18.04.2012 - - - Tutor: Martin Friesen - - - Thema: Vektorräume und Skalarprodukte Rechenmethoden der Physik Sommersemester 2012, Prof. Dr. Akemann Losungen Blatt 1 1. Jede komplexe Zahl z = x + iy lässt sich als Vektor x in der kanonischen orthonormalen Basis y des R2 schreiben. (a) Schreiben Sie das Produkt zweier komplexen Zahlen z1 z2 in Vektorschreibweise. Warum definiert dieses Produkt kein Skalarprodukt? Mit zz ∗ = |z|2 können wir trotzdem die Norm einer komplexen Zahl z definieren. Überprüfen Sie, dass die Norm positiv definit ist. Beweis. Seien z1 = x1 + iy1 und z2 = x2 + iy2 mit x1 , x2 , y1 , y2 ∈ R. Dann gilt z1 z2 = (x1 + iy1 )(x2 + iy2 ) = x1 x2 + ix1 y2 + ix2 y1 + i2 y1 y2 = (x1 x2 − y1 y2 ) + i(x1 y2 + x2 y1 ) und mit der kanonischen Darstellung erhalten wir somit x1 x2 x1 x2 − y1 y2 · = . y1 y2 x1 y2 + x2 y1 Wobei das obige Produkt das Produkt von komplexen Zahlen bezeichnet. Dieses ist kein Skalarprodukt, da diese Multiplikation nicht positiv definit ist. Man betrachte hierzu zum Beispiel z1 = 1 und z2 = i und somit z1 z2 = i 6∈ R! Aber es dann auch z22 = i2 = −1 nicht positiv. Für zz ∗ = |z|2 gilt mit z = x + iy |z|2 = zz ∗ = (x + iy)(x − iy) = x2 − ixy + ixy − i2 y 2 = x2 + y 2 p und somit |z| = |x + iy| = x2 + y 2 . In der Vektordarstellung ist dieses gerade die euklidische Norm, welche positiv definit ist. Alternativ gilt p |z| = 0 ⇐⇒ x2 + y 2 = 0 ⇐⇒ x2 + y 2 = 0 ⇐⇒ x2 = 0, y 2 = 0 ⇐⇒ x = 0 = y p welches gerade die positive Definitheit zeigt, wegen |z| = x2 + y 2 ≥ 0. (b) Für z 6= 0 lassen sich komplexe Zahlen auch eindeutig durch Polarkoordinaten beschreiben mit x = r cos θ, y = r sin θ, wobei θ ∈ [0, 2π) den Winkel zur x-Achse beschreibe. Was ist mit r und warum schliessen wir z = 0 aus? Benutzen Sie Polarkoordinaten um die geometrische Interpretation des Produktes z1 z2 zu finden. Beweis. Schreiben wir z = r cos θ +ir sin θ und berechnen die Norm aus vorheriger Aufgabe, so erhalten wir p p |z| = |r cos θ + ir sin θ| = r2 cos2 θ + r2 sin2 θ = |r| cos2 θ + sin2 θ = |r|, wobei wir cos2 θ + sin2 θ = 1 den geometrischen Phytagoras benutzt haben (Einheitskreis!). Damit ist |r| = |z| > 0 und für z = 1 ist nach Definition θ = 0 und somit 1 = z = r cos 0 + ir sin 0 = r. Also gibt r den positiven Abstand zum Ursprung an, dh. r > 0 mit r = |z|. Den Ursprung z = 0 schliessen wir aus, weil hier der Winkel θ unbestimmt ist. Genauer müssen wir für z = 0 bereits r = 0 wählen. Der Winkel ist dann jedoch beliebig und die Darstellung wäre somit nicht eindeutig. Für das Produkt z1 z2 schreiben wir z1 = r1 cos θ1 + ir1 sin θ1 und z2 = r2 cos θ2 + ir2 sin θ2 und benutzen die Additionstheoreme für die Winkelfunktionen. z1 z2 = (r1 cos θ1 + ir1 sin θ1 )(r2 cos θ2 + ir2 sin θ2 ) = r1 r2 (cos θ1 cos θ2 − sin θ1 sin θ2 + i(sin θ1 cos θ2 + cos θ1 sin θ2 )) = r1 r2 (cos(θ1 + θ2 ) + i sin(θ1 + θ2 )) = ρ cos ϕ + +ρ sin ϕ mit ρ = r1 r2 > 0 und ϕ = θ1 + θ2 . Also ist das Produkt eine Streckdrehung entgegen dem Uhrzeigersinn, im mathematisch positiven Sinne. 2. Gegeben sei ein Normalenvektor ~n mit |~n| = 1 und ein beliebiger Vektor ~u 6= 0. (a) Zerlegen Sie ~u in einen Anteil u~1 parallel zu ~n und in einen Anteil u~2 senkrecht zu ~n mit ~u = u~1 + u~2 . Schreiben Sie beide Anteile in Komponenten mit Einsteinscher Summenkonvention. Beweis. Alle zu ~n parallelen Vektoren haben die Form λ~n damit haben wir ~u = λ~n + (~u − λ~n) = u~1 + u~2 mit u~1 = λ~n und u~2 = ~u − λ~n. Damit gilt schonmal die geforderte Darstellung von ~n. Aus den Anderen Bedingungen werden wir jetzt λ bestimmen. Genauer soll gelten ~n · u~2 = 0 dh. 0 = ~n · u~2 = ~n · ~u − λ~n · ~n und somit λ = λ(~u) = ~ n·~ u |~ n|2 . Insgesamt haben wir also für jeden Vektor ~u 6= 0 eine Zerlegung ~n · ~u ~n · ~u ~ n + ~ u − ~ n . (1) ~u = |~n|2 |~n|2 Für eine Koordinatendarstellung mit Summenkonvential benutzen wir eine orthonormale Basis. Die Basisvektoren bezeichnen wir mit e~n , n ∈ N, welche die Bedingung ( 1 ,i = j e~i · e~j = δij = 0 , i 6= j erfüllen sollen. Es ist dann mit ~n · ~n = 1 ~u = uj e~j = (nj e~j · uk e~k )nµ e~µ + (uµ e~µ − (nj e~j · uk e~k )nµ e~µ = nj uk nµ (e~j · e~k )e~µ + uµ e~µ − nj uk nµ (e~j · e~k )e~µ = nj uj nµ e~µ + (uµ − nj uj nµ )e~µ Also ist u~1 = nj uj nµ e~µ und u~2 = (uµ − nj uj nµ )e~µ . (b) Als Beispiel zerlegen Sie den Vektor ~u = e~1 + 2e~2 − e~3 im R3 in seine Anteile parallel und senkrecht zu ~v = e~1 + e~2 + e~3 . Überprüfen Sie am Ende, dass die geforderten Bedingungen u~1 · u~2 = 0 und ~u = u~1 + u~2 gelten. Beweis. Es gilt |~v |2 = ~v · ~v = 3 und ~u · ~v = 1 + 2 − 1 = 2, also erhalten wir die Zerlegung 2 2 ~u = ~v + ~u − ~v = u~1 + u~2 3 3 mit 2 2 2 1 2 u~1 = ~v = (e~1 + e~2 + e~3 ) = 3 3 3 2 sowie 1 2 2 1 4 5 1 u~2 = ~u − ~v = e~1 + 2e~2 − e~3 − (e~1 + e~2 + e~3 ) = e~1 + e~2 − e~3 = 4 . 3 3 3 3 3 3 −5 Zur Probe rechnen wir noch nach 2+1 1 1 u~1 + u~2 = 2 + 4 = 2 = ~u 3 2−5 −1 und 2 1 1 1 1 u~1 · u~2 = 2 · 4 = (2 + 8 − 10) = 0. 