Kapitel 3 Postulate und Theoreme der Quantenmechanik Der Formalismus der Quantenmechanik lässt sich durch eine Reihe von Postulaten einführen. Diese Postulate sind plausibel, (siehe auch Kapitel 2) können aber letzlich nicht bewiesen werden. Sie haben, wie andere Theorien, ihre Berechtigung in der Tatsache, dass sie ein Vielzahl von Phänomenen zutreffend voraussagen. Die in diesem Kapitel vorgestellten Postulate (und das Postulat der Existenz des Spins) sollen im Sinne einer Arbeitsvorschrift für quantenmechanische Rechnungen und weniger im Sinn einer rigorosen mathemiatischen Behandlung verstanden werden. So sind denn auch Wortlaut und Anzahl der Postulate in verschiednen Büchern die diesen Formalismus benutzen unterscheidlich. Es wird empfohlen vor diesem Kapitel die mathematische Repetition im Anhang C zu konsultieren. 3.1 Postulat 1: Wie beschreibt man ein Quantensystem In der Quantenmechanik wird ein abgeschlossenes System durch seinen Hamilton-Operator Ĥ strukturell vollständig charakterisiert. • Den Hamilton-Operator erhält man üblicherweise gemäss dem Korrespondenzprinzip (siehe Beispiele in Kapitel 2). Man beachte aber, dass die Anwendung des Korrespondenzprinzips unter gewissen Einschränkungen leidet (siehe Primas und Müller-Herold (1990), Kapitel 3.2.1 und 3.2.2). Zusätzlich muss der Spin berücksichtigt werden. • Abgeschlossene Systeme sind eine Idealisierung. • Bei der Aufstellung des Hamilton-Operators müssen alle Beiträge berücksichtigt werden, die für die Problemstellung relevant sind. 3-1 3-2 3 Postulate und Theoreme der Quantenmechanik Beispiel: Wasserstoffatom 1. Ĥ1 = − e2 ~2 ∆e − 2me 4πε0 |rep | Ĥ1 beschreibt nur die elektrostatischen Wechselwirkungen im Wasserstoffatom. Zusätzlich wird angenommen, dass der Kern keine kinetische Energie aufweist. Ist man primär an der Bewegung des Elektrons interessiert, ist Ĥ1 eine vernünftige Wahl. Interessiert man sich dagegen für die magnetische Wechselwirkung zwischen Elektronenspin und Protonenspin oder für die Bewegung des Wasserstoffatoms im Raum, ist Ĥ1 klar ungeeignet. 2. Ĥ2 = − ~2 ~2 e2 ∆e − ∆p − 2me 2mp 4πε0 |rep | Ĥ2 berücksichtigt zusätzlich zu Ĥ1 noch die kinetische Energie des Protons. 3. Ĥ3 = Ĥ2 + Ĥmagn (+...) Ĥ3 berücksichtigt zusätzlich zu Ĥ2 noch magnetische (und weitere) Wechselwirkungen. 4. Ĥ4 = −~γB0 ŝz Interessiert man sich nur für die Wechselwirkungen des Kernspins des Protons (zum Bespiel in einem NMR Experiment), kann nur dieser Teil berücksichtigt werden. 3.2 Postulat 2: was ist ein Zustand Während er Hamiltonoperator ein System strukturell charakteriert kann sich das System in unendlich vielen verschiedenen Zuständen befinden. Der Zustand eines Systems und das Ergebnis aller physikalischen Messungen ist durch die Angabe der Wellenfunktion Ψ des Systems charakterisiert. Ψ ist ein Element eines Vektorraums der durch die Eigenfunktionen ϕn des Hamilton-Operators Ĥ (oder eines anderen quantenmechanischen Operators) aufgespannt wird. Der Vektorraum der Eigenfunktionen ist ein sogenannter Hilbert-Raum, d.h., es ist ein Innenoder Skalarprodukt Z ϕ∗n ϕm def. Z∞ Z∞ dτ = · · · ϕ∗n (x1 , x2 , . . .)ϕm (x1 , x2 , . . .) dx1 dx2 · · · (3.1) −∞ −∞ R definiert. ϕ∗n ist die komplex-konjugierte Funktion von ϕn , und das Integral dτ steht hier und im Rest des Skriptes stellvertretend für die Intergration über den gesamten Bereich aller Vorlesungsskript PCIII 3-3 3.2 Postulat 2: was ist ein Zustand Koordinaten, für den die Wellenfunktionen ϕn definiert sind ( dτ ist somit ein verallgemeinertes Volumenelement). R Die Gesamtheit aller (im allgemeinen Fall komplexen) orthogonalen (d.h. ϕ∗n ϕm dτ = 0 für R n 6= m) und normierten (d.h. ϕ∗n ϕn dτ = 1) Eigenfunktionen ϕn bildet eine vollständige Basis des Hilbert-Raumes. Jede beliebige Zustandsfunktion Ψ in diesem Raum kann als Linearkombination der Basisfunktionen ϕn dargestellt werden: X Ψ= cn ϕ n . (3.2) n Beispiel : Das Teilchen im eindimensionalen Kasten Der Hamilton-Operator Ĥ für ein Teilchen der Masse m in einem eindimensionalen Kasten der Länge L beträgt ( 0 0<x<L ~2 d2 + V (x) mit V (x) = . (3.3) Ĥ = − 2 2 m dx ∞ sonst Da sich das Teilchen nicht in einem verbotenen“ Bereich aufhalten darf (wo das Potential ” V (x) = ∞ ist), gilt für die Wellenfunktion ausserhalb des Kastens Ψ (x) = 0 (für x < 0 und x > L). Da die Wellenfunktion stetig ist, muss Ψ (x) am Rande des Kastens null sein. Dies sind die Randbedingungen, die für die Lösungen der Differentialgleichung gelten müssen. Im Inneren des Kastens (mit V (x) = 0) lautet die Schrödinger-Gleichung − ~2 d2 ϕn (x) = En ϕn (x) . 2 m dx2 (3.4) Die allgemeine Lösung für das Problem lautet ϕn (x) = A cos(kn x) + B sin(kn x) . (3.5) Mit Hilfe der Randbedingungen können A und k bestimmt werden: ϕn (0) = 0 ϕn (L) = B sin(kn L) = 0 ⇒ A=0 ⇒ kn L = n π (3.6) nπ ⇒ kn = L mit n = 1, 2, ... . Nach Normierung der Wellenfunktion erhält man r n π 2 ϕn (x) = sin x . L L Die Eigenfunktionen ϕn und Eigenwerte En sind also r n π 2 ϕn (x) = sin x L L h2 n2 En = mit n = 1, 2, 3, ... . 