OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA Exoplaneten auf elliptischen Bahnen Stefan Völker1 1 AG Physik- und Astronomiedidaktik der Friedrich-Schiller-Universität Jena 1 OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1.1 Wie schwer darf ein Exoplanet sein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Die Suche nach Exoplaneten mit der Radialgeschwindigkeitsmethode . . . . . . . 3 3 3 2 Grundlagen 2.1 Die Radialgeschwindigkeitskurve vr (t) [3] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Bestimmung der Planetenmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Bestimmung der Bahnelemente aus der Radialgeschwindigkeitskurve vr (t) . . . . 5 5 7 8 3 Aufgaben 11 A Anhang A.1 Bahn-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.2 Radialgeschwindigkeitskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . dr dθ A.3 Herleitung der Terme und r · . . . . . . . . . . . . . dt dt A.4 Extremwertdiskussion der Radialgeschwindigkeitskurve . . A.5 Kleine Formelsammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.6 Abhängigkeit der Radialgeschwindigkeitskurve von ω und e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 13 14 . . . . 17 19 20 20 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA 1 Einleitung 1.1 Wie schwer darf ein Exoplanet sein? Die Internationale Astronomische Union (IAU) hat während ihrer Generalversammlung im Jahr 2006 für unser Sonnensystem einen Planeten definiert als Körper, welcher die Sonne umkreist, eine ausreichende Masse besitzt, um sich im hydrostatischen Gleichgewicht (nahezu runde Form) zu befinden und seine Bahn von anderen Körpern befreit hat; oder im originalen Wortlaut: A ” “planet” is a celestial body that (a) is in orbit around the Sun, (b) has sufficient mass for its self-gravity to overcome rigid body forces so that it assumes a hydrostatic equilibrium (nearly round) shape, and (c) has cleared the neighbourhood around its orbit“ [2]. Leider besitzt die IAU bisher noch keine eindeutige Definition für Exoplaneten und jene für die Planeten unseres Sonnensystems ist nur bedingt übertragbar. Man kann die Forderung nach dem Umkreisen der Sonne relativ einfach ersetzen durch die Formulierung, ein Körper der einen Stern umkreist1 . Aber wie sieht es mit den beiden anderen Forderungen aus? Aufgrund der Genauigkeit der heutigen Detektionsmethoden ist es bisher nicht möglich kleine Körper in der Bahn eines Exoplaneten festzustellen, so dass die Forderung nach dem Freiräumen der Bahn nicht überprüft werden kann. Die Forderung des hydrostatischen Gleichgewichts ist gleichbedeutend mit einer Mindestmasse für Planeten. Da aber alle Detektionsmethoden für Exoplaneten mit großer Masse empfindlicher sind, ist auch diese Forderung hinfällig, da man bisher nicht in der Lage ist Objekte unterhalb der Massengrenze zu detektieren. Ganz im Gegenteil muss eine obere, anstatt einer unteren Massengrenze festlegen um die Exoplaneten von den substellaren Begleitern, den Braunen Zwergen abzugrenzen. Braune Zwerge haben Massen im Bereich von 13 bis 75 Jupitermassen, wobei diese Grenzen nicht exakt festgelegt sind. In Braunen Zwergen kann kein stabiles Wasserstoffbrennen stattfinden, lediglich Deuteriumbrennen (2 H + 1 H → 3 He + γ) ist für einen kurzen Zeitraum möglich. Nachfolgenden werden Exoplaneten definiert, als Körper, die einen Stern umkreisen und deren Masse zu gering ist (MExoplanet ≤ MGrenz = 25 MJup ) um in ihrem Inneren Kernfusion zünden zu können. Es sei hier jedoch noch einmal darauf verwiesen, dass mehrere Definitionen