FH Giessen-Friedberg 3 StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Magnetisches Feld Stationäres magnetisches Feld: Ein stationäres magnetisches Feld liegt dann vor, wenn eine Ladungsbewegung mit gleicher Intensität vorhanden ist: I= dQ = const . dt Das magnetische Feld ist ein Wirbelfeld. Die Feldlinien haben keinen Anfang- und Endpunkt, sondern sind umlaufend und in sich geschlossen. Die einfachste Form eines vom Strom erzeugten magnetischen Feldes bildet sich bei einem geradlinigen Leiter aus, bei dem die Feldlinien in Form konzentrischer Kreise den Leiter umschlingen. Rechtsschraubenregel: Die Zuordnung von Feld- und Stromrichtung ist durch die sog. Rechtsschraubenregel festgelegt. Dreht man eine Rechtsschraube in Richtung des Magnetfeldes, dann bewegt sich diese in Richtung des Stromes (technische Stromrichtung). Dabei bedeutet „x“-Symbolik Stromrichtung in die Zeichenebene hinein und „.“-Symbolik Stromrichtung aus der Zeichenebene heraus. 1 FH Giessen-Friedberg 3.1 StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Magnetischer Fluss und magnetische Flussdichte Jeder stromdurchflossene Leiter erzeugt ein Magnetfeld. Es wird analog zum elektrischen Feld durch magnetische Feldlinien beschrieben, deren Gesamtheit man als magnetischen Fluss Φ bezeichnet. Die magnetische Flussdichte B (magnetische Induktion) ist der Quotient aus dem magnetischen Fluss und der Querschnittsfläche A . ∆Φ d Φ = ∆A→0 ∆A dA B = lim mit: [ Φ ] = V ⋅ s 3.2 ; (3.1) [ B] = V ⋅s = T (Tesla) m2 Durchflutung und magnetische Feldstärke Der elektrische Strom ist die Ursache des Magnetfeldes. Dieses Feld wird verstärkt, wenn mehrere Ströme oder (wie bei einer Spule) der gleiche Strom mehrfach die Umgebung beeinflussen. Diese Stromsumme wird als Durchflutung Θ bezeichnet. Zur Kennzeichnung der Intensität des Magnetfeldes entlang der Feldlinien wird die magnetische Feldstärke (Erregung) H eingeführt. Beide Größen werden über den Durchflutungssatz miteinander verknüpft: n Θ = ∫ H ⋅ ds = ∑ I i (3.4) i =1 mit: [ Θ ] = A ; [H ] = A m 2 FH Giessen-Friedberg 3.3 StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Magnetischer Widerstand In Analogie zum elektrischen Feld wird ein magnetischer Widerstand Rm definiert, der die Aufstellung des Hopkinsonschen Gesetzes (Ohmsches Gesetz für magnetische Kreise) erlaubt. Um magnetische Widerstände zu berechnen, muss der Begriff der Permeabilität eingeführt werden. Die absolute Permeabilität µ ist eine Materialgröße, die die magnetische „Durchlässigkeit“ eines Stoffes charakterisiert (vergleichbar mit κ ). Sie wird als µ r -faches der Permeabilität µ0 des Vakuums (Induktionskonstante) aufgefasst: Θ = Rm ⋅ Φ (3.5) l µ⋅A (3.6) µ = µr ⋅ µ0 (3.7) Rm = Magnetischer Widerstand einer Spule in Luft und mit einem Eisenkern: Das Magnetfeld der Luftspule besteht aus einem homogenen Anteil mit großer Induktion B innerhalb der Spule und einem inhomogenen Anteil mit sehr kleiner Induktion B außerhalb der Spule (letztere wird bei der Berechnung vernachlässigt). Bsp. 3.2: Magnetischer Widerstand einer Toroidspule 3 FH Giessen-Friedberg 3.4 StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Der magnetische Kreis Hopkinsonsches Gesetz: Vergleich zwischen magnetischem und elektrischem Kreis Stromkreis magn. Kreis Spannung U Widerstand R = U / I Reihenschaltung: Parallelschaltung: Φ Fluss Φ Strom I magn. Spannung V magn. Widerstand R m = V / Φ Rm, ges 1 Rm, ges Θ n = = ∑ Rm,i Φ i=1 RmAB A B V (3.11a) n 1 i =1 Rm,i =∑ (3.11b) Bsp. 3.3: Der skizzierte magnetische Kreis, der aus Stahlguss aufgebaut ist, soll im linken Schenkel einen Fluss von 3, 5 mVs besitzen. Ermitteln Sie die Windungszahl n . 4 FH Giessen-Friedberg 3.5 StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Energie des magnetischen Feldes Einführung der Induktivität einer Spule: L= N ⋅Φ I ; [ L] = V ⋅s = H (Henry) A (3.12) Jeder elektrische Leiter weist eine Induktivität auf. Durch konstruktive Maßnahmen (Wicklungen) kann die Induktivität drastisch erhöht werden. Felder sind Energieräume, so auch das magnetische Feld. Um eine Spule in den magnetischen Zustand zu versetzen, ist magnetische Energie erforderlich. Um diese Energieaufnahme bestimmen zu können, setzt man sie in Bezug zur elektrischen Energie. Die Spule fungiert hierbei als Energieumformer. Der Energieinhalt des magnetischen Feldes einer Spule berechnet sich aus der Induktivität der Spule und dem Quadrat des in die Spule fließenden Stroms: Wmagn = 12 ⋅ L ⋅ I 2 (3.14) Speicherbare Energie in einem bestimmten Kernformat: Wmagn = 1 B2 ⋅ ⋅V 2 µ0 ⋅ µ r (3.15) Die von einer Spule speicherbare Energie hängt also vom Volumen V ab, in dem das Magnetfeld gespeichert wird. Bei einer eisengefüllten Spule wird der überwiegende Energieanteil im Luftspaltvolumen VL und die kleinere Restenergie im Eisenvolumen VFe gespeichert. Gespeicherte magnetische Energie im Eisen: B Wmagn = VFe ⋅ ∫ H Fe ⋅ dB (3.17) 0 5 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Die im Eisenvolumen gespeicherte Energie entspricht der schraffierten Fläche der nachfolgenden Grafik: Beispiel 3.5: Für eine stromdurchflossene Toroidspule mit kreisförmigem Querschnitt mit den gegebenen Größen A=500cm², D=2m, N=3000 und I=1,46A soll ein homogener Feldverlauf angenommen werden. a) Die magnetische Energie der Toroidspule ohne Eisenkern ist zu berechnen. b) Es ist die magnetische Energie zu bestimmen, wenn die Toroidspule einen Eisenkern aus Dynamoblech enthält. 6 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Hystereseverluste: Fließt durch eine eisengefüllte Spule ein Wechselstrom, dann erzwingt das veränderliche magnetische Feld im Eisenkern eine fortwährende Umorientierung der Elementarmagnete. Diese Verluste werden als sog. Hystereseverluste bezeichnet. a) schraffierte Fläche entspricht der aufgenommenen Energie Wmagn1 b) schraffierte Fläche entspricht der wieder abgegebenen Energie Wmagn2 < Wmagn1 c) schraffierte Fläche als Differenz ∆W = Wmagn1 – Wmagn2 stellt die Hystereseverluste für die positive Wechselstrom-Halbwelle dar Anziehungskraft von Magneten: Trennflächen im Magnetfeld sind Grenzflächen zwischen Magnetmaterialien verschiedener Permeabilität, z.B. Luftspalt in einem Eisenkreis. Der Strom I durch