und Kundenbewertungsmodellen - Diuf

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Beziehungen zwischen Kundenverhaltens- und
Kundenbewertungsmodellen
als
Seminararbeit
an der
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät
der Universität Freiburg
eingereicht bei
Dr. rer. oec. Konrad Walser
Departement für Informatik
von
von
Liebherr, Sophie
Schmidt-Holzmann, Kamala
von Nussbaumen (CH)
von Bonn (D)
im 8.Semester
im 8.Semester
Matrikelnummer: 01-718-782
Matrikelnummer: 01-217-025
Rue de Lausanne 28
Rue du Pont-Muré 14
1700 Freiburg
1700 Freiburg
079/285 25 27
076/532 10 64
[email protected]
[email protected]
Freiburg, 11.06.2007
Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ......................................................................................................... I
1
2
Einleitung............................................................................................................. 1
1.1
Ausgangslage ............................................................................................... 1
1.2
Aufbau der Arbeit ........................................................................................ 2
Kundenverhaltensmodelle ................................................................................... 4
2.1
Bedeutung der Kundenverhaltensmodelle im CRM.................................... 4
2.2
Datengrundlage............................................................................................ 6
2.2.1
Datentypen der Kundendatenbank....................................................... 6
2.2.2
Datenerhebungsmethoden.................................................................... 7
2.3
Grundlagen des Database Marketing........................................................... 9
2.3.1
Database Marketing ............................................................................. 9
2.3.2
Research Analysis Detection Action Reaction Modell...................... 10
2.4
Grundlagen des Data Mining..................................................................... 11
2.4.1
Data Mining Kreislauf ....................................................................... 12
2.4.2
Ziele und Methoden des Data Mining ............................................... 13
2.4.3
Data Mining und der Kundenlebenszyklus........................................ 15
2.5
3
Kundenmodelle und Kundenprofile........................................................... 16
Kundenbewertung.............................................................................................. 18
3.1
Kundenwert................................................................................................ 18
3.1.1
Einflussfaktoren des Kundenwerts .................................................... 19
3.1.2
Einflussfaktoren des Kundennutzen .................................................. 20
3.2
Kundennutzen generieren .......................................................................... 22
3.3
Kundenauswahl.......................................................................................... 22
3.4
Scoring-Modelle ........................................................................................ 24
3.4.1
Recency Frequency Monetary Ratio Modell ..................................... 24
Inhaltsverzeichnis
3.4.2
4
II
Vor- und Nachteile von Scoring-Modellen ....................................... 27
Beziehungen zwischen den Modellen................................................................ 28
4.1
Zusammenhang.......................................................................................... 28
4.2
Ausblick ..................................................................................................... 29
Abbildungsverzeichnis............................................................................................... 30
Abkürzungsverzeichnis.............................................................................................. 31
Literaturverzeichnis ................................................................................................... 32
Selbständigkeitserklärung.......................................................................................... 35
Kapitel 1: Einleitung
1
1 Einleitung
In dieser Einleitung wird in einem ersten Abschnitt die Ausgangslage erläutert.
Dabei wird auf die thematische Einordnung ebenso eingegangen, wie die
Problemstellung und Zielsetzung dargestellt werden. In einem weiteren Abschnitt
wird der allgemeine Aufbau der vorliegenden Arbeit systematisch vorgestellt.
1.1 Ausgangslage
Das Customer Relationship Management (CRM) ist als eine kundenorientierte
Unternehmensstrategie zu verstehen. Das CRM versucht, anhand moderner
Informationstechnologien auf lange Sicht hin profitable Kundenbeziehungen
aufzubauen und zu festigen. Eine immer grösser werdende Herausforderung für das
Marketing ist es, Kundenwerte aus Sicht der Anbieterunternehmen zu messen und
Kundenbeziehungen wertorientiert zu steuern. Dies lässt sich auch direkt auf das
CRM übertragen. Das CRM ist nämlich strikt auf die Analyse der einzelnen Kunden,
aber auch einzelner Segmente und aggregierte Kundenverhalten ausgerichtet.1 Das
CRM basiert somit auf der Annahme, dass eine bessere Kundenkenntnis zum
wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beiträgt. Um dies zu erreichen, existieren
Kundenverhaltensmodelle wie auch Kundenbewertungsmodelle, die dem CRM dabei
helfen sollen, die optimalen Kunden herauszufinden. Diesbezüglich stellen sich
allerdings Fragen wie: „Welches sind die richtigen Verfahren zur optimalen
Kundenanalyse?“, „Welche Techniken sind im Einzelnen anzuwenden?“, „Welche
Bedeutung haben diese beiden Modelle im CRM- Prozess?“ oder „In welchem
Zusammenhang stehen diese Modelle zueinander?“. Um diese Fragen zu
beantworten, werden in dieser Arbeit die verschiedenen Ansichtspunkte dieser
Grundmodelle erklärt.
Die Modelle sind im Aufbau des CRM-Modell im Bereich der analytischen
Datenbanken eingegliedert. Dieser wesentliche Teil des CRM wird dem analytischen
CRM (aCRM) zugeordnet. Die Abbildung 1 weist das CRM- System mit den drei
zentralen Aufgabenbereichen auf. Daran kann man gut erkennen, dass der Bereich
des analytischen CRM, welcher in den folgenden Kapiteln behandelt wird, mit den
anderen zwei Bereichen eng in Verbindung steht. Das analytische CRM hat
1
Vgl. Hippner/Wilde (2004), S. 299.
Kapitel 1: Einleitung
2
Verknüpfungen zu dem operativen und dem kommunikativen CRM. Somit bleibt
nicht aus, dass für das analytische CRM die anderen Bereiche von grosser Bedeutung
sind, und dass das ganze System ein komplexes Gebilde darstellt.
Wie schon erwähnt, ist dieses Gebilde in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil
handelt es sich um den strategischen Bereich des CRM. Er beinhaltet in einem ersten
Schritt die „Kundengewinnung“, gefolgt von „Cross- und Up-Selling“, dann die
„Kundenbindung“ und zuletzt die „Kundenrückgewinnung“. Im zweiten Teil handelt
es sich um das operative CRM. Dieser Bereich beinhaltet eine Wirkungskette
zwischen dem „Marketing“, dem „Verkauf“ und dem „After Sales Service“. Diese
Bereiche sind eng mit der operativen Kundenbank verbunden. Wie die Abbildung
darstellt, sind sowohl das strategische CRM, als auch das operative CRM eng mit
dem analytischen CRM verknüpft, welches die analytischen Datenbanken beinhaltet.
Im Folgenden wird erklärt, was die Arbeit beinhaltet und wie sie aufgebaut ist.
Strategisches
CRM
Kundengewinnung
Cross-Selling
Up-Selling
Kundenbindung
Operatives
CRM
Marketing
After
Sales Service
Verkauf
Kundendatenbank
(operativ)
Kundenrückgewinnung
Analytisches
CRM
Datenbank
(analytisch)
Abbildung 1: CRM-Modell2
1.2 Aufbau der Arbeit
Im zweiten Kapitel werden die Grundlagen der Kundenverhaltensmodelle
dargestellt.
Hierbei
Kundenverhaltensmodelle
2
Eigene Darstellung.
wird
im
insbesondere
CRM-System
auf
die
eingegangen
Bedeutung
und
der
anhand
Kapitel 1: Einleitung
3
psychologischer Grundlagentheorien erläutert. Die einzelnen Datentypen werden
vorgestellt.
Anhand
dieser
Typologisierung
werden
verschiedene
Datenerhebungstechniken beschrieben. Im Anschluss an diese Einführung in das
Thema wird das Database Marketing beschrieben. Dies ist eine Vorgehensweise des
Marketings, die das Einbeziehen von Kundendaten und Kundenverhalten im
gesamten Prozess beinhaltet. Dazu wird das Research Analysis Detection Action
Reaction Modell (RADAR-Modell) des Database Marketing vorgestellt. Zur
Unterstützung der einzelnen Prozessschritte des Database Marketing kann das Data
Mining dienen. Diese technische Analyseform wird in einem weiteren Abschnitt
demonstriert. Hier wird insbesondere auf den Prozess, die Ziele und die Methoden
eingegangen. Des Weiteren werden die Einsatzmöglichkeiten des Data Mining im
Kundenlebenszyklus (Customer Life Cycle) dargestellt. Aus diesem Verfahren
resultieren Kundenmodelle. Diese Kundenprofile werden im letzten Abschnitt
erläutert.
Im dritten Kapitel geht es um Kundenbewertungsmodelle. Dort werden
Grundlagenbegriffe der Kundenbewertung erklärt. Anschliessend wird auf
traditionelle
Kundenwertmethoden,
insbesondere
auf
die
Scoring-Modelle
eingegangen. Zum Schluss des Kapitels wird ein Beispiel eines Recency Frequency
Monetary Ratio Modells (RFMR-Modell) aufgeführt und die entsprechenden
Vorteile wie auch Nachteile eines solchen Scoring-Modells erläutert.
