Elektrostatisches Feld

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2
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Grundlagen der Elektrotechnik
Elektrostatisches Feld
Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler
Das elektrostatische Feld
Das elektrostatische Feld wird durch ruhende elektrische Ladungen
verursacht, d.h. es fließt kein Strom. Auf die ruhenden Ladungen wirken
Coulomb-Kräfte, die über das Coulombsche Gesetz nach Gl. (1.1)
beschrieben werden:
r
ur
1 Q1 ⋅ Q2 r 12
F 12 =
⋅
⋅
2
4πε 0
r12
r12
Die Ladungen Q1 und Q2 sind sog. Punktladungen mit einer infinitesimal
kleinen räumlichen Ausdehnung. Elektrische Feldlinien einer positiven
Punktladung zeigen radial von ihr weg, elektrische Feldlinien einer
negativen Punktladung zeigen radial zu ihr hin.
Bsp. 2.1:
Drei Punktladungen liegen auf der x-Achse: Q1 = 25nC liegt im Ursprung,
Q2 = -10nC liegt bei x = 2m und Q0 = 20nC befindet sich bei x = 3,5m.
Berechnen Sie die gesamte auf Q0 einwirkende Kraft.
Q2=-10nC
y/m
1
Q1=+25nC
2
3
4
x/m
Q0=+20nC
Lösung:
Kraft F10, die Q1 auf Q0 ausübt:
r
ur
r
1 Q1 ⋅ Q0 r 10
F 10 =
⋅
⋅
=
0,367
µN
⋅
e
x
2
4πε 0
r10
r10
1
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r
r
r 10
ex =
ist der Einheitsvektor in x-Richtung
r10
Kraft F20, die Q2 auf Q0 ausübt:
r
ur
r
1 Q2 ⋅ Q0 r 20
F 20 =
⋅
⋅
=
−
7,99
µN
⋅
e
x
2
4πε 0
r20
r20
Durch Superposition ergibt sich die resultierende Kraft auf Q0:
ur
ur
ur
r
F ges = F 10 + F 20 = −0,432 µN ⋅ e x
2
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2.1
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Definition der elektrischen Feldstärke
Der Begriff der elektrischen Feldstärke leitet sich aus dem Coulombschen Gesetz ab. Man definiert:
ur
F 2 = Q2 ⋅
r
ur
Q1
⋅
e
=
Q
⋅
E
r
2
4πε 0 ⋅ r 2
14
4244
3
ur
(2.1)
E
Der Punktladung Q1 am Ort r = 0 wird ein Feld zugeordnet, das radial
von ihr ausgeht und mit 1/r² abnimmt. Dieses elektrische Feld hat eine zu
Q2 proportionale Kraft F2 zur Folge.
Die Kraft auf eine Punktladung im elektrischen Feld beträgt allgemein
(unabhängig davon, wie die Feldstärke E verursacht wurde):
ur
ur
F = Q ⋅E
;
[E ] =
V
m
(2.2)
Felder werden mittels Feldlinien visualisiert. Zur Darstellung eines
Feldes zeichnet man Linien, deren Richtung in jedem Punkt der Kraftrichtung entspricht, die auf eine positive Punktladung ausgeübt würde.
Die Dichte der Feldlinien ist dabei ein Maß für den Betrag der Feldstärke.
• Das elektrostatische Feld ist ein Quellenfeld. Elektrische Feldlinien beginnen und enden immer auf elektrischen Ladungen.
• Die positive Richtung der Feldlinien ist so definiert, dass sie von
positiven Ladungen ausgehen und auf negativen Ladungen
enden.
3
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Bsp. 2.2:
Gegeben ist ein System von 4 Punktladungen Q1 bis Q4 in einer quadratischen Anordnung mit Q1<Q2<Q3. Gesucht ist die elektrische Feldstärke
Eges im Punkt A sowie die Kraft F auf die Ladung Q4.
a
Q2
Q3
a 2
a
ur
E1
Q4
Q1
ϕ
A
ur
E2
x
ur
E2
ur
E3
y
ur
E ges
ur
E3
Lösung mittels Vektorrechnung, d.h. Aufteilung des Feldstärkevektors in
eine x- und y-Komponente:
ur
ur ur
ur
 E   E2 x   0   E1x + E2 x 
E ges = E 1 + E 2 + E 3 =  1x  + 
+
=

