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Vererbte Wunden
Transgenerationale Weitergabe traumatischer Erfahrungen
Mindener Institut für Traumapädagogik
Dorothee Kieslich, Dipl. Sozialpädagogin, 2014
Geschichte „Trampen“
Ein Beispiel für transgenerationale Weitergabe traumatischer
Erfahrungen
Mindener Institut für Traumapädagogik
Dorothee Kieslich, Dipl. Sozialpädagogin, 2014
Vererbte Wunden
„Wer der Folter erlag,
kann nicht mehr heimisch werden in
dieser Welt.(…). Das zum Teil schon mit
dem ersten Schlag, im vollem Umfang
aber schließlich mit der Tortur, das
eingestürzte Weltvertrauen wird nicht
wiederkommen.
Dass der Mitmensch als Gegenmensch
erfahren wurde, bleibt als gestauter
Schrecken im Gefolterten liegen:
Darüber blickt keiner hinaus in eine Welt,
in der das Prinzip Hoffnung herrscht.“
Jean Amery,
Jenseits von Schuld und Sühne,
1977 S.73
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Dorothee Kieslich, Dipl. Sozialpädagogin, 2014
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Vererbte Wunden
Transgenerationale Weitergabe bedeutet, dass die
Elterngeneration an die Generation der Kinder und Enkel
ihre Vorstellungen, Verhaltensweisen, Scham- und
Schuldgefühle aber auch ihre Geheimnisse und
unverarbeiteten Traumata weitergibt.
Transgenerationale Weitergabe beschreibt das
Phänomen, das nicht bewältigte Belastungen und
Traumata der Vorgeneration tiefe und irreversible
Spuren im Leben der nachfolgenden Generation
hinterlassen.
Unfried, 2013, S.48
Mindener Institut für Traumapädagogik
Dorothee Kieslich, Dipl. Sozialpädagogin, 2014
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Vererbte Wunden
• Unterschiedliche klinische Belege für die Weitergabe
einer Traumatisierung von der einen Generation an die
nächste, besonders aus der Holocaustforschung.
• Allen Studien gemeinsam ist die Beobachtung, dass
schwer traumatisierte Eltern entgegen ihrer bewussten
Wünsche und Bestrebungen ihre eigene Beschädigung
in der Beziehung zu ihren Kindern weitergeben
• Die Traumatisierung führt zu einer teilweisen
Unfähigkeit, Elternschaft ausreichend nachzukommen u.
die Kinder vor der eigenen Erfahrung zu schützen
Rauwald, Quindeau 2013 S.66
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Dorothee Kieslich, Dipl. Sozialpädagogin, 2014
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Behandlung der Überlebenden
Der Psychoanalytiker William G. Niederland (1904 – 1993) stellte als
einer der ersten fest, dass die Methoden der Psychiatrie die
extremen psychischen Verletzungen weder erfassen noch heilen
konnte
Er prägte den Begriff „Überlebenden-Syndrom“(Survivor-Syndrom)
– in den 60zigern und beschreibt damit die tiefe „Überlebenden“Schuld, die die Opfer quält, weil sie sich die Frage stellen, warum sie
überlebten und die Angehörigen nicht
Elli I. Kaminer-Zamberk, 2013, S.77
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Behandlung der Überlebenden
Keilson, Arzt, Psychoanalytiker und Überlebender,
behandelte schwer kriegstraumatisierte Waisen
(Child Survivor) in den Niederlanden.
