Vorlesung: Soziale Ungleichheit SoSe 2004 Prof. Dr. Mathias Bös Sammlung der Protokolle und Begriffsdefinitionen Redaktionsgruppe: Berit Hartung, Lars Burghard Inhaltsverzeichnis Klassen bei Marx (03.05.04) ............................................................................................................2 Klassen bei Weber (10.05.04) ..........................................................................................................6 Schichten bei Geiger und in der funktionalistischen Sichtungstheorie (17.05.04) - fehlt ...............9 Theorien sozialer Schließung / Kapitalformen und soziales Feld (24.05.04) ................................10 Ungleichheit in der Risikogesellschaft / Milieu und Lebensstilforschung (07.06.04).....................13 Zusammenfassung des Theorieteils ...............................................................................................17 Armut (14.06.04)............................................................................................................................18 Geschlecht (21.06.04) ....................................................................................................................20 Ethnizität (28.06.04).......................................................................................................................23 Globalisierung (05.07.04) ..............................................................................................................25 Definitionen....................................................................................................................................27 1 Klassen bei Marx (03.05.04) Gliederung der Sitzung: Karl Heinrich Marx (1818-1883) - Lebenslauf - Klassen als Lebenslagen - Klasse und sozialer Wandel Zu Beginn der Sitzung erklärt der Dozent die Bedeutung Karl Marx’ in Bezug auf das Thema „soziale Ungleichheit“. Im 19. Jahrhundert wurde durch die Aufhebung des Fürstentums und die Einführung demokratischer Prinzipien, Ungleichheit als Problem erkannt. Statt sich zu verringern, nahm die soziale Ungleichheit jedoch zu, was Karl Marx dazu veranlasste, jene Zustände zu analysieren und diese auf das kapitalistische Wirtschaftssystem zurückzuführen. 1) Lebenslauf Æ 1818 In Trier geboren, wächst in relativ liberalem Elternhaus auf Herrschaftsverhältnisse durften kritisiert werden 1836-41 Jurastudium, klassisches Griechisch und Philosophie Æ Jung-Hegelianer: Kritik an herrschenden Umständen, z.B. Christentum und dadurch Kritik am preußischen Staat, was ihn zum potentiellen Staatsfeind machte. 1843 Marx geht nach Paris und lernt dort Friedrich Engels kennen (lebenslange Freundschaft) 1848 Kommunistisches Manifest 1849 Ausweisung aus Preußen, geht nach London und lebt dort mit seiner Familie in relativ ärmlichen Verhältnissen. Mitte 1860er Bruch mit der deutschen Arbeiterbewegung 1867 Das Kapital Band 1 1883 Marx stirbt in London 2) Klassen als Lebenslagen Klassen Marx verwendete seinen Klassenbegriff unterschiedlich: zum einen benutzte er ihn unspezifisch, um Menschengruppen zu bezeichnen, zum anderen spezifisch um eine Abgrenzung zu anderen Arten der Ungleichheit zu schaffen. Im Gegensatz zu Kasten, die auf religiösem Glauben basieren und Ständen, die rechtlich strukturiert sind, werden Klassen von Ökonomie bestimmt. Meist unterteilt Marx die Gesellschaft grob in drei Klassen: Grundbesitzer, industrielle Kapitalisten und Lohnarbeiter. 2 Produktion und Reproduktion / Zirkulation von Waren / Stellung zu den Produktionsmitteln Marx versucht die Kapitalistische Gesellschaft durch Kreisläufe abzubilden. Die Stellung des Einzelnen zur Zirkulation von Waren, Dienstleistungen und Geld bestimmt hierbei die Klassenlage. Wichtig ist ob man zu den Menschen gehört, die Produktionsmittel besitzen, oder zu denen, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen. Der Produktionsmittelbesitzer erlangt einen Mehrwert dadurch, das er dem Arbeiter weniger bezahlt als die von ihm produzierte Ware wert ist. Dadurch steigert er sein Kapital, während der Arbeiter das Geld immer wieder für die Reproduktion seiner Arbeitskraft ausgeben muss. Folglich wird die Diskrepanz zwischen den Klassen immer größer. Hierbei muss allerdings jeder seine Position erfüllen, damit das System funktioniert. Marx begreift das Wirtschaftsystem nicht als natürlich gesetzt, sondern als soziales Ereignis das von der Gesellschaft bestimmt wird. Æ Eigentum funktioniert nur wenn es von der Gesellschaft akzeptiert wird. 3 Waren, Dienstleistungen, Geld > Haushalt Konsum Reproduktion ...K... < Betriebe Produktion W-G-W’ (Ak+Pm) W’-G’ ...P... > < Waren, Dienstleistungen, Kapital W = Ware G = Geld W’ = Neue Ware G’ = Neues Geld Ak = Arbeitskraft Pm = Produktionsmittel 3) Klassen und sozialer Wandel Dialektik Sokrates’ Dialektik-Begriff vom Redefluss in Argument und Gegenargument wurde von Hegel aufgenommen und erweitert. Er ersetzt die Begriffe durch These und Antithese. Die Spannung dieser drängt sich zur Auflösung und erschafft dabei etwas Neues: die Synthese. Marx bezieht diesen Dialektik-Begriff auf den Klassenkampf und die dynamische Entwicklung der Gesellschaft. Kurz gesagt ist für ihn die Dialektik der Fortgang gesellschaftlicher Prozesse in Gegensätzen. Basis – Überbau Die Ökonomischen Prozesse bilden in diesem Modell die Basis. Der Überbau wird von der Basis bedingt und gilt als Ausdruck der herrschenden Klasse durch Rechtssysteme/Ideologien, z.B. Wissen, Werte, Normen und Religion. Die Arbeiter werden durch den Überbau beruhigt und von ihrer Ausbeutung abgelenkt. Daraus ergibt sich Marx berühmter Ausspruch: „Religion ist das Opium fürs Volk!“ 4 Klasse an sich – Klasse für sich Während die Klasse an sich lediglich durch ihre Stellung zu den Produktionsmitteln bestimmt wird, wird sich die Klasse für sich ihrer Situation bewusst und versucht, gesellschaftliche Verhältnisse aktiv zu verändern. Sie wird dadurch eine soziale Bewegung. Historischer Materialismus Die Geschichtsinterpretation/-philosophie der Marxschen Gesellschaft wird Historischer Materialismus genannt. Marx ist der Meinung, dass das Ungleichheitssystem durch die Produktionsweise bestimmt wird und analysiert dieses entsprechend. Die zentrale Frage der Ungleichheitsforschung „Wer bekommt was wie und warum?“ kann mit Marx’ Theorien hinreichend beantwortet werden: Wer: Was: Wie: Warum: die Bourgeoisie nimmt vom Proletariat Geld und Kapital durch Produktionsprozesse und Märkte (Ausbeutung) Existenzsicherung Marx ist auch aus der heutigen Ungleichheitsforschung nicht wegzudenken, da er eine gute allgemeine Kapitalismusanalyse entwickelt hat. Er legt den Schwerpunkt auf die Wichtigkeit der Arbeitssituation und erklärt die Entwicklung von Gesellschaft aus Gegensätzen heraus. 5 Klassen bei Weber (10.05.04) Der vierte Termin der Vorlesung „Soziale Ungleichheit“ schließt an die Veranstaltung der vorangegangenen Woche, in welcher der Klassenbegriff bei Marx Thema war, mit dem Klassenbegriff bei Max Weber an. Max Weber greift auf Perspektiven, Argumente und Fragestellungen von Marx zurück und baut sie weiter aus oder beantwortet sie anders. Der vorlesungsbegleitende Reader beinhaltet zu Webers Klassenbegriff einen Text aus „Wirtschaft und Gesellschaft“ (Weber, M., 1980. Tübingen: S.531-540). Die Vorlesung gliedert sich in 3 Hauptpunkte: - Webers Leben - Webers Klassenbegriff - Klassen und Sozialstrukturanalyse 1) Webers Leben Da das Leben des Menschen Max Weber Einfluss auf das Werk hat, beginnt die Auseinandersetzung mit Webers Klassenbegriff mit einigen Biografischen Stichpunkten. Weber wurde 1864 in Erfurt geboren, sein Vater war Jurist und arbeitete später als Abgeordneter. Die Mutter war Calvinistin, woraus ein Konflikt mit Webers wenig religiösem Vater entstand. Webers zentrales Interesse an der Religion resultiert aus diesem Konflikt im Elternhaus. 1882 beginnt er das Studium (Jura, Nationalökonomie, Philosophie und Geschichte); er muss zum Militärdienst und bekommt in Straßburg intellektuellen Kontakt zu dem Historiker Baumgarten. 1889 promoviert Weber, 1892 ist seine Habilitation und 1894 heiratet er die Intellektuelle Marianne Schnitger (1870-1954), die in Heidelberg promoviert. Ohne Marianne ist Max Weber undenkbar, da sie ihm bei der wissenschaftlichen Arbeit hilft. Der Tod seines Vaters stürzt Max Weber in eine tiefe Krise die es ihm unmöglich macht seine Lehrtätigkeit weiter auszuführen. Die Krise dauert bis 1903/1904. Weber ist Mitbegründer der „Deutschen Gesellschaft für Soziologie“. 