Anschliessend an die beiden theoretischen Kapitel, die die Grundlagen der
Kundenverhaltensmodelle und der Kundenbewertungsmodelle dargestellt haben,
werden im vierten Kapitel die Zusammenhänge und die Beziehung zwischen den
beiden Modellen erläutert. In einem letzten Abschnitt wird die gesamte Arbeit
kritisch bewertet und weitere Fragestellungen zusammengetragen.
Kapitel 2: Kundenverhaltensmodelle
4
2 Kundenverhaltensmodelle
Im Folgenden werden die Kundenverhaltensmodelle beschrieben. In einem
ersten Abschnitt wird die Bedeutung der Kundenverhaltensmodelle veranschaulicht.
Die Datengrundlage wird im Kapitel 2.2 dargestellt. Aufbauend auf diesen
Informationen werden im Kapitel 2.3 die Grundlagen des Database Marketing
erläutert und durch das RADAR-Modell systematisiert. Im Kapitel 2.4 werden die
Grundlagen des Data Mining gegeben. Im letzten Abschnitt dieses Kapitels werden
Kundenmodelle und -profile vorgestellt. Diese Modelle resultieren aus den Daten,
die durch das Data Mining analysiert werden. Diese bilden ebenso die Grundlage für
das Database Marketing.
2.1 Bedeutung der Kundenverhaltensmodelle im CRM
In
dem
gesamten
Kundenbeziehungskreislauf
geht
es
darum,
den
gewinnbringenden Kunden angepasst, an dessen Bedürfnisse, optimal zu bearbeiten.3
Im Einzelnen bedeutet dies, dass man in einem ersten Schritt die Personen
herausfinden muss, die interessant sind für das Unternehmen.4 Diese Personen
werden daraufhin genau analysiert. Ein Ziel ist es alles über den Kunden zu erfahren,
um ihn bestmöglichst kennen zu lernen. Aufbauend auf einer detaillierten
Wissensbasis über den Kunden können geeignete Strategien entwickeln werden, um
den Kunden bedürfnisgerecht zu führen.5 Man möchte das Verhalten der Kunden
vorhersagen können, so dass auch die Reaktionen der Kunden auf eine bestimmte
Werbemassnahme des Unternehmens einschätzt werden können. Aus dieser
Sichtweise heraus wäre es somit möglich, nur noch effiziente Massnahmen
durchzuführen, die den Kunden definitiv zu dem Verhalten steuern, das vom
Unternehmen gewünscht wird.
Der Idealfall für ein Unternehmen ist die komplette Vorhersagbarkeit der
Reaktionen eines jeden Kunden. Dies wird im Stimulus-Response-Modell dargestellt
(S-R-Modell). Dieses Modell ist in der Abbildung 2 (A) veranschaulicht. Dieses
Modell geht davon aus, dass der Mensch wie eine Black-Box ist und jedes Verhalten
3
Vgl. Gabler (2002), S. 1893 ff.
4
Vgl. Schulze (2002), S. 17 ff.
5
Vgl. Zahn et al. (2003), S. 19.
Kapitel 2: Kundenverhaltensmodelle
5
des Menschen vorhersagbar ist. Bei einem bestimmten Stimulus reagiert der Mensch
immer mit der gleichen Reaktion. Jede Reaktion ist mit dem vorherigen Stimulus
gekoppelt. Dieses Modell hat sich aber als zu vereinfacht erwiesen.6
Das Stimulus-Organismus-Response-Modell (S-O-R-Modell) ist daher eine
erweiterte Entwicklung der vorherigen Darstellung. In der Abbildung 2 (B) ist das SO-R-Modell im Vergleich zum S-R-Modell aufgezeigt. Der Mensch wird hierbei
nicht mehr als Black-Box gesehen, sondern als ein Organismus, der sich ständig
weiterentwickelt.7
Dies
ist
auch
die
theoretische
Grundlage
der
Kundenverhaltensmodelle. Der Mensch ist ein sich ständig veränderndes Wesen, das
aufbauend auf seinen Erfahrungen und Umwelteinflüssen die jeweiligen Reaktionen
auf denselben Stimulus ändert. Das Verhalten eines Menschen zu prognostizieren, ist
nach diesem Modell nur denkbar, wenn man jedes einzelne Detail seines Organismus
kennt. Damit ist die vollständige Vorhersagbarkeit unmöglich.
Stimulus
Black Box
Response
Stimulus
Organism
Response
A
B
Abbildung 2: S-R-Modell (A) und S-O-R-Modell (B)8
Trotzdem wird der Datenbeschaffung ein grosser Wert zugestanden.9
Unternehmen möchten zumindest teilweise das Verhalten des Kunden vorhersagen
können und brauchen daher die detaillierten Kundendaten. Nur durch einen grossen
6
Vgl. Homburg/Krohmer (2006), S. 72-73.
7
Vgl. Myers (2005), S. 334 ff.
8
In Anlehnung an Schenk (2002).
9
Vgl. Zahn et al. (2003), S. 8.
Kapitel 2: Kundenverhaltensmodelle
Datenpool
kann
es
ermöglicht
6
werden,
den
Kunden
einzuschätzen
und
Wahrscheinlichkeiten für gewisse Verhaltensreaktionen anzunehmen.
Im Folgenden werden die verschiedenen Daten vorgestellt, die von einem
Unternehmen erhoben werden, um eine geeignete Analyse der Kunden
vorzunehmen.
2.2 Datengrundlage
In diesem Abschnitt werden die möglichen Kundendaten in einer Datenbank
systematisiert. Die Erhebungsmöglichkeiten der Informationen werden gezeigt und
anhand einiger Bespiele veranschaulicht.
2.2.1 Datentypen der Kundendatenbank
Nach Link/Hildebrandt (1993) kann das Informationsspektrum nach Grund-,
Potential-, Aktions- und Reaktionsdaten unterschieden werden.10 Im Folgenden
werden die vier Datentypen anhand von Link/Hildebrandt ausgeführt und durch
Beispiele ergänzt.11
Grunddaten sind Informationen über den Kunden, die sich über einen
längeren Zeitraum nicht verändern. Ebenfalls charakterisiert dieser Datentyp
Informationen, die nicht mit einem Produkt zusammenhängen. Hierzu zählen vor
allen Dingen Adressdaten, d.h. Informationen über den Namen, die Anschrift, die
Anrede, die Telefonnummer und die Email-Adresse. Des Weiteren können
Informationen nach verschiedenen Merkmalen strukturiert werden, die es später
erleichtern, die Kunden zu charakterisieren. Hierzu gehören geografische Kriterien,
soziodemografische Merkmale, psychografische Kriterien und kaufverhaltens- und
kauforientierte Kriterien. Geografische Kriterien sind Merkmale eines Kunden, die
sich ausschliesslich darauf beziehen, in welchem Viertel, in welcher Region oder in
welchem Land er lebt. Das Alter, das Geschlecht, die Ausbildung, der Beruf und der
Familienstand sind Beispiele für soziodemografische Kriterien einer Person.
Psychografische Kriterien sind z.B. die Meinung oder Einstellung eines Kunden.
Kaufverhaltens- oder kauforientierte Kriterien sind Informationen über die
10
Vgl. Link/Hildebrandt (1994), S. 6 ff.
11
Vgl. Link/Hildebrandt (1993), S. 34 ff.
Kapitel 2: Kundenverhaltensmodelle
7
bevorzugte Menge, den bevorzugten Preis oder die Qualität.12
Potentialdaten
hingegen
sind
Informationen,
die
zeigen,
welchen
produktspezifischen Bedarf der Kunde zu einem bestimmten Zeitpunkt hat. Dies sind
Daten wie z.B. Informationen über den produktspezifischen Gesamtbedarf, den
Bedarfszeitpunkt, die derzeitig vorhandenen Produkte oder der derzeitige
Leistungsanspruch. Die Informationen über den Wert des Kunden (siehe Kapitel 3.
Kundenbewertungsmodelle) gehören ebenso zu diesem Datentyp.13
Aktionsdaten dokumentieren alle Massnahmen, die das Unternehmen
einleitet, um den Kunden an sich zu binden und eine Beziehung herzustellen. Zu den
Aktionsdaten zählen alle Aufzeichnungen über die Aktivitäten des Unternehmens
selber, aber auch die Aktionsdaten der Konkurrenzfirmen. Hier müssen insbesondere
die Art der Aktivität, die Intensität, die Zeitpunkte, die Häufigkeit und die Inhalte des
Kundenkontaktes aufgezeichnet werden.14
Reaktionsdaten sind alle gesammelten Informationen über die Reaktion des
Kunden. Diese Daten geben damit direkt Aufschluss über die Wirksamkeit der
eingesetzten Massnahmen und stehen daher in einem engen inhaltlichen Kontext zu
den Aktionsdaten.15
Im folgenden Abschnitt werden die Erhebungsmöglichkeiten für die vier
verschiedenen Datentypen dargestellt.