Er unterteilt das gesamte Verfolgungsgeschehen
in drei traumatische Sequenzen,
die er „sequentielle Traumatisierung“ nennt :
I. Die Belastungssituation mit den Momenten der
Verfolgung
II. Aufenthalt im Konzentrationslager oder im Versteck
III.Nachkriegszeit mit allen Schwierigkeiten der
Wiedereingliederung
Elli I. Kaminer-Zamberk, 2013, S.77
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Behandlung der Überlebenden
„Der Psychotherapeut Shamai Davidson (1981) behandelte Hunderte von
Holocaust-Überlebenden. Er beobachtete drei Verarbeitungsverläufe. Bei
der ersten, eher kleinen Gruppe der Traumatisierten hat die Zeit seit der
Verfolgung aufgehört, sich zu bewegen. Sie zeigten direkt nach dem
Holocaust schwere psychische Symptome. In extremen Fällen kommt es
auch zu Suizid oder Suizidversuchen. Die zweite - größte - Gruppe der
Traumatisierten verleugnete in den Jahren nach der Verfolgung jegliche
psychische Beeinträchtigung durch das traumatische Erleben. Sie
flüchteten in die Gegenwart mit dem Wunsch, "ohne Vergangenheit" zu
leben. Die Traumatisierten aus dieser Gruppe waren oft sehr aktiv, gar
überaktiv. Dieser Schutzmechanismus kann jedoch mit der Zeit Risse
zeigen. Es kommt gehäuft zu einer Reaktivierung des Traumas im Alter
oder in krisenhaften Situationen wie Eheproblemen oder dem Tod eines
Verwandten. Die dritte Opfergruppe ist die kleinste. Diese Traumatisierten
hatten bereits vor der Verfolgungszeit psychische Beschwerden, die durch
die Verfolgung bedeutend verstärkt wurden.“
Neue Züricher Zeitung 15.01.05, Nr.12, S.75
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„Mit Kindern kommt das Glück (…)“
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Zwischen 1967-1969 führte Hillel Klein, Psychoanalytiker und
Überlebender mit aus Polen stammenden Familien aus drei Kibbuzim
Gespräche . Er beobachtete :
dass die Überlebenden in ihren Kindern eine Quelle der Geborgenheit
und eines erfüllten Lebens sahen / sie verbrachten mehr Zeit mit ihnen
als andere Eltern im Kibbuz
ihre Kinder bekamen die Namen von Angehörigen, die in Europa
ermordet worden waren (Dina Wardi nennt dies „Gedenkkerzen“)
dass die Kinder „gesund und intakt“ waren erschien den Eltern als
Wunder/manche der Mütter hatten erwartet, missgebildete Kinder zur
Welt zu bringen
die Gruppe der Kinder waren sehr intelligent mit überdurchschnittlichen
schulischen Leistungen aber auch mit der Tendenz, Konfliktsituationen
zu leugnen, offene Bekundungen von Zorn oder Aggressivität gegenüber
den Eltern zu vermeiden und die ausgeprägte Neigung (bei psych.
Tesungt) Angstmachende Situationen in erfreuliche zu verwandeln - die
Haltung des Leugnens zeigte sich am Deutlichsten bei der Konfrontation
mit Trennung und Tod.
Kaminer-Zamberk, 2013, S.78
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„Mit Kindern kommt das Glück (…)“
…Kinder standen für viele der
Holocaustüberlebenden
aber
auch
heute noch für Kinder von Flüchtlingen
oder
anderen
traumatisierten
Erwachsenen für den Entwurf einer
unbelasteten freien Zukunft… für die
Hoffnung, die alten traumatischen
Erfahrungen
zurücklassen
zu
könne…der Erfolg der Kinder in der
neuen Heimat soll die alten Verluste
aufwiegen……die Kinder werden zur
Projektionsfläche für die elterlichen
Erwartungen an ein neues Leben…sie
werden in einer narzisstischen Art und
Weise zu den idealisierten Objekten,
die Halt und Schutz geben sollen
(Kernberg 2010)…
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„Mit Kindern kommt das Glück (…)“
Kaminer 2007
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Die Not der Eltern und ihre Unfähigkeit, weiteres Elend zu ertragen, führen
dazu, dass die Eltern in ihren Kindern die unbedingte Notwendigkeit , stark
und überlegen sein zu müssen, fest verankern (Heimann 1952)
Die parentifizierten Kinder fungieren als Container für die Ängste und Nöte