1913 beginnt Weber mit seinem Hauptwerk „Wirtschaft und Gesellschaft“, das allerdings erst posthum erscheint. Er entwickelt darin auch das methodische Konzept des Idealtypus, sowie den Durchschnittstyp als methodische Herangehensweise. Weber engagiert sich zur Zeit des Weltkriegs in der Politik. Er befürwortet den Krieg, aber auch eine weitere Demokratisierung Deutschlands. 1918 ist er Mitbegründer der Deutschen Demokratischen Partei. 1919 arbeitet er als Sachverständiger der deutschen Delegation bei der Konferenz zum Versailler Vertrag. In dieser Zeit erscheinen die Schriften Webers „Politik als Beruf“ und „Wissenschaft als Beruf“. Max Weber stirbt 1920 an einer Lungenentzündung und hinterlässt viele nicht herausgegebene Manuskripte. Der zweite Teil der Veranstaltung befasst sich mit dem Klassenbegriff Webers: 2) Klassenlage und Lebenschance: Chancen der Güterversorgung, der äußeren Lebensstellung und des inneren Lebensschicksals. Die Klassenlage ergibt sich aus der Verfügensmöglichkeit auf Güter des Lebensunterhaltes (ökonomisch bedingte Güter; so auch berufliche Qualifikation etc.). Die Klasse wird also bestimmt von der Chance der Lebensversorgung. Chance wird hierbei schlicht als „die Gelegenheit etwas zu tun“ definiert. 6 Die äußere Lebensstellung meint das Prestige, die Stellung in der Hierarchie und die Chancen der Verwirklichung, quasi als Gegensatz zur rein ökonomischen Bestimmung der Klassenlage. Das innere Lebensschicksal meint die Chancen aus der eigenen Bildung/Erziehung. Eine Klasse ist eine Gruppe Menschen mit gleicher Lebenschance. „Besitzklassen“ (zeichnen sich durch ihren Besitz aus) „Erwerbsklassen“ (die Klasse beruht auf dem Erwerb am Markt, Unternehmer, Lohnarbeiter) „Soziale Klassen“ (zeichnen sich durch hohe Mobilität aus, Intellektuelle, Künstler etc.) Der Punkt 2.2 der Vorlesung befasst sich mit Klassen und der Mehrdimensionalität von Ungleichheitsstrukturen Die Ungleichheit kann in drei verschieden Sphären bestehen: Macht, ökonomische Güter und Ehre. Macht wird von Weber definiert als die „Möglichkeit, den eigenen Willen auch gegen den anderer durchzusetzen“ (S.532 im Reader-Text s.o.). Macht ist nicht nur ökonomisch begründet. Macht kann auch (oder gerade) durch ein hohes Prestige entstehen. Klassen – Klassenlage als Marktlage Die Klassenlage ergibt sich aus der Lebenschance zum Aneignen von Gütern, also der Marktlage. Die gemeinsame Marktlage (größerer Massen) bedeutet unter Umständen ähnliche Interessen und kann zu gemeinsamen Handeln führen (wie zum Beispiel bei Gewerkschaften). Stände – Stand als Lebensführung Stände verweisen auf nicht-ökonomische Lebenschancen wie z.B. Ehre. Als Beispiel werden Neureiche angeführt, die zwar finanziell den etablierten Reichen in nichts nachstehen, dennoch nicht die Lebensweisen adaptiert haben. Die Neureichen haben dadurch nicht den gleichen Rang und die gleiche Akzeptanz wie die etablierten Reichen. Ein weiteres Beispiel ist die ethnische Gruppe „poor white trash“, die ständisches Bewusstsein bilden (hier „Massenehre“) um sich von der schwarzen Bevölkerung derselben ökonomischen Lage abzuheben. Weber grenzte sich übrigens schon früh davon ab, dass Stände aufgrund von biologischen Hintergründen entstehen (verurteilt also Rassismus). Als Weiterführung des Standes erkennt die geschlossene Kaste die Ungleichheitsstruktur bzw. Hierarchie der Gesellschaft und nimmt sie an. Die Kaste ist eine ethnische Gruppe, die sich vergesellschaftet und nach außen sozial abgrenzt. Aus der ständischen eher horizontalen Differenzierung wird eine vertikales soziales Untereinander gemacht, welches z.B. auf Blutverwandtschaftsglauben beruht. Partei – Parteien als Versuch des Einflusses auf Gemeinschaftshandeln Eine Partei ist der strukturelle Versuch von Menschen einer Gesellschaft ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Die Parteimitglieder können Handlungen als Gründe der Mitgliedschaft anführen. Hinzu wird ein Zitat aus dem vorlesungsbegleitenden Reader angeführt: “Während die „Klassen“ in der „Wirtschaftsordnung“, die „Stände“ in der „sozialen Ordnung“, also in der Sphäre der Verteilung der „Ehre“, ihre eigentliche Heimat haben und von hier aus einander gegenseitig sowie die Rechtsordnung beeinflussen und wiederum durch diese 7 beeinflusst werden, sind „Parteien“ primär in der Sphäre der „Macht“ zuhause.“ (Reader Text, S.539). 3. Der letzte Gliederungspunkt der Veranstaltung ist die Klassen- und Sozialstrukturanalyse von Marx zu Weber Es wird ausgegangen von der Differenzierung der Gesellschaft in die 3 Sphären der Wirtschaftsordnung, sozialen Ordnung und politischen Ordnung. Die grundlegende Fragestellung der Klassen- und Sozialstrukturanalyse ist: Wer bekommt was, wie und warum? Das „wer“ sind hier Klassen oder Stände. „was“ sind Geld, Güter, Ehre und Macht. Das „wie“ sind Marktchance, Herkunft und Zugehörigkeit. Das „warum“ gliedert sich in - Klassen - Stände - Parteien – Existenzsicherung/Unterhaltssicherung - basieren auf Ökonomie – Strukturierung des Zusammenhalts - basieren auf sozialer Situation – bewusste Strukturierung des Zusammenlebens planvolles erstreben eines Ziels Alle Güter, die am Markt gehandelt werden, führen zur Klassenlage. Der Markt ist allerdings sehr instabil. Diese Marktschwankungen machen es schwer für Gruppen gleicher Klassenlage sich zu organisieren. Die Veränderung der Produktionsmittel und der technische Fortschritt führen zum Wandel der Gesellschaft. Das gilt auch für Religiosität und für ethnische Gruppen. 8 Schichten bei Geiger und in der funktionalistischen Sichtungstheorie (17.05.04) - fehlt fehlt. 9 Theorien sozialer Schließung / Kapitalformen und soziales Feld (24.05.04) Einleitung: Beide Konzepte sind in der theoretischen sozialen Forschung jeweils um eine Basistheorie gebaut. Bordieus Basistheorie ist hierbei die des Habitus und des sozialen Raumes, der weiter unten genauer erklärt wird. Die Betrachtung der Theorien ist nicht mehr wie die Marx oder Webers theoriehistorisch einzuordnen. Vielmehr steht für die „aktuellen“ Theorien nach dem zweiten Weltkrieg ein theoriesystematischer Zugang im Vordergrund, der Theorien nicht geschichtlich, sondern thematisch einordnet. Der bedeutende Unterschied zwischen den beiden vorzustellenden Theorien ist, dass sich die soziale Schließung mit Gruppen und Bordieu mit Individuen auseinandersetzt 1) Theorien sozialer Schließung Weber: geschlossene soziale Beziehungen Weber definierte als erstes Bedingungen geschlossener sozialer Beziehungen. In seinem Konstrukt steht ein System im Vordergrund, dass sich nach außen abgrenzt, in das Individuen jedoch eintreten können, um von speziellen Leistungen zu profitieren. Bsp.: Ein Fahrradclub grenzt sich mit Hilfe von Mitgliedsbeiträgen zu anderen Fahrradfahren ab. Im Gegenzug profitieren die Mitglieder von Leistungen, wie Wanderkarten etc. Der Zugang zu diesem Fahrradclub steht aber jedem offen. Ausgehend von diesem Konstrukt entwarfen die untenstehenden Theoretiker Erklärungsversuche und Beschreibungsmuster für soziale Ungleichheit in westlichen Gesellschaften. Parkin: Ausschließung und Ursupation Ein wichtiges Anliegen Parkins war Marx` Behauptung zu relativieren, dass Ungleichheit lediglich die Dichotomie zwischen Herrschern und Beherrschten darstellt. Hierfür ist die Ungleichheit als zu komplex zu beschreiben. Nach Parkin dient die soziale Schließung nicht nur dem Ausschließen bestimmter Personen aus Gruppierungen, sondern auch der Integration (Ursupation) innerhalb der Gruppe. Zum einen ist ein Ziel einen vorhandenen Ausschluss rückgängig zu machen und zum anderen sich gegen andere Gruppen zu schließen. Bsp.: Gewerkschaften wollen die Einseitigkeit der Verteilung von Privatbesitz rückgängig machen und fordern eine gerechtere Aufteilung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Zugleich schließen sie aber auch Arbeitslose aus, die nicht in ihre Verhandlungen und Ziele eingeschlossen werden. Wichtige Begriffe sind für Parkin die des Privatbesitzes und des Kredenzialismus. Mit zweiterem sind sogenannte Bildungszertifikate wie Zeugnisse und Abschlussurkunden gemeint, die „gebildeten“ Menschen den Zugang zu Gruppen ermöglichen, die über höheres Ansehen und Einkommen verfügen. Zwei Beispiele verdeutlichen die Benutzung von Ausschließungsmerkmalen zur Ursupation (Abgrenzung zu anderen Gruppen): Bsp.: Indianische Ureinwohner