2. Sinfoniekonzert W W W . G L A E S E R N E M A N U FA K T U R . D E 2. Sinfoniekonzert KulturE R L E B N I S Mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden, der Sächsischen Staatsoper und der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen treffen in Dresden drei herausragende Institutionen auf höchstem Niveau zusammen. Aus gegenseitiger Wertschätzung ist enge Freundschaft und eine zukunftsweisende Kooperation geworden. Freuen Sie sich mit uns auf ein breit gefächertes Angebot in der Spielzeit 2009 | 2010. Für das heutige Sinfoniekonzert wünschen wir Ihnen viel Freude und angenehme Unterhaltung. Generalmusikdirektor Fabio Luisi Ehrendirigent Sir Colin Davis 1 2. Sinfoniekonzert S o n n tag D i en s tag 13.9.09 15.9.09 1 1 U h r · M o n tag Programm 14.9.09 20 Uhr 2 0 U h r · S e m p ero p er Dirigent Christian Thielemann Anton Bruckner (1824–1896) Sinfonie Nr. 8 c-Moll (Originalfassung, Edition: Robert Haas) 1. Allegro moderato 2. Scherzo: Allegro moderato – Trio: Langsam 3. Adagio: Feierlich langsam, doch nicht schleppend 4. Finale: Feierlich, nicht schnell Das Konzert findet ohne Pause statt. Sehr geehrte Damen und Herren, leider musste Generalmusikdirektor Fabio Luisi die Leitung des 2. Sinfonie­ konzertes aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig absagen. Wir freuen uns sehr, dass Christian Thielemann, Generalmusikdirektor der Münchner Philharmoniker, sich spontan bereit erklärt hat, die Konzerte zu übernehmen. Für die mit dem Dirigentenwechsel verbundene Programmänderung bitten wir um Ihr Verständnis. Wir wünschen Ihnen ein unvergessliches Konzerterlebnis in der Semperoper! Kostenlose Einführungen jeweils 45 Minuten vor Beginn im Kellerrestaurant der Semperoper Das Konzert wird von MDR Figaro aufgezeichnet. Sendetermin: 20. November 2009, 20 Uhr 2 3 Christian Thielemann Dirigent Christian Thielemann wurde in Berlin geboren und begann seine Laufbahn an der Deutschen Oper Berlin, wo er von 1997 bis 2004 Generalmusikdirektor war. Seit 2004 ist er Generalmusikdirektor der Münchner Philharmoniker. Er gastiert an den wichtigsten Opernhäusern der Welt, wie z.B. der Wiener Staatsoper, der Metropolitan Opera New York und dem Royal Opera House Covent Garden London. Ebenso verbindet ihn eine enge Zusammenarbeit mit dem Festspiel­ haus in Baden-Baden. Bei den Bayreuther Festspielen dirigierte Christian Thie­ lemann «Die Meistersinger von Nürnberg», «Parsifal», «Tannhäuser» und den «Ring des Nibelungen». Thielemann gastiert bei den Berliner und Wiener Phil­ harmonikern, bei der Staatskapelle Dresden, dem Concertgebouworkest Ams­ terdam, dem Israel Philharmonic Orchestra und dem Philharmonia Orchestra London; in den USA verbindet Thielemann eine regelmäßige Zusammenarbeit mit den Orchestern in New York, Philadelphia und Chicago. Für UNITEL nehmen die Münchner Philharmoniker unter Christian Thielemann einen Bruckner- Zyklus und verschiedene andere Werke auf. Mit den Wiener Philharmonikern erarbeitet er seit 2008 einen Beethoven-Zyklus, der pünktlich zur zyklischen Gesamtaufführung 2010 auf DVD erscheinen wird. Im Rahmen der Salzburger Festspiele 