Handout

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Handout
5th Swiss Forum for Mood and Anxiety Disorders
(SFMAD)
Jubiläums-Symposium
5 th Swiss Forum for Mood and Anxiety Disorders (SFMAD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren
Am Donnerstag, 10. April 2014 fand die 5-Jahres-Jubiläumstagung der
SGAD, dem «Swiss Forum for Mood and Anxiety Disorders» statt. Die
Schweizerische Gesellschaft für Angst und Depression (SGAD) verfolgt mit
diesem jährlichen Symposium eines ihrer wesentlichsten Ziele: die
Verbreitung von Wissen über Diagnostik und Behandlung der häufigsten
psychischen Störungen.
An der diesjährigen Veranstaltung gaben namhafte Referenten ein Update
zum State-of-the-Art der Angst- und Depressionsbehandlung unter
Integration von Forschung und Zukunftstrends. Alt-Bundespräsident HansRudolf Merz eröffnete das Symposium mit einem Bericht über seine
persönlichen Grenzerfahrungen. Die renommierte Direktorin der Kinderund Jugendpsychiatrie der Universität Zürich, Prof. Dr. med. Dipl.- Psych.
Susanne Walitza gab anschliessend ein Update über die Behandlung von
Depression und Angststörungen bei dieser speziellen Patientengruppe.
Besonders freute uns, dass Prof. Dr. med. Dr. h. c. Jules Angst seine
Erkenntnisse aus jahrelanger epidemiologischer Forschung präsentierte
und dass der Pionier der evidenzbasierten Psychiatrie, Prof. Dr. med. Dr.
rer. nat. Dr. h. c. mult. Florian Holsboer darüber referierte wird, wie wir in
10 Jahren therapieren werden. Das Symposium schloss von Prof. Dr. med.
Erich Seifritz ab, der die praxisrelevanten Aspekte von DMS-5 und ICD-11
beleuchtete.
Freundliche Grüsse
Prof. Dr. med.
Edith Holsboer-Trachsler
Dr. med.
Josef Hättenschwiler
Prof. Dr. med.
Erich Seifritz
Inhaltsverzeichnis
Depression und Angststörungen im Kindes- und Jugendalter:
Was gibt es Neues?
Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Susanne Walitza
Epidemiologische Forschung:
Aktuelles und Relevantes für die Praxis
Prof. Dr. med. Dr. h. c. Jules Angst
Angst- und Depression:
Wie therapieren wir in 10 Jahren
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Dr. h. c. mult. Florian Holsboer
DSM-5 und ICD-11:
Was Sie für die Praxis wissen müssen
Prof. Dr. med. Erich Seifritz
Depression und Angststörungen im
Kindes- und Jugendalter:
Was gibt es Neues?
Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Susanne Walitza
Angst und Depression im Kindes- und
Jugendalter: Was gibt es Neues?
Susanne Walitza
KJPD Universitätsklinik Zürich
Jubiläumstagung SGAD
Häufigkeit im Kindesund Jugendalter
• Angststörungen: bis 11.5% (31.9%)
• Depressionen: 1-5% (14.3%)
• ADHS: 2-5% (8.7%)
Nach DSM-5
Merikangas et al., 2010 (face to face survey:
10,123 Jugendliche 13-18 J., USA)
Häufigkeit im Kindes- und
Jugendalter
11,5% der Kinder erfüllen in einem 12-Monatszeitraum die
Kriterien für Angststörungen. Die häufigste Angststörung im
Kindesalter (<12 J) ist die Trennungsangststörung (ca. 4%).
16 % der Jugendlichen erfüllen im 12-Monatszeitraum die
Kriterien für spezifische Phobien, gefolgt von 7% für soziale
Phobie. Die Prävalenzen sinken mit dem zunehmenden
Alter.
Generalisierte Angststörungen wurden bei 3-5 % aller
Jugendlichen ermittelt
Nach DSM-5, 2013, Burstein et al., 2014
Gesundheit und Lebensstil von
Jugendlichen der Stadt Zürich,
Schülerbefragung 2012/13
• Körperliche Beschwerden und Schmerzen Mehrmals
pro Woche oder täglich:
• ▸17 % Rückenschmerzen
• ▸15 % Kopfschmerzen
• ▸11 % Bauchschmerzen
• ▸13 % andere Schmerzen
• Mädchen leiden deutlich häufiger an Schmerzen als
Knaben
Jugendliche der 2. Sekundarstufe, N = 1844;
Stadt Zürich, Schulgesundheitsdienste, Wiegand et al., 2014
Psychische Gesundheit Angst und Depression
• Bei 16 % der Jugendlichen Hinweise auf Angststörungen
• Bei 17 % der Jugendlichen Hinweise auf depressive
Symptome
• Mädchen leiden häufiger an depressiven
Verstimmungen und Ängsten als Knaben
Jugendliche der 2. Sekundarstufe, N = 1844; Fragebogen: PHQ-4 (phqscreeners.com)
Stadt Zürich, Schulgesundheitsdienste, Wiegand et al., 2014
Bsp. Diagnostik von Angst
im Kindes- und Jugendalter
• Anamnese und klinischer Verlauf
• Fragebögen: CBCL oder YSR: «internalizing
problem scales» haben sehr gutes
Diskriminationspotential (van Meter et al., 2014)
• SDQ
• Kiddie Sads, Preschool Age Psychiatric
Assessment
• Angstspezifische Instrumente
Bsp. Diagnostik von Depression
im Kindes- und Jugendalter
• (Fremd-) Anamnese, Exploration
• Beobachtung
• CBCL, YSR, SDQ (Screening)
• Spezifische Diagnoseinstrumente
– Depressionsinventar für Kinder und Jugendliche
(DIKJ)
– Depressionstest für Kinder (DTK)
– Beck Depressionsinventar (BDI)
– Allgemeine Depressionsskala (ADS)
Angst und Depression im
Vorschulalter
Kindergartenreihen-Untersuchung: N = 231 (3.1 bis 5,3 J.),
Instrumente: SDQ, Preschool Age Psychiatric Assessment
• Angststörungen > 30%, depressive Störungen 2.2-5%.
Kinder mit Angststörungen waren über die Störung hinaus
kaum auffälliger als gesunde Kinder.
• Kinder mit Depression bzw. Depression und Angst,
zeigten deutliche Auffälligkeiten (höhere
Beeinträchtigung, psych. Komorbiditäten, negativeres
Familienklima).
• Das Erzieherurteil wich stark vom Elternurteil ab.
Otto et al., 2014
Behandeln von Angststörungen und
depressiven Störungen
im Kindes- und Jugendalter
Therapie
• Psychoedukation
• Verhaltens- / Psychotherapie
• Medikamentöse Therapie
Psychoedukation
Z.B. Ursachen Angststörungen
Für Trennungsangst
findet man bei
eineiigen Zwillingen
eine
Konkordanz bis 70%
DSM-5, 2013
Modell zur Entwicklung von
kindlichen Angststörung
Biologie:
Genetik ( bis 70%)
Temperament
Eltern:
Psych. Probleme
Erziehungsverhalten
Ängstliches,
unsicheres Kind
Gedanken, Gefühle,
soziale Fertigkeiten
des Kindes
Soziale
Lernerfahrung
Überforderung
Maur-Lambert, Landgraf & Oehler, 2003
Psychoedukation für das Kind
S. Schneider
Wie fühlt sich Angst an?
Herzklopfen
komisches
Gefühl im Magen
Schwindel
Psychoedukation für das Kind
Wie fühlt sich Angst an?
ich werde
verrückt
ich werde
sterben
1.
Zusammenfassung:
Therapie Angst KJP
• Kognitive Verhaltenstherapie:
Evidenzgrad I und 1. Wahl bei Kindern und
Jugendlichen
• Einbezug der Eltern:
Wird empfohlen, hier ist Evidenz nicht eindeutig
belegt
• Medikation mit SSRI:
Bei erfolgloser Psychotherapie, sehr schweren
Fällen oder um Teilnahme an Psychotherapie
überhaupt zu ermöglichen
Leitlinien DGKJPP, 2007, ZHAW, 2010, DSM-5
Angst: Ergebnisse zur kognitiven
Verhaltenstherapie bei Kindern
• 41 RCTs (1806 Kinder und Jugendliche mit milder oder
moderater Angst) verglichen mit einer Warteliste (N =
1350) signifikant bessere Outcomewerte, NNT: 6
• Verglichen mit anderen aktiven Therapien (N = 426
Patienten) keine höhere Effektivität.
• Cochrane Conclusion: limitierte Evidenz, dass CBT
besser ist als andere aktive Therapien
Cochrane, James et al., 2014
PTSD bei Kindern und
Jugendlichen
• 14 Studien mit 758 Kindern und Jugendlichen.
• Angst, Depression, die störungsspezifische
Symptomatik verbesserte sich unter CBT und
anderen Psychotherapien verglichen mit einer
Kontrollgruppe.
• CBT schnitt im Vergleich am besten ab.
Nebenwirkungen wurden nicht berichtet.
