Strategische Handelspolitik und europäische - Wiwi Uni

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Strategische Handelspolitik und europäische Integration
Inhaltsverzeichnis
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1. Strategische Handelspolitik
1.1 Einleitung
2
1.2 Außenwirtschaftspolitik im Blickwinkel der Marktformen
2
1.3 Das Modell von Brander und Spencer
3
1.3.1 Annahmen von Brander und Spencer
4
1.3.2 Spieltheoretische Grundlagen
5
1.3.3 rent shifting
6
1.3.4 Praxisbeispiel: Flugzeugmarkt
6
1.4 Das Bertrand-Modell
7
1.4.1 Ergebnisse im homogenen Duopol
8
1.4.2 Ergebnisse im heterogenen Duopol
8
1.5 Vergleich der beiden Modelle
9
2. Europäische Integration
2.1 Einleitung
10
2.2 Das Optimum des Freihandels
11
2.3 Regionale Integration
2.3.1 Argumente für die regionale Integration
11
2.3.2 Das Modell von Viner
12
2.3.3 Erweiterung des Vinerschen Modells
13
2.3.4 Spieltheoretische Ergebnisse der regionalen Integration
13
2.4 Der Europäische Binnenmarkt
2.4.1 Der GATT-Vertrag und seine Ausnahmen
14
2.4.2 Freihandelszonen
15
2.4.3 Zollunionen: Die Europäische Gemeinschaft
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2.4.3.1 Historische Entwicklung
15
2.4.3.2 Mikroökonomische Effekte der EU
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2.4.3.3 Makroökonomische Effekte der EU
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2.5 Fazit und Zukunftsperspektiven
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Literaturverzeichnis
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Strategische Handelspolitik und europäische Integration
1. Strategische Handelspolitik
1.1 Einleitung
In den folgenden Abschnitten möchte ich zwei wesentliche Modelle der strategischen
Handelspolitik erläutern. Das Modell von Brander und Spencer, welches auf den Annahmen von Cournots Mengenwettbewerb beruht und das Modell von EatonGrossman, welches den Preiswettbewerb a la Bertrand zugrunde legt. Vorweg ist jedoch ein Blick auf die unterschiedlichen Marktformen notwendig, der im Abschnitt 1.2
gemacht wird. Zunächst wird auf die vollständige Konkurrenz und die Ergebnisse eingegangen, die sich aus dieser Annahme ergeben. Im Abschnitt 1.3 und 1.4 wird dann
auf das Duopol bzw. Oligopol eingegangen, wo die strategische Handelspolitik eine
wichtige Rolle spielt. Hier werden die Modelle von Brander und Spencer sowie von Eaton-Grossman erläutert und deren Ergebnisse präsentiert. Für das Brander und SpencerModell wird ein Praxisbeispiel gebracht, das von Krugman-Obstfeld 1994 entwickelt
wurde. Im Abschnitt 1.5 versuche ich ein Fazit zu ziehen und eine Bewertung der beiden Modelle sowie deren Ergebnisse vorzunehmen.
1.2 Außenwirtschaftspolitik im Blickwinkel der Marktformen
Die frühen Modelle zum Thema Außenhandelstheorie, das Modell der komperativen
Kosten von David Ricardo (1817) und das aus den Arbeiten von Eli Heckscher (1919)
und Bertil Ohlin (1933) entstandene Heckscher-Ohlin-Modell unterscheiden sich vor allem in den Annahmen über die Wettbewerbsform von der „Neuen Sicht des Außenhandels“. Die ersten beiden Modelle bauen auf den Annahmen der vollständigen Konkurrenz und der konstanten Skalenerträge in den handeltreibenden Ländern. Da dieses für
viele Bereiche des Wirtschaftslebens der Empirie widerspricht, wendet sich die „Neue
Sicht des Außenhandels“ anderen Wettbewerbsformen zu, insbesondere dem Oligopol
und dem Duopol.
Der große Unterschied der beiden Sichtweisen besteht darin, dass sie zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen und Folgerungen im Konflikt zwischen einer aktiven Wirtschaftspolitik und Freihandel kommen.
Cournot: Theorie des Mengenwettbewerbs geht auf den französischen Mathematiker Cournot (1838) zurück, deshalb ist er Namensgeber für das Modell der simultanen Entscheidung im Mengenwettbewerb.
Bertrand: Bertrand war ebenfalls französischer Mathematiker, der 1881 das Modell des Preiswettbewerbs
entwickelte und dieses dem Cournotmodell entgegensetzte.
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Zwar gibt es auch in der klassischen Sichtweise Argumente für aktive Wirtschaftspolitik, so
-
die Förderung von Industrien mit hoher Wertschöpfung pro Kopf
-
die Förderung von Industrieverbünden
-
die Förderung von Industrien mit zukünftigen Wachstumspotentialen und
-
Aufnahme der Herausforderung durch andere Industriestaaten (siehe KrugmanObstfeld, 1994).
Auch ist die klassische Sichtweise durchaus mit dem Argument vereinbar, dass Industrien unterstützt werden sollen, die Externalitäten liefern. Schon Friedich List (1841) hat
argumentiert, dass es sich z. B. bei neu geschaffenem know how um einen zusätzlichen
Output handelt, bei welchem es zu Marktversagen kommt, sofern dieses know how
auch von anderen (unentgeltlich) genutzt werden kann. In diesen Fällen ist also eine
Förderung solcher Zusatzoutput schaffenden Industrien durchaus mit der Theorie vereinbar. Generell kommen diese Modelle aber zu dem Ergebnis, dass sowohl die Weltwohlfahrt als auch die des einzelnen Landes bei Freihandel maximal ist. Im Umkehrschluss führen jegliche Eingriffe in den Freihandel, seihen es Zölle, Importquoten, oder
auch Subventionen für die einheimische Wirtschaft, zu Fehlallokationen, die die Gesamtwohlfahrt sowohl des einzelnen Landes als auch der gesamten Welt verringern. An
diesem Punkt liefert die „Neue Sicht des Außenhandels“ andere Ergebnisse: Auf oligopolistischen Märkten, insbesondere bei steigenden Skalenerträgen, ist eine aktive Wirtschaftspolitik in der Lage, die Konkurrenzbedingungen für den Gesamtmarkt zu verändern und so Extragewinne ins eigene Land umzulenken („rent shifting“, Brander und
Spencer; „beggar your neighbour policy“, Krugman-Obstfeld, 1994).
