Einführung in die Trigonometrie Das Wort Trigonometrie stammt aus dem Griechischen und enthält die beiden Wörter Dreieck (Trigon) und Messen (metrein). Wie der Name also sagt, versteht man unter Trigonometrie das Messen und Berechnen von Dreiecken. Viele Probleme aus den verschiedensten Bereichen wie Landvermessung Astronomie Seefahrt etc. lassen sich mit Hilfe trigonometrischer Berechnungen lösen. Beispiel 1) Höhenbestimmung eines Baumes Distanz 2) Höhenbestimmung eines Berges Standlinie 3) Kurs eines Schiffes 1 4) Entfernungsmessung über einen See hinweg B A Offenbar ist allen Beispielen gemeinsam, daß Dreiecke mit ihren - Seitenlängen und Winkeln eine wesentliche Rolle spielen. Trigonometrie bedeutet somit, die Beziehungen in einem Dreieck zu studieren. Betrachten wir zunächst das folgende Dreieck etwas genauer. Erinnern wir uns an den Strahlensatz, so wissen wir, daß die Verhältnisse aus Höhenzuwachs : zurückgelegtem Weg der beiden Dreiecke gleich sind. Oder anders formuliert: In ähnlichen Dreiecken sind die Seitenverhältnisse der einander entsprechenden Seiten gleich. Demnach liegt es nahe, das obige Seitenverhältnis mit dem Winkel zu identifizieren. Man sagt auch, daß das Verhältnis eine Funktion des Winkels ist. Diese Funktion nennt man den Sinus des Winkels und definiert: Gegenkathe te sin Hypotenuse 2 Weitere wichtige Definitionen für Seitenverhältnisse im Dreieck sind: cos Ankathete Hypotenuse tan Gegenkathe te Ankathete Nun kommen wir zur Definition der trigonometrischen Funktionen am Kreis mit Radius 1 – man spricht dann vom Einheitskreis. P tan 1 sin cos Zur Motivation sollten wir uns jedoch noch einmal klar machen, warum es genügt, diese Definitionen am Einheitskreis zu formulieren. Dazu betrachten wir erneut Beispiel 1, wo die Höhe eines Baumes bestimmt werden soll. Wir messen zuerst die Distanz zwischen unserem Beobachtungsstandpunkt und dem Baumstamm und dann den Winkel , mit dem wir die Spitze des Baumes anvisieren. Nehmen wir folgende Messergebnisse an: = 30° und Distanz = 25 m. Am Einheitskreis verschieben wir Punkt P so, daß wir gerade einen Winkel von = 30° erhalten, und messen die Strecke tan , die ja das Verhältnis aus Gegenkathete zu Ankathete darstellt. Wir erhalten ungefähr 0,58. Jetzt fassen wir unsere Ergebnisse in folgender Zeichnung zusammen: 3 h 0,58 30° 1m 25 m Da das graue Dreieck aus dem Einheitskreis dem großen Dreieck ähnlich ist, wissen wir, daß deren Seitenverhältnisse gleich sind. Somit können wir die unbekannte Höhe h des Baumes mit der folgenden Gleichung bestimmen: 0,58 h h 14,5 1 25 Halten wir also fest: Wir können die Höhe des Baumes bestimmen, da uns mit Kenntnis des Winkels das Seitenverhältnis Gegenkathe te tan Ankathete am Einheitskreis bekannt ist und damit ist aus Ähnlichkeitsgründen auch das Seitenverhältnis des großen Dreiecks. Natürlich müssen wir nicht jedes Mal am Einheitskreis die Seitenverhältnisse messen, um solche Aufgaben zu rechnen. Vielmehr ist es angebracht, zunächst einmal die Sinus-, Kosinus- und Tangenswerte bestimmter Winkel mit Hilfe des Einheitskreises zu ermitteln und in einer Tabelle zusammen zu fassen. Oder man stellt sich mit Hilfe eines Taschenrechners eine solche Tabelle her; denn die dort vorzufindenden Werte beziehen sich auf den Einheitskreis. Gebräuchliche Werte trigonometrischer Funktionen 0° 30° 45° 60° 90° 1 1 1 sin 0 1 2 2 2 2 3 cos 1 1 2 3 tan 0 1 3 3 1 2 2 1 1 2 3 0 nicht definiert Für die Höhenbestimmung des Baumes formulieren wir also die Gleichung wie folgt um: tan 30 h Taschenrechner h 0,58 h 14,5 25 25 Wir haben damit ein Beispiel gesehen, wo die Kenntnis der Werte trigonometrischer Funktionen am Einheitskreis zur Problemlösung führte. 