2. Kinetik - Fachrichtung Chemie TU Dresden

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g = n0Aµ0A + n0Bµ0B und
µ 0i = µ 0Θi + RT ln ai
(1-105).
Im thermodynamischen Gleichgewicht ist andererseits µA + µB = µAB und daher muss gelten
g = nAµA + nBµB + nABµAB = n0AµA + n0BµB
(1-106).
Das unabhängige chemische Potenzial der Komponente A ist deshalb gleich dem chemischen Potenzial der nicht-assoziierten A-Spezies. Der unabhängige Mengenanteil von A ist
gegeben durch
x0A = n0A/(n0A + n0B)
(1-107)
und entsprechend für B. Hingegen berechnet man für den Mengenanteil der nichtassoziierten Spezies A (in einer Mischung mit Assoziatbildung)
xA = nA/(nA + nB + nAB)
(1-108).
Nimmt man an, dass die Assoziation die einzige Ursache für Abweichungen vom RAOULTGesetz ist, so folgt
µ0ΘA + RT ln f A x0A = µ AΘ + RT ln xA
(1-109).
Da fA → 1 für xA → 1 muss µ 0ΘA = µ AΘ gelten und aus (1-107) bis (1-109) entnimmt man
fA = xA/x0A < 1
(1-110).
Experimentell findet man daher in diesen Fällen negative Abweichungen vom RAOULTGesetz. Positive Abweichungen kommen entsprechend vor, wenn nur Innerspeziesassoziationen (Dimere AA, BB, höhere Assoziate) eine Rolle spielen.
2. Kinetik
2.1 Folgereaktionen (Inhomogene Differentialgleichung)
2.1.1 Folgereaktionen mit Quasistationarität
Die Annahme der Quasistationarität hatte bereits im Teil I (LINDEMANN-Schema) und im
Teil II (EYRING-Theorie) erfolgreich zur Behandlung von Reaktionen mir vorgelagertem
Gleichgewicht beitragen. Auch die Reaktionsfolge
A → B → C,
bei welcher es sich um zwei (ggf. auch mehr) Reaktionen 1. Ordnung mit Geschwindigkeitskonstanten k1 (für A → B) und k2 (für B → C) handeln soll, ist relativ einfach zu behandeln, wenn entweder k1 << k2 oder k2 << k1. Dann ist jeweils der langsamere Schritt
geschwindigkeitsbestimmend und dessen Konstante wird im Experiment gemessen.
22
2.1.2 Folgereaktionen ohne Quasistationarität
Unangenehm in der kinetischen Behandlung sind dagegen Fälle, in denen k1 und k2 in derselben Größenordnung liegen. Das zentrale Problem liegt in der Beschreibung der Konzentrationsänderung von B, welche während der Reaktion zunächst anwächst, und dann
wieder verschwindet. Die Annahme der Quasistationarität scheidet daher aus. Für den Differenzialkoeffizienten dcB/dt ergibt sich somit eine inhomogene Differenzialgleichung, d.h.
c0B in der integrierten Differenzialgleichung ist nicht konstant.
Am Anfang ist cA = c0A, cB = c0B = 0 und cC = c0C = 0 und es gilt
dc A
= − k1cA , intergriert cA = c0 A exp( − k1t )
dt
dc B
= + k1cA − k 2 cB
dt
dc C
= + k 2 cB
dt
(2-1)
(2-2)
(2-3),
so dass (2-1) –eingesetzt in (2-2) - liefert
dc B
= + k1c0A exp( − k1t ) − k 2 cB
dt
(2-4).
Dies ist eine lineare Differentialgleichung, lösbar nach der Lagrange-Methode. Hierbei löst
man zunächst den homogenen Teil dcB/dt = -k2cB und erhält wie immer cB = c0B exp(-k2t).
Dies wird jetzt in (2-4) eingesetzt
d cB
= + k1c0A exp( − k1t ) − k 2 c0B (t ) exp( − k 2t )
dt
(2-5).
Die Integration der Differentialgleichung wird im Anhang 3 gezeigt. Die Lösung ist
cB =
k1c0 A − k1t − k 2 t
e −e
k 2 − k1
(
)
(2-6).