8 m L2 Vorlesungsskript PCIII (3.7) (3.8) (3.9) (3.10) 3-4 3 Postulate und Theoreme der Quantenmechanik Gemäss Postulat 2 kann eine beliebige Funktion Ψ auf dem endlichen Intervall [0, L] mit Ψ (0) = Ψ (L) = 0 als Linearkombination der Eigenfunktionen ϕn dargestellt werden: r ∞ n π x X 2 sin . (3.11) Ψ (x) = cn L L n=1 Die Gleichung (3.11) ist nichts anderes als die Fourier-Reihenentwicklung einer beliebigen ungeraden Funktion auf dem Intervall [0, L]. 3.3 Postulat 3: Was sind Observable Die potentiell messbaren physikalischen Eigenschaft eines Systems entspricht ein selbstadjungierter, linearer Operator  (hermitescher Operator). Dieser physikalischen Eigenschaft kann genau dann ein Wert zugeordnet werden, wenn der Zustandsvektor Ψ des Systems ein Eigenvektor von  ist, d.h. Ψ = ϕn mit Âϕn = an ϕn . Dann hat die physikalische Eigenschaft den Wert an . Wenn eine Wellenfunktion Ψ (t) zu einem Zeitpunkt t in einem Eigenvektor der Observablen  ist, sagt man auch etwa, dass die zugehörigen Eigenschaft aktualisiert ist. Für alle Zustände aktualisierte Eigenschaften heissen klassische Eigenschaften. In der chemischen Quantenmechanik sind das etwa die Masse oder die Ladung eines Teilchens. 3.4 Postulat 4: Erwartungswerte Der Erwartungswert ā einer Observablen  für ein System mit normierter ZustandsfunkR tion Ψ ( Ψ ∗ Ψ dτ = 1) ist gegeben durch Z (3.12) ā = hÂi = Ψ ∗ Â Ψ dτ . Wenn Ψ nicht normiert ist, ist der Erwartungswert gegeben durch R ∗ Ψ Â Ψ dτ hÂi = R ∗ . Ψ Ψ dτ Vorlesungsskript PCIII (3.13) 3-5 3.4 Postulat 4: Erwartungswerte Da der Zustandsvektor des Systems eine Linearkombination der orthonormierten EigenfunktioP nen ϕn von  ist (Ψ = n cn ϕn , siehe Postulat 2), erhält man aus (3.16) Z ∗ Ψ Â Ψ dτ = Z X c∗n ϕ∗n  cm ϕm dτ = XX m n = XX = X n X c∗n cm am n Z ϕ∗n ϕm dτ = m |cn | an = n X Z ϕ∗n  ϕm dτ m XX n 2 c∗n cm c∗n cm am δnm m p n an . (3.14) n Eine Messung der physikalischen Eigenschaft  an einem System mit Zustandsfunktion Ψ ergibt immer einen der Eigenwerte von  und zwar den Wert an mit der Wahrscheinlichkeit pn = |cn |2 . Der Erwartungswert ā wird interpretiert als arithmetischer Mittelwert der Messwerte von  an einer grossen Anzahl gleichartiger Systeme mit gleicher Zustandsfunktion Ψ . Beispiel : Messung des Impulses eines Teilchens in einem eindimensionalen Kasten Wir betrachten ein Teilchen im Kasten mit normierter Zustandsfunktion r r 1 2 ikn x 2 nπ sin(kn x) = . e − e−ikn x Ψn (x) = mit kn = L 2i L L (3.15) Ψn (x) ist eine Eigenfunktion des Hamilton-Operators Ĥ, aber nicht des Impulsoperators p̂x . Ψn (x) kann aber als Linearkombination der Eigenfunktionen von p̂x (eikn x und e−ikn x ) dargestellt werden. Eine Messung des Impulses ergibt einen der Eigenwerte von p̂x , hier 2 k2 2 k2 n n entweder ~2m (für eikn x ) oder − ~2m (für e−ikn x ). Aus der zweiten Zeile von Gleichung (3.18) sieht man, dass hpx i = 0, da c+kn = −c−kn (Überlagerung von Bewegungen in entgegengesetzter Richtung). Dasselbe Ergebnis kann auch durch direkte Integration gemäss (3.16) erhalten werden: Z∞ hpˆx in = 2 Ψn∗ (x)p̂x Ψn (x) dx = L −∞ 2~kn = −i L ZL d sin(kn x) −i ~ sin(kn x) dx dx 0 ZL ~kn sin(kn x) cos(kn x) dx = −i L 0 ZL sin(2kn x) dx 0 i~ i~ = [cos(2kn x)]L0 = [cos(2nπ) − cos(0)] = 0 . 2L 2L (3.16) Direkt nach der Messung einer Observablen ist das System in einem Eigenzustand ϕn des Messoperators Â. Damit führen weitere (identische Messungen) am System immer zum selben Ergebnis an . Vorlesungsskript PCIII 3-6 3 Postulate und Theoreme der Quantenmechanik Eine Messung ändert im Allgemeinen den Zustand eines Systems. Die Superposition in Gleichung (3.2) wird bei einer Messung der Eigenschaft  auf einen Term reduziert. Diese höchst bemerkenswerte Eigenschaft von quantenmechanischen Messungen wird manchmal in Textbüchern als Zustandsreduktion“ oder Reduktion des Wellenpakets“ ( collapse of the wave packet“) ” ” ” bezeichnet (siehe z.B. Messiah (1990–1991), Kap. 5.4; Cohen-Tannoudji et al. (1999), Kap. 3.2; Merzbacher (1998), Kap. 16.8). Beispiel : Das freie Teilchen (siehe auch Diskussion in Kapitel 2.4) Die Funktion ϕk (x) = eikx (3.17) ist eine Eigenfunktion von p̂x mit dem Eigenwert px,k = ~k, und die Funktion ϕ−k (x) = e−ikx (3.18) ist eine Eigenfunktion von p̂x mit Eigenwert px,k = −~k. Die Funktion Ψ±k (x) = ϕk (x) ± ϕ−k (x) = A eikx ± e−ikx (3.19) ist aber keine Eigenfunktion von p̂x . Eine Messung der Grösse px ergibt entweder den Wert ~k oder −~k. Nach der Messung hat das System einen wohldefinierten Impuls px,k = ~k oder px,k = −~k und seine Zustandsfunktion ist ϕk oder ϕ−k . 50% Wahrscheinlichkeit Ψ±k (x) Messung 1 von px px = k Messung 2 ϕk (x) px = k ϕk (x) (3.20) px = −k 50% Wahrscheinlichkeit ϕ−k (x) px = −k ϕ−k (x) Eine Messung entspricht einer nicht deterministischen Projektion von Ψ auf die Eigenfunktionen ϕk und ϕ−k des Operators p̂x mit den Eigenwerten ±~k. Wenn das System nach einer Messung im Zustand ϕk (oder ϕ−k ) befindet, ergeben alle weiteren Messungen den Wert px,k = ~k (oder −~k). Vorlesungsskript PCIII 3-7 3.5 Postulat 5: Zeitabhängige Schrödingergleichung 3.5 Postulat 5: Zeitabhängige Schrödingergleichung Die Zeitevolution eines abgeschlossenen Quantensystems das durch den Hamilton Operator Ĥ charakterisiert ist, ist durch die zeitabhängige Schrödingergleichung gegeben. Diese Gleichung beschreibt die Zeitevolution von i~ ∂Ψ = ĤΨ , ∂t (3.21) gegeben. Diese Gleichung beschreibt die Zeitevolution der Wellenfunktion falls der