die Spule des Magnetkreises in der Grafik hat zur Folge, dass auf den beweglichen Anker eine Kraft wirkt. BL2 F= ⋅ AL 2 µ0 (3.24) 7 FH Giessen-Friedberg 3.6 StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Kraftwirkung auf stromdurchflossene Leiter Erfahrungsgemäß wird auf stromdurchflossene Leiter im Magnetfeld eine Kraft ausgeübt, deren Entstehung man sich durch Überlagerung des vorhandenen magnetischen Fremdfeldes mit der Flussdichte B und dem magnetischen Eigenfeld des Stromes veranschaulichen kann. Diese Überlagerung hat eine Feldverstärkung auf der einen und eine Feldschwächung auf der anderen Seite zur Folge. Die Kraft zeigt in Richtung der Feldschwächung. N l B I α F = I⋅ l ×B ( ) F = Q ⋅ (v × B) (3.25) (3.26) S Rechte-Hand-Regel: 8 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler 3.7 Kraft auf bewegte Punktladungen Bewegte elektrische Ladungen üben Kräfte aufeinander aus, deren Ursache nicht im Coulombschen Gesetz liegt. Die magnetische Kraft auf zwei Punktladungen, die sich parallel zueinander mit const. Geschwindigkeit bewegen, soll berechnet werden, wenn sie auf gleicher Höhe sind. Da hier die Beschreibung durch skalare Größen möglich ist, stellt dies ein Sonderfall dar. Die Kraft ist proportional dem Produkt der Ladungen und Geschwindigkeiten sowie umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstandes: F∼ (Q1 ⋅ v1 ) ⋅ (Q2 ⋅ v2 ) r2 k= µ 4π ; [k ] = ⇒ Vs Am F =k⋅ (Q1 ⋅ v1 ) ⋅ (Q2 ⋅ v2 ) r2 (Proportionalitätsfaktor) r : Abstand zwischen den Bewegungslinien ⇒ F= µ (Q1 ⋅ v1 ) ⋅ (Q2 ⋅ v2 ) ⋅ 4π r2 Fmag v1 Q1 (3.27) Fel Fel r2 Q2 r Fel Fmag Fall 1 v1 Q1 Fmag r1 r2 v2 Q2 r Fmag r1 v2 Fel Fall 2 Die Kraftwirkung auf die Ladung Q1 kann nach Gl. (3.27) aus dem Produkt (Q1⋅v1) und der am Ort von Q1 vorhandenen, von der bewegten Ladung Q2 hervorgerufenen magnetischen Induktion B(Q2,v2) berechnet werden. Für die Kraftwirkung auf die Ladung Q2 sind die Verhältnisse analog, d.h. es gilt: 9 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler µ Q2 ⋅ v2 ⋅ 2 = Q1 ⋅ v1 ⋅ B(Q2 , v2 ) 4π r F = Q ⋅ v ⋅ B ⋅ sin ∡ v, B B (Q2 ,v2 ) µ Q1 ⋅ v1 F = Q ⋅ v ×B F (Q2 ) = Q2 ⋅ v2 ⋅ ⋅ 2 = Q2 ⋅ v2 ⋅ B (Q1, v1 ) 4π r B ( Q1 ,v1 ) F (Q1 ) = Q1 ⋅ v1 ⋅ ( ( ) ) Die magnetische Induktion B lässt sich somit auch aus der Kraft auf bewegte Ladungen ableiten: B= µ Q⋅v ⋅ 4π r 2 ⇒ µ Q B= ⋅ ⋅ (v × r ) 4π r 3 (3.28) Für die Grafik auf Folie 9 gilt: v1x v1 = 0 0 ; v2 x v2 = 0 0 ; 0 r1 = −r1 y 0 ; 0 r2 = r2 y 0 Komponentendarstellung (aus Mathebuch): a x bx a y ⋅ bz − a z ⋅ by a × b = a y × by = az ⋅ bx − a x ⋅ bz a b a x ⋅ by − a y ⋅ bx z z Für die Fälle 1 und 2 ergeben sich folgende Richtungen der Kräfte: µ Q1 ⋅ Q2 F (Q1 ) = ⋅ ⋅ v × v ( 1 2 × r2 ) 4π r3 (3.29) v2 x r2 x v2 y ⋅ r2 z − v2 z ⋅ r2 y 0 v2 × r2 = v2 y × r2 y = v2 z ⋅ r2 x − v2 x ⋅ r2 z = 0 ≙ positiver z-Achse v r v2 x ⋅ r2 y − v2 y ⋅ r2 x v2 x ⋅ r2 y 2z 2z 0 v1x 0 ⇒ v1 × ( v2 × r2 ) = 0 × 0 = −v1x ⋅ v2 x ⋅ r2 y ≙ negativer y-Achse 0 v ⋅r 0 2x 2 y 10 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld µ Q1 ⋅ Q2 F (Q2 ) = ⋅ ⋅ v × v ( 2 1 × r1 ) 4π r3 Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler (3.30) v1x r1x v1 y ⋅ r1z − v1z ⋅ r1 y 0 v1 × r1 = v1 y × r1 y = v1z ⋅ r1x − v1x ⋅ r1z = 0 ≙ negativer z-Achse v1z r1z v1x ⋅ r1 y − v1 y ⋅ r1x −v1x ⋅ r1 y 0 0 v2 x ⇒ v2 × ( v1 × r1 ) = 0 × 0 = v2 x ⋅ v1x ⋅ r1 y ≙ positiver y-Achse 0 0 −v1x ⋅ r1 y Dieses Beispiel soll die Vorgehensweise verdeutlichen, wenn die Vektoren nicht senkrecht aufeinander stehen und dadurch eine Beschreibung mittels skalarer Größen nicht möglich ist. 11 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler 3.8 Das Gesetz von Biot-Savart Das Biot-Savartsche Gesetz dient zur Bestimmung der magnetischen Flussdichte bzw. Feldstärke in der Umgebung eines langen stromdurchflossenen drahtförmigen Leiters beliebiger Geometrie. Die magnetische Flussdichte in einem Messpunkt P rührt von allen Teilen des Leiters her. Das Biot-Savartsche Gesetz gibt an, welchen Beitrag ein Stück der Länge ds des vom Strom I durchflossenen Leiters hierzu liefert. dH = I ⋅ ds × d r 4π ⋅ r 3 I ⋅ ds dH = ⋅ sin(α ) 4π ⋅ r 3 ( ) l (3.31) P α ds r Feldstärke in der Umgebung eines geraden stromdurchflossenen Leiters: I α1 α2 H= I 4π ⋅ R ϕ1 ϕ2 R s ⋅ sin (ϕ1 ) + sin (ϕ2 ) = +ϕ r r I P −ϕ ⋅ cos (α1 ) + cos (α 2 ) 4π ⋅ R (3.32) 12 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Berechnung der magnetischen Feldstärke auf der MittelPunktsachse eines Ringstromes Beispiel 3.8: Das Biot-Savartsche Gesetz beschreibt den Anteil der magnetischen Feldstärke dH im Abstand r eines stromdurchflossenen Kreisleiters. dH steht dabei senkrecht auf ds und r. Die gesamte magnetische Feldstärke im Punkt P ergibt sich aus der geometrischen Summe der Teilfeldstärken der einzelnen Leiterelemente ds. Bei der Summenbildung heben sich die zur Achse senkrechten Komponenten von je zwei diametral gelegenen Leiterelementen auf. Es bleiben nur die Komponenten in Achsenrichtung übrig. z β H dH P dH β r r l ds R y R I ds 2R =d x Für die Feldstärke auf der Mittelpunktsachse gilt: I ⋅d2 H = = 8⋅r3 2⋅ ( I ⋅ R2 R +l 2 Für l >> R: I ⋅ R2 H = 2 ⋅ l3 Für l << R: H = I 2⋅R 2 ) 3 (3.34) (siehe Bsp. 3.7) 13 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Magnetische Feldstärke auf der Mittelpunktachse im Inneren einer Zylinderspule Beispiel 3.9: 1. Weg: Herleitung über Winkelbeziehungen Das Bild zeigt eine Zylinderspule mit der Länge l und dem Durchmesser d. Über die Länge der Spule sollen w Windungen gleichmäßig angebracht sein, so dass auf das Längenelement dx gerade w·dx/l Windungen entfallen. Durch die gleichmäßig angebrachten Windungen kann der Strom I über die Spule als stetig verteilt angenommen werden. dx dx ε1 d r2 r ε r1 da ε2 P a L Herleitung siehe Vorlesung Für die magnetische Feldstärke auf der Achse der Spule gilt: H = I ⋅w ⋅ [cos(ε1) + cos(ε 2 )] 2⋅l (3.35) In der Mitte der Spule gilt: HM = I ⋅w ⋅ cos(ε1) = l I ⋅w d +l 2 2 (3.36) Am linken Rand der Spule beträgt die magnetische Feldstärke: HL = I ⋅w I ⋅w ⋅ cos(ε 2 ) = 2⋅l d2 + 4 ⋅ l2 (3.37) Die magnetische Feldstärke auf der Mittelpunktachse einer langen Zylinderspule (l >> d) ist am Rand nur halb so groß wie in der Mitte. 