für Exoplaneten existieren und insbesondere die obere Grenzmasse nach wie vor heftig diskutiert wird. 1.2 Die Suche nach Exoplaneten mit der Radialgeschwindigkeitsmethode Die Radialgeschwindigkeit vr eines Sterns lässt sich über die Verschiebung seiner Spektrallinien, aufgrund des Doppler-Effekts, im Sternspektrum messen. Bewegt sich der Stern auf den Beobachter zu, werden seine Spektrallinien hin zu kürzeren Wellenlängen verschoben. Man nennt dies Blau-Verschiebung. Analog spricht man von Rot-Verschiebung, wenn die Linien zu längeren Wellenlängen hin verschoben werden. Der Stern bewegt sich dann vom Beobachter weg. Umkreist ein Exoplanet einen Stern, bewegen sich beide auf Keplerschen Bahnen um den gemeinsamen Schwerpunkt. Da der Stern um ein Vielfaches schwerer ist als der Planet, ist die große Halbachse des Sterns auch um ein Vielfaches kleiner als die des Planeten. Für das Verhältnis 1 Es existieren auch einige sogenannte free-floating planets“, also frei fliegende Planeten ohne Zentralstern. ” 3 OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA der Halbachsen gilt der Schwerpunktsatz mP aS = . aP mS (1) Dennoch vollführt der Sterne in radialer Richtung eine wenn auch kleine, aber periodische Bewegung auf den Beobachter zu und wieder von ihm weg. Diese durch den Exoplaneten hervorgerufene Bewegung können Astronomen durch sehr genaue Messung der Linienverschiebung ∆λ im Sternspektrum sichtbar machen. Es gilt hier der Zusammenhang ∆λ vr = , λ c (2) mit der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit c. Abbildung 1 stellt links die Bewegungen des Exoplaneten und des Sterns um ihren gemeinsamen Schwerpunkt dar. Auf der rechten Seite der Abbildung ist die Bewegung des Sterns vergrößert dargestellt. Weiterhin sind in Abbildung 1 vier verschiedene Zeitpunkte, sowie die Beobachtungsrichtung (schwarzer Pfeil) zu sehen. Ausgehend vom Zeitpunkt t1 über t2 , bis hin zu t3 bewegt sich der Stern auf den Beobachter zu, seine Linien sind blau-verschoben. Die maximale Blau-Verschiebung wird zum Zeitpunkt t2 erreicht, da dort der Geschwindigkeitsvektor genau in radiale Richtung zeigt. Zu den Zeitpunkten t1 und t3 ist die Radialgeschwindigkeit und damit die Linienverschiebung gleich null. Der Stern bewegt sich dann senkrecht zur Sichtlinie. Beginnend bei t3 über t4 , bis zurück zu t1 bewegt sich der Stern vom Beobachter weg, seine Linien werden demnach rot-verschoben. t2 t4 t1 t3 t3 t1 t2 t4 Abbildung 1: Orbitbewegung Hervorgerufen durch die periodische Umlaufbewegung des Planeten um seinen Mutterstern, vollführt auch der Stern eine periodische Bewegung. Dies spiegelt sich letztendlich in der Radialgeschwindigkeitskurve wieder. Eine Radialgeschwindigkeitskurve entsteht, wenn man die Radialgeschwindigkeit des Sterns zu verschiedenen Zeitpunkten misst und in einem vr (t)-Diagramm darstellt. Die Form dieser Kurve hängt von den Bahnelementen des Exoplaneten, dessen Masse und der Sternmasse ab. Für elliptische Bahnen ist eine Vielzahl von Kurvenformen möglich. Bei kreisförmigen Bahnen hingegen, ist die Radialgeschwindigkeitskurve immer durch eine SinusFunktion beschreibbar. Entscheidend für die Messung der Radialgeschwindigkeit ist zuletzt die Inklination oder Bahnneigung i (vgl. Abbildung 2). Ist diese z.B. gerade 0◦ , hat die Bewegung des Sterns keinen Anteil in radialer Richtung, es ist kein Signal messbar. Im anderen Extremfall i = 90◦ wird das Signal hingegen maximal. Leider ist die Inklination allein aus der Radialgeschwindigkeitsmessung nicht bestimmbar, was zu erheblichen