•
Keine Aussage über Art der Traumata möglich
Cochrane; Gillies et al, 2012
Soziale Phobie
Therapie-Materialien
•
•
•
•
•
•
Konzentriert sich auf die kognitiven
Anteile der Therapie
für Kinder zwischen 7-12 Jahren
ca. 20 Sitzungen,
im wöchentl. Abstand
4 Elternsitzungen.
Dauer von 50-60 Minuten
Therapie am Beispiel
Soziale Phobie
• Identifikationsfigur (z.B. Froschpuppe)
• Externalisierung der Angst: Angstmonster
• Vermittlung eines Erklärungsmodells der Angst
• Entwicklungsanpassung
• Starke Problemorientiertheit
• Hausaufgaben
• Graduierter Familieneinbezug
• Booster sessions
• Cognitive behavioral therapy of socially phobic
children focusing on cognition: a randomised
wait-list control study:
• Signifikant bessere Ergebnisse
störungsspezifisch und übergreifend als Werte
Kontrolle, niedrige Abbruchrate
DFG, Melfsen et al., 2011
Melfsen und Walitza 2012
Melfsen, Walitza 2012
Gruppen-Verhaltenstherapie
bei Sozialphobie
• Photo von Kind in der Gruppentherapie
Innovative Behandlungen im
Kindesalter
Kognitive Verhaltenstherapie
Ricky and the Spider
Medikation
Antidepressiva, SSRIs
• Angst:
6 Studien (562):
• Zwang:
6 Studien (363):
• Depression: 15 Studien (1552):
NNT 3
NNT 6
NNT 10
• bei Kindern unter 12 Jahren: nur Fluoxetin
positiver Effekt
Bridges et al., 2007; Metaanalyse SSRI bei Angst, Depression, Zwang
Medikamentöse Therapie
Angst KJP
• 22 Therapien (< 16 Wochen) RCTs (N =2519)
• 14 dieser Studien untersuchten SSRIs:
Medikation ist Plazebo überlegen (58.1% vs 31.5%)
• Abbruchrate war mit 4.9% niedrig
• Imipramine und Benzodiazepine werden nicht
empfohlen
Cochrane Database 2009: Ipser et al. 2009
Medikamentöse Therapie
Angst KJP
• 14 trials aus der Cochrane Analyse 2009 plus 2
neue Studien
• Fluoxetine, Fluvoxamine, Paroxetine, Sertraline,
Venlaflaxine im Vergleich
• Alle SSRIs waren Plazebo überlegen
• Fluvoxamine gefolgt von Fluoxetin
erreichten die besten Werte bei der
Response und Verträglichkeit
• Venlaflaxine schnitt schlechter ab als die SSRIs
Uthman & Abdulmalik 2010
Zusammenfassung:
Therapie Depression KJP
• Kognitive Verhaltenstherapie /CBT:
Evidenzgrad I/II und 1. Wahl bei Kindern und
Jugendlichen
• Interpersonelle Therapie (IPT)
• Medikation mit SSRI:
Bei erfolgloser Psychotherapie, sehr schweren
Fällen zusammen mit CPT oder IPT
Leitlinien Depression S3 DGKJP 2013, ZHAW, 2010, DSM-5
Psychotherapie
CBT
• Kognitive Verhaltenstherapie (CBT) bei leichten
bis schweren Depressionen
• Zur Akut- und Langzeitbehandlung
• Effektivität geringer als bei Angststörungen*
DGKJPP 2007, 2013; *Bachmann et al.,
2008, Dolle, Schule-Körne et al., 2013
Psychotherapie
CBT
• Effektstärken für CBT mittel bis klein (0.53*)
• Problem: Module wenig auf Kinder und
Jugendliche adaptiert, Empfehlung ab 10
Jahren**.
• Einbezug der Eltern (Evidenz noch nicht
ausreichend***), aber empfohlen auch wegen
familiärer Belastung**
*Klein et al., 2007 Metaanalyse, **Seiffge-Krenke, 2007
*** Carr et al., 2008
TADS, 2007
• gemessen mit CGI-I zeigten sich folgende Raten
des Ansprechens:
Kombination: 71.0%
Fluoxetin allein: 60.6%
kognitive VT allein: 43.2%
Placebo: 34.8%
• gemessen als numbers needed to treat (NNT):
•
Kombination: NNT = 3
•
•
Fluoxetin allein: NNT = 4
kognitive VT allein: NNT = 12
Psychotherapie
IPT
• Interpersonelle Therapie (IPT) nach DGKJPP
Leitlinien bei leichter und mittelschwerer
Depression
• Kaum randomisierte Untersuchungen im Kindesund Jugendalter
• Effektstärken ähnlich gross wie bei KVT
z.B. Carr et al 2008; Cheung et al., 2007
Young et al., 2006
Trizyklische AD für die
Behandlung von Kindern
• 14 RCT (590 Kinder 6-18 J). Keine
antidepressive Wirkung, keine Verbesserung
gegenüber Placebo. Hinsichtlich einiger
Nebenwirkungen wie Übelkeit, trockener Mund,
orthostatischer Dysregulation schnitten die AD
deutlich schlechter ab als Placebo
• Zusammenfassung Tricyclische AD sind nicht für
die Behandlung von Kindern und Jugendlichen
empfohlen
Cochrane update of 2002, 2006, 2010
Hazell and Mirzaie 2013
Cochrane Depression
verschiedene Interventionen
10 RCTs mit Kindern und Jugendlichen (6-18 J., N = 1235)
mit DSM- oder ICD-Diagnose einer depressiven Störung
• Conclusion Cochrane: limitierte Evidenz für
Psychotherapie, Medikation und Kombination bei
Kindern und Jugendlichen Weitere RCTs mit
ausreichender Teststärke werden benötigt.
• Unter Einschluss von 6-25-jährigen: Eine begrenzte
Anzahl an Studien fand, dass Medikation die
Wahrscheinlichkeit von Rückfällen/Rezidiven senkt.
Cochrane: Cox et al., 2012a und b
Multiple Treatment
Metaanalyse Kinder und
Jugendliche mit Depression
21 RCTs (4969 Kinder und Jugendliche)
• Kombination Fluoxetine/CBT zeigte die höchste Effektivität,
Fluoxetin > CBT
• Die Akzeptanz und Verträglichkeit war jedoch höher für Sertraline,
Paroxetin, Escitalopram und Venlafaxine gegenüber Fluoxetin und
Kombination mit Fluoxetin
• Mirtazapine und Venlafaxine schnitten bezüglich Sicherheit sehr gut
ab
Zusammenfassung: von Zhang und Zhang: Sertraline und Mirtazapin
zeigen ein sehr gutes Wirkungs-, Nebenwirkungsprofil und werden in
dieser Arbeit als erste Wahl empfohlen
Cochrane eingeschlossen: Zhang and Zhang 2014
Cochrane Depression
2014
• «Paroxetine versus other anti-depressive agents
for depression»
• erste Response (1-4 Wochen): Mirtazapin>
Paroxetin> Reboxetin
• Behandlung der akuten Phase (6-12 Wochen) :
Citalopram > Paroxetin, sonst keine
Unterschiede zu anderen SSRIs
Cochrane: Purgato et al., 2014
SSRIs kein Unterschied für
Suizidrisiko für Kinder und
Jugendliche
Retrospektive Kohortenstudie (mehr als 36.000
Kinder- und Jugendliche = Neuanwender von
SSRIs: Sertralin, Paroxetin, Citaopram.
Escitalopram, Venlafaxin im Vergleich zur 1. Wahl
Fluoxetin)
Zwischen 1996 bis 2005: 419 Suizidversuche,
kein Unterschied in Abhängigkeit vom
Medikament. Nur wenn Kombinationen von
Medikamenten , dann mehr Suizidversuche als
unter Fluoxetin
Cooper et al., 2014
Zulassung für SSRIs
Kindes und Jugendalter
• Fluoxetin (Fluctine®): Schweiz nicht unter 18 J empfohlen; D: 8 J.
für Zwänge und mittelgradig bis schwere Depression; USA ab 7
Jahren für Depression
• Fluvoxamin (Floxyfral junior®): Schweiz ab 8 J für Zwänge; USA ab
8 Jahren für Depression, ab 7 Jahren für Zwänge, D: 8 Jahre
Zwänge
• Sertraline (Zoloft®): Schweiz ab 6 J für Zwänge; D.: nicht
zugelassen; USA 6 Jahre Zwänge
• Citalopram, Escitalopram Cipralex® nicht zugelassen unter 18 J.
• Paroxetin Deroxat ®nicht zugelassen unter 18 J.