ihrer Eltern
Für die Entwicklung der Kinder bedeutet dies oftmals eine pseudoprogressive Entwicklung und eine Übernahme der durch die Eltern
gestellten Aufgabe oder die Gefahr der Identifikation mit den Schwächen
der Eltern, dem Gefühl von Wertlosigkeit, Versagen und Ausgegrenzt sein
(Kogan, 1995)
Bei beiden Entwicklungen des Kindes gibt es eine enge narzisstische
Bindung zwischen den Generationen, die über die unintegrierte
traumatische Erfahrung der Eltern geknüpft ist
Jedes Infrage stellen dieser Bindung beinhaltet damit die Gefahr, das
zugrunde liegende Trauma wieder zu aktualisieren
Rauwald, 2013 S. 100
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„Was
tun wir ,
wenn die eigentliche Tyrannei vorbei ist,
mit den Folgen der Tyrannei,
die im Land, der Seele, in den sexuellen
Beziehungen und im Körper der
Menschen bleiben?“
Ariel Dorfman (* 1942 in Buenos Aires, Argentinien)
chilenischer Autor, Dramatiker Essayist u. Menschenrechtsaktivist
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Transgenerationale Weitergabe im Kinderund Jugendhilfesystem
• Das Phänomen der transgenerationalen Weitergabe von Traumata
wird in den meisten Familien beobachtet, die auf ambulante,
teilstationäre oder stationäre Hilfen zur Erziehung angewiesen sind:
Gewalt, Missbrauch und Vernachlässigung finden meistens nicht
nur in einer Generation statt
• Kinder, die durch Misshandlung traumatisiert wurden, und keine
Möglichkeit haben, das Geschehen zu verarbeiten, begegnen als
Eltern ihren eigenen Kindern oft entweder selbst als Täter/innen
oder als erstarrte Zeug/inn/en des Geschehens
• Sie konzentrieren sich in ihrer Elternrolle auf das Überleben der
Familie und sind zu belastet oder zu erschöpft, um ihren Kindern
wirklich beizustehen
s. auch Sänger, Udolf, 2013 S.139
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Mechanismen der trangenerationalen
Weitergabe elterlicher Traumatisierungen
• Khan stellt als Folge eines punktuellen Versagens der
Elternschaft
ein
kumulatives
Trauma
fest:
„ ein kumulatives Trauma liegt dann vor, wenn die Mutter ihre Rolle
als Reizschutz im Laufe der Entwicklung des Säuglings- bis zum
Jugendalter nur mangelhaft erfüllt (…). Ein kumulatives Trauma ist
das Produkt der Anstrengungen und Belastungen, denen Säuglinge
und Kinder ausgesetzt sind, solange ihr Ich noch von der Mutter als
Reizschutz und Hilfs-Ich abhängig ist.(..).
Khan 1997)
•
Dabei spielt nicht das einzelne Erlebnis eine
bedeutende Rolle, sondern die Summe der Ereignisse
im gesamten Entwicklungsprozess
Rauwald, Quindeau 2013 S.66
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Folgen der Entwicklung
eines kumulativen Traumas
•
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Störung der Ich-Integration
Mangelnder Aufbau von Grenzen
Störung der Autonomieentwicklung
Fehlende integre Persönlichkeit
Primitive Identifizierung
Leben in zwei Realitäten
Rauwald, Quindeau 2013 S.66
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Transgenerationale Weitergabe im Kinderund Jugendhilfesystem
Sänger und Udolf treffen die Unterscheidung zwischen:
Sekundärer Traumatisierung / Traumaweitergabe
Von sekundärer Traumatisierung sind in gleichem Ausmaß auch Kinder
von Eltern betroffen, die in ihrer eigenen Kindheit Gewalt, Misshandlung
oder Vernachlässigung erlitten haben – ohne dass sie diese
Gewalterfahrungen in Form von Misshandlungen gegenüber ihren Kindern
ausleben (aufgrund des engen familiären Zusammenlebens mit
traumatisierten Elternteilen oder anderen Familienangehörigen)
Primärer Traumatisierung / Traumaweitergabe
Primäre Traumatisierung meint, dass die Eltern ihre erlittenen Traumata
auf direktem Wege (1:1) an ihre Kinder weitergeben. Eltern, die selbst
Gewalt und /oder Vernachlässigung erlebt haben, misshandeln ihre Kinder.