Einschränkungen bei der Exoplanetensuche führt. Insbesondere bei der Abgrenzung zu den Braunen Zwergen. Nachfolgend wird erläutert, wie die Radialgeschwindigkeitskurve vr (t) mit den Bahn- und Planetenparametern zusammenhängt und wie man diese rückwärts, aus der Kurve bestimmen kann. 4 OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA 2 Grundlagen 2.1 Die Radialgeschwindigkeitskurve vr (t) [3] Um die räumliche Anschauung der Bahngeometrie zu erleichtern und so die Herleitung verständlicher zu gestalten, schneiden Sie bitte die beiden Teile des Bahn-Modells (siehe Abbildung 5) aus und stecken Sie diese entlang der Schnittlinien ineinander. z-Achse Bahnebene Exoplanet Periastron r θ Exoplanet r' r' ω Himmelsebene xy-Ebene z i Bahnebene Beobachtungsrichtung Apastron Erde Abbildung 2: Bahngeometrie - links: Blick auf die Bahnebene; rechts: seitlicher Blick auf das Modell, bzw. die Himmels- und Bahnebene Betrachtet man in Abbildung 2 oder im selbstgebauten Modell die Bahnebene, kann man für den Abstand des Exoplaneten von der Knotenlinie r0 den Zusammenhang r0 = r · sin (θ + ω) (3) ablesen. Betrachtet man dann das Modell von der Seite oder in Abbildung 2 die rechte Seite, stellt man fest, dass sich der Abstand z des Exoplaneten von der Himmelsebene schreiben lässt als z = r0 · sin i . (4) Setzt man Gleichung (3) in Gleichung (4) ein, ergibt sich für den Abstand z des Exoplaneten von der Himmelsebene z = r · sin (θ + ω) · sin i . (5) Darin ist sowohl der Abstand des Exoplaneten zum Stern r, als auch der Winkel θ zeitabhängig. Man kann Gleichung (5) somit auch als z(t) = r(t) · sin (θ(t) + ω) · sin i (6) schreiben. Der Abstand z(t) ist nicht direkt messbar, aber man kann die zeitliche Änderung dz dt mit Hilfe des Doppler-Effekts messen. Bei der Ableitung von Gleichung (6) nach der Zeit muss man sowohl die Produkt-, als auch die Kettenregel anwenden (siehe Anhang A.5). Man erhält dz dr dθ = · sin (θ + ω) · sin i + r · · cos (θ + ω) · sin i . dt dt dt 5 (7) OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA dθ Unbekannt sind in dieser Gleichung bisher noch die Terme dr dt und r · dt . Beide erhält man aus wenigen Grundgleichungen der Himmelsmechanik. Für interessierte Schüler ist eine sehr detaillierte Herleitung in Anhang A.3 enthalten. An dieser Stelle werden jedoch nur die Ergebnisse dr e · a · µ · sin θ = √ dt 1 − e2 (8) und r· dθ a · µ · (1 + e · cos θ) √ . = dt 1 − e2 (9) angeben. Setzt man die beiden Terme aus den Gleichungen (8) und (9) in Gleichung (7) ein und vereinfacht mit Hilfe der Additionstheoreme der Sinus- und Kosinusfunktion (vgl. Anhang A.5), bleibt letztlich für die zeitliche Änderung von z dz a · µ · sin i · [e · cos ω + cos(ω + θ)] . = √ dt 1 − e2 (10) Der konstante Vorfaktor ist die Amplitude der Radialgeschwindigkeitsvariation K. Gemeinsam mit der Definition µ = 2π P folgt 2π · a · sin i √ . (11) K= P · 1 − e2 In einem letzten Schritt wird berücksichtigt, dass sich das gesamte System aus Stern und Exoplanet gemeinsam von der Erde weg, bzw. auf die Erde zu bewegen kann. Dieser Beitrag zur Radialgeschwindigkeit, die Radialgeschwindigkeit des Schwerpunktes wird mit γ bezeichnet. Für die Radialgeschwindigkeitskurve vr (t) folgt dann vr (t) = γ + dz = γ + K · [e · cos ω + cos(ω + θ(t))] . dt (12) Die Zeitabhängigkeit der wahren Anomalie θ = θ(t) kann nicht explizit angegeben werden. Sie wird durch Lösen der transzendenten Kepler-Gleichung gewonnen. Für die Bestimmung der Bahnparameter ist dies allerdings nicht nötig. Mit Hilfe der Radialgeschwindigkeitsmethode