Verwitterungsgrad

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Felsmechanik
2.7 Klassifizierung
2.7
Klassifizierung
2.7.1
Verwitterungsgrad
35
Die Einteilung in Verwitterungsgrade soll den Zustand des Gesteins beschreiben, der durch chemische
und physikalische Prozesse eingetreten ist. Beeinflusst wird der Prozess der Verwitterung vor allem
durch:
– die Landschaftsgeschichte (z. B. Reliefentwicklung mit rascher oder langsamer Abtragung u. a.);
– die Klimaentwicklung in der erdgeschichtlichen Vergangenheit (z. B. arid, humid, nival oder einen
mehrfachen Wechsel).
Jede Gesteinsart zeigt dabei eine spezifische Veränderung vom unverwitterten Ausgangsgestein
zum Verwitterungsendprodukt. Folglich können bei einer Wechsellagerung von Gesteinen (z. B.
Sandsteinbänke mit Tonsteinzwischenlagen) in einer Baugrube schwach verwitterte, harte Bänke neben
vollständig entfestigtem Gestein liegen.
Zum Einen ist eine möglichst detaillierte Beschreibung der Gesteinszustände bei der Erkundung des
Baugrunds und nach der Öffnung von Baugruben wünschenswert, zum Andern darf die Beschreibung
der Details nicht zur Verkennung der bautechnisch maßgebenden Eigenschaften führen.
Obwohl es keine allgemeingültige Einteilung der Gesteine nach Verwitterungsgraden gibt, wird in der
Regel die Gesteinszerlegung und Entfestigung mit einer Beschreibung mehrerer Verwitterungsgrade
stufenweise klassifiziert. Diese Klassifizierung ist nicht ganz frei von subjektiven Einschätzungen,
sie zwingt den Bearbeiter jedoch zu einer intensiven Beschäftigung mit der Materie und einer
übersichtlichen Beschreibung.
Für Ton- und Tonschluffsteine wird häufig die Einteilung nach Wallrauch (1969) gewählt, für
härteres Gestein (Kalkstein, Granit etc.) das Schema von Klopp (siehe Felsgruppenbeschreibung im
Straßenbau). Daneben gibt es im Merkblatt Felsgruppenbeschreibung für bautechnische Zwecke im
Straßenbau die Einteilung nach VU (unverwittert), VA (angewittert), VE (entfestigt) und zersetzt
(VZ).
Ein Schema, das die wichtigsten Elemente der derzeit üblichen Klassifizierungen enthält ist in Tabelle
2.2 dargestellt. Dabei wird eine 6-stufige Einteilung von W0 (unverwitterter Fels) bis W5 (Lehm/Sand)
gewählt. Die Bezeichnung W kommt aus dem englischen weathered. Bei Ton- und Schluffsteinen findet
man häufig die Einteilung V0 bis V5 (V für verwittert). (Die folgende Tabelle basiert auf Rupp (1985),
Wallrauch (1969) und FMPA (1994) u. a..)1 Es wird einheitlich die Bezeichnung mit W“ gewählt.
”
Auf Bild 2.29 ist der Verwitterungsprozess stark schematisiert dargestellt.
Die Bilder 2.30, 2.31 und 2.32 zeigen an Beispielen aus der Natur wie der Verwitterungsprozess abläuft.
Es wird deutlich, dass bei härteren Gesteinen bis zur vorletzten Verwitterungsstufe immer harte Kerne
erhalten bleiben, während bei Ton- und Tonschluffsteinen der Verwitterungsprozess von Anfang an
mit einer Abnahme der Festigkeit der Gesamtsubstanz verbunden ist.
1
FMPA: Forschungs- und Materialprüfungsanstalt Baden-Württemberg (Otto-Graf-Institut). Seit dem
01.07.2003 bilden die FMPA (Materialprüfungsanstalt für das Bauwesen) und die Staatliche
Materialprüfungsanstalt Stuttgart zusammen die Materialprüfungsanstalt Universität Stuttgart (MPA). Die
MPA ist ein Zentralinstitut der Universität Stuttgart.
