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11 November 2012
Branding
Von Hundegeifer und Markenloyalität
Was haben Pawlows Hunde mit Branding zu tun? Wie funktionieren erfolgreiche Marken?
Was machen Marken wie Betty Bossi, TCS und Swiss richtig?
Text: Walter Stulzer, Elena Holzheu* Bild: NOSE, Zürich
Prototypen von er folgreichen Marken: Betty Bossi, Swiss und TCS.
Iwan Petrowitsch Pawlow, Urvater der Verhaltenspsychologie, erhielt 1904 den Nobelpreis für Physiologie und Medizin. Dass er
mit seiner Arbeit auch die wissenschaftliche
Erklärung für die Wirkung von Marken mitgeliefert hat, wissen die wenigsten.
Mit seinem berühmten Hundeexperiment
konnte er zeigen, dass natürliche Reflexe
auch von gelernten, künstlichen Schlüssel* Walter Stulzer ist Geschäftsführer und Partner von NOSE in Zürich,
www.nose.ch und Elena Holzheu ist Beraterin bei NOSE
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reizen ausgelöst werden können. Tag für Tag
läutete Pawlow eine Glocke, wenn er seinen
Hunden Futter reichte. Mit der Zeit genügte
allein das Läuten der Glocke, um den
Speichelfluss der Hunde anzuregen. Das
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Läuten der Glocke löste bei den Hunden
einen ­
­
sogenannten bedingten Reflex aus.
Die ­Psychologie nennt die Kopplung eines
natürlichen Handlungsmusters an einen
­künstlichen Schlüsselreiz «klassische Konditionierung».
Bedingte Reflexe sind aber keineswegs nur
Tieren vorbehalten. Auch menschliches
Handeln lässt sich im Sinne Pawlows konditionieren.
Versteht man Pawlow, versteht man
Branding
Ist man mit dem Kauf eines Produkts oder
einer Dienstleistung zufrieden, wird eine positive Erinnerung im Gedächtnis abgelegt.
Werden diese Erlebnisse konsequent mit
einem einfachen Schlüsselreiz gekoppelt
­
(gebrandet), vermag mit der Zeit allein der
Branding Von Hundegeifer und Markenloyalität management & branding
Schlüsselreiz die abgelegten positiven Erinnerungen zu aktivieren und den Wunsch
nach einem weiteren Erlebnis zu wecken.
Erfolgreiches Branding bedeutet die gelungene Konditionierung auf die Schlüsselreize
der Marke.
Fütterung vorausgesetzt
Wer sich jetzt wie ein Hund vorkommt, der um
sein Futter gebracht wird, liegt falsch. Damit
eine Marke tatsächlich im Assoziativgedächtnis des Kunden verankert wird und so ihre
Kraft ausspielen kann, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein. Erstens muss eine Marke ein klares und differenzierendes Versprechen abgeben. Zweitens muss dieses
Versprechen bei jedem Erlebnis konsequent
eingelöst werden. Drittens entscheidet die Frequenz positiver Erlebnisse darüber, ob Markenloyalität und Kaufentscheide beim Kunden zum bedingten Reflex werden. Darüber
hinaus nützt all dies nichts, wenn nicht die ganze Erlebniskette aus Produkt, Werbung, Beratung, Verkauf und Service eindeutig als Markenerlebnis gekennzeichnet ist.
Was starke Marken ausmacht
Starke Marken erfüllen diese Bedingungen.
Starke Marken sind klar positioniert und ge-
ben ein eindeutiges Versprechen ab. Starke
Marken halten dieses Versprechen konsequent ein, egal ob in der Werbung, in der Beratung, beim Kauf oder beim Produkt selbst.
Starke Marken überzeugen an allen Kontaktpunkten und markieren jedes Erlebnis
in der Erlebniskette eindeutig und konsistent als Markenerlebnis. In der Konsequenz
steigern starke Marken die Wertschöpfung,
weil sie Kaufentscheide und Markenloyalität zu bedingten Reflexen machen.
Marke verpflichtet
Ist eine Marke einmal etabliert, muss sie
ebenso konsequent geführt werden. Wird
das Markenversprechen an neuen Kontaktpunkten nicht eingehalten oder werden neue
Produkte mit widersprüchlichen Markenversprechen auf den Markt gebracht, reisst
die Erlebniskette, und die Verankerung der
Marke im Assoziativgedächtnis der Kunden
wird geschwächt. Schlimmstenfalls werden
negative Markenerlebnisse geschaffen. Weil
Pawlow nicht nur im positiven, sondern auch
im negativen Sinne funktioniert, ist der
Schaden dann immens. Nicht mehr Markenloyalität und Kaufentscheid sind bedingte
Reflexe, sondern Abwanderung und Kaufvermeidung.
