Axitinib (Inlyta®)

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Pharmazeutische Chemie - Axitinib
Axitinib (Inlyta
)
Mit Axitinib (Inlyta) (Strukturformel s. Abbildung 1) ist nach Sunitinib (Sutent),
Sorafenib (Nexavar) und Pazopanib (Votrient) nunmehr der insgesamt vierte,
orale Tyrosinkinase-Inhibitor zur Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms
(RCC, renal cell carcinoma) auf dem Markt. Axitinib ist zugelassen nach Versagen
einer vorausgegangen Therapie entweder mit Sunitinib oder einem Zytokin
(Fachinformation Inlyta 2012).
N
N
N
H
S
N
H
O
Axitinib
Abbildung 1
Arzneistoff
Fertigarzneimittel
Markteinführung
Deutschland
Indikation(en)
Inhibierte
Tyrosinkinasen
Sutinib
Sutent
2006
Nierenzellkarzinom,
gastrointestinale
Stromatumoren,
pankreatische,
neuroendokrine
Tumoren
VEGFR-1, -2, -3,
PDGFR-α, -β,
c-KIT, FLT-3,
CSF-Rezeptor,
RET-Rezeptor
Sorafenib
Nexavar
2006
Nierenzellkarzinom,
Leberzellkarzinom
VEGFR-2, -3,
PDGFR-β,
c-KIT, FLT-3,
CRAF, BRAF,
BRAF V600E
Pazopanib
Votrient
2010
Nierenzellkarzinom,
Weichteilsarkom
VEGFR-1, -2, -3,
PDGFR-α, -β,
c-KIT
Axitinib
Inlyta
2012
Nierenzellkarzinom
VEGFR-1, -2, -3
(PDGFR-β, c-KIT)
Tabelle 1:
In Deutschland zugelassene Tyrosinkinase-Inhibitoren zur Behandlung des Nierenzellkarzinoms (Literatur: s. Fachinformationen Sutent, Nexavar, Votrient, Inlyta)
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Pharmazeutische Chemie - Axitinib
Das wachsende Verständnis der zugrundeliegenden molekularen Biologie beim
Nierenzellkarzinom und die Erfahrungen mit den bisher zugelassenen TyrosinkinaseInhibitoren, haben die vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor-Rezeptoren
(VEGF-Rezeptoren) als wirkungsvolles Target bei dieser Erkrankung etabliert, und
die VEGF-Signalkaskade scheint für die Tumor-Angiogenese insbesondere auch
beim RCC von primärer Bedeutung zu sein (Rini 2009, Heng et al. 2010, Cho und
Chung 2012).
Die VEGF-Familie besteht aus fünf miteinander verwandten Proteinen (VEGF-A,
VEGF-B, VEGF-C, VEGF-D und PLGF (placental growth factor). Die
Signalweiterleitung erfolgt durch die Bindung dieser fünf Wachstumsfaktoren an drei
verschiedenen Rezeptor-Tyrosinkinasen (VEGF-1-, VEGF-2-, VEGF-3-Rezeptor).
Die Hemmung der VEGF-Signalkaskade muss dabei nicht unbedingt intrazellulär
mittels Tyrosinkinase-Inhibitoren erfolgen. Mit
Bevacizumab (Avastin) ist
beispielsweise ein monoklonaler Antikörper in der Therapie des RCC etabliert, der an
VEGF-A bindet („Anti-VEGF-A-Antikörper“) und damit die Bindung an die VEGFRezeptoren unterbindet. Daneben sind auch Antikörper entwickelt worden, die an die
extrazelluläre Domäne der VEGF-Rezeptoren binden und so die Signalweiterleitung
verhindern (z.B. IMC-1C11) (Bhargava und Robinson 2011).
Sutinib, Sorafenib und Pazopanib sind sogenannte Multityrosinkinase-Hemmer, die
neben den VEGF-Rezeptoren auch noch weitere Kinasen hemmen (Tabelle 1).
Insbesondere hinsichtlich des Nebenwirkungsprofils kann ein selektiver VEGFInhibitor sicherlich Verbesserungen mit sich bringen.