Anfangszustand Ψ (0) bekannt ist und gilt auch, wenn der Hamiltonoperator zeitabhängig ist. Daraus folgt sofort die (siehe Kapitel 2) zeitunabhängige Schrödingergleichung für stationäre Zustande: ĤΨ = EΨ (3.22) Hier muss der Hamiltonopertor zeitunabhängig sein. 3.6 Postulat 6: Komposition von Quantensystemen Fasst man zwei unabhängige Quantensysteme mit den Hilberträumen H1 und H2 zu einem einzigen zusammen, ist der Hilbertraum des Gesamtsystems gegeben durch das Tensorprodukt H = H1 ⊗ H2 (3.23) Sind die beiden Teilsysteme Wechselwirkungsfrei, ist der Hamiltonoperator die Summe von H1 und H2 H = Ĥ1 ⊕ Ĥ2 = Ĥ1 ⊗ 1̂ + 1̂ ⊗ Ĥ2 3.7 (3.24) Separabilität der Schrödinger-Gleichung Besteht der Hamilton-Operator Ĥ eines abgeschlossenen Systems aus zwei oder mehreren Operatoren (Ĥa , Ĥb , etc.), die sich auf separate Variablenräume auswirken, ist die entsprechende Schrödinger-Gleichung separabel. Es gilt Ĥ(p~ˆi , ~qˆi ) = Ĥa (p~ˆj , ~qˆj ) ⊕ Ĥb (p~ˆk , ~qˆk ) i=1,2,...,n j=1,2,...,m Teilsystem A k=m+1,...,n Teilsystem B Vorlesungsskript PCIII (3.25) (mit k6=j) 3-8 3 Postulate und Theoreme der Quantenmechanik mit Ĥa (p~ˆj , ~qˆj )ϕa,na (~qj ) = Ea,na ϕa,na (~qj ) (3.26) Ĥb (p~ˆk , ~qˆk )ϕb,nb (~qk ) = Eb,nb ϕb,nb (~qk ) . (3.27) und Die Lösung der Schrödinger-Gleichung des Gesamtsystems Ĥ(p~ˆi , ~qˆi )Ψna ,nb (~qi ) = Ena ,nb Ψna ,nb (~qi ) (3.28) lässt sich aus den Lösungen der Schrödinger-Gleichung der Teilsysteme (3.130) und (3.131) unmittelbar bestimmen als Ena ,nb = Ea,na + Eb,nb (3.29) und Ψna ,nb (~qi ) = ϕa,na (~qj ) · ϕb,nb (~qk ) , (3.30) wie man mit Hilfe der Gleichungen (3.129) bis (3.134) leicht zeigen kann (siehe Gleichung (3.135)). Die Eigenwerte des Hamilton-Operators Ĥ sind also Summen der Eigenwerte der HamiltonOperatoren der Teilsysteme Ĥa resp. Ĥb . Die entsprechenden Eigenfunktionen des HamiltonOperators Ĥ sind Produkte der entsprechenden Eigenfunktionen von Ĥa und Ĥb . Beweis: ĤΨ (~qi ) = Ĥa ⊕ Ĥb ϕa,na (~qj )ϕb,nb (~qk ) = Ĥa ϕa,na (~qj )ϕb,nb (~qk ) + Ĥb ϕa,na (~qj )ϕb,nb (~qk ) = ϕb,nb (~qk ) Ĥa ϕa,na (~qj ) +ϕa,na (~qj ) Ĥb ϕb,nb (~qk ) | {z } | {z } Ea,na ϕa,na (~ qj ) Eb,nb ϕb,nb (~ qk ) = (Ea,na + Eb,nb )ϕa,na (~qj )ϕb,nb (~qk ) = Ena ,nb Ψ (~qi ) (3.31) Der Vorteil der Separabilität liegt daran, dass es wesentlich einfacher ist, mehrere quantenmechanische Probleme niedrigerer Dimensionalität zu lösen, als ein einziges quantenmechanisches Problem hoher Dimensionalität. Beispiel : Man betrachtet ein Teilchen im hypothetischen, schwer zu visualisierenden vierdimensionalen Kasten. Es gilt ( 0 für 0 < w < La , 0 < x < Lb , 0 < y < Lc , 0 < z < Ld V (w, x, y, z) = (3.32) ∞ sonst. Vorlesungsskript PCIII 3-9 3.7 Separabilität der Schrödinger-Gleichung Das System lässt sich mit dem Hamilton-Operator ~2 ∂2 ~ 2 ∂2 ~ 2 ∂2 ~2 ∂2 − − − Ĥ = − 2m ∂w2 2m ∂x2 2m ∂y 2 2m ∂z 2 | {z } | {z } | {z } | {z } Ĥa Ĥb Ĥc (3.33) Ĥd beschreiben. Das Problem ist in vier Teilprobleme (Ĥa , Ĥb , Ĥc und Ĥd ) separabel. Es gilt Ĥa ϕa,na (w) = Ea,na ϕa,na (w) (3.34) mit Ea,na h2 n2a = 8mL2a r und ϕa,na (w) = 2 sin La na πw La . (3.35) Analog können die Teilprobleme für Ĥb , Ĥc und Ĥd gelöst werden. Die Lösung des Gesamtproblems lautet dann Ena ,nb ,nc ,nd = Ea,na + Eb,nb + Ec,nc + Ed,nd (3.36) mit der Wellenfunktion 4 sin Ψna ,nb ,nc ,nd (w, x, y, z) = √ La Lb Lc Ld na πw La sin nb πx Lb sin nc πy Lc sin nd πz . Ld (3.37) Es existieren vier Quantenzahlen, da das Problem vierdimensional ist. Näherungsweise Separabilität Oftmals ist die Schrödinger-Gleichung von quantenmechanischen Problemen nur näherungsweise separabel: Ĥ(p~ˆi , ~qˆi ) = Ĥa (p~ˆj , ~qˆj ) + Ĥb (p~ˆk , ~qˆk ) + Ĥ 0 (p~ˆi , ~qˆi ) | {z } i=1,2,...,n j=1,2,...,m Teilsystem A k=m+1,...,n Teilsystem B Störung“ (klein) ” (3.38) (mit k6=j) Wenn Ĥ 0 klein ist, dann sind ϕa,na (~qj )ϕb,nb (~qk ) den Eigenfunktionen von Ĥ sehr ähnlich und können als Näherungen nullter Ordnung für diese exakten Eigenfunktionen verwendet werden (siehe auch Kapitel 7 zur Definition der Näherung nullter, erster, zweiter, ... Ordnungen). In Kapitel 7 wird gezeigt, wie weitere, bessere Näherungen für die exakten Eigenfunktionen von (3.142) im Rahmen der Störungstheorie bestimmt werden können. Vorlesungsskript PCIII 3-10 3.8 3 Postulate und Theoreme der Quantenmechanik Postulat 7: Verallgemeinertes Pauliprinzip Quantenmechanische Elementarsysteme mit gleicher Masse, gleichem Spin und gleichen elektromagnetischen Momenten sind strikte identisch. Die Zustandsfunktion ist entweder symmerisch, oder antisymmetrisch gegenüber der Vertauschung von zwei beliebigen Teilchenkoordinagten: Ψ (~r1 , m1 , ..., ~rk , mk , ..., ~rj , mj , ...~rN , mN ) = ±Ψ (~r1 , m1 , ..., ~rj , mj , ..., ~rk , mk , ...