Kunden- und marktorientierte Unternehmensführung

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Management | Marketingstrategien
Kunden- und marktorientierte
Unternehmensführung
Marktsegmentierung in der deutschen Bauwirtschaft
Die Unternehmen einer Volkswirtschaft, auch innerhalb einer Branche, sind in der
Regel in unterschiedlichen Märkten aktiv. Die Kernfrage, die sich das Management
eines jeden Unternehmens stellen muss, beinhaltet grundsätzlich zwei Betrachtungsperspektiven: In welchen Märkten ist das Unternehmen tätig? In welchen
Märkten möchte das Unternehmen (in Zukunft) tätig sein?
1. Einführung
Marketing hat als Grundlage und Orientierungsrahmen zur Führung von Unternehmungen in der Bauwirtschaft eine lange
Tradition, ohne jedoch sichtbar als be- triebliche Funktion in Erscheinung zu treten. Erst in den letzten Jahren schlägt sich
der Bedeutungszuwachs des Marketings in Bauunternehmen auch organisatorisch
durch die Einrichtung von Marketing- oder
Unternehmensentwicklungsabteilungen
nieder; die Ursachen hierfür mögen vielfältiger Natur sein. Fachleute verweisen in
diesem Zusammenhang häufig auf die histo­
risch gewachsene Kultur in der Branche,
unter Marketing überwiegend die Aktivitä­ten
der Projektakquisition zu verstehen, aber
auch die Wissenschaft unterlässt es, einen
der volkswirtschaftlichen Bedeutung des
Bau­sektors angemessenen Beitrag zu einer
verbesserten Wahrnehmung dieses hochspannenden Themenkomplexes zu leis­ten.
Im vorliegenden Aufsatz soll der Versuch
unternommen werden, Grundzüge des stra-
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tegischen Marketings anhand des Marktsegmentierungsansatzes aufzuzeigen und
in ihrer Praxisrelevanz für Bauunternehmungen in Kürze zu skizzieren.
Differenzierungskriterien ist von elementarer Bedeutung bei der Identifizierung der
homogenen Käufergruppen. Grundsätzlich
bieten sich zahlreiche Kriterien an, exemplarisch werden hier vier mögliche Faktoren
2. Grundlagen der
aufgezeigt:
n demographische Faktoren (z.B. Alter,
Marktsegmentierung
Die Unternehmen einer Volkswirtschaft,
Geschlecht, Familienstand)
auch innerhalb einer Branche, sind in der n ökonomische/soziale Faktoren (z.B. Einkommen, Bildungshintergrund)
Regel in unterschiedlichen Märkten aktiv.
Die Kernfrage, die sich das Management n Kaufverhalten (z.B. Kaufhäufigkeit, Einkaufsstättenwahl)
eines jeden Unternehmens stellen muss,
beinhaltet grundsätzlich zwei Betrachtungs- n räumliche Faktoren (z.B. Länder oder
Regionen).
perspektiven:
n In welchen Märkten ist das Unterneh- In der Regel werden die Kriterien zur Bestimmung von Marktsegmenten miteinanmen tätig?
n In welchen Märkten möchte das Unter- der verknüpft, sodass sich aus Unterneh­
nehmen (in Zukunft) tätig sein?
mens­perspektive sinnvolle Teilmärkte
Die Auseinandersetzung mit dieser Frage- er­geben. Beispielweise werden bei Marktstellung ist eine Voraussetzung dafür, die segmenten im Automobilsektor demograAufmerksamkeit des Managements sowie phische mit ökonomisch/sozialen und
die Ressourcen des Unternehmens auf die- räumlichen Kriterien verbunden, demnach
se Zielmärkte zu konzentrieren; ein weiterer kann es einen Teilmarkt geben, bei dem
Effekt ist die klare Abgrenzbarkeit des Wett- Männer ab 50 Jahren mit einem Jahreseinbewerbsumfelds. In der Literatur werden kommen über 200.000 € auf Geschäftsfühunterschiedliche Definitionen von Markt- rungsebene in Deutschland in einem Marktsegmentierung diskutiert, an dieser Stelle segment zusammengefasst werden, um
wird ein eher pragmatischer Ansatz vorge- dieser Kundengruppe ein auf ihre Bedürfstellt: Marktsegmentierung bedeutet, homo­ nisse zugeschnittenes Modell anzubieten.