4 Im folgenden betrachten wir die Winkelfunktionen sin, cos und tan, die alle aus dem Einheitskreis hervorgehen. Eine schöne Veranschaulichung dieses Sachverhaltes findet man im Netz auf der Seite www.mathe-online.at/galerie/wfun/wfun.html#winkelf Die Winkelfunktion sin Jeder Gradzahl wird die Strecke sin aus dem Einheitskreis zugeordnet. Man kann direkt die nachfolgend aufgeführten Werte ablesen. 0 sin 0 0 90 sin 90 1 180 sin 180 0 270 sin 270 1 360 sin 360 0 1,5 1 0,5 0 -0,5 0 90 180 270 360 450 540 630 720 -1 -1,5 Gradzahl Wie am Einheitskreis schon zu vermuten war, wiederholen sich die Werte sin stets nach 360°. Die Sinusfunktion hat damit die Periode 360° und nimmt zudem nur Werte im Intervall [-1, 1] an. Allerdings besitzt diese Funktion einen Nachteil. Ihr Definitionsbereich besteht nicht aus reellen Zahlen, sondern aus Gradzahlen. Dieser Umstand läßt sich jedoch leicht beheben, wenn man die Gradzahl 360° mit dem Umfang des Einheitskreises, der gerade 2 ist, identifiziert. Unter Verwendung des Dreisatzes hat man damit etwa folgende Tabelle: 0 0 90 2 180 270 3 2 360 2 Allgemein wandelt man wie folgt um: 180 Ersetzt man Gradmaß durch Bogenmaß, so erhält man die Sinusfunktion mit reellem Definitionsbereich. 5 Die Winkelfunktion cos Jeder Gradzahl wird die Strecke cos aus dem Einheitskreis zugeordnet. Man kann direkt die nachfolgend aufgeführten Werte ablesen. 0 cos 0 1 90 cos 90 0 180 cos180 1 270 cos 270 0 360 cos 360 1 1,5 1 0,5 0 -0,5 0 90 180 270 360 450 540 630 720 -1 -1,5 Gradzahl Wie am Einheitskreis schon zu vermuten war, wiederholen sich auch die Werte cos stets nach 360°. Die Kosinusfunktion hat damit ebenso die Periode 360° und nimmt zudem nur Werte im Intervall [-1, 1] an. Selbstverständlich kann auch die Kosinusfunktion mit einem reellen Definitionsbereich formuliert werden, indem Gradmaß in Bogenmaß umgewandelt wird. Die Winkelfunktion tan Jeder Gradzahl wird die Strecke tan aus dem Einheitskreis zugeordnet. Man kann direkt die nachfolgend aufgeführten Werte ablesen. 0 tan 0 0 45 tan 45 1 90 nicht definiert 135 tan 135 1 180 tan 180 0 Im Gegensatz zur Sinus- und Kosinusfunktion hat die Tangensfunktion die Periode 180°. Ihre Werte nimmt sie in ganz IR an und ist für 90° und 270° nicht definiert. Anmerkung: Strebt von „links“ gegen 90°, so wird tan immer größer. Strebt von „rechts“ gegen 90°, so wird tan immer kleiner. Was dies genau bedeutet, wird später bei der Betrachtung von Grenzwerten klar werden. 