kann man einen Exoplaneten nicht direkt messen. In Wirklichkeit misst man nur die Bewegung des Sterns, welche dieser aufgrund des ihn umkreisenden Exoplaneten ausführt. Die Bewegung des Sterns muss spiegelbildlich der des Planeten sein, damit der Schwerpunkt des System erhalten bleibt (vgl. Abbildung 3). Aus der gemessenen Radialgeschwindigkeitskurve erhält man zunächst die Bahnparameter des Sterns. Aus diesen kann dann auf die Bahnelemente des Planetenkandidaten geschlossen werden. Knotenlinie Periastron Stern ωs ωP Periastron Planet Abbildung 3: Bahnelemente der Stern- und Planetenbahn 6 OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA 2.2 Bestimmung der Planetenmasse Zur Bestimmung der Planetenmasse aus den Bahnelementen benötigt man zwei bekannte Gesetze: den Schwerpunktsatz mS · aS = mP · aP (13) bzw. umgestellt aP = mS · aS mP (14) und das 3. Keplersche Gesetz (aS + aP ) 3 G · (mS + mP ) = . P2 4π 2 (15) Weiterhin werden die Näherungen aS + aP ≈ aP (16) mS + mP ≈ mS (17) und verwendet. Aus dem 3. Keplerschen Gesetz wird damit a3P G · mS = 2 P 4π 2 (18) und nach Einsetzen von Gleichung (14) mS aS · mP 3 = G · mS · P 2 . 4π 2 (19) Da man aS nicht direkt messen kann, sondern nur das Produkt aS · sin i, multipliziert man Gleichung (19) mit sin3 i und erhält mS 3 G · mS · P 2 aS · · sin3 i = · sin3 i . mP 4π 2 (20) Durch Umstellen nach (mP · sin i)3 folgt (mp · sin i)3 = (aS · sin i)3 · m2S · 4π 2 . G · P2 (21) Mit Hilfe von Gleichung (11) kann man den Term (aS · sin i)3 ersetzen und erhält so letztlich 1/3 p P · m2S 2 mP · sin i = K · 1 − e · , 2π · G mit der unteren Grenzmasse des Exoplaneten mP · sin i. 7 (22) OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA 2.3 Bestimmung der Bahnelemente aus der Radialgeschwindigkeitskurve vr (t) Bei der Suche nach Exoplaneten sind folgende Bahnelemente von Bedeutung: a, e, i, ω, t0 Nicht von direkter Bedeutung ist die Länge der Kontenlinie Ω. 2.3.1 Auswertung der Radialgeschwindigkeitskurve 1. Bestimmung der Amplitude K. Hierzu liest man die doppelte Amplitude 2 · K aus der Radialgeschwindigkeitskurve ab. 2. Bestimmung der γ-Geschwindigkeit. Auf der Planetenbahn um den Stern gibt es zwei ausgezeichnete Punkte in denen sich der Exoplanet (und damit auch der Stern) senkrecht zur Beobachtungsrichtung bewegt. Die Radialgeschwindigkeitsvariation ist dann null und man misst nur noch die γ-Geschwindigkeit. Diese beiden Bahnpunkt liegen 180° (gemessen um den Mittelpunkt der Ellipse) bzw. einen halben Bahnumfang auseinander. Aus diesem Grund teilt die γ-Linie die Radialgeschwindigkeitskurve in zwei Hälften die den gleichen Flächeninhalt besitzen (der Flächeninhalt entspricht dem zurückgelegten Weg des Sterns in z-Richtung). Die Lage der γ-Linie (parallel zur Zeit-Achse) wird zunächst durch Augenmaß festgelegt (Bleistift) und dann durch das Auszählen der Koordinatenkästchen optimiert. Die γ-Linie wird solange verschoben, bis beide Flächen gleich sind (A1 = A2 , vgl. Abbildung 4). vr(t) γ-Linie A1 A2 t Abbildung 4: Beispiel γ-Linie 3. Einzeichnen der Mediallinie. Die Mediallinie ist die Nulllinie der Radialgeschwindigkeitsvariation, d.h. die maximal und die minimal gemessene Radialgeschwindigkeit weichen um den gleichen Betrag von ihr ab. 4. Bestimmen und Einzeichnen der Radialgeschwindigkeit im aufsteigenden und im absteigenden Knoten. Die Radialgeschwindigkeit des Sterns ist maximal, wenn dieser auf seiner Bahn den aufsteigenden Knoten passiert und minimal im absteigenden Knoten (eine ausführliche Herleitung befindet sich im Anhang A.4). Man markiere die beiden Knoten in der Radialgeschwindigkeitskurve. 