 0   E 2 y   E3 y   E 2 y + E 3 y 
ur
ur
F = Q4 ⋅ E ges
4
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Das elektrische Feld als Gradient des elektrischen Potentials:
Die Richtung, in der das Potential kleiner wird, ist die Richtung, in die die
elektrischen Feldlinien zeigen. Betrachtet man eine kleine Verschiebung
dx einer Punktladung im elektrischen Feld, dann gilt für die Änderung
des Potentials:
ur
dϕ = −E ⋅ dx
bzw.
ur
dϕ
E=−
dx
(2.3)
Die größte Veränderung von ϕ erhält man entlang der Richtung des elektrischen Feldes. Dieser Sachverhalt wird in der Mathematik wie folgt
definiert:
Ein Vektor, der die Richtung der größten Änderung einer skalaren
Funktion anzeigt und der räumlichen Ableitung der Funktion in
dieser Richtung entspricht, heißt Gradient der Funktion.
ur
ur
E = −grad ϕ = −∇ϕ
(2.4)
Das elektrische Feld E ist der negative Gradient des Potentials ϕ. Die
Feldlinien zeigen in die Richtung der größten Abnahme des Potentials.
Divergenz und Poisson-Gleichung:
Rein formal führt die Gradientenbildung einen Skalar über in einen
Vektor. Aus Symmetriegründen kann man die sog. Divergenz definieren,
die einen Vektor in eine skalare Größe überführt:
r ur r ∂a
∂a
∂a
div a = ∇ ⋅ a = x + y + z
∂x
∂y
∂z
Für die Divergenz des elektrischen Feldes einer kontinuierlichen
Ladungsverteilung einer Kugel erhält man (siehe z.B. Tipler):
ur ur ur ρ
div E = ∇ ⋅ E =
ε
mit: ρ =
dq
dV
(2.5)
(Raumladungsdichte)
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ur
 ∂ 2ϕ ∂ 2ϕ ∂ 2ϕ 
ρ
div E = −div grad ϕ = −  2 + 2 + 2  =
∂y
∂z  ε 0 ⋅ ε r
 ∂x
(2.6)
Mit Hilfe dieser sog. Poisson-Gleichung kann das Potential aus der
Ladungsverteilung berechnet werden. Ihre eindimensionale Differentialform lautet:
ur
d 2ϕ
dE
ρ( x)
=
−
=
−
(2.7)
dx
ε0 ⋅ εr
dx 2
Anschaulich betrachtet ist (bis auf einen Zahlenfaktor) die elektrische
Feldstärke die erste und die Ladungsverteilung die zweite Ableitung des
Potentials.
Integralform der Poisson-Gleichung:
Mittels Poisson-Gleichung kann in der Halbleiterphysik die Potentialfunktion in der Raumladungszone einer Halbleiterdiode bestimmt
werden. Durch zweimalige Integration ergibt sich mit ρ(x) = eN(x):
x%%
 e

ϕ = −∫ 
⋅ ∫ N ( x% ) ⋅ dx% + CE  ⋅ dx%% + Cϕ
ε ⋅ε

xp 
 0 r xp

x
(2.8)
CE ,Cϕ : Integrationskonstanten des elektrischen Feld- bzw.
Potentialverlaufs
6
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Anwendungsbeispiel:
Bestimmung des Potentialverlaufs innerhalb der Raumladungszone einer
Halbleiterdiode (aus: “pn-Halbleiterdiode, Teil 1“ von Marcel Beuler)
xp ≤ x ≤ 0:
e ⋅ N A−
ϕ ( x) =
ε0 ⋅ εr
 x 2 − x 2p
⋅
− xp ⋅ x − xp
2

(
)