• Johanniskraut: Deprivita ®: Schweiz: keine Zulassung unter 18J.;
D: depressive Verstimmung und Angst ab 12 Jahren
Für Schweiz: Arzneimittelkompendium 2011
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Epidemiologische Forschung:
Aktuelles und Relevantes für die Praxis
Prof. Dr. med. Dr. h. c. Jules Angst
09.04.2014
Epidemiologie von Angststörungen
und affektiven Störungen
Jules Angst
Department of Psychiatry, Psychotherapy and
Psychosomatics
Psychiatric Hospital, University of Zurich
[email protected]
Zürich Studie 1978-2008
Alter
19
Männer
Frauen
2201
2346
Alter
20
1978 Screening
20
292
299
21
1979 Interview
21
234
270
22
1980 Fragebogen
22
220
236
23
1981 Interview
27
225
232
28
1986 Interview
29
200
224
30
1988 Interview
34
192
215
35
1993 Interview
40
162
205
41
1999 Interview
49
144
191
50
2008 Interview 57%
57%
1
09.04.2014
ZH-Study
Cumulative incidence rates
Cumulative incidence rates of depression and
mania/hypomania (ages 20/21 to 49/50)
40
34.79
35
29.31
30
23.62
Percent
25
19.4
20
Major Depression
14.56
Mania/Hypomani
a
15
9.91
10
5
4.07
2.96
3.81
4.5
1988
1993
5.38
6.33
0
1979
1981
1986
1999
2008
Assessment Wave
2
09.04.2014
Kumulative Häufigkeiten (% Inzidenzen) von
Angstzuständen vom 20.-50. Altersjahr
Generalisierte Angst
Panik
Kumulative Häufigkeiten (% Inzidenzen) von
Phobien vom 20.-50. Altersjahr
Agoraphobie
Soziale Angst/
Phobie
Spezifische Phobie
3
09.04.2014
Kumulative Inzidenz der
Angststörungen (Panik, GAD, Phobien)
Phobien und Angstzustände
Kumulative Inzidenz bis zum 50. Altersjahr
%
25
22.28
20
18.37
15
12.3
10
7.63
5.27
5
0
Agoraphobia
Social Phobia
Specific Phobia
Panic Disorder
GAD
8
4
09.04.2014
Lebenszeit-Behandlungsprävalenz in %:
Depression und Angststörungen
50
43.98
45
40
34.08
35
33.75
28.42
30
25
23.89
M
22.93
F
M+F
20
15
9.05
10
5.32
7.22
5
0
Depression
Anxiety/Panic
Phobia
Twelve-month prevalence rates
of broad diagnostic categories
35
30
25
20
Mood disorder
%
Anxiety disorder
15
SUD w/o tobacco dep.
10
5
0
age
20-28
29-35
40-50
5
09.04.2014
Presence of diagnoses across three
decades of life (20-29, 30-39, 40-49)
% unweighted
100
Mood
90
Anxiety/Panic attachs
78.2
80
Phobias
65.5
70
63.2
60
50
40
26.9
30
26.3
17.2
20
7.6
10
10.5
3.9
0
1x
2x
3x
moodzhdsm8
Diagnoses and anxious personality
(gender difference p<.09)
anxious (von Zerssen)
mean
50
40
31.5
30
28.3
23.4
18.6
20
10
0
MDD
unpublished
BP-II
BP-I
M/Md
p<.0001
6
09.04.2014
Ängstliche Persönlichkeit und Überleben
Im Jahr 2009 noch am Leben
%
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
22.0
8.4
kaum ängstl.
(107)
11.0
6.7
leicht ängstlich
ziemlich
(90)
ängstlich (107)
sehr ängstlich
(98)
p<.005
Mixed anxiety and depression
disorder
• Proposed by David Goldberg, Institute of Psychiatry, London
• Not approved by DSM-5
Proposed definiton:
• 5/9 depressive symptoms plus 2 or more anxiety symptoms:
Nervous and anxious, uncontrolled worrying, difficulties to
relax, restless/not keeping still, fear that something awful will
happen
• 2 weeks’ duration
• Causing some disability or signif. impairment in functioning
7
09.04.2014
Zurich Study: Comorbidity of GAD 1 mth.: (N=104)
Numbers are Odds Ratios
3.37 (***)
Suicide attempts
Sedatives
3.07 (***)
UP MDD 1.67 n.s.
60
BP MDE
50
3.69 (***)
40
Panic attacks
30
3.16 (***)
20
10
0
Drugs
1.30
Agoraphobia
2.50 (***)
Alcohol
2.17 (***)
Social phobia
2.20(**)
Neurasthenia
3.93 (***)
Binge eating
1.74 (*)
Specific phobia
2.39 (***)
Obs.-comp.
1.99 (*)
Zurich Study: Comorbidity of panic attacks: (N=102)
Numbers are Odds Ratios
Suicide attempts
3.48 (***)
Sedatives
2.85 (***)
UP MDD 1.40
60
50
40
30
BP MDE
3.40 (***)
GAD
3.17 (***)
20
Drugs
0.95
10
0
Alcohol
1.55
Neurasthenia
2.92 (***)
Binge eating
1.83 (*)
Agoraphobia
3.61 (***)
Social phobia
4.88 (***)
Specific phobia
2.76 (***)
Obs.-comp.
2.43 (**)
8
09.04.2014
Zurich Study Comorbidity
Panic attacks (N=102) vs. GAD (104)
UPMDD
60
Suicide attempts
50
BPMDE
40
Sedatives
Agoraphobia
30
20
10
0
Drugs
Social phobia
Alcohol
Specific phobia
Neurasthenia
Obs.-comp.
Binge eating
Panic attacks
GAD
Zurich Study: Comorbidity of MDD (N=104)
(broad ZH criteria for bipolarity) 1979-2008
Numbers are Odds Ratios, unweighted
GAD 1.5
60
3.0*** Suicide attempts
50
Panic attacks
1.5
40
2.0*
Sedatives
Agoraphobia
30
1.1
20
1.6
Drugs
10
0
Social phobia
0.9 Alcohol
2.6***
Simple phobia
1.7
1.5
Obs.-comp. 1.7
Neurasthenia
Binge eating
1.1
9
09.04.2014
Zurich Study: Comorbidity of BP-II: broad ZH criteria
(N=107) 1979-2008
Numbers are Odds Ratios, unweighted
3.7*** Suicide attempts
GAD
60
3.9***
50
Panic attacks
3.4***
40
2.9** Sedatives
30
Agoraphobia 2.95*
20
2.0*
Drugs
10
0
3.8*** Alcohol
3.5***
Social phobia 2.1**
Simple phobia 2.5***
Neurasthenia
Obs.-comp.
Binge eating
2.7**
3.6***
Zurich Study Comorbidity 1979-2008
MDD (N=104) vs. BP-II (N=106)
GAD
60
Suicide attempts
50
Panic attacks
40
Sedatives
30
Agoraphobia
20
10
Drugs
0
Alcohol
Social phobia
Simple phobia
Neurasthenia
Obs.-comp.
Binge eating
BP-II
MDD
10
09.04.2014
NCS-R: Comorbidity of BP-II
(N=627)
and MDD
(N=977)
in
Numbers are Odds Ratios of D(m) vs. MDD
1.4*
Panic
2.9*
ADD
2.5*
1.5*
Drug abuse
2.4*
70
60
50
40
30
20
10
0
Agoraphobia
2.1*
Simple phobia
Tobacco dep.
Social phobia
2.4* AUD
GAD
1.7OCD
PTSD
1.7*
2.2*
1.5*
BP-II
MDD
Temporal criteria for
GAD syndromes in Zurich Study
•
•
•
•
•
6 months (DSM-III-R, DSM-IV, DSM-5) not validated
3 months not validated
1 month (DSM-III) not validated
2 weeks (validated ZH Study, unpublished)
Under 2 weeks, occurring about monthly over the last
twelve months (RBA=recurrent brief anxiety)*
• Subjects treated for anxiety but not during interview years
• Others
*Angst, J. (1992). Recurrent brief psychiatric syndromes of depression, hypomania,
neurasthenia, and anxiety from an epidemiological point of view.
Neurology, Psychiatry and Brain Research 1, 5-12.
11
09.04.2014
Zurich Study - GAD spectrum
weighted prevalence and treatment prevalence
(cumulative lifetime up to age 50)
%
20
↓
↓
15
12.7 12.7
10
7.5
6.2
5
4.8
5.4
4.6
3.2
3.3
3.3
1.7
1.3
0
6 mths
3 mths
1 mth
2 wks
RBA
LT trtmt
small N=20
RBA=Recurrent brief anxiety
GAD spectrum: % treatment during interview years
anxiety/panic and depression
%
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
GAD
100
↓
↓
79
↓
74.7
65.2
60.9
51.2
6 mths
(43)
3 mths
(23)
Groups 1-5: p=n.s.
70.4
58.3
53.1
50
50
1 mth
(38)
2 wks
(24)
RBA
(81)
56.5
LT trtmt
(92)
RBA=Recurrent brief anxiety
12
09.04.2014
GAD spectrum
distress (0-100) by depression and anxiety/panic
(maxima of 7 interviews)
%
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
82.8181.09
81.74
84.04
80.92
78.6379.15
79
76.16
73.57
68.76
63
6 mths
(43)
3 mths
(23)
1 mth
(38)
2 wks
(24)
Groups 1-5: p=n.s.