Mütter und Väter, die Opfer sexueller Gewalt wurden, liefern ihre Kinder
erneut Übergriffsituationen aus, werden selbst übergriffig oder schauen
scheinbar gleichgültig weg
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Transgenerationale Weitergabe im Kinderund Jugendhilfesystem
Zusätzliche Belastungen für die Kinder sind oft:
 die verfrühte, nicht altersangemessene Verantwortungsübernahme
 Kinder als Gesprächspartner für die psychisch labilen Eltern
 in der Verantwortung für jüngere Geschwister
 eine unterkühlt wirkende Eltern-Kind-Beziehung
 eine deprimierende bis misstrauische Familienatmossphäre
 massiv konflikthafte Geschwisterbeziehungen
 Konkurrenz der Geschwister um die begrenzt vorhandene Zuwendung und
Aufmerksamkeit der Eltern
 „Kampf“ der älteren Geschwister um die vorrangigen Positionen als
„Freundin“ der Mutter oder „Versorger“ der Familie, denn diese sind mit
besonderer Macht in der Erwachsenenwelt ausgestattet
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Transgenerationale Weitergabe im Kinderund Jugendhilfesystem
Typische Traumafolgesymptome sind:
 dissoziativer Lebensstil („Ich wurde auch geschlagen und es hat mir nicht
geschadet“ ) als Schutz vor emotionaler Konfrontation mit den eigenen
Erfahrungen. das Kindheitstrauma wird behandelt wie der täterloyale
Erwachsene mit Gewalt umgehen: Wegschauen oder Bagatellisieren
 Dissoziative Zustände , betroffene Eltern dissoziieren z.b. in
Stresssituationen oder Situationen, die an ihre eigenen Ängste und
Bedürftigkeit in ihrer Kindheit erinnern. Dies mindert die elterliche Präsenz,
die Bindungsfähigkeit und die Fähigkeit, das Kind vor alltäglichen Gefahren
und Gewalt zu schützen
 Übererregung ein hohes Erregungsniveau und daraus folgend
Schwierigkeiten mit der Impulskontrolle führen zu für die Kinder
beängstigenden Wutausbrüchen, oft einher mit emotionaler und/oder
körperlicher Gewalt
Sänger, Udolf, 2013 S.144
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Transgenerationale Weitergabe im Kinderund Jugendhilfesystem
Typische Traumafolgesymptome sind:
 Trigger finden sich für traumatisierte Eltern oft im Verhalten der Kinder (z.B
das Schreien eines Säuglings) – diese versuchen dann das Kind mit allen
Mitteln zum Schweigen zu bringen, da sonst eine Überflutung mit
unaushaltbaren Gefühlen droht (hier kann dem Säugling u.U Lebensgefahr
drohen)
 Täterintrojekte, d.h. innere Repräsentanzen des Täterverhaltens, seiner
Aussagen, Handlungen und Rechtfertigungen. Dies begünstigt eigene
übergriffige
Verhaltensmuster,
besonders
bei
so
genannten
Reinszenierungen, z.B.in den Beziehungen zu gewalttätigen PartnerInnen.
 Vermeidendes Verhalten schränkt zum einen den Wirkungsradius und die
sozialen Kontakte der Eltern und der gesamten Familie ein, dadurch haben
die Kinder wenig Explorations- und Entwicklungsreize. Zum anderen haben
die Eltern Schwierigkeiten, den Kindern kontinuierlich liebevolle Zuwendung
und emotionales Echo zu geben
 Bindungsproblematik siehe Folien 19-20
Sänger, Udolf, ebd.