der USA grenzen sich von der Restbevölkerung durch ihre Ethnie ab. Eben diese Ethnie benutzen sie aber auch um Ansprüche gegenüber dem Staat geltend zu machen und eine Gruppe von Klägern zu bilden. Bsp.: In der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung ist die Diskriminierung als Abweichung von universellen Regeln – genau: der Menschenrechte wie sie in der Verfassung stehen – angeklagt 10 worden. Dieser Bezug auf den Universalismus (von Menschenrechten) bedeutet ein Unterlaufen der Mechanismen, die Ausschlussmechanismen in Gang setzen. Vielfach ist es die Legitimierung von Ausschließung wie z.B. die Rassendiskriminierung in Südafrika, die von Gruppen (meist aus Betroffenen bestehend) auf politischer Ebene angegriffen wird. Murphy: primäre und sekundäre Schließung Murphy unterscheidet wichtige und weniger wichtige Schließungen nach Merkmalen der Dominanz bestimmter Schließungsmechanismen. So sind primäre Schließungen im Recht in Form von Gesetzen festgeschrieben. Der Privatbesitz ist hierbei eines der wichtigsten Schließungskriterien. Hierdurch werden Nichtbesitzende von bestimmten Gütern, die nicht der Öffentlichkeit angehören ausgeschlossen. Aufbauend auf die primären Schließungen existieren die abgeleiteten Schließungen. Sie sind Folgen von in Gesetzbüchern festgeschriebenen Abgrenzungen. Bsp.: Die Gewerkschaftsbewegungen, die sich durch ihre Mitgliedstruktur von anderen Gruppen abgrenzt attackiert die Schließung des Privatbesitzes in dem Sinne, als das sie eine Umverteilung vorhandener Schließungsmechanismen fordert. Eine dritte Kategorie ist die der kontingenten Schließung, die sich unter anderem auf das Aussehen als ein Schließungskriterium bezieht und nicht auf primäre Schließungen zurückzuführen ist. Primäre Schließungen sind nur einzeln anzutreffen, sondern existieren zumeist als Set, d.h. mehrere Schließungen stehen nebeneinander und beeinflussen sich auch. So sind Besitz und Staatsangehörigkeit zwei primäre Schließungen, die einander beeinflussen. Eine wichtige Bedingung zur Legitimierung ist, dass Schließungstendenzen nicht zu rigide durchgesetzt werden. Es muss stets eine Möglichkeit existieren die Schließungsmechanismen zu überwinden, Bsp.: Obwohl ein Studium meist ein Privileg der oberen Mittelschicht und der Oberschicht ist, ist es Angehörigen unterer Schichten (durch Bafög und sonstige Zuschüsse) auch möglich und erlaubt am Studium teilzunehmen. Erst die Anerkennung von Schließungsmechanismen in historischen Kontext hat zur Folge, dass Ungleichheiten akzeptiert werden. Zusammenfassung Wer bekommt was, wie und warum? Wer: Gruppen, die versuchen verschiedene Chancen zu monopolisieren Was: Lebenschancen Wie: Über Merkmale Warum: Zur Sicherung von Vorteilen und Erhalt von Machtpositionen 2) Kapitalformen im sozialen Raum Die folgenden Betrachtungen Bordieus sind nur als ein kleiner Teil seines Werkes zu verstehen und nur ausschnitthaft dargestellt. Habitus und sozialer Raum Unter dem Begriff des Habitus versteht Bordieu das leibgewordene Sein des Menschen in der Gesellschaft. Zu dieser individuellen Seite des Menschen, die durch Handlungs- und Denkschemata wie eigene Vorlieben bestimmt sind unterscheidet er den Begriff des sozialen 11 Raums. Diese außerindividuelle Betrachtung des Menschen beschreibt eine „topographische“ Einordnung, die im folgenden genauer erläutert wird. Ökonomisches, soziales und kulturelles Kapital Ökonomisches Kapital sind für Bordieu hauptsächlich materielle Ressourcen wie z.B. der Zugriff auf Geld. Das kulturelle Kapital besteht objektiv gesehen aus Büchern. Für das Individuum bedeutet es jedoch auch, dass Eigenschaften wie Sprachbefähigungen und vorhandenes Wissen wichtig sind. Eine Objektivierung dieses Wissens kann z.B. durch Zeugnisse und andere Zertifikate geschehen. Das soziale Kapital beschreibt Netzwerke in sozialen Beziehungen. So sind Freundes- und Bekanntenkreise (wenn auch in unterschiedlicher Intensität) Bestandteile dieser Netzwerke. Das diese drei Bereiche des Kapitals nicht für sich alleine stehen zeigt sich durch folgende Überlegungen: Ein Individuum kann mithilfe von guten Zeugnissen und anderen Zertifikaten oder durch Ausnutzen sozialer Netzwerke eine Verbesserung der Möglichkeiten zur Erlangung von ökonomischen Kapital erreichen. Klassen im sozialen Raum Klassen besitzen die Tendenz die vorhandene soziale Ungleichheit zu reproduzieren und sich somit immer wieder voneinander abzugrenzen. Abfällige Kommentare über Studenten bestimmter Fachrichtungen können hier schon zu einer Aufrechterhaltung von Abgrenzungsmechanismen führen. 3) Zusammenfassung Wer bekommt was, wie und warum? Wer: Da es sich hier um eine Ex-post-Analyse handelt, werden Klassen entgegen der Praxis Marx´ und Webers erst im Nachhinein gebildet, indem Gruppen mit ähnlicher Kapitalausstattung ausgemacht werden. Was: Lebenschancen, Ressourcen (Zugänge) Wie: in alltäglicher Praxis (durch Ungleichheit) Warum: Macht und Sicherung von Lebenssituationen 12 Ungleichheit in der Risikogesellschaft / Milieu und Lebensstilforschung (07.06.04) 1. Milieu- und Lebensstilforschung 2. Becks Risikogesellschaft 3. Zusammenfassung 1) Milieu- und Lebensstilforschung 1.1 Kritik an der klassischen Ungleichheitsforschung -Milieu und Lebensstil 1.2 Lebensstil als Erlebnissuche -Erlebnisrevolution -Entvertikalisierung sozialer Gruppen 1.3. Soziale Milieus als neue Strukturen -politische Einstellungen und soziale Umgangsformen -Individualisierung und Deklassierung Grundannahmen der Ungleichheitsforschung sind: 1. Äußere Lebensbedingungen und die Umwelt prägen die Menschen, (Einzelne Aspekte wie z.B. das Gewerbsleben und die Ökonomie der Umwelt werden untersucht) ihr Einfluss ist strukturiert. 2. Gleiche Gruppen (z.B. gleiche Einkommensgruppen) nehmen ihr Leben ungefähr gleich wahr. 3. Wenn Punkt 2 zutrifft, neigen diese Gruppen dazu, ähnliche Werte, Normen und Handlungsziele zu haben.(Sie bevorzugen die gleiche Musik, haben ähnliche Urlaubsziele und Ansichten zur politischen Lage etc.) 4. Diese Annahmen ergeben, dass Menschen innerhab bestimmter Gruppen auf ähnliche Weise handeln. Zu diesen Annahmen gibt es drei Gegenargumente: 1. Es gibt auch einkommensgleiche Menschen, die völlig unterschiedlich handeln 2. Die Lebensweise ist ein aktiver Akt, der nicht nur aus einem bestimmten Einkommen erfolgt, sie ist wandelbar. 3. Die Lebensweisen der Menschen werden immer weniger total. Es gibt vielfältigere Kombinationen der Lebensweisen. -Großgruppenformationen lösen sich auf, es existieren keine festen Klassen mehr. Dieser Prozess wird Entstandardisierung genannt. Mit dieser neuen Komplexität versuchen die Soziologen mittels der Milieu- und Lebensstilforschung umzugehen. Lebensstil: Die typische Grundstruktur der Alltagsorganisation von Menschen, die relativ unabhängig von „objektiven“ Determinanten zu Stande kommt. Lebensstile werden von ihren Trägern in biographischen Prozessen entwickelt und bilden einen Gesamtzusammenhang von Routinen und Handlungsmustern. (Hradil 1992, S.28) 13 Milieu: Kontexte von unter Umständen heterogenen Umweltbedingungen (seien sie materieller oder immaterieller Art, seien sie natürlich oder gesellschaftlich entstanden, seien sie ökonomisch politische administrativ oder sozio-kulturell einzuordnen) verstanden, die von bestimmten Bevölkerungsgruppen auf bestimmte Weise wahrgenommen und genutzt werden, so dass sich bestimmte Lebensweisen herausbilden (Hradil 1992, S 25) 1.2. Gerhard Schulze, Professor für Methoden der empirischen Sozialforschung an der Universität Bamberg, schildert in seiner sozialwissenschaftlichen Studie „Die Erlebnisgesellschaft“, dass Menschen auf Grund des gestiegenen Wohlstands mehr und mehr nach persönlichem Erlebnis suchen, während sie sich über ihre finanzielle Situation weniger Sorgen machen müssen. Er unterscheidet drei Schemata der Rezeption von Erlebnis: 1. Das Hochkulturschema: Für Menschen die nach diesem Schema rezipieren, geht es hauptsächlich um den Genuss des Erlebnisses. Sie schwelgen in einem stillen Ergriffensein und lassen das Erlebte auf sich wirken. Zu dieser Art der Rezeption gehört ein gewisses Vorwissen, eine Kompetenz. 2. Das Trivialschema: Ein Erlebnis kommt hier einer gewissen Gemütlichkeit gleich; man lehnt sich zurück und lässt es auf sich wirken, ohne dazu Vorkenntnisse zu benötigen 3. Das Spannungsschema: Bezieht sich auf Erlebnisse wie Extremsportarten etc. Der Genuss vollzieht sich hier körperlich. Für Schulze ist dieser Blick auf die Gesellschaft die so genannte „Entvertikalisierung“. Eine gesellschaftliche Hierarchisierung nach „oben“ und „unten“ ist vor allem innerhalb des Spannungsschemas nicht mehr ohne weiteres vor zu nehmen. 