2011 leitet Christian Thielemann «Die Frau ohne Schatten» von Ri­ chard Strauss. Bei der Deutschen Grammophon Gesellschaft sind zahlreiche sinfonische Werke und Opern unter seiner Leitung erschienen. Christian Thiele­ mann dirigierte die Sächsische Staatskapelle bislang im Rahmen der Konzerte am Dresdner Gedenktag 2003 (Brahms: Ein deutsches Requiem) und anlässlich einer Wagner-Gala im Oktober 2003. Bereits im Februar 2010 kehrt er zu den Gedenkkonzerten der Staatskapelle mit Beethovens «Missa solemnis» in die Semperoper zurück. Thielemann am Pult der Staatskapelle (Oktober 2003) 4 5 Anton Bruckner «Meine Achte ist ein Mysterium» Zu Anton Bruckners achter Sinfonie * 4. September in Ansfelden (Oberösterreich) † 11. Oktober 1896 in Wien Anton Bruckners achte Sinfonie ist zweifellos eines der gewaltigsten Werke des 19. Jahrhunderts, ja der sinfonischen Musik überhaupt. Ähnliche Dimensionen erreichen auch im Schaffen Bruckners nur noch die dritte Sinfonie in der Erst­ fassung und die (unvollendete) Neunte. «Diese Symphonie ist die Schöpfung eines Giganten und überragt an geistiger Dimension, an Fruchtbarkeit und Größe alle anderen Symphonien des Meisters», notierte der Komponist Hugo Wolf über die Achte. Bruckner selbst soll sein monumentales Werk als ein «Mysterium» bezeichnet haben. Es verwundert kaum, dass Bruckner für die Komposition der Achten mehr Sinfonie Nr. 8 c-Moll Zeit benötigte als für die Ausarbeitung jeder anderen seiner Sinfonien zuvor. Originalfassung, Edition: Robert Haas Über drei Jahre, von Mitte 1884 bis August 1887, nahm ihn das Werk in Anspruch. 1. Allegro moderato 2. Scherzo: Allegro moderato – Trio: Langsam 3. Adagio: Feierlich langsam, doch nicht schleppend 4. Finale: Feierlich, nicht schnell Verantwortlich hierfür waren allerdings nicht nur die enormen inhaltlichen Aus­ maße der Achten. Auch die siebte Sinfonie, die am 30. Dezember 1884 in Leipzig aus der Taufe gehoben wurde und kurz darauf einen wahren Siegeszug durch Deutschland und Österreich antrat, dürfte ihren Teil zum langen Entstehungs­ prozess der Achten beigetragen haben. Denn durch ihre Erfolge lag die Messlatte für jedes nachfolgende Werk entsprechend hoch. Bruckners Anstrengungen und sein ausgeprägtes künstlerisches Pflichtbe­ e n t s ta n d e n Besetzung Erstfassung: Juni/Juli 1884 bis 3 Flöten, 3 Oboen, 3 Klarinetten, wusstsein konnten ihn gleichwohl nicht davor bewahren, mit der Achten eine Zweitfassung: Oktober 1887 bis Tube), 3 Trompeten, 3 Posaunen, diesem «Drama» war der Münchner Hofkapellmeister Hermann Levi. Dieser 10. August 1887 in Wien; 10. März 1890 3 Fagotte, 8 Hörner (5. bis 8. auch Tuba, Pauken, Schlagzeug (2 Spieler), 3 Harfen, Streicher ur aufgeführt am 18. Dezember 1892 im Musikverein Verl ag in Wien (Zweitfassung; Wiener Phil­ Musikwissenschaftlicher Verlag, gewidmet Dauer «Seiner K. u. K. Apostolischen Majes­ ca. 85 Minuten harmoniker, Dirigent: Hans Richter) tät Franz Joseph I. Kaiser von Öster­ Wien der wohl größten Enttäuschungen seines Lebens einzufahren. Hauptfigur in hatte am 10. März 1885 mit riesigem Erfolg die erste Münchner Aufführung der siebten Sinfonie