1.3 Das Modell von Brander und Spencer
Die Ökonomen der University of British Columbia Barbara Spencer und James Brander haben sich in Ihren Aufsätzen (1981,1983, 1985) erstmals mit dem Thema Außenwirtschaft unter den Bedingungen der unvollständigen Konkurrenz, z.B. durch partiell
steigende Skalenerträge, beschäftigt. Am einfachsten demonstriert werden können die
List, Friedrich: Deutscher Ökonom, verfasste 1841 das „Das nationale System der politischen Ökonomie“, Jena.
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Ergebnisse anhand eines Duopols, wobei die eine Firma ihren Sitz im Inland, die andere
im Ausland hat (Die Ergebnisse können begrenzt auch auf ein Oligopol übertragen werden, wie Dixit 1984 ausgeführt hat).
1.3.1 Annahmen von Brander und Spencer
Die Analyse von Brander und Spancer stützt sich auf den spieltheoretische Ansatz. Angenommen wird der Cournot-Fall, d.h., dass sich die Unternehmen im Mengenwettbewerb befinden. In diesem Fall entscheiden die Unternehmen über ihre Herstellungsmenge, während sich der Preis am Markt ergibt. Hier gibt es zwei mögliche Gleichgewichte: Das Nash-Gleichgewicht und das Stacklenberg-Gleichgewicht (StacklenbergFührerschaft)
Bei diesem Modell liegen einige Annahmen zu Grunde, die aber, wie später gezeigt
wird, für bestimmte Wirtschaftsbereiche sehr gut passen:
-
Das Modell setzt ein internationales Duopol voraus, also zwei Firmen, eine im Inland und eine im Ausland, die mit einem Produkt auf einem gemeinsamen Markt
konkurrieren.
-
Die Anzahl der Firmen ist fix, d.h. es besteht keine Gefahr, dass weitere Wettbewerber auf den Markt treten.
-
Das Modell ist so konstruiert, dass für die nationale Wohlfahrt nur Gewinne der
zwei Firmen abzüglich der Subventionen und Steuern relevant sind. Mögliche
Wechselwirkungen, beispielsweise über Zulieferer des jeweils anderen Landes,
werden nicht betrachtet.
-
Die Umverteilung durch Subventionen von den Steuerzahlern zu den Firmeneigentümern spielen für die Gesamtwohlfahrt in diesem Modell keine Rolle.
-
Auf Seiten der Produktnachfragern herrscht vollständige Konkurrenz.
-
Eine Erhöhung des Absatzes eines Unternehmens führt immer zu einer Verringerung des Gewinns der anderen Unternehmung.
-
beide Firmen befinden sich im Mengenwettbewerb und entscheiden simultan (d.h.
in „einem Informationsbezirk“) über ihre Produktion. Dabei wird angenommen,
dass der Gegenspieler seine Menge konstant hält, wenn man die eigene nicht ändert.
Bei dem Modell liegt zugrunde, dass sich beide Unternehmen gemeinsam einer Nachfragefunktion des Gesamtmarktes gegenüber sehen. Somit hängt ihre eigene Reaktion
nicht nur von den Nachfragern, sondern auch von dem Verhalten des Gegenspielers ab.
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Beide Unternehmen sind bestrebt, ihren Gewinn zu maximieren und kennen ihre Gewinnfunktionen (und auch die des Gegenspielers). So lässt sich für beide Unternehmen
mit Hilfe von Reaktionsfunktionen darstellen, mit welcher Angebotsmenge sie auf ein
bestimmtes Angebot des anderen reagieren.
1.3.2 Spieltheoretische Grundlagen
Antizipieren nun beide nicht nur die Reaktion des anderen, sondern auch, dass der andere ein entsprechendes Modell hat und
seinen Gewinn ebenfalls maximiert, so
ergibt sich das Gleichgewicht genau im
Schnittpunkt der beiden Reaktionsfunktionen. Hier ist ein stabiles
Gleichgewicht, da es sich für keinen der
beiden Spieler lohnt, von dieser Strategie abzuweichen. Dieses NashGleichgewicht dürfte der Regelfall auf
oligopolistischen Märkten sein, da niemand in der Lage ist, eine Führerschaft zu übernehmen.
Anders wäre der Fall, wenn einer der beiden Spieler in der Lage wäre, die StacklenbergFührerschaft zu übernehmen. D.h., ein Unternehmen entscheidet zuerst über seine Produktionsmenge, und das andere Unternehmen kann nur noch reagieren. Da das Unternehmen, das die Führerschaft hat, die Reaktionsfunktion des Gegenspielers kennt, kann
es seinen eigenen Gewinn mit Hilfe der Nachfragefunktion und Reaktionsfunktion des
Gegenspielers maximieren und im voraus über die Verteilung der Marktanteile entscheiden. Das sich hieraus ergebende Gleichgewicht nennt man StacklenbergGleichgewicht. Dieses Gleichgewicht führt somit zu einem höheren Gewinn für das
führende und zu einem niedrigeren für das reagierende Unternehmen.