2.2.2 Datenerhebungsmethoden
Um die zu den Grunddaten gehörenden Adressdaten zu generieren kann sich
ein Unternehmen dafür entscheiden, die Daten selber zu erheben oder die
Informationen
von
externen
Anbietern
käuflich
zu
erwerben.
Bei
der
unternehmenseigenen Generierung können Preisausschreiben, Coupon-Anzeigen,
Messekontakte oder Freundschaftswerbung eingesetzt werden. Der Fremdbezug
hingegen
kann
über
merkmalsbezogenen
Adressverlage
Informationen
vorgenommen
können
anhand
werden.
Die
bestehender
anderen
Kataloge
zusammengetragen werden. Hier gibt es z.B. die geografischen Gebiete der
12
Vgl. Link/Hildebrandt (1993), S. 34-37.
13
Vgl. Link/Hildebrandt (1993), S. 37-40.
14
Vgl. Link/Hildebrandt (1993), S. 40.
15
Vgl. Link/Hildebrandt (1993), S. 40-42.
Kapitel 2: Kundenverhaltensmodelle
8
Marktforschungsunternehmung Nielsen. Ebenso können Regio- oder Life-StyleTypen auf Grundlage der allgemeinen Kundendaten definiert werden.16
Die Potentialdaten beinhalten Informationen über den Marktanteil, den man
bei einem Kunden einnimmt. Bei einem Neukunden ist dieser Marktanteil bei 0%.
Bei einem bestehenden Kunden wird dieser Anteil grösser sein, z.B. 30%.
Zielvorgaben in diesem Bereich liegen bei 100%, da ein Unternehmen gerne die
gesamten Bedürfnisse eines Kunden mit seinen eigenen Produkten befriedigt. Diese
Daten müssen aufwändig über Befragungen oder Beobachtungen generiert werden.
Jedoch ist es oft schwierig, diese Informationen von den Kunden zu bekommen, da
sie ihre zukünftigen Bedarfswerte ungern preisgeben. Eine Ausnahme bilden die
Bereiche in denen der Kunde befürchten muss zu einem späteren Zeitpunkt in einen
Engpass zu kommen, wenn das Produkt nicht auf Lager ist. In diesem Fall arbeiten
die Kunden meistens mit den Unternehmen zusammen, so dass beide eine bessere
Planung machen können. Da es sehr schwierig ist, die Daten zu erhalten wird meist
von ähnlichen aussagewilligeren Kunden auf andere nicht aussagewilligen Kunden
mit ähnlichen Merkmalen geschlossen. Die grösste Schwierigkeit liegt meistens in
der Bestimmung des Bedarfszeitpunkts. Die Befragungen können in die Richtung
einer Vertragslaufzeit etc. gehen. Des Weiteren benutzt man Expertenbefragungen,
um diese Daten zu erhalten. Diese Experten eines Unternehmens können aufgrund
von bestimmten Grund- oder Reaktionsdaten auf den zukünftigen Bedarf schliessen.
Diese Methode ist sehr kostengünstig und kann sogar automatisiert durch ein
Expertensystem vorgenommen werden. Durch die genannten Verfahren werden die
Daten nur sehr ungenau erhoben. Trotzdem sollte nicht auf die Generierung der
Potenzialdaten
verzichtet
werden.
Diese
Aufgaben
können
jedoch
den
Marktforschungsunternehmen übergeben werden, da dies die eigenen Anstrengungen
erheblich minimiert.17
Die eigenen Aktionsdaten können mühelos erhoben werden. Hier werden
sämtliche Daten bezüglich der Aktivitäten des Unternehmens dokumentiert. Alle
kundengerichteten Massnahmen sind hier aufzuführen. Diese Informationen dienen
vor allen Dingen der späteren Erfolgskontrolle. Die Kontrolle bietet damit
Möglichkeiten, den weiteren Prozess zu optimieren. Diese Daten von anderen
16
Vgl. Link/Hildebrandt (1993), S. 34-37.
17
Vgl. Link/Hildebrandt (1993), S. 37-40.
Kapitel 2: Kundenverhaltensmodelle
9
Unternehmen zu erhalten, ist etwas schwieriger.18
Bei den Reaktionsdaten werden alle Informationen gesammelt, die eine
Reaktion des Kunden auf eine Massnahme beinhalten. Dazu gehören alle Anrufe,
Aufträge und Beschwerden. Diese Daten können in den Call Centern der
Unternehmen direkt erhoben werden und in die Datenbank eingetragen werden. Des
Weiteren können die Kundenreaktionen in ökonomischen Erfolgsgrössen gemessen
werden, wie z.B. den Deckungsbeitrag oder die Umsatzhöhe. Die Kundeneinstellung
oder
die
Kundenkenntnisse
bezüglich
der
Produkte
lassen
sich
als
19
ausserökonomische Erfolgsgrössen erheben.
Aufbauend
auf
die
verschiedenen
Datentypen
lässt
sich
dieses
Informationsmaterial analysieren und im CRM-System anwenden. Die Ziele des
Database Marketing können mit diesen Daten verwirklicht werden.
2.3 Grundlagen des Database Marketing
Im folgenden Abschnitt wird die Bedeutung der eben beschriebenen Daten
veranschaulicht. Das Database Marketing wird vorgestellt. Anschliessend wird das
RADAR-Modell des Database Marketings erläutert.
2.3.1 Database Marketing
Im Database Marketing geht es um die Bearbeitung der Kunden aufbauend auf
einer Datenbank. Diese Verfahren versuchen alle Prozessschritte durch die
Informationen aus der Datenbank zu unterstützen.20 Dadurch soll ein individuelles
Marketing ermöglicht werden, so dass jeder Kunde eine auf seine persönlichen
Eigenschaften hin zugeschnittene Werbebotschaft erhält. Diese individualisierte
Ansprache ist die Zielsetzung des Individual-Marketings und gleichzeitig die
Grundidee des Database Marketings.21 Dem „richtigen Kunden [soll] zum richtigen
Zeitpunkt ein massgeschneidertes Informations- und Leistungsangebot“ gemacht
18
Vgl. Link/Hildebrandt (1993), S. 40.
19
Vgl. Link/Hildebrandt (1993), S. 40-42.
20
Vgl. Link/ Hildebrand (1993), S. 30.
21
Vgl. Link/ Hildebrand (1993), S. 29.
Kapitel 2: Kundenverhaltensmodelle
10
werden.22 Dafür müssen die Kundendaten gesammelt werden und anschliessend
adäquat analysiert werden.
2.3.2 Research Analysis Detection Action Reaction Modell
Aufbauend auf den Grundideen des Individual-Marketings und des Datebase
Marketings kann der Informationsbeschaffungsprozess systematisiert werden. Nach
Link/Hildebrandt (1993) kann das Research Analysis Detection Action Reaction
(RADAR) Prinzip bei der Datengenerierung helfen und den Analyseprozess
optimieren. Das RADAR-Modell ist in der Abbildung 3 dargestellt.
„R“ steht für „Research“ und bezeichnet die Beschaffung von Daten über
potentielle Kunden. „A“ steht für „Analysis“ und beschreibt den Vorgang zur
Analyse der gewonnenen Daten. „D“ bedeutet „Detection“ und beinhaltet das
Identifizieren von Chancen und Risiken. Das zweite „A“ symbolisiert „Action“ und
beschreibt die Planung und Gestaltung der kundenspezifischen Massnahmen. Das
zweite „R“ steht für „Reaction“ und beinhaltet die Reaktionsdaten der Kunden auf
die Aktionen des Unternehmens. Aus diesen fünf Prozessschritten muss die
Unternehmung, wie ein Radar, die Informationen ermitteln und diese in die
Datenbank einfliessen lassen. Die Kundendatenbank wiederum unterstützt die
Prozessschritte „Analysis“, „Detection“ und „Action“.23
Research
Analysis
Kundendatenbank
Detection
Radar
Action
Reaction
Abbildung 3: RADAR-Modell des Database Marketing24
22
Link/ Hildebrand (1993), S. 30.
23
Vgl. Link/ Hildebrand (1993), S. 30-31.
24
In Anlehnung an Link/Hildebrand (1993).