 ni 
 + U T ⋅ ln  − 
 NA 

0 ≤ x ≤ xn:
ϕ ( x) =
 ni 
⋅  N D+ ⋅ x ⋅ ( 2 xn − x ) + N A− ⋅ x 2p  + U T ⋅ ln  − 
2 ⋅ε0 ⋅ εr
 NA 
e
Symmetrisch dotierte Si-Diode bei T = 300K mit folgenden Werten:
ND+ = N A− = 1022 m13
; ni = 1,08 ⋅ 1016 m13
UT = kB ⋅ T = 25,86mV
; ε r = 11,9
Symmetrischer Potentialverlauf in der RLZ
7
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2.2
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Berechnung des elektrischen Feldes mit Hilfe des
Coulombschen Gesetzes
Kontinuierliche Ladungsverteilung:
In einem Raumgebiet (Körper) sei eine große Anzahl von Ladungen so
dicht beieinander, dass sie als kontinuierlich verteilt angesehen werden
kann.
Q = ∫ dq
Gesamtladung eines Körpers
V
V = ∫ dV
Gesamtvolumen eines Körpers
V
Definition der Raumladungsdichte ρ, der Flächenladungsdichte σ und
der Linienladungsdichte λ:
ρ=
dq
dV
(2.9a)
σ=
dq
dA
(2.9b)
λ=
dq
dl
(2.9c)
Ein Ladungselement dq = ρ⋅dV sei klein genug, um als Punktladung aufgefasst werden zu können. Das elektrische Feld dE am Punkt P wird
durch das Coulombsche Gesetz beschrieben:
Das von der Gesamtladung in P erzeugte Feld lässt sich durch Integration über die gesamte Ladungsverteilung bestimmen:
r
ur
1 dq r
E=∫
⋅ 2 ⋅
(2.10)
4
πε
r
r
0
V
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Elektrisches Feld auf der Achse einer Linienladung endlicher
Ausdehnung:
• Homogene Linienladung mit Ladung Q, der Länge l und damit der
Linienladungsdichte λ = Q/l;
• Element dq = λ⋅dx der Linienladung wird wie eine Punktladung behandelt;
Ex =
1
4πε 0
⋅
Q
x 0 ⋅ ( x0 − l )
für: x0 > l
(2.11)
Interpretation von Gl. (2.11):
l << x0 ⇒ Wert des Feldes näherungsweise 1/(4πε 0 ) ⋅ Q / x02
Somit wirkt in genügend großer Entfernung die Linienladung wie eine
Punktladung.
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Elektrisches Feld auf der Senkrechten einer Linienladung endlicher
Ausdehnung:
Ex =
λ
⋅ [cos(Θ1) − cos(Θ2 )]
4πε 0
(2.16a)
Ey =
λ
⋅ [ sin(Θ2 ) − sin(Θ1)]
4πε 0
(2.16b)
Potential ϕ:
ϕ=
 (1 + sin(Θ2 ) ) ⋅ (1 − sin(Θ1) ) 
λ
⋅ ln 

8πε 0
 (1 − sin(Θ2 )) ⋅ (1 + sin(Θ1) ) 
(2.19)
Übergang zu kartesischen Koordinaten:
 ( x + l ) + N +  ⋅ N − − ( x − l )  
λ

2
2 
 
ϕ=
⋅ ln  

−
+
l
l
8πε 0
 ( x − 2 ) + N  ⋅ N − ( x + 2 )  

mit: N − = y 2 + ( x − 2l )
(2.21)