Nash: Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften (1994) für die Anwendung der Spieltheorie in der
Ökonomie. Nash-Gleichgewicht: nicht-kooperatives Gleichgewicht bei optimaler Reaktion beider Parteien
Stacklenberg: deutscher Ökonom, schrieb 1934 „Marktform und Gleichgewicht“. StacklenbergGleichgewicht: Gleichgewicht bei Mengenführerschaft einer Partei im Oligopol
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1.3.3 rent shifting
Der Ansatz von Brander und Spencer ist nun, dem inländischen Unternehmen vom auf
dem Markt herrschenden Nash-Gleichgewicht zur Stacklenberg-Führerschaft zu verhelfen. Mit Hilfe von Subventionen ist eine Regierung in der Lage, die Reaktionsfunktion
des einheimischen Unternehmens nach rechts zu verschieben. Somit wird das inländische Unternehmen bei jeder vom Gegenspieler angebotenen Menge einen höheren Output erzeugen. Folge dieser höheren Produktion ist, dass dem anderen Unternehmen
nichts anderes übrig bleibt, als seine Menge auf das erhöhte Angebot des Konkurrenten
anzupassen. Im Optimalfall ist die Subvention gerade so groß, dass sich die beiden Reaktionsfunktionen genau im Gewinnoptimum des inländischen Unternehmens treffen,
dem Stacklenberg-Gleichgewicht.
Graphisch ist das StacklenbergGleichgewicht genau dort erreicht, wo
niedrigste, konkave Isogewinnkurve
(Niedrigere Kurve = höherer Ertrag) von
der Reaktionsfunktion des Auslandes gerade tangiert wird.
1.3.4 Praxisbeispiel: Flugzeugmarkt
Krugman-Obstfeld hat diese Theorie 1994 am Beispiel des Luftfahrtmarktes sehr eindrucksvoll illustriert. Im konkreten Fall geht es um den Kampf zwischen Boeing (USA)
und Airbus (Europa) beim Bau des neuen Mittelstreckenflugzeuges. Auf dem Flugzeugmarkt sind die Anforderungen von Brander und Spencer weitgehend erfüllt: Es
handelt sich um zwei Anbieter und einen gemeinsamen Absatzmarkt mit vielen Kunden
(vollständige Konkurrenz). Aufgrund des immensen know-how- und Kapitalbedarfs bei
Flugzeugherstellern ist mit einem Markteintritt eines weiteren Players nicht zu rechnen.
Die nachstehende Tabelle soll die Gewinnsituationen der beiden Unternehmen darstellen, abhängig davon, ob sie das Flugzeug bauen oder nicht:
Boeing
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\
Airbus
Bauen
Nicht bauen
Bauen
-5\-5
100\0
Nicht bauen
0\100
0\0
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Bei diesem Markt wird angenommen, dass er dauerhaft nur für einen Anbieter groß genug ist. Verteilt sich die Gesamtmenge an abgesetzten Flugzeugen auf zwei Anbieter,
würden beide Verlust machen, da die kritische Stückzahl bei beiden nicht erreicht würde. Für einen Anbieter ist der Markt jedoch äußerst lukrativ.
Würde sich eine Regierung dazu entschließen, an den heimischen Flugzeugbauer eine
Subvention zu zahlen, die größer als der mögliche Verlust ist, wäre der Eintritt dieses
Spielers in den Markt sicher. Damit ist gleichzeitig jeder Anreiz für den Konkurrenten
weg, selber in den Markt einzusteigen. Krugman-Obstfeld geben als Beispiel eine Subvention der europäischen Union von 25 an Airbus. Damit sieht die Tabelle wie folgt
aus:
Boeing
\
Airbus
Bauen
Nicht bauen
Bauen
-5\20
100\0
Nicht bauen
0\125
0\0
Somit wäre für Airbus der Einstieg auf jeden Fall profitabel und die Entscheidung zum
Einstieg sicher. Dieses Szenario bedeutet für Boeing, dass es für sie keine Möglichkeit
gibt, selber profitabel einzusteigen. Das wiederum führt zum Optimum für Airbus: Boeing überlässt Airbus den Gesamtmarkt. An diesem Beispiel kann illustriert werden, dass
mit einer Subvention von 25 eine Zusatzrente von 125 aquiriert werden kann, was für
die Gesamtwohlfahrt zu einem Überschuss von 100 führt (125 Überschuss – 25 Subventionen).
Ergebnis dieser Simulation ist also, dass es einer Regierung mit Hilfe von Subventionen möglich ist, die inländische Wohlfahrt (auf Kosten der Wohlfahrt des anderen Produzentenlandes) zu steigern.
1.4 Bertrand-Modell
Eine der wichtigsten Kritiken am Modell von Brander und Spencer setzt schon bei den
Annahmen über die Wettbewerbsform der Unternehmen an: Dem Mengenwettbewerb.
Diese bereits 1839 von Cournot entwickelte Theorie liefert zwar sehr schlüssige Ergebnisse, hat aber einen großen Nachteil: Wie Bertrand schon 1881 feststellte, ergibt sich
der Preis von Produkten nicht etwa durch den Markt, sondern wird von den Unternehmen festgelegt. Jedermann, der schon mal einen Supermarkt betreten hat, kann feststellen, dass auf den Verpackungen nicht die jährlich produzierte Menge, sondern ein vom
Unternehmen vorgegebener Preis steht.
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Auf dieser Feststellung basierend haben Eaton und Grossman ein Preiswettbewerbsmodell entwickelt, in dem die Unternehmen die Preise festlegen und sich die Absatzmenge am Markt ergibt.
Das von Eaton und Grossman entwickelte Modell hat jedoch diverse Nachteile: In einigen Situationen liefert es keine genauen Gleichgewichte, in anderen Situationen widersprechen die Ergebnisse der Empirie und/oder den intuitiven Erwartungen.