Ein Logo ist keine Marke
Wer denkt, ein neues Corporate Design werde es schon richten, hat Pawlow be­
ziehungsweise seine Hunde nicht verstanden.
Schlüsselreize sind wirkungslos, wenn sie keine Erlebnisse markieren, die ein ­Versprechen
einlösen. Erst Produkt, Werbung, Beratung,
Verkauf und Service machen das Markenversprechen erlebbar und lösen es ein. Hätte
Pawlow seinen Hunden kein Futter angeboten, hätte diese auch k
­ eine Kirchenglocke
zum Sabbern gebracht.
Die Positionierung gibt vor, welches Markenversprechen erfüllt werden muss und
welche Markenwerte als Leitplanken für
das Handeln der Mitarbeitenden gelten.
Mitarbeitende wiederum sind wichtige
­ arkenbotschafter, die das Markenerlebnis
M
entscheidend beeinflussen.
Was der TCS richtig macht
Der Touring Club Schweiz (TCS) verspricht,
seinen Mitgliedern zu helfen, sorgenfrei unterwegs zu sein. Im Dienstleistungssektor
sind die Mitarbeitenden zentrale Markenbotschafter. Die TCS-Patrouillen lösen das
TCS-Markenversprechen seit Jahren Mal für
Mal erfolgreich und «gelb markiert» ein, indem sie für Schweizer Mobilisten fachkom-
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petent und freundlich Probleme lösen. Im
Fall TCS liegt deshalb nichts näher, als diese
bereits existierende «gelbe» pawlowsche
Glocke auch an allen anderen Kontaktpunkten, Produkten und Dienstleistungen erklingen zu lassen. Und siehe da, die pawlowsche
Offenbarung erfüllt sich postwendend. Oder
hätte jemand vermutet, bei den gelben TCSHelikoptern gehe es um etwas anderes als
um die sichere Heimführung von TCS-Mitgliedern?
Was Betty Bossi richtig macht
Unter der Marke Betty Bossi werden unterschiedlichste Dienstleistungen und Produkte geführt. Das Angebot von Betty Bossi erstreckt sich von Kochbüchern und der
Betty-Bossi-Zeitung über die Entwicklung
von Küchenhilfen bis hin zu Fresh-Convenience-Produkten. Betty Bossi ist im Bereich
Food und Küche mit rund 800 000 Abonnenten der grösste Direktmarketingkanal in der
Schweiz. Trotz dieser Vielfalt an Produkten,
Dienstleistungen und Kontaktpunkten gelingt es Betty Bossi dank konsequenter Mar-
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kenführung, überall dasselbe Versprechen
abzugeben und auch einzulösen: jederzeit
und überall Lösungen für Food und Küche
zu bieten. Dank einer eindeutigen Markierung zahlt jeder Kontaktpunkt auf die Marke ein.
Was Swiss richtig macht
Swiss ist heute die attraktivste Airline Europas und gehört weltweit zu den Spitzenreitern. Das war nicht immer so. Nach den
­turbulenten Gründungsjahren war das Unternehmen vom Ziel der Profitabilität geprägt. Nach erfolgreichem Turnaround wurde die Marke Swiss wieder klar ausgerichtet
und für die Herausforderungen der Zukunft
fit gemacht.
Die Positionierung «Swiss ist die Airline
der Schweiz» baut auf der Schweizer Herkunft auf. Sie verpflichtet die Fluggesellschaft zu einem konsistenten, hochwertigen
Produkt- und Serviceerlebnis. Die überschaubare Unternehmensgrösse ermöglicht
Nähe zu den Fluggästen sowie eine individuelle Betreuung. Swiss übersetzt dieses Mar-
kenversprechen an sämtlichen Kontaktpunkten konsequent in eindeutig markierte
Erlebnisse. Swiss-Kunden schätzen das und
sind bereit, dafür zu bezahlen.
Was wir von Pawlow lernen
Erfolgreiches Branding folgt einem simplen
Prinzip: Wiederholt erlebte, klar markierte
Erlebnisse, die ein Versprechen konsequent
einlösen, machen Marken zu pawlowschen
Glocken – die Glocke läutet, der Hund sabbert. Voraussetzung dafür ist, dass eine
Marke klar positioniert ist, ein eindeutiges
Markenversprechen abgibt, dieses Markenversprechen an jedem Kontaktpunkt einlöst
und jedes Erlebnis konsequent und konsistent als Markenerlebnis markiert. Sind diese
Voraussetzungen erfüllt, ist Branding nichts
anderes als die erfolgreiche Konditionierung
von Kunden auf die Schlüsselreize der Marke, welche Markenloyalität und Kaufentscheide zu bedingten Reflexen machen. 
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