Kapitel 2: Kundenverhaltensmodelle
11
Diese Systematisierung der Prozessschritte deckt sich mit der vorherigen
Strukturierung der Daten im Kapitel 2.2. Die Grund- und Potentialdaten werden in
der Analysephase erhoben. Hingegen werden die Aktionsdaten in der Aktionsphase
vom Unternehmen generiert und in der Phase „Reaction“ werden die Reaktionsdaten
der Kunden erhoben.
Das Unternehmen muss sinngemäss seinen Radar in die optimalen
Richtungen lenken und die bestmöglichsten Informationen generieren. Ausgerichtet
auf die Datengenerierung kann ein optimales Marketing auf Datenbasis erfolgen.25
Im Folgenden wird das Data Mining vorgestellt. Dies ist ein technisches
Verfahren, welches das Database Marketing unterstützen kann.
2.4 Grundlagen des Data Mining
Die Phasen des RADAR-Modells können mittels des Data Mining unterstützt
werden. Das Data Mining ist eine technische Lösung zur Auswertung von grossen
Datenmengen. Der Begriff Data Mining kommt ursprünglich aus dem Bergbau.
Mining wird assoziert „mit grossem technischem Aufwand enorme Gesteinsmengen
maschinell ab[zu]bauen und aufzuarbeiten […], um Edelmetalle und Edelsteine zu
fördern“.26 Im Data Mining werden analog dazu grosse Datenmengen durch
verschiedenste Techniken gebündelt und nach neuen Informationen untersucht.27
Das
Data
Mining
soll
den
Traum
eines
„gläsernen
Kunden[s]“
verwirklichen.28 Durch die Durchsuchung der gesamten Informationen über einen
Kunden sollen exakte Kundenprofile erstellt werden, die eine individuelle Ansprache
des Kunden ermöglichen.29
Durch verschiedene Techniken, die im Abschnitt 2.4.2 genauer erläutert
werden, kann das Data Mining aus grossen unüberschaubaren Datensätzen Muster
herausfinden, die zur Einteilung der Kunden dienen. Durch die Strukturierung der
Daten lassen sich die Kundeninformationen zu einzelnen Kundenmodellen
zusammenfassen.
25
Vgl. Link/Hildebrand (1993), S. 30-31.
26
Wilde/Hippner (2004), S. 19.
27
Vgl. Berry/Linoff (1997), S. 5.
28
Wilde/Hippner (2004), S. 313.
29
Vgl. Wilde/Hippner (2004), S. 313.
Kapitel 2: Kundenverhaltensmodelle
12
Im Gegensatz zu bisherigen Methoden bietet das Data Mining eine erhebliche
Automatisierung der Überprüfung der Zusammenhänge innerhalb der Daten.30
Im Folgenden wird der Data Mining Kreislauf dargestellt. Anschliessend
werden die Ziele definiert und die Methoden erläutert. Zum Abschluss dieses
Abschnittes wird gezeigt, in welchen Phasen des Kundenlebenszyklus das Data
Mining eingesetzt werden kann.
2.4.1 Data Mining Kreislauf
Der Data Mining Kreislauf kann anhand des Prozessmodells CRISP-DM
(Cross Industry Standard Process for Data Mining31) dargestellt werden. Dieses
Modell zeigt einen typischen Data Mining Ablauf in sechs Phasen. Im Folgenden
wird in Anlehnung an Meyer et al. (2001) dieser Prozess dargestellt.32
Die Reihenfolge der Phasen kann je nach dem spezifischen Projekt flexibel
verändert werden. Der äussere Kreis symbolisiert die oft Phasen übergreifenden
Lernprozesse und Abhängigkeiten (siehe Abbildung 4). Das Modell passt sich
ständig an Änderungen und neuen Gegebenheiten an.
Jedes Data Mining Projekt beginnt mit einem spezifischen Geschäftsproblem.
Dieses Problem muss in Zusammenhang mit den vorhandenen Daten in ein Data
Mining Ziel umformuliert werden. Diese Phase wird „Business Understanding“
genannt. In der zweiten Phase müssen die Daten betrachtet werden. Eine inhaltliche
Auseinandersetzung mit den vorhandenen Rohdaten wird durchgeführt. Diese Phase
wird als „Data Understanding“ bezeichnet. In der Phase „Datenaufarbeitung“ werden
die Datensätze meist bereinigt, selektiert, aggregiert und umformatiert. Erst in der
Folgephase „Modellierung“ werden die Data Mining Algorithmen eingesetzt und die
Modellierungstechniken ausgewählt und durchgeführt. In der „Evaluierungsphase“
werden die gewonnenen Ergebnisse gesichtet und beurteilt. Die resultierenden
Erkenntnisse wirken sich wieder auf die nächsten Projekte aus, so dass eine direkte
Rückkopplung zur ersten Phase besteht. In der letzten Phase des Prozesses werden
30
Vgl. Wilde/Hippner (2004), S 19.
31
CRISP ist eine Initiative zur Bildung eines standardisierten Prozessmodells. Dieses Modell soll
technologie- und branchenunabhängig sein. Die Initiative ist gefördert von der Europäischen
Kommission und den Unternehmen SPSS, NCR, DaimlerChrysler und OHRA.
32
Vgl. Meyer et al. (2001), S. 123 ff.
Kapitel 2: Kundenverhaltensmodelle
13
die Ergebnisse umgesetzt und implementiert.
2. Data Understanding
3. Datenaufarbeitung
1. Business
Understanding
4. Modellierung
6. Umsetzung der
Ergebnisse
5. Evaluation
Abbildung 4: Data Mining Prozess33
2.4.2 Ziele und Methoden des Data Mining
Wie im vorangegangenen Kapitel beschrieben wurde, steht am Anfang eines
jeden Data Mining Projekts ein Geschäftsproblem. Dieses Problem soll gelöst
werden. Aufgrund dessen werden die konkreten Data Mining Ziele festgelegt. Diese
möglichen Ziele werden im Folgenden vorgestellt und erläutert. Ebenso werden die
dazugehörigen Data Mining Methoden beschrieben. Die Beschreibungen stützen sich
auf die Ausführungen von Nakhaeizadeh et al. (1998).34
Ein Ziel des Data Mining ist die so genannte Segmentierung. Hierbei möchte
man die Daten so aufspalten, dass Teilmengen entstehen, die in sich homogen sind.
Die so entstehenden Segmente sollen „interessante und sinnvolle Teilmengen oder
Klassen“
bilden.35
Grosse
Datenmengen
werden
durch
diese
Verfahren
übersichtlicher und können zu weiteren Entscheidungen beitragen. Dieses Ziel
33
In Anlehnung an Meyer et al. (2001), S.124.
34
Vgl. Nakhaeizadeh et al. (1998), S. 7 ff.
35
Nakhaeizadeh et al. (1998), S. 7.
Kapitel 2: Kundenverhaltensmodelle
14
erreicht man anhand der Clusteranalyse. In der Statistik gibt es verschiedene
Methoden, Cluster von Daten zu bilden.36 In der Praxis kann diese Verfahrensgruppe
dazu dienen, interessante von uninteressanten Segmenten zu trennen. Dies ist z.B. bei
der Auswahl der Zielgruppe besonders wichtig.
Ein weiteres Ziel des Data Mining ist die Klassifikation von Daten. Hierbei
können ex ante definierten Klassen neue Objekte zugeordnet werden. Ausgehend von
einer Segmentierung können Klassen gebildet werden. Neu dazukommende Daten
können nach den definierten Merkmalen den verschiedenen Klassen zu geordnet
werden. Hierzu werden die Klassifikationsmethoden verwendet. Zu diesen Methoden
gehören Verfahren wie die statistische Diskriminanzanalyse, aber auch künstliche
neuronale
Netze,
baumbasierte
Entscheidungsverfahren
und
regelbasierte
Verfahren.37 Die Klassifikation kann z.B. bei der Entscheidung über die
Kreditwürdigkeit eines Kunden bedeutend sein. Erfahrungswerte können anhand der
Klassifikationsmethoden zeigen, ob der Kunde der Klasse der „Kreditwürdigen“
oder der Klasse der „ Nicht-Kreditwürdigen“ angehört.38
Des Weiteren bietet Data Mining die Möglichkeit, Prognosen zu erstellen.
Dadurch möchte man auf fehlende Merkmale eines Kunden schliessen können.
Andererseits möchte man aber auch eine Vorhersage über zukünftiges Verhalten des
Kunden machen können. Mittels statistischer Verfahren, wie die einfache oder
multiple Regressionsanalyse, werden diese Ziele erreicht und eine Prognose möglich
gemacht. Auch Verfahren der neuronalen Netzwerke bieten sich zur Zielerreichung
an.39 Diese Methoden können z.B. im Bereich des Qualitätsmanagment eingesetzt
werden. Hier kann es von grosser Bedeutung sein, Daten der Herstellung und
Verarbeitung zu analysieren und um von diesen Informationen auf die Qualität der
Produkte schliessen zu können.40
Im kommenden Abschnitt wird gezeigt, wie das Data Mining den gesamten
Kundenlebenszyklus unterstützen kann.
