Tierseuchen Alte Bekannte und neue Bedrohungen Gliederung • Afrikanische Schweinepest – Erregereigenschaften und Epidemiologie – Symptome und Diagnostik – Vorkommen und aktuelle Situation – Risikofaktoren und Bekämpfung • Bovine Virusdiarrhoe – Erreger und Erkrankungsformen – Bekämpfung – Aktuelle Situation und „neue“ Erkrankungsform Der Erreger der ASP • Großes, komplexes, behülltes DNA-Virus – Und warum ist das wichtig? • Groß und komplex: Es bringt viele Faktoren mit, die es ihm gestatten, dem Immunsystem des Wirtes zu entgehen Impfstoffentwicklung sehr schwierig • Behüllt: Wichtig für die Wahl des Desinfektionsmittels • DNA: Es verändert sich nur langsam • Bisher einziges ARBO-Virus mit DNA-Genom – ARBO: arthropod borne virus • Es besitzt einen Zeckenvektor (der Vektor kann das Virus sowohl vermehren als auch übertragen • Lederzecken (Bedeutung in Deutschland noch nicht wirklich geklärt) • Dieser Vektor muss in die Bekämpfungsmaßnahmen ggf. einbezogen werden • Der Vollständigkeit halber: – Gattung Asfivirus der Familie Asfarviridae „ASFAR“ African Swine Fever And Related viruses Ätiologie (5) Wichtig: hohe Stabilität! Haltbarkeit: - 3 h bei 50°C - bis zu 10 Tage in Kot - bis zu 70 Tage in Blut (Raumtemperatur) - bis zu 15 Wochen in gekühltem Fleisch - bis zu 6 Monate in konserviertem Schinken - bis zu 18 Monate in gekühltem Blut - viele Jahre in tiefgefrorenen Fleisch hält sich demnach auch in einem Stück Fallwild unter entsprechenden Bedingungen pH-Stabilität: Inaktivierung bei pH <3,9 und >11.5 Stabilisierung durch Serum: 21 h bei pH 13,4! Desinfektion: z. B. NaOH, Formalin, Phenole Quelle: OIE, FAO, DEFRA, USDA Viruseigenschaften Wirte - Hausschweine (Europa, Afrika) - Wildschweine (Europa, Afrika) - Warzenschweine (Warthogs) - Zecken der Gattung Ornithodoros ASP ist ungefährlich für den Menschen und andere Haustiere! Epidemiologie I • Ursprünglich stammt das Virus vom Afrikanischen Kontinent südlich der Sahara • Warzenschweine bilden das natürliche Reservoir, da sie über längere Zeit infiziert bleiben, jedoch nicht klinisch erkranken • Das Virus erfüllt alle Kriterien eines echten ARBO-Virus, da sich das Virus in der Lederzecke (O. moubata) sowohl transstadial als auch transovariell überträgt. • Zecken infizieren sich bei der Blutmahlzeit auf einem virämischen Schwein (im Bau der Warzenschweine) • Zyklus mit symptomatisch infizierten Warzenschweinen Epidemiologie II • Durch den Biss einer infizierten Zecke kann das Virus in die Hausschweinepopulation eingetragen werden • Kontakt zwischen Haus- und Warzenschweinen spielt keine Rolle • Dort wird es durch direkten und indirekten Kontakt verbreitet • Eine wichtige Quelle sind infizierte Schweinefleischprodukte • Problem Speiseabfälle und mangelnde Biosicherheit Sylvatischer Zyklus in Afrika Eintrag in die Hausschweinepopulation Persistierend infizierte, adulte Warzenschweine zeigen keine/ eine niedrige Virämie, können aber infizierte Zecken passiv transportieren Zyklus in Haus- und Wildschweinen Direkter Kontakt, Verfütterung von Speiseabfällen Transstadiale und transovarielle Übertragung Indirekter Kontakt ? Junge