Hamlet_Studio - Theater St. Gallen

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Theater St.Gallen
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Theater St.Gallen
Übersicht
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ANHANG
HINTERGRUND
GRUNDLAGEN
Theaterpädagoge, [email protected]
1 Grundlagen
Team
Zum Stück
Bin ich Lenker meines Lebens?
Wir schauen in Hamlets Gehirn
04
2 Hamlet von William Shakespeare
Zusammenfassung (ausführlich)
Zusammenfassung (kompakt)
Die Handlung in Kürze
Hamlet online
08
3 Die Figuren
13
4 Historischer Hintergrund
Entstehung
16
Frauenpower für «Hamlet»
17
Aufführungsgeschichte und Darsteller
19
Historische Kritik
22
Shakespeares Theater
24
Der wilde Mann
25
Sein oder nicht sein?
26
Gedanken und Fragen
27
Auszüge aus dem Original: Nachbereitung Hamlet_Studio
28
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Theater St.Gallen
1a Grundlagen Hamlet_Studio
Hamlet_Studio
Stück für ein junges Publikum nach William Shakespeare [14+]
Uraufführung: Theater St.Gallen: 14. September 2016, Studio
Dauer: ca. 60 Minuten
Inszenierung: Eveline Ratering
Ausstattung: Nic Tillein
Musikalische Leitung | Live Musik: Benjamin Hartwig
Dramaturgie: Anja Horst
Spieler: Boglárka Horváth, Dimitri Stapfer, Benjamin Hartwig
«Ist dies schon Tollheit, hat es doch Methode.»
Zum Stück
Dass Hamlet keine verstaubte Theaterfigur ist, mit der junge Menschen nichts anfangen können, zeigt die
Regisseurin Eveline Ratering in der Studioproduktion zur Eröffnung unseres Programms für Kinder und
Jugendliche. Hamlet, ein junger Mann, der nach dem Tod seines Vaters wild um sich schlägt, getrieben
von Hass, Empörung und Verzweiflung, mal selbstverliebter Moralist, dann wieder depressiv und todessehnsüchtig. Eveline Ratering stellt das Emotionschaos des Erwachsenwerdens in den Fokus ihrer Inszenierung und kommt damit im Heute an.
In dieser Uraufführung, die in der Zusammenarbeit mit Schülern des Gymnasiums Friedberg entstanden
ist, verschmelzen unterschiedliche Welten: der Shakespearesche Hamlet mit der Geschichte dreier Jugendlicher, die in einer Psychiatrie mit ihren ganz eigenen Problemen aufeinandertreffen.
„Hamlet von Dänemark, junger Erwachsener, wurde auf Betreiben seiner Mutter und seines Stiefvaters
aufgrund fremd- und selbstgefährdenden Verhaltens und Verdachts auf akute Suizidalität auf freiwilliger
Rechtsgrundlage eingewiesen.“ So könnte es im Aufnahmeprotokoll einer Jugendpsychiatrie vermerkt
sein, wenn die mehr als 400 Jahre alte Theaterfigur „Hamlet, Prinz von Dänemark“, scheinbar dem Wahnsinn verfallen, heute aufgenommen worden würde. Es ist die Ausgangssituation der Produktion Hamlet_Studio. Hamlet ist nach dem Tod seines Vaters und der schnellen Hochzeit seiner Mutter von seinen
Gefühlen völlig überfordert. Und da ist noch die Stimme in seinem Kopf, die ihn fast um den Verstand
bringt. Doch dann trifft er auf Odeta, eine junge Pflegefachfrau, die als Eins-zu-eins-Betreuung zu seiner
Sicherheit eingesetzt wird, und auf Leonard. Auch er ist Anfang zwanzig und seit seinem zwölften Lebensjahr immer wieder Patient in der Psychiatrie. Er sagt keinen Ton, seine Sprache ist die Musik.
Hamlet_Studio schildert die ungewöhnliche Begegnung dreier junger Menschen auf der Suche nach ihrem
Weg ins Leben, die in ein paar gemeinsamen Stunden, gefangen auf engstem Raum, spüren, was ein
selbstbestimmtes Leben mit eigenen Visionen sein könnte ...
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Theater St.Gallen
«Bin ich Lenker meines Lebens?»
Hansruedi Kugler, Tagblatt 03.09.2016
Hamlet steckt nach einem „Unfall“ in der Jugendpsychiatrie: Der bewunderte Vater ist tot, die Mutter schon
wieder mit einem anderen zusammen – zu viel für das
ohnehin heftige Gefühlschaos des sensiblen jungen
Mannes. Suizidgefährdet sitzt er mit anderen labilen
Patienten im Aufenthaltsraum der Klinik. Wenn Regisseurin Eveline Ratering (Bild) von ihrer Inszenierung erzählt, macht sie klar: Prinz Hamlet wird zum heutigen
Jugendlichen.