Axitinib ist ein solcher (relativ) selektiver, potenter Inhibitor von VEGF-1-, VEGF-2und VEGF-3-Rezeptoren im niedrig-nanomolaren Bereich und demzufolge sicherlich
eine Innovation. Gegenüber dem PDGF-Rezeptor β und c-KIT weist Axitinb eine ca.
8-fach niedrigere inhibitorische Aktivität auf, gegenüber anderen Kinasen (z.B. EGF,
RET) zeigt es kaum Aktivitäten (Hu-Lowe et al. 2008, Kania 2009).
Ausgangspunkt für die Entwicklung des Axitinibs war ein strukturbasiertes
Wirkstoffdesign (siehe Kania 2009: Structure-based design and characetrization of
axitinib) (Abbildung 2). Als erste Leitstruktur wurde ein Pyrazol mit zwei identischen
Styryl-Substituenten ausgewählt. Der Pyrazol-Ring bindet dabei in der Adeninbindenden Region der Kinase. Die langen Styryl-Substituenten mit den sp2hybridisierten C-Atomen erlauben verschiedene Konformationen. Um ein rigideres
Molekül zu erhalten, wurden anhand möglicher Konformere des Pyrazols, die sich
aus der Rotation um die Bindung direkt am Heterozyklus ergeben, 6-substituierte
bzw. 7-substituierte 1H-Indazol-Derivate entwickelt. Damit war das Grundgerüst des
Axitinibs zur Verankerung in der Adenin-bindenden Region sowie der GelenkDomäne gegeben. Die an Position 7 substituierten Indazole zeigten sich als wenig
potent, während sich die 6-substituierten Indazole als aussichtsreiche Kandidaten für
eine weitergehende Strukturoptimierung erwiesen. Gleichzeitig wurde eine Serie von
3-substituierten Indazolen untersucht, wobei wieder Styryl-Substituenten ausprobiert
wurden. Unter Einbeziehung aller Ergebnisse wurde anschließend erstmals eine
Serie von 3,6-disubstituierten Indazolen entwickelt. Axitinib ist ein solches 3,6disubstituiertes Indazol. An Position 3 befindet sich ein 2-Pyridylvinyl-Substituent.
Substituenten am aromatischen Ring wie etwa beim Ausgangs-Pyrazol (1) mit einer
Hydroxyl-und einer Methoxy-Gruppe sind nicht nötig, was im Hinblick auf eine
mögliche, metabolische Instabilität insbesondere einer Hydroxyl-Gruppe von Vorteil
ist. Der Austausch des Styryls durch ein 2-Pyridyl-vinyl ermöglicht bessere
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Wechselwirkungen mit dem Solvent Wasser. An Position 6 des Axitinibs verbindet
nun ein Thioether den Indazol-Heterozyklus mit einem N-Methylbenzamid.
O
OH
O
OH
N
N
N
H
N
H
O
O
HO
HO
Pyrazol
3
3
N2
N2
O
6
1N
6
7
7
H
1N
H
O
HO
HO
6-substituierte Indazole
7-substituierte Indazole
Styryl-Substituent
3
R
N2
O
6
7
1N
H
HO
3,6-disubstituierte Indazole
N
2-Pyridylvinyl-Substituent
Benzamid
E
3
S
N
H
6
N
H
N
Axitinib
O Thioether
Abbildung 2: Entwicklung des Axitinibs nach Kania 2009
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Literatur:
Bhargava, P. und Robinson, M.O. Curr Oncol Rep 2011, 13, 103
Cho, I.C. und Chung, J. Korean J Urol 2012, 53, 217
Fachinformation Inlyta 2012 Pfizer Limited
Fachinformation Nexavar 2012 Bayer Pharma AG
Fachinformation Sutent 2012 Pfizer Llimited
Fachinformation Votrient 2012 Glaxo Group Limited
Heng, D.Y. et al. Ther Adv Med Oncol 2010, 2, 39
Hu-Lowe, D.D. et al. Clin Cancer Res 2008, 14, 7272
Kania, R.S. in Kinase Inhibitor Drugs 2009 Eds. Li und Stafford, John Wiley & Sons,
Inc., Hoboken, NJ, USA, pp 167
Rini, B.I. Cancer 2009, 115(10 Suppl), 2306
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