~rN , mN ) (3.39) wobei die symmerische Version für Bosonen gilt (Teilchen mit ganzzahligem Spin (s=0,1,2...)) und die antisymmetrische Version for halbganzzahligen Spin. 3.9 Die Bra-Ket-Notation von Dirac Das Skalarprodukt von zwei komplexwertigen Funktionen ϕm und ϕn kann geschrieben werden als Z def. def. ϕ∗m ϕn dτ = hϕm | ϕn i = hm | ni , (3.40) wobei m und n Indizes für die Eigenfunktionen und die Eigenwerte und ϕ∗m die komplexkonjugierte Funktion von ϕm darstellen (siehe Gleichung (3.1) und Anhang C). Das Integral Z ϕ∗m  ϕn dτ (3.41) ist ebenfalls ein Skalarprodukt zwischen den Funktionen ϕm und Âϕn . Es gilt Z def. def. ϕ∗m  ϕn dτ = hϕm |  ϕn i = hm |  | ni . (3.42) Diese Notation wurde von Paul Adrien Maurice Dirac (1902–1984) eingeführt und wird als Bra-Ket-Notation bezeichnet.i Als Bra-Vektor“ wird der Teil hm| und als Ket-Vektor“ der ” ” Teil |ni (oder Â|ni) bezeichnet. Der Vorteil dieser Schreibweise liegt in ihrer Kompaktheit. Man kann den Erwartungswert aus Gleichung (3.18) in Bra-Ket-Notation schreiben als Z XX XX Ψ ∗ Â Ψ dτ = c∗n cm hn |  | mi = c∗n cm am hn | mi n = n i m n XX m c∗n cm am δnm = X m 2 |cn | an . (3.43) n P. A. M. Dirac, A new notation for quantum mechanics“, Proc. Cambridge Philos. Soc. 35, 416–418 (1939); ” P. A. M. Dirac, The Principles of Quantum Mechanics“, Clarendon Press, Oxford UK, 1947 (3rd ed). ” Vorlesungsskript PCIII 3-11 3.10 Matrixdarstellung quantenmechanischer Operatoren 3.10 Matrixdarstellung quantenmechanischer Operatoren Es sei {ϕn } eine vollständige, orthonormierte Basis von Eigenfunktionen des quantenmechanischen Operators  (siehe Postulat 2).  kann als Matrix dargestellt werden, wobei für die Elemente der Matrix Z Anm = ϕ∗n  ϕm dτ = hn |  | mi (3.44) gilt. Beispiel : Teilchen im Kasten Die Lösungen der Schrödinger-Gleichung für das Teilchen im Kasten lauten r n π x 2 ϕn (x) = sin L L (3.45) mit den Eigenwerten En = h2 n2 . 8 m L2 (3.46) Die Matrixelemente der Hamilton-Matrix lauten gemäss Gleichung (3.25) Hkn = hk|Ĥ|ni = hk|En |ni = En hk|ni = En δkn . Die Hamilton-Matrix lautet somit H11 H12 H13 H21 H22 H23 H= H31 H32 H33 .. .. .. . . . ... ... ... .. . h2 8mL2 = 0 0 .. . 0 4h2 8mL2 0 .. . 0 0 9h2 8mL2 .. . (3.47) ... ... ... .. . . (3.48) Die Matrix ist diagonal, weil ϕn Eigenfunktionen des Hamilton-Operators Ĥ sind. Beispiel : Matrixdarstellungen der Operatoren x̂ und p̂x für das Teilchen im eindimensionalen Kasten (x̂)mn 2 = hm|x̂|ni = L ZL sin mπx L x sin nπx L dx (3.49) 0 (p̂x )mn 2 = hm|p̂x |ni = L ZL mπx nπx d sin −i~ sin dx L dx L 0 Die Berechnung von Matrixelementen wird in einer Übung detailliert behandelt. Vorlesungsskript PCIII (3.50) 3-12 3 Postulate und Theoreme der Quantenmechanik Da der Lösungsraum unendlich-dimensional ist, werden die Operatoren durch unendlichdimensionale Matrizen dargestellt. 3.11 Theorem 1 Selbstadjungierte, lineare Operatoren haben reelle Eigenwerte. Beweis: Wenn der Operator  selbstadjungiert ist, gilt Aij = A∗ji oder hi |  | ji = hj |  | ii∗ . (3.51) Damit ist Z ϕ∗i Z  ϕj dτ = ϕ∗j ∗  ϕi dτ = Z  ϕi ∗ ϕj dτ . Ist nun ϕi eine Eigenfunktion von  zum Eigenwert b, erhält man für i = j Z Z ∗ ∗ b ϕi ϕi dτ = b ϕ∗i ϕi dτ . (3.52) (3.53) Daraus folgt, dass b = b∗ ⇒ b reell q.e.d. (3.54) Bei einer Messung der Eigenschaft  erhält man immer einen der Eigenwerte von  (siehe Postulat 3). Das Ergebnis von Messungen kann nur reell sein. Deshalb sind quantenmechanische Operatoren selbstadjungiert (siehe auch Anhang C). 3.12 Theorem 2 Eigenfunktionen von selbstadjungierten Operatoren sind orthogonal, wenn sie verschiedene Eigenwerte haben. Beweis: Es seien  ϕ1 = a1 ϕ1 und Vorlesungsskript PCIII (3.55) 3-13 3.13 Theorem 3  ϕ2 = a2 ϕ2 Man muss beweisen, dass giert ist, gilt R a1 6= a2 . mit (3.56) ϕ∗1 ϕ2 dτ = 0, also dass h1 | 2i = 0. Da der Operator  selbstadjun- h1 |  | 2i = h2 |  | 1i∗ (3.57) a2 h1 | 2i = a∗1 h2 | 1i∗ = a∗1 h1 | 2i . (3.58) und somit Weil Eigenwerte von selbstadjungierten Operatoren reell sind, muss gelten: a∗1 = a1 und a∗2 = a2 . (3.59) Es gilt daher die Beziehung a2 h1 | 2i = a1 h1 | 2i (3.60) respektive (a2 − a1 ) h1 | 2i = 0 . (3.61) Da aber a1 6= a2 , folgt h1 | 2i = 0 q.e.d. (3.62) Wenn zwei oder mehrere Eigenfunktionen denselben Eigenwert haben, sind sie nicht automatisch orthogonal. Sie können aber immer orthogonal gewählt werden (siehe z.B. GramSchmidtsches Orthogonalisierungsverfahren). 3.13 Theorem 3 Wenn zwei Operatoren  und B̂ eine gemeinsame Basis von Eigenfunktionen ϕi haben, dann vertauschen  und B̂. Beweis: Es seien  ϕi = si ϕi und B̂ ϕi = ti ϕi für alle i. Man muss beweisen, dass [Â, B̂] = 0. Es gilt ÂB̂ − B̂ Â Ψ = ÂB̂ − B̂  = X i ! X ci ϕi = X h i ci  B̂ ϕi − B̂  ϕi i h i Xi ci ti  ϕi − si B̂ ϕi = ci [ti si − si ti ] ϕi = 0 i Vorlesungsskript PCIII q.e.d. (3.63) 3-14 3.14 3 Postulate und Theoreme der Quantenmechanik Theorem 4 Wenn zwei Operatoren vertauschen, dann kann man eine gemeinsame (vollständige) Basis von Eigenfunktionen der beiden Operatoren ermitteln. Beweis: Es seien ϕi die Eigenfunktionen eines Operators B̂. B̂ ϕi = ti ϕi (3.64) Man muss zeigen, dass ϕi auch Eigenfunktionen von  sind, wenn ÂB̂ − B̂  = 0. Dazu wird  von links auf beiden Seiten von (3.45) angewandt: ÂB̂ ϕi =  ti ϕi . (3.65) Da  und B̂ vertauschen, kann diese Gleichung geschrieben werden als B̂  ϕi = ti  ϕi . (3.66) Also ist ( ϕi ) auch eine Eigenfunktion von B̂ mit demselben Eigenwert ti . Das kann nur der Fall sein, wenn  ϕi = si ϕi , d.h. wenn ϕi eine Eigenfunktion von  ist. Falls ϕi nicht entartet ist, gilt  ϕi = si ϕi ∀i q.e.d. (3.67) Falls ϕi entartet ist, ist der Beweis aufwändiger (siehe Merzbacher (1998), Kap. 10.4). 