6 10 8 6 4 2 0 -2 0 30 60 90 120 150 180 210 240 270 300 330 360 -4 -6 -8 -10 Gradzahl Bemerkung Zwischen den Winkelfunktionen kann man viele nützliche Beziehungen herstellen, die das Rechnen in der Trigonometrie unter Umständen sehr vereinfachen können. Wir betrachten zunächst folgende Beispiele: 1) Die Koordinaten des Punktes P am Einheitskreis sind offenbar P = (cos / sin ). Mit der Anwendung des Satzes von Pythagoras gilt: (sin )2 + (cos )2 = 1 2) Für eine reelle Zahl r gilt unter Berücksichtigung der Periode 2 sin(r + 2) = sin(r) 3) Die Sinusfunktion ist symmetrisch zum Ursprung. Daher gilt für eine reelle Zahl r: sin(-r) = -sin(r) 4) Verschiebt man die Kosinuskurve um /2 nach rechts, so geht sie in die Sinuskurve über. Es gilt demnach für eine reelle Zahl r: cos(r - /2) = sin(r) 7 Umkehrfunktionen trigonometrischer Funktionen Das nachfolgende Rechteck ist eindeutig bestimmt durch die beiden Seiten a = 3 und b = 5. b a Wie läßt sich nun mit den bekannten Angaben der Winkel bestimmen? - Man kann das Dreieck mit Zirkel und Lineal konstruieren (Wie lautet eigentlich die Konstruktionsbeschreibung dieses Dreieckes?) und dann messen. Man weiß allerdings auch, daß das Verhältnis Gegenkathe te a 3 0,6 Hypotenuse b 5 eine Funktion des Winkels ist und damit sin = 0,6 sein muß. Eine Umkehrfunktion, die bestimmten reellen Zahlen Gradzahl oder Bogenzahl zuordnete, könnte also einen entscheidenden Beitrag zur Lösung des oben aufgeführten Problems leisten. Wir fragen uns daher, ob die Sinusfunktion eine Umkehrfunktion besitzt. Wir erinnern uns, daß aber nur streng monotone Funktionen eine Umkehrfunktion besitzen. Die periodische Sinusfunktion ist aber – wie wir gesehen haben – nicht streng monoton. Zum Glück läßt sich jedoch auch dieses Problem ganz leicht beheben; denn schließlich kennt man die Sinuskurve bereits auf ganz IR, wenn man sie nur auf einem Intervall I kennt. Warum wohl?? Betrachten wir die Sinuskurve auf dem Intervall I = 2 , 2 , so können wir feststellen, daß die Sinusfunktion dort streng monoton wächst und somit eine Umkehrfunktion besitzt – nämlich sin-1 : [-1, 1] 2 , 2 Da auf den meisten Taschenrechnern die Umkehrfunktionen der trigonometrischen Funktionen zu finden sind, können wir das einführende Beispiel sofort lösen. Wir verwenden Gradzahlen und erhalten sin 0,6 sin 1 (0,6) Taschenrechner 36,86 . So weit, so gut. Dennoch müssen wir uns mit einem weiteren Problem herum schlagen. Betrachten wir nämlich für 0 360 und 1 a 1 die Gleichung sin = a, so zeigt uns die Sinuskurve, daß mitunter mehrerer Lösungen auf dem Intervall [0°, 360°] möglich sind. Der Taschenrechner liefert uns für jede Gleichung jedoch stets nur einen Wert T. (Der Index T steht für Taschenrechner!) 8 Zur Lösung des Problems betrachten wir die Gleichung für zwei Fälle. 0 a 1 1. Fall 1,5 a 1 0,5 0 0 90 180 270 360 450 540 630 720 -0,5 -1 -1,5 Gradzahl aT eine weitere Lösung Da sin auf [0°, 180°] symmetrisch zur Geraden durch 90° ist, erhält man als zweite Lösung 180° - T und damit als Lösungsmenge der Gleichung IL = {T, 180° - T} 1 a 0 2. Fall die beiden Lösungen 1,5 -a 1 0,5 0 0 90 180 270 360 450 540 630 720 -0,5 a -1 -1,5 aT Gradzahl Ist a negativ, so ist –a positiv. Der Taschenrechner liefert für –a den Wert T. Da die Sinuskurve symmetrisch zum Punkt (180°, 0) und periodisch mit 360° ist, lautet die Lösungsmenge: IL = {T + 180, 360 - T} 9 Aufgabe Für cos und tan geht man analog vor. Ermittle auf der Grundlage des Beispiels der Sinuskurve die Lösungsmengen der Gleichungen cos = a und tan = a und benutze dafür die Schaubilder der Funktionen. 10