geleitet und sollte nun, nach Bruckners Willen, die Premiere der Achten übernehmen. «Halleluja! Endlich ist die Achte fertig», schrieb Bruckner im September 1887 spürbar erleichtert an Levi. Dieser signalisierte Bereitschaft für die ihm angedachte Aufgabe und ließ sich die Partitur schicken. Die Hoff­ nungen Bruckners begleiteten die Achte: «Ich bin so frei, mit Ihrer Erlaubniß die Partitur der 8. Sinfonie zu übersenden. Möge sie Gnade finden! Die Freude über die zu hoffende Aufführung durch Hochdesselben Meisterhand ist allgemein eine unbeschreibliche!» reich und Apostolischer König von Ungarn etc. in tiefster Ehrfurcht» 6 7 Absage des Wunschkandidaten Um es kurz zu machen: Bruckners Wünsche erfüllten sich nicht. Levi, sein «künstlerischer Vater», wie Bruckner ihn nannte, konnte sich das Werk trotz tagelangen Studierens «nicht zu eigen machen». Stattdessen äußerte er, nicht ohne auch das eigene künstlerische Empfinden in Frage zu stellen, starke Zwei­ fel an der Komposition: «Aber ich bin furchtbar enttäuscht … ich finde die Ins­ trumentation unmöglich, und was mich besonders erschreckt hat, ist die große Aehnlichkeit mit der 7ten, das fast Schablonenmäßige der Form. – Der Anfang des I. Satzes ist grandios aber mit der Durchführung weiß ich gar nichts anzu­ fangen. Und gar der letzte Satz – das ist mir ein verschlossenes Buch.» Das Geständnis schien dem Dirigenten nicht leicht gefallen zu sein, sein Entschluss aber stand fest. «Also: es ist mir unmöglich, die 8te in dieser Form zur Auffüh­ rung zu bringen», versuchte er Bruckner die Nachricht möglichst schonend beizubringen. «So herrlich und grandios die Themen sind, so bedenklich er­ scheint mir die Ausführung … und so kann ich Ihnen nicht verhehlen, daß die Aufführung der 8ten in meinen Abonnement Konzerten ein Wagniß wäre, das ich in Ihrem Interesse nicht unternehmen darf … Ich kann mir gar nicht vorstel­ len, daß mir plötzlich alles Verständniß für Sie abhanden gekommen sein soll­ te, bin vielmehr geneigt anzunehmen, daß in den letzten Jahren der Isolierung und des fortwährenden Kampfes mit der Welt Ihr Sinn für Schönheit und Eben­ maß und Wohlklang sich einigermassen getrübt habe.» Die Absage seines Wunschkandidaten muss Bruckner zutiefst getroffen ha­ ben. «Er fühlt sich noch immer unglücklich und ist keinem Trostesworte zugäng­ lich», berichtete der Bruckner-Schüler Josef Schalk am 18. Oktober 1887. «Gegen­ wärtig sollte er freilich lieber nicht arbeiten, da er aufgeregt und verzweifelt über sich selbst ist und sich nichts mehr zutraut. Indessen wird sich das bei sei­ ner kolossalen Naturkraft nach physischer wie moralischer Seite hin bald ge­ ben.» Diese Vermutung war keineswegs unbegründet, hatte Bruckner doch noch im gleichen Monat damit begonnen, das Werk zu überarbeiten, um einen erneu­ ten Aufführungsversuch starten zu können. Diese Umarbeitung, die sich, wie der Bruckner-Forscher Leopold Nowak treffend formulierte, als ein «dornenvolles Anliegen» entpuppte, nahm Bruckner noch einmal über einen Zeitraum von fast drei Jahren in Beschlag und wurde im März 1890 abgeschlossen. (In diesen Zeit­ raum fallen auch