5. Bestimmung der Radialgeschwindigkeit im Apastron vA und Periastron vP der Bahn. Der zeitliche Abstand von Apastron- und Periastrondurchgang ist genau eine halbe Periode oder 0,5 Phase. Die Bahngeschwindigkeit ist im Periastron maximal und im Apastron 8 OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA minimal. Sie stimmen jedoch nicht zwangsläufig mit der maximal bzw. minimal gemessen Radialgeschwindigkeit überein. Dies ist nur für ω = 0◦ der Fall. Im Allgemeinen ist die Bestimmung von vA und vP etwas komplizierter. Hierfür nutzt man aus, dass beide Geschwindigkeiten um den gleichen Betrag (aber in unterschiedlicher Richtung) von der mittleren Geschwindigkeit abweichen. Diese ist gekennzeichnet durch die Mediallinie. Man bestimme somit zwei Punkte auf der Radialgeschwindigkeitskurve, die von der Mediallinien aus gemessen, den gleichen Abstand haben und gleichzeitig den zeitlichen Abstand einer halben Periode besitzen. Hinweise zur praktischen Durchführung: • Die Kopie der Radialgeschwindigkeitskurve auf der Folie wird so auf die originale Radialgeschwindigkeitskurve gelegt, dass beide deckungsgleich sind. • Die Folie wird so umgedreht, dass die vr -Achsen des Originales und der Folie in entgegengesetzte Richtungen zeigen und die Mediallinien sich überdecken. • Die Folie wird entlang der Mediallinien verschoben, bis der Phasennullpunkt der Folie identisch ist mit Phase = 0,5 des Originals. Die Schnittpunkte der beiden Kurven werden auf der Folie markiert. • Die Folie wird erneut verschoben bis die Phase = 0,5 der Folie identisch ist mit dem Phasennullpunkt des Originals. Die Schnittpunkte der beiden Kurven werden auf der Folie markiert. • Von den vier entstandenen Schnittpunkten besitzen jeweils zwei Paare den Abstand einer halben Periode bzw. Phase. Überlegen Sie sich mit Hilfe des Modells welches Paar das Apastron und Periastron der Bahn markieren. Überlegen Sie hierfür in welcher Reihenfolge die Punkte Apastron, Periastron sowie Auf- und Absteigender Knoten vom Exoplaneten auf seiner Bahn durchlaufen werden. 2.3.2 Auswertung der Messung 1. Zur Bestimmung der Exzentrizität werden zwei Spezialfälle von Gleichung (12) betrachtet: θ = 0◦ und θ = 180◦ . Im Periastron folgt aus θ = 0◦ cos ω = vP − γ K · (1 + e) (23) cos ω = vA − γ . K · (e − 1) (24) und im Apastron aus θ = 180◦ Durch Gleichsetzen der Gleichungen (23) und (24) ergibt sich für die Exzentrizität 1+β β−1 (25) vp − γ . vA − γ (26) e= mit β= 2. Zur Bestimmung der Lage des Periastrons ω setzt man die Exzentrizität in Gleichung (23) oder (24) ein. 9 OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA 3. Die Große Halbachse der Bahn kann nicht bestimmt werden. Aus der Radialgeschwindigkeitsmessung erhält man nur das Produkt aS · sin i. Aus K= folgt 2π aS · sin i ·√ P 1 − e2 √ K · P · 1 − e2 aS · sin i = . 2π 10 (27) (28) OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA 3 Aufgaben Der Stern HD 17156 ist vom Spektraltyp G0. Er ist ca. 250 Lichtjahre von der Erde entfernt und besitzt eine scheinbare Helligkeit von 8, 2m . Somit ist er nicht mehr mit bloßem Auge, jedoch bereits mit einem Feldstecher oder kleinem Teleskop sichtbar. Er befindet sich im Sternbild Kassiopeia und seine Koordinaten lauten α = 2h 49m 45s und δ = 74◦ 450 1200 . HD 17156 hat einen Radius von 1, 47 R und eine Masse von 1, 2 M . Seine Effektivtemperatur beträgt Teff = 6079 K und seine Leuchtkraft L = 2, 6 L . In der Radialgeschwindigkeitskurve von HD 17156 wurde eine