Recherche im Gymnasium
Zusammen mit der Dramaturgin Anja Horst hat Regisseurin Ratering das Stück mit Jugendlichen aus dem
Gymnasium Friedberg in Gossau diskutiert – um herauszufinden, welche Themen sie bei Hamlet ansprechen. Das Ergebnis war ermutigend: Hamlets Selbstzweifel und Gefühlsschwankungen, seine Liebe und
Treue zum Vater, das Dilemma mit der Loyalität zur Mutter, sein Moralismus, seine Depressionen – all das
sei den Jugendlichen sehr bekannt vorgekommen.
Hamlets Superadoleszenz
Schliesslich sollte eine Hamlet-Variation entstehen, in der sich heutige Jugendliche wiederfinden. Im Studio des Theaters werden eine Schauspielerin, ein Schauspieler und ein Musiker zu sehen sein. Auch die
Sprache, die grosse Hürde vor dem Klassiker, sei grösstenteils radikal heutig geworden. Die St.Galler Inszenierung schreibt vieles neu, lässt die Jugendlichen in der Psychiatrie aufeinanderprallen und stellt unausgesprochen auch die Frage nach der gesellschaftlichen Verantwortung. „Hamlet hat eine Superadoleszenz“, sagt Regisseurin Eveline Ratering. Der Druck, der heute auf vielen Jugendlichen lastet, ist enorm:
bei der Berufswahl, beim Liebeskummer und in der Herausforderung, eine Rolle und eine eigene Haltung
im Leben zu finden. Bei Hamlet, der seinen Vater rächen soll, steigert sich die Spannung zur Frage „Sein
oder Nichtsein“. Jugendliche würden dies vielleicht übersetzen in die Frage: „Kann ich Lenker meines Lebens sein?“
 Themen, die nachbereitend besprochen werden könnten:
- Beziehungen zwischen den drei Figuren, Beziehungen der drei zu Familienangehörigen/Aussenstehenden  beschreiben/sammeln  Wie wurden die Beziehungen dargestellt? Was hat das beim Zuschauen
ausgelöst?  Wie könnten die Lebenswege der drei weitergehen? Wo stehen sie in 10 oder 20 Jahren?
- Eltern: Liebe, Treue, Vertrauen, Loyalität gegenüber Eltern, Tod/Verlust eines Elternteils, Erwartungen,
Tradition, Ablösung, Ausbrechen aus festgefahrenen Strukturen
- Gefühls-Chaos, Gefühlsschwankungen, Selbstzweifel, Stimmen im Kopf, Depression, Psychiatrie
- Liebe, Vertrauen, Moralismus, Gesellschaft, Druck, einander etwas vormachen/sich verstellen, …
- Eigene Erfahrungen/Erlebnisse mit diesen Themen. Was hat das Stück mit mir zu tun? Welche Parallelen
zu meiner Lebenswelt erkenne ich?
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Theater St.Gallen
1b Grundlagen Hamlet_Gross
Hamlet_Gross
Tragödie von William Shakespeare [15+]
Uraufführung: 1602 in London
Premiere Theater St.Gallen: 23. September 2016, Grosses Haus
Deutsch von Elisabeth Plessen
Inszenierung: Barbara-David Brüesch
Bühne: Stéphane Laimé
Kostüme: Heidi Walter
Musikalische Leitung: Christian Müller
Musikalische Beratung: Christian Zehnder
Kampfchoreografie: Klaus Figge
Dramaturgie: Armin Breidenbach
Hamlet: Jeanne Devos
Horatio: Tobias Graupner
Claudius | Geist | Schauspieler: Marcus Schäfer
Gertrud | Schauspielerin: Diana Dengler
Polonius | Totengräber | Schauspieler: Matthias
Albold
Laertes | Rosenkranz: Kay Kysela
Güldenstern | Totengräber | Osric: Anna Blumer
Ophelia | Schauspielerin: Jessica Cuna
Ein Musiker: Marcello Wick
«Ist dies schon Tollheit, hat es doch Methode.»
Zum Stück
Auf der grossen Bühne nimmt Hausregisseurin Barbara-David Brüesch die politischen Implikationen des
Stoffes unter die Lupe. Denn: Es ist etwas gewaltig faul im Staate Dänemark. Zwar feiert der Hof die Hochzeit des neuen smarten Herrschers Claudius mit Hamlets Mutter Gertrud – doch Prinz Hamlet crasht die
Party. Zu stark zehrt die Trauer um seinen Vater noch an ihm, zu zersetzt ist ihm die Welt von Machtmissbrauch und Opportunismus, Fäulnis und Dünkel. Selbstmord wäre eine Option, allein, es bleibt beim Gedanken. Der misstrauische und melancholische Prinz wird schliesslich vom Geist seines Vaters aufgesucht.