die Vorbereitungen für die Drucklegung der vierten und die Erarbeitung der Drittfassung der dritten Sinfonie.) Einseitig wäre es allerdings, als Grund für die Revision der Achten lediglich die von außen an Bruckner herangetragene Kritik anzuführen. Dass auch der «Wie­ 8 Anton Bruckner Fotografie von Ludwig Grillich (Wien, 1890) 9 ner Meister» selbst von der Notwendigkeit einer Neugestaltung des Werkes überzeugt war, geht aus einem an Levi adressierten Brief des Komponisten vom 27. Februar 1888 eindeutig hervor. Der Wortlaut dieses Schreibens ist bemerkens­ wert; Bruckners anfängliche «tiefe Depression» war offenkundig (wieder ein­ mal) dem gewohnten Arbeitseifer gewichen: «Freilich habe ich Ursache mich zu schämen – wenigstens für dießmal – wegen der 8ten. Ich Esel!!! Jetzt sieht sie schon anders aus.» Mag es auch Levi gewesen sein, der den letzten Anstoß zur Umarbeitung der Achten gab – in Anbetracht der Zweifel, die Bruckner bereits während der ersten Niederschrift des Werkes befallen hatten, sowie der Kürze der Zeit, in der er sich zu einer Überarbeitung entschied, scheint es, als habe der Dirigent im Grunde nur das ausgesprochen und in Worte gefasst, was Bruckner ohnehin schon in seinem Innersten geahnt hatte und jetzt deutlich vor sich sah. Die Folge: Umfassende Revision Die Umgestaltung der Achten erfolgte mit der Bruckner eigenen Detailverses­ senheit und Sorgfalt, Bruckners Perfektionswille ist allenthalben spürbar. Vor allem das klangliche Gewand des Werkes wurde einer umfassenden Umarbei­ tung unterzogen, aber auch formal hinterließ die Revision tiefe Spuren in der zunehmend «kompakteren», stringenteren Partitur. Das Spektrum der Brucknerschen Arbeiten reicht von der Streichung kleinerer Taktgruppen bis hin zur Neu­ komposition ganzer Werkteile. Die auffälligste Änderung betraf sicherlich den ersten Satz. Dessen Schluss bringt nicht mehr, wie dies in jeder anderen Sinfonie Bruckners und auch in der Erstfassung der Achten noch der Fall ist, das Haupt­ thema des Satzes ein letztes Mal in höchster Kraftentfaltung hervor. Vielmehr lässt er, ganz im Gegenteil, nach der allmählichen Auflösung des Thematischen die übrig bleibenden Motivreste langsam «ersterben». Bruckner verzichtete an dieser Stelle auf den obligatorischen «Themendurchbruch», um die Wiederher­ stellung des Hauptthemas für das Finale aufzusparen. Wurde die Achte sogar von den Gegnern Bruckners immer wieder für ihre formale Übersichtlichkeit gelobt (!), so trifft dies vor allem auf das Scherzo zu, das die abgezirkelte Dreiteiligkeit zum übergeordneten Prinzip erhebt. Zum ersten Mal in einer Bruckner-Sinfonie ist mit diesem Satz ein Scherzo an die zweite Stelle der Satzfolge gerückt – ähnlich wie Bruckner dies kurz zuvor bereits in seinem großen Streichquintett «erprobt» hatte, in dem ebenfalls, zumindest im Erstdruck, Scher­ zo und langsamer Satz die Plätze tauschten. Das Trio der Achten, das tief greifend umgearbeitet wurde, wartet wie der langsame Satz der Sinfonie mit der für Bruck­ ner gänzlich untypischen Klangkombination von Harfen und Hörnern auf. 10 Kaiser Franz Joseph I. von Österreich, der