FH Giessen-Friedberg 2 StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Elektrostatisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Das elektrostatische Feld Das elektrostatische Feld wird durch ruhende elektrische Ladungen verursacht, d.h. es fließt kein Strom. Auf die ruhenden Ladungen wirken Coulomb-Kräfte, die über das Coulombsche Gesetz nach Gl. (1.1) beschrieben werden: 1 Q1 ⋅ Q2 r 12 F 12 = ⋅ ⋅ 2 4πε 0 r12 r12 Die Ladungen Q1 und Q2 sind sog. Punktladungen mit einer infinitesimal kleinen räumlichen Ausdehnung. Elektrische Feldlinien einer positiven Punktladung zeigen radial von ihr weg, elektrische Feldlinien einer negativen Punktladung zeigen radial zu ihr hin. Bsp. 2.1: Drei Punktladungen liegen auf der x-Achse: Q1 = 25nC liegt im Ursprung, Q2 = -10nC liegt bei x = 2m und Q0 = 20nC befindet sich bei x = 3,5m. Berechnen Sie die gesamte auf Q0 einwirkende Kraft. Q2=-10nC y/m 1 Q1=+25nC 2 3 4 x/m Q0=+20nC Lösung: Kraft F10, die Q1 auf Q0 ausübt: 1 Q1 ⋅ Q0 r 10 F 10 = ⋅ ⋅ = 0,367 µN ⋅ e x 2 4πε 0 r10 r10 1 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Elektrostatisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler r 10 ex = ist der Einheitsvektor in x-Richtung r10 Kraft F20, die Q2 auf Q0 ausübt: 1 Q2 ⋅ Q0 r 20 F 20 = ⋅ ⋅ = − 7,99 µN ⋅ e x 2 4πε 0 r20 r20 Durch Superposition ergibt sich die resultierende Kraft auf Q0: F ges = F 10 + F 20 = −0,432 µN ⋅ e x 2 FH Giessen-Friedberg 2.1 StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Elektrostatisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Definition der elektrischen Feldstärke Der Begriff der elektrischen Feldstärke leitet sich aus dem Coulombschen Gesetz ab. Man definiert: F 2 = Q2 ⋅ Q1 ⋅ e = Q ⋅ E r 2 4πε 0 ⋅ r 2 (2.1) E Der Punktladung Q1 am Ort r = 0 wird ein Feld zugeordnet, das radial von ihr ausgeht und mit 1/r² abnimmt. Dieses elektrische Feld hat eine zu Q2 proportionale Kraft F2 zur Folge. Die Kraft auf eine Punktladung im elektrischen Feld beträgt allgemein (unabhängig davon, wie die Feldstärke E verursacht wurde): F = Q ⋅E ; [E ] = V m (2.2) Felder werden mittels Feldlinien visualisiert. Zur Darstellung eines Feldes zeichnet man Linien, deren Richtung in jedem Punkt der Kraftrichtung entspricht, die auf eine positive Punktladung ausgeübt würde. Die Dichte der Feldlinien ist dabei ein Maß für den Betrag der Feldstärke. • Das elektrostatische Feld ist ein Quellenfeld. Elektrische Feldlinien beginnen und enden immer auf elektrischen Ladungen. • Die positive Richtung der Feldlinien ist so definiert, dass sie von positiven Ladungen ausgehen und auf negativen Ladungen enden. 3 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Elektrostatisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Bsp. 2.2: Gegeben ist ein System von 4 Punktladungen Q1 bis Q4 in einer quadratischen Anordnung mit Q1<Q2<Q3. Gesucht ist die elektrische Feldstärke Eges im Punkt A sowie die Kraft F auf die Ladung Q4. a Q2 Q3 a 2 a Q4 Q1 E1 ϕ A x E2 E2 E3 y E ges E3 Lösung mittels Vektorrechnung, d.h. Aufteilung des Feldstärkevektors in eine x- und y-Komponente: E E2 x 0 E1x + E2 x E ges = E 1 + E 2 + E 3 = 1x + + = 0 E 2 y E3 y E 2 y + E 3 y F = Q4 ⋅ E ges 4 FH Giessen-Friedberg 2.4 StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Elektrostatisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Kondensator und Kapazität Kondensatoren sind zwei gegeneinander