36
Vgl. Nakhaeizadeh et al. (1998), S. 17 f.
37
Vgl. Nakhaeizadeh et al. (1998), S. 11 ff.
38
Vgl. Nakhaeizadeh et al. (1998), S. 24.
39
Vgl. Nakhaeizadeh et al. (1998), S. 18.
40
Vgl. Nakhaeizadeh et al. (1998), S. 25.
Kapitel 2: Kundenverhaltensmodelle
15
2.4.3 Data Mining und der Kundenlebenszyklus
Nach Wilde/Hippner (2004) kann das Data Mining den gesamten
Kundenlebenszyklus (Customer Life Cycle) unterstützen und in den verschiedenen
Phasen eingesetzt werden. In der Abbildung 5 ist der Kundenlebenszyklus
abgebildet.
Abbildung 5: Kundenlebenszyklus41
In der ersten Phase, in der die potentiellen Kunden identifiziert werden
müssen, kann das Data Mining den Prozess unterstützen. Das Data Mining kann die
Zielgruppenselektion erleichtern, indem aus den vorhandenen Personendaten
Segmente gebildet werden. Anhand der später beschriebenen Scoring-Modelle
werden diese Segmente bewertet, so dass die interessanten Klassen sichtbar werden.
In dieser Phase stützt man sich auf Adressdaten, Kontaktverläufe und
soziodemografische und geografische Daten.
Wenn die Person aktueller Kunde des Unternehmens geworden ist, beginnt
eine neue Phase. Hier können die Warenkörbe analysiert werden. Die Cross-Selling
oder Up-Selling Möglichkeiten werden ermittelt. In dieser Phase kann man auf
Zahlungsdaten,
Produktnutzung,
Kommunikationspräferenzen
und
sogar
Selbstauskünfte des Kunden zurückgreifen und die Analyse vornehmen.
Die letzte Phase beinhaltet die verlorenen und die reaktivierten Kunden.
Dieses Kundensegment ist besonders sorgfältig zu bearbeiten. Hierbei können
Churn-Analysen den Prozess unterstützen. In dieser Phase kann man z.B. den
Kündigungsgrund als Datenbasis benutzen.
41
Wilde/Hippner (2004), S.20.
Kapitel 2: Kundenverhaltensmodelle
16
2.5 Kundenmodelle und Kundenprofile
Mittels der gemeinsamen Sammlung der vier Datentypen soll der Versuch
gemacht werden, aus diesen Informationen ein möglichst realitätsgetreues
Kundenmodell zu entwickeln.42 Das Date Mining unterstützt die Ziele des Database
Marketing, indem es grosse Datenmengen mittels der beschriebenen Verfahren zu
einzelnen Kundenmodellen abstrahiert und ordnet.
Die gefundenen Kundenmodelle dienen dazu, die einzelnen Personen zu
Personengruppen, so genannten Segmenten, zusammenzufassen. Diese Segmente
sind in sich homogen und im Vergleich zu anderen Segmenten heterogen.43 So
können die Massnahmen auf die verschiedenen Segmente zugeschnitten werden.
Man muss nicht jede Person einzeln betrachten, sondern kann gezielte
Segmentsansprachen erarbeiten. Die Segmente müssen jedoch einheitlich sein und
auch über die Zeit hinweg stabil bleiben. Nur so ist eine Pflege und Kontrolle der
Segmentsstrategien möglich.44 Ist die Kontinuität nicht gewährleistet, würden sich
Segmente für das Marketing ebenso darstellen, wie Einzelpersonen. Die einzelnen
Segmente würden sich immer wieder neu zusammensetzten, so dass ständig eine
Strategieanpassung vorgenommen werden muss. Um geeignete Strategien ableiten zu
können und die Segmente sinnvoll bearbeiten zu können, müssen die
zusammengefassten Kunden ähnliche Bedürfnisse haben und die gleichen
Kundenprozesse
bevorzugen.
Darauf
aufbauend
können
die
Kunden
bedürfnisgerecht und individuell angesprochen werden. Der Kunde fühlt sich, als
würde er persönlich angesprochen, da die Ansprache auf ihn zugeschnitten ist. In der
Realität gehört er jedoch zu einem Kundensegment, in dem alle Personen ähnliche
Bedürfnisse und Eigenschaften haben wie er.
Ebenso kann das Klassifikationsverfahren des Data Mining dazu beitragen,
dass der gesamte Marketing-Prozess auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtet wird.
Jeder neue Kunde kann mittels der Klassifikation den bestehenden Klassen
zugeordnet werden. So kann ein Neukunde innerhalb kürzester Zeit eine individuelle
Werbeansprache erhalten.
Die Prognosemethoden können dazu dienen, die bestehenden Segmente
42
Vgl. Link/Hildebrand (1994), S. 7.
43
Vgl. Reichhold (2006), S. 169.
44
Vgl. Reichhold (2006), S. 169.
Kapitel 2: Kundenverhaltensmodelle
17
einzuschätzen und z.B. die Abwanderungswahrscheinlichkeit auf Grundlage
allgemeiner Merkmale eines Segments zu bestimmen.45
Im Allgemeinen kann man summierend feststellen, dass mittels des Data
Mining Kundenmodelle oder Kundenprofile erstellt werden. Wie Neckel/Knobloch
(2005) es darstellen, beruhen Kundenprofile auf den genannten Datentypen, die im
Data Mining analysiert werden. Neckel/Knobloch (2005) fassen die Grund- und
Potentialdaten in Deskriptionsdaten und die Aktions- und Reaktionsdaten in
Transaktionsdaten zusammen. Diese Datenmengen ergeben ein Kundenprofil. Das
Data Mining ermöglicht die automatische Zusammenstellung dieser Daten zu einem
übersichtlichen Kundenmodell. 46
Da nicht alle Kunden für ein Unternehmen interessant sind, müssen aufbauend
auf den Kundenmodellen, die Kundensegmente in Rangreihenfolgen gebracht
werden. Hierzu versucht man, die Kundensegmente zu bewerten. Diese Verfahren
und Möglichkeiten der Kundenbewertung werden im folgenden Kapitel genauer
erläutert.
45
Vgl. Meyer et al. (2001), S. 2.
46
Vgl. Neckel/Knobloch (2005), S. 58 f.
Kapitel 3: Kundenbewertung
18
3 Kundenbewertung
Um die Kunden bewerten zu können, ist es von grossem Vorteil zu wissen, was
überhaupt unter dem Begriff Kundenwert verstanden wird. Im nächsten Abschnitt
wird dies genauer erläutert. Dazu wird in einem ersten Abschnitt der Kundenwert
definiert. Einerseits aus Sicht des Kunden selber, aber auch aus Sicht des Anbieters.
Um den Kundenwert zu analysieren, spielen einige wesentliche Einflussfaktoren eine
Rolle, die ebenfalls erläutert werden. In einem weiteren Abschnitt wird erklärt, wie
Kundennutzen generiert wird. Um die Kunden zu bewerten und dementsprechend
auszuwählen, werden Kundenbewertungsmodelle eingeführt. Es existieren ein- und
mehrdimensionale Kundenbewertungsmodelle, die in einem weiteren Abschnitt
darlegt werden. Das meist angewendete Modell ist das so genannte RFMR-Modell.
Dieses gehört zu der Kategorie der Scoring-Modelle. Auf genau diese Art von
Kundenbewertungsmodellen wird im letzten Teil des 3. Kapitels eingegangen und
zusätzlich deren Vor- und Nachteile beschrieben.
3.1 Kundenwert
Der Begriff „Kundenwert“ bietet einen grossen Interpretationsspielraum. In der
amerikanischen Literatur wird dieser Begriff vor allem im Konstrukt des „Customer
Value“ weiter ausgedehnt. Grund dafür ist, dass sich ein Kunde je nach erhaltenen
oder
zu
erwartenden
Nettonutzen
entscheidet,
eine
Geschäftsbeziehung
aufrechtzuerhalten oder zu beenden.47 Dieser Nettonutzen - oder auch Kundennutzen
genannt - ist somit der Wert, den ein Kunde aus einer Geschäftsbeziehung bemisst.
Aus Sicht des Anbieters kann unter „Kundenwert“ der bewertete Beitrag eines
Kunden, beziehungsweise des gesamten Kundenstamms zur Erreichung der
monetären oder auch der nicht monetären Ziele verstanden werden.48 Daraus folgend
ist
in
einem
weiteren
Schritt
zu
definieren,
ob
die
Gesamtheit
der
Kundenbeziehungen eines Anbieters zu bewerten ist. Diese Gesamtheit bezeichnet
man als Kundenstammwert (Customer Equity). Des Weiteren muss definiert werden,
ob einzelne Kundensegmente oder gar individuelle Kundenbeziehungen die
47
Vgl. Wilde/Hippner (2004), S. 300.
