Native Advertising - Das Trojanische Pferd der

Werbung
Native Advertising - Das Trojanische Pferd der Werbung
von Julia Eben und Marlene Gsenger für die Forschungsgruppe Medienwandel unter der
Leitung von Josef Trappel
Native Advertising ist das Trojanische Pferd unter den Werbeformen. Die Werbung gelangt
unerkannt in das Umfeld redaktioneller Beiträge– auch in seriösen Medien. Doch ihr Ziel ist
einzig: Verkaufen. Bringt das die Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit des Journalismus in
Gefahr?
Native Advertising, zu deutsch: „Werbung im bekannten Umfeld“, bezeichnet eine Form der
Online-Werbung. Dabei werden Werbeinhalte als redaktionelle Inhalte verkauft, indem sie in
journalistische Artikel verpackt werden. Klingt wie Schleichwerbung, ist es aber streng
genommen nicht. Native Ads müssen nämlich als Werbung gekennzeichnet sein. Von
klassischer Werbung darf man aber auch nicht sprechen, da der Leser in gewisser Weise
bewusst getäuscht wird. Meist findet sich nur ein kleingedruckter Hinweis, der mitunter leicht
zu übersehen ist.
Native Advertising gehört vor allem für amerikanische und britische Medien bereits zur
gängigen Praxis. Eines der bekanntesten Beispiele ist die amerikanische Website
buzzfeed.com. Buzzfeed verzichtet auf klassische Werbung und setzt stattdessen
ausschließlich auf Virales Marketing und Native Advertising. In der US-amerikanischen
Online-Zeitung The Huffington Post sind Native Ads bereits Standard. Der Trend hat den
Weg nach Europa gefunden: Sowohl buzzfeed.com, als auch The Huffington Post gibt es als
deutsche Version. Die Zahl der Native Ads wächst in den Online-Auftritten deutschsprachiger
Medien. Es ist daher an der Zeit, Medienunternehmer hierzulade mit der Gretchenfrage zu
konfrontieren: „Wie hältst du es mit Native Advertising?“
Native Advertising am deutschsprachigen Markt
Stefan Plöchinger, Online-Chef der Süddeutschen Zeitung, distanziert sich klar und
bezeichnet Native Advertising als „verkappte Werbung im Redaktionsmantel“. Der Schweizer
Journalist und Werber Dominik Imseng betrachtet diese Werbeform als eine der fünf
Todsünden des neuen Journalismus. Der Spiegel berichtet sogar unter dem Titel „SeelenVerkäufer“ über den Trend und erteilt eine klare Absage: „Werbung, die aussieht wie ein Text
der Redaktion, wird es nicht geben.“ Doch dann taucht auf Spiegel Online eine von
© Forschungsgruppe Medienwandel 2014
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WestLotto gesponserte Kolumne über das Glück auf, die den redaktionellen Inhalten zum
Verwechseln ähnlich sieht. Der deutsche Journalist Stefan Niggemeier bezeichnet den
Spiegel daraufhin berechtigt als „Seelen-Verkäufer“. Welch Doppelzüngigkeit!
Der Fall Spiegel illustriert das gespaltene Verhältnis der Medienleute zu Native Advertising.
Man will damit nichts zu tun haben, soweit sprechen die veröffentlichten Statements eine
klare Sprache. Doch Native Ads ergänzen die üblichen Anzeigenschaltungen, die im OnlineBereich als Banner- oder Pop-Up-Werbung von den Nutzern zunehmend als störend
empfunden werden. Außerdem sind sie hilfreich bei der Lösung des Finanzierungsproblems,
dem zahlreiche Medienunternehmen gegenüberstehen.
Auch das Angebot zur Umsetzung von Native Advertising wächst. Immer mehr
Mediaagenturen im deutschsprachigen Raum nehmen die trendige Werbeform in ihr
Angebots-Portfolio auf. Die Vermarktungsgemeinschaft Styria Digital One zum Beispiel bietet
seinen Kunden, zu denen vor allem Medienhäuser zählen, aktiv mobile Native Advertising an.
Angebot und Nachfrage von Native Advertising wachsen unübersehbar und etablieren einen
neuen Markt der Online-Werbung.
Was spricht gegen Native Advertising?
Das
Aufkommen
und
der
Erfolg
von
Native
Advertising
verallgegenwärtigt
die
Kommerzialisierung des Journalismus und treibt sie gleichzeitig voran. Werbung im
bekannten Umfeld ist aber im Prinzip kein neues Phänomen – siehe Advertorials und
Content Marketing. Außerdem hat Werbung schon immer Einfluss auf den Journalismus
genommen. Die Frage ist daher, inwiefern mittels Native Advertising eine neue Dimension
der Einflussnahme erreicht wird. Die Kommunikationswissenschaft steht nun vor der
Aufgabe zu klären, ob diese neue Werbeform die Trennungsnorm von Redaktion und
Werbung stärker gefährdet als andere Werbeformen. Gefahrenpotential liegt darin, dass die
Journalisten sich an den Zielgruppen der Werbewirtschaft orientieren und dadurch weniger
die Interessen aller Gruppen der Gesellschaft berücksichtigen. Journalistische Beiträge
könnten somit zu Nebeneffekten wirtschaftlicher Tätigkeit werden (vgl. Kiefer 2010:22).
Medienunternehmen, die Native Advertising bewusst einsetzen, riskieren dadurch ihre
Unabhängigkeit und Glaubhaftigkeit zu verlieren. Die Folge ist, sie schnallen die
„ökonomische Zwangsjacke“ nur noch enger.
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Quellen:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-126589974.html
http://www.stefan-niggemeier.de/blog/17718/die-seelen-verkaeufer-von-spiegel-online/
Kiefer, Marie Luise (2010): Journalismus und Medien als Institutionen. Konstanz: UVK.
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