gene Käufergruppen in einem heterogen Der Detaillierungsgrad der Marktsegmenstrukturierten Gesamtmarkt zunächst zu tierung kann, je nach Unternehmen und
identifizieren, um den Gesamtmarkt in Hierarchieebene, stark variieren. So kann
einem zweiten Schritt in Teilmärkte aufzu- es auf Konzernebene ausreichen, ein Marktteilen. Das verfolgte Ziel dieser Vorgehens- segment „öffentliche Kunden in Deutschweise ist es, eine differenzierte Kundenan- land“ zu definieren, auf der Umsetzungsesprache zu ermöglichen. Die Auswahl der bene des Marketing Mix hingegen müssen
diese Kundensegmente weiter in Kommunen, Länder und Bund differenziert werden,
Der Autor:
um eine spezifische Kundenansprache siProf. Dr. Ziouziou M.B.A. ist Professor für
cherzustellen.
Marketing in der Bauwirtschaft, an der
Unabhängig davon, welche Differenzierungs­
Technischen Fachhochschule Berlin
kriterien zu Grunde gelegt werden, eine
entscheidende Voraussetzung für den ErKontakt:
folg einer Marktsegmentierung ist grundE-Mail: [email protected]
sätzlich, dass die definierten Segmente
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über eine ausreichende kritische Größe sowie über ein auskömmliches Gewinnpotential verfügen.
Identifizierung
neuer Segmente
Auswahl neuer Segmente
Etablierung neuer Segmente
3. Marktsegmentierung
in Baumärkten
Innerhalb der Bauwirtschaft werden ebenfalls Marktsegmentierungen vorgenommen,
wenn auch, je nach Unternehmen bzw. Unternehmenstyp, in unterschiedlicher Form
und in unterschiedlicher Qualität. Während
vor allem die Großkonzerne und die großen
Mittelständler sehr strukturiert auf der Basis der aktuellen betriebswirtschaftlichen
Erkenntnisse agieren, lassen sich häufig
Beispiele v.a. kleinerer Unternehmen finden, die an dieser Stelle grundsätzliches
Optimierungspotential besitzen.
Ein Blick auf die führenden deutschen Bauunternehmen verdeutlicht, nach welchen
Kriterien die Unternehmen auf Konzernebene üblicherweise ihre Märkte segmentieren.
Demnach teilen sie ihre Märkte überwiegend nach räumlichen (z.B. Europa, U.S.A.,
Asien) und/oder produktbezogenen (z.B.
Hochbau, Dienstleistungen, Betreiberprojekte) Kriterien ein. Innerhalb dieser Konzernsegmente existieren weitere Subsegmente, so wie z.B. innerhalb des Segments
Betreiberprojekte in Mautstraßen, Schulen
und Flughäfen unterschieden werden kann.