Warzenschweine im Bau – Ausgeprägte Virämie, Ansteckungsquelle für die Lederzecken (Ornithodoroos moubata) Quelle der Warzenschweinfotos: Natur-Lexikon.com, Frank Stober und http://www.imagesofafrica.co.za/ O. erraticus spielte als Vektor auf der Iberischen Halbinsel eine Rolle Schwarzwild ist ebenso empfänglich wie Hausschweine; beteiligt auf Sardinien und im Kaukasus Symptome nach Infektion mit einem Armenischen ASPV-Isolat • Hohes Fieber ab dem dritten Tag nach der Infektion (>41°C) • Reduzierte Futteraufnahme bzw. Futterverweigerung ab Tag 5 bzw. 6 • Abgeschlagenheit • Erhöhte Atemfrequenz • Durchfall • Bindhautentzündung Symptome nach Infektion mit einem Armenischen ASPV-Isolat (II) • Zyanose der Akren bei Erregung/ nach dem Auftreiben ab Tag 6/7 • Ataxie (Tag 8) • Somnolenz (Tag 8/9) • Ruderbewegungen • Tod nach 6 bis 10 Tagen Wenig spektakulär… Problem in der Erkennung! Keine Altersabhängigkeit! Körpertemperatur nach Belastungsinfektion 41 dpv 42 dpv 43 dpv 44 dpv 45 dpv 46 dpv 47 dpv 48 dpv 49 dpv 50 dpv 51 dpv 52 dpv 53 dpv 0 dpc 1 dpc 2 dpc 3 dpc 4 dpc 5 dpc 6 dpc 7 dpc 8 dpc 1 39,9 39,8 40,0 40,6 42,1 41,7 41,2 41,5 41,0 2 39,5 40,0 39,9 39,9 41,4 41,8 41,7 41,3 41,5 39,7 39,8 39,9 40,4 41,5 41,4 41,6 42,0 41,2 39,9 39,9 39,6 40,7 42,0 41,6 41,9 42,0 41,4 5 39,6 40,1 39,8 40,3 41,1 42,2 41,5 41,8 42,2 6 39,9 39,5 40,1 40,6 41,4 41,0 41,4 41,7 41,5 7 39,7 40,2 40,2 39,9 40,2 39,8 41,7 41,6 41,7 8 39,9 40,1 40,3 41,2 41,4 41,8 41,9 41,9 40,0 40,2 39,8 40,7 41,6 41,2 41,2 42,3 39,8 39,8 40,0 40,7 41,7 41,9 41,7 41,7 40,0 39,7 40,3 41,2 41,7 41,6 41,8 41,7 13 40,0 39,7 39,8 40,1 41,1 42,0 40,9 41,9 42,2 10 39,5 39,7 39,9 39,8 40,9 42,2 41,5 41,2 41,3 42,0 39,9 39,9 40,2 39,7 41,1 42,2 41,9 42,0 40,0 39,8 40,0 39,9 40,0 41,8 41,2 41,6 42,0 41,7 9 11 12 14 15 Emulsigen D 4 Control 3 Polygen No. 9 dpc 10 dpc 11 dpc 12 dpc 40,6 40,6 41,0 42,2 40,7 41,6 Infektionsverläufe in Gruppen 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 DP 22 17 17 U DP 23 18 18 U DP 24 16 17 U DP 25 DP 26 group 2 25HAU 18 WB 1 16 19 U WB 2 28 20 U 19 18 U WB 3 24 24 16 16 17 U WB 10 24 U WB 11 38 21 DP 16 18 U 24 17 18 16 U DP 18 18 18 U 19 DP 20 19 19 22 17 16 WS 6 WB 14 DP 28 DP 29 DP 30 WB 9 WB 12 WB 15 18 22 U 17 U 24 WS 8 22 U 20 19 U WB 4 WB 13 15 U 26 DP 21 WB 5 negative control 17 U DP 17 DP 19 group 1 3HAU 19 17 19 18 U DP 27 WB 7 18 18 15 U 23 18 17 20 U 31 16 16 U U Weitere Verlaufsformen Sogenannter subakuter Verlauf • Im Falle moderat virulenter ASPV-Isolate • Remittierendes Fieber, Konditionsverlust, Anorexie und respiratorische Symptome • Trächtige Sauen können abortieren • Die Mortalität beträgt 30 – 70%, wobei der Tod nach 15 bis 45 Tagen eintritt Chronischer Verlauf • Schwach virulente Virusisolate können die chronische Verlaufsform auslösen • Unspezifische Symptome wie Gewichtsverlust, Wachstumsverzögerung, Kümmern, Atemwegsinfektionen, Lahmheiten und Sekundärinfektionen • Die Erkrankung verläuft über zwei bis fünf Monate • Die Mortalität liegt unter 30 % Diagnostik der ASP • Die ASP ist weder klinisch noch pathologisch-anatomisch von der KSP zu unterscheiden! • Es