14 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler 2. Weg: Herleitung ohne Winkelbeziehungen Das Bild zeigt wieder eine Zylinderspule mit stetiger Stromverteilung. y dξ z–ξ R0 d 0 -L/2 ξ P +L/2 z L H = + L2 ∫ − L 2 +L I ⋅w 2 dH = ⋅ 2 ⋅ L −∫L 2 ( R02 (z − ξ ) 2 + R02 ) 3 ⋅ dξ Unter Zuhilfenahme einer Formelsammlung lässt sich dieses Integral geschlossen lösen: I ⋅ w H= ⋅ 2⋅L ⋅e − z L 2 + R2 L 2 + R2 z z + − ( 2 ) 0 ( 2 ) 0 z + L2 z − L2 1. Sonderfall: z = 0 HM = 2. Sonderfall: z = -L/2 HL = I ⋅w L2 + d 2 ⋅ ez I ⋅w 4⋅L + d 2 2 ⋅ ez (3.38) (3.39) (3.40) 15 FH Giessen-Friedberg Beispiel 3.9: StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Welches Magnetfeld herrscht im Inneren einer Zylinderspule von 20cm Länge mit Radius 1,4cm und 600 Windungen, die von einem Strom der Stärke 4A durchflossen wird? Geben Sie den grafischen Verlauf von H im Intervall [-L/2, L/2] an. Der Feldverlauf lässt sich beispielsweise analytisch über Gl. (3.38) berechnen und mit MATLAB plotten. Mit Gl. (3.38): I ⋅w H = ⋅ 2⋅L − 2 2 ( z + L2 ) + R02 ( z − L2 ) + R02 z + L2 z − L2 Eine weitere und vor allem praxistauglichere Möglichkeit der Berechnung stellt die numerische Lösung des Integrals mit Hilfe der Simpson-Formel dar (siehe auch ET1, Kapitel 2). h= b−a 2n mit: a, b : Integrationsgrenzen 2n : gerade Anzahl von Teilintervallen h : Schrittweite Σ0 = y 0 + y 2 n Σ1 = y1 + y 3 + … + y 2n −1 Σ2 = y 2 + y 4 + … + y 2n − 2 b ∫ f ( x )dx ≈ ( Σ0 + 4 ⋅ Σ1 + 2 ⋅ Σ2 ) ⋅ a h 3 Die Simpson-Formel muss dann auf folgendes Integral angewandt werden, wobei z für jede Simpson-Berechnung ein Parameter darstellt. +L I ⋅ w ⋅ R02 2 H = ⋅∫ 2⋅L −L 2 ( 1 ξ 2 − 2 ⋅ z ⋅ ξ + z 2 + R02 ) 3 ⋅ dξ (3.41) 16 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Nachfolgendes MATLAB-m-File berechnet die magnetische Feldstärke sowohl über die geschlossene Lösung nach Gl. (3.38) als auch numerisch über die Simpson-Formel. Alle Längenangaben erfolgen in Meter. Die Schrittweite für die z-Achse im Intervall [-L/2, L/2] beträgt jeweils 0.005 (m). %--------------------------------------------------------------------------------------------% m-File berechnet den Verlauf der magnetischen Feldstärke auf der % Mittelpunktsachse einer Zylinderspule analytisch sowie numerisch % (letztere nach der Simpson-Formel) % % letzte Aenderung: 16.09.10 clc close all clear all format % Spulenwerte L = 0.2; R0 = 0.014; w = 600; I = 4; % % % % Länge der Spule in m Radius in m Anzahl der Windungen Strom delta_z = 0.005; % Schrittweite fuer z-Achse n = 20; % Schrittweite fuer Simpson-Integration z_achse = -L/2:delta_z:+L/2; z = -L/2; k = L/delta_z + 1; for i = 1:1:k H_analytisch(i) = I*w/(2*L)*(((z + L/2) / (sqrt((z + L/2)^2 + R0^2))) - ((z - L/2) / (sqrt((z - L/2)^2 + R0^2)))); [integral_ergebnis] = integration_simpson_zylinderspule(n,-L/2,L/2,z,R0); H_numerisch(i) = I*w*R0^2/(2*L) * integral_ergebnis; z = z + delta_z; end; plot(z_achse,H_analytisch); grid; hold; plot(z_achse,H_numerisch,'r'); % %--------------------------------------------------------------------------------------------- %--------------------------------------------------------------------------------------------% Funktion