Widmungsträger der Sinfonie (um 1890) 11 Zentrum des Werkes ist unbestritten das Adagio, das in besonderem Maße von der Umstellung der Mittelsätze und der damit verbundenen Neugewichtung der Sinfonie-Innenteile profitiert. Der Satz baut auf zwei Themen auf, die mehrfach im Verbund wiederholt und in diesem Zuge Schritt für Schritt weiter­ entwickelt werden. Intensität, Tiefe und Herbheit des Adagios sind auch für Brucknersche Verhältnisse außergewöhnlich. Alles zielt auf den grandiosen Höhepunkt des Satzes, eine mit allen Mitteln des Orchesters herbeigeführte Kraft- und Spannungsentladung. Das Finale markiert wiederum das mächtige Ziel der gesamten Sinfonie. Der unerbittliche, aggressive, energiegeladene Beginn setzt den Maßstab für das PH07057_Booklet_Text.Haitink 08.12.2008 7:40 Uhr Kommende. Um so mehr lassen solche Seite 1 Profil Edition Günter Hänssler Anton Bruckner Die Sächsische Sinfonie Nr. 8 c-moll, WAB 108 Wolfgang Amadeus Mozart Prager Sinfonie D Dur, KV 504 Staatskapelle spielte Bruckners achte Sin- STAATSKAPELLE DRESDEN Bernard Haitink NACH DER HOCHWASSER-KATASTROPHE 2002 Ein Konzert für Dresden EDITION STAATSKAPELLE DRESDEN . Vol. 24 fonie im Dezember 2002 unter Leitung ihres damaligen Chefdirigenten Bernard Haitink in der Semperoper – als erstes Konzert nach der Flutkatastrophe im Sommer 2002. Der Mitschnitt dieses denkwürdigen Konzertes ist 2008 im Rahmen der Edition Staatskapelle Dresden auf CD erschienen (Hänssler-Profil). Momente aufhorchen, in denen der «martialische» Ton unterbrochen wird durch Passagen von ungeheurer, berü­ ckender Zartheit. In den letzten Takten des Satzes erfolgt die kontrapunktische Krönung der Sinfonie: Die Hauptthe­ men aller Sätze werden machtvoll über­ einander getürmt und fügen sich zu einer Schlussapotheose, die die innere Einheit des Werkes über alle Widerstän­ de hinweg zu beschwören sucht. Ein Einfall mithin, auf den Bruckner ganz besonders stolz war: «Das Finale ist der Reise kommt, ist Alles schon in Glanz. Im Finale ist auch der Todtenmarsch und dann Blech (Verklärung).» Unbestritten ist – zeitgenössische Berichte bestätigen dies –, dass Bildvorstel­ bedeutendste Satz meines Lebens», lungen wie diese eine Rolle im Schaffensprozess der Achten gespielt haben, gegenüber seinem Schüler Franz Schalk. rungen und Erklärungen allerdings die Substanz dieses Werkes treffen, darf bekannte er schon im August 1885 Ähnlich wie zu seiner vierten hat sich Bruckner auch zu der achten Sinfonie in programmatischer Hinsicht geäußert. Mit Blick auf die auftrumpfenden Blech­ sätze im ersten Satz, die mehrmals auf den wuchtigen Vortrag bloßer Rhyth­ musmuster reduziert werden, sprach er beispielsweise von der «Todesverkündi­ wenigstens im Sinne schöpferischer Impulse. Ob Bruckners eigenwillige Erläute­ bezweifelt werden, hatte er doch keineswegs ein in sich schlüssiges, vollstän­ diges Programm vorgelegt, wie man dies etwa von Franz Liszt oder anderen Programmmusikern her kennt. Gewidmet ist die Achte Kaiser Franz Joseph I. von Österreich, ihre Urauffüh­ gung, die immer sporadisch stärker endlich sehr stark auftritt». Am Ende des rung fand