sind verlässliche (und schnelle) Labormethoden notwendig • Es stehen sowohl direkte als auch indirekte Methoden zur Verfügung • Der Umgang mit dem Virus erfordert einen hohen Biosicherheitsstandard („exotische“ Tierseuche, L3+) • Methoden mit „lebendem“ ASPV werden momentan generell nur am FLI durchgeführt • Ausschlussdiagnostik an die Untersuchungseinrichtungen der Länder transferiert Vorkommen • Die Erkrankung wurde erstmals 1921 in Kenia beschrieben • Ursache war vermutlich der Eintrag von Hausschweinen durch die Kolonisten Verschiebung des Gleichgewichts • 1957 trat die ASP erstmals außerhalb Afrikas, in Portugal, auf • Nach einer Pause trat sie in Portugal erneut auf und wurde danach auch in Spanien, Frankreich, Italien, Malta, Belgien und den Niederlanden gefunden • Auf Sardinien ist die Erkrankung inzwischen endemisch, in allen anderen Ländern der EU wurde sie erfolgreich ausgemerzt • Auf dem amerikanischen Kontinent waren in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts Cuba, Brasilien, die Dominikanische Republik und Haiti betroffen, auch hier wurde die Erkrankung erfolgreich bekämpft • In den letzten Jahren (2007-2013) trat die ASP in der Kaukasusregion auf Georgien • Die Anzeige erfolgte am 5. Juni 2007, es waren jedoch bereits vorher in der Nähe des Hafens von Poti klinische Fälle aufgetreten • Eintrag des Virus vermutlich durch unsachgemäß behandelten Abfall von internationalen Schiffen • In Georgien werden die Schweine traditionell halbwild gehalten, Zugang zu Deponien und Abfallsammelstellen • Die Erkrankung breitete sich danach ost- und nordwärts aus, immer entlang der Hauptverkehrswege • Sequenzanalysen des Isolates zeigten eine nahe Verwandtschaft mit Stämmen aus Südostafrika (Madagaskar, Mozambique, Zambia) • Die Erkrankung wurde vorrangig durch klinische Untersuchungen diagnostiziert • Die Verbreitung wurde durch verspätetes Eingreifen gefördert • Nur klinisch erkrankte Tiere wurden getötet • Momentane Lage unklar • Ausbreitung von dort nach Armenien, Aserbaidjan und Russland Quelle der Bilder: Wikipedia/ Horst Schirrmeier Russland • Offizielle Anzeige der ASP am 04.12.2007 • Wie das Virus ins Land kam, konnte nicht genau geklärt werden, ein Eintrag aus Georgien erschien jedoch wahrscheinlich • Das Virus wurde sowohl in Haus- als auch in Wildschweinen gefunden – – – – zunächst Wildschweine in Tschetschenien betroffen Übertragung auf freilaufende Hausschweine seit 2008 alle Produktionsbereiche im Hausschwein betroffen Rolle der Wildschweine bisher sekundäre (eher Opfer als Täter) • Zwischen November 2007 und Ende 2012 gab es 426 bestätigte Nachweise – durchschnittlich 58 Ausbrüche im Hausschwein und 27 Fälle im Wildschwein pro Jahr – 37% Hinterhofhaltungen, 29% Schwarzwild, 16% industrielle Betriebe, 7% kommerzielle Kleinhaltungen • Bis heute treten immer wieder Fälle auf, kein Hinweis auf Verbesserung der Lage Quelle der Bilder: Wikipedia Struktur und Risiken der Schweineproduktion in Russland • • • • • • • • • • • • Die Schweineproduktion Russlands deckt nur ca. 65% des Bedarfs 60% industrielle Produktion mit (sehr) hoher Biosicherheit 