Pressemitteilung Renaturierung der Würm in München – Obermenzing Kinder der Arbeitsgemeinschaft Würm vollenden das Werk von Wasserwirtschaftsamt und Gartenbau Seit 1999 schlägt das Wasserwirtschaftsamt München ein 300m langes Stück Würm für eine Renaturierungsmaßnahme in Obermenzing auf der Wiese an der Mergenthalerstaße vor. Seit 2002 gibt es an der Grundschule Grandlstraße eine Arbeitsgemeinschaft, die sich großer Beliebtheit erfreut. In Kindersprechstunden des Bezirksausschusses und im Kinder- und Jugendforum der Stadt trugen die Kinder ihre Wünsche vor: dass die renaturierte Würm mindestens zwei Kurven machen solle, damit nicht nur ein Steilufer entsteht, sondern auch ein Gleitufer, an dem Kinder wieder gefahrlos plantschen können und dass sie selber mitbuddeln dürfen beim Modellieren eines Gleitufers und beim Pflanzen bei ihrem Weidenhüttendorf „Bullerbü an der Würm“, das sie 2003 zusammen mit dem städtischen Gartenbau errichteten und seither pflegen Ziemlich groß ist die Freude darüber, dass sie nun am Mittwoch, 28. 10. 2008 den Durchstich für den neuen Würmarm graben dürfen. In zwei Schichten werden 40 Kinder der Grandlschule antreten zur hochbegehrten Arbeit. Die Vormittagsschicht wird die neu entstehenden Inseln bepflanzen und Ufer gestalten, und zwischen 12.30 und 15 Uhr vollendet die Nachmittagsschicht das Werk mit dem „Durchstich“. Neuen Lebensraum für die Würm, für Pflanzen und Tiere und nicht zuletzt für Menschen zu schaffen, Ideen entwickeln, lernen wie man sich auf demokratischem Weg für die Realisierung einer für gut befundenen Sache einsetzt, all das sind Aktivitäten, die Kindern gefallen und sie mit Stolz erfüllen. 1 Und so steht auch im Lehrplan für Grundschulen in Bayern: "Schule ist Gemeinschaftsaufgabe. Zur Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrages öffnet sie sich ihrem Umfeld... Die Grundschule beteiligt sich am öffentlichen Leben und wirkt als örtlicher Kulturträger.... Vor dem Hintergrund des veränderten Freizeitverhaltens bestehen Aufgabe und Chance der Grundschule darin, Kindern vielseitige Gestaltungsmöglichkeiten der Freizeit aufzuzeigen und in Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten einen zunehmend verantwortungsvollen Umgang mit ihr anzubahnen.... Die altersangemessene Teilnahme an örtlichen Vorhaben, z.B. der Agenda 21, kann den Schülern die Augen für die gesellschaftliche und politische Dimension von Umweltfragen öffnen und Anstöße geben, einmal Verantwortung zu übernehmen." In den letzten Jahren haben sich die Kinder kundig gemacht über die Vergangenheit des Flusses, der in der international so genannten Würmeiszeit enstand. Sie erfuhren, dass die Würm ein wichtiger Mühlenfluss wurde, hierfür viel besser geeignet als etwa die Isar. Um die Jahrhundertwende waren die 24 Würmbäder eine beliebte Sommerfrische für Städter, die mit der neuen Bahn Hauptbahnhof-Starnberg ins bisher ferne Pasing gelangten. Das weiche Würmwasser wurde von Pasing zum Hauptbahnhof gepumpt, damit die Dampflocks nicht vom Münchner Leitungswasser verkalkten. Die Kinder besuchten die Kläranlage Starnberg mit der neuen UV-Bestrahlungsanlage, wo ihnen versichert wurde, dass nun von dort kein Tropfen schmutzigen Wassers mehr in die Würm gelangt. Sie machten selber biologische Gewässergüteuntersuchungen mit dem freudigen Ergebnis: Güteklasse I bis II. Und sie machten sich kundig über die Auswirkungen einer Renaturierungsmaßnahme. 