am 18. Dezember 1892 im Großen Musikvereinssaal in Wien statt. der Figur des «deutschen Michels» gleich, und für das Finale zitierte er eine his­ Wolf, «war trotz der unheilvollsten Kassandrarufe, selbst von Seite Eingeweihter, Kopfsatzes hörte er «die Ergebung». Das Hauptthema des Scherzos setzte er mit torische Begebenheit: «Unser Kaiser bekam damals den Besuch des Czaren in Olmütz; daher Streicher: Ritt der Kosaken; Blech: Militärmusik; Trompeten: Fan­ faren, wie sich die Majestäten begegnen. Schließlich alle Themen; (komisch), wie bei Tannhäuser im 2. Akt der König kommt, so als der deutsche Michel von seiner 12 Autograph, Erstausgabe mit Widmung und Programmzettel der Wiener Uraufführung (1892) der achten Sinfonie Hans Richter leitete die Wiener Philharmoniker. «Der Erfolg», konstatierte Hugo ein fast beispielloser. Es war ein vollständiger Sieg des Lichts über die Finsternis, und wie mit elementarer Gewalt brach der Sturm der Begeisterung aus, als die einzelnen Sätze verklungen waren. Kurz, es war ein Triumph, wie ihn ein rö­ mischer Imperator nicht schöner wünschen konnte.» To r s t e n B l a i c h 13 Gewachsene Tradition Zur Bruckner-Pflege der Sächsischen Staatskapelle Dresden Obwohl Dresden, anders als Wien, München oder das benachbarte Leipzig, bis heute nicht explizit als «Bruckner-Stadt» gilt, so haben die Werke des gebürti­ gen Oberösterreichers doch auch in der sächsischen Residenzstadt eine lange Tradition, insbesondere in den Konzerten der einstigen Hofkapelle und heuti­ gen Staatskapelle. Im Dezember 1885, ein Jahr nach der Leipziger Uraufführung der siebten Sinfonie, die Bruckner den internationalen Durchbruch brachte, erklang mit der dritten Sinfonie erstmals ein Werk Bruckners in Dresden, gelei­ tet von Musikdirektor Ernst (von) Schuch, der sich mit besonderem Engage­ ment für das damalige «zeitgenössische» Musikschaffen einsetzte (und später zum «Leibdirigenten» von Richard Strauss aufstieg). Zwar reagierte das Publi­ kum auf die «Wagner-Sinfonie» zunächst noch mit Unverständnis und Ableh­ nung. Dennoch setzte Schuch, ein Landsmann Bruckners, der den Komponisten seit einer Begegnung bei den Bayreuther Festspielen auch persönlich kannte, in den kommenden Jahren nahezu sämtliche Bruckner-Sinfonien aufs Pro­ gramm und errang den Werken ab der Jahrhundertwende nach und nach wich­ tige künstlerische Erfolge. Die achte Sinfonie brachte Schuch am 13. Dezember 1907 zur Dresdner Erst­ aufführung (nach den Erstaufführungen der dritten, neunten und fünften Sinfo­ nie). In den Dresdner Nachrichten war darüber wenige Tage später zu lesen: «Die Aufführung unter der begeisternden Leitung des Herrn Generalmusikdirektors von Schuch war eine in allen Teilen bewundernswerte; sie legte abermals Zeug­ nis ab von der hervorragenden Leistungsfähigkeit unserer Königlichen Kapelle, die das ganze Werk erstehen ließ im Stile einer gewaltigen Orchester-Fantasie. Die lebhafteste Zustimmung des glänzend besetzten Hauses fanden die Mittel­ sätze, vor allem das unvergleichliche Adagio.» Es war die letzte Bruckner-Inter­ pretation Schuchs in Dresden. Damit war die Grundlage für eine