1.4.1 Ergebnisse im homogenen Duopol
Im Bertrand-Fall geht jedes Unternehmen davon aus, das der jeweilige Konkurrent bei
einer Preisänderung seine Preise konstant hält. Im Duopol mit homogenen Gütern kann
sich ein Gleichgewicht nur bei einem Preis in Höhe der Grenzkosten ergeben, da für jedes Unternehmen ein Anreiz besteht, den eigenen Preis zu senken und die Marktnachfrage auf sich zu ziehen. Sind die Grenzkosten identisch, teilen sich beide Player den
Markt. Hat ein Spieler niedrigere Grenzkosten, hat er immer den Anreiz, einen Preis unter den Grenzkosten des anderen zu verlangen und drängt ihn somit aus dem Markt.
Damit würde sich auf einen solchen Markt dauerhaft nur ein Spieler halten können.
1.4.2 Ergebnisse im heterogenen Duopol
In einem Duopol mit zumindest nicht vollständig substituierbaren Gütern ergibt sich ein
anderes interessantes Ergebnis, welchen Eaton und Grossman herausgestellt haben: Im
Preiswettbewerb kann die Regierung die eigene Wohlfahrt steigern, indem es das einheimische Unternehmen mit Exportsteuern belegt. Auch in einem heterogenen Duopol
haben beide Konkurrenten den Anreiz, jeweils den Preis des anderen zu unterbieten,
was bei beiden Anbietern zu einem starken Preisdruck führt. Wie sich die Absatzmengen verteilen, hängt dabei von den Grenzkosten der beiden Unternehmen und von den
Kreuzpreiselastizitäten der Nachfrage ab. Auch für den Bertrand-Fall kann anhand der
Reaktionsfunktionen der Konkurrenten ein Gleichgewicht ermittelt werden.
Eine Regierung kann nun den Ertrag des eigenen Unternehmens und somit die eigene
Wohlfahrt steigern, indem sie dieses mit einer Export- oder Produktionssteuer belegt.
Damit zwingt es das Unternehmen zu einem höheren Preis, auf den der Konkurrent
ebenfalls mit einem höheren Preis reagiert. Auf diesem Wege kann, wie im CournotModell, die Reaktionsfunktion des einheimische Unternehmens verschoben werden
und, die genaue Kenntnis der Reaktionsfunktionen vorausgesetzt, ein Schnittpunkt genau im Stacklenberg-Gleichgewicht erreicht werden.
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Graphisch ist das StacklenbergGleichgewicht genau dort erreicht, wo
die höchste, jetzt konvexe
Isogewinnkurve die Reaktionsfunktion
vom Ausland gerade tangiert.
Somit gibt es in diesem Modell zwei
überraschende Erkenntnisse:
-
das Optimum wird nicht durch Subvention, sondern durch die Erhebung einer Steuer erreicht
-
Die höhere Wohlfahrt im eigenen Land wird nicht etwa auf Kosten des Auslandes
erreicht, sondern aufgrund einer Preissteigerung, von der beide Unternehmen ( bzw.
das ausländische Unternehmen und der einheimische Fiskus) profitieren.
1.5 Vergleich der beiden Modelle
Die beiden Modelle von Brander und Spencer einerseits und Eaton-Grossman andererseits haben durchaus Gemeinsamkeiten. So basieren beide auf der Erkenntnis, dass vollständige Konkurrenz als Annahme für die meisten Bereiche des wirtschaftsgeschehen
nicht haltbar sind. Und beide Modelle kommen zu dem Ergebnis, dass sich durch staatliche Intervention die Wohlfahrt des eigenen Landes erhöhen lässt. Die Unterscheide
der beiden Modelle liegen in einem Streit über die vorherrschende Wettbewerbsform,
der bereits auf Cournot (1839) und Bertand (1881) zurück geht. Während Brander und
Spencer die Cournot-Annahmen von Mengenwettbewerb übernehmen, haben Eaton und
Grossman ein ähnliches Modell für den Preiswettbewerb erstellt, welches zu völlig anderen Ergebnissen kommt. Während bei Brander und Spencer der Staat die Wohlfahrt
durch Subventionen für das einheimische Unternehmen erhöhen kann, muss er laut Eaton und Grossman das gleiche Unternehmen mit Steuern belasten, um den gewünschten
Effekt zu erzielen. So schlüssig beide Argumentationen in sich auch sind, aus meiner
Perspektive ist dem Brander- und Spencer-Modell eindeutig der Vorzug zu geben. Es
liefert nicht nur in der Theorie die eindeutigeren Ergebnisse, diese können auch empirisch durchaus belegt werden. Das von Krugman und Obstfeld zunächst abstrakt entwickelte Airbus-Boeing-Modell hat sich aktuell bei dem Wettlauf um den Bau des Superjumbos A3XX und Boeing 777 eindrucksvoll bestätigt. Durch massive staatlicht Förde18.03.02
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rung, nicht nur finanziell, sondern auch was die Genehmigung der Produktionsstätte angeht, war es dem Airbus-Konsortium möglich, als erste mit dem Superjumbo an den
Start zu gehen und Boeing zu einem Verzicht auf den Bau eines eigenen Jumbos zu bewegen. Gerade dieser Erfolg ist ein eindrucksvoller Beleg für die Theorie des „rent shifting“ von Brander und Spencer. Bei der Bewertung des Modells als eine Richtlinie für
die Wirtschaftspolitik ist jedoch größte Vorsicht geboten: Die hier beschriebenen Anreize bestehen natürlich nicht nur für eine der beiden Regierungen. Und die geschaffenen Wohlfahrtsgewinne eines Landes gehen voll zulasten des anderen Produzentenlandes.
Macht dieses Beispiel Schule und alle Regierungen bemühen sich, auf diesem Weg die
eigene Wohlfahrt zu mehren, spielen nicht mehr nur die Unternehmen, sondern auch die
Regierungen Cournot mit den bekannten Ergebnissen.