Auch in der Baubranche finden üblicherweise Verknüpfungen der definierten Kriterien statt; so ist es durchaus üblich, produktbezogene mit regionalen Faktoren in
einer Matrix zu kombinieren, z.B. America/
Dienstleistungen und/oder America/Ingenieurbau. Ein traditioneller Ansatz ist die Aufteilung in Teilmärkte nach Kundenkriterien,
wie z.B. Öffentlicher Bau, Wirtschaftsbau
und Wohnungsbau, der aber in dieser Form
nur noch in den Statistiken von Verbänden
und anderen Institutionen auftaucht. Seit dem Beginn der großen Baukrise in
Deutschland ab Mitte der 90er Jahre wurden von den Unternehmen nicht nur neue
Marktsegmente entwickelt und erschlossen, auch die Wertschöpfungskette hat sich
teilweise signifikant verändert. Das branchenhistorisch bedingte, eher reaktive Verhaltensmuster der Bauunternehmungen,
bei dem sich die Unternehmen im Wesent-
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Abb. 1: Hauptprozessstufen bei der Etablierung neuer Marktsegmente
lichen um die Bauausführung für ein Projekt bewarben, reicht heute bei Weitem
nicht mehr aus. Vielfach wurden Kundenbedürfnisse in (dem Errichten eines Bauwerks) vor- und nachgelagerten Prozessstufen identifiziert. In Folge dessen wurden
neue Marktsegmente wie z.B. Planen, Finanzieren und/oder Betreiben entwickelt,
die nicht nur die Projektakquisition unterstützten, sondern die als eigenständige Geschäftsfelder am Markt agieren. Bei der
Konzeption dieser Segmente spielten v.a.
markt- bzw. kundenorientierte Aspekte eine
wichtige Rolle; die gestiegene Komplexität
im Bauumfeld erforderte zunehmend ein
übergreifendes Management, sodass der
Kunde alle relevanten Leistungen aus einer
Hand erhalten kann. Der Einstieg in das Betreibergeschäft führte ebenfalls dazu, dass
sich in diesem Umfeld neue Marktsegmente
erfolgreich etablieren konnten; einige Bauunternehmen betreiben mittlerweile u.a.
Flughäfen, Hafenanlagen und Schulen.
Dieser aus Wertschöpfungsperspektive inte­
grierte Ansatz erhöht nicht nur die Marktpotentiale der Unternehmen in der Bauwirt­
schaft, grundsätzlich können sich auf­grund
der zu Beginn angestellten Lebens­zyklus­
betrachtung des Bauwerks hohe Effizienzgewinne für alle Akteure ergeben.
Die erfolgreiche Erschließung eines neuen
Marktsegments erstreckt sich grundsätzlich
auf drei Hauptschritte, wie das u.a. Modell
skizziert: Nach diesen Ausführungen stellt
sich die Frage, was das auslösende Moment
zur Ingangsetzung dieses Prozesses auf der
Unternehmensebene sein und zu welchem
Zeitpunkt dieser ausgelöst werden sollte.
Es ist offensichtlich, dass es hier keine allgemeingültige Aussage geben kann, dennoch kann hier auf einige sinnvolle Maßnahmen verwiesen werden:
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·Eine kontinuierliche Marktbeobachtung
durch das Unternehmen sowie eine effektiv
funktionierende interne Kommunikation ermöglichen es, frühzeitig die ersten marktseitigen Signale über neue Kundenbedürfnisse aufzunehmen
n Regelmäßig wiederkehrende Untersuchungen über Kundenbedürfnisse unter
Einbeziehung sämtlicher relevanten Organisationseinheiten unterstützen eine
verbreiterte Verständnisbasis im Unternehmen
n Gezielte Veranstaltungen zu Sonder- themen wie derzeit zum Thema „Energie- effizienz“ eignen sich als „Pulsmesser“
und können der Steigerung der Bewertungssicherheit dienen
n Eine ständige Beobachtung des Wettbewerbs, auch außerhalb Deutschlands,
kann die Wahrnehmung für neu entstehende Geschäftsfelder schärfen
n Die punktuelle Zusammenarbeit mit
Hochschulen kann dem Unternehmen
weitere Erkenntnisse über mögliche zukünftige Trends geben.
4. Fazit
Es bleibt festzuhalten, dass Marketing
auch in Unternehmen der Bauwirtschaft
die wichtige Stellung einer unternehmensübergreifenden Dauerfunktion besitzen sollte. Die Entwicklung und Etablierung neuer Marktsegmente ist in diesem
Zusammenhang wichtig, auch weil die Veränderungszyklen sich verkürzen werden.
