BIOENG: Prüfung aus Angewandter Statistik I (SS) MUSTERBEISPIELE 2 MIT LÖSUNGEN GRUNDAUFGABEN ZU DEN WAHRSCHEINLICHKEITSVERTEILUNGEN 1. Bei einem Test werden 5 Aufgaben derart gestellt, dass es bei jeder Aufgabe 4 Antwortmöglichkeiten gibt, von denen genau eine die richtige ist. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass man mehr als die Hälfte der Aufgaben richtig löst, wenn die Lösungsauswahl aufs Geratewohl erfolgt, d.h., jeder Lösungsvorschlag mit der Wahrscheinlichkeit 1/4 gewählt wird? 2. Ein Produktionslos enthält 100 Widerstände. Der Hersteller garantiert, dass höchstens 5% defekt sind. Jedes Los wird vor Lieferung geprüft, indem 10 Widerstände entnommen werden. Sind alle 10 Widerstände in Ordnung, wird das Los zur Auslieferung freigegeben. Wie groß ist bei diesem Prüfverfahren die Wahrscheinlichkeit, dass ein Los zurückgewiesen wird, obwohl es den Bedingungen (höchstens 5% defekt) entspricht? 3. Für eine bestimmte Diagnosegruppe ist ein Laborparameter X normalverteilt mit einem Mittelwert von 75 Einheiten und einer Standardabweichung von 10 Einheiten. Laborwerte unter 55 und über 95 gelten als kritisch. a) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass X einen kritischen Wert annimmt? (4,55%) b) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass in einer Stichprobe von 5 Personen, mindestens viermal ein nicht kritischer Wert gemessen wird? (98.1%) 4. Die Masse (in mg) einer Wirksubstanz W in einem Präparat sei normalverteilt mit dem Mittelwert 10 und der Varianz 0,25. Mit welcher Wahrscheinlichkeit wird ein Wert außerhalb des 2-fachen Interquartilabstandes um den Mittelwert angenommen? (0.7%) LÖSUNGEN Aufgabe 1 (Grundaufgabe V1, Binomialverteilung) Präzisierung der Aufgabe: Die Lösung der 5 Aufgaben wird durch die 5-malige Wiederholung eines Zufallsexperimentes modelliert; bei jeder Wiederholung ist die Wahrscheinlichkeit, aufs Geratewohl die richtige Antwort zu finden, gleich 1/4. Die Anzahl der Wiederholungen (Aufgabenlösungen) mit der richtigen Antwort ist eine binomialverteilte Zufallsvariable X mit den Parametern n=5 und p=1/4 (Erfolgswahrscheinlichkeit). Lösungsansatz: Gesucht ist die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses, mehr als die Hälfte der Aufgaben richtig zu lösen, d.h. die Wahrscheinlichkeit P(X>=3). Mit Hilfe der Gegenwahrscheinlichkeit P(X<=2), die gleich dem Wert der Verteilungsfunktion der Binomialverteilung an der Stelle x=2 ist, kann die gesuchte Wahrscheinlichkeit in der Form P(X>=3) = 1-P(X<=2) dargestellt werden. Rechnerische Lösung (mit R): > PXgrgl3 <- 1 - pbinom(2, 5, 0.25); PXgrgl3 [1] 0.1035156 Ergebnis: Die Wahrscheinlichkeit P(X>=3), mehr als die Hälfte der 5 Aufgaben richtig zu lösen, wenn die vier möglichen Antworten aufs Geratewohl gewählt werden, beträgt 10,35%. Aufgabe 2 (Grundaufgabe V2, Hypergeometrische Verteilung) Präzisierung der Aufgabe: Wir nehmen den ungünstigsten Fall an, dass nämlich genau 5% der 100 Widerstände, also 5 Widerstände defekt sind. Die Entnahme der Prüfstichprobe möge nach dem Modell „Auswählen ohne Zurücklegen“ erfolgen. Gesucht ist die Wahrscheinlichkeit für die Zurückweisung des Loses, d.h. die Musterbeispiele2_BIOENG_SS_mit_Loesungen 1 BIOENG: Prüfung aus Angewandter Statistik I (SS) MUSTERBEISPIELE 2 MIT LÖSUNGEN Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Anzahl X der defekten Widerstände in der Prüfstichprobe größer als null ist. Lösungsansatz: Gesucht ist die Wahrscheinlichkeit P(X>0) = 1- P(X=0). Die