Variation der Radialgeschwindigkeit mit einer Periode von P = 21, 2 Tagen entdeckt. Nachfolgend soll diese Radialgeschwindigkeitskurve analysiert und auf weitere Hinweise nach extrasolaren Planeten untersucht werden. Sie wurde an zwei der im Moment größten Teleskope der Welt aufgenommen. Am KeckObservatorium wurden 24 Beobachtungen im Zeitraum Januar 2006 bis Februar 2007 durchgeführt und am Subaru-Teleskop fanden an neun aufeinanderfolgenden Nächten vom 08. bis 16. Dezember 2006 Radialgeschwindigkeitsmessungen statt. Beide Teleskope befinden sich in direkter Nachbarschaft auf dem Mauna Kea, einem erloschenen Vulkan in Hawaii. A1 Bestimmen Sie aus der Radialgeschwindigkeitskurve die Bahnparameter K, γ, vA und vP des Stern HD 17156! A2 Bestimmen Sie aus den Ergebnissen von A1 rechnerisch die Bahnelemente ω, e und aS · sin i des Muttersterns! A3 Berechnen Sie die untere Massengrenze mP · sin i des Planetenkandidaten in Jupitermassen! (Hinweis: 1 MJup = 1, 9 · 1027 kg, 1 M = 2 · 1030 kg) A4 Handelt es sich bei dem vorliegenden Kandidaten tatsächlich um einen Exoplaneten oder doch eher um einen substellaren Begleiter (Brauner Zwerg). Berechnen Sie den Inklinationswinkel, ab dem die Grenzmasse überschritten würde! 11 OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA Literaturverzeichnis [1] S. Völker: Form der Radialgeschwindigkeitskurve.ggb; www.physik.unijena.de/didaktik download schuelerprojekte.html [2] Internationale Astronomische Union: www.iau.org [3] R. Aitken: The binary stars; University of California; New York; 1918 [4] U. Güntzel-Lingner: Wie schwer sind die Himmelskörper? ; Urania-Verlag, 1955 [5] D. Fischer et al.: Five intermediate-periode planets from the N2K sample; The Astrophysical Journal, 669:1336-1344, Nov. 2007 12 OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA A Anhang A.1 Bahn-Modell oberhalb der Himmelsebene Planet Periastron r θ r' ω Apastron unterhalb der Himmelsebene hinter der Bahnebene Himmelsebene xy-Ebene Ω N vor der Bahnebene Abbildung 5: Bastelvorlage 13 OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA A.2 Radialgeschwindigkeitskurve Die vorliegende Radialgeschwindigkeitskurve des Sterns HD 17156 wurde mit zwei der im Moment größten Teleskope der Welt aufgenommen. Die roten, quadratischen Symbole markieren die Radialgeschwindigkeitswerte aufgenommen am Keck-Observatorium (K) und die grünen, dreieckigen Symbole stehen für Aufnahmen am Subaru-Teleskop (S). Beide befinden sich in direkter Nachbarschaft auf dem Mauna Kea, einem erloschenen Vulkan in Hawaii. Die Beobachtungen am Subaru-Teleskop fanden an neun aufeinander folgenden Nächten vom 08. bis 16. Dezember 2006 statt. Am Keck Observatorium wurden 24 Beobachtungen im Zeitraum Januar 2006 bis Februar 2007 durchgeführt. Tabelle 1 zeigt zusammengefasst alle Beobachtungsergebnisse. Jul. Datum vr /ms−1 ∆vr /ms−1 Ort Jul. Datum vr /ms−1 ∆vr /ms−1 Ort 2451376,8 88,49 1,70 K 2454078,0 -116,60 5,14 S 2453748,8 138,15 1,73 K 2454078,9 -261,56 5,18 S 2453749,8 151,35 1,67 K 2454079,9 -164,10 5,23 S 2453750,8 169,65 1,76 K 2454081,0 -89,57 5,13 S 2453775,8 235,17 1,83 K 2454081,9 -44,08 5,15 S 2453776,8 253,80 1,81 K 2454082,9 2,39 5,14 S 2453779,8 239,14 1,64 K 2454083,9 37,62 5,16 S 2453959,1 97,33 1,55 K 2454083,9 32,76 1,33 K 2453962,1 152,64 1,51 K 2454084,8 63,22 1,63 K 2453963,1 165,48 1,68 K 2454085,8 86,67 5,20 S 2453964,1 194,69 1,70 K 2454085,9 84,28 1,56 K 2453982,0 132,55 1,20 K 2454086,9 99,01 5,20 S 2453983,1 146,35 1,70 K 2454129,9 113,30 1,43 K 2459834,0 166,11 1,32 K 2454130,7 133,66 1,32 K 2453985,0 187,22 1,57 K 2454131,9 151,11 1,77 K 2454024,0 114,39 1,77 K 2454138,8 261,56 1,37 K 2454048,0 166,01 1,74 K Tabelle 1: Radialgeschwindigkeitswerte Die nachfolgenden Abbildungen bitte entsprechend der Beschriftung auf normales Papier (Original) und auf Folie (Kopie auf Folie) ausdrucken. Falls der Druck auf Folie nicht möglich ist, kann die Kurve auch vom Schüler auf Transparentpapier nachgezeichnet werden. 