2
;
N+ = y2 + (x +
l
2
)
2
10
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Numerische Integration mittels Simpson-Formel:
Sind die bei den Feldberechnungen auftretenden Integrale analytisch
nicht lösbar, dann erfolgt die Berechnung numerisch. Eine einfache
Möglichkeit stellt die Simpson-Formel dar:
h=
mit:
b−a
2n
a, b : Integrationsgrenzen
2n : gerade Anzahl von Teilintervallen
h
: Schrittweite
Σ0 = y 0 + y 2 n
Σ1 = y1 + y 3 + K + y 2n −1
Σ2 = y 2 + y 4 + K + y 2n − 2
b
h
∫ f ( x )dx ≈ ( Σ0 + 4 ⋅ Σ1 + 2 ⋅ Σ2 ) ⋅ 3
(2.22)
a
Beispielhaft wird das Potential der dargestellten Linienladung numerisch
nach Gl. (2.22) berechnet und anschließend mit dem Ergebnis nach Gl.
(2.19) verglichen:
y/m
4
l = 6m
Q = 9,6nC → ? = Q / l = 1,6⋅10-9 C/m
y = 3m
beide Winkel sind positiv
P(5,3)
3
Θ2
2
Θ1
y
1
-5
-4
-3
3
4
5
x/m
 x − 2l 
2
Θ1 = arctan 
 = arctan   = 0,588
3
 y 
 x + 2l 
8
Θ2 = arctan 
 = arctan   = 1,212
3
 y 
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h=
Θ2 − Θ1
2n
⇒ h=
;
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n = 10 ⇒ 2n + 1 Stützstellen
1,212 − 0,588
= 0,0312
2 ⋅ 10
k Stützstellen θk
0
0,588
1
0,6192
2
0,6504
3
0,6816
4
0,7128
5
0,744
6
0,7752
7
0,8064
8
0,8376
9
0,8688
10
0,9
11
0,9312
12
0,9624
13
0,9936
14
1,0248
15
1,056
16
1,0872
17
1,1184
18
1,1496
19
1,1808
20
1,212
;
ξk =
1
cos(Θk )
Stützwerte ξk = 1 / cos(θk)
1,20185
1,22798
1,25653
1,28772
1,32182
1,35913
1,40001
1,44487
1,49421
1,5486
1,60873
1,6754
1,74962
1,83259
1,92578
2,03104
2,15069
2,28769
2,44587
2,6303
2,84781
Σ0 = 4,04966 Σ1 = 17,3253 Σ2 = 15,3533
Θ2
λ
dΘ
λ
h
⋅∫
=
⋅ [ Σ0 + 4 ⋅ Σ1 + 2 ⋅ Σ2 ] ⋅
ϕ=
4πε 0 Θ cos(Θ) 4πε 0
3
1
ϕ=
4π
1,6 ⋅ 10−9 C
m
As
⋅ 8,854 ⋅ 10−12 Vm
⋅ [ 4,04966 + 4 ⋅ 17,3253 + 2 ⋅ 15,3533] ⋅
0,0312
3
ϕ = 15,5624V
Exakte Lösung über Gl. (2.19):
ϕ = 15,5624V
12
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Numerische Berechnung der Äquipotentiallinie einer Linienladung
endlicher Ausdehnung:
Die Berechnung der Äquipotentiallinie startet mit einem (positiven) Punkt
auf der y-Achse. Zunächst wird der Verlauf im I. Quadranten bestimmt,
anschließend erhält man den II. Quadranten durch Spiegelung an der
Ordinatenachse. Auf die negative y-Achse wird verzichtet.
y/m
4
l = 6m
Q = 9,6nC → ? = Q / l = 1,6⋅10-9 C/m
y = 3m
-5
-4
3
P(0,3)
Θ2 Θ1
-3
3
4
5
x/m
• Zulässige Abweichung vom Referenzpotential festlegen
• Schrittweite für x- und y-Achse festlegen
Startwinkel:
Θ1,0