Anzahl X ist eine hypergeometrisch verteilte Zufallsvariable und stellt die defekten Widerstände dar, die man bei Zufallsauswahl aus dem Produktionslos mit 95 intakten und 5 defekten Widerständen erhält. Rechnerische Lösung (mit R): > PXgr0 <- 1-phyper(0, 5, 95, 10); PXgr0 [1] 0.4162476 Ergebnis: Die Wahrscheinlichkeit P(X>0), mindestens einen defekten Widerstand zu erhalten, wenn aus einem Los mit 95 intakten und 5 defekten Widerständen ohne Zurücklegen ausgewählt wird, beträgt 41,62%. Aufgabe 3 (Grundaufgabe V3, Normalverteilung, Binomialverteilung) Präzisierung der Aufgabe: Nach Voraussetzung ist X eine normalverteilte Zufallsvariable mit dem Mittelwert 75 und der Standardabweichung 10. Das Ereignis „X nimmt einen kritischen Wert an“ ist gleich dem zusammengesetzten Ereignis „X<55 oder X>95“. In Teilaufgabe a) ist die Wahrscheinlichkeit p=P(X<55 oder X>95) dieses Ereignisses gesucht. Um die Wahrscheinlichkeit in Teilaufgabe b) zu bestimmen, betrachten wir das Auftreten eines kritischen Laborwertes an einer Person als ein Zufallsexperiment, bei dem sich mit der Wahrscheinlichkeit p ein kritischer Wert ergibt. Das Experiment wird 5mal wiederholt; dann ist die Anzahl Y der Wiederholungen mit einem kritischen Laborwert binomialverteilt mit den Parametern n=5 (Anzahl der Wiederholungen des Zufallsexperimentes) und p (Erfolgswahrscheinlichkeit). Lösungsansatz: In a) ist die Wahrscheinlichkeit p=P(X<55 oder X>95) = P(X<55) + P(X>95) gesucht, wobei X eine normalverteilte Zufallsvariable darstellt. Mit F als Verteilungsfunktion von X kann p in der Form p=F(55) + 1 – F(95) geschrieben werden. In b) ist die Wahrscheinlichkeit P(Y<=1) zu bestimmen, wobei Y eine Bn,p-verteilte Zufallsvariable ist. Rechnerische Lösung (mit R): > # a) > Pkritisch <- pnorm(55, 75, 10) + 1 - pnorm(95, 75, 10); Pkritisch [1] 0.04550026 # b) > PYklgl1 <- pbinom(1, 5, Pkritisch); PYklgl1 [1] 0.9811177 Ergebnis: Die Wahrscheinlichkeit, in Teilaufgabe a) einen kritischen Wert zu erhalten, beträgt 4,55%. Mit 98,11%iger Wahrscheinlichkeit sind in einer Gruppe von 5 Personen mindestens 4 Personen ohne kritischen Wert, d.h. höchstens eine Person mit einem kritischen Wert. Aufgabe 4 (Grundaufgabe V4, Normalverteilung) Präzisierung der Aufgabe: Nach Voraussetzung ist die Masse X eine normalverteilte Zufallsvariable mit dem Mittelwert µ=10 (mg) und der Varianz σ2 = 0,25 (mg2). Der Quartilabstand ist gleich der Differenz d = x0,75 - x0,25 zwischen dem 75%-Quantil x0,75 und dem 25%-Quantil x0,25. Gesucht ist die Wahrscheinlichkeit des zusammengesetzten Ereignisses X < µ-2d oder X > µ+2d. Lösungsansatz: Musterbeispiele2_BIOENG_SS_mit_Loesungen 2 BIOENG: Prüfung aus Angewandter Statistik I (SS) MUSTERBEISPIELE 2 MIT LÖSUNGEN Für die gesuchte Wahrscheinlichkeit P gilt: P=(X < µ-2d oder X > µ+2d) = P(X < µ-2d)+P(X < µ+2d) = 2 P(X < µ-2d). Mit F als Verteilungsfunktion (=Normalverteilungsfunktion) von X kann P in der Form P=2F(µ-2d) geschrieben werden. Rechnerische Lösung (mit R): > options(digits=4) > mu <- 10 # Mittelwert > std <- sqrt(0.25); std # Standardabweichung [1] 0.5 > q075 <- qnorm(0.75, mu, std); q075 # 75%-Quantil [1] 10.34 > q025 <- qnorm(0.25, mu, std); q025 # 25%-Quantil [1] 9.663 > d <- q075 - q025; d # Quartilabstand [1] 0.6745 > P <- 2*pnorm(mu-2*d, mu, std); P [1] 0.006977 Ergebnis: Die Wahrscheinlichkeit, dass X einen Wert außerhalb des 2-fachen Quartilabstands um den Mittelwert annimmt, beträgt 0,7%. Musterbeispiele2_BIOENG_SS_mit_Loesungen 3