3.15 Die Bornsche Interpretation der Wellenfunktion Man betrachte ein Teilchen (ohne Spin) mit Ladungszahl Z. Klassisch betrachtet ist die Ladungsdichte eines Punktteilchens ρ(~r) = Z e δ(~r − ~q) , (3.68) wobei δ(x) die Deltafunktioni und ~q den Ortsvektor des Teilchens darstellen. Das Korrespondenzprinzip besagt, dass ρ̂(~r) = Z e δ ~r − ~qˆ . (3.69) i Die Deltafunktion δ(x), die keine eigentliche Funktion im streng mathematischen Sinn ist, wurde von P. A. M. Dirac [Proc. R. Soc. London Ser. A 113, 621–641 (1927)] zur vereinfachten Schreibweise eingeführt. Für sie gelten die Beziehungen Z∞ δ(x) dx = 1 und −∞ δ(x) = 0 für x 6= 0 . Vorlesungsskript PCIII 3-15 3.16 Akzeptable Wellenfunktionen Der Erwartungswert der Ladungsdichte ρ̂(~r) beträgt Z hρ̂ (~r)i = Z e Ψ ∗ (~q) δ ~r − ~qˆ Ψ (~q) dq 3 = Z e |Ψ (~r)|2 , (3.70) wobei dq 3 = dx dy dz das Volumenelement bei der Integration über den gesamten Raum darstellt. Max Born (1882–1970) schlug 1926 eine heute allgemein akzeptierte und aufgrund von (3.51) leicht nachvollziehbare Interpretation für das Betragsquadrat |Ψ (x, y, z)|2 einer Wellenfunktion vor. Die Wahrscheinlichkeit, ein durch die Wellenfunktion beschriebenes Teilchen innerhalb eines infinitesimalen Volumens dV = dx dy dz an der Stelle (x, y, z) vorzufinden ist |Ψ (~r)|2 dV . Zur Bestimmung der Wahrscheinlichkeit P , das Teilchen in einem endlichen Volumen V zu finden, muss das Betragsquadrat der Wellenfunktion über das entsprechende Volumen integriert werden. Es gilt ZZZ P = |Ψ (x, y, z)|2 dV . (3.71) Verallgemeinert auf mehrere Teilchen mit Spin mi gilt |Ψ (~r1 , m1 , ~r2 , m2 , ...) |2 dr13 dr23 ... = |Ψ |2 dτ . (3.72) Dabei ist (3.53) die Wahrscheinlichkeit, Teilchen 1 im Volumenelement dr13 am Ort ~r1 mit Spin m1 , Teilchen 2 im Volumenelement dr23 am Ort ~r2 mit Spin m2 , etc. aufzufinden und dτ ein verallgemeinertes Volumenelement. 3.16 Akzeptable Wellenfunktionen Wellenfunktionen müssen gewisse Bedingungen erfüllen. Zwei Bedingungen lassen sich von der Bornschen Wahrscheinlichkeitsinterpretation der Wellenfunktion ableiten: 1. Ψ (x) muss quadratisch integrierbar sein und darf nicht über einen endlichen Bereich unendlich sein: Z∞ Ψ ∗ (x)Ψ (x) dx < ∞ . (3.73) −∞ Diese Bedingung muss allerdings nur in gebundenen Systemen erfüllt werden. Nicht gebundene Systeme (z.B. das freie Teilchen) lassen sich nicht einfach normieren. 2. Ψ (x) muss eindeutig definiert sein (single-valued). Vorlesungsskript PCIII 3-16 3 Postulate und Theoreme der Quantenmechanik Zwei weitere Bedingungen folgen aus der Tatsache, dass Ψ (x) eine Lösung einer Differentialgleichung 2. Ordnung ist: − ~2 d2 Ψ (x) + V (x) Ψ (x) = E Ψ (x) . 2m dx2 (3.74) Die zweite Ableitung von Ψ (x) muss also existieren. 3. Ψ (x) muss stetig sein. 4. dΨ (x) muss differenzierbar sein, und ist im Allgemeinen, aber nicht immer, stetig. dx Beispiel : Die Stufen- oder Heaviside-Funktion H(x) (benannt nach dem englischen Physiker Oliver Heaviside, 1850–1925) als Beispiel einer unstetigen (verallgemeinerten) Funktion mit existierender Ableitung, der Diracschen Deltafunktion δ(x): ( 0 für x < 0 f (x) = x für x ≥ 0 ( 0 für x < 0 0 f (x) = H(x) = 1 für x ≥ 0 ( 0 für x 6= 0 f 00 (x) = δ(x) = ∞ für x = 0 Akzeptable Wellenfunktionen dürfen eine endliche Anzahl von Diskontinuitäten der Art, die in Abbildung 3-1 dargestellt ist, haben. f (x) 1 x 0 f ′ (x) Abbildung 3-1: Darstellung einer akzeptablen Wellenfunktion f (x), deren erste Ableitung f 0 (x), die Heaviside-Funktion, eine Unstetigkeitsstelle aufweist. 1 f ′ (x): Heaviside-Funktion 1 x 0 f ′′ (x) 1 1 f ′′ (x): Dirac-δ-Funktion x 0 1 Vorlesungsskript PCIII 3.17 Die Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation 3.17 3-17 Die Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation Der Operator ∆ =  − hÂi gibt die Abweichung der Messwerte der Observablen  vom Erwartungswert hÂi an. Die Dispersion (Streuung) der Messwerte der Observable  für ein System mit Ψ als Anfangszustand ist somit gegeben durch 2 2 σA,Ψ =  − hÂi = hÂ2 − 2 hÂi + hÂi2 i = hÂ2 i − hÂi2 = (∆A)2 . def. (3.75) Analog gilt für die Observable B̂ 2 σB,Ψ = hB̂ 2 i − hB̂i2 = (∆B)2 . def. (3.76) q Es ist wichtig, den Unterschied zwischen ∆ und ∆A zu beachten. ∆A = h∆Â2 i ist eine Zahl, die als statistische Unbestimmtheit (Streuung) einer Observablen interpretiert werden kann, und ∆ ist ein Operator. Die Beziehungen (3.56) und (3.57) folgen aus Postulat 4. 1927 erkannte Werner Heisenberg (1901–1976) eine Beziehung, die Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation,i nach welcher es unmöglich ist, den Wert zweier Observablen  und B̂, die nicht vertauschen, mit beliebiger Genauigkeit gleichzeitig zu bestimmen. Ein allgemeine Formulierung des der Unbestimmtehitsrelation ist die folgende (H.P. Roberstson, 1929) is die Folgende: iE 1 Dh ∆A ∆B > Â, B̂ . (3.77) 2 Diese Beziehung besagt, dass das Produkt der Unbestimmtheiten zweier Observablen mit den Operatoren  und B̂ grösser sein muss als die Hälfte des Absolutbetrages des Erwartungswertes des Kommutators [Â, B̂] von  und B̂. Herleitung der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation (Atkins und Friedman, 1997): Zuerst definiert man das Integral I: Z ∗ I = Ψ α ∆ + i∆B̂ α ∆ − i∆B̂ Ψ dτ , (3.78) wobei α eine reelle Zahl darstellt. Im ersten Teil der Herleitung nutzt man die Selbstadjungiertheit der Operatoren ∆ und ∆B̂, um zu zeigen, dass I > 0: Z n ∗ o∗ n o I= α ∆ + i ∆B̂ Ψ α ∆ − i ∆B̂ Ψ dτ Z n o∗ n o = α ∆Â∗ − i ∆B̂ ∗ Ψ α ∆ − i ∆B̂ Ψ dτ Z 2 = α ∆ − i ∆B̂ Ψ dτ > 0 . (3.79) i W. Heisenberg, Über den anschaulichen Inhalt der quantentheoretischen Kinematik und Mechanik“, ” Z. Phys. 43, 172–198 (1927). Vorlesungsskript PCIII 3-18 3 Postulate und Theoreme der Quantenmechanik Im zweiten Teil der Herleitung wird gezeigt, dass I zur Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation führt. Das Integral Z n h io I = Ψ ∗ α2 ∆Â2 + ∆B̂ 2 − i α ∆ ∆B̂ − ∆B̂ ∆Â Ψ dτ (3.80) h i kann, da ∆Â∆B̂ − ∆B̂∆ = [∆Â, ∆B̂] = ÂB̂ − B̂  = Â, B̂ gilt, umgeformt werden zu Z n h io 2 2 2 I= Ψ α ∆ + ∆B̂ − i α Â, B̂ Ψ dτ h i = α2 h∆Â2 i + h∆B̂ 2 i − i αh Â, B̂ i . ∗ (3.81) h i Mit der Definition Â, B̂ = iĈ erhält man I = α2 h∆Â2 i + h∆B̂ 2 i + αhĈi ( )2 hĈi2 h Ĉi + h∆B̂ 2 i > 0 . − = h∆Â2 i α + 2 2 2h∆ i 4h∆ i (3.82) Man wählt nun α so, dass der erste Term verschwindet. I wird dabei ein Minimum, aber die Ungleichheit besteht, so dass Dh iE2 Â, B̂ 2 h Ĉi h∆Â2 i h∆B̂ 2 i > = . (3.83) 4 4 Nimmt man die Wurzel auf beiden Seiten, so erhält man die Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation iE 1 Dh ∆A ∆B > Â, B̂ . (3.84) 2 Zwei Observablen  und B̂ können deshalb nur dann simultan genau (d. h. mit verschwindender Unbestimmtheit, ∆A = 0, ∆B = 0) bestimmt werden, wenn die entsprechenden Operatoren vertauschen (d. h. [Â, B̂] = 0). Beispiel : Ort-Impuls-Unbestimmtheitsrelation [x̂, p̂x ] = i ~ ~ ∆x ∆px > 2 (3.85) (3.86) Ort und Impuls eines Teilchens in x-Richtung können nicht gleichzeitig genau bestimmt werden. [x̂, p̂y ] = 0 (3.87) Die x-Koordinate und die Komponente py des Impulses in y-Richtung können gleichzeitig genau bestimmt werden. Vorlesungsskript PCIII 3-19 3.18 Das Variationsprinzip Beispiel : Unbestimmtheitsrelation für Energie und Zeit Aus der zeitabhängigen Schrödinger-Gleichung i ~ ∂Ψ = ĤΨ [Gleichung (2.29)] ergibt sich ∂t formal die Vertauschungsrelation h i ∂ (3.88) Ĥ, t = i ~ , t = i ~ ∂t und somit ∆E ∆t > ~ . 2 (3.89) Daraus folgt, dass die Entscheidung, ob sich ein System in einem Eigenzustand der Energie Em oder En befindet, nicht in beliebig kurzer Zeit erfolgen kann, sondern eine Mindestmesszeit T > ~ 1 · 2 |En − Em | (3.90) erfordert. Es soll allerdings drauf hingewiesen werden, dass die Formulierung wie wir sie hier gebrauchen nicht ganz sauber ist, da die Zeit ein Parameter und kein Operator ist. Daher gibt es strikte gesehen keine Vertauschungsrelation. Trotzdem gilt die hier gegebene Beziehung und wir werden später darauf zurückkommen. 3.18 Das Variationsprinzip Man betrachtet ein System mit dem Hamilton-Operator Ĥ Ĥ ϕn = En ϕn mit E1 < E2 < E3 < ... . (3.91) Da die Eigenfunktionen ϕn eine orthogonale Basis bilden, gilt für eine beliebige Funktion (siehe Postulat 2) Ψ= ∞ X cn ϕn . (3.92) n=1 Wählt man Ψ normiert, dann ist hΨ | Ψ i = 1, oder 3.18.1 P∞ n=1 |cn |2 = 1. Variationsprinzip für den Grundzustand Der Erwartungswert des Hamilton-Operators Ĥ bezüglich einer beliebigen Funktion Ψ erfüllt die Bedingung hΨ |Ĥ|Ψ i > E1 . (3.93) Der Erwartungswert der Energie für ein Teilchen in einem beliebigen Zustand Ψ ist also immer grösser oder gleich der Grundzustandsenergie. Ist er gleich, handelt es sich bei Ψ um die Vorlesungsskript PCIII 3-20 3 Postulate und Theoreme der Quantenmechanik Grundzustandswellenfunktion. Der Beweis von Gleichung (3.74) erfolgt durch Auswertung des Integrals unter Verwendung von (3.72) und (3.73): * hΨ |Ĥ|Ψ i = = ∞ X + ∞ ∞ X ∞ X X cn ϕn Ĥ cm ϕ m = c∗n cm hn|Ĥ|mi n=1 ∞ ∞ XX m=1 n=1 m=1 c∗n cm Em hn|mi = n=1 m=1 ∞ X = E1 + ∞ X |cn |2 En = n=1 ∞ X |cn |2 (E1 + (En − E1 )) n=1 |cn |2 (En − E1 ) > E1 . (3.94) n=1 Wenn Ψ nicht normiert ist, muss man an Stelle von Gleichung (3.74) hΨ |Ĥ|Ψ i > E1 hΨ |Ψ i (3.95) benutzen. Beispiel : Für das Teilchen im eindimensionalen Kasten gelten die Randbedingungen Ψ (0) = 0 und Ψ (L) = 0 . (3.96) Wir wählen die Versuchsfunktion Ψ (x) ( ax(L − x) für 0 6 x 6 L Ψ (x) = , 0 sonst (3.97) die die Randbedingungen erfüllt und die der exakten Wellenfunktion ähnlich ist. Für die Normierung der Versuchsfunktion gilt ZL hΨ |Ψ i = ∗ Ψ Ψ dx = a 2 0 ZL x2 (L − x)2 dx 0 5 = a2 L ! =1. 30 (3.98) Man erhält a2 ~2 hΨ |Ĥ|Ψ i = − 2m ZL 2 (Lx − x ) d2 (Lx − x2 ) 2 dx dx 0 a2 ~2 =− 2m ZL a2 ~2 L3 2 x2 − Lx dx = 6m 0 2 = 5h h2 = 0.1267 > E1 . 4π 2 L2 m mL2 Vorlesungsskript PCIII (3.99) 3-21 3.18 Das Variationsprinzip Die exakte Lösung für den energetisch tiefsten Zustand des Teilchens im eindimensionalen Kasten lautet (siehe (3.10)) h2 h2 E1 = = 0.125 . 8L2 m m L2 q 2 L Abbildung 3-2: Darstellung der exakten Wellenfunktion ϕ1 (x) für den Grundzustand des Teilchens im eindimensionalen Kasten, sowie der Versuchsfunktion Ψ (x). ϕ1 (x) 15 8L Ψ (x) q (3.100) ϕ1 (x) Ψ (x) 0 0 0 1 x 3.18.2 Das Ritzsche Variationsverfahren Das Ritzsche Variationsverfahreni ist ein numerisches Verfahren um eine Näherung der Grundzustandsenergie und Grundzustandsfunktion zu erhalten. Man benutzt dazu eine Versuchsfunki tion Ψ mit adjustierbaren Parametern und sucht das Minimum des Ausdrucks hΨhΨ|Ĥ|Ψ . | Ψi Beispiel : Der Hamilton-Operator für den eindimensionalen harmonischen Oszillator lautet Ĥ = − ~2 d2 1 + k x2 . 