Mit (2-1) und (2-6) haben wir jetzt Ausdrücke für cA und cB . Den fehlenden für cC bekommen wir aus der Bilanzgleichung c0A = cA + cB + cC, nämlich


k2
k1
cC = c0 A 1 −
e − k1t +
e − k 2 t 
k 2 − k1
 k 2 − k1

(2-7).
Es sind drei unterschiedliche Fälle a, b und c denkbar: entweder ist (a) k1 > k2, dann wird
(
c C = c0 A 1 − e − k 2 t
)
(2.8)
(Abb. (a): c0A = 1 mol/dm3, k1 = 1 s-1, k2 = 0,1 s-1)
oder es ist (b) k2 > k1, dann wird
23
cC = c0 A (1 − e − k 1t )
(2-9)
(Abb. (b): c0A = 1 mol/dm3, k1 =
0,1 s-1, k2 = 1 s-1)
oder aber (c) k2 und k1 unterscheiden sich nur wenig (z.B. um einen
Faktor 3) , dann ergibt sich Abb.
(c) für c0A = 1 mol/dm3,
k1 = 0,1 s-1, k2 = 0,03 s-1.
2.2 Gleichgewichtseinstellung, Relaxationsmethoden
Für die Einstellung des Gleichgewichts AΩB+C sei k1 die Geschwindigkeitskonstante für
die Hinreaktion und k-1 die für die Rückreaktion. Dann gilt
dcB/dt = k1cA - k-1 cB cC
(2-10).
Im Gleichgewicht sind Hin- und Rückreaktion gleich schnell, so dass dcB/dt = 0
und
k1/ k-1 = Kc = cBcC/cA
(2-11).
Dies gilt auch, wenn zwei Wege zu den Produkten führen. Dann
gilt
k2k3/(k-2 Kc) = cB cC / cA
(2-12).
Eine cyclische Gleichgewichtseinstellung via 1, -3, -2 ist ausgeschlossen, obwohl Quasistationarität für B erfüllt sein könnte:
Prinzip des detaillierten Gleichgewichts. Dies besagt, dass im Gleichgewicht jede chemische Reaktion und ihre Umkehrung im Mittel gleich schnell verlaufen.
Das Prinzip ist eine Folgerung aus dem allgemeineren Prinzip der mikroskopischen Reversibilität, nach dem die a-priori-Wahrscheinlichkeiten für einen molekularen Stoßprozess
und für seine Umkehrung gleich groß sind, weil die Bewegungsgleichungen der klassischen Mechanik und der Quantenmechanik für Elementarprozesse invariant gegenüber der
Umkehr der Zeitachse sind (z.B. Schwingungsgleichung, Impulssatz, Bewegung im elektrischen Feld). Für makroskopische Prozesse gilt die Umkehrbarkeit nicht, weil dann Reibungskräfte auftreten, die keine Elementarprozesse sind. Die nicht allgemeine Umkehrbarkeit ergibt sich auch aus dem 2. Hauptsatz (Entropiesatz).
Da Gleichgewichtskonstanten, das Verhältnis aus den Konzentrationen von Produkten und
Edukten, von p, T und ggf. einem elektrischen oder magnetischen Feld abhängen, kann
man die Gleichgewichtslage durch die Änderung dieser Parameter verschieben. Macht man
diese Änderung schnell (Druck-, Temperatur-, Feldsprung, usw.), so kann man durch anschließende Messung dieser Änderungen eine Information über die Geschwindigkeitskonstanten erhalten. Ist z.B. in dem Dissoziationsprozess A Ω B + C die Gesamtkonzentration
c0 = cA + cB, so gilt für cC = cB im Gleichgewicht
24
k1cA,G − k −1cB,G cC,G = 0
(2-13),
wobei die ci,G Gleichgewichtskonzentrationen sind. Außerhalb des Gleichgewichts gilt (210). Definiert man eine Abweichung von Gleichgewichtswert
∆ = cB – cB,G = -(cA – cA,G)
(2-14),
so erhält man für kleine Abweichungen vom Gleichgewicht (d.h. unter Vernachlässigung
von Termen in ∆2)
d ∆ d cB
=
= k1 (cA,G − ∆) − k −1 (cB,2 G + 2cB,G ∆) = − (k1 + 2k −1cB,G )∆
dt
dt
(2-15).