RBA
(81)
LT trtmt
(92)
RBA=Recurrent brief anxiety
GAD spectrum
SCL-90-R subscale anxiety, means of eight (1978
to 2008) and three measures (1988 to 2008)
means
50
40
30
20.98
20.61
20
19.19
18
17.73
15.73
14.63
14.27
15.99
14.95
13.13
12.15
11.2
8.19
10
0
6 mths
(43)
3 mths
(23)
1 mth
(38)
2 wks
(24)
p<.00001 resp. p<.004 (w/o others)
RBA
(81)
LT trtmt
(92)
other
RBA=Recurrent brief anxiety
13
09.04.2014
GAD spectrum: family history for depression and
anxiety/panic
(not correlated with duration)
%
100
90
↓
80
↓
70
65.8
58.7
60
50
↓
78.3
53.1
50
48.8
39.1
40
40.7
36.8
34.8
30.2
30
31.7
25.7
17.9
20
10
0
6 mths
3 mths
1 mth
2 wks
RBA
LT trtmt
other
small N=20
RBA=Recurrent brief anxiety
Depressive syndromes by
duration of episodes
• Maximum duration of depressive episodes across 7
interviews from ages 20 to 50
• Depressive syndrome defined by 5 of 9 symptoms
of DSM-IV depression
• Distress and impairment
- not considered for definition of syndromes
- but analysed as independent variables and
measured on analogue scales (0-100) in
most interviews
14
09.04.2014
Maximum length of depressive syndromes occurring
over the past twelve months (seven interviews)
•
•
•
•
•
3 months
1 month
2 weeks (DSM, ICD: never validated)
4+ days
1-3 days
mdedau77908
Depressive syndromes
weighted prevalence rates by gender
(women, men)
%
60
50
↓
↓
40
47.8
↓
34.7
30
22.5
25
17.9
20
11.3
11
10
6
3
4.5
3 4.4
5 4.1
0
3 mths
1 mth
2 wks
4+ days 1-3 days LT trtmt
dep.
others
mdedau77908
15
09.04.2014
Depressive syndromes: distress (0-100)
during interview years for depression and
anxiety/panic
%
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
↓
87.4
↓
84.9
76.2
76
71.7
68.5
72.3
66.2
60.3
58.9
64
61.7
41.6
34.2
3 mth
1 mth
2 wks
4+days 1-3 days LT trtmt
dep.
others
Groups 1-4: depression p<.02, anxiety/panic p<.19
Depressive syndromes: work impairment (0-100)
during five interview years for depression and
anxiety/panic
%
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
↓
55.3
↓
51.3
41.3
42.8
42.7
33.8
40.2
35.9
32.1
28.1
20.8
21.3
16.7
11.8
3 mth
1 mth
2 wks
4+days 1-3 days LT trtmt
dep.
others
Groups 1-4: depression p<.03, anxiety/panic p<.43
16
09.04.2014
Depressive syndromes by duration
SCL-90-R depression (Zurich criteria)
means and maxima of eight measures (1978 to 1999)
%
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
↓
49.2
43.9
41.6
38
36.1
30
22.6
3 mth
1 mth
30
26.6
24.3
23.1
21.5
2 wks
17.8
13.9
4+days 1-3 days LT trtmt
dep.
others
Groups 1-7 and 1-4: all p<.01
Depressive syndromes by duration
Family history for depression, anxiety/panic and suicidality
%
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
63.4
61.3
↓
↓
67.4
67.7
52.3
41.9
38.2
36.6
31.3
29.4
23.8
23.3
17.1
26.9 26.9
23.5
22.5
14.4
11.9
9.3
3.9
3 mth
1 mth
2 wks
4+days 1-3 days LT trtmt
dep.
others
Groups 1-4: all p=n.s.
17
09.04.2014
Depressive syndromes by duration
Suicidality: attempts, plans, ideation
%
55
51.6
50
45
35.5
35
32.6
15
26.3
24.4
23.8
25
30.2
23.7
20.3
13.8
11
11
9.3
7.7
5
-5
3.9
2.6
0
3 mth
1 mth
2 wks
1.2
0
4+days 1-3 days LT trtmt
dep.
2.9
others
Groups 1-7: p<.0001, 1-4: p<.0004
Syndrome spectra
weighted cumulative incidence rates (1979-2008)
Panic
DSM-III
GAD
%
%
%
13.90
2.05
3.20
14.70
Sub-threshold Dx 11.36
9.12
1.73
6.27
11.43
Rec.Brief syndr.
24.83
23.10
3.82
8.00
6.07
Total
51.18
52.87
7.60
17.47
32.20
Diagnoses
UP
Depr.
BP
Depr.
Man.
%
%
13.47
1 month
18
09.04.2014
Treated subjects up to age 50 (2008)
Diagnostic (Dx) coverage
relative % based on weighted rates
Major
Panic
Depression DSM-III
GAD
DSM-III
1 month
GAD
DSM-5
6 mth
%
%
%
%
Dx with trtmt
68.1
64.8
62.3
73.0
Dx coverage of all
treated subjects
53.7
21.5
38.1
12.6
Association between Mood Disorder
Subtypes in Probands (n=475) and Relatives
(n=2082)
Probands
MANIA
Relatives
8.3 (3.8, 17.9)**
h2=.83
MANIA
1.4 (0.6, 2.9)
Hypomania
Major
Depression
h2=.20
2.5 (1.7, 3.6)**
h2=.54
Hypomania
Major
Depression
38
19
09.04.2014
Association between Mood Disorder
Subtypes in Probands and Relatives
Probands
Relatives
1.44 NS
MANIA
MANIA
0.67 NS
1.08 NS
Hypomania
1.21 NS
Hypomania
1.16 NS
Major
Depression
1.00 NS
Major
Depression
39
Odds ratios of associations between patients
and relatives by diagnoses
Family Study in Lausanne and Geneva
Diagnoses
Relatives
(N) 1734
SAD
BP-I
BP-II
MDD
SAD
251
6.4*
4.6*
3.0*
1.4
Patients
BP-I
BI-II
432
98
2.7
12.2*
2.4
2.0
2.6
1.2
2.1*
MDD
460
1.7
1.4
1.6
2.4*
Controls
493
Ref.
Ref.
Ref.
Ref.
Vandeleur CL …Ferrero…Preisig et al. 2014: Molecular Psychiatry 19:209-213
20
09.04.2014
Odds ratios of associations between patients
and relatives by episode types
Family Study in Lausanne and Geneva
Diagnoses
Relatives Psychosis Mania
(N) 1734
505
628
Psychosis
2.9*
0.9
Mania
1.0
6.4***
Hypomania
1.2
2.1
MDE
1.0
0.7
Patients
Hypomania MDE
113
1182
0.4
1.0
1.6
1.7
1.3
0.8
1.0
2.0***
Controls
493
Ref.
Ref.
Ref.
Ref.
Vandeleur CL …Ferrero…Preisig et al. 2014: Molecular Psychiatry 19:209-213
Lausanne Family Study of Mood Disorders
(n=287 probands; 1726 relatives)
Probands
Psychosis
Relatives
2.9 (1.1-7.7)*
Psychosis
6.4 (2.2-8.7)**
MANIA
MANIA
1.3 (0.5-3.6)
Hypomania
Major
Depression
Hypomania
2.0 (1.5-2.7)*
Major
Depression
42
21
09.04.2014
Schlussfolgerungen I
•
•
•
•
Syndrome der Depression und Angst bilden bezüglich Dauer
stets ein Kontinuum
Kritische Untergruppen nach Dauer unterscheiden sich nicht
bez. Stress, Arbeitsbehinderung, Temperament und
Behandlungsraten und auch nicht in den SCL-90 R Scores,
abgesehen von chronischen Fällen
Die diagnostische Kriterien der Dauer von 2 Wochen für
Major Depression sowie 3/6 Monate für GAD sind nicht
valide gemäss unseren Daten aus der repräsentativen ZH
Studie
Als neue Kriterien kommen in Frage: 4 Tage für die
Depression und 2 Wochen für GAD. Dieser Vorschlag
sollte durch unabhängige Studien geprüft werden.
Schlussfolgerungen II
•
•
•
•
•
Die diagnostische Konzepte des DSM-5 und der ICD
(WHO) sollten daten-basiert sein und möglichst stark
behandelte Patienten charakterisieren.
DSM Diagnosen identifizieren weniger als die Hälfte der
behandelten Patienten
Diese Patienten sind als N.O.S. eingestuft, aber DSM-5
offeriert nun neue Untergruppen, die sehr nützlich sein
werden, da so genauere Daten gesammelt werden.
Empirisch fundierte sub-diagnostische Syndrome
müssen dringend eingeführt werden, um die
behandelten Pat. diagnostizieren zu können (KKLeistungen z.T. davon abhängig)
Dimensionale diagnostische Konzepte sind
vielversprechend
22
09.04.2014
Schlussfolgerungen III
•
36-50% der Personen, welche eine GAD- oder Depressions-Diagnose
erhalten hatten, wurden behandelt.
Nur etwa 50% (31-72%) der Behandelten erhielten eine offizielle Diagnose
•
•
Die Behandlungsbedürftigkeit korreliert am stärksten mit dem
Leidensdruck
Das Leiden sollte daher ein dominierendes Fallkriterium sein und
stets gemessen werden, z.B. mit einer Analog-Skala von 0-100
•
•
Dies gilt für alle psychischen und somatischen Syndrome, welche
subjektive Symptome erzeugen, versagt aber z.B. bei Hypomanie/Manie
oder bei psychotischen Syndromen und z.T. bei Suchterkrankungen
(Mangel an Krankheitsgefühl, -Einsicht)
Schlussfolgerungen IV
•
•
•
•
•
•
•
Diagnosen beruhen oft auf dichotomen Entscheidungen: ja/nein
Diese sind für therapeutische Entscheidungen nützlich, aber
für Forschungszwecke sind sie oft ungeeignet, weil biologische
Variablen selten damit korrelieren (Molekulargenetik etc.)