48
Vgl. Wilde/Hippner (2004), S. 300.
Kapitel 3: Kundenbewertung
19
eigentlichen Bewertungskriterien bilden.49 „Unter zeitbezogenen Aspekten kann sich
ein solcher Kundenwert auf einen historischen Zeitpunkt beziehen und
Vergangenheits- bzw. Ist- Werte enthalten, aus denen Schlüsse gezogen werden
können. Zumeist interessanter ist aber der potentielle, also zukünftig zu erwartende
Wertbeitrag von Kunden. Eine solche Potentialbetrachtung enthält naturgemäss
Prognoseelemente.“50
Wie nun ersichtlich wurde, ist der Kundenwert nichts anderes als der
Nettonutzen der Geschäftsbeziehung aus Anbietersicht. Aus Kundensicht ist der
Kundennutzen
der
erhaltene
oder
erwartete
Nettonutzen
aus
einer
Geschäftsbeziehung.51 Da sowohl der Kundenwert, als auch der Kundennutzen zwei
wesentliche Zielgrössen des CRM sind, wird in den folgenden Abschnitten auf deren
Einflussfaktoren näher eingegangen.
3.1.1 Einflussfaktoren des Kundenwerts
Kunden
können
im
Beziehungskontext
mit
einem
Unternehmen
unterschiedliche Rollen einnehmen. Sie können Konsumenten beziehungsweise
potentielle Nachfrager von Leistungen sein. Damit bilden sie einen Ertrags- und
Kostenfaktor für das Unternehmen heute und in Zukunft. Als Ressource gelten sie,
wenn sie Informationslieferanten für das Unternehmen bis hin zum Partner und CoProduzenten bei der Leistungsabwicklung darstellen. Sind sie Referenzträger, so
empfehlen sie das Unternehmen weiter. Durch Synergien bei der Produktion können
zusätzliche Erlös- und Kostenwirkungen anfallen.52
Diese verschiedenen Funktionen des Kunden können somit als Quellen des
Kundenwertes betrachtet werden und lassen sich in direkte und indirekte
Einflussfaktoren unterteilen. Zu den direkten Einflussfaktoren gehören Potentiale wie
Ertragspotentiale, Entwicklungspotentiale, Cross- und Up-Selling-Potentiale, wie
aber auch die Loyalitätspotentiale. Hingegen bei den indirekten Eiflussfaktoren sind
es die Referenz-, Informations-, Kooperations- und die Synergiepotentiale. Die
nachfolgende Abbildung 6 veranschaulicht, welche Komponenten zu welchen
49
Vgl. Wilde/Hippner (2004), S. 300.
50
Wilde/Hippner (2004), S. 300.
51
Vgl. Reichold (2006), S. 16.
52
Vgl. Reichold (2006), S. 17.
Kapitel 3: Kundenbewertung
20
Einflussfaktoren gehören.
Ziel
der
Kundenwertbestimmung
ist
schlussendlich
die
positive
Beeinflussung der Werttreiber.
Abbildung 6: Komponenten des Kundenwertes53
3.1.2 Einflussfaktoren des Kundennutzen
„Aus Kundensicht ist der erhaltene oder erwartete Nutzen entscheidend für
die Angebotsauswahl, für den Erhalt einer Geschäftsbeziehung und auch für die
Zahlungsbereitschaft.“54 Aus der Abbildung 7 geht hervor, dass viele verschiedene
Ausprägungen von Kundennutzen existieren.
Der Kundennutzen wird in zwei Grobeinteilungen gegliedert. Erstens wird er
eingeteilt in den Kundennutzen aus der Kernleistung. In diesem Fall bietet der
Anbieter das aus Kundensicht beste Produkt an. Dazu kann er alternativ
Kostenvorteile an den Kunden weitergeben und sich durch den günstigsten Preis von
der Konkurrenz differenzieren.55 Dies kann zum Beispiel durch Qualitätsvorteile,
Wirtschaftlichkeitsvorteile oder Innovationsvorteile ermöglicht werden.
Zweitens wird der Kundennutzen, der durch das CRM entsteht als Einteilung
des Kundennutzens verstanden. Dieser Kundennutzen entsteht im gesamten Verlauf
des Kundenprozesses. Der Kundennutzen durch CRM ist emotional geprägt. Die
Emotionen entstehen durch besondere Vertrautheit, Aufmerksamkeit, bevorzugte
53
Reichold (2006), S. 17.
54
Reichold (2006), S. 18.
55
Vgl. Reichold (2006), S. 18.
Kapitel 3: Kundenbewertung
21
Behandlung, wie auch durch eine konsistente Kommunikation.56 Hier handelt es sich
beispielsweise um Beziehungsvorteile, Koordinationsvorteile, Erklärungsvorteile und
weitere Vorteile.
Abbildung 7: Arten von Kundennutzen57
„Erreicht ein Unternehmen keine Differenzierung über die Leistung oder den
Preis, so ist Kundenkenntnis der Schlüssel zur Schaffung von Kundennutzen und zur
Differenzierung von der Konkurrenz.“58 Wenn sich ein Unternehmen nicht spezifisch
von anderen unterscheidet, erreicht es keinen Kundennutzen aus der Leistung. Daher
muss das Unternehmen den Kundennutzen durch das CRM generieren.
56
Vgl. Reichold (2006), S. 18.
57
Reichold (2006), S. 19.
58
Reichold (2006), S. 19.
Kapitel 3: Kundenbewertung
22
3.2 Kundennutzen generieren
Wie in Kapitel 2 dargestellt wird, ist es wichtig, eine konsistente
Kundendatenbank mit den verfügbaren Kundenstammdaten aufzubauen. Zudem
werden allen relevanten Informationen über den bisherigen Verlauf der
Kundenbeziehung wie aber auch den Bestellungen, Beschwerden und andere
Kundenkontakten benötigt. Diese werden anhand des Data-Mining verarbeitet.59
Somit besteht die eigentliche Herausforderung darin, aus den gesammelten
Informationen wertvolles, und damit im Ergebnis den Unternehmen hohes Wissen zu
generieren.60 „Die Möglichkeiten, aus den Kundeninformationen echten Mehrwert zu
schöpfen, werden dabei zum einen durch technische Aspekte und zum anderen durch
ökonomische Rahmenbedingungen abgedeckt. Die technischen Möglichkeiten
determinieren, welches Wissen sich aus den Kundendaten herausleiten lässt, und die
ökonomischen Rahmenbedingungen legen fest, welches Wissen gewinnbringend
verwertet werden kann.“61
Im folgenden Schritt stellt sich nun die Frage, welche Kunden aus dieser
grossen, erarbeiteten Kundendatenbank gewählt werden sollen, um konkrete
individualisierte Massnahmen vorzunehmen. Wie diese Kunden ausgewählt werden
wird im nächsten Abschnitt erläutert.
3.3 Kundenauswahl
Ein wesentlicher Teil der Aufgabenstellungen, der in einer Umsetzung einer
CRM-Strategie in der Praxis zu lösen ist, besteht darin, aus der Kundendatenbank
genau die Kunden auszuwählen, die geeignet sind, um konkrete Aktionen, wie
beispielsweise eine Werbekampagne, für ein Produkt zu realisieren.62
„Die Grundüberlegung dabei ist, dass sich aus den bekannten Merkmalen der
Kunden wie insbesondere dem bisherigen Kaufverhalten und - soweit verfügbar demographischen Angaben wie Alter, Geschlecht, und Wohnort bereits ex ante
Hinweise auf die Affinität der Kunden zu der fraglichen Aktion bzw. dem
59
Vgl. Wilde/Hippner (2004), S. 460.
60
Vgl. Wilde/Hippner (2004), S. 460.
61
Wilde/Hippner (2004), S. 460.
62
Vgl. Wilde/Hippner (2004), S. 461.
Kapitel 3: Kundenbewertung
23
beworbenen Produkt ablesen lassen.“63
Um genau dieses Problem lösen zu können, werden verschiedene, teils auch
aufwendige Techniken und statistische Verfahren angewendet. Die traditionellen
Kundenbewertungsmodelle gehören zu den Bewertungstechniken.