Es ist jetzt unmittelbar einleuchtend, dass die Anpassung der Konzentrationen an ihre
Gleichgewichtswerte (Relaxation) stets einem einfachen Exponentialgesetz
∆ = ∆0 exp[− (k1 + 2k −1cB,G )t ] folgt.
Übliche Relaxationsmethoden sind:
- Das Temperatursprungverfahren. Es nutzt als Triebkraft die Temperaturabhängigkeit der Reaktionsenthalpie; Zeitauflösungen bis in den oberen Mikrosekundenbereich sind möglich):
 ∂ ln K p 
∆ H
 = R 2
(2-16).
- 
 ∂T  p RT
-
Das Drucksprungverfahren. Es basiert auf der Druckabhängigkeit des Reaktionsvolumens und erlaubt Zeitauflösungen im Millisekuden- bis Mikrosekundenbereich:
 ∂ ln K p 
∆ V

 = R
(2-17);
RT
 ∂p T
beispielsweise ist ∆RV = ΣνiVi = 22 cm3mol-1 für H+ + OH- Ω H2O.
Das Feldsprungverfahren, bei welchem die Änderung der elektrischen Polarisierung
(∆P) beim Übergang von Edukten zu Produkten ausgenutzt wird, die besonders
groß bei Ionenreaktionen ist:
 ∂ ln K p 
∆ P

 = R
(2-18).
RT
 ∂E  p ,T
Beim „stopped-flow-Verfahren“ werden zwei Lösungen mit den Ausgangsstoffen durch
separate Zuleitungen in einer möglichst kleinen Mischkammer zusammengeführt, die dann
in einem gemeinsamen Auslassrohr reagieren können. Ein Detektor (meist Fluoreszenz
oder Absorption), der an diesem Auslassrohr entlang bewegt werden kann, sorgt dann für
eine zeitaufgelöste Detektion (im Millisekundenbereich), da die Zeit, welche die Lösung
nach der Mischung zur Reaktion gehabt hat, durch die Entfernung von der Mischkammer
gegeben ist.
Bei der Blitzlichtphotolyse wird eine Photoreaktion dadurch gestartet, dass Moleküle durch
einen kurzen Lichtblitz in einen elektronisch angeregten Zustand versetzt werden, von welchem aus Reaktionen stattfinden, die im Grundzustand nicht ablaufen. Die Blitzlichtphotolyse ist wie das stopped-flow-Verfahren nicht auf Gleichgewichtsreaktionen beschränkt.
Blitzlichtphotolyseapparaturen gestatten Zeitauflösungen im Mikrosekundenbereich mit
25
konventionellen Gasentladungsblitzlampen. Mit Laserblitzen lässt sich die Auflösung in
den Nano-, Piko- und Femtosekundenbreich bringen.
2.3 Chaotische Verhältnisse
ABABABA
BABABAB
ABABABA
BABABAB
Die im Vorangegangenen benutzten Beziehungen,
soweit sie sich aus den Geschwindigkeitsgesetzen
zweiter und höherer Ordnung ableiten, gelten nicht
mehr gegen Ende der Reaktion. Das folgende Bild
zeigt eine Matrix für die Reaktion von A mit B, die
schon weitgehend abreagiert haben. Zwei potentielle Partner sind noch übrig, können jedoch nur nach
längerem planlosen Suchen zueinander finden. Die
Reaktion folgt dann nicht mehr der Kinetik zweiter
Ordnung sondern chaotischen Gesetzmäßigkeiten. Experimentell ist das nur schwer zu zeigen, man müsste die Reaktion über mehrere Größenordnungen der Konzentration verfolgen.
2.4 Heterogene Katalyse
Katalysator und Reaktanden liegen in verschiedenen Phasen vor. Der Katalysator ist z.B.
ein Feststoff oder eine an einem Feststoff adsorbierte Substanz. Die heterogen katalysierte
Reaktion teilt sich deshalb in mindestens 5 Teilschritte auf.