2. Europäische Integration
2.1 Einleitung
Im Folgenden möchte ich die europäische Integration als die am weitesten fortgeschrittene Form der regionalen Integration erläutern. Meine Ausarbeitung ist in zwei Teile
gegliedert: Der erste Teil befasst sich vor allem mit Theorien zum Thema regionale Integration, der zweite Teil geht dann konkret auf die Umsetzung in Europa ein. Zur theoretischen Einführung in die regionale Integration gehört meines Erachtens auch, dass
man sich mit dem Thema Freihandel und den Annahmen beschäftigt, unter denen der
Freihandel als Optimum anzusehen ist. Der Abschnitt 2.2 befasst sich mit diesem Thema. Der Abschnitt 2.3 geht dann auf die regionale Integration ein. Es wird zunächst
aufgezeigt, welche Annahmen zugrunde liegen und wie diese empirisch zu bewerten
sind. Danach wird erläutert, welche Ergebnisse das sehr Zentrale Modell von Viner liefert. Danach folgen noch Ergebnisse, die durch Erweiterung des Viner-Modells und
durch spieltheoretische Betrachtung des Welthandels zustande kommen. Der Abschnitt
2.4 ist dann mit der Umsetzung in Europa befasst. Auf der einen Seite sind alle europäischen Staaten Unterzeichner des GATT-Vertrages, der den Freihandel fördern soll. Auf
der anderen Seite sind die Mitgliedsstaaten der EU ein Paradebeispiel für eine sehr fortgeschrittene regionale Integration. Es wird ein kurzer Abriss über die historische Ent-
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wicklung gegeben und anschließend werden die Ergebnisse präsentiert, die wissenschaftliche Untersuchungen für die tatsächlichen Auswirkungen der Integration auf die
Wohlfahrt der Mitgliedsstaaten liefern. Grundlage für die meisten Untersuchungen ist
der Cecchini-Bericht, der 1988 von der europäischen Gemeinschaft in Auftrag gegeben
wurde. Als das wichtigste Mikroökonomische Modell wird die Arbeit von SmithVenables vorgestellt, anschließend werden makroökonomische Ergebnisse weiterer Arbeiten aufgezeigt. Zum Schluss versuche ich im Abschnitt 2.5 eine kurze Bewertung der
bisherigen Entwicklung vorzunehmen und beschreibe mögliche Zukunftsperspektiven
für die EU, die von verschiedenen Autoren aufgezeigt wurden.
2.2 Das Optimum des Freihandels
In der Theorie gilt Freihandel immer noch als das Optimum der Außenwirtschaft: keine
Handelshemmnisse, keine Zölle oder Subventionen, die den Wettbewerb länderübergreifend verzerren und zu Fehlallokationen führen. Dieses gilt insbesondere unter der
Annahme konstanter Skalenerträge und vollständiger Konkurrenz, wie sie Ricardo und
Heckscher-Ohlin annehmen. Aber auch im Modell von Brander und Spencer können
Protektionsmaßnahmen die Wohlfahrt des Inlandes nur auf Kosten eines andern Landes
(beggar your neighbour) erhöhen. So ist auch hier bestenfalls eine gleichbleibende Gesamtwohlfahrt (wenn in beiden Ländern identische Produktionskosten vorherrschen)
oder eine sinkende Gesamtwohlfahrt zu erwarten ist. Davon abgesehen können protektionistische Maßnahmen sehr schnell zu Reaktionen des anderen Landes führen und
schließlich in einen Handelskrieg münden, der für die Wohlfahrt beider Staaten negativ
ist.
2.3 Regionale Integration
2.3.1 Argumente für die regionale Integration
Es gibt aber durchaus gute Gründe für regionale Zusammenschlüsse von Staaten. Insbesondere wenn man Transportkosten berücksichtigt wird erkennbar, dass sich die meisten
Wohlfahrtsgewinne durch Freihandel mit den direkten Nachbarstaaten erreichen lassen.
Und es wird deutlich, dass trotz GATT und WTO die Weltwirtschaft noch weit von einer kompletten Liberalisierung entfernt ist. Selbst wenn auf dem Gebiet der protektionistischen Zölle große Fortschritte gemacht wurden, gibt es noch immer viele nichttariffäre Hemmnisse wie Importquoten oder sonstige protektionistische Vorschriften.
Wird dieser Umstand als gegeben angenommen, kann ein Zusammenschluss zu einem
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Wirtschaftraum als second-best-Fall durchaus die Wohlfahrt der Teilnehmerländer steigern.
2.3.2 Das Modell von Viner
Welchen Einfluss die regionale Integration auf die Gesamtwohlfahrt und die Entwicklung der Außenbeziehungen hat, wird unterschiedlich bewertet. Während es zu früheren
Zeiten breiter Konsens war, dass solche Zusammenschlüsse Schritte auf dem Weg in
Richtung des weltweiten Freihandels sind, vertrat Viner (1950) die These, dass diese
auch als ein Schritt in Richtung Protektionismus gewertet werden kann. In seinem Modell trennt Viner zwei wesentliche Effekte eines solchen Zusammenschlusses: eine handelschaffende (trade creation) und eine handelsumlenkende Komponente (trade diversion). Handel geschaffen wird dadurch, dass Produkte, die in einem anderen Land der Union ohne die Schutzzölle nun billiger produziert werden können als die heimischen,
künftig importiert werden. Es ist jedoch auch denkbar, dass Produkte, die bisher trotz
der Zölle von Drittstaaten bezogen wurden, nun durch Produkte aus einem anderen
Land der Union ohne Zölle bezogen werden. Als vor dem Zusammenschluss für beide
Länder die gleichen Konditionen galten, war das Drittland offensichtlich der günstigste
Anbieter. Nun ist der Preis aus dem Partnerland zwar niedriger, aber dafür entgeht dem
Fiskus die Zolleinnahme. Insgesamt ergibt sich möglicherweise ein negativer Wohlfahrtseffekt. Für ein kleines Land in einer kleine Zollunion, bei dem sich weder Rückwirkungen auf den Weltmarktpreis noch Einflüsse des Inlandes auf die Preise im Partnerland ergeben, sieht die Vinersche Theorie graphisch so aus:
Pw stellt den Weltmarktpreis bzw. den Preis
des Drittlandes dar. P1 ist der Preis, der sich
aus dem Angebotspreis vom Weltmarkt plus
der erhobenen Zölle ergibt. Dieser war vor der
Zollunion der Bezugspreis, wobei die Menge
0-B im Inland produziert wurde und die
Menge B-A importiert wurde. Dabei entstanden Zolleinnahmen in Höhe der Flächen c
und e. Nach der Zollunion ist nun das Partnerland in der Lage, zum Preis Pp anzubieten.