Geotechnik
2 Gebirgseigenschaften
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W0
W1
W2
W3
W4
W5
Hartgesteine, Kalk-/Dolomitstein,
Sandstein etc. (gesteins-resistent)
unverwittert
unverwittertes, unverfärbtes Ausgangsmaterial
angewittert
Klüftung auf z. T. geöffnete Großklüfte beschränkt,
schwache farbliche Veränderungen an Trennflächen
wenig entfestigt (aufgewittert)
Auftreten geöffneter, bankrechter, schichtbezogener Klüfte, z. T. geöffnet und oxidiert,
Trennflächen werden deutlich sichtbar
entfestigt (verwittert)
schichtparalleles Aufbrechen der Kluftkörper verbunden mit engständiger unregelmäßiger Klüftung, starke
Verfärbung und Festigkeitsverminderung am Rand
der Kluftkörper, Schichtflächen und Klüfte geöffnet
stark entfestigt (stark verwittert)
Auflösung des Gesteinsverbandes; unregelmäßig
geformte Kluftkörper sind von plastischem
Material umgeben
zersetzt (völlig verwittert)
Ausgangsmaterial vollständig plastifiziert, vereinzelte Bruchstücke, Sand/Lehm mit einzelnen Kieseln
Tabelle 2.2: Verwitterungsgrade
Ton- und Tonschluffsteine
(gesteins-veränderlich)
keine sichtbare Verwitterung
wenig entfestigt, Verfärbung der
Trennflächen und der angrenzenden
Gesteinsbereiche
entfestigt, jedoch nicht mürb,
Verfärbung der Trennflächen und des
Gesteins
Verwitterung hat das gesamte Trennflächengefüge und teilweise die
Kluftkörper erfasst, Verband sehr
stark gelockert
zu Boden verwittert (Verwitterungslehm), jedoch noch deutliche Trennflächenstruktur erkennbar, kann mit der
Hand zerbrochen oder zerbröselt werden
Verwitterungslehm ohne Struktur,
marmoriert, knet- bzw. ausrollbar
Felsmechanik
2.7 Klassifizierung
Bild 2.29: Idealsierte Darstellung der Verwitterung nach Einsele et al.
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38
Geotechnik
2 Gebirgseigenschaften
Bild 2.30: Verwitterungsstufen von W0 bis W5 (dargestellt an Kalkstein von Rupp 1985)
Felsmechanik
2.7 Klassifizierung
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Geotechnik
2 Gebirgseigenschaften
Bild 2.31: Beispiele für die Beschreibung von Ton- und Tonschluffsteinen (Wallrauch 1969, Tafel I,
Bild
Felsmechanik
2.7 Klassifizierung
Bild 2.32: Beispiele für Verwitterungsstufen bei Ton- und Tonschluffsteinen (Wallrauch 1969, Tafel
II
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Geotechnik
2 Gebirgseigenschaften
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Neben der Einteilung nach Verwitterungsgraden, gibt es für die Beschaffenheit der Steinstücke die
Einteilung von mürb bis hart (in Anlehnung an ENV 1997):
Zylinderdruckfestigkeit qu [M N/m2 ]
> 100
50 – 100
Bezeichnung
deutsch
sehr hart,
extrem hart
hart
Bezeichnung
englisch
very strong,
extremely strong
strong
12,5 – 50
mäßig hart
moderate strong
5 – 12,5
mäßig mürb
moderate weak
1,25 – 5
mürb
weak
< 1,25
sehr mürb
very weak
Zerlegbarkeit
mit dem Hammer nicht
zerlegbar
mit dem Hammer kaum zerlegbar,
unregelmäßiger, splittriger oder
muscheliger Bruch
mit dem Hammer zerlegbar,
in unregelmäßige, grobe
Stücke zerfallend
mit dem Hammer leicht
zerlegbar, grobstückige bis
stückige Aggregate
mit dem Hammer sehr leicht
zerlegbar, bröckelige oder
blätterige Aggregate
mit der Hand zerdrückbar,
bröckelige oder blättrige
Aggergate
Tabelle 2.3: Einteilung für die einaxiale Druckfestigkeit
Für die Beschaffenheit des Bohrkerns und des Bohrguts sind folgende Einteilungen üblich:
– Ausbildung des Bohrkerns
Vollkern: Geschlossener Kern ≥ 20 cm Länge, evtl. durch den Bohrvorgang an Schichtfugen
zerlegt.
Kernstücke: Kern nach Schichtfugen/Tonsteinfugen zerlegt. Stücke von 5 bis 20 cm Länge.