1. Diffusion der Reaktanden (durch eine Gasphase oder durch eine kondensierte flüssige Phase) zur Katalysatoroberfläche,
2. Adsorption von Reaktanden an die Katalysatoroberfläche,
3. chemische Reaktion der Reaktanden,
4. Desorption der Produkte,
5. Diffusion der Produkte von der Katalysatoroberfläche weg.
Diffusion ((1-13) bzw.(4-12) in Teil II) und Adsorption sind schon gründlich behandelt
worden. Die Geschwindigkeitskonstante für letztere ist aus Beziehungen der kinetischen
Gastheorie zu ermitteln
σ
ka =
2 πmkT
(2-19)
(entspricht 1-34). Auch für die Desorption wurde bereits eine Gleichung (1-35) angegeben:
kd =
1
τ
=
 Q 
exp − A 
τ1
 RT 
1
(2-20)
Hierin ist QA die Adsorptionswärme, die gleich dem negativen Wert der Adsorptionsenthalpie ist, die bei der Adsorption frei wird. τ1 ist eine elementare Molekülschwingungsdauer, die in der Größenordnung von 10-13 s angenommen werden kann. Der Kehrwert ist
die maximal mögliche Desorptionsgeschwindigkeitskonstante in einem Modell, nach welchem ein Molekül adsorbiert und nach einer Schwingung gleich wieder desorbiert wird.
Das Verhältnis kd/ka ergibt die Konstante des Adsorptions-/Desorptionsgleichgewichts
(LANGMUIR-Gleichung)
26
kd
=
ka
2π m kT
τ1 σ
 Q 
exp − A  = K a, d
 RT 
(2-21)
Für die Reaktion der Reaktanden bimolekularer Reaktionen (Schritt 3 der katalysierten
Reaktion) muss man (hauptsächlich) zwei Möglichkeiten unterscheiden
1. beide Reaktanden sind adsorbiert (LANGMUIR-HINSHELWOOD(LH)-Mechanismus
oder
2. ein Reaktand ist adsorbiert, der andere kommt aus der Gasphase (ELEYRIDEAL(ER)-Mechanismus.
Entsprechend ergibt sich eine unterschiedliche Kinetik. LH-Fall:
k1
A(g) + B(g) + 2
A
+
B
k3
k2
P
P(g) + 2
k-2
k-1
k-3
ER-Fall:
k1
A(g) + B(g) + 2
A
+ B(g) +
k2
k-2
k-1
k3
P
k-3
P(g) +2
Die Unterscheidung erübrigt sich bei einfachen Zerfällen:
k1
A(g) +
k-1
A
k3
k2
P(g) +
P
k-2
k-3
Dieser einfachste Fall (z. B. ein crack-Prozess) soll etwas näher angesehen werden. Unter
den Annahmen, dass die An- und Abdiffusion schnell ist gegenüber den anderen Schritten,
dass der Katalysator stationär arbeitet, dass r-2 << r2, und dass r-3 vernachlässigt werden
kann, sollte gelten r = r3 und wegen Stationarität r1 = r-1 + r2 sowie r2 = r3
Dann sind
r1 = k1pA (1- ΘA- ΘP)
r-1 = k-1 ΘA
r2 = k2 ΘA
r3 = k3 ΘP
(2-22)
Es folgen
ΘA = (k3/k2) ΘP
(2-23)
k1pA (1- ΘA – ΘP) –k-1 ΘA –k2 ΘA = 0
(2-24),
k 2 pA
(2-25)
und
so dass
ΘP =
(k 2 + k3 ) pA + (k −1 + k 2 ) k 3
k1
Die Reaktionsgeschwindigkeit insgesamt ist dann
27
r=
k 2 k3 pA
(2-26)
(k 2 + k 3 ) pA + (k −1 + k 2 ) k3
k1
Abhängig vom Druck lassen sich jetzt zwei Grenzfälle unterscheiden:
a)
bei kleinem Druck, d.h. p A <<
(k −1 + k 2 )k 3 ,
(k 2 + k3 )k1
sorgt die geringe Belegung der Katalysatoroberfläche für eine Proportionalität zwischen r
und pA:
r=
b)
k1k 2
p ;
(k −1 + k 2 ) A
(2-24)
bei großem Druck, d.h. p A >>
(k −1 + k 2 )k 3 ,
(k 2 + k 3 )k1
wird die Reaktion unabhängig von pA und die Schritte 2 (Reaktion) und 3 (Desorption)
bestimmen die Geschwindigkeit der Reaktion
r=
k 2 k3
(k2 + k3 )
(2-25).