Das bedeutet auch, dass die Unternehmen
sich auf eine immer schneller verändernde
Bedürfnissituation der Kunden einstellen
müssen. Gerhard Schröder beschrieb diese
Situation folgendermaßen: „Nicht die Großen werden die Kleinen fressen, sondern die
Schnellen die Langsamen.“
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Management | Betriebliche Prozesse
Weshalb Entscheidungen
in die Hose gehen
Unausgegorenes und wie es zustande kommt
Wer Entscheidungen zu treffen hat, schafft sich die bestmögliche Informationsgrundlage. So die landläufige Meinung. Irrtum, sagt Professor Dieter Frey, Lehrstuhlinhaber für klassische Sozialpsychologie an der Ludwig-Maximilians Universität München, weder Einzelpersonen noch Gruppen berücksichtigen bei Entscheidungen vorurteilsfrei und objektiv alle wichtigen Informationen.
Entscheidungs-Forschung
sprechenden, wieder werden erstere gegen
letztere abgeschottet. Widersprüchliche Informationen sind nur dann genehm,
wenn sie als leicht widerlegbar angesehen
werden. Dabei zeigen Gruppen bei ihren
Entscheidungen meist noch eindeutigere
Konfirmationseffekte als Einzelpersonen.
Gründe dafür sind unter anderem:
zial-emotionale Integration; es fühlt sich
akzeptiert. Das Harmoniedenken wirkt
besonders nachteilig, wenn die Mitglieder vorschnell einer falschen Alternative zustimmen. Dann bestärken sie
sich gegenseitig in der Gewissheit, dass
die Gruppe die richtige Wahl getroffen
hat und hemmen sich gegenseitig, Fehler dieser Alternative zu sehen – um die
Harmonie zu wahren.
n die Verantwortungsdiffusion: Jeder verlässt sich bei der Entscheidung auf das
Urteil der anderen. Das führt zu einer
geringen Einschätzung der Verantwortlichkeit des einzelnen und schiebt das
nicht passende Informationen werden n der Uniformitätsdruck: Gruppen benötigen Konformität, um funktionsfähig zu
unabhängige kritische Denken in den
schlicht und einfach ausgeblendet. Mit dieHintergrund.
ser Erkenntnis entlarvt die sozialpsycholosein. Sind in einer Gruppe Mitglieder mit
gische Forschung die landläufige Vorstelunterschiedlichen konkurrierenden Grund- einstellungen, so wird es schwierig, über­ Mögliche Folgen
lung von der stets mustergültigen Ent­schei-­ dungs­vor­be­reitung als frommes Mär­chen.
haupt zu einer Übereinstimmung zu Folgen solchen Gruppendenkens sind beiUnd macht damit so manche merk­wür­dige
kommen. Das führt zu Rechtfertigungs- spielsweise,
Entscheidung in Wirtschaft und Politik verbeziehungsweise Uniformitätsdruck in n die Illusion der Unanfechtbarkeit: Die
ständlicher.
Gruppe wird allzu optimistisch, ignoriert
Gruppen. Der bewirkt, dass die Mitglie- der sich gegenseitig zu bestätigen suDoch trotz dieses einäugigen Entscheidungs­
eindeutige Warnsignale und geht ungechen. Mit dem Ergebnis, Entscheidungswöhnliche Risiken ein.
verhaltens ist den Entscheidern durchaus
prozesse in Gruppen kranken oft an der n Rationalisierung: Um nicht gezwungen
bewusst, dass mit der bevorzugten oder gewählten Alternative auch negative und mit
zu sein, die eigenen Annahmen noch
Neigung ihrer Mitglieder, mit den Gruppenormen konform zu gehen anstatt
der verworfenen auch positive Aspekte vereinmal zu überdenken, werden Warnungen und andere Formen vermeintbunden sind. Und das löst in ihnen einen
ihre Meinung zu sagen. lich negativen Feedbacks von vornherein
unangenehmen inneren Spannungszu- n das Harmoniedenken: Die Gruppe diskuabgewertet.