14 Original vr /ms-¹ 300 250 200 150 100 50 0 -50 -100 -150 -200 -250 -300 Phase 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 Kopie auf Folie vr /ms-¹ 300 250 200 150 100 50 0 -50 -100 -150 -200 -250 -300 Phase 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA A.3 Herleitung der Terme dθ dr und r · dt dt Die wahre Anomalie θ beschreibt die Position eines Planeten bzw. Exoplaneten beim Umlauf um seinen Zentralkörper. Wie das 2. Keplersche Gesetz besagt, bewegt sich der Planet in der Nähe des Periastrons schneller als in der Nähe des Apastrons. Die wahre Anomalie kann also nicht linear von der Zeit abhängen, da der Betrag der Umlaufgeschwindigkeit dann konstant, also überall gleich groß, sein müsste. Um die Zeitabhängigkeit der wahren Anomalie mathematisch beschreiben zu können, führt man zwei neue Größen ein. Die exzentrische Anomalie E und die mittlere Anomalie M . Die Exzentrische Anomalie beschreibt die Position des Planeten, wenn dieser auf einer kreisförmigen Bahn (dem Umkreis der Ellipse) umlaufen würde. Der Radius des Kreises ist dabei gleich der großen Halbachse der tatsächlichen, elliptischen Bahn. Auch die Exzentrische Anomalie ist kein lineares Zeitmaß. Es lässt sich aber ein Zusammenhang zwischen ihr und der mittleren Anomalie M herstellen. Die mittlere Anomalie M ist ein lineares Zeitmaß. Auch sie beschreibt den Umlauf des Planeten auf der Kreisbahn, wobei seine vom Betrag her nun konstante Umlaufgeschwindigkeit so gewählt ist, dass die Umlaufperiode der wahren Periode entspricht. Es gilt M = µ · (t − t0 ) (29) mit dem Zeitpunkt t0 , wenn der Planet auf seiner wahren Bahn durch das Periastron läuft und dem Faktor µ = 2π P . Den bereits erwähnten Zusammenhang zwischen E und M nennt man die Kepler-Gleichung M = E − e · sin E . (30) Diese ist eine transzendente Gleichung und kann nicht explizit gelöst werden. Es existieren allerdings zahlreiche iterative Lösungsverfahren. Hier wird jedoch nur die Zeitabhängigkeit der Exzentrischen Anomalie benötigt. Dafür leitet man beide Seiten der Gleichung nach t ab dM dE dE = − e · cos E · . dt dt dt (31) Die zeitliche Ableitung von M erhält man aus Gleichung (29) dM = µ. dt (32) Damit folgt für die zeitliche Ableitung der exzentrischen Anomalie dE µ = . dt (1 − e · cos E) (33) Mit Hilfe der exzentrischen Anomalie lassen sich viele Gleichungen in einer einfacheren Form aufschreiben. Beispielsweise gilt für den Abstand des Planeten zum Mutterstern r(θ) = a · (1 − e2 ) 1 + e · cos θ (34) oder r(E) = a · (1 − e · cos E) . Um herauszufinden, wie θ und E zusammenhängen betrachtet man Abbildung 6. 