2 2m dx 2 (3.101) Die zu wählende Versuchsfunktion Ψ (x) muss die Randbedingungen Ψ (x) → 0 x → ±∞ für erfüllen. Die einfachste Funktion, die diese Randbedingungen erfüllt, ist 2 Ψ (x) = e−bx i (3.102) Walter Ritz, Über eine neue Methode zur Lösung gewisser Variationsprobleme der mathematischen Physik“, ” Journal für reine und angewandte Mathematik 135, 1–61 (1907). Vorlesungsskript PCIII 3-22 3 Postulate und Theoreme der Quantenmechanik mit dem Parameter b. Somit erhält man Z∞ hΨ |Ψ i = e −2bx2 e −bx2 −∞ Z∞ hΨ |Ĥ|Ψ i = r dx = π , 2b (3.103) ~2 d2 1 2 −bx2 − dx + kx e 2m dx2 2 −∞ ~2 =− 2m Z∞ e −bx2 2 2 −bx2 4b x − 2b e 1 dx + k 2 −∞ = k 4b2 ~ − 2 2m = k 4b2 ~ − 2 2m 2 x2 e−2bx dx −∞ ∞ 2 Z 2 x2 e−2bx dx + ~2 b m −∞ Z∞ 2 1 4b Z∞ 2 e−2bx dx −∞ r π ~2 b + 2b m r π , 2b (3.104) hΨ |Ĥ|Ψ i ~2 ~2 k ~2 b k =− b+ b+ = + . hΨ |Ψ i 2m m 8b 2m 8b (3.105) Das Minimum des Ausdrucks in Gleichung (3.86) findet man, wenn die Ableitung nach dem Parameter b null wird: ! d hΨ |Ĥ|Ψ i =0, (3.106) db hΨ |Ψ i also für ~2 k − 2 =0 2 m 8b (3.107) 1√ km . 2~ (3.108) oder b= Durch Einsetzen von b in Gleichung (3.86) ergibt sich mit (3.76) r ~2 1 √ k 2~ 1 k 1 E1 6 km+ √ = ~ = hν , 2m 2~ 8 km 2 m 2 q 1 k wobei ν = 2π m . (3.109) Der geschätzte Grundzustand ist somit 1 E 6 hν 2 Ψ (x) = 2b π 14 exp −b x2 Die exakte Lösung lautet (siehe Kapitel ??) 14 1 2b E1 = h ν ϕ1 (x) = exp −b x2 2 π Vorlesungsskript PCIII b= 1√ km . 2~ (3.110) b= 1√ km . 2~ (3.111) 3-23 3.19 Erhaltungssätze In diesem Beispiel haben wir die exakte Lösung gefunden. Dies ist im Allgemeinen nicht der Fall. Das Variationsprinzip bildet die Grundlage für viele numerische ab-initio-quantenchemische Berechnungen. 3.19 Erhaltungssätze Die Erhaltungssätze der klassischen Physik sind (mit Anpassungen) auch in der QuantenmechaP nik gültig (z. B. der Impulserhaltungssatz ( p~ = konstant) oder der Drehimpulserhaltungssatz P ( J~ = konstant) im feldfreien Raum). In der Quantenmechanik gelten die Erhaltungssätze nur in Bezug auf die Erwartungswerte. Hat eine Observable  einen konstanten Erwartungswert (d. h. einen von der Zeitentwicklung des Systems unabhängigen Erwartungswert), dann ist sie eine sogenannte Erhaltungsgrösse. Wir betrachten jetzt die Zeitentwicklung des Erwartungswertes hÂi der Observable  eines abgeschlossenen Systems mit einem zeitunabhängigen Hamilton-Operator Ĥ. Gemäss Postulat 4 ist die Zeitentwicklung durch die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung beschrieben: i~ dΨ = Ĥ Ψ . dt Wir nehmen zudem an, dass der Operator  zeitunabhängig ist: Z Z Z d dΨ dΨ ∗ d ∗ hÂi = Ψ ÂΨ dτ = ÂΨ dτ + Ψ ∗  dτ dt dt dt dt !∗ Z Z Ĥ Ĥ = Ψ ÂΨ dτ + Ψ ∗ Â Ψ dτ i~ i~ Z Z i ∗ ∗ ∗ = Ψ Ĥ ÂΨ dτ − Ψ ÂĤΨ dτ ~ Z Z Z h i i i ∗ ∗ = Ψ Ĥ ÂΨ dτ − Ψ ÂĤΨ dτ = Ψ ∗ Ĥ, Â Ψ dτ . ~ ~ (3.112) (3.113) Die Zeitabhängigkeit des Erwartungswertes von  ist also proportional zum Erwartungswert des Kommutators von  und Ĥ: iE d i Dh hÂi = Ĥ,  . dt ~ (3.114) Daraus kann geschlossen werden, dass der Erwartungswert einer physikalischen Grösse nur dann konstant bleibt, wenn der entsprechende Operator mit dem Hamilton-Operator Ĥ vertauscht. Die Anwendung von Gleichung (3.104) auf Orts- und Impulsobservable wird als EhrenfestTheorem bezeichnet. Beispiel : Wir betrachten die Zeitentwicklung des Impulses px in einem eindimensionalen Vorlesungsskript PCIII 3-24 3 Postulate und Theoreme der Quantenmechanik System. Der Hamilton-Operator und der Impulsoperator sind Ĥ = − ~2 d2 + V (x) 2m dx2 p̂x = −i~ und d . dx (3.115) Zur Bestimmung der Zeitentwicklung muss der Kommutator [Ĥ, p̂x ] bestimmt werden: h i ~2 d2 d Ĥ, p̂x = − + V (x), −i~ 2m dx2 dx d d d = −i~ V (x) − V (x) . (3.116) = −i~ V (x), dx dx dx Der Ausdruck für den Kommutator lässt sich vereinfachen, wenn sein Effekt auf die Funktion Ψ (x) untersucht wird: h i d dΨ (x) − (V (x) Ψ (x)) Ĥ, p̂x Ψ (x) = −i~ V (x) dx dx dΨ (x) dΨ (x) dV (x) = −i~ V (x) − V (x) − Ψ (x) dx dx dx dV (x) = i~ Ψ (x) , (3.117) dx i h dV (x) . (3.118) Ĥ, p̂x = i~ dx Gemäss (3.104) ist also der Impuls nur dann eine Erhaltungsgrösse, wenn dV (x) =0. dx (3.119) Die Impulserhaltung folgt somit aus der Homogenität, d.h. der Translationssymmetrie des feldfreien Raumes, in dem sich das Teilchen bewegt (analog zu Newtons erstem Gesetz). Mit Gleichung (3.104) erhält man iE dV (x) d i Dh hp̂x i = Ĥ, p̂x = − . (3.120) dt ~ dx Da V (x) die potentielle Energie darstellt und − dVdx(x) = F (x), ist Gleichung (3.110) das Analogon zu Newtons zweitem Axiom F = dp = m a ausgedrückt mit Erwartungswerten. dt Durch dieses Beispiel lässt sich die folgende Verallgemeinerung erahnen: Erhaltungssätze hängen durch die Invarianz des Hamilton-Operators Ĥ bezüglich gewisser räumlicher Operationen mit den Eigenschaften des Raumes zusammen, in dem sich das untersuchte System befindet. Die Impulserhaltung folgt aus der Translationssymmetrie des feldfreien Raumes [siehe Gleichung (3.109)], also aus der Tatsache, dass Ĥ invariant ist bezüglich einer Translation im Raum: Ĥ(x) = Ĥ(x + a) ∀a ∈ R . (3.121) Diese Translation lässt sich durch einen Translationsoperator T̂ beschreiben, der die x-Koordinate Vorlesungsskript PCIII 3-25 3.19 Erhaltungssätze um a erhöht: T̂ Ψ (x) = Ψ (x + a) , (3.122) T̂ Ĥ(x) = Ĥ(x + a) . (3.123) Im feldfreien Raum gilt für ein Teilchen mit Ortskoordinate x