5% kommerzielle Kleinhaltung mit relativ niedriger Biosicherheit 35% Hinterhofhaltungen mit mangelnder oder fehlender Biosicherheit Keine Tierkennzeichnung im Hinterhofsektor, keine Umsetzung gesetzlicher Vorgaben ASP betrifft inzwischen alle Sektoren „Endemie“ trotz unverändert hoher Virulenz, noch keine Anzeichen für mildere Verläufe Sektor mit niedriger Biosicherheit fungiert als Reservoir Jahreszeitliche Rhythmik der Ausbrüche (3/4 zwischen Juni und November mit einem Peak im Oktober) ist mit der Selbstversorgertradition zu korrelieren Militärassoziation über Beschaffung von Nahrungsmitteln bzw. Mitnahme von Tieren Primäre Ausbrüche häufig durch Verfütterung von Speiseabfällen (Kontakt zu Wildschweinen <2%) Illegale Entsorgung von Tierkörpern (junge Tiere werden eher weggeschmissen, ältere schnell noch vermarktet) Quelle: EMPRES WATCH Glückliche Backyard-Schweine in Südrussland… (Bilder freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Alexander Bopp) Aktuelle Fälle 2007- 2013 Problemzonen… Problemregion Twer: - Hohe Haus- und Wildschweinedichte - Wichtige Handelsadern - Gemäßigtes Klima - möglicherweise die „richtigen“ Bedingungen für einen jahreszeitenunabhängigen Zyklus im Wildschwein und damit auch eine erhöhte Gefahr für die EU - Ausbreitungsgeschwindigkeit laut russischer Kollegen 0.3 km im Wildschwein pro Tag… - Viele neue Ausbrüche in diesem Jahr 2007-2012 Siehe auch EMPRES WATCH: http://www.fao.org/docrep/018/aq240e/aq240e.pdf 2012 ASP auf Sardinien • • • • • • • • • • • • Oder: Wir haben die ASP doch seit 1978 vor der Haustür, warum wird nur über den Kaukasus und Russland gesprochen? Die Erkrankung wurde 1978 eingeschleppt und ist seither endemisch in Haus- und Wildschweinen; Zecken scheinen keine Rolle zu spielen Auf Sardinen sind über 90 % der Schweinehaltungen nicht kommerziell (teilweise halbwilde „Weideschweine“) und spielen für den Handel keine Rolle Bekämpfungsmaßnahmen gestalten sich schwierig (traditionelle Strukturen, interne Organisationen, Beratungsresistenz) Risikofaktor Tourismus Definition von Hochrisikozonen, Erhöhung der Biosicherheit, Fernhalten des Schwarzwildes durch Zäune Intensive Serosurveillance an den Schlachthöfen Seit 10 Jahren keine positiven Fälle mehr bei Schlachtschweinen Bisher kam es nie zu einer Verschleppung… aber… Aktuelle Ausbrüche in Regionen, die offiziell keine Schweinehaltungen haben Bisher 60 Ausbrüche in 2013, große Probleme mit illegalen Kleinsthaltungen (inkl. abenteuerlicher Schlachtpraxis und Entsorgung) Rolle des Schwarzwilds scheint sich zu verändern (weniger nur Opfer sondern auch Täter) Prophylaxe • Es steht in absehbarer Zeit kein Impfstoff zur Verfügung • Kontagiosität moderat auf Bestandsebene Biosicherheit greift • Gelebte Bestandshygiene *auch nicht mal kurz ohne bestandseigene Kleidung in den Stall* • Information und Sensibilisierung *auch der Ernteund Schlachthelfer • „Jagdhygiene“ insbesondere für Landwirte, die auch Jäger sind Übersicht Bekämpfung • • • • • • • • • Anzeigepflicht! *was heißt das konkret* Strikte, gesetzlich festgelegte Maßnahmen Kein Impfstoff verfügbar! In Deutschland: Schweinepestverordnung Wichtiger Bestandteil dieser Maßnahmen ist eine frühe Erkennung der Erkrankung und eine schnelle Labordiagnose Betroffene Bestände (und Kontaktbestände) müssen getötet werden Stand-still Zonen werden eingerichtet (3 km Sperrbezirk, 10 km Beobachtungsgebiet) Der Handel mit Schweinen und Schweinefleisch kommt zum Erliegen Bekämpfung - Grundlagen • Richtlinie 2002/60/EG des Rates: Festlegung von besonderen Vorschriften für die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest • Entscheidung 2003/422/EG der Kommission: Genehmigung eines Diagnosehandbuchs für die Afrikanische Schweinepest • Schweinepest-Verordnung: Verordnung zum Schutz gegen die Schweinepest und die Afrikanische Schweinepest • Angrenzende Rechtsgebiete • Tierseuchenbekämpfungshandbuch • (Schweinehaltungshygieneverordnung) Zusammenfassung in Stichpunkten • Hochkontagiöse Viruserkrankung der Schweine mit weitreichenden sozioökonomischen Konsequenzen • Komplexes DNA-Virus der Familie Asfarviridae, Genus Asfivirus, sehr hohe Stabilität • Die Erkrankung unterliegt der Anzeigepflicht • Wirte sind Haus- und Wildschweine sowie Lederzecken der Gattung Ornithodoros ARBO – Virus! • Übertragung durch direkten und indirekten Kontakt sowie durch infizierte Zecken • Bisher weder Impfstoff noch Behandlung verfügbar • Klinisch nicht von der Klassischen Schweinpest zu unterscheiden • ASP ist eine exotische Tierseuche und eine reale Gefahr • Biosicherheit ist eine wichtige „Waffe“ gegen diese Erkrankung! ??? ASP ASP KSP KSP Diagnostisches Dilemma Bestandsebene: - Einige Tiere haben Fieber… - Landwirt schaut mal - Es kommen ein paar Tiere dazu, ein Tier stirbt - Landwirt ruft Tierarzt - Tierarzt verabreicht ein Antibiotikum - Bei einigen Tieren scheint etwas Besserung einzutreten - Bestand kommt nicht zur Ruhe - Wir wechseln das Antibiotikum - Mehr Tiere sterben… - Kommt Landwirt und Tierarzt komisch vor - Der amtliche Kollege wird hinzugezogen - … - Probennahme Im Labor: - Probeneingang - Nukleinsäureextraktion - Real-time (RT)-PCR - Antikörper-ELISA - Erster Befund zur Bestätigung/zum Ausschluss 2 Wochen bis 4 Monate Ausschlussdiagnostik (1 d) 4 Stunden bis 1 Tag… Biosicherheit ist keine 100%ige Garantie, aber eine gute Basis Tierseuchen lassen sich auf Dauer nicht verstecken *hat noch NIE funktioniert* Verzögerung verursacht immense Kosten In unserer globalisierten Welt ist Früherkennung von größter Bedeutung Psychologische Hürden und politische Fettnäpfchen Anzeigepflicht: Meldung ohne schuldhaftes Verzögern Ausschlussdiagnostik kostet (fast) nichts, bringt aber Klarheit Bovine Virusdiarrhöe – Eine alte Bekannte in „neuem“ Gewand Dank an Horst Schirrmeier Cornell Vet, 36, 205, 1946 Erreger der BVDV • • • • • Kleines, behülltes RNA Virus BVDV-1 und BVDV-2 Diverse Subtypen Zytopathogene und nicht-zytopathogene Biotypen Verwandte Viren: Virus der Klassischen Schweinepest, Border Disease Virus, atypische Pestiviren Krankheitsformen: 1. Akute Infektion nichttragender seronegativer Tiere transiente Virämie kaum klinische Symptome Antikörperbildung seltene Form: hämorrhagisches Syndrom (Blutaustritte) Veränderungen an Schleimhäuten ? 