Damit erhöht sich die Konsumentenrente um die Flächen a+b+c+d. Allerdings geht a
zulasten der einheimischen Produzenten, die nur noch die Menge 0-D produzieren und c
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und e sind Zollausfälle des Fiskus. Die Fläche b bezeichnet einen positiven Allokationseffekt von der teueren einheimischen Produktion zu der billigeren im Partnerland (trade
expansion effect). Somit bleibt als Nettoeffekt für das Inland eine Wohlfahrtsveränderung von b+d-e. Das bedeutet, dass der Gesamteffekt einerseits von der Größe der Flächen b und d positiv und von der Fläche e negativ abhängt. Je nachdem, welcher Effekt
überwiegt, kann eine Handelsumlenkung positive oder negative Wohlfahrtswirkungen
haben.
2.3.3 Erweiterungen des Vinerschen Modells
Verschiedene Ökonomen haben das Modell von Viner erweitert und weitere Effekte
aufgezeigt:
-
Corden (1972) hat in das Modell Economies of Scale mit einbezogen. In den Partnerländern können die Unternehmen der verschiedenen Branchen aufgrund des größeren Absatzmarktes günstiger produzieren. Dieses kann die Wohlfahrt steigern,
kann allerdings auch einen handelsunterdrückenden Effekt (trade suppressing effect)
mit den oben geschilderten Folgen haben.
-
Verdoorn (1960) ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die handelsschaffenden Effekte zusätzlich die Spezialisierung und somit den intraindustriellen Handel mit ähnlichen Gütern fördern.
-
Hansen, Heinrich und Nielsen haben sich 1992 mit dem Thema unter der Annahme
beschäftigt, wenn es sich a) nicht um eine kleine, sondern um eine große Zollunion
handelt (mit Rückwirkung auf die Welthandelspreise), und wenn es b) um zwei große Länder geht (mit Rückwirkung auf die jeweilige Angebotsfunktion). Ihr Ergebnis
war, dass Handelsumlenkungseffekte bei großen Zollunionen weniger ausgeprägt
sind, da es wahrscheinlicher ist, dass die effizienten Produzenten im Inland sind.
2.3.4 Spieltheoretische Ergebnisse der regionalen Integration
Einige Autoren haben in den letzten Jahren versucht, sich der Theorie der regionalen Integration mit Hilfe der Spieltheorie zu nähern. Alleine die Existenz von Zollunionen
und Freihandelszonen zeigt, dass es offenbar Anreize für einzelne Länder geben muss,
sich zu solchen Verbünden zusammenzuschließen.
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So haben Kennan-Riezmann (1990) mit einem spieltheoretischen 3*3-Modell (drei Länder, drei Güter) zwei wesentliche Ergebnisse herausgearbeitet:
-
Die Wohlfahrt der Mitgliedsländer steigt bei einer Zollunion stärker als bei Freihandel, sofern die Union eine gewisse Größe hat (wie beispielsweise die EU).
-
Auch der Übergang von einer Freihandelszone zu einer Zollunion führt zu weiteren
Wohlfahrtsgewinnen.
Campa und Sorenson (1996) haben gezeigt, dass bei einem dominierenden Handelsblock und vielen kleinen Handelspartnern der Freihandel gar kein stabiles Gleichgewicht darstellt und somit diese Lösung gar nicht haltbar ist. Eine Freihandelslösung ist
somit nur wahrscheinlich, wenn es die Weltwirtschaft in verschiedene ähnlich starke
Handelsblöcke gegliedert ist. Damit lässt sich sowohl die Europäische Integration als
Antwort auf die große Handelsmacht USA als auch deren Antwort mit der NAFTA erklären.
2.4 Der europäische Binnenmarkt
2.4.1 Der GATT-Vertrag und seine Ausnahmen
Um das Ziel des Freihandels zu erreichen oder diesem zumindest näher zu kommen,
wurde 1947 das Zoll- und Handelsabkommen GATT geschlossen. Dieses Bündnis hat
es bis heute in mehreren Runden sehr erfolgreich geschafft, bestehende tariffäre Handelshemmnisse abzubauen und den internationalen Handel zu liberalisieren. Alle an der
europäischen Union beteiligten Staaten gehören zu den Unterzeichnern des GATTAbkommens, dass gewisse Einschränkungen bei der engeren Zusammenarbeit mit
Nachbarstaaten auferlegt: Das Nicht-Diskriminierungsgebot fordert, dass Vergünstigungen, die mit einem Partnerland vereinbart werden, auch allen anderen Ländern eingeräumt werden. Hiervon gibt es lediglich zwei Ausnahmen: Die Gründung einer Freihandelszone oder einer Zollunion. Die Freihandelszone gestattet es den Mitgliedern,
untereinander auf Zölle zu verzichten, während jedes Teilnehmerland in seinen Beziehungen mit Drittstaaten weiter frei ist. In der Zollunion hingegen treten alle beteiligten
Länder im Außenverkehr als ein Partner mit einem einheitlichen Zollsystem auf.