Aus diesem Grunde werden heute vermehrt kontinuierliche Variablen
klinischer Aspekte entwickelt und verwendet, z.B. Kognition,
Entzündungs-Parameter, Bildgebung
Beispiel: S. C. Fears 2014: Multisystem Component Phenotypes of
Bipolar Disorder for Genetic Investigations of Extended Pedigrees JAMA
Psychiatry online February 12, 2014
Motto: jedes somat./psychiatr. Syndrom messen, soweit möglich, z.B.:
- Dauer der Episoden
- Anzahl Episoden über 1 Jahr
- Summe aller Tage mit Symptomen über 12 Mte.,
- Leiden und Behinderung (0-100)
Studien ganzheitlich: somatische und psychiatrische Syndrome
Prospektive Langzeitstudien und Lebenszeitstudien sind nötig
23
09.04.2014
Besten Dank für Ihre Aufmerksamheit
24
Angst- und Depression:
Wie therapieren wir in 10 Jahren
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Dr. h. c. mult.
Florian Holsboer
10.04.2014
Max-Planck-Institut für Psychiatrie
Wie behandeln wir Angst und Depression
in zehn Jahren?
Schweizerische Gesellschaft für Angst und Depression
Zürich, Donnerstag, 10.04.2014
Florian Holsboer
Die Gesamtkosten für Depression betragen in
Deutschland fast 1% des Bruttosozialprodukts
Massenhaftes
Seelenleiden
Arbeitsunfähigkeitsfälle und -tage
wegen Burnout
3,95
durch Depressionen verursachte
Kosten 2008 in Mrd. Euro
jeweils pro 1000 AOK-Mitglieder
3,07
AU-Fälle
AU-Tage
72,3
2,46
1,92
51,2
1,37
39,8
0,96
28,9
0,64
19,9
13,9
8,1
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
Allianz-Report, 2011
1
10.04.2014
Lebenszeitprävalenz von Depression und
Angsterkrankungen
Lebenszeitprävalenz in %
Europa
MW
USA
Japan
Bereich
MW
Bereich
MW
Bereich
Affektive Störung
Alle
16,3
14.0-18.6
20,8
20.2-21.4
5,6
4.1-7.6
Depression
13,2
7.8-21.0
17,7
16.6-19.2
4,2
2.9-6.6
Dysthymie
4,1
3.7-4.5
2,5
2.2-2.8
1,4
-
Bipolare Störung
2,3
0.2-6.0
4,2
3.9-4.4
0,4
0.1-0.7
Alle
19,1
13.6-22.5
24,6
15.2-33.7
4,7
1.8-6.9
Panikstörung
3,8
2.1-4.7
3,4
1.7-5.2
0,5
-
Agoraphobie
3,3
0.7-5.1
3,1
1.4-5.3
0,4
-
Sozialphobie
6,7
2.0-16.0
9,7
2.5-13.0
1,2
-
Spezifische Phobie
9,1
7.2-13.3
11,3
7.4-13.8
3,7
-
Generalisierte Angststörung
3,1
0.1-6.9
5,7
5.1-6.2
1,4
-
Zwangsstörung
2,1
0.5-3.0
2,2
1.6-2.7
1,7
-
Posttraumatische Belastungsstörung
1,9
1.7-2.1
8,5
6.8-11.7
1,3
-
Angsterkrankungen
2
10.04.2014
Physikalische Therapie in “Irrenanstalten” im
19. Jahrhundert
Imipramin – Unerwarteter Erfolg einer Imitation
Chlorpromazin
Roland Kuhn (*1912 - †2005)
Imipramin
Jules Angst (*1926 )
3
10.04.2014
Effektstärke von Psychopharmaka im Vergleich zu
anderen Medikamenten
Medikamente aller
medizinischer
Fachrichtungen außer
Psychopharmaka
Die Effektstärken
unterscheiden sich
nicht
aber: Absolute
Responderdifferenz aktive
Substanz versus
Plazebo: nur 1015%
Psychopharmaka
94 Metaanalysen
48 Medikamente für 20
medizinische
Erkrankungen
16 Medikamente für 8
psychiatrische
Erkrankungen
Leucht et al., 2011
Antidepressiva sind das Mittel der Wahl
zur Depressionsbehandlung
•
Es fällt vielen Patienten schwer zu
akzeptieren:
Antidepressiva führen bei optimaler
Auswahl, Kombination und Dosierung
bei 70% der Patienten zur Heilung
•
Aber:
– Es dauert ZU lange bis sie wirken
– Sie wirken bei ZU wenigen
– Sie haben ZU viele
Nebenwirkungen
•
Und:
Sie unterscheiden sich in ihrem
Wirkmechanismus nur gering
4
10.04.2014
Hemmnisse für Innovation in der
Antidepressivaforschung
Der wirtschaftliche Erfolg:
2005 war der Gesamtumsatz von Antidepressiva
etwa 20 Milliarden Euro. Das hat Risikoscheu
hervorgerufen
Blockbuster
Der diagnostische Ansatz:
Diagnosen nur auf verbal kommunizierte
Information gestützt
Diagnosen sind unspezifisch
Der therapeutische Ansatz:
Depression (allgemein: Krankheit) als kollektive
Normabweichung
Baseballmützen-Strategie: „one-size-fits-all”
Medikamente sind unspezifisch
CRH
Vasopressin
Cortisol
+
CRH
Vasopressin
5
10.04.2014
Corticotropin freisetzendes Hormon (CRH) ist in der
Zerebrospinalflüssigkeit von Patienten mit Depression erhöht
CRH-Konzentration in der
Zerebrospinalflüssigkeit
von Patienten mit Depression
CORTICOTROPIN-RELEASE FACTOR-LIKE IMMUNOREACTIVITY (pg/ml CSF)
Gesamtzahl der CRH
Neuronen
Potenzielles Ansprechen
auf CRHR1 Blocker?
?
Female Controls
N=73
Schizophrenia Major Depression Male Controls
N=23
N=54
N=65
Raadsheer, Purba, Heuser, Nemeroff (1990ies)
Transgene Mäuse, bei denen CRHR1 hirnarealspezifisch ausgeschaltet ist
Pit
Schnitt des Z/APxCamKIIa-Cre Hirn, starke Expression (dunkelblau) menschlicher
“Placenta-ähnliche Alkaline Phosphatase” (hPLAP) im Vorderhirn, Hippocampus,
Thalamus und Putamen.
Cx - Cortex, Cb - Zerebellum, Hip - Hippokampus, Tha - Thalamus, Pit - pituitär
hPLAP = human placenta like alkaline phosphatase
Müller et al., Nat. Neurosci. 2002
6
10.04.2014
Stress erhöht die Freisetzung von CRH aus Nervenzellen,
die uns “fit” zum bewältigen der bedrohlichen Situation machen
Stress
CRH
Erhöhung der
Stresshormone
erst im Gehirn,
dann im ganzen
Körper
Erhöhung von
Ängstlichkeit,
Verlust von Appetit,
Schlaf und sexuellem
Interesse
Erhöhtes Risiko
an einer
Depression zu
erkranken
Zeit
Negative CRHR1 Antagonisten-Studien bei Depression
Firma
Wirkstoff
Grund für die Beendigung
GSK - Neurocrine
Verucerfont (GSK561679)
Geringe Wirksamkeit in Phase 2 MDD (September
2010)
Bristol Myers Squibb Pexacerfont (BMS-562086)
Geringe Wirksamkeit in Phase 2 IBS und GAD, für
Phase 2 MDD keine Ergebnisse berichtet
GSK-Neurocrine
Emicerfont (GSK876008)
Geringe Wirksamkeit in Phase 2 SAD und IBS
Pfizer
CP316311
Geringe Wirksamkeit in Phase 2 MDD
ONO
Pharmaceutical
ONO2333Ms
Geringe Wirksamkeit in MDD
Neurocrine-Janssen NBI30775
Sicherheitsgründe (vermehrte Leberenzyme bei
zwei Freiwilligen im erweiterten abgesicherten
Versuch)
Sanofi
Geringe Wirksamkeit in Phase 2b
SSR125543
7
10.04.2014
Durch Gentechnologie wird im Mausgenom
das depressionsauslösende CRH überaktiviert
Die CRH Überexpression ist auf das zentrale Nervensystem
beschränkt
Lu et al., Mol Psych 2009
Das Verhalten CRH-überexprimierender Mäuse wird
durch einen CRH-Rezeptorblocker normalisiert
Verhaltensexperiment
zur Testung
antidepressiver Wirkung
wildtyp Kontrolle
transgen (heterozygot)
transgen (homozygot)
Behandlung mit dem CRHR1 Antagonisten DMP 696
25
Tag 1
Tag 2
Tag 1
Tag 2
CRH überexprimierende Mäuse als Testmodelle für neue Antidepressiva
Lu et al., Mol Psych 2008
8
10.04.2014
Das Schlaf-EEG-Labor für Mäuse
Mäuse, die CRH
Erhöhung im
Gehirn haben,
zeigen ähnliche
Schlaf-EEG
Veränderungen wie
viele Menschen mit
Depression.