2. Infektion tragender seronegativer Tiere • transiente Virämie der Mutter • Antikörperbildung •Infektion des Fetus 1. Trächtigkeitsstadium Fruchtretention 2. Trächtigkeitsstadium (30-90 d) Umrindern Abort Reproduktionsstörungen PI-Tiere 3 Trächtigkeitsstadium normale Kälber (Missbildungen, Aborte, Totgeburten) Diagnostisches und Bekämpfungsziel Persistent infiziertes Tier (PI-Tier) Tiere kümmern (50 %) oder entwickeln sich normal scheiden lebenslang Virus aus (Infektketten, Reinfektion von Beständen) Maskierung durch maternale Antikörper („Diagnostische Lücke“ !!) Komplikation: Mucosal Disease (100% tödlich) durch Änderung des Virus oder erneute Infektion Chronische Abmagerung, Fieber, fressen nicht, blutige Durchfälle, Erosionen im Bereich des harten Gaumens, am Flotzmaul und Naseneingang, weniger häufig im Zwischenklauenspalt sowie an Kronsaum und Euter Wirtschaftlicher Schaden – BVD-Ausbruch BVD-Bekämpfung in Thüringen Milchviehbestand 2010-2011 Kälber 720 Kühe 110 PI-Tiere Verlust [EUR] 3.950 (Mindererträge – Verkauf männliche Kälber) Milchverlust 103.690 (- 1,1 Liter / Kuh und Tag; 622 laktierende Kühe; 16 Monate [BVD-Geschehen]; Milchpreis 0,35 EUR/l) Kuhverluste (BVD - 38 Kühe; Zukaufskosten 1.650 € / Kuh) 62.700 Ersatz weibliche Nachzucht 46.980 (Mehrkosten für Zukauf von 108 Jungkühen vs. Kosten betriebseigene Aufzucht) Fruchtbarkeitsverluste (um 44 Tage verlängerte ZKZ => 1 € Mehrkosten/Tag [Rudolphi] x 720 Kühe ; Besamungsaufwand um 0,5 höher/ je Punkt 25,-€) Impfkosten (ab 2011 – 4x Impfung Bestand) 40.680 20.000 Gesamtverlust -278.000 Verlust: 386 € je Kuh Ahrens, Thüringer Tierseuchenkasse 2012 Folie: Dr. Elschner Säulen der BVD-Bekämpfung Status Intervention Prävention (PI-Detektion) (PI-Abschaffung) (Schutz vor NI, Impfung) Kernaussagen der BVD-Verordnung 11. Dezember 2008 - gültig ab: 1.1.2011 1. Pflichtuntersuchung auf BVD-Antigen bzw -Genom: für Kälber bis zur Vollendung des 6. Lebensmonats vor dem Verbringen bei klinischem Verdacht auf Mucosal Disease negativ Status unverdächtig 2. Unverzügliche Tötung von persistent infizierten (PI-) Tieren) 3. Handel nur mit unverdächtigen Tieren (mit Ausnahmen) Anzahl Pi-Tiere 2011 und 2012 und Rinderbestand nach TGJB 2011 Bilanz 2011/2012: > 36 000 PI-Tiere detektiert und eliminiert Tempounterschiede zwischen den Bundesländern Neuausbrüche mit z.T. sehr hoher Tierzahl (Rückgang der Impfdichte) Diagnostik wird Anforderungen gerecht Hemmnisse/Risiken: • Langer Verbleib von PI-Tieren in den Beständen (bis 8 Monate) • Handel mit nicht untersuchten Kälbern, bzw. vor U-Ergebnis (2012: Ausfuhr von 26 059 Kälbern ohne Untersuchung, 158 074 Verbringungen im Inland) • Sammelstellen/Umladen/Trennung von Tieren mit unterschiedlichem Status • Alte PI-Tiere (2012: 1 265 PI > 12 Monate) • Unzureichende Erfolgskontrolle (Serologie) • Einstellung zur BVD-Bekämpfung (ohne Landwirte und Viehhändler geht es nicht) Hämorrhagisches Syndrom und Mucosal Disease-like Erkrankungen durch akute Infektionen mit BVDV-2c in Deutschland BVDV-2c NRW 1413 Hackstein BVDV cp Biotyp BVDV ncp Biotyp Situation akute klinisch