Hintergrundinformation

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IdeenSet Seeland-Grosses Moos
4 Renaturierung
Sachinformationen
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Natur wiederbeleben
Viele Bäche und Flüsse sind ausgebaut, begradigt oder verrohrt. Damit sich naturferne Gerinne wieder
zu dynamischen lebendigen Gewässern entwickeln, müssen naturnahe und abwechslungsreiche Gewässerbette geschaffen werden. Renaturierung von Fliessgewässern bedeutet daher, Flüssen und
Bächen mehr Platz zu geben. Ist dies nicht möglich, sollten zumindest innerhalb der bestehenden
Dämmen und Ufern neue Strukturen geschaffen werden, soweit es der Hochwasserschutz erlaubt.
Anstelle eines streng vorgegebenen Gewässerbetts ist eine selbsttätige Entwicklung eines Wasserlaufes zu bevorzugen, indem das Gewässer ausreichend Raum erhält. Für eine eigendynamische Gewässerentwicklung müssen Uferbefestigungen beseitigt oder zumindest lokal geöffnet werden, wie das
Beispiel am Unterwasserkanal Kallnach veranschaulicht.
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Der Kallnach-Kanal
Der Kallnach-Kanal wurde 1909–1913 als Unterwasserkanal des Wasserkraftwerks Kallnach quer
durch die Ebene des Grossen Mooses zum Hagneckkanal gegraben. Das künstliche Bauwerk entsprach der damaligen Bautechnik: geradlinig, mit einheitlichem Querschnitt und befestigten Steilufern.
Der Kanal erfüllt seine technische Aufgabe auch nach 100 Jahren noch einwandfrei. Aus ökologischer
Sicht genügte er aber nicht mehr den modernen Anforderungen. Ein umfassendes Konzept zur Renaturierung wurde erstellt und verschiedene Aufwertungsmassnahmen verwirklicht.
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Renaturierungsmassnahmen
Unter Renaturierung versteht man die Wiederherstellung von naturnahen Lebensräumen. Bei verbauten und begradigten Flüssen sollen die Strömungsgeschwindigkeit und die Überschwemmungsgefahr
reduziert sowie die ursprünglichen Tier- und Pflanzenarten wieder angesiedelt werden. Zu Beginn
einer Renaturierung werden Uferbefestigungen entfernt, das Flussbett verbreitert und die Ufer abgeflacht (Abb.1). Der Fluss nimmt nun einen natürlichen, unregelmässigen Lauf. An den Ufern werden
standortgerechte Gehölze angepflanzt (Abb.2). Wenn man den renaturierten Fluss sich selbst überlässt, stellen sich zahlreiche Tier- und Pflanzenarten alleine wieder ein (Abb.3)
Abb.1: Entfernung Uferbefestigung
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Abb.2: Anpflanzung von standortgerechtem Gehölze
Abb.3: Rückkehr zahlreicher Tierund Pflanzenarten
Die Renaturierung am Kallnach-Kanal (Unterwasserkanal)
Im Sommer 2014 erfolgte der Abschluss der Hochwasserschutz- und Renaturierungsarbeiten am Unterwasserkanal. Die Hochwasserschutzdämme wurden erhöht und der 2,5 km lange Kanal ökologisch
aufgewertet. Die durchgehend mit Betonplatten befestigten Ufer wurden aufgebrochen, Betonplatten
entfernt, Sand und Kies ausgebaggert, um die Artenvielfalt in den neu gestalteten natürlichen Uferabschnitten zu vergrössern. Es wurden Geröllhalden aufgeschüttet, Steilwände abgegraben, Asthaufen
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aufgeschichtet und Baumstrünke platziert. Heute wird die sonst schnurgerade Uferlinie mit einigen
Buchten durchbrochen, die wesentlich zur ökologischen Vielfalt im Grossen Moos beitragen. Dieser
renaturierte Uferabschnitt mit Flachwasserbuchten am Unterwasserkanal bietet neue Lebensräume für
unzählige Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen. Junge Bachforellen und Äschen, Eisvögel, Wasseramseln, Zaunkönige, aber auch Gelbbauchunken oder gar Laubfrösche und die Biber können sich
in diesem Biotop tummeln.