nachhaltige Bruckner-Pflege gelegt. Fortan blieben die Werke Bruckners ein zentraler Bestandteil im Repertoire des Wagnerund Strauss-Orchesters Staatskapelle. So stellte Generalmusikdirektor Karl Böhm, angeregt durch die Veröffentlichungen der Bruckner-Gesamtausgabe, ab 14 Generalmusikdirektor Ernst Edler von Schuch (um 1905) 15 1936 viele der Sinfonien in ihren (heute etablierten) Urfassungen vor und spielte einige von ihnen, teilweise erstmals überhaupt, auch auf Schellackplatten ein. Im Dezember 1946, nach der fast vollständigen Zerstörung Dresdens am Ende des Zweiten Weltkrieges (Februar 1945), dirigierte der neue Generalmusikdirek­ tor Joseph Keilberth dann die allererste Aufführung der Urfassung der dritten Sinfonie – womit Dresden, wenn auch spät, doch noch der Rang einer BrucknerUraufführungsstätte zukam. Erst im September 2008 stand diese Urfassung anlässlich des 460. Kapellgeburtstages unter dem jungen Kanadier Yannick Nézet-Séguin erneut auf dem Programm. Bis heute haben die Werke Bruckners bei der Staatskapelle einen herausra­ genden Stellenwert, der in Konzerten und Aufnahmen, zuletzt unter Giuseppe Sinopoli und Bernard Haitink, immer wieder bestätigt wird. Besondere Erwäh­ nung verdient in diesem Zusammenhang die inzwischen legendäre Einspielung sämtlicher Bruckner-Sinfonien unter Eugen Jochum aus den Jahren 1975 bis 1980. Auch Generalmusikdirektor Fabio Luisi knüpft seit seinem Amtsantritt 2007 an diese lange, gewachsene Tradition an. To b i a s N i e d e r s c h l a g «Ein mir fast peinlicher Zug an ihm war die geradezu groteske bäuerliche Untertänigkeit gegen gesellschaftlich oder durch ihren Einfluß im Kunstleben hervorstechende Personen. Solche sprach er, wie es in früheren Zeitläuften nur im brieflichen Verkehr gebräuchlich war, mit ‹Euer Hochwohlgeboren› an, wovon ich selbst Zeuge war, als ich ihn in Bayreuth auf seine Bitte dem Dresdener Hofkapellmeister Schuch vorstellte, was diesem – obzwar wie Bruckner geborener Österreicher – ein Lächeln der Verwunderung entlockte. Ein Stück Bauernschlauheit lag solchem Verhalten zweifellos zugrunde; denn Bruckner rechnete auf die Eitelkeit der von ihm also Apostrophierten.» Wilhelm Kienzl über Anton Bruckner, in: «Meine Lebenswanderung. Erlebtes und Erschautes», Stuttgart 1926 16 Programmzettel der Dresdner Erstaufführung der achten Sinfonie, bei der nach einer Pause (!) – dem Zeitgeschmack entsprechend – noch «leichtere» Stücke auf dem Programm standen 17 SONY CLASSICAL GRATULIERT DER STAATSKAPELLE DRESDEN ZUM GEWINN DES ECHO KLASSIK 2009 ALS STRAUSS Don Juan & Aus Italien „Selten ging ein Orchester so himmelstürmend zur Sache wie die Dresdner.“ Audio ORCHESTER DES JAHRES 88697435542 BRUCKNER Sinfonie Nr. 9 STRAUSS Ein Heldenleben & Metamorphosen Mit Bruckners Sinfonie Nr. 9 knüpft Fabio Luisi an die lange Bruckner-Tradition der Dresdner Staatskapelle an. „Luisi auf dem richtigen Weg. Das Heldenleben klingt frisch, draufgängerisch und gleichzeitig detailgenau, vibrierend vor lauterer Emphase.“ Fono Forum ECHO KLASSIK 2009 88697299642 STRAUSS Eine Alpensinfonie & Vier letzte Lieder Die preisgekrönte CD. Mit der Sopranistin Anja Harteros. „Eine der vorzüglichsten Einspielungen ...hier stimmt alles.