Kernscheiben: Kern nach Schichtfugen/Tonsteinfugen zerlegt oder durch Entspannung und Austrocknung
gerissen. Stücke von 1 cm bis 5 cm Länge.
– Beschaffenheit des Bohrgutes
grobstückig: Ungerundete Bruchstücke über 3 cm..
stückig: Ungerundete Bruchstücke von 1 bis 3 cm.
bröckelig: Ungerundete Bruchstücke unter 1 cm.
plattig: Kernscheiben unter 1 cm Länge und Bruchstücke davon.
blättrig: Meist mm-dünne schiefrige Blättchen bis etwa 1 cm Größe.
2.7.2
Gebirgsklassen im Felshohlraumbau
Da zum Felshohlraumbau eine spezielle Vorlesung stattfindet, wird hier nur die Einteilung in Gebirgsklassen,
wie sie in dem Handbuch Grundbegriffe der Felsmechanik und Ingenieurgeologie“ (DGGT 1982)
”
abgedruckt ist, in verkürzter Form wiedergegeben.
Standfest: Standfest ist ein Gebirge, das von selbst steht und keiner Stützung und mechanischen
Verfestigung bedarf
Felsmechanik
2.7 Klassifizierung
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Nachbrüchig: Als nachbrüchig wird ein Gebirge bezeichnet, das örtliche Verbandsauflockerungen
zeigt, die — vor allem in der Firste — unter Schwerkrafteinfluß Ablösungen bewirken, ohne den
Einsturz herbeizuführen.
Gebräch: Mit gebräch bezeichnet man ein Gebirge, das stärker im Gefüge aufgelockert ist und leicht
hereinbricht.
Druckhaft: Die Bezeichnung druckhaft besagt, dass ein Gebirge unter starker Druckeinwirkung dieser
nicht gewachsen ist und infolge Überschreitung der Gebirgsfestigkeit großräumig hereinbricht oder
sich plastisch verformt. Das Gebirge übt einen Druck auf den Ausbau aus.
Unverritzt: Unverritzt nennt man im Bergbau ein Gebirge, das noch keinerlei bergmännischen
Eingriff erlitten hat.
2.7.3
Felsgruppenbeschreibung im Straßenbau
Für den Straßenbau gibt es das bereits erwähnte Merkblatt über Felsgruppenbeschreibung für bautechnische Zwecke im Straßenbau der Forschungsgesellschaft für das Straßenwesen, das im Taschenbuch
für den Tunnelbau 1981 (DGGT 1981) abgedruckt ist. Dieses Merkblatt beschreibt ausführlich die
Kriterien, nach denen das Gebirge für den Straßenbau zu klassifizieren ist, so dass für diesen Bereich
des Felsbaus klar definierte Regelungen bestehen.
2.7.4
Internationale Klassifizierung
International üblich ist der RQD-Index (Rock Quality Designation) (DGGT 1982, Seite 168). Dieser
Gütemaßstab bewertet den Kerngewinn bei Aufschlußbohrungen in Prozent. Gewertet werden nur
Kernstücke, die mindestens 10 cm lang sind. Er gibt also an, welcher Prozentsatz des Bohrgutes in
Stücken mit Längen von 10 cm oder mehr gewonnen wurde. Eine Ergänzung zum RQD-Index ist der
Geschwindigkeitsindex. Dieser Index gibt das Verhältnis der im Bohrloch gemessenen Schallgeschwindigkeit
vB zu der an den Gesteinskernen gemessenen Geschwindigkeit vG an. Bei der Einteilung in fünf Klassen
ergibt sich das folgende Schema:
Güteklasse
Kerngewinn
vB /vG
RQD-Index [%]
Geschw.-Index [%]
sehr gut (excellent)
90 – 100
80 – 100
gut (good)
75 – 90
60 – 80
mäßig (fair)
50 – 75
40 – 60
schlecht (poor)
25 – 50
20 – 40
sehr schlecht (very poor)
0 – 25
0 – 20
Tabelle 2.4: RQD-Index
Der RQD-Index allein reicht natürlich nicht aus, um Fels in seinen mechanischen Eigenschaften sicher
beurteilen zu können. Deshalb werden von Goodman (1980) noch zusätzliche Schemata angegeben,
die ähnlich wie der RQD-Index aufgebaut sind. International hat sich bisher jedoch kein differenziertes
Schema durchgesetzt, so dass auf eine Vertiefung dieser Problematik verzichtet wird.
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