relevante BVDV-2c Infektionen in NRW (Kleve, Viersen, Borken, Steinfurt) Niedersachsen (Emsland, Ammerland, Friesland) Niederlande ( mind. 5 Bestände) Herkunft/Einschleppungswege Unbekannt (Einschleppung, molekulare Evolution? ) Erstauftreten wahrscheinlich Ende Oktober (Bericht Wusterhausen) Wesentliche Verbreitungswege: Tiertransporte, Personenkontakt; Abproduktetransport Virämie und Virusausscheidung nach Feldinfektion mit aktuellem BVDV-2c Virämie über 8 Wochen DE 05 372 30199 Analogien zur Schweinepest !!! Vacoviron OS ELISA pos PCR pos AK-neg 22.1.2013 AG ELISA: pos AK ELISA: neg 15.2.2013 6.2.2013 Tod 3.4.2013 4.4.2013 Was tun ? Sich vom BVD-Klischee lösen Hier geht es nicht um „Fälle“ (Auftreten eines PI-Tieres), sondern um Seuchenausbrüche BVD-Verordnung hilft nicht wesentlich weiter Diagnostischen Möglichkeiten nutzen BVDV-2c wird von den üblichen Diagnostikmethoden erfasst Spezifische BVDV-2 Nachweise etablieren („AVID“-PCR, BVDV-2c real time PCR des FLI, phänotypische Charakterisierung mit monoklonalen Antikörpern) Differenzierende Antikörpernachweise schwieriger und nur in begrenzter Zahl anwendbar Regelungen über Erlasse (TS-Gesetz Teil d) Schutzmaßnahmen gegen die besondere Gefahr einer Tierseuche) Impfungen: Generell: keine homologen Impfstoffe, eingeschränkter Impfschutz und viele unklare Fragen Notimpfung: Lebendimpfstoff Vacoviron o Aborte nach Impfung (?), Todesfälle nach Impfung (?), Induzierung von Dauerausscheidern (?) Daten sammeln !! o Impfung entgegen den Einsatzempfehlungen der Hersteller (wer kommt für Schäden auf ??) Prophylaxe: Vacoviron (Kälber) oder zweistufig Sperrmaßnahmen analog Schweinepest VO – 30 Tage Güllebehandlung: nach TSBH KSP 3 d > 50 oC Kalkmilch/Natronlauge: 4 d Sperrfrist oder Zumischen von NaOH bei Gülleentnahme bis 1,5% Endkonzentration (Lit.: Überlebenszeit von BVDV in Gülle 6-24 Tage) Mist gepackt mit Branntkalk: 5 Wochen/10 Wochen Sperrmaßnahmen: Handelsverbot für betroffene Bestände (außer zur Schlachtung) Regelungen bzw. eingeschliffene Verfahrensweisen für betroffene Region überprüfen und ggf. stringenter gestalten (Handel mit nicht untersuchten Tieren bzw. vor Ergebnis) Ausfuhr 2012 ohne Untersuchung: 26 059 o davon NI: 5 612 o davon NW: 4 974 Verbringung Inland 2012 ohne Untersuchung: 158 074 o davon NI 13 604 o davon NW 56 523 Aufhebung von Sperrmaßnahmen (in heftiger Diskussion) 3 Wochen (alt. 30 d) nach Abklingen der klinischen Erscheinungen und Untersuchung aller Tiere mittels PCR (Blut oder Nasen-/Maultupfer, Milch) • und mind. 3 Wochen zurückliegende Bestandsimpfung (Goldstandard - ggf. individuell anpassen, Auflagen für aufnehmenden Bestand) BVDV-2c Fazit zwar kein absolut neues Virus, aber eine völlig neue Situation Vorstellungen über die BVD, die wir nach Bundesverordnung bekämpfen, passen nicht viele Ähnlichkeiten mit der Schweinepest Anstrengungen unternehmen, um Ausbreitung zu verhindern ohne Landwirte und Viehhändler geht es nicht Gelegenheit nutzen, um „Grundordnung“ der BVD-Bekämpfung zu überprüfen (z.B. Verweildauer von PI-Tieren, Tierhandel) Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!