Abbildung 8: Kundenbewertungsmodelle 64
Abbildung 8 zeigt, dass es in der Wissenschaft und Praxis eine Vielzahl
verschiedener Methoden und Kriterien für Kundenbewertungsmodelle gibt. Bewertet
werden hierbei die Kunden oder Kundengruppen. Generell wird zwischen ein- und
mehrdimensionalen Analysemethoden differenziert.65 Der Unterschied liegt darin,
dass
die
eindimensionalen
Analysemethoden
entweder
auf
monetäre
Bewertungskriterien, wie zum Beispiel Umsatz, Kundenerfolg oder auf nicht
monetären Kriterien, wie beispielsweise die Kundenzufriedenheit oder der
Kaufhäufigkeit beruhen. Zu den monetären Modellen gehören die ABC- Analysen,
Kundenerfolgsrechnungen und das Customer Lifetime Value. Zu den nichtmonetären
hingegen,
gehören
die
Kundenzufriedenheitsanalysen
und
die
Kaufhäufigkeitsanalysen. Im Gegensatz dazu werden bei den mehrdimensionalen
Analysemethoden nicht nur absolut begrenzte Beziehungsausschnitte bewertet,
63
Wilde/Hippner (2004), S. 461.
64
Jahn (2007), S. 23.
65
Vgl. Serviceplan.de (2007).
Kapitel 3: Kundenbewertung
sondern
die
24
Kundenbeziehung
als
Ganzes.66
Im
Weiteren
werden
die
mehrdimensionalen Analysemethoden näher betrachtet. Zu den verschiedenen
Modellen gehören die Portfolioanalyse, Kundenwertmodelle und die ScoringModelle, auf welche später noch genau eingegangen wird.
Diese Methoden schliessen sowohl transaktions- als auch interaktionsbezogene
Kontakte ein. Es werden somit monetäre Umsatz- und auch Kundenerfolgsgrössen
miteinbezogen, aber auch Absatzmengen, Produktqualitäten, Referenzpotentiale,
Kundenzufriedenheiten.67 Hierzu gibt es drei wesentliche, mehrdimensionale
Kundenbewertungsansätze. Im kommenden Abschnitt wird differenzierter auf diese
Modelle eingegangen.
3.4 Scoring-Modelle
Das Scoring-Modell wird auch als Punktebewertungsmodell bezeichnet. Mit
diesem Modell wird versucht, von in der Kundendatenbank gespeicherten
Informationen auf das künftige Kaufverhalten der einzelnen Kunden zu schliessen.
Dabei wird hauptsächlich auf die Reaktionsdaten zurückgegriffen.68 „In diese
Punktbewertungsmodelle können grundsätzlich all jene Kriterien eingehen, von
denen das Unternehmen annimmt oder – besser – auf analytischem Weg empirisch
festgestellt hat, dass sie einen Erklärungsbeitrag für die Identifikation von Kunden
mit hoher / geringer Kaufwahrscheinlichkeit liefert.“ 69
Das
meist
angewendete
Scoring-Modell
ist
das
RFMR-Modell.
Die
Funktionsweise eines solchen Modells, wird im Kommenden genau aufgezeigt.
3.4.1 Recency Frequency Monetary Ratio Modell
Das RFMR- Modell wurde schon in den Zwanziger Jahren von amerikanischen
Versandhandelsunternehmen entwickelt und eingesetzt. Schon damals wurde es
angewendet, um die Qualität der Kunden zu bewerten. Heute wird dasselbe Modell
66
Vgl. Serviceplan.de (2007).
67
Vgl. Serviceplan.de (2007).
68
Vgl. Link/Hildebrand (1993), S. 48.
69
Link/Hildebrand (1993), S. 48.
Kapitel 3: Kundenbewertung
25
zum Teil in modifizierter Form benutzt.70 Die RFMR-Methode ist ein Scoringansatz.
Dieser stützt sich auf wenige Kundendaten, die allerdings alle aus der Absatzstatistik
stammen.71 RFMR steht für „Recency of last purchase“ (Zeitpunkt des letzten
Kaufes), „Frequency of purchase“ (Kaufhäufigkeit) und „Monetary Ratio“ (Wert des
Kaufes).72 „Die Grundidee des Modells besteht darin, dass nicht alle Kunden eines
Unternehmens die gleichen Kaufwahrscheinlichkeiten aufweisen, und demnach eine
entsprechende Klassifizierung einen effizienteren Einsatz, insbesondere des
Werbeinstrumentariums (Kataloge, Prospekte, usw.) erlaube.“73
Abbildung 9: Beispiel eines RFMR-Modells74
Von einem Punktwert ausgehend, erhalten die Kunden je nach ihrem
Kaufverhalten zusätzliche Punkte oder es werden ihnen Punkte abgezogen. Hierbei
wird einem Kunden, der erst kürzlich Käufe getätigt hat, ein höherer Punktewert
gutgeschrieben, als einem Kunden, der seinen letzten Kauf vor geräumiger Zeit
abgewickelt hat. Dies fällt unter die Kategorie „Recency“. Kunden wiederum, die in
einer bestimmten Zeitperiode mehrmals einkaufen oder bestellen, sind für das
Unternehmen grundsätzlich wertvoller als Einmalkunden. Dies ist das „Frequency“.
70
Vgl. Link/Hildebrand (1993), S. 48.
71
Vgl. Wilde/Hippner (2004), S. 405.
72
Vgl. Wilde/Hippner (2004), S. 405.
73
Link/Hildebrand (1993), S. 48.
74
Link/Hildebrand (1993), S. 49.
Kapitel 3: Kundenbewertung
26
Zuletzt sind natürlich die Kunden, die einen hohen Umsatz pro Bestellung
verursachen höher einzustufen, als diejenigen, die einen geringen Umsatz
erbringen.75
Umgekehrt werden Punkte abgezogen, wenn in einen Kunden investiert wird,
sprich, wenn beispielsweise Kataloge verschickt werden. Ein anderer Fall von
Punkteabzug wäre, wenn ein Kunde die bestellte Ware wieder zurücksendet. Dies
verursacht Kosten für das Unternehmen, das einen negativen Einfluss auf die
Kundenbewertung ausübt. Die Abbildung 9 ist ein Beispiel eines solchen RFMRModells.
Je höher nun die aktuelle Gesamtpunktzahl eines Kunden ist, desto höher ist
auch seine Bedeutung für das Unternehmen einzustufen. Zudem sind in einem
solchen Fall die Erfolgsaussichten eines Angebots günstiger. Das bedeutet also,
umso geringer der gesamte Score ist, umso geringer ist die Kaufwahrscheinlichkeit
des Kunden. Eine Kundenbewertung erfolgt somit über die Summierung aller
Punktwerte.76
In diesem Beispiel lassen sich für eine konkrete Werbeaktion Punkteintervalle
festlegen, so dass alle Kunden mit mehr als 75 Punkten einen Katalog erhalten. Die
Kunden, die im Punkteintervall zwischen 30 und 75 liegen, erhalten höchstens ein
Mailing mit beigehefteter Bestellkarte. Die restlichen Kunden, mit weniger als 30
Punkte werden nicht angesprochen.77
„Beim Versand von Katalogen und anderen Werbemitteln lassen sich mit
Hilfe dieser Methode Kosten in z.T. beträchtlichem Masse einsparen, da zu grosse
Streuverluste zunehmend vermieden werden können. Kundengruppen mit dauerhaft
sehr niedrigem Punktestand lassen sich gegebenenfalls gänzlich eliminieren.“78
Wie man im Beispiel sehen kann, werden die Kunden anhand einfacher
Kriterien bewertet. Welche weiteren Vorteile aber auch Nachteile ein solches Modell
mit sich bringt, wird im nächsten Abschnitt erläutert.
75
Vgl. Link/Hildebrand (1993), S. 48.
76
Vgl. Bruhn/Homburg (2003), S. 434.
77
Vgl. Link/Hildebrand (1993), S. 49.
78
Link/Hildebrand (1993), S. 49.
Kapitel 3: Kundenbewertung
27
3.4.2 Vor- und Nachteile von Scoring-Modellen
Ein wesentlicher Vorteil eines Scoring-Modells ist, dass es sich um ein
mathematisch einfach strukturiertes, aber auch um ein differenzierbares und
anpassungsfähiges Bewertungsverfahren handelt.79 Das Punktebewertungsverfahren
kann nämlich im Laufe der Zeit, unter Berücksichtigung der gewonnenen
Erkenntnisse, zunehmend verbessert oder verfeinert werden. Beispielsweise indem
Gewichtungen der einzelnen Faktoren vorgenommen werden. Verfeinert wird das
Modell, indem man weitere Faktoren in das Modell aufnimmt. Das kann der
Erstbestellwert
sein
oder
aber
Käufe
der
Vorperiode,
Zahlungsart,
Freundschaftswerbungen usw.
