reaktion, indem es Glucose-6-phosphat in Gluconolacton-6-phosphat (6-Phosphogluconolacton) umsetzt. Dieses wird wiederum durch Hydratisierung in Gluconat-6-phosphat (6-Phosphogluconat) umgewandelt.
G6P-DH zählt zur Klasse der Oxidoreduktasen, die bei einer katalytischen Reaktion Wasserstoff und
Elektronen übertragen. Es besitzt NADP-frei ein Molekulargewicht von 102 kDa [Yue, R.H. et al.; 1967]
und besteht aus 2 Untereinheiten. Sein isoelektrischer Punkt liegt beim NADP-freien Enzym bei 6,05
[Roche Diagnostics GmbH, 2001]. Heute wird G6P-DH überwiegend aus Saccharomyces cerevisiae, aus
Leuconostoc mesenteroides oder aus rekombinanten E. coli-Zellen gewonnen. In dieser Diplomarbeit
wird nur das Enzym aus Bäckerhefe betrachtet, da es eine größere Substrataffinität zu Glucose-6phosphat besitzt als das Enzym aus Leuconostoc mesenteroides [Fritz, U.; 1999].
HK gehört zu den Transferasen, die Gruppenübertragungen katalysieren, und besteht aus 485
Aminosäuren [Internet, Swiss Prot: Protein Data Bank; 2001]. Es wird hauptsächlich aus S. cerevisiae
gewonnen und transferiert in der Glykolyse (Embden-Meyerhof-Abbauweg) im ersten Schritt eine
Phosphatgruppe von ATP auf Glucose.
Diplomarbeit Werner Höra
7
HK besitzt ein Molekulargewicht von 57 kDa in Citrat/Phosphatpuffer. Es kann unter anderen
Pufferbedingungen Dimere bilden [Roche Diagnostics GmbH; 2001]. Sein isoelektrischer Punkt beträgt
4,7 [Gerhartz, W.; 1990]. Bei der HK aus Saccharomyces cerevisiae können 3 verschiedene
Enzymformen (Isoenzyme: P I, P II und Glucokinase) auftreten.
3.1.2
Die beiden Coenzyme Nikotinamid-adenin-dinucleotid-phosphat (NADP+) und Adenosintriphosphat (ATP) sowie Mg2+-Ionen als Cofaktoren
Coenzyme sind niedermolekulare Verbindungen, die bei enzymatisch katalysierten Reaktionen eine
Übertragungsrolle spielen. Sie werden im Gegensatz zu Enzymen während der Reaktion chemisch
verändert und sind somit nicht als Cokatalysatoren anzusehen, sondern als Cosubstrate. Jedoch
unterscheiden sie sich von den Substraten dadurch, dass sie in einem kurzen Zyklus, das heißt meist in
einem Reaktionsschritt, regeneriert werden. Coenzyme treten in 2 unterschiedlichen Formen auf. Wenn
sie dauerhaft binden, werden sie als prosthetische Gruppe bezeichnet, wenn sie nur vorübergehend
reversibel und nicht-kovalent mit dem Enzym reagieren, gelten sie als eigentliche Cosubstrate.
Coenzyme können auch als Carrier (Transportmittel) auftreten. Bei der Glucoseanalytikmethode mit G6PDH und HK wirken NADP+ (EC 1.1.1.119) und ATP als solche Coenzyme im Sinne von Cosubstraten
[Fritz, U. ;1999].
Damit der Glucosetest mit den Enzymen G6P-DH und HK funktioniert, brauchen die Enzyme zur
größtmöglichen Aktivitätsentwicklung ferner Magnesium-Ionen in einer Konzentration zwischen
insgesamt 4 und 10 mmol/l, die auch als Cofaktoren bezeichnet werden [Fritz, U.; 1999].
3.1.3
Die Methode der Glucosebestimmung mit Hilfe von Glucose-6-phosphat Dehydrogenase
und Hexokinase
Das Verfahren der enzymatischen Glucosebestimmung beruht auf einem gekoppelten optischen Test.