tiert ein Problem und trifft eine von alstand, eine kognitive Dissonanz, aus und
len oder der Mehrheit getragene Ent- n Stereotypisierung der Meinungsgegner:
das Bestreben, diesen Spannungszustand
scheidung. Anschließend sollen Infor- In der Tendenz werden Meinungsgeg- ab­zubauen.
mationen gesucht werden, die Pro- und
ner als unfähig angesehen und man unMechanismen
terstellt ihnen, das Problem nicht verKontra-Elemente für die Entscheidung
standen zu haben. Diese Disqualifikation
Damit kommt nun der von den Sozialpsyenthalten. Die Suche nach Kontra-Elechologen Konfirmationsbias (Bias – engl. =
menten würde die bei der Entscheidung
Andersdenkender erspart der Gruppe
Vorurteil; sinngemäß also Bestärkungsgewonnene Harmonie wieder in Frage
eine Beschäftigung mit Argumenten,
oder Überzeugungsvoruteil) genannte Mestellen und die kontroverse Diskussion
dient also denselben Zielen wie das Rationalisierungssymptom.
chanismus ins Spiel: Die weitergehende
erneut anfachen. Deshalb werden Gruppenmitglieder, die konträre Informati- n Selbstzensur: Um mit der Gruppe weiter
Suche nach jenen Informationen, die die
onen bevorzugen, als „Harmoniestörer“
übereinstimmen zu können, werden
gewählte oder bevorzugte Entscheidungsalternative bestätigen. Wieder wird nach
direkt oder indirekt gebrandmarkt. Das
Zweifel an oder Gegenargumente zu der
den Entscheidungen unterstützenden InAufrechterhalten der Harmonie bietet
Gruppenmeinung unterdrückt. Diese
formationen eher gesucht als nach widerjedem Gruppenmitglied eine hohe so- Selbst­zensur aus Angst verspottet zu
Nicht wenige Entscheidungen erweisen sich
im Nachhinein als wenig sachgerecht bis
schlicht falsch. Warum? Weil im Prozess
der Entscheidungsfindung häufig solche Informationen selektiv gesucht und herangezogen werden, die die eigene Tendenz zur
Entscheidung bestätigen. In dieses Raster
Wie lassen sich diese falschen
Verhaltensweisen verhindern?
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Karikatur: Marvin Klostermeier
Was „spricht“ Wikipedia hierzu: Mit dem sprichwörtlichen Ausdruck schwarzes Schaf bezeichnet man ein Gruppenmitglied, das sich in
negativer Weise von den übrigen Mit­gliedern einer sozialen Gruppe abhebt ...
werden oder die Zeit der Gruppe zu verschwenden, verhindert, gegen die Meinung der Mehrheit anzutreten.
n Illusion von Einstimmigkeit: Wer schweigt,
stimmt zu, so der Volksmund. Eine solche Haltung macht es Gruppenmitgliedern mit abweichender Meinung unter
der Voraussetzung, dass eine Einflussnahme sowieso unmöglich erscheint, an­
ge­nehmer und leichter, sich einer Stel­
lung­nahme zu enthalten anstatt sich
dem Gruppendruck auszusetzen.
n Selbsternannte „Mindguards“: Sie „schüt- zen“ die Gruppe vor Informationen, die
die Mehrheitsmeinung gefährden könn- ten. Wer kennt sie nicht, diejenigen, die
beim Auftauchen anderer Meinungen
umgehend stärksten Druck auf abweichende Meinungen ausüben.