Ein weiterer Vorteil ist, dass Scoring-Modellen in verschiedenen Branchen,
Produkt- und Dienstleistungsbereichen einsetzbar sind. Da die Scoring-Modelle auf
die spezielle Zielkundschaft eines einzelnen Anbieters abgestimmt werden, führen
diese zu treffsicheren Ergebnissen.80
Nebst den genannten Vorteilen gibt es auch gewisse Nachteile eines solchen
Modells. Ein methodischer Mangel des Scoringverfahrens ist, dass mit Rangurteilen
rechnerische Operationen durchgeführt werden, die eigentlich nicht zulässig sind. Es
werden zum Teil subjektive Einschätzungen von Merkmalsausprägungen und
Gewichtungsfaktoren in Zahlenwerte umgeformt, deren Multiplikation, Addition
usw. im Endresultat eine Objektivität vortäuschen mag, die in Realität gar nicht
vorliegt.81 So kann es durchaus sein, dass durch die Verdichtung der gewichteten
oder ungewichteten Ratings zu einem Gesamtpunktwert wichtige Informationen
verloren gehen. Diesem Verlust kann man vorbeugen, indem ein Mindestwert bei
ausschlaggebenden Kundenmerkmalen vorgegeben wird. Unterschreitet der Kunde
diesen Mindestwert, dann ist er wirklich unattraktiv für das Unternehmen.82 Eine
weitere Problematik ist, nach welchen Bewertungskriterien man überhaupt vorgehen
soll. Diese werden teilweise intuitiv gewählt. Zudem vernachlässigt diese Methode
den Kaufrhythmus, also die zeitliche Abfolge der einzelnen Bestellungen.
79
Vgl. Wilde/Hippner (2004), S. 303.
80
Vgl. Kahle (2007), S. 18.
81
Vgl. Bruhn/Homburg (2003), S. 404.
82
Vgl. Bruhn/Homburg (2003), S. 404.
Kapitel 4: Beziehungen zwischen den Modellen
28
4 Beziehungen zwischen den Modellen
In diesem Kapitel werden die Beziehungen zwischen den beiden Modellen
dargestellt. In einem ersten Abschnitt werden die beschriebenen Grundlagen aus den
vorherigen Kapiteln zusammengetragen und systematisch in Zusammenhang
gebracht. Im Anschluss daran wird ein Ausblick gegeben, der nicht bearbeitete
Sachverhalte deklariert und offen gebliebene Fragen auflistet.
4.1 Zusammenhang
Durch die Zusammenfassung der Kunden zu mehreren Segmenten werden die
Kunden gebündelt. Jedoch erst durch die anschliessende Kundenbewertung wird
deutlich, welche Kunden wie angesprochen werden sollen. Ein Kunde bzw. ein
Kundensegment, das für das Unternehmen nicht sehr wertvoll ist, wird durch eine
sehr weniger individualisierte Ansprache bearbeitet.
Die individuelle Ansprache ist meist mit hohen Kosten verbunden. Diese Kosten
lohnen sich für das Unternehmen erst, wenn die Firma dem Kundensegment auch
eine hohe Profitwahrscheinlichkeit beimisst. Der Wert des Kunden ist daher sehr
entscheidend für die Planung der Bearbeitungsstrategie. Nur auf Grundlage
differenzierter Kundenmodelle können exakte Kundensegmente gebildet werden.
Diese Kundensegmente wiederum können nur genau bewertet werden, wenn die
enthaltenen Informationen viel über die Kunden aussagen und die Bewertung
aufbauend auf mehreren Kriterien gemacht werden kann. Aus dieser Sichtweise
heraus kann man davon ausgehen, dass eine Abhängigkeit zwischen den beiden
vorgestellten Modellen besteht. Die Kundenverhaltensmodelle generieren erst einen
offensichtlichen
Nutzen,
wenn
darauf
aufbauend
eine
Kundenbewertung
stattgefunden hat.
Ein weiterer Zusammenhang liegt offensichtlich darin, dass die erhaltenen
Kundendaten sorgfältig ausgewählt werden und diese in die Scoring-Modelle
eingesetzt werden, um schlussendlich den Kunden bewerten zu können. Daraus
resultiert das wichtige Ergebnis, inwiefern ein Kunde Profit auf das Unternehmen
ausübt
oder
nicht.
Anhand
der
Kundeninformationen
in
den
Kundenbewertungsmodellen stellt sich heraus, wie ein Unternehmen bezüglich der
zukünftigen Vorhaben reagieren soll. Dementsprechend kann man sagen, dass die
Kapitel 4: Beziehungen zwischen den Modellen
29
Kundenbewertungsverfahren ohne die Vorarbeit der Kundenverhaltensmodelle
unbrauchbar wären. Die Scoring-Modelle benötigen die Daten aus der Analyse der
Kundenverhaltensmodelle. Ohne diese Daten können keine Scoring-Modelle
aufgestellt werden. Hier liegt eine eindeutige Abhängigkeit der Scoring-Modelle von
den Kundenverhaltensmodellen vor.
4.2 Ausblick
Der Begriff „Kundenverhaltensmodelle“ ist etwas problematisch, da er aus
psychologischer Sicht andere theoretische Ansatzpunkte impliziert als die im CRM
beschriebenen Möglichkeiten. Die Kundenverhaltensmodelle beinhalten demnach die
Methoden zur Generierung von Kundenprofilen, jedoch keine allgemeinen
Kundenmodelle. Kundenmodelle müssten allgemeiner formuliert werden können,
damit sie als „Modelle“ bezeichnet werden können. „Kundenprofil“ hingegen kann
als Terminologie für die Beschreibung der einzelnen Kunden stehen.
In der vorliegenden Arbeit wurde im Bezug auf die Kundenverhaltensmodelle
vorrangig auf die Generierung der Kundenprofile durch das Data Mining
eingegangen. In der Idee des Database Marketing kann das Data Mining die
Kundenprofile erstellen. Diese Analysen beeinflussen den gesamten CRM Prozess.
In dieser Arbeit wurde der Fokus jedoch auf das analytische CRM gelegt.
Eine eindeutige Definition der Scoring-Modelle und deren Systematisierung
innerhalb der verschiedenen Kundenbewertungsverfahren stellen sich als sehr
schwierig dar. Die verschiedenen Autoren nehmen jeweils unterschiedliche und sich
widersprechende Einteilungen vor. Im Besonderen waren verschiedene detaillierte
Beispiele zu Scoring-Modellen nur sehr schwierig aufzufinden.
Durch
das
Bearbeiten
des
Themas
„Beziehungen
zwischen
Kundenverhaltensmodellen und Kundenbewertungsmodellen“ zeigte sich, dass diese
Beziehung zwischen den genannten Modellen nicht in der Literatur erwähnt wird.
Wie in der vorliegenden Arbeit herausgearbeitet wurde, handelt es sich bei der
Beziehung zwischen den beiden Modellen jedoch um eine Abhängigkeit. Aus diesem
Grund sollte dieser Zusammenhang stärker fokussiert werden. In der Erarbeitung von
CRM-Projekten können Fehler entstehen, wenn diese Beziehung missachtet wird.
Es wäre sehr interessant diese theoretischen Grundlagen anhand eines
Praxisbeispiels zu veranschaulichen.
Abbildungsverzeichnis
30
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: CRM-Modell ......................................................................................... 2
Abbildung 2: S-R-Modell (A) und S-O-R-Modell (B)................................................ 5
Abbildung 3: RADAR-Modell des Database Marketing........................................... 10
Abbildung 4: Data Mining Prozess............................................................................ 13
Abbildung 5: Kundenlebenszyklus............................................................................ 15
Abbildung 6: Komponenten des Kundenwertes ........................................................ 20
Abbildung 7: Arten von Kundennutzen..................................................................... 21
Abbildung 8: Kundenbewertungsmodelle ................................................................. 23
Abbildung 9: Beispiel eines RFMR-Modells ............................................................ 25
Abkürzungsverzeichnis
31
Abkürzungsverzeichnis
aCRM
analytisches Customer Relationship Management
CRM
Customer Relationship Management
RADAR-Modell
Research Analysis Detection Action Reaction Modell
RFMR-Modell
Recency Frequency Monetary Ratio Modell
S-O-R-Modell
Stimulus-Organism-Response-Modell
S-R-Modell
Stimulus-Response-Modell
Literaturverzeichnis
32
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[Abruf: 2007-05-15].
Veröffentlichung
35
Selbständigkeitserklärung
„Ich erkläre hiermit, dass ich diese Arbeit selbständig verfasst und keine andern als
die angegebenen Quellen benutzt habe. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäss
aus Quellen entnommen wurden, habe ich als solche kenntlich gemacht. Mir ist
bekannt, dass andernfalls der Senat gemäss Gesetz über die Universität zum Entzug
des aufgrund dieser Arbeit verliehenen Titels berechtigt ist.“
Freiburg, 11. Juni 2007
Sophie Liebherr
Freiburg, 11. Juni 2007
Kamala Schmidt-Holzmann
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