Zuerst wird die D-Glucose durch das Enzym HK unter Bildung von ADP aus ATP zu Glucose-6-phosphat
(G6P) phosphoryliert. Dann wird G6P durch das Enzym G6P-DH oxidiert und NADP+ wird als
Protonenakzeptor zu NADPH reduziert. Die gebildete Menge an NADPH ist der zu messenden
Glucosemenge direkt proportional [Lottspeich, F./Zorbas, H.; 1998]. Unten sind die entsprechenden
Reaktionsgleichungen angegeben.
HK+Mg2+
1.
↔
D-Glucose + ATP
Glucose-6-phosphat + ADP
(Messreaktion)
G6P-DH + Mg2+
2.
Glucose-6-phosphat + NADP+
↔
(Indikatorreaktion)
Gluconat-6-phosphat + NADPH+ + H+
Diplomarbeit Werner Höra
8
Die durch die Reduktion entstandenen Strukturunterschiede zwischen NADP+ und NADPH ergeben eine
Änderung der Lichtabsorption im nahen UV-Bereich. NADPH zeigt bei 260 nm und bei 340 nm ein
Absorptionsmaximum. NADP+ weist bei 340 nm fast keine Absorption auf [Weide, H.; Pàca, J.; Knorre,
W. A.; 1991].
Abbildung 1 : Absorptionsspektren von NADP+ und NADPH [Fritz, U.; 1999]
Wird nun mit einem Spektralphotometer die Extinktion bei einer Wellenlänge von 340 nm über einen bestimmten Zeitraum (ca. 10-30 min) gemessen, kann über die NADPH-Zu- bzw. Abnahme die Glucosekonzentration bestimmt werden. Mit Hilfe der unten stehenden Formel des Testkites Gluco-quant,
Nummer 1447513 (Roche Diagnostics GmbH) kann die Glucosekonzentration ermittelt werden:
c = 2,89 * ∆E * Verdünnung
[1]
∆ E = EProbe - ELeerwert
Unter der Extinktion wird hierbei der Logarithmus aus dem Verhältnis von einfallendem Licht zu
durchgelassenem Licht verstanden.
E = log
I0
= ε⋅c ⋅d
I
(Lambert − Beer `sches Gesetz )
[2]
Diplomarbeit Werner Höra
3.2
3.2.1
9
Charakterisierung des Mikroorganismus Bäckerhefe
Allgemeine Betrachtung und Physiologie von Hefen sowie taxonomische Einordnung
von S. cerevisiae
Als Mikroorganismus zur Herstellung der Enzyme G6P-DH und HK wurde Bäckerhefe, lat.
Saccharomyces cerevisiae (wörtlich übersetzt „Zuckerpilz“) (Abbildung 2), gewählt. Hefen spielen in der
Biotechnologie eine äußerst wichtige Rolle. Sie werden zur Backhefe-, Wein- und Ethanolherstellung
benutzt. Weiterhin werden viele Enzyme wie zum Beispiel Invertase, G6P-DH, HK oder die
rekombinanten Proteine Insulin, Albumin und Interferon aus ihnen gewonnen.
Hefen sind 5-10 µm groß, rund oder oval und besitzen eine feste Zellwand. Ihre Vermehrung erfolgt
asexuell durch Knospung (Sprossung) oder sexuell durch Teilung. Die Zellen leben einzeln oder in
kleinen Gruppen. Sie können aerob oder anaerob wachsen, auch auf einfachsten Substraten (z.B. Zucker
und Kohlenwasserstoffe, plus Stickstoff). Sie gedeihen ebenfalls bei sehr hohen osmotischen Drücken
und können dadurch den Verderb zuckerhaltiger Produkte verursachen. Hefen wachsen noch bei
niedrigen pH-Werten, wo Bakterien wenig Konkurrenz für sie darstellen. Weiterhin können sie als
Sprosszelle oder Hyphe wachsen. Diese Fähigkeit wird als Dimorphismus bezeichnet [Wainwright, M.;
1992].
Die Hefen zählen zu den Eukaryonten und zu den bis jetzt bestuntersuchtesten Mikroorganismen. Sie
gehören zu den Pilzen und die meisten, darunter auch S. cerevisiae, werden zur Abteilung der
Ascomycota (Schlauchpilze) gerechnet. Hefen sind weiterhin mit sehr wenigen Ausnahmen nicht
pathogen für den Menschen [Sonnleitner, B.; 1997].