Schlaf-EEG als Biomarker für
CRH-Erhöhung im Gehirn?
Mayumi Kimura (2008)
Mäuse, die im Gehirn CRH überproduzieren, haben
nach Stress im Schlaf vermehrte REM-Aktivität
Schlafmuster von CRHüberexprimierenden Mäusen
nonREMS (%)
Gesamtmenge REM-Schlaf
80
60
40
20
*
0
REMS (%)
20
CRH-überexprimierende
transgene Mäuse
SD
15
10
5
*
*
0
09:00
Nes = nur in Nervenzellen
Cam = in für die Depressionsgenese
relevanten Hirnregionen
con (14)
het (12)
hom (14)
SD
*
21:00
09:00
Time
of Day(h)(h)
Tageszeit
Kimura et al., 2010
9
10.04.2014
CRH-induzierter REM-Schlaf (“Traumschlaf”)
korreliert mit klinischer Besserung
1/min.
Klinische Besserung
8
7
6
5
4
3
2
1
0
r SP = .87
p = .002
baseline
Panel A: 5 Patienten
5-40 mg of R121919
REM-Schlafdichte zu Beginn der Behandlung
week 1
week 4
Panel B: 5 Patienten
40-120 mg of R121919
CRHR1 Antagonist reduziert REM-Schlaf?
Therapie mit CRH Rezeptorblocker bei Depression
Traumschlaf – Ein Biomarker für zu hohe CRH
Konzentration im Gehirn?
Holsboer and Ising, Annu. Rev. Psych 2010
Je spezifischer man interveniert, desto mehr muss
man von dem Patienten wissen
Frage:
Können wir Patienten mit erhöhtem CRH durch
Biomarker und Gentests identifizieren?
CRH
CRH
CRH
CRH
CRH
CRH
CRH
CRH
Ja das können wir (bald!)
10
10.04.2014
Schlaflosigkeit, Angst und Depression: Ein
vielschichtiges Wechselspiel
Verteilung der Schlaflosigkeit auf unterschiedliche Erkrankungsformen
Unbekannt
12%-16%
Medikamente
3%-7%
Psychische
Erkrankungen
40%
Schlafstörung:
Risikofaktor für Depression und
Angststörungen
Verstärkt die Schwere der Depression
Behindert Therapieerfolg
Ist ein Restsymptom
Sagt Rückfall voraus
„Schlafhygiene“
Umweltfaktoren
10%
Andere Krankheiten
4%-11%
Bewegungsstörungen im
Schlaf
15%
Schlafbezogene
Atemstörungen
5%-9%
nach Manber and Chamber, 2009; Ohayon, 2010
Kann sich die Gesellschaft die für das Individuum
„maßgeschneiderte“ Personalisierte Medizin leisten?
Ja sie kann!
Verbreiteter Irrtum:
Personalisierte Medizin ist teuer für Gesundheitssystem
und ohne Gewinnchancen für die Industrie
Richtig ist:
Entwicklung von „Blockbustern“ ist teuer mißlingt seit
Jahrzehnten.
Personalisierte Medizin entwickelt Medikamente
wesentlich (30%) billiger
Hoher Return of Investment!
11
10.04.2014
Jules Angst – der Vordenker
Angst, Jules: Antidepressiver Effekt und genetische Faktoren.
In: ArzneimittelForschung, (1964), Band. 14, S. 496-500
Genetisch festgelegte Effizienz der “Wächtermoleküle”
bestimmt die klinische Wirkung von Antidepressiva
Antidepressivum wird vom Wächtermolekul erkannt
Antidepressivum
Nicht Remission [%]
Blutgefäß
Zellinnneres
“Wächtermolekül”
vom ABCB1-Gen kodiert
C-Träger (N=23)
"Non-Träger” (N=110)
günstige
Genvariante
Zeit [Wochen]
Wächtermoleküle verhindern den Eintritt
vieler chemischer Substanzen in das Gehirn.
auch von Antidepressiva
Durch Gentests lässt sich die Effizienz des
Wächtermoleküls abschätzen.
je effizienter das Wächtermolekül,
desto ineffizienter die Therapie
Gentest ist Entscheidungshilfe
für den Arzt
12
10.04.2014
Das DNA  Protein Dogma
„What is true for E. coli is also true for elephant“ ... and human,
Jacques Monod (1975)
So einfach ist es (leider) nicht
"Ich habe zu 98,5% die gleichen
Gene wie der Affe!"
"Ich habe zu 98,5% die gleichen
Gene wie der Mensch!"
Seeanemone hat fast so viele Gene
wie Mensch und Affe
13
10.04.2014
Die Genomgröße hängt nicht mit der Komplexität eines
Organismus zusammen
Quastenflosser
Lungenfisch
Anzahl der Basenpaare
3 Milliarden BP
100 Milliarden BP
Genomgrößen-Weltmeister ist die Japanische Einbeere!
Paris japonica
Bei dieser Pflanze fand man das größte bekannte Genom (150
Milliarden BP) – 50 mal größer als jenes des Menschen
Die gemeine Fichte (Weihnachtsbaum) hat ein 7 mal größeres
Genom als der Mensch
Die fleischfressende Wasserpflanze hat nur 82 Millionen
Basenpaare und hat fast keine nichtkodierenden Abschnitte
14
10.04.2014
Der Landkärtchenfalter – ein Paradebeispiel für den Einfluß
der Umgebung auf den Phänotyp
Winter
Sommer
Identische Gene
Araschnia levana
Das DNA  Protein Dogma
DNA
mRNAs
Proteine
So einfach ist es (leider) nicht
15
10.04.2014
Das schwer fassbare Gen
Proteinkodierende
Sequenzen haben keinen
klaren Anfangspunkt
Viele Informationen werden
durch RNA-Moleküle
weitergeleitet
Das menschliche Genom
produziert ein Kontinuum
von Transkripten und Zellen
Modifiziertes DNA  Protein Dogma
Transkription
Transkription
Regulation
Translation
16
10.04.2014
Unser Gehirn reagiert empfindlich auf äußere
Einflüsse, die lebenslang erhalten bleiben können
?
Stress
Trauma
Gene
Infekte
Klinischer
Phänotyp
Alter Ernährung
Schlaf
Alkohol
Rauchen
Altern
Modifikationen in Histon Proteinen und
DNA legen die Genaktivität fest
Me
DNMT
DNA Methylation in CpG Inseln oder
CpG Küsten Genen „schaltet Gene aus”
Nukleosom
Chromosom
P
Chromatin
Me
Ac
Histon Modifikation
Histon Modifikation
Ac
Ac
Ac
Ac
Acethylierung
„durchlässig“
Me
Me
Me
Me
Me
Methylierung
„unterdrückt“
Me
Me
„Angeschaltete“ Gene
• Aktives (offenes) Chromatin
• unmethylierte Zytosine
• Azetylierte Histone
„Ausgeschaltete” Gene
•Stilles (kondensiertes)
Chromatin
•methylierte Zytosine
•Deazetylierte Histone
17
10.04.2014
Die Funktion des Glukocorticoidrezeptor-Komplexes
wird durch Chaperone und Co-Chaperone bestimmt
Cortisol
• Der Glukocorticoidrezeptor
(GR) ist eine komplexe
Struktur bei der durch
Chaperone die
Ligandenbindung und die
GR Translokation in den
Zellkern bestimmt wird
FKBP5
STUB1
Bag1
GR GR
P23
Translokation
in den Zellkern
GR GR
GRE
modified from Binder, 2009
FKBP5 Konzentration
Aktivität der HPA-Achse wird durch negative
Rückkopplung vom FKBP5 Genotyp beeinflusst
rs1360780 GA/AA
CRH
CRH
ACTH
stimulation
feedback
Cortisol
baseline
rs1360780 GG
Cortisol
STRESSOR
Höhere FKBP5 Induktion
negative Rückkopplung
Nebenniere
höhere GR Resistenz
weniger
höhere Cortisol Konzentration
Binder et al., 2004, 2008; Ising et al., 2008
18
10.04.2014
Beginn der Depression wird durch den FKBP5Genotyp und frühkindliches Trauma bestimmt
CC / mit schwerem Trauma
AA+AC / mit schwerem Trauma
FKBP5 codiert ein Cochaperon, das die GR-Funktion reguliert
Zimmermann et al., Am. J. Psych 2011
Der FKBP5 Risikogenotyp und Kindesmissbrauch =
Demethylierung von Intron 7 des GRE im FKBP5 Gen
% DNA Methylierung
100
**
kein Trauma - FKBP5 protektives Allel
kein Trauma - FKBP5 Risikoallel
Trauma - FKBP5 protektives Allel
Trauma - FKBP5 Risikoallel
80
**
*
60
40
Kindesmissbrauch + FKBP5-Genotyp =
Demethylierung von Intron 7 GRE
20
0
Intron 7 GRE CpGs
Schwere des Traumas
bei Erwachsenen
FKBP5
Risiko
Schwere
Severity
des Kindesmissbrauchs
child abuse (CTQ) (CTQ)
Aktuelle Cortisolwerte
% DNA Methylierung
methylation
FKBP5
protektive
Art (Schwere) des Traumas
methylation
% DNA Methylierung
Schwere des Kindesmissbrauchs
% DNA
DNA Methylierung
methylation
Baseline
Serum
serum
Cortisol
cortisol
Klengel et al., 2012
19
10.04.2014
Fernwirkung des “Glucocorticoid Response Elements” (GRE)
im FKBP5 Gen und epigenetischer Mechanismus der Traumainduzierten Demethylierung
a
rs1360780 protektiv
b
rs1360780 Risiko
PolII
PolII
gestörtes negatives Feedback
normales negatives Feedback
c
d
rs1360780 Risiko
rs1360780 protektiv
Cortisol
Cortisol
PolII
PolII
protektives G-Allel
Risiko vermittelndes A-Allel
Klengel et al., 2012
Die Perspektive von FKBP51 als Zielstruktur für
Medikamente
Vermutete
Calmodulin
Bindung
FK1
FK506 Bindung
GR Modulation
FK2
TPR
Hsp90 Bindung
from Zimmermann et al., 2011
20
10.04.2014
Wechselwirkung von GR und FKBP51
p23
Leu 119
p23
Pro 120
GR
Hsp90
Hsp90
FK1
Ko-Kristallstruktur von FK506 mit der FK1-Domäne
von FKBP5
FK1
Bracher et al., 2011
21
10.04.2014
Ko-Kristallstruktur eines neu synthetisierten
Liganden mit der FK1-Domäne von FKBP5
Leitstruktur aus der ein
Medikamenten Kandidat
entsteht
FK1
Gopalakrishnan et al., 2012
Zukunft: Personalisierte Intervention unmittelbar nach
Trauma um FKBP5 bei Risikoindividuen zu blockieren
In der Gegenwart des
Risiko (A-) Allels von
rs1360780 wird
Traumaexposition zu
erhöhter FKBP5
Expression führen.