2) Becks „Risikogesellschaft“ (1986) 2.1. Zur Logik der Risikoverteilung - Risikoverteilung - Individualisierung der Ungleichheit - Reflexive Modernisierung 2.2 Jenseits von Klasse und Schicht - Fahrstuhleffekt - von „Großgruppen“ zur „massenhaften Vereinzelung“ Becks Werk „Die Risikogesellschaft“ setzt sich aus drei Teilen zusammen: 1. Im ersten Teil entwickelt er sein theoretisches Argument. Ein zentrales Problem ist, dass die Risiken in der Gesellschaft ungleich verteilt sind. Um das zu ändern, muss (z.B. Soziologen) die Risikoverteilung interessieren, nicht die Reichtumsverteilung 2. Der zweite Teil fragt, wie die Entstandardisieurng in der modernen Soziologie zu fassen sei, und kommt zu dem Schluss dass nur die Theorie der Individualisierung dies erklären kann. 3. Becks neue theoretische Sichtweise auf die Moderne ist die, dass sie Probleme, die sie hat (1. Verlust des Wahrheitsmonopols der Wissenschaft, 2. Steuerungsmonopol der Politik, 14 also nationalstaatlich, löst sich auf), selbst lösen kann. Die reflexive Moderne in seinem Sinn denkt, im Gegensatz zu der industriellen Moderne, die alle Risiken überhaupt erst geschaffen hat, über sich selbst nach. In seinem Aufsatz „Jenseits von Klasse und Schicht“, stellt Beck fest, dass auch in modernen Gesellschaften die Ungleichheit relativ stabil vorhanden ist. Warum das nicht zu erheblichen Streitigkeiten führt, erklärt er durch den so genannten „Fahrstuhleffekt“: Der „Fahrstuhl“ der deutschen Gesamtgesellschaft ist z.B. zwei Etagen nach oben gefahren, dadurch dass das Wohlstandsniveau seit der Nachkriegszeit enorm angestiegen ist. Die Ungleichheitsstruktur ist also insgesamt gleich geblieben, sie ist nur besser zu ertragen, da es jedem einzelnen besser geht. Durch den Wohlstandsniveauanstieg geht die Verbindung zwischen Ökonomie und Lebensweise mehr und mehr verloren. Die Menschen haben mehr als ausreichende Ressourcen, um zumindest zum Teil ihre Lebensweise selbst bestimmen zu können. (Sie können wählen.) Seine Einwände gegen den Klassenbegriff begründet Beck u.a. damit, dass es zunehmend auch arbeitende Frauen gibt. Der Beruf wirkt generell nicht mehr gemeinschaftsbildend oder Klassenformend. Becks Ansicht nach wirken die modernen Berufsformen individualisierend und auch soziale Netze, wie z.B. das der Nachbarschaft, verlieren mehr und mehr an Bedeutung. Becks Konzept zur Beschreibung der Ungleichheit ist das der Individualisierung, der massenhaften Vereinzelung. Zum Beispiel führt Arbeitslosigkeit, ein durchaus kollektives Phänomen, nicht zu kollektivem Handeln, da jeder auf subjektiv andere Art arbeitslos ist und anders damit umgeht. Am Ende der Vorlesung werden die Theorien noch einmal zusammengefasst: Milieu- und Lebensstilforschung: Wer? : Diffus, (gleiche Lebensstile, ähnliche Gruppe) Was? : Selbstverwirklichung, Ausleben von Wünschen und Lebensstilen Wie? : Eigenaktivität Warum? : Streben nach Selbstverwirklichung führt zu Ungleichheit Beck (Risikogesellschaft): Wer? : Vereinzeltes Individuum Was? : Risiko, das verteilt wird; Lebensstil Wie? : 1. Alte Mechanismen, die neu wirken (z.B. Berufszugehörigjkezti) 2. Neue Mechanismen (z.B. Umweltprobleme) Warum? : Moderne Gesellschaft produziert Ungleicheit selbst; Risikoverteilung Formen der Die Sitzung endet mit einer so genannten „Folienstaffel“: Rückblickend auf alle bis heute gehaltenen Vorlesungen sollen auf jede einzelne der vorgestellten Theorien von unterschiedlichen Gruppen folgende vier Fragen beantwortet werden: 15 1. Nach welchen Kriterien wurde in der vorgestellten Perspektive das „Wer“ sozialer Ungleichheit bestimmt? 2. „Was“ wurde in den vorgestellten Perspektiven ungleich verteilt? 3. „Wie“ (durch welche Prozesse/Mechanismen ) wurde in den vorgestellten Perspektiven Ungleichheit vorgestellt? 4. „Warum“ existiert gemäß der vorgestellten Perspektiven in einer Gesellschaft soziale Ungleichheit allgemein oder in einer besonderen Form? (Bahandelt wurden in den vorangehenden Sitzungen: 1. Karl Marx, 2. Max Weber, 3.Theodor Geiger, 4. Die Funktionalistische Schichtungstheorie, 5. die Theorien sozialer Schließung, 6. Pierre Bourdieu) Die Ergebnisse der „Folienstaffel“ werden in der nächsten Sitzung am 15.6.2004 besprochen. 16 Zusammenfassung des Theorieteils Wer? Was? Wie? Warum? Karl Marx Proletarier vs. Bourgeoisie Zugang zu Produktionsmitteln, Kapital Sicherung Existenz bzw. Machtsystems Max Weber Klassen, Stände, Parteien Macht, Lebenschancen nach Besitz – Geld, Ehre, Macht Klassen als Lebenslagen, Ungleichheit der Produktionsweise/Herku nft Klassenlage = Marktlage – Herkunft, Mitgliedschaft Theodor Geiger Schichten Mentalität durch soziale Lage – ein jeweils hoch geschätztes Gut Individualität / Abhängigkeit der Determinanten – Familie, Leistung, Stellung zu Produktionsmitteln Gesamte Gesellschaft – Schichten Position in der Gesellschaft nach Talenten – Geld und Prestige Zuschreibungen durch erbrachte Leistungen und Funktion für Gesellschaft Ungleichheit notwendig Koordination Arbeitsteilung Gruppen Lebenschancen, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe durch Bildung, Einkommen Soziale Schließung bedingt durch Status – Monopolisierung und Usurpation Gruppen mit ähnlicher Kapitalausst attung (ökonomisch , sozial, kulturell) Individuum Kulturelles, soziales, ökonomisches Kapital – Ressourcen, Lebenschancen Unterschiedliche Ausstattung mit ökonomischem Kapital – Habitus Wegen Gruppenbildung und Schließungstendenzen (Usurpation), Ausübung und Sicherung von Macht Macht, habituelle Unterschiede, Kapitalverteilung Risiko durch Folgeprobleme der Wissenschaft Ungleichheit ist selbstproduziert, aber auch alte Mechanismen (ökonomische Voraussetzungen) Lebensweise als aktiver Akt, Selbststilisierung Funktionalist. Schichtungsth eorie Theorien sozialer Schließung Pierre Bourdieu Ulrich Beck Milieu- und Lebensstilforschung Diffuse Gruppen Zugehörigkeit, Selbstverwirklichung , Erlebnisse der des Sicherung der Existenz, Sturkturierung des Zusammenlebens, Organisation des gemeinsamen Handelns Gibt es einfach zur der Ungleichheit selbstproduziert durch Moderne à Gesellschaft Streben Selbstverwirklichung nach 17 Armut (14.06.04) Herr Bös geht über zum Thema der heutigen Vorlesung: Armut in der Bundesrepublik (aus soziologischer Sicht). Ein wichtiger Indikator für Armut sei die Sozialhilfe. Zunächst betont er, dass bis zum Ende der 1980er Jahre für ältere Menschen das größte Risiko bestanden habe, Sozialhilfe zu empfangen, und danach träten Kinder in den Mittelpunkt. Herr Bös gliedert das Thema „Armut“ in die drei folgenden Unterpunkte: 1) Konzepte der Messung von Armut Er betont den Unterschied zwischen relativer und absoluter Armut. Bei relativer Armut seien die Grundbedürfnisse gerade abgedeckt, um zu überleben. Absolute Armut äußere sich darin, dass das Lebensminimum nicht erreicht werde. Beide Formen der Armut seien jedoch nicht objektiv feststellbar und definierbar. Eine Erweiterung der relativen Armut stellten die Ressourcenperspektive und die Lebenslagenperspektive dar. Bei der Ressourcenperspektive könne man auch von Inputperspektive sprechen, bei der es um die Frage gehe, welche Mittel Menschen zur Verfügung hätten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten (z.B. Einkommen). Arbeitslosen- und Armutsquote seien Indikatoren für relative Armut. Man könne die Lebenslagenperspektive auch als Outputperspektive bezeichnen, die die materielle Lebensqualität von Menschen widerspiegle. Die Standardausstattung der Wohnungen sei ein objektiver Indikator für Armut, während Einsamkeit ein subjektiver sei. Darüber hinaus könne man auch Armut über das Vermögen messen, welches in Ostdeutschland relativ gleich verteilt sei, in Westdeutschland nicht. 2) Datenquellen Als Datenquellen nennt er zum einen die Sozialberichterstattung (www.gesis.org/Dauerbeobachtung/Sozialindikatoren/), deren Beginn Ende der 1970er Jahre zu datieren sei, und zum anderen die Repräsentativerhebungen, die erstmals 1984 durchgeführt worden seien. Bezogen auf die Sozialberichterstattung hebt Herr Bös noch den bundesweiten Armuts- und Reichtumsbericht, der erstmals 2001 erschien, hervor. Kritisch hingegen sei die Tatsache, dass Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger in Repräsentativerhebungen, wie dem soep (sozio-ökonomisches Panel), unterberichtet seien. 