isolierte, entgegengesetzt geladene Leiteroberflächen beliebiger Geometrie, zwischen denen eine Spannung U herrscht. Ein Kondensator ist ein wichtiges elektrisches Bauelement und dient u.a. zur Speicherung elektrischer Ladungen und Energie. Der Quotient aus gespeicherter Ladungsmenge Q auf den Kondensatoroberflächen und angelegter Spannung wird als Kapazität C bezeichnet: C= Q U bzw. Q = C ⋅U (2.31) [C ] = 1F = 1As V Kapazität eines Plattenkondensators: Ein Plattenkondensator besteht aus zwei parallelen Platten im Abstand d. Liegt zwischen ihnen eine Spannung U, dann herrscht zwischen den Platten an jeder Stelle dasselbe elektrische Feld (homogene Feldstärke). Im homogenen Feld gilt: D= Q A ; E= U d Mit Gl. (2.29) ergibt sich hieraus für die Kapazität: Q U = ε0 ⋅ A d ⇒ CPl = Q ε0 ⋅ U ⋅ A ε0 ⋅ A = = U d ⋅U d (2.33) 17 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Elektrostatisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Diese Beziehung ist nur gültig, wenn zwischen den Platten Vakuum (oder näherungsweise Luft) ist. In anderen Fällen ist ε0 durch die Dielektrizitätszahl ε (ε = ε0⋅εr) zu ersetzen. Weiterhin werden die Randstörungen in Gl. (2.33) vernachlässigt. Zusammenhänge für die homogene Feldstärke: U= Q Ψ = C C ⇒ E= ; C= ε0 ⋅ A d ⇒ U= d d ⋅Q = ⋅Ψ ε0 ⋅ A ε0 ⋅ A U 1 Ψ 1 Q 1 = ⋅ = ⋅ = ⋅D d ε0 A ε0 A ε0 (2.34) Bsp. 2.4: Kapazität eines Koaxkabels C= 2πε ⋅ h r ln a ri (2.35) 18 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Elektrostatisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Bsp. 2.5: Spannung im Plattenkondensator U12 = Q ⋅ l12 ε ⋅A (2.36) Bsp. 2.6: Kapazität einer Doppelleitung mit vorgegebener Länge C= πε 0 ⋅ h a − R ln R (2.37) Bsp. 2.7: Spannung U12 zwischen den Punkten P1 und P2 mit den Abständen r1 und r2 von einer positiven Punktladung U12 = 1 1 ⋅ − 4πε 0 r1 r2 Q (2.38) 19 FH Giessen-Friedberg 2.5 StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Elektrostatisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Nichtleiter im elektrischen Feld In Nichtleitern (Isolatoren) sind die Ladungsträger nicht frei beweglich, wodurch das Innere eines Nichtleiters im elektrischen Feld nicht feldfrei ist. Das Feld greift durch den Isolator hindurch. Solche Stoffe werden deshalb auch Dielektrika genannt (nach dem griechischen Wort „dia“ für „durch“). Wird bei einem Plattenkondensator mit der elektrischen Feldstärke E0 = U0/d ein Dielektrikum zwischen die Platten gebracht, dann verschieben sich die Ladungen auf dem Isolator, so dass ein geringeres Feld E im Dielektrikum zwischen den Platten herrscht. Es ist E < E0 und deshalb U < U0, es gilt: E 0 U0 = = εr E U (2.39) An der Plattenladung hat sich durch Einbringen des Dielektrikums nichts geändert, d.h. mit Q = C⋅U erhält man: Q = C0 ⋅ U0 = C ⋅ U ⇒ C = εr C0 (2.40) Wird ein Dielektrikum in ein elektrisches Feld gebracht, so nimmt die elektrische Feldstärke gegenüber der des Vakuums auf den εr-ten Teil ab, während die Kapazität durch das Einbringen des Dielektrikums auf das εr-fache ansteigt. Die Größe εr wird relative Dielektrizitätszahl genannt und ist dimensionslos. Ihr Wert ist stets ≥ 1. 