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Die Weitergabe von traumatischen
Erfahrungen von Bindungspersonen an die
Kinder
Traumata und Desorganisation
• Nach Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch zeigen
Kinder gehäuft (bis zu 80 %) desorganisierte Verhaltensweisen
• In Stichproben mit gesunden, reifgeborenen Kindern und
psychosozial unbelasteten Erwachsenen finden sich dagegen nur
ca. 15 % desorganisierte Bindungsmuster
• Kinder von Müttern mit schwerwiegender , unverarbeiteter
Traumatisierung zeigen häufiger desorganisierte Sequenzen in
ihrem Bindungsverhalten als Kinder von Müttern, die keine
Traumata erlitten haben
• Der stärkste Indikator für eine desorganisierte Bindung ist die
Kindesmisshandlung, der zweitstärkste die erlebten Traumata der
Eltern
Brisch, 2013 in Rauwald, S. 41
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Die Weitergabe von Bindungserfahrungen
Elterliche Trauma und pathologische Bindungserfahrung
Längsschnittstudien in Deutschland / den USA und England
ergaben, dass mit hoher Übereinstimmung sicher gebundene Mütter
auch sicher gebundene Kinder haben bzw. Mütter mit einer
unsicheren Bindungshaltung auch häufig unsicher gebundene
Kinder (van Ijzendoorn&Sagi, 1999)
Weitergabe von Bindungsmustern
Die o.g. Studie weist auf eine Weitergabe von Bindungsstilen und
Bindungsmustern zwischen den Generationen hin
Trauma und Bindung
Lyons-Ruth weist als Ergebnis ihrer Forschung darauf hin, dass es
einen Zusammenhang zwischen desorganisiertem Bindungsmuster
bei Kindern und ungelösten Traumata bei Eltern gibt
Brisch, 2013 in Rauwald, S. 41
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Besonderheiten der Sozialarbeit mit
traumaorganisierten Familiensystemen
Eigenschaften und Kommunikationsstrukturen
traumaorganisierter Familien (Arnon Bentovim 1995)
o In solchen Familiensystemen wird mehr gehandelt als nachgedacht und
gesprochen
o Vor allem mit Außenstehenden wird kaum kommuniziert
o „Familie als Festung“
o Helfer werden zu „StellvertreterInnen“ für die Familienmitglieder
o Helfer erleben starke Gefühle der Hilflosigkeit und der Ohnmacht
o Stark dissoziierende Klienten verunsicher zusätzlich
o Das Bedürfnis nach Entlastung führt zu endlosen Gesprächen mit
KollegInnenüber die betreuten Familien ohne, dass aus Sicht der Helfer
eine befriedigende Handlungsperspektive entwickelt werden kann
o Langsam und stockendes Tempo der Veränderung
o Es besteht die Gefahr für die Helfer, dass aus Engagement Erschöpfung,
Gleichgültigkeit und Zynismus wird
Sänger, Udolf, ebd.
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Anforderungen an die Kinder- und
Jugendhilfe
Erkennen von Traumatisierung bei Eltern und das Verstehen
der Zusammenhänge zwischen Traumafolgen und
Erziehungsproblemen, z.B. durch Fragen wie
 Sind die Eltern in der Lage das Verhalten des Kindes adäquat
einzuschätzen?
 Beeinträchtigen dissoziative Zustände die Fähigkeit der Eltern, die
Bedürfnisse ihres Kindes wahrzunehmen, zu befriedigen und das Kind zu
beschützen?
 Zeigen die Eltern mangelnde Impulskontrolle, z.B. traumabezogene
Wutausbrüche?
 Stellen kindliche Verhaltensweisen wie z.B. Weinen oder Trotz einen
Trigger für die Eltern dar?
 Tragen die Kinder die Verantwortung für die psychische Stabilität der Eltern,
für die Geschwister oder für den Alltag?
Sänger, Udolf, ebd.
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Anforderungen an die Kinder- und
Jugendhilfe
Erkennen von Traumatisierung bei Eltern und das Verstehen
der Zusammenhänge zwischen Traumafolgen und
Erziehungsproblemen, z.B. durch Fragen wie
 Haben die Eltern Suchtstrukturen entwickelt, um eigene posttraumatische
Symptome zu lindern?
 Wissen
die
Eltern
um
den
Einfluss
eigener
traumatischer
Kindheitserfahrungen auf ihren Erziehungsstil?
 Sind die Eltern in der Lage, die Verantwortung für die Misshandlungen an
ihren Kindern zu übernehmen?
Desweiteren ist „es von entscheidenden Bedeutung, festzustellen, ob
die Eltern nicht nur durch Worte, (…), Verantwortung übernehmen
können, sondern durch Taten, durch andersgeartete Reaktionen
gegenüber dem Kind über einen längeren Zeitraum hinweg.“
(Bentovim, 1995, S,114)
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Sänger, Udolf, ebd.
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Danke fürs Zuhören!
Dorothee Kieslich
Dipl. Sozialpädagogin
Gestalttherapeutin (DVG)
Approbierte Kinder- und
Jugendlichentherapeutin
(PTK Niedersachen)
Traumaberaterin
Traumatherapeutin (PITT)
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