3) Soziologische Interpretationen der Armut Dieser Punkt wird in a) soziale Ausgrenzung, b) Kultur der Armut und c) Armutskarrieren gegliedert. Zu a) Durkheim verweise in seinen Ausführungen auf zwei unterschiedliche Formen der Ausgrenzung, die vertikale und die horizontale Ungleichheit. Die soziale Ausgrenzung verstehe man als vertikale Ungleichheit. Menschen seien hierbei von der Arbeitsteilung ausgeschlossen und in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft nicht existent, wie z.B. die „urban underclass“ nach Wilson (amerikanisches Ghetto mit Afroamerikanern). Dann stellt Herr Bös die Frage, inwieweit Arme in einer Gesellschaft soziale Rechte hätten. Hierbei sei die Staatsbürgerschaft mit sozialen Rechten und Freiheitsrechten erwähnt, die 18 einerseits Ungleichheit verhinderten und andererseits Ungleichheit schafften. Zu b) Die Kultur der Armut („culture of poverty“) basiere auf der Idee, die Armut als horizontale Ungleichheit zu begreifen. Herr Bös erwähnt eine Studie, die eigentlich der „culture of poverty“ widerspreche, denn man habe herausgefunden, dass sich der Großteil der Armen nicht in permanenter Armut befinde, sondern versuche, zum vorherigen Beruf zurückzukehren. Zu c) Die Armutskarrieren erwähnt Herr Bös in Verbindung mit einer empirischen Untersuchung, die in Bremen durchgeführt worden sei. Man spreche hier auch von Lebenslaufforschung. Die Ergebnisse der Untersuchung gliederten sich wie folgt auf: 55% „Überbrücker“ (nur einmalig und kürzer als ein Jahr) 25% „mehrfach-Überbrücker“ (öfter kurzzeitig Sozialhilfe bezogen) 15% „Langzeitbezieher“ 5% „Ausbrecher“ (Personen, die oft Jahrzehnte Sozialhilfe empfingen, aber dann wieder in einen Beruf zurückkehrten; z.B. Alleinerziehende) Insgesamt sei darauf verwiesen, dass Armut episodenhaft vorkomme und äußerst unterschiedliche Gründe habe. Außerdem empfänden sie sich selbst nicht als Gruppe von Armen, sondern identifizierten sich eher mit der vorherigen Berufsschicht. 19 Geschlecht (21.06.04) 1) Vorverständniserklärung Geschlechtsspezifische Ungleichheit ist in jeder Gesellschaft eine grundlegende Ungleichheitsstruktur, die mit der Altersspezifischen Ungleichheit gleichzusetzen ist, da Altersund Geschlechtsrollen vorprogrammiert sind. Um über geschlechtsspezifische Ungleichheit sprechen zu können, wird das Vorverständnis geklärt, indem das Kolloquium in zwei Hälften geteilt wird, die die sozialstrukturellen Merkmale bearbeiten. Die eine Hälfte beschäftigt sich mit der Einschätzung typischer männlicher bzw. weiblicher Ausbildungsberufe. Auf einer Liste sind 20 verschiedene Berufe aufgelistet, die auf einer Skala von 1-10 jeweils zu weiblichen oder männlichen Berufen eingeordnet werden sollen. Die andere Gruppe bearbeitet nach demselben Schema den Einstellungsindikator. Im Anschluss daran werden die jeweiligen Studien von 2002 vorgestellt: Typisch weibliche Ausbildungsberufe sind im pflegerischen Bereich. Typische männliche hingegen sind im Bereich Handwerk und Industrie. Im kaufmännischen Bereich sind beide Geschlechter vertreten. Typisch weibliche Einstellungsindikatoren sind der Erhalt der Familie und der Partnerschaft, Emotionalität sowie die Gefühle anderer zu achten. Männer hingegen legen Wert auf Politik und Karriere. Außerdem interessieren sie sich eher für Technik und neigen dazu anzugeben. Ähnliche Items sind „sich streiten können“ und der „Kontakt zu Freunden“. Solche Fragestellungen werden als Stereotypen generiert, da die Rückwirkung auf die Handlung aus der Reproduktion und Meinung der eigenen Bezugsgruppe rührt. Die Gender-Forschung beschäftigt sich mit dem sozialen Geschlecht und ist zu dem Schluss gekommen, dass Stereotypen, über das was männlich und weiblich ist, je nach Kultur ansozialisiert ist. Diese Stereotypen bilden sich vor allem in der Familie. Einen zweiten wichtigen Einfluss für das Erlernen von Frau- und Mannsein übt die peer-group auf das Individuum aus, indem sie das spezifische Rollenverständnis verstärkt. Weiterhin geht die SexGender-Forchung davon aus, dass erst durch die Gesellschaft biologische Unterschiede anerkannt werden, da diese die Erziehung bewirkt. Sozialisation führt auch nur dann erfolgreich zu einem geschlechtsspezifischen Stereotyp, wenn man das vorgefertigte Rollenbild der Gesellschaft akzeptiert. Max Weber hatte schon 1910 ein Argument dazu: „Die zentrale Frage ist, wie die Gesellschaft mit Geschlechterverhältnissen umgeht.“ 2) Ökonomische Aspekte des Geschlechterverhältnisses Im Bereich Bildung und Ausbildung gab es einen drastischen Umschwung. Heute ist es sogar so, dass Männer in weiterführenden Schulen unterrepräsentiert sind. Dies blieb jedoch weitestgehend gleich. Die geschlechtsspezifische Ungleichheit setzt erst bei der Habilitation ein. Das zeigt, dass auch bessere Bildung von Frauen nicht gleich zu einem besseren Beruf führt, da individuelle Vorteile negiert werden. Der Aspekt Beruf und Einkommen zeigt, dass die Erwerbsquote der Frauen von 1950-1998 zwar zugenommen hat, die Lohnungleichheit hat sich jedoch nicht gleich vermindert. Der Verdienstausfall von Frauen ist immer noch höher, da der Arbeitsmarkt geschlechtlich segmentiert ist. Typisch weibliche Berufe sind geringer bezahlt, außerdem ist es für Frauen schwer in höhere Gehaltsgruppen zukommen, da die Tarifverträge nach Kontinuität aufgebaut sind, die für Frauen oft nicht möglich ist. 20 3) Machtaspekte im Geschlechterverhältnis Rechtlich gesehen gab es einen Fortschritt, um die geschlechtsspezifische Ungleichheit zu vermindern. Noch in den 50er Jahren galten Frauen nicht als eigenständige Geschäftspersonen, heute ist im Grundgesetz verankert, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind. Rechtliche Gleichheit heißt jedoch nicht, dass es keine sexistischen Diskriminierungen mehr gibt, da Vor- und Nachteile immer noch zum großen Teil auf das Geschlecht bezogen ist sind. Um diese Tatsache zu vermindern, hat sich die Frauenbewegung in den USA an dem gendermainstreaming-Projekt orientiert, welches versucht Strukturen so festzulegen, dass die betreffende Gruppe zum mainstreaming gehört, wodurch statistische Diskriminierungen reduziert werden sollen. Auch in der Politik sind rauen immer noch benachteiligt. Zwar haben rauen seit 1919 das Wahlrecht in der Bundesrepublik, was jedoch nicht gleich bedeutet, dass Frauen auch in die Politik gewählt werden. Diese Tatsache soll durch institutionelles setting und Quote verbessert werden, was in den skandinavischen Ländern bereits eingeführt ist 4) Historische Entwicklung von Haushalt und Familie Infolge der industriellen Revolution Europas änderten sich nicht nur die ökonomischen Lebensbedingungen, sondern auch die Strukturen des sozialen Zusammenlebens. Zuvor wurde die Familienstruktur durch das Ideal der „Großfamilie“ bestimmt. Alle Mitglieder waren zur gegenseitigen Fürsorge verpflichtet und der verwandtschaftliche Zusammenhalt wurde somit gesichert. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts entstand die Vorstellung der sogenannten „Normalfamilie“. Diese wandelte sich ihrerseits und setzte sich in den 1950er Jahren im Sinne einer isolierten und strukturierten Kernfamilie durch. Es erfolgte eine Eindeutige Trennung von Hausgemeinschaft und Arbeitsstelle. Im Verlauf dieser Entwicklung verloren Familie und Haushalt an Prestige, hingegen die Berufsphäre eine starke Aufwertung erfuhr. Durch die männliche Dominanz im Berufsleben und die Funktion als Haupternährer, wurden patriarchalische Strukturen gestärkt. Im Gegensatz hierzu war die Frau allein für die Kindererziehung und den Haushalt verantwortlich. Heutzutage hat die Familie nach wie vor eine hohe Wertigkeit, doch es treten vermehrt neue Familienstrukturen auf. Das Familienideal entspricht immer seltener das der bürgerlichen Familie und es treten Formen der Patch-WorkFamilie, Halb-Familie, etc. auf. In der neueren Familienstruktur ist die Arbeitsteilung annähernd egalitär, bis es zu einer Krise kommt, verbunden mit der Geburt des ersten Kindes. Von da an verfällt die Kleinfamilie in frühere Strukturen, in der die Frau die Hauptaufgaben der Erziehung und des Haushalts übernimmt. 5) Geschlechterforschung In der Folge des gesellschaftlichen Diskurses um Emanzipation und Frauenforschung, gab es eine Hinwendung zur Geschlechterforschung. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass nunmehr auch Frauen an der Forschung beteiligt sind und ihre Sichtweise integrieren. Das erste Ergebnis dieser Veränderung ist die Unterscheidung der Begriffe „sex“ (biologisches Geschlecht) und „gender“ (soziales Geschlecht). Mit soziologischen Betrachtungsweisen können Opportunitätsstrukturen aufgedeckt werden. Durch die fortwährende Doppelbelastung der Frau 21 durch Familie und Haushalt ist es ihr nicht möglich, kontinuierlich, berufliche Karrieren zu verfolgen. Das nunmehr dem Mann die Rolle des Ernährers zufällt, ist durch die Erwerbsorientierung der Familie am wahrscheinlichsten. 22 Ethnizität (28.06.04) Ethnische Gruppen in Deutschland Zuerst wurde ein Zitat von Max Weber gebracht um den Begriff ethnische Gruppe zu erklären. Die strukturellen Hintergründe aus denen ethnischen Gruppen entstehen sind unter anderen Staatenbildung, Wanderung, Kolonialisierung. Es wurde zu diesem Thema eine Folie aufgelegt, die die in Deutschland vertretenen ethnischen Gruppen zeigte. Die größten Gruppen in Deutschland sind Türken (1,6 Millionen) und Russlanddeutsche (1,1 Millionen), zu den kleinsten zählen die Friesen (400.000). Es gibt drei Phasen der Einwanderung der ethnischen Gruppen: 1. Zu Authochtone und "alte" ethnische Minderheiten zählen Dänen, Sorben, Friesen, Sinti und Roma, Hugenotten und Juden. Das vorhanden sein ethnischer Minderheiten führt oftmals zu besonderen Regulaarien. So gilt z.B. für die dänische Minderheit in Schleswig - Holstein, die 5% Hürde im Schleswig- Holsteinischen Landtag nicht. Ebenso gibt es dänische Schulen, sowie zweisprachige Straßenschilder. 2.Vor dem zweiten Weltkrieg kamen Polen und Afrodeutsche nach Deutschland. Die Afrodeutschen kamen durch die kurze Kolonialgeschichte, als Arbeiter des Kaisers nach Deutschland und erhielten somit die deutsche Staatsbürgerschaft. Des weiteren wurden sie im Zuge der französischen Besatzungszeit gezeugt. Das selbige galt für die amerikanischen Besatzungstruppen nach dem zweiten Weltkrieg. In den 90er Jahren gründeten die Afrodeutschen in Deutschland einen eigenen Interessenverband. 3. Neue ethnische Minderheiten: Aussiedler, Gastarbeiter und Asylsuchende. Ein Beispiel für neuere ethnische Minderheiten sind türkische Gastarbeiter (circa 1.000.000), Kurden und Armenier zählen nicht dazu, da diese jeweils eine eigene ethnische Gruppe darstellen. Die deutschen ethnischen Gruppen sind heterogen und zahlreich und sind nicht nur Gastarbeiter. Ergänzend zur Weberschen Definition von ethnischen Gruppen wurde kritisch angemerkt, dass der Stigmatisierungseffekt und Fremdzuschreibung von Zugehörigkeiten zu ethnischen Gruppen fehle. Daten zur Migration: Man unterscheidet zwischen Bestands- und Flussdaten. Zeitweise ist die Anzahl der Menschen, die Deutschland verlassen größer als die, die einwandern. Die meisten siedeln nicht permanent um, und sieben Grenzüberschritte bis zu einer Ansiedelung sind typisch für Europa. Die ethnischen Minderheiten haben eine hohe Eigendynamik durch die hohe Geburtenrate. Es wurde eine Tabelle zum Thema " Arbeitslosenquote ausländischer Arbeitnehmer nach Herkunftsländern (von 2000)" gezeigt, aus der man sehen konnte, dass die Arbeitslosenquote bei Ausländern höher ist als bei Deutschen. Weitere Informationen gibt es unter diesen Adressen: - http://europa.eu.int - www.oecd.org - www.unhcr.org - www.unesco.org Migration und Integration: Zunächst einige Gründe für Migration von E. G. Ravenstein. Er nennt politische Bedingungen, hohe Steuern, ökologische Gründe, Gewalt und Wunsch nach Verbesserung der eigenen 23 Lebenssituation als Gründe zur Auswanderung. Die meisten Auswanderungen geschehen aus Zwang und sind nicht freiwillig. Theorien der Migration: Ökonomisch orientierte Ansätze: Wegen des Vorhandensein segmentierte Arbeitsmärkte, findet eine Wanderung aus ökonomischen Gründen statt; Derart, dass schlecht bezahlte Arbeiten, die von keinen Inländern getan werden möchten von ausländischen ArbeiterInnen getan werden. Beispiel: Reinigung etc. Systemtheorie: Wegen der umgreifenden Umsetzung kapitalistischer Produktionsabläufe entstehen Zentrum und Peripherie Zusammenhänge. In folge dessen findet Wanderung von ländlichen in städtische Region statt; so wohl in einem Land als auch über Ländergrenzen hinweg. Sozialkapitaltheorie: In der Annahme von "Transnational communities" wird davon ausgegangen, dass nicht Individuen, sondern ganze Netzwerke wandern. Diese Wanderung setzt ein Vorhandensein von Ressourcen voraus, was zugleich der wesentliche Unterschied gegenüber der Wanderung in segmentierte Arbeitsmärkte ist. Beispielhaft wurden die Wanderungsprozesse von Netzwerken aus karibischen Ländern in die USA erwähnt. Theorien der Integration: Park nennt vier Phasen der Integration: 1. Kontakt 2. Konkurrenz 3. Anpassung 4. Angleichung Gordon weicht von diesem Modell ab und entwirft das Mehrdimensionale Assimilationsmodell. 1. strukturelle Assimilation 2. kulturelle Assimilation 3. Identifikative Assimilation 4. Amalgalation Es sind Abweichungen von diesem Modell zu finden, z.b. eine andere Reihenfolge. Auf lange Sicht verschwinden kulturelle Unterschiede. Mehrdimensionale Prozess Modell von Esser: Esser verbindet die oben beschriebenen Modelle. Aus den Bedingungen der Umgebung und den Eigenschaften der Person erfolgt eine integrative Assimilation. Zusammenfassung: Immigration ist ein struktureller Prozess. Es gibt verschiedene ethnische Gruppen und nicht nur eine. Ethnizität ändert sich permanent. 24 Globalisierung (05.07.04) 1) Was ist Globalisierung? Der Begriff stammt aus der Managersprache und entstand Mitte der achtziger Jahre. Im Konzept der Globalisierung ist der Nationalstaat nicht mehr die Rahmenbedingung für eine Gesellschaft. Die Welt besteht aus vielen interagierenden Gesellschaften und ist damit über gesellschaftliche Grenzen hinaus vernetzt, nach Robertson. Besonders hervorgehoben wird zudem die Wahrnehmung der Vernetzung. Die internationale Vernetzung erfolgt über Institutionen. Durch die globalen Systeme und deren Verflechtungen wird die soziale Ungleichheit dieser deutlich. Das internationale System besteht aus segmentär differenzierten Einheiten, den Ländern, durch welche vertikale Ungleichheit im System sichtbar wird. Die horizontale Ungleichheit wird durch die kulturellen Unterschiede erkennbar. Ein Modell zur Veranschaulichung des Globalisierungskonzeptes ist das ZentrumPeripherie- Modell: Je nach Perspektive und Betrachtungsstandort kann eine Gruppe sowohl zum Zentrum als auch zur Peripherie gehören. Allgemein hat das Zentrum im Gegensatz zur Peripherie mehr ökonomisch bedingte Macht und dennoch besitz die Peripherie eine gewisse Unabhängigkeit. 2) Indikatoren globaler Prozesse 2.1) ökonomische Vernetzung Dazu wird die Folie „Untersuchung der Finanzströmungen- Handelsverflechtung Trade“ im Zeitraum von 1980 vs. 1998, gezeigt. Darstellt wird das Wachstum der Austauschbeziehungen als heterogener Prozess, da die Austauschbeziehungen zwischen den Zentren (Europa, Nordamerika und Asien) überproportional gestiegen sind. Durch den dadurch allgemein fortschreitenden Wohlstand entstand jedoch auch eine zunehmende Polarisierung zwischen Arm und Reich. Dennoch hat die extreme Armut weltweit abgenommen. 2.2) politische Systeme Dazu wird die Folie „Demokratie auf dem Vormarsch?“ gezeigt, auf der die Verteilung von Demokratien, Autokratien und Regime in Transitionsphasen, von 1946- 2000, dargestellt wird. Anfang der 90er Jahre ist ein Anstieg der Demokratien zu verzeichnen, aber dies bedeutet nicht, dass die Welt demokratisiert wird. Zu diesem Thema wird gefragt, ab wann ein Staat als Demokratie gelte. Die Definition eines Nationalstaates als Demokratie sei von der jeweiligen Untersuchung und verschiedensten Aspekten abhängig. 2.3) Umwelt und natürliche Ressourcen Dazu wird die Folie „Zusammenhang von Einkommen und Energieeinsatz 1997“ gezeigt, in der verdeutlicht wird, dass mit zunehmendem Einkommen die Streuung des Energieverbrauchs zunimmt. Selbst in Ländern mit höherem Einkommen variiert der Energieverbrauch. 2.4) Soziale Aspekte Zur Verdeutlichung wird die Folie „Alphabetisierung nach Geschlecht 1990/2000“ aufgelegt. Verglichen wurden die Entwicklungsländer und die sich entwickelnden Länder. Zu beobachten ist, dass in besondern armen Regionen die Analphabetenquote besonders hoch ist und die Differenz zwischen den Geschlechtern zu Ungunsten der Frauen ausfällt. Im Vergleich der Daten von 1990 und 2000 ließ sich feststellen, dass der Analphabetismus allgemein abnimmt. 