Unter dem Strich führt das zu
n einer unvollständige Suche nach Alter-
nativen und/oder Zielen. Schließlich
existiert in der dominanten Vorstellung
bereits eine denkbare Lösung und somit
kein Grund für weitere Bemühungen
und Überlegungen.
n der Nichtbeachtung erkennbarer Risken
der bevorzugten Alternative. Die Informationssuche im Vorfeld von Entscheidungen ist vor allem in diesem Punkt
sehr einseitig. Die Entscheidungsträger
ignorieren Erkenntnisse, die leicht hätten zeigen können: die Grundannahmen
der Entscheidung sind falsch.
n dem Verzicht auf eine Neubewertung
von Alternativen, da die bevorzugte Alternative nicht in Frage gestellt werden
soll.
n keiner Erarbeitung von Plänen für unvorhergesehene Fälle, weil die Möglichkeit,
dass etwas Unerwartetes eintreten
könnte, gar nicht erst in Erwägung gezogen wird – dem Beharren auf der zuerst
vorgelegten Sichtweise des Problems
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Ausbildung als auch in ihrer Denkweise
oder der gewählten Verhaltensalter- unterscheiden.
native. Die Gruppenmitglieder scheuen
den mit einer Revision der Entscheidung n Alle Gruppenmitglieder sollten für das
Ergebnis und die Konsequenzen der Grup- verbundenen Aufwand und befürchten
penentscheidung verantwortlich seien.
Gesichtsverlust von innen und außen.
n Innerhalb der Gruppe sollten eine oder
Fazit
mehrere Personen den advocatus dia- Teams und Gremien in Wirtschaft wie Poliboli spielen, das heißt, sie sollten immer
tik suchen im Entscheidungsprozess selekein Szenario des schlechtesten Falles
tiv nach Informationen, die beweisen, dass
durchspielen, der sich aus der von der
sie im Besitz der Wahrheit sind. Besonders
Gruppe bevorzugten Lösung ergibt. Der
Gruppen, die ihre Entscheidungen nach auadvocatus diaboli hat die Aufgabe, konsßen rechtfertigen müssen und sich selbst
truktive Kritik zu üben und so eine Atmosphäre zu schaffen, in der auch aneine hohe Kompetenz zuschreiben, zei- gen in höchstem Maße die beschriebenen
dere dazu bereit sind.
n Das Beziehungsgeflecht und die DynaVerhaltensweisen.
mik einer Gruppe darf nicht unterschätzt
Präventive Maßnahmen
werden. Prestige-Angelegenheiten, Angst,
Wie lassen sich diese falschen Verhalvor Gesichtsverlust, interne Koalitionstensweisen in Entscheidungsprozessen
bildung, Sympathie/Antipathie, Unterverhindern? Bewährte Maßnahmen sind
drückung schwacher Mitglieder bestimunter anderem:
men oft fern von jeder Vernunft Ent- n Der formelle oder informelle Führer eischeidungen. Ihnen gilt es ebenso ent- ner Gruppe sollte keine Lösungswege
gegenzuwirken wie den Konkurrenz- und
vorzeitig favorisieren und alle Mitglieder
Machtkämpfen innerhalb der Gruppe
ermutigen, Kritik zu üben und jeweils
und im Vergleich zu anderen Gruppen.
durch ausführliche Alternativensuche n Weder Aufwandsrechtfertigung noch die
Angst vor negativen Sanktionen sollten
Gegenvorschläge zu entwickeln.
n Es sollte ein Minderheitenschutz eingeGruppen daran hindern, Entscheidungen
führt werden, der garantiert, dass vor
zu revidieren.
Abschluss des Entscheidungsprozesses
Dipl.-Betriebswirt Hartmut Volk,
Minderheiten nochmals die Möglichkeit
Bad Harzburg,
erhalten, ihre Sichtweise argumentativ
E-Mail: [email protected]
darzulegen. Dazu gehört, penibel darauf
zu achten, dass die Sach- und die Beziehungsebene nicht vermengt werden, um
persönliche Diffamierungen unbedingt
zu vermeiden. Beispiel: Wenn Sie das so
sehen, hätten Sie ja auch Beamter werden können.
n Gruppen sollten heterogen zusammengesetzt werden. Um die Verschiedenartigkeit innerhalb der Gruppe zu maximieren, sollten solche Mitglieder aus- gewählt werden, die sich sowohl in ihrer
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