Ein weiterer Mechanismus, der bei Metalloxid-katalysierten Oxidationen (siehe Teil I: SO2
+ ½ O2 → SO3; Katalysator V2O5) diskutiert wird, heißt MARS-VAN-KREVELEN(MVK)Mechanismus. Hierbei wird zunächst das Edukt A aus der Gasphase auf der Katalysatoroberfläche adsorbiert:
k1
A
A(g) +
k-1
Anschließend erfolgt die Oxidation von Edukt A mit vorhandenem Gittersauerstoff, das
Produkt AO desorbiert und es entsteht eine Sauerstoffleerstelle im Kristallgitter:
M
A
+
M
O
M
k2
M
M
k-2
M
AO M
M
k3
AO(g) + M
M
k-3
M
M
Nach der Desorption werden durch Reoxidation mit Sauerstoff die Leerstellen wieder aufgefüllt:
M
M
M
M
+ 1/2 O2 (g)
M
k4
M
k-4
O
M
M
28
2.5 Elementarprozesse nach photochemischer Anregung
Photochemische Reaktionen spielten eine entscheidende Rolle in der erdgeschichtlichen
Entwicklung sowohl der Atmosphäre als auch der belebten Natur in Erdbodennähe. Durch
Sonnenlicht ausgelöste Reaktion sichern bis heute die Grundlagen unseres Lebens (Ozonschicht, Photosynthese), während moderne Entwicklungen wie Laser oder Leuchtdioden
Fortschritte in Medizin und Technik ermöglichen.
Im Teil I wurde die Verteilung von Energie auf Translations-, Rotations- und Schwingungsfreiheitsgrade besprochen. Dies bezog sich auf den elektronischen Grundzustand (S0)
von Molekülen und die Energieunterschiede betragen größenordnungsmäßig kT (bei 298
K) für Übergänge zwischen Schwingungsniveaus und kT/100 für Unterschiede zwischen
Rotationsniveaus4. Durch Lichtabsorption erreicht ein Molekül elektronisch angeregte Zustände S1, S2, usw.. S1-Zustände liegen um z.B. 480 kJ/mol (Benzen, S1) oder 330 kJ/mol
(Anthracen, S1) über dem Grundzustand (entsprechend mehreren 100 kT) und weisen ihrerseits wieder Rotations- und Schwingungszustände auf. Daneben existieren angeregte
Triplett-Zustände T1, T2, usw., in welchen das Molekül zwei ungepaarte Elektronen enthält,
und die deshalb energetisch etwas niedriger liegen als die Singulett-Zustände S0, S1, ...
(Spinpaarungsenergie, Pauli-Prinzip). Mögliche Zustände und Übergänge zwischen ihnen
werden üblicherweise anhand des folgenden Jablonski-Termschemas diskutiert:
E
S2
Hier sind vier elektronische Zustände eingezeichnet, S0, S1, S2 und T1 zusammen mit jeweils einigen Schwingungsniveaus.
Nach der Absorption eines Lichtquants geeigneter Energie E = hν (ν ist die Frequenz des
Lichts) erreicht ein Molekül ein Niveau des S1 oder S2 Zustands und relaxiert dann innerhalb von Picosekunden in den Schwingungsgrundzustand des S1-Niveaus. Hier verharrt das
elektronisch angeregte Molekül für einige Nanosekunden (typischerweise). Von hieraus
können die Prozesse Fluoreszenz (Strahlungsübergang) oder strahlungslose Desaktivierung
(Abgabe der Energie als Schwingungs- oder Rotationsenergie) zum Grundzustand zurückführen. Oder es tritt eine monomolekulare (Isomerisierung, Fragmentierung) oder bimolekulare (Addition, Energie- bzw. Elektronübertragung) photochemische Reaktion ein, die
meist von grundsätzlich anderer Art sind als Reaktionen des Moleküls im Grundzustand;
beispielsweise kann Anthacen dimerisieren, was im Grundzustand nicht möglich ist. Aus
thermodynamischer Sicht bedeutet das, dass die absorbierte Anregungsenergie hν für die
Überwindung des Aktivierungsbergs (mit)genutzt wird, aus Sicht der organischen Chemie
4
kT entspricht bei Raumtemperatur einigen 10-21 J pro Molekül oder einigen kJ/mol.