25 Durch Homogenisierungstendenzen ist einerseits eine Angleichung der Länder aneinander und andererseits ein zunehmendes Konfliktpotenzial zwischen den Ländern wegen der verstärkten Wahrnehmung der Ungleichheit zu erkennen. Ein Beispiel dazu: Gleiche Ideen können in unterschiedlichen Kulturen verschiedenen aufgenommen werden, z.B. kann nicht davon ausgegangen werden, dass McDonalds Restaurants überall die selbe Marktwirkung haben, obwohl ihre Produkte standardisiert sind . 3) Indikatoren- Tableau zur Messung sozialer Entwicklung Übung: Man soll sich in die Rolle eines Forschers versetzen, der Indikatoren für Aussagen über die soziale Entwicklung und Ungleichheit auf der Welt finden soll. Dazu soll eine Liste mit 10 Indikatoren erstellt werden. Nach der Arbeit in Kleingruppen werden die Ergebnisse im Plenum zusammengetragen. Ergebnisse: 1. Bildung/ Verteilung von Bildungschancen 2. Pro-Kopf-Einkommen 3. Zahl der Ärzte pro Einwohner 4. Trinkwasserqualität/ Zugang zu sauberem Trinkwasser 5. Arbeitslosigkeit/ Beschäftigungsquote 6. Qualität und Vorhandensein von sozialen Sicherungssystemen 7. Lebenserwartung 8. Kindersterblichkeit 9. Gleichberechtigung 10. Grundversorgung 11. Arbeitsbedingungen 12. Durchschnittsalter der Bevölkerung 13. Energieverbrauch 14. Anzahl bewaffneter Konflikte und Bürgerkriege 15. Partizipationsmöglichkeiten 16. Infrastruktur Anschließend wird ein weiteres Indikatoren-Tableau, „Weighted Index of Social Progress“ ( WISP) von Estes, vorgestellt.( http://caster.ssw.upenn.edu/~restes/world.html) Die hier verwendeten Indikatorengruppen sind: Education, Health, Women, Defense, Economy, Population, Geology, Politics, Culture und Welfare. Die dadurch entstehenden Liste der World Social Leader führen skandinavischen Länder an, Deutschland liegt auf Platz 5 und die USA auf dem 28. Rang. Auf der Liste der Social Least Developing Countries sind überproportional Länder Afrikas vertreten. Hierbei ist anzumerken, dass die erwähnten Länder schneller absteigen als aufsteigen können. 4) Zusammenfassung Globalisierung ist die zunehmende Vernetzung der Welt und die Wahrnehmung dieser. Es kommt zu zunehmender Polarisierung bei steigendem Wohlstand. 26 Definitionen Bestandsdaten Anzahl der Menschen die in einem bestimmten Gebiet leben. Diskriminierung Absonderung, Trennung, Unterscheidung. Allgemein die Fähigkeit zur Wahrnehmung von Unterschieden. In einem bildungs- und sozialpolitischen Zusammenhang die Bezeichnung für ausgrenzende, benachteiligende oder auch stigmatisierende Prozesse. Dabei sind oftmals weltanschauliche, nationale oder rassistische Motive ausschlaggebend. Aufgrund von : Herkunft, sozialen Gewohnheiten, sexuellen Neigungen, Sprache, Geschlecht, Behinderung, Hautfarbe usw. Erlebnisgesellschaft • Durch aufkommenden Wohlstand kümmern sich Menschen weniger um ihr Einkommen, sondern mehr um die Gestaltung des Lebens, sie wollen etwas er-leben. • Unterscheidung von drei Erlebnisschemata: 1. Hochkulturschema: man erlebt durch Genuß, durch Ruhe (z.B. klassische Musik oder Kunst), das setzt Kompetenz voraus 2. Trivialschema: hier entsteht Genuß durch reines Vergnügen (z.B. Volksmusik), setzt keine Kompetenz voraus 3. Spannungsschema: zielt auf körperlichen Genuß, Abwechslung und Abgrenzung zu Anderen (z.B. Extremsport, Erlebnisurlaub) • Die ersten beiden Schemata werden nach Schulze durch das Spannungsschema abgelöst. Entvertikalisierung • Nebeneinanderstehen der sozialen Gruppen; keine strenge Hierarchie zu erkennen. • Gruppen, die sich über das Spannungs- oder Erlebnisschema definieren, lassen sich nicht mehr vertikal einordnen, sondern nur noch horizontal. Es lässt sich keine Strukturdominanz mehr bestimmen. Ethnizität (nach M. Weber): - Ähnlichkeit des äußeren Habitus oder der Sitten - Erinnerungen an Kolonisation und Wanderung - Glauben an eine Abstammungsgemeinsamkeit - Propagierung von Vergemeinschaftung einerlei ob Blutsgemeinsamkeit oder nicht Fahrstuhleffekt • Gesellschaft = Fahrstuhl (kann sich innerhalb der verschiedenen Stockwerke bewegen). • Wir sind alle „einen Stock höher gefahren“, d. h., das Wohlstandsniveau ist gestiegen, die Ungleichheit bleibt aber erhalten. • Folge: Wir sind alle besser gestellt, als noch unsere Eltern, auch der einfache Arbeiter hat heute genug Ressourcen, um seinen eigenen Lebensstil frei zu wählen. • Verhinderung des Aufkommens von Aufständen, durch das Gefühl der Zufriedenheit, obwohl die Ungleichheit weiter besteht. Die gesamte Klassengesellschaft wird dadurch eine Etage angehoben, dass sich im 27 Nachkriegsdeutschland die Faktoren Lebenszeit, Arbeitszeit und Arbeitseinkommen verschoben haben. Dieser Umbruch im Verhältnis Arbeit – Leben bringt neue Entfaltungsmöglichkeiten hervor, die zusammen mit aufkommendem Massenkonsum die sozialen Grenzen (die „Klassengrenzen“) verschwimmen lassen. Flussdaten Anzahl der Menschen die über eine bestimmte Grenze wandern. Gender- mainstreaming (Engl.) Prozess zur Verringerung geschlechtsspezifischer sozialer Ungleichheit Durch festlegen gesetzlicher Rahmenbedingungen, welche Ungleichheit relativieren, soll langfristig eine Veränderung des Problembewusstseins der Gesellschaft herbeigeführt werden. Bsp.: Frauenquote bei Stellenbesetzung Geschlecht G. bezeichnet die beiden polaren Formen, in denen sich Menschen, Tiere und Pflanzen repräsentieren. Es ist das Kriterium der Einteilung der Bevölkerung in weibliche und männliche Individuen. Der Unterschied der G.er prägt das gesamte soziale und kulturelle Leben einer Gesellschaft. Die geschlechtliche Differenzierung wird häufig auf biol.-natürliche Unterschiede zurückgeführt. Die Sozialwissenschaften sprechen statt von G. meist von G.srollen. G.srolle umfasst die soziale (eng. gender) und die sexuelle Rolle (eng. sex) von Frau und Mann. Gender bezeichnet die soziale Superstruktur, die auch die sexuelle Rolle prägt. Quelle: Brockhaus Enzykklopädie 1969; Schäfers,B. Grundbegriffe der Soziologie Geschlechterverhältnis Das Geschlechterverhältnis beschreibt die prozentuelle Zusammensetzung von weiblichen und männlichen Personen bezogen auf einen speziellen Kontext. (- auch Geschlechterordnung) Bsp. Geschlechterrverhältnis im Beruf Habitus Unter Habitus versteht Pierre Bourdieu das Beurteilungsund Wahrnehmungsschema das man sich während der (familiären, schulischen, etc.) Sozialisation mehr oder weniger bewusst aneignet und welches maßgebend für das weitere Denken und Handeln ist. Mitglieder des selben sozialen Raums haben ähnlichen Habitus, (ähnliche Rahmenbedingungen bedingen ähnliche Prägung) welcher somit auch zur Unterscheidung der verschiedenen Gesellschaftsschichten dienen kann. Individualisierung • Ursprüngliche Klassenprobleme (z.B. Arbeitslosigkeit) tauchen durch den Fahrstuhl – Effekt nun als Einzelprobleme auf. • Das Klassenschicksal wird aufgesplittert in Lebensphasen (hier ist Arbeitslosigkeit kein kollektives Problem, sondern ein individuelles). Integration: [lateinisch »Wiederherstellung eines Ganzen«] die, Soziologie: Bezeichnung 1) für einen gesellschaftlichen Prozess, der durch einen hohen Grad harmonischer, konfliktfreier Zueinanderordnung der verschiedenen Elemente (Rollen, Gruppen, Organisationen) 28 gekennzeichnet ist, sowie 2) für Prozesse der bewusstseinsmäßigen oder erzieherischen Eingliederung von Personen und Gruppen in oder ihre Anpassung an allgemein verbindliche Wert- und Handlungsmuster. Unter sozialer Integration wird die Eingliederung von Mitgliedern einer bestimmten, meist als benachteiligt, gesellschaftlich randständig oder fremd empfundenen Gruppe (z.B. behinderte Kinder, Obdachlose, Asylbewerber) in ein größeres Gemeinwesen (Kindergarten, Arbeitswelt, Staat) verstanden. Die soziale Integration greift im Wesentlichen nur bei Anerkennung gemeinsamer Merkmale, Grundwerte und Ziele (Minimalkonsens) sowie bei Übernahme allgemeiner Handlungsorientierungen beziehungsweise Regeln zur Konfliktlösung innerhalb einer Gruppe durch deren Mitglieder. Klassenbegriff Die Notwendigkeit einer „Klasse für sich“ besteht nicht mehr. Anstelle einer klassenweiten Organisation ist nun jeder auf sich gestellt. Das Hierarchiemodell sozialer Klassen greift nicht mehr. Lebensstil Grundstruktur der Alltagsorganisation, welche relativ unabhängig von „objektiven“ Determinanten zu Stande kommt. Lebensstile werden in