Dies bewirkt DNADemethylierung in
funktionalen Stellen
des Glucocorticoid
Response Elementes
(GRE)
Trauma
GR
+
GR
Cort
Cort
_
FKBP5 - Antagonist
FKBP5-Antagonisten sind Medikamente zur Verhinderung
stressassoziierter psychischer Erkrankungen, z.B. PTSB und
Depression
22
10.04.2014
Chemische Biologie: Der Weg zur „großen“ Innovation
in der Depressionsforschung I
Die Untersuchung biologischer Vorgänge erfolgt heute
sowohl auf systemischer (physiologischer) Ebene als auch
in molekularer Dimension (Molekularbiologie)
Die Chemie wendet sich immer größeren Molekülen und
molekularen Systemen zu
Die dimensionale Annäherung von Chemie und Biologie
fördert ihre Durchdringung
Chemische Biologie: Der Weg zur „großen“ Innovation
in der Depressionsforschung II
Unter der Diagnose Depression zusammengefasste
Patientenpopulationen unterscheiden sich hinsichtlich der
krankheitsverursachenden Pathologie
Biomarker und Gentests erlauben die Aufteilung einer
Diagnosegruppe (Depression) in Untergruppen mit
einheitlicher Pathologie
Für spezifische Krankheitsmechanismen können
spezifische Medikamente entwickelt werden.
Beispiel: Glutamat–
Stresshormonblocker
(CRHR1-Antagonisten)
23
10.04.2014
Chemische Biologie: Der Weg zur „großen“ Innovation
in der Depressionsforschung III
„The more specific you get with your drug (Industry) the
more you need to know about the pathobiology of your
patient (Academia)“
Durch kleine chemische Moleküle kann in biologische
Prozesse eingegriffen werden, um einen
krankheitsverursachenden Mechanismus zu korrigieren
Depression bei Tieren?
In der Depressionsforschung sind wir mit
heutigen Tiermodellen an Grenzen gestoßen!
24
10.04.2014
Depression bei Tieren?
„Die Forschung
ist die Kunst des
Lösbaren“
Perspektiven für innovative Therapie von
Angsterkrankungen und Depression
Die wichtigsten Forschungsgebiete von denen wir
Innovationen erwarten können:
1. Humangenetik und -genomik
2. Pathophysiologie abbildende Biomarker
3. Chemische Biologie
Rasche Umsetzung in der Humanforschung
25
10.04.2014
Der Mensch ist das Maß
aller Dinge
Protagoras (490-411 B.C.)
Im Jahr 2024 wird die Medikamentenbehandlung auf der
Grundlage der individuellen Biosignatur “maßgeschneidert”
RNA
Genotyp
Proteine
Metaboliten
Biomarker
Patienten-Untergruppen und spezifische Behandlung
Klinische Biomarker
Hormontests
Schlaf-EEG
Bildgebung
26
10.04.2014
Die Lebensspanne ist der Gesundheitsspanne
davongeeilt
medizinische und
psychologische
Untersuchung und
Beratung
Erste klinische
Symptome
Diagnose
Therapie
Beginn des krankheitsverursachenden Mechanismus
Frühintervention
Krankheitsspanne
Gesundheitsspanne
Lebensspanne
Alter
„Hätte ich gewusst, dass ich so lange lebe, hätte ich
besser auf meine Gesundheit geachtet“
(Eubie Blake an seinem 100sten Geburtstag)
27
DSM-5 und ICD-11:
Was Sie für die Praxis wissen müssen
Prof. Dr. med. Erich Seifritz
Goodwin_Sachs - Algorithm vs Menu debate
11.04.2014 08:39
DSM-5 und ICD-11
Was Sie für die Praxis wissen müssen
Erich Seifritz Ι Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik
Psychiatrische Universitätsklinik Zürich
Entwicklung von DSM-5 / ICD-11, Kritik an DSM-5
Was ist neu bei DSM-5 im Bereich affektive Störungen
Ausblick
1
Goodwin_Sachs - Algorithm vs Menu debate
11.04.2014 08:39
170 Jahre psychiatrische Dx
Hyman 2007
Emil Kraepelin (1856 – 1926)
Eugen Bleuler (1857 – 1939)
2
Goodwin_Sachs - Algorithm vs Menu debate
11.04.2014 08:39
Funktion von diagnostischen
Klassifikationssystemen
• Ziele
–
–
–
–
Praktikabilität
Relevanz
Reliabilität
Validität
• Klinik
– Kommunikation
– Ableitung von Therapien aus Diagnose
– Prävention?