= arcsin 





l − x 2 + y2 
(2 0) 0 
→
negativ!
Θ2,0


= arcsin 





l + x 2 + y2 
(2 0) 0 
→
positiv!
l 2 − x0
l 2 + x0
mit: x0 = 0 ; y 0 = y
Nach numerischer Integration mittels Simpson-Formel (n = 10) ergibt
sich ein Referenzpotential von ϕ = 25,3485V . Für alle x-Koordinaten im
I. Quadranten wird der zugehörige y-Wert nun so lange variiert, bis sich
für diesen Punkt das Referenzpotential mit der vorgegebenen Genauigkeit einstellt.
13
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Fallunterscheidung für den I. Quadranten:
l
2
l
x>
2
x≤
⇒
Θ1 negativ; Θ2 positiv
⇒
Θ1 positiv; Θ2 positiv
MATLAB-Ergebnis für 5 Startpunkte: P(0,1), P(0,2), P(0,3), P(0,4), P(0,5)
y/m
φ = 16,36V
φ = 19,94V
φ = 25,35V
φ = 34,36V
φ = 52,32V
x/m
• Äquipotentiallinien stellen Ellipsen dar!
Mit Gl. (2.19) kann das Potential auf der x-Achse für y = 0 wegen θ1 = θ2
nicht bestimmt werden (Integral liefert hier immer den Wert 0). Ist zu
Beginn einer Iteration φ < φref, dann wird im Matlab-Code für diesen xWert y auf 0 gesetzt, auch wenn dies eigentlich fehlerhaft ist.
14
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2.3
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Influenz und Verschiebungsfluss
Befindet sich in einem elektrostatischen Feld ein Leiter, dann werden die
in ihm befindlichen freien Elektronen aufgrund der Coulombschen Kräfte
innerhalb des Leiters verschoben.
Bringt man ein metallisches Doppelplättchen in ein homogenes elektrisches Feld, so können die Ladungen auf diesem Plättchen durch
Influenz getrennt werden. Erfolgt anschließend die Trennung der Plättchen innerhalb des Feldes, so lassen sich die influenzierten Ladungen
außerhalb des elektrischen Feldes messen.
Zur Veranschaulichung der Influenz dienen die elektrischen Feldlinien,
die bei der positiven Ladung beginnen und bei der negativen Ladung
enden. Die Gesamtheit der Feldlinien des elektrostatischen Feldes wird
als Verschiebungsfluss ψ bezeichnet:
Ψ =Q
(2.25)
Verschiebungsflussdichte:
Durchdringt ein differentiell kleiner Verschiebungsfluss dψ ein Flächenelement dA, dann lässt sich eine weitere Feldgröße definieren:
ur d Ψ
dQ
D=
=
dA⊥ dA⊥
(2.26)
Ist das elektrostatische Feld homogen, dann sind die Abstände zwischen
den Feldlinien überall gleich und Gl. (2.26) vereinfacht sich:
D=
Ψ Q
=
A A
(2.27)
15
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Aus Gl. (2.26) folgt schließlich der Gaußsche Satz:
ur ur n
Ψ = ∫ D ⋅ d A = ∑ Qi
(2.28)
i =1
In Worten:
Der durch eine geschlossene, beliebig geformte Oberfläche A gehende
Verschiebungsfluss ψ ist gleich der Summe der von dieser Fläche
eingeschlossenen Ladungen.
Zusammenhang zwischen D und E:
Da umso mehr Ladungen verschoben werden können, je mehr Feldlinien auf der Leiteroberfläche enden, d.h. je größer die elektrische
Feldstärke E ist, muss die Verschiebungsflussdichte von der Feldstärke
abhängen. Im materialfreien Raum gilt:
ur
ur
D = ε0 ⋅ E
(2.29)
Mit Gl. (2.28) und (2.29) folgt:
ur ur 1 n
E
∫ ⋅ d A = ⋅ ∑ Qi
ε0
(2.30)
i =1
Bild zu Bsp. 2.3:
16
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2.4
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Kondensator und Kapazität
Kondensatoren sind zwei gegeneinander isolierte, entgegengesetzt
geladene Leiteroberflächen beliebiger Geometrie, zwischen denen eine
Spannung U herrscht. Ein Kondensator ist ein wichtiges elektrisches
Bauelement und dient u.a. zur Speicherung elektrischer Ladungen und
Energie.
Der Quotient aus gespeicherter Ladungsmenge Q auf den Kondensatoroberflächen und angelegter Spannung wird als Kapazität C bezeichnet:
C=
Q
U
bzw.
Q = C ⋅U
(2.31)
[C ] = 1F = 1As V
Kapazität eines Plattenkondensators:
Ein Plattenkondensator besteht aus zwei parallelen Platten im Abstand
d. Liegt zwischen ihnen eine Spannung U, dann herrscht zwischen den