29
liegt im S1-Zustand eine andere Elektronenverteilung im Molekül vor, die den Angriff an
das Grundzustandsmolekül ermöglicht.
hν
2
Weiterhin ist aus dem S1-Zustand der Übergang zum Triplettzustand T1 möglich, welcher
länger lebt (µs – s) als der S1 Zustand und deshalb noch eher zu photochemischen Reaktionen befähigt ist - in Konkurrenz zu Emission von Phosphoreszenzlicht und strahlungsloser
Desaktivierung, die zum Grundzustand zurück führen.
Experimentell findet man, dass die Geschwindigkeit des strahlungslosen Übergangs S1
→ S0 in typischen Fällen von der gleichen Größenordnung ist wie die des Fluoreszenzübergangs und meist erfolgreich mit diesem konkurrieren (die meisten Gegenstände in der
Umgebung fluoreszieren nicht).
Zur kinetischen Behandlung photochemischer Elementarprozesse setzt man Quasistationarität für den S1 bzw. T1 Zustand voraus (Konzentration immer sehr klein). Dann ist
d[S1 ]
= I a − ( A10 + a10 + a11' ) [S1 ] = 0
dt
(2-26),
mol Quanten
und [S1] die Konzentration der
dm 3s
angeregten Singulettzustände angibt. Die Strahlungsübergänge sind im JablonskiDiagramm als senkrechte Pfeile dargestellt und ihre Geschwindigkeitskonstanten mit Aij
symbolisiert (i für Ausgangszustand j für Zielzustand), strahlungslose Prozesse durch waagerechte Pfeile und anschließende Schwingungsrelaxation durch geschlängelte Pfeile.
Quantenausbeuten eines Strahlungsvorgangs berechen sich aus dem Verhältnis ausgesandter zu eingestrahlter Quanten (bzw. der zugehörigen Geschwindigkeiten). Damit berechnet
sich die Fluoreszenzquantenausbeute zu
wobei Ia die Absorptionsgeschwindigkeit in
A10 [S1 ]
A10
=
(2-27)
Ia
A10 + a10 + a11l
und entsprechend erhält man für die Triplett-Ausbeute
ΦF =
ΦT =
a11l
A10 + a10 + a11l
(2-28)
kdim
und für die Phosphoreszenz(A´10)quantenausbeute
ΦP =
A10l
ΦT
A10l + a10l
(2-29).
Falls aus dem S1-Zustand heraus – wie beim Anthracen – eine Dimerisierung möglich ist,
konkurriert auch diese mit den anderen möglichen Prozessen.
30
Die Quantenausbeute der Dimerisierung ist entsprechend
Φdim =
kdim [M ]
A10 + a10 + a11l + kdim [M ]
(2-30).
Mit [M] wird die Konzentration der dimerisierenden Moleküle angegeben.
Messbar sind meist die Lebensdauern und die Ausbeuten, die Konstanten für die strahlungslosen Prozesse lassen sich dann berechnen.
3. Elektrochemie
3.1 Elektrokapillarität
Elektrische Ladungen an Oberflächen stoßen einander
ab. Die Arbeit, die man zur Vergrößerung der Oberfläche aufwenden muss bzw. die Oberflächenspannung wird dadurch herabgesetzt. Zur Messung variiert
man die Spannung ψ zwischen einer ideal beliebig
polarisierbaren (Hg) und einer ideal variierbaren unpolarisierbaren Elektrode, z.B. Hg22+ | Hg2Cl2 | Hg (Kalomel ).
Ladung der Oberfläche
Wenn die Hg-Elektrode in einen inerten Elektrolyten eintaucht (z.B.
NaF, K2CO3 usw.), wird dadurch die Ladungsdichte q/O an der HgOberfläche beeinflusst. Bei konstanten Werten von Druck und Temperatur ist
d g = γ d O +ψ d q
(3-1).
g = γO + ψ q
(3-2).
Integration ergibt
Differenziert man diese Gleichung, so ist
d g = γ d O + O d γ + ψ d q + q dψ
(3-3).
Daraus folgt (weil sonst 3-1 und 3-3 nicht übereinstimmen, vgl. GIBBS.DUHEM-Gleichung)
0 = Odγ + qdψ
(3-4)
bzw. die „LIPPMANN-Gleichung“ (1875):
 ∂γ

 ∂ψ

q
=−

O
 p ,T , µ
(3-5).
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