Der fordert Rache für den Mord an ihm. Hamlet kann seinen alten Freunden nicht mehr trauen, überhaupt kann er niemandem noch vertrauen, bis auf seinen einzigen Freund Horatio. Die geliebte Ophelia
wird brutal verstossen. Dem gesamten Hof spielt Hamlet den Wahnsinnigen, ohne noch zu wissen, wie er
der Racheforderung nachkommen kann. Da kommt ihm die rettende ldee, das Ganze als Theateraufführung zu inszenieren ... In der Trauer um seinen Vater tut sich Hamlet eine mythische Welt auf. Dabei ist
eins klar: Er lebt die Chronik seines angekündigten Todes. Hamlet zweifelt, zögert, kann sich nicht zur Tat
durchringen. Sein Dilemma: Das komplexe Denken verhindert jegliche Aktion. Je tiefer er sich in die Abgründe von Rache und Mord begibt, desto stärker wird seine Paranoia. Und die Welt um ihn herum gerät
immer mehr aus den Fugen.
Was das mit St.Gallen und der modernen Schweiz zu tun hat? Ist hier auch etwas ‹aus den Fugen›? Und
was für eine Welt bleibt am Ende der Tragödie übrig? – Fragen, die Barbara-David Brüesch mit ihrer Inszenierung stellen wird.
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Theater St.Gallen
«Wir schauen in Hamlets Gehirn»
Hansruedi Kugler, Tagblatt 03.09.2016
Politisch soll er gelesen werden, der Hamlet auf der grossen
Bühne des Theaters St. Gallen. So wünscht sich das Regisseurin Barbara-David Brüesch (Bild), die zusammen mit dem
Dramaturgen Armin Breidenbach das Konzept erarbeitet hat.
Sie werden das Stück «ziemlich linear» und mit grossem Ensemble erzählen, den Blick aber auf die Machtstrukturen richten: «In unserer Lesart ist klar: Hamlets Vater ist als König
nicht mehr tragbar. Er ist antiquiert», sagt Brüesch. Der Königsmord wäre so nicht mehr nur die Tat eines Ehrgeizlings,
sondern ein politischer Akt: ein Putsch. Der Wunsch nach
einem Systemwechsel stünde im Raum. So gesehen wäre man im politischen Heute angelangt. Wenn
Hamlet, zerrieben zwischen Denken und politischer Tat zum ungewollten Amoklauf ansetzt, mag einem
dieser Hamlet wieder erschrecken und beunruhigen.
Eine weibliche Hamlet
Hamlets Treue zum Vater jedenfalls ist fatal: «Wenn der Vater zur Blutrache aufruft, ist er einem archaischen System verhaftet», sagt Brüesch. Hamlet spüre, dass der Sühnemord gleichzeitig sein eigenes Todesurteil bedeute, sagt Brüesch. Kein Wunder, zögert der Prinz mit der Ausführung. Der alte König Hamlet
löste Machtfragen im Zweikampf, sein Mörder und Nachfolger Claudius hingegen hält ihn für einen gefährlichen Anachronismus – er schickt lieber Botschafter in fremde Länder. Die ernüchternde Seite: Skrupellos sind beide, absolute Monarchen und Machtmenschen.
Um die Ohnmacht gegenüber diesen Spielarten der Machtpolitik allgemeiner zu interpretieren, greift
Brüesch auf einen alten Theatertrick zurück: Sie besetzt eine Frau als Hamlet. So lässt sich das Stück nicht
auf das chauvinistische und machistische Nachfolgerproblem reduzieren. Dass Hamlet kein edler Held ist,
steht zudem ausser Frage: Er behandelt Ophelia schlecht und lässt seine Freunde über die Klinge springen.
Musik und Hirnkasten
Konzepte allein machen noch keinen Theaterabend aus. Eine wichtige Rolle wird die Musik spielen. Archaischer Naturjodel einerseits, Synthesizer-Sound anderseits sollen die Machtsysteme akustisch markieren.
Über die Kulissen will Barbara-David Brüesch noch nicht viel verraten: Man werde aber wohl eine Art Burg
darin erkennen. Hamlet benötige aber eigentlich überhaupt keine Kulissen. Einerseits habe es im Globe
Theatre (s. Anhang), für welches das Stück geschrieben worden ist, auch keine gegeben. Anderseits sei
das Faszinierende am Stück, dass es einen Blick in den «Hirnkasten» Hamlets ermögliche, sagt Dramaturg
Breidenbach. «Er lässt einen teilhaben an allen seinen Gedanken, Zweifeln, Ängsten.» Und dies macht ihn
überhaupt erst zu einem modernen Stück, egal ob mit oder ohne Kulissen.
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