biographischen Prozessen entwickelt, und bilden einen Gesamtzusammenhang von Routinen und Handlungsmustern (das unterstellt eine teilweise Wahlfreiheit der Lebensführung). Migration (bzw. Wanderung): sozialwissenschaftlicher und politisch-historischer Begriff, der Prozesse räumlicher Bewegung von Menschen bezeichnet. In der amtlichen Statistik bezeichnet Wanderung den mit einem Umzug verbundenen Wechsel der Hauptwohnung. Die Wanderung wird unterteilt in Binnenwanderung (Wanderung innerhalb eines Gebietes) und Außenwanderung (über die Grenzen des Gebietes). Die Außenwanderung ist aus der Sicht des Ziellandes gleichbedeutend mit Einwanderung und des Herkunftslandes mit Auswanderung. Die Wanderung hat in den letzten Jahrzehnten ständig zugenommen und spielt quantitativ eine große Rolle (Wanderung von den nord- und schwarzafrikanischen Ländern sowie den osteuropäischen und GUS-Staaten nach Westeuropa, von Süd- und Südostasien in die Golfstaaten, von Mexiko und der Karibik sowie von Südostasien in die USA, von Indien und Indonesien nach Korea, Japan und Taiwan). Als Ursachen werden »Push«- und »Pull«-Faktoren (Druck- und Sogfaktoren) unterschieden; bei den Ersteren handelt es sich um Faktoren wie Menschenrechtsverletzungen, Bedrohungen von Minderheiten, Krieg und Bürgerkrieg, Armut, Arbeitslosigkeit und Hunger, Verelendung und Umweltprobleme. Zu den Sogfaktoren zählen die Hoffnungen und Erwartungen der Individuen, gegebenenfalls auch die ihnen gemachten Versprechungen und Angebote, ebenso objektiv bessere Ausbildungsmöglichkeiten und ein breiteres Angebot des Arbeitsmarkts. Milieu Kontexte von Umweltbedingungen, die von bestimmten Bevölkerungsgruppen auf bestimmte Weise wahrgenommen werden und nach denen sie handeln. Kontexte von u.U. heterogenen Umweltbedingungen, die von bestimmten Bevölkerungsgruppen auf bestimmte Weise wahrgenommen und genutzt werden, so dass sie bestimmte Lebensweisen herausbilden. 29 Peer-Group (Engl.) Bezeichnung für eine Gruppe gleichaltriger Kinder oder Jugendlicher. Die Beteiligung an solchen Gruppen ist in der neueren Forschung für den Erwerb alterstypischer Einstellungen und Verhaltensweisen junger Menschen sowie die Ablösung von der Familie wichtig. Damit gewinnt die Peer-Group Bedeutung für die Entwicklung von Selbstbewusstsein, sozialer Identität und Kompetenz. Reflexive Modernisierung Versuch der Problemlösung durch Selbstbeobachtung Wahrheitsmonopol der Wissenschaft und Steuerungsmonopol der Politik löst sich auf Risikogesellschaft Die Risikogesellschaft lebt mit den von ihnen selbst produzierten Risiken. Diese Risiken sind ungleich verteilt. Die Risikoverteilung Während es früher um die Verteilung von Reichtum ging (um die Probleme „Hunger und Not“), geht es in der zu sich selbst gekommenen Moderne um die Verteilung von Risiken, die die Industrielle Gesellschaft selbst mitproduziert hat. Schichtungsbegriff Eine Gesellschaft, die nicht mehr in der Kategorie „Klasse“ handelt, sucht nach einer anderen Sozialstruktur. Der Schichtungsbegriff ist ein Klassenbegriff im Abschiedszustand, das Übergangsstadium zwischen Klasse und Klassifikation. Sozialer Raum Grundbegriff der Sozialtheorie Pierre Bourdieus, mit der die soziale Welt in Form eines mehrdimensionalen, interdependenten Macht- und Handlungsgefüges dargestellt werden soll, dem verschiedene und nicht auf einander reduzierbare Unterscheidungsund Verteilungsprinzipien zugrunde liegen. Den Begriff der Klasse in diesem Zusammenhang hält Bourdieu für missverständlich und zu eng gefasst; gerade auch in Hinblick auf die Individuen und deren Selbstwahrnehmung verwendet er lieber den begriff des sozialen Raums Soziale Schließung Soziale Schließung bezeichnet im Allgemeinen den monopolisierten Zugang einer gesellschaftlichen Gruppe zu (wertvollen) Chancen, Gütern und Ressourcen, abgesichert durch den Ausschluss einer oder mehrerer anderer Gruppen. Der Begriff geht zurück auf Max Weber. Weber beschreibt eine soziale Beziehung als geschlossen "insoweit und in dem Grade, als ihr Sinngehalt oder ihre geltenden Ordnungen die Teilnahme ausschliessen oder beschränken oder an Bedingungen knüpfen." ("Wirtschaft und Gesellschaft"; zit. nach: Mockert 1999, S. 134) Die Kriterien für Ausschluß aus Konkurrenzbeziehungen entsprechen hierbei äußeren Merkmalen. Weber benutzt das Konzept der sozialen Schließung ausschließlich zur Beschreibung 30 des sozielen Handelns der ausschließenden Gruppe. Weitergehende Aspekte wurden eingeführt durch Frank Parkin (Konzept der Usurpation) und Raymond Murphy (Primäre und sekundäre Schließung). Primäre und sekundäre Schließung • Nach Murphy liegt die entscheidende Schwachstelle der oben genannten Theorien in ihrem Versäumnis, die Struktur sozialer Schließung als Zusammenspiel verschiedener Schließungsregeln. Murphys Ansatz schlägt vor, zu analysieren, welche Schließungsregel für eine Gesellschaft konstituierend ist. Diese bezeichnet er als primär. Hieraus ergeben sich weitere Regeln der Schließung, die er als sekundär oder derivat bezeichnet. Sie entstehen aus der primären Regel und hängen eng mit ihr zusammen, sind jedoch nicht mit ihr identisch. • Als Beispiel nennt er die in kapitalistischen Gesellschaften bestimmende Regel des rechtlich geschützten Privateigentums. Eine sekundäre Regel, die sich daraus ergibt, ist die Vergabe hochqualifizierter Berufe an Personen mit entsprechendem Bildungszertifikat. • Zur Beschreibung einer Gesellschaft ist es notwendig, die Konfiguration der Regeln zu analysieren. Nach Murphys Typisierung existieren drei Grundmöglichkeiten: Gesellschaften mit einer primären Regel der Schließung, mit zwei aufeinanderbezogenen oder mit zwei sich widersprechenden. Spezifiziert wird dies durch die Art der sekundären Schließungsregeln. Sozialisation Sozialisierung, selten auch dt.: Vergesellschaftung Unter S. versteht man den Prozeß, durch den ein Individuum in eine soziale Gruppe eingegliedert wird, indem es die in dieser Gruppe geltenden sozialen Normen, insb. die an das Individuum als Inhaber bestimmter Positionen gerichteten Rollenerwartungen, die zur Erfüllung dieser Normen u. Erwartungen erforderlichen Fähigkeiten u. Fertigkeiten sowie die zur Kultur der Gruppe gehörenden Werte, Überzeugungen usw. erlernt und in sich aufnimmt. Der S.sprozeß setzt unmittelbar nach der Geburt ein und führt zum Aufbau des sozialen Selbst bzw. der sozialkulturellen Persönlichkeit. Obwohl einige Autoren den Begriff auf die bewusst u. unbewusst ablaufenden Erziehungsprozesse bis zum Abschluss der Jugendphase beschränken, kann grundsätzlich jedes Erlernen einer neuen sozialen Rolle bzw. jede Eingliederung in eine neue Gruppe als S. bezeichnet werden. Der S.sprozeß dauert somit das gesamte Leben hindurch an. Besondere Bedeutung hat auch die berufl. S., die bei einem Großteil der Bevölkerung in industriell entwickelten Gesellschaften erst nach der Jugendphase einsetzt. Anders als im oben genannten Sprachgebrauch bezeichnen einige Autoren nur das Erlernen der für das Rollenverhalten von Individuen entscheidenden Verhaltensmuster als S. und verwenden für das Erlernen der von der Gruppe tradierten Kultur den Begriff der „Enkulturation“. Für andere Autoren ist diese jedoch ein Teilaspekt des gesamten S.sprozeßes. Quelle: Lexikon zur Soziologie, 3.Auflage, 1994 Ungleichheitsrelationen Obwohl die sozialen Grenzen immer mehr verschwimmen, sind die Ungleichheitsrelationen gleich geblieben. 31 Usurpation • Übersetzt: Widerrechtliche Besitzergreifung, Aneignung. • Usurpation beschreibt nach Parkin die Gegenstrategie einer ausgeschlossenen Gruppe, um an die von einer sozialen Gruppe monopolisierten Chancen, Güter und Ressourcen zu gelangen. Dies wird meist zwangsläufig extralegal stattfinden, da die vorhergehende Ausschließung sich gesetzlich absichern wird. • Usurpation kann darauf zielen, den gesamten Verteilungsprozess zu ändern oder aber kollektive Kriterien durch individuelle zu ersetzen. Meist existiert sie im Zusammenspiel mit Schließung nach unten oder auf horizontaler Ebene (z.B. gewerkschaftliche Vertretung nur der Arbeiter mit regulierter Beschäftigung, nicht aber der Arbeitlosen; Ausschließung von Frauen, MigrantInnen) Die Gruppenbildungsidee der klassischen Ungleichheitsforschung wird durch die neuen (alten) Begriffe Milieu und Lebensstil ersetzt. Hier greift nun die Idee der Entstandardisierung, d.h. man kann weniger von Großgruppen reden, die modernen Lebensweisen vermischen sich. 32