Abbildung 2 : S. cerevisiae im Lichtmikroskop, aufgenommen mit einem
Zeiss Axioskop mit einer CCD-Kamera [Internet; 2001]
Diplomarbeit Werner Höra
3.2.2
10
Stoffwechsel von S. cerevisiae
S. cerevisiae greift zur Energiegewinnung auf die Atmung oder die Gärung zurück. Sie kann je nach
Verfügbarkeit von Sauerstoff zwischen anaerobem und aerobem Abbau des Substrates wechseln
(fakultativer Aerobier). Deshalb benutzt die Fermentationsindustrie S. cerevisiae auch für zwei
verschiedene Produktionsprozesse, zum einen anaerob zur Umwandlung von Zuckern zu Ethanol und
aerob zur Erzeugung von Biomasse [Muttzall, K.; 1993]. Der aerobe Abbauweg ist für die Hefe
energetisch weitaus günstiger und führt zu wesentlich höheren Biomasseausbeuten. Der Vorgang
verläuft schematisch nach folgender biotransformatorischen Gleichung:
αCsHtOu + βO2
+
γNvHw →
CHxOyNz +
δCO2 +
εH2O
+ ∆H
[3]
Substrat + Sauerstoff + Stickstoff → Biomasse + Kohlendioxid + Wasser + Wärme
Der Prozess der Atmung läuft hierbei folgendermaßen ab:
1)
C6H12O6 +
6 O2
→
6 CO2
+ 6 H2O
-∆H° = -15,6 kJ/g
[4]
Glucose + Sauerstoff → Kohlendioxid + Wasser
Dabei werden pro Mol Glucose 38 Mol ATP gewonnen. Dies bedeutet eine Energieausbeute von 40 %.
Bei der aeroben Kultivierung entstehen pro kg Glucose 540 g Hefe-Trockenmasse (YX/S = 0,54) mit 8 %
Asche [Mutzall, K.; 1993].
Bei ungenügender Versorgung der Hefezellen mit Sauerstoff schalten die Zellen sofort auf den
anaeroben Abbau der Glucose (Gärung) und bilden Ethanol. Dieser Effekt wird auch nach dem Entdecker
Pasteur (1861) als Pasteur-Effekt bezeichnet.
Bei der anaeroben alkoholischen Gärung, die schematisch nach der Gleichung
2)
C6H12O6 → 2 C2H5OH + 2 CO2
-∆H° = -0,46 kJ/g
[5]
Glucose → Ethanol + Kohlendioxid
abläuft, werden je mol Glucose nur 2 Mol ATP für die Zelle gewonnen. 92 % der freien Enthalpie
verbleiben im Stoffwechselprodukt Ethanol, etwa 6 % werden als Reaktionswärme abgegeben. Für das
Zellwachstum verbleiben nur 2,1 %. Damit ist das anaerobe Wachstum ein sehr unökonomischer Prozess
für die Zelle.
Der Ausbeutekoeffizient für das Produkt Ethanol YE/S beträgt bei der Gärung 0,47. Ein Teil des Substrates
wird nicht zu Ethanol, sondern zu Biomasse und Nebenprodukten, umgesetzt. Für YX/S ergibt sich hierbei
der Wert 0,075 [Muttzall, K.; 1993].
Weiterhin können Hefen bei genügender Versorgung mit Sauerstoff auch auf Ethanol als Substrat
wachsen. Diese Affinität zu zwei verschiedenen Substraten wird als Diauxie bezeichnet.
Diplomarbeit Werner Höra
11
Es ergeben sich bei Ethanol als Substrat folgende stöchiometrischen Verhältnisse:
3)
C2H5OH +
3 O2
→
2 CO2
+ 3 H2O
-∆H° = -29,7 kJ/g
[6]
Ethanol + Sauerstoff → Kohlendioxid + Wasser
Der Ausbeutekoeffizient (YX/E) hierbei beträgt 0,7 [Muttzall, K.; 1993].
Darüber hinaus wird bei ausreichender Versorgung mit Sauerstoff bei hohen Glucosekonzentrationen
(über 0,1 g/l) nicht nur Biomasse, sondern auch Ethanol, gebildet. Dieser Sachverhalt wird auch
Crabtree-Effekt genannt [Brammer, U.; 1990].