Platten an jeder Stelle dasselbe elektrische Feld (homogene Feldstärke).
Im homogenen Feld gilt:
D=
Q
A
;
E=
U
d
Mit Gl. (2.29) ergibt sich hieraus für die Kapazität:
Q
U
= ε0 ⋅
A
d
⇒
CPl =
Q ε0 ⋅ U ⋅ A ε0 ⋅ A
=
=
U
d ⋅U
d
(2.33)
17
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Grundlagen der Elektrotechnik
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Diese Beziehung ist nur gültig, wenn zwischen den Platten Vakuum
(oder näherungsweise Luft) ist. In anderen Fällen ist ε0 durch die
Dielektrizitätszahl ε (ε = ε0⋅εr) zu ersetzen. Weiterhin werden die Randstörungen in Gl. (2.33) vernachlässigt.
Zusammenhänge für die homogene Feldstärke:
U=
Q Ψ
=
C C
⇒
E=
;
C=
ε0 ⋅ A
d
⇒
U=
d
d
⋅Q =
⋅Ψ
ε0 ⋅ A
ε0 ⋅ A
U
1 Ψ 1 Q 1
=
⋅ =
⋅ =
⋅D
d ε0 A ε0 A ε0
(2.34)
Bsp. 2.4: Kapazität eines Koaxkabels
C=
2πε ⋅ h
r 
ln  a 
 ri 
(2.35)
18
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Bsp. 2.5: Spannung im Plattenkondensator
U12 =
Q ⋅ l12
ε ⋅A
(2.36)
Bsp. 2.6: Kapazität einer Doppelleitung mit vorgegebener Länge
C=
πε 0 ⋅ h
a − R 
ln 
 R 
(2.37)
Bsp. 2.7: Spannung U12 zwischen den Punkten P1 und P2 mit den Abständen r1 und r2 von einer positiven Punktladung
U12 =
1 1
⋅ − 
4πε 0  r1 r2 
Q
(2.38)
19
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2.5
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Nichtleiter im elektrischen Feld
In Nichtleitern (Isolatoren) sind die Ladungsträger nicht frei beweglich,
wodurch das Innere eines Nichtleiters im elektrischen Feld nicht feldfrei
ist. Das Feld greift durch den Isolator hindurch. Solche Stoffe werden
deshalb auch Dielektrika genannt (nach dem griechischen Wort „dia“ für
„durch“).
Wird bei einem Plattenkondensator mit der elektrischen Feldstärke E0 =
U0/d ein Dielektrikum zwischen die Platten gebracht, dann verschieben
sich die Ladungen auf dem Isolator, so dass ein geringeres Feld E im
Dielektrikum zwischen den Platten herrscht.
Es ist E < E0 und deshalb U < U0, es gilt:
E 0 U0
=
= εr
E
U
(2.39)
An der Plattenladung hat sich durch Einbringen des Dielektrikums nichts
geändert, d.h. mit Q = C⋅U erhält man:
Q = C0 ⋅ U0 = C ⋅ U
⇒
C
= εr
C0
(2.40)
Wird ein Dielektrikum in ein elektrisches Feld gebracht, so nimmt die
elektrische Feldstärke gegenüber der des Vakuums auf den εr-ten Teil
ab, während die Kapazität durch das Einbringen des Dielektrikums auf
das εr-fache ansteigt. Die Größe εr wird relative Dielektrizitätszahl
genannt und ist dimensionslos. Ihr Wert ist stets ≥ 1.
20
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2.6
StudiumPlus
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Parallel- und Reihenschaltung von Kondensatoren
Parallelschaltung:
Alle Kondensatoren liegen an der gleichen Spannung U. Die Ladung, die
jeder Kondensator speichert, ist proportional zu seiner Kapazität und der
anliegenden Spannung:
Q = C ⋅U
Die gespeicherte Gesamtladung Q setzt sich aus den Einzelladungen
zusammen:
Q = Q1 + Q2 + K + Qn
n
Q = C1 ⋅ U + C2 ⋅ U + K + Cn ⋅ U = U ⋅ (C1 + C2 + K + Cn ) = U ⋅ ∑ Ci
i =1
Die Gesamtkapazität C von n parallel geschalteten Kondensatoren ist
gleich der Summe der Einzelkapazitäten:
n
C = C1 + C2 + K + Cn = ∑ Ci
(2.43)
i =1
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Reihenschaltung:
Jeder Kondensator wird – unabhängig von seiner Kapazität – mit
demselben Ladestrom i geladen. Für alle Kondensatoren ist deshalb die
gespeicherte Ladungsmenge gleich groß:
Q = ∫ i ⋅ dt
⇒
Q = Q1 = Q2 = K = Qn
Dabei lädt sich der Kondensator mit der Kapazität C auf die Spannung U
auf:
U=
Q
C
Alle Ladespannungen U1 bis Un addieren sich zur Gesamtspannung U:
U = U1 + U2 + K + Un
n
 1
Q Q
Q
1
1 
1
U=
+
+K+
= Q ⋅ +
+K+
 =Q⋅∑
C1 C2
Cn
Cn 
 C1 C2
i =1 Ci
Somit ist der Kehrwert der Gesamtkapazität der in Reihe geschalteten