20 FH Giessen-Friedberg 2.6 StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Elektrostatisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Parallel- und Reihenschaltung von Kondensatoren Parallelschaltung: Alle Kondensatoren liegen an der gleichen Spannung U. Die Ladung, die jeder Kondensator speichert, ist proportional zu seiner Kapazität und der anliegenden Spannung: Q = C ⋅U Die gespeicherte Gesamtladung Q setzt sich aus den Einzelladungen zusammen: Q = Q1 + Q2 + … + Qn n Q = C1 ⋅ U + C2 ⋅ U + … + Cn ⋅ U = U ⋅ (C1 + C2 + … + Cn ) = U ⋅ ∑ Ci i =1 Die Gesamtkapazität C von n parallel geschalteten Kondensatoren ist gleich der Summe der Einzelkapazitäten: n C = C1 + C2 + … + Cn = ∑ Ci (2.43) i =1 21 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Elektrostatisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Reihenschaltung: Jeder Kondensator wird – unabhängig von seiner Kapazität – mit demselben Ladestrom i geladen. Für alle Kondensatoren ist deshalb die gespeicherte Ladungsmenge gleich groß: Q = ∫ i ⋅ dt ⇒ Q = Q1 = Q2 = … = Qn Dabei lädt sich der Kondensator mit der Kapazität C auf die Spannung U auf: U= Q C Alle Ladespannungen U1 bis Un addieren sich zur Gesamtspannung U: U = U1 + U2 + … + Un n 1 Q Q Q 1 1 1 U= + +…+ = Q ⋅ + +…+ =Q⋅∑ C1 C2 Cn Cn C1 C2 i =1 Ci Somit ist der Kehrwert der Gesamtkapazität der in Reihe geschalteten Kondensatoren gleich der Summe der Kehrwerte der Einzelkapazitäten: n 1 1 1 1 1 = + +… + =∑ C C1 C2 Cn i =1 Ci (2.44) Sonderfall für zwei in Reihe geschaltete Kondensatoren: C= C1 ⋅ C2 C1 + C2 (2.45) 22 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Elektrostatisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Bsp. 2.9: Ein Plattenkondensator mit quadratischen Platten der Seitenlänge a und Plattenabstand d ist – wie in den Skizzen dargestellt – teilweise mit einem Dielektrikum der relativen Dielektrizitätskonstanten εr gefüllt. Drücken Sie seine Kapazität jeweils durch die gegebenen allgemeinen Größen aus. ε 0 ⋅ ε r ⋅ a2 = ( d1 + d3 ) ⋅ ε r + d2 a) Cges b) Cges = c) Cges ε0 ⋅ a d ⋅ ( a1 + ε r ⋅ a2 + a3 ) ε 0 ⋅ a 2 ⋅ ( a1 + ε r ⋅ a2 + a3 ) = ( d1 + d3 ) ⋅ ( a1 + ε r ⋅ a2 + a3 ) + d2 ⋅ a 25 FH Giessen-Friedberg 2.8 StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Elektrostatisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Ladungsvorgang beim Kondensator Die einfachste, aber wichtigste Schaltaufgabe ist das Laden oder Entladen eines Kondensators. Der auf die Spannung U geladene Kondensator C speichert die elektrische Energie 1/2⋅CU², er wird deshalb Energiespeicher genannt. Jede Umladung verändert die Energieverhältnisse. Der zeitliche Verlauf der Kondensatoraufladung ist abhängig von der Speisungsart. Hier soll nur die Aufladung über Spannungsquellen mit einem Vorwiderstand zur Strombegrenzung betrachtet werden. Aufladung des Kondensators bei konstanter Spannung: Momentanwert des Stromes: i= dq dt Über Zuleitungen zum Kondensator fließende Ladungsmenge: dq = C ⋅ duc Momentanwert des Lade- bzw. Entladestromes des Kondensators: i =C⋅ duc dt (2.51) Zeitkonstante: τ = R ⋅C (2.52) Kondensatorstrom: U − i = ⋅e τ R Kondensatorspannung: t − uc = U ⋅ 1 − e τ t (2.53) (2.54) 26 FH Giessen-Friedberg StudiumPlus Grundlagen der Elektrotechnik Elektrostatisches Feld Dipl.-Ing. (FH) M. Beuler Entladungsvorgang des Kondensators: Der mit der Elektrizitätsmenge Q geladene Kondensator ist ein aktiver Zweipol. Er wird mit einem Widerstand belastet und dadurch entladen. Richtungszuordnung von Spannung und Strom: a) b) beim Laden eines Kondensators beim Entladen eines Kondensators t − U Entladestrom des Kondensators: ic = − c 0 ⋅ e τ R Kondensatorspannung: uc = U c 0 ⋅ e − (2.55) t τ (2.56) 27