zur numerischen Integration der magnetischen Feldstärke einer Zylinderspule % übergebene Parameter: - n => 2n+1 Stützstellen % - a : untere Integralgrenze % - b : obere Integralgrenze % - z : Wert auf der z-Achse % - R0: Radius der Spule % zurückgegebener Wert: integral_ergebnis function[integral_ergebnis] = integration_simpson_zylinderspule(n,a,b,z,R0) h = (b-a)/(2*n); % Schrittweite % Bestimmung der Teilsummen summe_0 = 1/sqrt((a^2 - 2*z*a + z^2 + R0^2)^3) + 1/sqrt((b^2 - 2*z*b + z^2 + R0^2)^3); summe_1 = 0; summe_2 = 0; 17 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler i = 1; while i < 2*n summe_1 = summe_1 + 1/sqrt(((a+i*h)^2 - 2*z*(a+i*h) + z^2 + R0^2)^3); i = i + 2; end; i = 2; while i < 2*n-1 summe_2 = summe_2 + 1/sqrt(((a+i*h)^2 - 2*z*(a+i*h) + z^2 + R0^2)^3); i = i + 2; end; integral_ergebnis = [summe_0 + 4*summe_1 + 2*summe_2]*h/3; % %--------------------------------------------------------------------------------------------- In den Plots wird die analytische Lösung blau und die numerische Lösung rot dargestellt. In der ersten Grafik ist n = 12, d.h. für die Simpson-Integration werden 2n = 24 Teilintervalle für jedes z berechnet. Man erkennt, dass über einen weiten Feldstärkeverlauf die numerisch ermittelten Werte um die analytischen (Referenz)-Werte oszillieren. Offensichtlich ist die gewählte Anzahl an Teilintervallen zu gering. H [A/m] 14000 12000 10000 8000 6000 4000 2000 -L/2 0 -0.1 L/2 -0.05 0 0.05 0.1 z [m] blau: analytisch rot: numerisch (Simpson, n = 12) 18 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler In der zweiten Grafik ist n auf 20 gesetzt. Hier kann zwischen der analytischen und der numerischen Lösung praktisch kein Unterschied mehr festgestellt werden. H [A/m] 14000, 12000, 10000, 8000, 6000, 4000, 2000, -L/2 0, -0,1 L/2 -0,05 0, 0,05 0,1 z [m] blau: analytisch rot: numerisch (Simpson, n = 20) 19 FH Giessen-Friedberg 3.9 StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Ablenkung im elektromagnetischen Feld Elektrische Ablenkung: Elektronen treten mit einer Geschwindigkeit v0x in ein homogenes Querfeld Ey ein und erfahren während ihrer Durchlaufzeit t eine konstante Auslenkungskraft F und damit eine GeschwindigkeitsKomponente vy in Feldrichtung. Der Elektronenstrahl wird also ausgelenkt. Das Feld kann durch einen Plattenkondensator der Plattenlänge l und dem Plattenabstand d erzeugt werden. Die Bahnkurve des Elektrons innerhalb der Plattenlänge l entspricht der eines waagrechten Wurfes: • In x-Richtung erfolgt eine Bewegung mit const. Geschwindigkeit v0x • In y-Richtung erfolgt eine Bewegung mit const. Beschleunigung Anode l Kathode Ey v0x l' 0 vy = ay ⋅ t d y vx = const. ϕ x s yA b' b p Ua sy = t= e ⋅ Ey me sx2 ⋅ 2 ⋅ v02x (3.45b) l (3.46) v0x v0 x = 2 ⋅ e ⋅Ua me tan(ϕ ) = ⇒ b= vy v0 x = (3.47) e ⋅ Ey me e ⋅ Ey ⋅ l ⋅ p me ⋅ v02x ⋅t ⋅ = e ⋅U y ⋅ l Uy ⋅l 1 = = v0 x d ⋅ me ⋅ v02x 2 ⋅ d ⋅ U a e ⋅U y ⋅ l ⋅ p me ⋅ d ⋅ v02x = l ⋅ p Uy ⋅ 2 ⋅ d Ua (3.48) (3.49) 20 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Magnetische Ablenkung: a l Bz d v0x x ∆y Fy Fy α vx b' b c r r α Radius r der Kreisbahn: r= me ⋅ vx e ⋅ Bz (3.50) Umlaufzeit in einem Halbkreis: v B F+ q r v0 tu ,h = π ⋅r v0 = π me ⋅ v0 ⋅ v0 e ⋅ Bz B F− q v1 = π ⋅ me e ⋅ Bz (3.58) 21 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Bsp. 3.10: Die aus der Kathode austretenden Elektronen werden von der positiven Anode angezogen und erreichen durch die Anodenspannung Ua=2kV das Ablenksystem der Länge l=3,5cm mit einer Geschwindigkeit v1. a) Wie groß ist v1? b) Mit welchem Ablenkwinkel α verlassen die Elektronen das Ablenksystem, wenn die Ablenkung elektrisch mit Ey=-416V/cm bzw. magnetisch mit Bz=-30,5⋅10-8Vs/cm² erfolgt? c) Wie groß ist v2 bei der elektrischen bzw. magnetischen Ablenkung? l Anode z x y Kathode v1 E y bzw. Bz α Ua v2 a) Mit Gl. (3.16): 2 ⋅ e ⋅U a 2 ⋅ 1,602 ⋅ 10−19 As ⋅ 2000 V v1 = = = 26523,2 km s −31 me 9,109 ⋅ 10 kg b) Elektrisch: V = −416 ⋅ 10 2 V E y = −416 cm m bzw. V E y = 416 ⋅ 102 m (E-Feld zeigt in negative y-Richtung) tan(α ) = e ⋅ Ey ⋅ l me ⋅ v12 = ( ) V ⋅ 0,035 m 1,602 ⋅ 10−19 As ⋅ 416 ⋅ 102 m 9,109 ⋅ 10 −31 ( kg ⋅ 26523, 2 ⋅ 10 m s 3 ) 2 = 0,364 ⇒ α = 20° (Ablenkung erfolgt in positive y-Richtung) 22 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Vs = −30,5 ⋅ 10−4 Vs Magnetisch: Bz = −30,5 ⋅ 10−8 cm 2 m2 Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Vs Bz = 30,5 ⋅ 10−4 m 2 bzw. (B-Feld zeigt in Blattebene hinein) me ⋅ v1 9,109 ⋅ 10−31 kg ⋅ 26523,2 ⋅ 103 m s r= = = 0,04945 m e ⋅ Bz 1,602 ⋅ 10−19 As ⋅ 30,5 ⋅ 10−4 Vs m 2 ( ) 0,035 m l α = arcsin = arcsin = 45,06° 0,04945 m r (Ablenkung erfolgt in negative y-Richtung) c) Elektrisch: v1 = cos(α ) v2 ⇒ v2 = 26523, 2 km v1 s = = 28225,4 km s cos(α ) cos(20°) Magnetisch: v2 = v1 = 26523, 2 km s 23 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler 3.10 Induktionswirkung des magnetischen Feldes Wird ein Leiter senkrecht zum Magnetfeld bewegt, dann entsteht im Leiter eine elektrische Spannung, weil die Lorentzkraft eine Ladungstrennung innerhalb des Leiters bewirkt. Der Lorentzkraft wirkt die durch die Ladungstrennung entstehende elektrische Kraft ( F el = Q ⋅ E ) entgegen. (2) E I U q 21 v U i12 Ei (1) F mag = Q ⋅ v × B ( U i12 I ) Wird die magnetische Lorentzkraft formal wie eine Coulombkraft aufgefasst, dann muss eine Feldstärke eingeführt werden, die entgegengesetzt zu der elektrischen Feldstärke E gerichtet ist (sog. Induzierte Feldstärke E i ) : F mag = Q ⋅ v × B = Q ⋅ E i ( ) ⇒ Ei = v × B (3.64) Das System ist im Gleichgewicht, wenn elektrische und magnetische Kraft gleich groß sind: Fel + Fmag = 0 ⇒ Fel = − Fmag Q ⋅ E = −Q ⋅ v × B = −Q ⋅ Ei E = − Ei ( ) Die mit der Ladungstrennung entstehende Quellspannung U q bzw. induzierte Spannung U i lassen sich aus der elektrischen Feldstärke E bzw. der angenommenen induzierten Feldstärke E i berechnen: siehe Vorlesung 24 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Allgemeines Induktionsgesetz: Das Induktionsgesetz fasst zwei Vorgänge zusammen, die keinen Bezug zueinander zu haben scheinen: • Induktion durch Bewegung • Induktion durch Feldänderung Mittels partieller Differentiation ergibt sich: dΦ d dA(t ) dB(t ) Ui = − =− A(t ) ⋅ B(t ) = − B (t ) ⋅ − A(t ) ⋅ dt dt dt dt ( ) (3.67) Das 1. Glied beschreibt den Bewegungsanteil, das 2. Glied den Feldänderungsanteil an der induzierten Spannung. Ordnet man mehrere benachbarte Leiterschleifen an, so wird in jeder einzelnen die mit der jeweiligen Flussänderung verbundene Spannung induziert; jede Schleife ist eine individuelle Spannungsquelle. Daraus ergibt sich das allgemeine Induktionsgesetz: Ui = − N ⋅ dΦ dt (3.68) 25 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler 3.10.1 Erzeugung einer sinusförmigen Wechselspannung Die einfachste Möglichkeit der Erzeugung einer sinusförmigen Wechselspannung ist, eine rechteckige Leiterschleife mit const. Drehzahl n in einem homogenen und zeitlich const. Magnetfeld der Flussdichte B zu drehen (Bewegungsinduktion). Je nach Stellung der Leiterschleife durchsetzt der magnetische Fluss eine bestimmte wirksame Fläche: 22rr = d α φ als Funktion der Zeit: a 2 ˆ ⋅ cos(ωt ) Φ (t ) = Φ a Für die induzierte Spannung erhält man: ui (t ) = − N ⋅ dΦ d ˆ ˆ ⋅ sin(ωt ) = −N ⋅ Φ ⋅ cos(ωt ) = N ⋅ ω ⋅ Φ dt dt ( ) (3.71) ui (t ) = uˆ ⋅ sin(ωt ) (3.72) ˆ = N ⋅ω ⋅ B ⋅ l ⋅ d uˆ = N ⋅ ω ⋅ Φ (3.73) Zwischen den beiden Zeitverläufen ui(t) und φ(t) tritt eine zeitliche Verschiebung (Phase) auf. Der Fluss eilt der Spannung um π/2 voraus. 26 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler 3.10.2 Selbstinduktion der Spule Wird eine Spule von einem zeitlich sich ändernden Strom durchflossen ( di dt ≠ 0 ), wird die Spule auch von einem zeitlich sich ändernden Magnetfeld durchsetzt ( d Φ dt ≠ 0 ). Die Spule reagiert auf das eigene Magnetfeld genauso wie auf ein fremdes Magnetfeld und induziert nach dem Lenzschen Gesetz einen Strom und eine Spannung. Ist d Φ dt > 0 , wird ein Strom induziert, der dem hinein fließenden Strom entgegenwirkt (Bremswirkung). Für die Berechnung der Selbstinduktionsspannung verbindet man den Induktionsvorgang mit der Definition der Induktivität. uL = L ⋅ Selbstinduktionsspannung: di dt (3.74) Die Spannung u L entspricht einer Quellspannung (aktiver Zweipol). iL iL R diL >0 dt uR ii L uL R uR L uL diL <0 dt ii 27 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler 3.11 Schaltvorgänge bei Spulen S iL R uR S U M L uL t=0 R uR L uL M iL a) b) Einschaltvorgang (Bild a): τ= L R (3.75) t − U iL = ⋅ 1 − e τ R uL = U ⋅ e − (3.76) t τ (3.77) iL strebt dem Endwert U R entgegen. Der Quotient L R ist eine Schaltungskonstante und heißt, analog zum Kondensator, Zeitkonstante τ . U ist die Betriebsspannung. Sie ist gleich der Spannung u L im Einschaltmoment. Abschaltvorgang (Bild b): iL = I ⋅ e − t τ u L = −U max ⋅ e (3.78) − t τ (3.79) Die Richtung des Abschaltstroms iL stimmt mit der Richtung des vorher geflossenen Gleichstroms I = U R überein, da der Induktionsstrom gemäß der Lenzschen Regel jeder Flussänderung entgegenwirkt. Das Minuszeichen in Gl. (3.79) besagt, dass Abschaltstrom und Selbstinduktionsspannung entgegengesetzt gerichtet sind (aktiver Zweipol). 28 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Magnetisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Übergangsverhalten des RL-Gliedes: 29