Die Umsatzgleichung hierfür lautet:
4)
C6H12O6 + 0,25 O2 → 1,92 C2H5OH + 2,16 CO2 + 0,25 H2O
Glucose + Sauerstoff → Ethanol
3.3
-∆H° = -1,08 kJ/g
[7]
+ Kohlendioxid + Wasser
Allgemeiner Ablauf des Praktikums zur Herstellung der Enzyme G6P-DH und HK
Um intrazelluläre Enzyme aus Mikroorganismen zu gewinnen, muss der Mikroorganismus, in diesem Fall
die Bäckerhefe, zuerst in Zellkultur vermehrt werden. Dies geschieht bei der industriellen Herstellung von
Enzymen zumeist submers in einem Bioreaktor. Danach folgen mehrere Aufarbeitungsschritte wie z. B.
eine erste Fest/Flüssigtrennung, ein Zellaufschluss, eine weitere Fest/Flüssigtrennung und eine
Feinreinigung
der
Enzyme. Der Ablauf des Herstellungsprozesses der beiden Enzyme im
Studentenpraktikum mit den der Fachhochschule zur Verfügung stehenden Geräten ist im folgenden
Grundfließbild dargestellt.
Diplomarbeit Werner Höra
12
Kultivierung der Bäckerhefe
(Gerät: Bioreaktor: Arbeitsvolumen von 2 Litern)
⇓
Abtrennung der Hefe von der Kulturbrühe mit Hilfe der Membranmikrofiltration
(Gerät: Überdruckfiltrationsanlage)
⇓
Zellaufschluss
(Gerät: Labor-Planeten-Kugelmühle)
⇓
Abtrennung der Zellbruchstücke von den Enzymen mit Hilfe der Zentrifugation
(Gerät: Laborzentrifuge)
⇓
Feinreinigung der Enzyme mit Hilfe der Anionenaustauschchromatographie
(Gerät: Niederdruckchromatographieanlage)
⇓
Lagerung der Enzyme
Abbildung 3 : Grundfließbild des Herstellungsprozesses der Enzyme G6P-DH und HK
im Studentenpraktikum
3.4
3.4.1
Theoretische Grundlagen der Satz-, Zulauf- und kontinuierlichen Kultivierung
Allgemeine Betrachtungen zur Satz-, Zulauf- und kontinuierlichen Kultivierung
Am Anfang des Herstellungsprozesses von G6P-DH und HK steht die Kultivierung von S. cerevisiae. Drei
häufig angewandte Prozessführungen in der Biotechnologie zur Gewinnung von Enzymen und Biomasse
sind die Satz-, Zulauf- und kontinuierliche Kultivierung.
Eine Satz-Kultivierung ist eine Betriebsweise bei der während des Zellkulturprozesses weder Substrat
noch Biomasse zu- oder abgeführt werden. Zur Zeit t = 0 wird im Fermenter die sterilisierte Nährlösung
mit einer Reinkultur von Mikroorganismen beimpft und anschließend unter optimalen Wachstumsbedingungen gehalten. Dabei werden bei aeroben Prozessen Sauerstoff, wenn notwendig Lauge oder
Säure zur Regelung des pH-Wertes und gegebenenfalls Antischaummittel hinzugegeben. Nach
Beendigung der Kultivierung wird entleert und gereinigt, wonach der Bioreaktor für die nachfolgende
Charge zur Verfügung steht. Durch den Stoffwechsel der Zellen ändern sich die Biomasse- und
Metabolitkonzentrationen und die Substratzusammensetzung ständig. Obwohl sich bei der Satz-
Diplomarbeit Werner Höra
13
Kultivierung eine niedrige Produktivität ergibt und der Zellkulturprozess von der vorgelegten Substratkonzentration abhängig ist, werden viele industrielle Bioprozesse im Satz-Betrieb ausgeführt, da die
relativ einfache, robuste und flexible Apparatur und die minimale erforderliche Prozessregelung günstige
Prozesskosten ermöglichen und der Einsatz von frischem Impfgut für jede Charge das Infektionsrisiko auf
niedrigem Niveau hält.