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2.4.2 Freihandelszonen
In Europa kam es 1960 zu dem Zusammenschluss von zunächst sieben westlichen Ländern (Österreich, Schweiz, Dänemark, Großbritannien, Norwegen, Portugal und Schweden) zur EFTA (European Free-Trade Association). Es gibt auch in Übersee Beispiele
für Freihandelszonen wie die NAFTA (North Atlantic Free-Trade Association) mit den
USA und Kanada und der APEC (Asian Pacifc Economic Coorporation Council).
2.4.3 Zollunionen: Die Europäische Gemeinschaft
2.4.3.1 Historische Entwicklung
Mit der Zollunion beschreiten einige Staaten in Europa einen eigenen Weg. Schon kurz
nach dem zweiten Weltkrieg (1948) trat eine, wenn auch sehr kleine, Zollunion der Beneluxländer (Belgien, Luxemburg und der Niederlande) in Kraft. In einem größerem
Rahmen begann 1952 der westeuropäische Integrationsprozess. Zwischen des sechs
Ländern Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden
trat am 23.07. dieses Jahres die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)
in Kraft. Dieser Vertrag kann als eine Reaktion auf die schrecklichen Erfahrungen aus
dem 2. Weltkrieg gewertet werden und hatte den Zweck, die kriegswichtigen Rohstoffe
Kohle und Stahl der ehemals befeindeten Nationen Deutschland und Frankreich zu Vergemeinschaften. Aber schon 1958 traten weiterreichende Verträge in Kraft: Die Mitglieder der EGKS gründeten die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die Euratom
(EAG). In einem weiteren Schritt wurden 1965 diese drei Wirtschaftsverbände zur Europäischen Gemeinschaft verschmolzen und 1968 die Zollunion der Europäischen Gemeinschaft (EG) verwirklicht. 1973 Fand eine Erweiterungsrunde statt, in der Dänemark und Großbritannien (beide sind zu diesem Zeitpunkt aus der EFTA ausgestiegen)
sowie Irland der EG beigetreten sind. Seitdem sind Griechenland (1981), Portugal und
Spanien (1986) sowie Österreich, Finnland und Schweden (1995) der EG hinzugekommen, so dass der Wirtschaftsraum nunmehr 15 Staaten umfasst. Weitere Beitrittsverhandlungen werden mit Malta und Zypern sowie mit den Mittel- und Osteuropäischen
Staaten (MOEL) geführt. Aber nicht nur die Anzahl der Mitglieder hat sich erhöht, sondern auch die Intensität der Integration: Es wurde freier Güter-, Dienstleistungs- und
Personenverkehr sowie die Liberalisierung des Kapitalmarktes realisiert („vier Freiheiten“), und die Zollunion 1968 war nur einer von vielen Schritten in der europäische Integration. Der letzte mindestens ebenso Wichtige war das Inkrafttreten der Wirtschafts18.03.02
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und Währungsunion 1999. Heute umfasst die Union auch viele wichtige Politikbereiche: Neben der gemeinsamen Agrar- (GAP) und Handelspolitik (GHP) sowie gemeinsamen Regeln für die Strukturpolitik werden inzwischen große Schritte im Bereich der
gemeinsamen Außen- und Wirtschaftspolitik (GASP) unternommen.
2.4.3.2 Mikroökonomische Effekte der EU
Wie gezeigt wurde, gibt es viele verschiedene Arten und Stufen der regionalen Integration alleine in Europa. Aus ökonomischer Sicht stellt sich natürlich die Frage, welche
Effekte diese Integrationen für die beteiligten Länder haben und wie groß diese sind.
Die entstehenden Wohlfahrtsgewinne können bestimmt werden, indem die Entwicklung
mit und ohne Teilnahme an dem Zusammenschluss gegenüber gestellt wird. Für die Europäische Union ist dieses mit dem Cecchini-Bericht 1988 durch Emerson et al. geschehen. In diesem Bericht wurden im wesentlichen durch Erhebung bei den europäischen Unternehmen die „Cost of none- Europe“ auf ca. 4,6 – 6,4 % des realen BIP beziffert. Ein erstes mikroökonomisches Modell zu diesem Thema hat (ebenfalls 1988)
Smith-Venables geliefert. Mit einem Modell der monopolistischen Konkurrenz ist es ihnen gelungen, die Effekte der EU für zehn Industriezweige partialanalytisch darzustellen. Dabei wurde drei wichtige Effekte aufgezeigt:
-
niedrigere Handelskosten (NHK): Durch die Beseitigung von Handelsbarrieren
entstehen Kosten, die etwa 2,5 % des intra-europäischen Handels ausmachen. Durch
deren Wegfall ist mit einer Wohlfahrtssteigerung von ca. 0,64 % des Basiskonsums
zu rechnen.
-
Volle Marktintegration (VMI): Wesentlich höher sind die positiven Wohlfahrtseffekte durch die volle Marktintegration. Dieser Effekt ergibt sich daraus, dass Unternehmen, die auf den abgeschotteten Einzelmärkten eine monopolähnliche Stellung
hatten, sich durch die Marktöffnung anderen Mitbewerber gegenüber sehen und somit gezwungen werden, vom Monopolverhalten zum Verhalten unter vollständiger
Konkurrenz zu wechseln. Unterstellt man den Cournot-Fall, ergibt sich so eine Größere Outputmenge und ein geringerer Preis. Dieser Effekt wird von Smith-Venables
auf etwa 1,79 % des Basiskonsums beziffert.