Kondensatoren gleich der Summe der Kehrwerte der Einzelkapazitäten:
n
1
1
1
1
1
=
+
+K +
=∑
C C1 C2
Cn i =1 Ci
(2.44)
Sonderfall für zwei in Reihe geschaltete Kondensatoren:
C=
C1 ⋅ C2
C1 + C2
(2.45)
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2.7 Elektrostatisches Feld an der Grenze zwischen Stoffen
mit unterschiedlichen Dielektrizitätskonstanten
Besteht das Dielektrikum aus verschiedenen Stoffen, dann unterscheidet
man in der Praxis zwischen der Querschichtung und der Längsschichtung.
Querschichtung:
Die Trennschicht zwischen den beiden Isolierstoffen verläuft bei Querschichtung quer zu den Feldlinien, also längs einer Äquipotentialfläche.
In beiden Stoffen und an der Grenzschicht bleibt die Verschiebungsflussdichte unverändert, weil der Verschiebungsfluss ψ und die Fläche A
gleich sind:
D1 = D2
D1 = ε 0 ⋅ ε r 1 ⋅ E1 = ε1 ⋅ E1
ε1 ⋅ E1 = ε 2 ⋅ E2
⇒
;
D2 = ε 0 ⋅ ε r 2 ⋅ E2 = ε 2 ⋅ E2
E1 ε 2 ε r 2
=
=
E2 ε1 ε r 1
(2.46)
Das Ersatzschaltbild der Querschichtung ist die Reihenschaltung von
Kapazitäten.
D- und E-Feld eines Plattenkondensators mit isotropem Dielektrikum:
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D- und E-Feld eines Plattenkondensators mit quergeschichtetem
Dielektrikum (εr1: εr2 = 3:1):
Längsschichtung:
Liegt die Trennschicht zwischen zwei verschiedenen Isolierstoffen auf
Feldlinien, dann ist die Feldstärke in beiden Medien gleich, weil die
Spannung zwischen den Elektroden gleich ist:
E1 = E2
E1 =
D1
D
= 1
ε 0 ⋅ ε r 1 ε1
D1
D2
ε1
=
ε2
⇒
;
E2 =
D2
D
= 2
ε0 ⋅ εr 2 ε2
D1 ε1 ε r 1
=
=
D2 ε 2 ε r 2
(2.49)
Die Ersatzschaltung der Längsschichtung ist die Parallelschaltung von
Kapazitäten.
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Bsp. 2.9:
Ein Plattenkondensator mit quadratischen Platten der Seitenlänge a und
Plattenabstand d ist – wie in den Skizzen dargestellt – teilweise mit
einem Dielektrikum der relativen Dielektrizitätskonstanten εr gefüllt.
Drücken Sie seine Kapazität jeweils durch die gegebenen allgemeinen
Größen aus.
ε 0 ⋅ ε r ⋅ a2
=
( d1 + d3 ) ⋅ ε r + d2
a)
Cges
b)
Cges =
c)
Cges
ε0 ⋅ a
d
⋅ ( a1 + ε r ⋅ a2 + a3 )
ε 0 ⋅ a 2 ⋅ ( a1 + ε r ⋅ a2 + a3 )
=
( d1 + d3 ) ⋅ ( a1 + ε r ⋅ a2 + a3 ) + d2 ⋅ a
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2.8
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Ladungsvorgang beim Kondensator
Die einfachste, aber wichtigste Schaltaufgabe ist das Laden oder
Entladen eines Kondensators. Der auf die Spannung U geladene
Kondensator C speichert die elektrische Energie 1/2⋅CU², er wird
deshalb Energiespeicher genannt. Jede Umladung verändert die
Energieverhältnisse.
Der zeitliche Verlauf der Kondensatoraufladung ist abhängig von der
Speisungsart. Hier soll nur die Aufladung über Spannungsquellen mit
einem Vorwiderstand zur Strombegrenzung betrachtet werden.
Aufladung des Kondensators bei konstanter Spannung:
Momentanwert des
Stromes:
i=
dq
dt
Über Zuleitungen zum Kondensator fließende Ladungsmenge:
dq = C ⋅ duc
Momentanwert des Lade- bzw. Entladestromes des Kondensators:
i =C⋅
duc
dt
(2.51)
Zeitkonstante:
τ = R ⋅C
Kondensatorstrom:
U −
i = ⋅e τ
R
Kondensatorspannung:
t

−
τ
uc = U ⋅  1 − e


(2.52)
t
(2.53)




(2.54)
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Entladungsvorgang des Kondensators:
Der mit der Elektrizitätsmenge Q geladene Kondensator ist ein aktiver
Zweipol. Er wird mit einem Widerstand belastet und dadurch entladen.
Richtungszuordnung von Spannung und Strom:
a)
b)
beim Laden eines Kondensators
beim Entladen eines Kondensators
t
−
U
Entladestrom des Kondensators: ic = − c 0 ⋅ e τ
R
Kondensatorspannung:
uc = U c 0 ⋅ e
−
(2.55)
t
τ
(2.56)
Für die im Kondensator gespeicherte Energie gilt:
W = 21 C ⋅ U 2
(2.57)
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