Ĥ(x) = Ĥ(x + a) (3.124) und deshalb h i T̂ Ĥ(x)Ψ (x) = Ĥ(x + a)Ψ (x + a) = Ĥ(x)Ψ (x + a) = Ĥ(x) T̂ Ψ (x) . (3.125) Analoge Beziehungen gelten auch für die y- und z-Koordinaten. Die Translationssymmetrie des feldfreien Raumes lässt sich also durch die Kommutationsrelation [Ĥ, T̂ ] = 0 (3.126) beschreiben. Gleichung (3.111) ist eine allgemeine Definition einer Symmetrieoperation. Genauso wie die Translationssymmetrie (3.111) mit dem Translationsoperator T̂ zur Erhaltung der Grösse px führt, führen alle anderen Symmetrien mit Symmetrieoperatoren Ŝ mit [Ĥ, Ŝ] = 0 zu Erhaltungsgrössen. Tabelle 3.1 listet Symmetrieoperationen auf, die aus den Eigenschaften des feldfreien Raumes folgen. Zusammenfassung (Erhaltungsgrössen) Erhaltungsgrössen  ([Â, Ĥ] = 0) sind besonders wichtig in der Quantenmechanik, weil 1.  und Ĥ eine gemeinsame vollständige Basis von Eigenfunktionen haben (Theoreme 3 und 4), 2. stationäre Zustände ϕn mit Ĥ ϕn = En ϕn (3.127) einen definierten Wert an für die physikalische Grösse  haben (Postulat 3) und 3. der Erwartungswert hÂi von  bezüglich einer beliebigen Zustandsfunktion Ψ unter der Zeitentwicklung des Systems erhalten bleibt (siehe Gleichung (3.104)). Vorlesungsskript PCIII 3-26 3 Postulate und Theoreme der Quantenmechanik Tabelle 3.1: Beispiele von Erhaltungsgrössen. Jede Symmetrie Ŝ mit [Ŝ, Ĥ] = 0 führt zu einem Erhaltungssatz. Erhaltungsgrösse Impuls p~ˆ = (p̂x , p̂y , p̂z ) p̂x p̂y p̂z Gesamtdrehimpuls ˆ J~ = (Jˆx , Jˆy , Jˆz ) Bedingung Invarianz von Ĥ Eigenschaft des freien bezüglich Symmetrie- Raumes operation Ŝ [T̂ , Ĥ] = 0 Ĥ(xi ) = Ĥ(xi + a) Ĥ(yi ) = Ĥ(yi + b) Ĥ(zi ) = Ĥ(zi + c) Beliebige Translation Homogenität (Ŝ = T̂ ) der Koordinaten aller Teilchen des Systems [R̂, Ĥ] = 0 Ĥ(θi , φi , χi ) = Ĥ(R̂(α,β,γ) (θi , φi , χi )) Beliebige Rotation (Ŝ = Isotropie dV =0 R̂) der Koordinaten aldη ler Teilchen des Systems [P̂ , Ĥ] = 0 Ĥ(qi ) = Ĥ(−qi ) q = x, y, z Inversion (Ŝ = P̂ ) der Inversionssymmetrie Koordinaten aller Teilchen des Systems (η=θ,φ,χ) Parität Beispiele für die Verletzung von Erhaltungssätzen ~ in z-Richtung: E ~ = (0, 0, E) Beispiel : Homogenes elektrisches Feld E ~ eine Kraft F~ = q E ~ und wird Eine elektrische Ladung q erfährt in einem elektrischen Feld E durch diese beschleunigt. Deshalb ändert sich in unserem Beispiel die potentielle Energie für eine Ladung gemäss ~ · d~r = −qE dz . dV = −q E (3.128) Für eine elektrische Ladung ist der Raum inhomogen und der Impuls keine Erhaltungsgrösse weil d dV hp̂z i = − = qE 6= 0 . (3.129) dt dz Vorlesungsskript PCIII 3-27 3.19 Erhaltungssätze Folglich ist auch die Isotropie des Raumes aufgehoben und somit der Drehimpuls J~ keine Erhaltungsgrösse: ∂V =0 ∂φz ∂V 6= 0 ∂φx ∂V 6= 0 ∂φy Jz wird erhalten (3.130) Jx wird nicht erhalten (3.131) Jy wird nicht erhalten (3.132) (φα bezeichnet den Drehwinkel um die α-Achse, α = x, y, z). Beispiel : Parität und Schwache Wechselwirkung Wenn nur elektromagnetische Wechselwirkungen bei der Aufstellung des HamiltonOperators berücksichtigt werden, enthält der Hamilton-Operator eines Moleküls im freien Raum nur Terme, die vom Quadrat der Ortskoordinate abhängen, da ĤEM = − X X Zi Zj e2 X ~2 ∆i + 2mi 4π ε0 |rij | i<j i (3.133) mit q |rij | = (xj − xi )2 + (yj − yi )2 + (zj − zi )2 , (3.134) wobei Zi die Ladungszahl des Teilchens i darstellt. Deswegen ist der Hamilton-Operator invariant bezüglich der Inversion aller Koordinaten ĤEM (xi , yi , zi ) = ĤEM (−xi , −yi , −zi ) , (3.135) und die Parität ist eine Erhaltungsgrösse (siehe auch Abschnitt ??). Wenn die Schwache Wechselwirkung auch berücksichtigt wird, gilt ĤTOT = ĤEM + ĤSW (3.136) ĤTOT (xi , yi , zi ) 6= ĤTOT (−xi , −yi , −zi ) , (3.137) mit da die Schwache Wechselwirkung nicht paritäterhaltend ist (ĤSW (xi , yi , zi ) 6= ĤSW (−xi , −yi , −zi )). Da aber ĤSW ĤEM , bleibt die Parität in guter Näherung erhalten. Eine ausführliche Diskussion kann z. B. in Quack (1993) gefunden werden. Allerdings sind die Effekte der schwachen Wechselwirkung in chemischen Systemen extrem klein. Vorlesungsskript PCIII 3-28 3 Postulate und Theoreme der Quantenmechanik 3.20 Entartung Manchmal haben mehrere Lösungen der zeitunabhängigen Schrödinger-Gleichung genau denselben Eigenwert. Man spricht dann von Entartung. Dabei gibt der Entartungsfaktor gi an, wieviele Zustände denselben Energieeigenwert Ei haben. Beispiel : Teilchen im kubischen Kasten (mit Lx = Ly = Lz = L) i Kombinationen der drei Quantenzahlen n1 , n2 und n3 , welche Zustände mit der Energie Ei beschreiben Energieeigenwert Ei Entartungsfaktor gi 1 nx = ny = nz = 1 E1 = 3h2 8mL2 g1 = 1 nicht entartet 2 n = n = 1, n = 2 x y z nx = nz = 1, ny = 2 ny = nz = 1, nx = 2 E2 = 6h2 8mL2 g2 = 3 dreifach entartet .. . Satz über entartete Zustände Es seien ϕ1 und ϕ2 zwei Eigenfunktionen eines Hamilton-Operators Ĥ zum selben Eigenwert E1 = E2 = E. Eine beliebige Linearkombination von ϕ1 und ϕ2 Ψ = c1 ϕ1 ± c2 ϕ2 (3.138) ist auch eine Eigenfunktion von Ĥ zum selben Eigenwert E. Der Beweis folgt durch Einsetzen von (3.143) in die Schrödinger-Gleichung unter Verwendung von E1 = E2 = E: ĤΨ = c1 Ĥϕ1 ± c2 Ĥϕ2 = c1 Eϕ1 ± c2 Eϕ2 = E(c1 ϕ1 ± c2 ϕ2 ) = EΨ . Dieser Satz lässt sich unmittelbar auf g entartete Lösungen erweitern. Vorlesungsskript PCIII (3.139)