Für die Renaturierung wurde der Kallnach-Kanal in drei unterschiedliche Aktionsbereiche eingeteilt:
 Im obersten Abschnitt vom Kraftwerk bis zur Moosbrücke wurde im W inter 2009/10 der Flussgrund mit einer Kiesschüttung als Laichgebiet für die bedrohte Äsche aufgewertet.
 Im mittleren Abschnitt von der Moosbrücke bis zur Siselenbrücke sind bauliche Eingriffe in die
einförmige Uferstruktur erfolgt. Der Schwerpunkt lag in der ökologischen Aufwertung der
Dämme und die Schaffung von weiten flachen Buchten.
 Im untersten Abschnitt von der Siselenbrücke bis zur Einmündung in den Hagneckkanal dominieren die Anforderungen des Hochwasserschutzes. Die Seitendämme wurden erhöht und d ie
bewaldeten Landstreifen zwischen Damm und Wasser mussten neu gestaltet werden. Flachwasserzonen bieten Lebensraum für Jungfische und spezielle Pflanzenarten und für Amphibien und Reptilien wurden Teiche und Steinschüttungen geschaffen.
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Der Ökofonds der BKW
Seit 2000 fördert die BKW mit ihrem Ökofonds Renaturierungs- und Revitalisierungsprojekte. Durch
Renaturierungen sollen aus eingezwängten Kanälen wieder lebendige Gewässer mit vielfältigen ökologischen Funktionen werden. In vielen Fällen ist jedoch keine echte Renaturierung möglich, da die
hierfür erforderlichen Flächen nicht mehr zur Verfügung stehen. Zum Schutz vor Hochwasser sowie
zur Land- und Energiegewinnung wurden viele Gewässer verbaut, begradigt und durch Schwellen und
Wehre fragmentiert. Die dadurch gestörten natürlichen Funktionen können wieder hergestellt werden,
wenn Bächen und Flüssen genügend natürlichen Raum gegeben wird. Naturnahe Fliessgewässer
verändern sich ständig, sind vernetzt und sind auch mit dem Grundwasserstand verbunden.
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Grundwasserbildung
Bäche, Flüsse, Kanäle und Seen sowie das Grundwasser stehen untereinander in vielfältiger Beziehung: Wir beziehen Trinkwasser, produzieren Strom aus Wasserkraft, nutzen Wasser als Freizeit - und
Erholungsraum, leiten gereinigtes Abwasser ein, wollen von Hochwasser geschützt sein oder benötigen Wasser zur Bewässerung. Die verschiedenen Nutzungsansprüche für Wasser können aber auch
zu Konflikten führen. Ziel der Wasserwirtschaft ist, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Schutz,
Nutzen und Sicherheit zu finden und damit die natürlichen Ressourcen als Lebensgrundlage langfristig
zu erhalten.
Nutzungskonflikte:
 Landwirtschaft
 Raumplanung
 Tourismus
 Bevölkerung
 Natur
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Zwischen Fliessgewässern und dem Grundwasser bestehen in vielen Fällen enge Wechselwirkungen:
Wasser infiltriert aus einem Fluss oder Bach ins Grundwasser oder strömt umgekehrt aus dem
Grundwasser in ein Fliessgewässer. Naturnahe Fliessgewässer dienen zudem der Vernetzung und
sind wichtige Bestandteile unserer Natur- und Kulturlandschaft. Sie erbringen eine Vielzahl sogenannter Ökosystem-Dienstleistungen, diese sind auch für den Menschen lebenswichtig. Beispiele sind die
Grundwasseranreicherung, sauberes Wasser, die Flusslandschaft als Erholungsraum oder die Fischerei. Heute verstehen wir das empfindliche Ökosystem Fliessgewässer besser und wollen den Flüssen
möglichst wieder einen natürlichen Lauf zurückgeben. Ein gelungenes Beispiel ist hier am Unterwasserkanal zu beobachten.
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