Einige Nachteile des Satz-Betriebes können beim sog. Zulauf-Betrieb verringert werden. Hierbei wird im
Anschluss an eine Kultivierungsphase im Satz-Betrieb beim Erreichen einer gewünschten minimalen
Substratkonzentration frisches steriles Substrat stoßweise oder kontinuierlich zugegeben. Im Vergleich
zum Satzprozess wird, falls keine Wachstumsinhibition durch Stoffwechselprodukte auftritt, im gleichen
Zeitraum eine höhere Endbiomassekonzentration und damit eine höhere Produktivität erreicht, da der
Mikroorganismus nicht die Übergangsphase zur stationären Phase durchläuft, in der das Substrat
limitierend wirkt.
Bei einer kontinuierlichen Kultivierung wird dem Fermenter Substrat mit andauernder Zufuhrrate F (t)
zugegeben und gleichzeitig wird ein ebenso großer Strom von der Kulturbrühe entfernt. Es wird
vereinfachend davon ausgegangen, dass der Fermenterinhalt durch gleichmäßige Verteilung von
Substrat und Biomasse homogen gemischt ist. Dadurch ist die Zusammensetzung des Produktstromes
aus dem Bioreaktor identisch mit dem Fermenterinhalt. Mit dem Produktstrom verlässt neben Biomasse
auch nicht umgesetztes Substrat den Bioreaktor, was nachteilig ist und dadurch umgangen werden kann,
dass das Substrat zurückgeführt wird [Muttzall, K.; 1993].
3.4.2
Gleichungen zur Berechnung der Prozesskenngrößen der Satz-Kultivierungen und der
kontinuierlichen Zellkulturen
Im nächsten Abschnitt werden die Gleichungen aufgeführt, die zur Berechnung der Prozesskenngrößen
der Kultivierungen notwendig sind. Bei einem unstrukturierten Modell, in dem die Wachstumsgeschwindigkeit der Zellen proportional zur Zellmasse ist, ergibt sich im Satz-Betrieb aus der Gleichung
für die Wachstumsgeschwindigkeit:
dX
= rX ⋅ X
dt
[g/(l*h)]
[8]
[g/l]
[9]
durch Integration das folgende Wachstumsgesetz:
X = X 0 ⋅ e (r
X
⋅t )
Die Gleichung zeigt das Prinzip des exponentiellen oder logarithmischen Wachstums auf. Solch ein
ungebremstes Wachstum ist nur für ein begrenztes Intervall möglich, da durch äußere Einflüsse (z.B.
Substratverbrauch, gebildete Hemmstoffe, Beeinträchtigung des Stofftransportes durch zu hohe
Biomassekonzentration) nach einiger Zeit die Wachstumsrate abnimmt und sich schließlich ein Stillstand
des Wachstums einstellt.
Diplomarbeit Werner Höra
14
Die Auflösung der obigen Gleichung nach der spezifischen Wachstumsrate liefert:
ln(
rX =
X
)
X0
t
[h-1]
[10]
Für den Satz-Betrieb gilt bei optimaler Sauerstoffsättigung die Monod-Kinetik, mit:
r X = r X , max ⋅
[S ]
K S + [S ]
[h-1]
(Monod - Gleichung)
[11]
Hierbei ist die spezifische Wachstumsrate rX einer homogenen Kultur konstant und maximal, solange die
erforderlichen Nährstoffe (Substrat, Nährsalze, Spurenelemente) im Überschuss vorliegen. Ist die
Verfügbarkeit eines Substrates begrenzt (limitierendes Substrat), so verringert sich die spezifische
Wachstumsrate gemäß der Gleichung [11]. Wenn das gesamte Substrat verbraucht ist und auch keine
alternativen Nährstoffe zur Verfügung stehen, wird rX = 0, das Wachstum kommt zum Stillstand.
Der Substratverbrauch im Satz-Betrieb kann über die spezifische Substratverbrauchsrate ermittelt
werden:
dS
= −rS ⋅ X
dt
[g/(l*h)]
[12]
Die Zeitdauer bis zum Verbrauch des Substrates errechnet sich aus:
ln (
t=
(S 0 − S ) ⋅ YX / S
+ 1)
X0
rX
[h]
[13]
Der Ertragskoeffizient (Ausbeutekoeffizient) im Satzbetrieb wird aus dem Verhältnis der spezifischen
Wachstumsrate zur spezifischen Substratverbrauchsrate bestimmt:
YX / S =
rX
rS
[-]
[14]
Herunterladen