• Forschung
–
–
–
–
Verstehen Ätiologie
Verlaufsforschung
Verbesserung der klinischen Entscheidungen
Grundlagenwissenschaftliche Zwecke  Therapieentwicklung
Geschichte von DSM-5 und ICD-11 (1)
• ICD-VI (1948) erstmalig Kapitel V
– 10 Psychosen, 9 Psychoneurosen, 7 Charakterstörungen
• Reaktion DSM I (1952)
– 129 Seiten und 106 Störungen
– „Reaktionsbegriff“: Psychische Störungen sind Reaktionen auf
psychische, soziale und biologische Faktoren
– Psychopathologie aus psychodynamischer Perspektive
• DSM-II (1968) und ICD-8 (1965)
–
–
–
–
134 Seiten
Neurose (statt Reaktion)
Kritik nach Publikation an psychoanalytischer Orientierung
Homosexualität als Diagnose: erst in 7. Auflage von DSM II
verschwunden (1973)
3
Goodwin_Sachs - Algorithm vs Menu debate
11.04.2014 08:39
Geschichte von DSM-5 und ICD-11 (2)
• DSM-III (1980)
– 474 Seiten
– Feldstudien vor Einführung
– Multiaxiales System 5 Achsen
•
•
•
•
•
Achse I alle psychische Störungen ausser
Achse II Persönlichkeitsstörung und geistige Behinderung
Ache III Medizinische Krankheitsfaktoren
Achse IV psychosoziale Faktoren
Achse V Funktionsniveau (GAF)
– Einführung deskriptiver a-theoretischer operationalisbarer
Diagnosekriterien (  Neurose)
– Explizite Ein- und Ausschlussregeln
• Algorithmen
Geschichte von DSM-5 und ICD-11 (3)
• Defizite vorangegangener Klassifikationssysteme
– WHO: fehlende Übereinstimmung psychiatrischer Dx (Stengel, 1959)
– Nicht explizit definierte Diagnosekriterien: geringe Reliabilität (Spitzer &
Fleiss, 1974): ricc<0.60
Ebene
Bezeichnung
Kappa
Störungsgruppen
Schizophrenie
0.57
Persönlichkeitsstörungen
0.32
Subgruppen
Depressive Erkrankungen
Neurotische Depression
0.26
Psychotische Depression
0.24
– Operationale Kriterien, z.B. Feighner et al., 1972 (SLC) oder Spitzer et
al., 1978 (RDC)
nach Steglitz 2008
4
Goodwin_Sachs - Algorithm vs Menu debate
11.04.2014 08:39
Geschichte von DSM-5 und ICD-11 (4)
• DSM-III-R (1984)
– 292 Diagnosen und 567 Seiten
– Einführung Komorbiditätsprinzip statt „hierarchische Diagnoseregeln“
• ICD-10 (1991)
– Formal Konvergenz mit DSM
• DSM-IV 1994 und DSM-IV-TR 2000
– 296 Störungen 973 Seiten
– Keine gravierenden konzeptuellen Änderungen
ICD-11
•
•
•
•
•
Alpha Draft September 2009
Beta Draft Begin 2011
Internet Beta Draft 2013
Ende 2014 Endgültige Version
2015 Veröffentlichung
5
Goodwin_Sachs - Algorithm vs Menu debate
11.04.2014 08:39
DSM-5
APA Mai 2013
www.dsm5.org
DSM-5 Prinzipien / Ziele für Erneuerung
• Höchste Priorität dem klinischen Nutzen
• Empfehlungen wissenschaftlich untermauert (Evidenz-basiert)
• Kontinuität mit früheren Ausgaben, aber: grundsätzlich jede
Veränderung möglich
•
•
•
•
Klärung der Grenzen zwischen den Diagnosen
Diagnoseunabhängige Querschnittsymptome
Genaue Bezeichnung der Stärke wissenschaftlicher Evidenz
Klärung der Grenzen zwischen Normalpsychologie und
psychischen Störungen
• Schweregrad der Erkrankungen kann vermehrt bezeichnet werden
• Diagnose-übergreifende Symptomdimensionen, wie Angst,
depressive Stimmung, Substanz-Missbrauch, Schlaf,
Bewegungsstörungen werden eingeführt
•  Vision: Biomarker
6
Goodwin_Sachs - Algorithm vs Menu debate
11.04.2014 08:39
Neu bei Affektiven Störungen
• Wichtigste Änderung: zwei Kapitel
– Depressive Störungen
– Bipolare Störungen
• Beide Bereiche
– Specifier Ausmass der Angstsymptomatik
– Klinische Dimension Suizidalitäts-Skala
• 4-stufig aber qualitativ
Fawcett (2013) Die Psychiatrie, 10: 18-23
Neu bei Affektiven Störungen
DSM-IV
DSM-5

Emotionsregulationsstörung (disruptive mood regulation
disorder ) Alter 6-18
Major Depression


Persistierende Depressive Störung (Dysthymia)


Prämenstruelle dysphorische Störung

Substanz/ Medikations-induzierte depressive Störung

Nicht spezifizierte depressive Störung


7
Goodwin_Sachs - Algorithm vs Menu debate
11.04.2014 08:39
Neu bei Affektiven Störungen
• Neu: prämentruelles dysphorisches Syndrom
– Woche vor Mens bis wenige Tage nach Mens
• Neu Affektive Dysregulation /disruptive mood dysregulation
disorder (Kinder u. Jugendliche) DMDD
• Wutausbrüche, Reizbarkeit, depressive Stimmung
• Reaktion auf Anstieg bipolar bei Kinder u. Jugendlichen
– 3 pro Woche über mindestens 1 Jahr
• Persistierende depressive Störung statt Dysthymie
– Kinder u. Jugendliche 1 Jahr
• Diagnose Major Depression
– Ausschlusskriterium „Einfache Trauer“ entfällt
– Schweregrade und psychotische Symptomen getrennt
Fawcett (2013) Die Psychiatrie, 10: 18-23
Neu bei Affektiven Störungen
• Bipolare Störung
– Wichtigste Änderung Bipolar I gemischte Episode entfällt
• Als Specifier möglich
– Diagnose Bipolar hypomane / manische Episode nach antidepressiver
Behandlung möglich
Fawcett (2013) Die Psychiatrie, 10: 18-23
8
Goodwin_Sachs - Algorithm vs Menu debate
11.04.2014 08:39
Laute Kritik
... the new volume is an “absolute disaster”
... worried that DSM-5 will "take psychiatry off a cliff“
“wholesale imperial medicalization of normality”
“a bonanza for the pharmaceutical industry” for which patients would pay
the “high price [of] adverse effects, dollars, and stigma.”
“kids getting unneeded antipsychotics that would make them gain 12
pounds in 12 weeks hit me in the gut. It was uniquely my job and my duty
to protect them. If not me to correct it, who? I was stuck without an excuse
to convince myself.”
Allen Frances , Chair of Task Force and Lead Editor DSM-IV
9
Goodwin_Sachs - Algorithm vs Menu debate
11.04.2014 08:39
Frances‘ Kritik
inflationäre Krankheitsdiagnsosen
Wichtigste 2 Beispiele
1) Grief/bereavement exclusion
2) DMDD, disruptive mood dysregulation disorder (DSM-5)
DSM-IV verursachte eine Art Epidemie von bipolaren Erkankungen bei
Kindern. Innert einer Dekade, die Diagnose „bipolare Störung“ bei
Kindern hat 40-fach zugenommen.
Das führte zu einer entsprechenden Zunahme der Indikation für atypische
Neuroleptika bei Kindern (mit bekannten Problemen und potentiellen
Gefahren (unklare Effekte auf Hirnentwicklung, metabolisches Syndrom).
from WiredMagazine_Frances_Inside the Battle to Define Mental Illness | Wired Magazine | Wired.com_2010
Dx Systeme: gesellschaftliche Auswirkungen
• 1980: Psychoanalytische Kritik wegen des Wegfalls des Begriffs
„Neurose“ von DSM-III.
• 1973: Homosexuelle Gruppierungen Kritik an Homosexualität als
psychiatrische Diagnose: APA musste anerkennen, dass
Homosexualität keine Krankheit ist und nie eine war.
• 1993: Feministische Kritik an A. Frances für den Plan, das „späte
Lutealphasen bezogene dysphorische Syndrom“ (“late luteal phase
dysphoric disorder”; „prämenstruelles Syndrom“ in DSM-IV als
Diagnose aufzunehmen.
from WiredMagazine_Frances_Inside the Battle to Define Mental Illness
Wired Magazine | Wired.com_2010
10
Goodwin_Sachs - Algorithm vs Menu debate
11.04.2014 08:39
DSM-5 / ICD-11 Geschichte - Fazit
• Von typologischer zu operationaler Diagnostik
• Von theoriegeleiteten Diagnosen zu Neutralität bezüglich
ätiologischer Vorstellungen
• Klarere Differenzierung der Diagnosen und der Kriterien
• Zunehmende Bedeutung der empirischen Validierung
– „Task forces“ Komitees zu spezifischen Diagnosegruppen
– Feldstudien
• Rein klinische Phänotypen als dx Kriterien
Diskussion DSM-5
• 46% der US Bevölkerung hat gemäss DSM-IV einmal im Leben
diagnostizierbare psychiatrische Diagnose (mehr mit DSM-5)
 Problem? Vgl. 100% Lebenszeitprävalenz für Grippe, Ausdruck von
Stigmatisierung psychischer Krankheiten? Unheilbarkeit?
 Kritik an DSM-5 ist auch Kritik an Pharmakotherapie, mit der vereinfachten
Formel: Dg = Behandlung = Medikamente (berechtigt?)
• 25% der Schulkinder in den USA erfüllen Dx für DMDD
 aber: DMDD ist Ersatz für Bipolare Störung bei K&J
• Inflationäre Dx nicht psychiatrie-spezifisches Problem:
– Innere Medizin: Übergewicht, metabol. Syndrom, Diabetes, Hypertonie:
– Dx Resultat statistischen Konstrukts zur Kategorisierung eines Spektrums
• Dx abhängig von sozio-kulturellem Kontext
• DSM-5: kein Einbezug von Biomarkern und dimensionalen Kriterien
•  RDoC, Zukunftsvision für die psychiatrische Diagnostik
11
Goodwin_Sachs - Algorithm vs Menu debate
11.04.2014 08:39
Kategorisierung eines Spektrums
Biologie hält sich nicht an Dx
David Adam (Editorial and Columns editor), Nature 496, 25.04.2013, p 416-8
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Goodwin_Sachs - Algorithm vs Menu debate
11.04.2014 08:39
Endophänotypen: näher an neurobiologischen
Grundlagen und Therapiemechanismen
Gottesman 2005, Hasler et al 2006
Ist das wirklich alles so neu?
"Es ist die Absicht, eine naturwissenschaftliche Psychologie zu liefern, d.h.
psychische Vorgaenge darzustellen als quantitativ bestimmte Zustände
aufzeigbarer materieller Teile und sie damit anschaulich und widerspruchsfrei
zu machen.” 1
„Die Zukunft mag uns lehren, mit besonderen chemischen Stoffen die
Energiemengen und deren Verteilungen im seelischen Apparat direkt zu
beeinflussen. Vielleicht ergeben sich noch ungeahnte andere Möglichkeiten
der Therapie; ....“2
1S.
Freud, "Entwurf einer Psychologie" [Project for a Scientific Psychology], 1887
2S.
Freud 1938 (GW XVII, S. 108)
13
Goodwin_Sachs - Algorithm vs Menu debate
11.04.2014 08:39
Burghölzli, 1872
14
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