17 (35) OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA y' y a b b r E θ x' ae a(1-e) x Abbildung 6: Zusammenhang Exzentrische und Wahre Anomalie In Abbildung 6 sind zwei Koordinatensysteme dargestellt, zwischen denen die Zusammenhänge x = x0 − a · e y = y (36) 0 (37) bestehen. Will man die Position des Planeten auf der Ellipsenbahn in beiden Koordinatensystemen beschreiben, gilt für das x-y-Koordinatensystem x = r · cos θ (38) y = r · sin θ (39) x0 = a · cos E (40) und für das x0 -y 0 -System y 0 = b · sin E (41) Die beiden Gleichungen (40) und (41) erhält man aus der Betrachtung des Um- (grün) und des Inkreises (gelb) der Ellipse. Der Umkreis hat den Radius Rum = a und der Inkreis Rin = b. Nachdem man nun die Position in beiden Koordinatensystemen beschrieben hat, kann man diese über die Transformationsgleichungen (36) und (37) miteinander in Verbindung bringen r · cos θ = a · cos E − a · e und somit cos θ = (42) a · (cos E − e) . r (43) Für die y-Komponente folgt r · sin θ = b · sin E und daraus b · sin E a· sin θ = = r √ 1 − e2 sin E . r Nun können die gesuchten Terme berechnet werden. Um den Term Gleichung (35) nach der Zeit ab dr dE = a · e · sin E · . dt dt 18 (44) (45) dr dt zu erhalten, leitet man (46) OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA Man setzt weiter die Gleichungen (33) und (45) ein r · sin θ µ dr =a·e· √ · . 2 dt (1 − e · cos E) a 1−e (47) Ersetzen man dann den Term (1 − e · cos E) unter dem Bruchstrich mit Hilfe von Gleichung (35) und kürzt alle möglichen Größen, bleibt dr e · a · µ · sin θ = √ dt 1 − e2 (48) stehen. Für die Herleitung des zweiten Terms beginnt man mit Gleichung (34) und leitet diese nach der Zeit ab dr a · (1 − e2 ) · e · sin θ dθ e · sin θ dθ = · = ·r . 2 dt (1 + e · cos θ) dt (1 + e · cos θ) dt Diese Gleichung stellt man nach dem gesuchten Term um und ersetzt (48) dθ a · µ · (1 + e · cos θ) √ r . = dt 1 − e2 dr dt (49) mit Hilfe von Gleichung (50) A.4 Extremwertdiskussion der Radialgeschwindigkeitskurve Gleichung (12) beschreibt die Radialgeschwindigkeitskurve in Abhängigkeit der wahren Anomalie θ. Um die Frage zu beantworten, an welchen Positionen der Bahn die Radialgeschwindigkeit extremal wird, bildet man die Ableitung der Radialgeschwindigkeit nach der wahren Anomalie dvr ! = −K · sin (ω + θ) = 0 dθ (51) und setzt diese gleich null. Es folgt die Bedingung sin (ω + θ) = 0 . (52) Diese Gleichung hat die beiden Lösungen θ1 = −ω und θ2 = 180◦ − ω . Bildet man zusätzlich die zweite Ableitung von Gleichung (12) zeigt sich, dass die Radialgeschwindigkeit bei θ1 maximal und bei θ2 minimal wird. Vergleicht man die gefundenen Lösungen mit Abbildung 2 sieht man, dass θ1 die Position des aufsteigenden und θ2 die Position des absteigenden Knotens ist. 19 OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA A.5 Kleine Formelsammlung • Produktregel der Differentiation: dh df dg = g(x) · + f (x) · dx dx dx (53) Für eine gegebene Funktionh(x): h(x) = f (x) · g(x) • Kettenregel der Differentiation: dh df (g(x)) df dg = = · dx dx dx dx (54) Für eine gegebene Funktionh(x): h(x) = f (g(x)) • Additionstheoreme für Sinus und Kosinus: sin(α + β) = sin α · cos β + cos α · sin β (55) cos(α + β) = cos α · cos β − sin α · sin β (56) A.6 Abhängigkeit der Radialgeschwindigkeitskurve von ω und e Abbildung 7 zeigt den Einfluss der Exzentrizität auf die Form der Radialgeschwindigkeit für ω = 0◦ . Die Exzentrizität ist im Bereich von 0 ≤ e ≤ 0, 90 in Schritten von 0, 15 variiert. Abbildung 8 zeigt den Einfluss der Länge des Periastrons ω bei einer Exzentrizität von e = 0, 75. ω ist hier variiert in einem Bereich von 0◦ ≤ ω ≤ 180° in Schritten von 30◦ . 20 OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA vr(t) Zeit t e=0 e = 0,15 e = 0,30 e = 0,45 e = 0,60 e = 0,75 e = 0,90 Abbildung 7: Änderung der Form der Radialgeschwindigkeit bei Variation der Bahnexzentrizität e (ω = 0) 21 OM PH ON YS TR IK AS vr(t) IE t DIDAKTIK JENA vr(t) Abbildung 8: Änderung der Form der Radialgeschwindigkeit bei Variation der Länge des Periastrons ω (e = 0, 75) 22