2 Philipp Werthmann, Ehemaliger aus der AG Würm hat Professor Dr. Josef Reichholf befragt. Professor Reichholf arbeitet in der Zoologischen Staatssammlung München und ist Honorarprofessor für Gewässerökologie und Naturschutz an der technischen Universität München. Philipp: Für welche Tiere wäre eine Renaturierung besonders wichtig? Prof. Reichholf : Eine Renaturierung der Würm würde typischen Bachtieren zugute kommen: Biber, Wasserspitzmaus, Eisvogel, Wasseramsel, Gebirgstelze, den beiden Arten von Prachtlibellen (Blauschwarze und Gebänderte P.), Schmetterlingen wie dem Großen und dem Kleinen Schillerfalter sowie dem Kleinen Eisvogel, aber auch verschiedenen Arten von (Klein-)Fischen und vielen anderen Arten von Tieren. Philipp: Gäbe es dann auch andere und mehr Wasserpflanzen? Prof. Reichholf : Auch die Vielfalt der Wasser- und Uferpflanzen würde zunehmen, und zwar um das Doppelte bis Dreifache der gegenwärtigen Artenzahl. Philipp: Würde die Renaturierung die Wasserqualität verbessern? Prof. Reichholf : Ganz allgemein gilt: Naturnahe Fließgewässer haben, auf gleiche Belastung mit Schadstoffen bezogen, eine viel bessere Wasserqualität als begradigte. Die Renaturierung verbessert die Qualität auf jeden Fall. Philipp: Wie groß soll ein Trittsteinbiotop mindestens sein? Prof. Reichholf : Entlang eines Bach- oder Flusslaufes wirken „Trittsteinbiotope“ aller Größen, weil der Gewässerlauf selbst die Verbindung herstellt und aufrechterhält. Philipp: Ich habe gehört, dass manche Anwohner keine Renaturierung wollen, weil sie Sorge haben, dass durch die größere Wasseroberfläche und das stillere Wasser mehr Mücken kommen. Prof. Reichholf: Stechmücken entwickeln sich weit mehr in Regenwassertonnen und Gartenteichen als in „Biotopen“ entlang von Bächen und Flüssen. Das Wasser, in dem sie aufwachsen, muss wochenlang stehen, sollte Sonne bekommen (wegen der winzigen Algen, von denen sich die Mückenlarven ernähren) und sich erwärmen können. Die Biotope entlang von Flüsschen wie der Würm bleiben dafür weit überwiegend zu kühl. Erheblich unangenehmer als die gewöhnlichen Stechmücken sind ohnehin die Kriebelmücken, deren Larven im schnell fließenden Wasser begradigter Bäche und Flüsse leben. Ihre Stiche schmerzen und jucken sehr lange. Kriebelmücken kommen an der Würm im Münchner Stadtgebiet vor. Eine Renaturierung würde ihre Häufigkeit eher vermindern als vergrößern. Philipp: Gibt es auch Nachteile bei einer Renaturierung? Prof. Reichholf : Abgesehen davon, dass diese etwas kostet, sind keine Nachteile zu erwarten. Die große Renaturierung der Isar bis ins Münchner Stadtgebiet hinein hat das hinlänglich bewiesen und eindrucksvoll die Hochwasser-„Tests“ von 1999 („Pfingsthochwasser“) und 2005 (August) bestanden. Zu den Kosten: sie tragen je zur Hälfte das Wasserwirtschaftsamt und das Baureferat, Gartenbau. Diese Gelder sind gebunden: sie können nur für Renaturierungsprojekte für die Würm (WWA) und für den Ausbau von Grünanlagen (Gartenbau) verwendet werden. 3 Seit Jahren sind die Kinder Biotoppaten im „Schützenswerten Auwaldrest“ etwas flussabwärts von der nun renaturierten Fläche. Dort sammeln sie alle Jahre wieder oft große Mengen Müll ein, und dort haben sie nun mit Vogelschutzexperten einen idealen Platz für eine Nisthilfe für den Eisvogel gefunden. Der kommt gern an die Würm zum Fischen, findet aber kein Steilufer, in das Weibchen zusammen mit den Männchen lange Röhren graben, um dort zu brüten. Die Kinder freuen sich schon darauf, mit Hilfe ihrer Lehrerin Ursula Schleibner und Kurt Bauer, Experte vom Landesbund für Vogelschutz, alles daran zu setzen ihr nächstes Projekt zu realisieren: eine Brutwand für den Fliegenden Diamanten zu bauen. Ursula Schleibner Lehrerin Umweltschutzbeauftragte Leiterin der Arbeitsgemeinschaft Würm Leiterin der Arbeitsgemeinschaft Schulgarten Schule: Grundschule an der Grandlstraße 5 81247 München Privat: An der Würm 10 81247 München Fon: +49 (089) 2388 7790 Fax: +49 (089) 2388 77933 Web: www.grandlschule.de Fon: +49 (089) 811 68 40 Fax: +49 (089) 810 99 589 E-Mail: [email protected] 4