3 3 9 2 −5 Bemerkung 0.1. Die Formel (1) hat lediglich die Axiome des Skalarproduktes benutzt und ist somit in jedem Hilbertraum gültig. Zum Beispiel in Funktionenräumen, wie diese in der Quantenmechanik betrachtet werden. Die Formel in Koordinaten lässt sich auch auf separable Hilberträume anwenden, setzt jedoch die Kentniss einer orthonormalen Basis vorraus. Viel häufiger wird diese eher für Rn bzw. Cn benutzt. 3. Für Vektoren ~a = (ct, x, y, z) = (a0 , a1 , a2 , a3 ) in der vierdimensionalen Minkowski Raum-Zeit definieren wir folgendes Skalarprodukt ~a · ~b = a0 b0 − a1 b1 − a2 b2 − a3 b3 = ai ηij bj wodurch die Metrik ηij definiert ist. (a) Zeigen Sie daß mit diesem Skalarprodukt keine positiv definite Norm |~a| definiert ist. (geben Sie Beispiele) Beweis. Sei ~a = (0, x, y, z). Dann gilt |~a|2 = −(x2 + y 2 + z 2 ) ≤ 0 und falls ~a 6= 0 insbesondere |~a|2 < 0. Damit haben wir beliebig viele Beispiele gefunden. Falls die Komponente ct 6= 0 ist, so kann man einfach die Raumkomponenten entsprechend vergrössern. (b) Gilt die (quadrierte) Cauchy-Schwarzsche Ungleichung für unser Skalarprodukt (~a · ~b)2 ≤ |~a|2 |~b|2 ? Beweis. Diese Ungleichung gilt für das obige Pseudoskalarprodukt nicht mehr. Denn sei ~a = (a, a, 0, 0) und ~b = (a, −a, 0, 0) mit a > 0 beliebig. Dann gilt zum einen |~a|2 = a2 − a2 = 0 und |~b|2 = a2 − (−a)2 = 0, aber ~a · ~b = a2 − a(−a) = 2a2 > 0 also |~a|2 |~b|2 = 0 < (~a · ~b)2 = 4a4 . (c) Vektoren mit positiver, verschwindender oder negativer Norm heißen zeit-, licht-, oder raumartig. Skizieren Sie die Menge aller lichtartigen Vektoren mit z = 0 und geben Sie je einen zeit- bzw. raumartigen Vektor an. Beweis. Lichtartige Vektoren mit z = 0 haben die Form ~a = (ct, x, y, 0) mit (ct)2 − x2 − y 2 = 0 und erfüllen somit die Bedingung (ct)2 =: ρ = x2 + y 2 . 2 Für festes p t ∈ R also (ct) = ρ > 0 ist dieses jeweils ein Kreis. Da der Radius wegen 2 2 c|t| = x + y linear mit der Zeit wächst erhalten wir somit einen Kegel. Genauer sind dieses zwei Kegel, ein nach unten geöffneter und ein nach oben geöffneter, siehe dazu Bild im Tutorium. Nehmen wir jetzt noch die z−Komponente hinzu, so muss für lichtartige Vektoren für festes t ∈ R die Bedingung p c|t| = x2 + y 2 + z 2 gelten. Dieses ist gerade eine Sphäre (Rand einer Vollkugel im Ursprung) mit Radius c|t|. Mit wachsendem |t| wird diese Vollkugel entsprechend grösser. Vektoren innerhalb der Kugel sind zeitartig und die ausserhalb der Kugel sind raumartig. Wie bereits festgestellt sind Vektoren der Form ~a = (0, x, y, z) immer raumartig. Entsprechend sind Vektoren der Form ~a = (ct, 0, 0, 0) zeitartig. Für kompliziertere Zusammensetzungen können wir zwar Bedingungen angeben, jedoch sollte das vorhergehende Bild mehr helfen.