-
Aus der VMI ergibt sich noch ein weiterer Effekt: Durch den stärkeren Konkurrenzdruck findet eine Marktbereinigung bei den Unternehmen statt. Dieses führt zu einem Firmensterben, das z.B. für die Elektroindustrie auf ca. 16 % der am Markt tä-
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tigen Unternehmen beziffert wird. Dieses hat natürlich den (kurzfristigen) negativen
Effekt von Arbeitsplatzverlusten, führt aber auch dazu, dass die verbleibenden Unternehmen ihren Output erhöhen können und durch Economies of Scale weitere
Wohlfahrtssteigerungen (auf insgesamt ca. 2,3 % des Basiskonsums) möglich werden.
2.4.3.3 Makroökonomische Effekte
Ebenfalls auf den Daten des Cecchini-Berichtes basierend haben Catinat-DonniItalianer (1988) vier Entwicklungen mit makroökonomischen Modellen simuliert. Die
Beseitigung der Grenzkontrollen, die Liberalisierung des öffentlichen Auftragswesens,
die Liberalisierung der Finanzdienstleistungen sowie die Angebotseffekte. Insgesamt
sehen Sie von diesen Schritten einen positiven Einfluss auf die Inflation ausgehen und
halten mittelfristig eine Steigerung des Realen BIP von 4,5 % für erreichbar. Würden
die daraus entstehenden Haushaltsüberschüsse für eine expansive Fiskalpolitik verwenden, könnte das BIP sogar um bis zu 7 % steigen. Dabei werden auch Rückwirkungen
auf den Arbeitsmarkt mit einem Beschäftigungsanstieg von bis zu 5 Millionen Arbeitnehmer erwartet.
Bei all den bisher betrachteten Ergebnissen handelt es sich jedoch ausschließlich um
statische Effekte. Baldwin hat 1992 die dynamischen Auswirkungen der verbesserten
Effizienz anhand einer Cobb-Douglas-Produktionsfunktion untersucht. Danach führt die
statische Effizienzverbesserung zu weiteren dynamischen Effizienzanstiegen, die deren
Höhe von dem Ausmaß der Economies of Scale (1) und den Produktionselastizitäten für
Kapital und Arbeit (2) abhängen. Selbst bei konstanten Skalenerträgen und einer angenommenen Produktionselastizität für Kapital von 0,3 beträgt der Baldwin-Multiplikator
1,4. Somit würden mit den 5 % statischer Effizienzverbesserung aus dem ChecchiniBericht insgesamt 7% Wachstum erreicht. Bei steigenden Skalenerträgen und/oder einer
größeren Produktionselastizitäten für Kapital ergeben sich entsprechend höhere Werte.
2.5 Fazit und Zukunftsperspektiven
Die Wirtschafts- und Währungsunion in Europa ist zweifelsfrei der größte bisher geschaffene Staatenverbund, der über eine Freihandelszone hinaus geht. Dieses gilt einmal, was die Wirtschaftskraft ihrer Mitglieder angeht, aber auch, was die Intensität der
Integration betrifft. Nach der Zollunion ist mit der Währungsunion ein Meilenstein in
Sachen wirtschaftlicher Integration gelungen. Auch politisch ist Europa näher Zusam18.03.02
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men gerückt, exemplarisch seih die gemeinsame Handels- und Agrarpolitik (GHP und
GAP)genannt, aber auch die in den Anfängen steckende gemeinsame Sicherheits- und
Außenpolitik (GASP).
Es ist natürlich sehr schwer zu beziffern, welchen Nutzen die einzelnen Teilnehmerländer genau von ihrer Mitgliedschaft haben. Das grundlegende Modell von Viner lässt
diese Frage noch offen, gibt aber eine gute theoretische Grundlage zur Forschung. Aber
sowohl die empirische Forschung mit dem Cecchini-Bericht als auch die ökonomischen
Modelle, allen voran Smith-Venables mit ihrem grundlegenden Modell, kommen zu einem positiven Ergebnis. Geht man von der Mikro- auf die Makroebene, erscheinen die
möglichen positiven Impulse noch größer, wobei selbst diese Betrachtung nur statisch
ist. In der dynamischen Betrachtung werden weitere Potentiale aufgezeigt, wobei hier
jedoch berücksichtigt werden muss, dass über den Zeithorizont der Wirkung wenig gesagt werden kann.
Was die Zukunftsperspektiven der EU angeht, wird die Analyse noch schwieriger. Empirisch ist festzustellen, dass die politische Integration voranschreitet und die Union
derzeit eine Vergrößerung nach Osten anstrebt. Einem baldigen Beitritt der MOELStaaten bzw. eines Teils von ihnen stehen aber noch größere finanzielle Hemmnisse im
Weg: Insbesondere die Unterstützung für die Landwirtschaft, die ohnehin schon den
größten Posten im EU-Etat darstellt, würde sich bei den derzeitigen Subventionsmethoden mit einem Beitritt der stark landwirtschaftlich geprägten MOEL-Staaten erheblich
vergrößern und die Finanzierung des Haushaltes unmöglich machen. Des weiteren würde die Osterweiterung eine Zusammenführung von Staaten bedeuten, die einen sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen Stand haben. Hier stellt sich die Frage, wie es nach einer Zusammenführung weiter gehen würde. Würde sich Europa noch stärker in den bisherigen Industriestaaten konzentrieren, während die Integrationschancen der Beitrittsländer schwinden? Oder würden die MOEL-Staaten von ihrem geringen Lohnniveau
profitieren und sich mit einer größeren Geschwindigkeit entwickeln als die in den letzten Jahren ohnehin sehr langsam wachsenden Industriestaaten? Diese Frage ist meines
Erachtens noch nicht in letzter Instanz beantwortet und es wird interessant sein, was
sowohl die Theorie als auch die Empirie in den nächsten Jahren für Antworten liefert.
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Sascha Tünker
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