“ Fono Forum ECHO KLASSIK 2008 88697558392 www.sonyclassical.de 88697084712 2. Sinfoniekonzert Orchesterbesetzung 1. Violinen Roland Straumer 1. Konzertmeister Bratschen Flöten Trompeten Michael Neuhaus Solo Eckart Haupt Solo Mathias Schmutzler Solo Michael Horwath Tina Vorhofer** Volker Stegmann Jörg Faßmann Stephan Pätzold Christian Uhlig Jürgen Knauer Michael Frenzel Brigitte Gabsch Johanna Mittag Jörg Kettmann Wieland Heinze Anja Krauß Michael Schöne Oboen Ulrich Milatz Andreas Lorenz Annika Thiel Anselm Telle Posaunen Zsuzsanna Schmidt-Antal Sibylle Schreiber Jürgen Umbreit Susanne Neuhaus Klarinetten Eva-Maria Knauer* Dietmar Hedrich Violoncelli Franz Schubert Renate Hecker Andreas Greger* Konzertmeister Noriko Takenaka*** Simon Kalbhenn 2. Violinen Martin Jungnickel Reinhard Krauß Konzertmeister Matthias Meißner Sven Barnkoth Bernd Schober Solo Juliane Böcking Roland Knauth Tobias Willner Solo Uwe Jahn Claudia Briesenick Anett Baumann Bernhard Kury Solo Tom Höhnerbach Andreas Priebst Wolfram Große Solo Christian Dollfuß Fagotte Joachim Hans Uwe Voigt Solo Lars Zobel Tuba Hans-Werner Liemen Solo Pauken Thomas Käppler Solo Solo Joachim Huschke Thomas Berndt Schlagzeug Christian Langer Stefan Seidl Johann-Christoph Schulze Hörner Jakob Andert Julius Rönnebeck Vicky Müller Solo Klaus Gayer Feodora-Johanna Gabler*** Wolfgang Roth Jörg Hassenrück Jochen Ubbelohde Solo Harfen Jens Metzner Anke Heyn Alec Frank-Gemmill* Astrid von Brück Solo Günter Friedrich Ulrike Scobel Olaf-Torsten Spies Beate Prasse Mechthild von Ryssel David Hausdorf* Robert Langbein Solo, auch Tube Kontrabässe Andreas Wylezol Andreas Langosch auch Tube Solo Elisabeta Florea Christoph Anacker* Solo Kay Mitzscherling Torsten Hoppe Holger Grohs Martin Fraustadt Johanna Fuchs Martin Knauer Miklós Takács auch Tube Eberhard Kaiser auch Tube * als Gast ** als Akademist *** als Praktikant Helmut Branny Fred Weiche Johannes Nalepa Konrad Fichtner 20 21 Vorschau 1. Kammerabend D o n n er s tag 24.9.09 2 0 U h r S e m p er o p er Anselm Telle, Violine Simon Kalbhenn, Violoncello Masumi Sakagami, Klavier Kammermusik der S ä c h s i s c h e n S ta at s k a p e l l e Dresden Gegründe t 1854 als To n k ü n s t l er -V er e i n z u D r es d e n 1. Aufführungsabend D o n n er s tag 8.10.09 2 0 U h r S e m p ero p er Dirigent Juraj Valcuha KLASSIK JAZZ WELTMUSIK Flöte Philharmonic Brass Eckart Haupt Hans Pfitzner Klaviertrio F-Dur op. 8 Wolfgang Amadeus Mozart Sinfonie D-Dur KV 181 und Werke für Blechbläser-Ensemble Carl Philipp Emanuel Bach Flötenkonzert d-Moll Wq 22 H 426 #FPGQRG?L4FGCJCK?LL Franz Schubert Sinfonie Nr. 3 D-Dur D 200 Impressum Sächsische Staatsoper Dresden Intendant Prof. Gerd Uecker Generalmusikdirektor Fabio Luisi Spielzeit 2009|2010 Herausgegeben von der Intendanz © September 2009 Anzeigenvertrieb Keck & Krellmann Werbeagentur GmbH i.A. der Moderne Zeiten Medien GmbH Telefon: 0351/25 00 670 e-Mail: [email protected] www.kulturwerbung-dresden.de .CS$CP2MQCLI?T?JGCP Bilder ?SQ"?BCL"?BCLKGR Christian Thielemann: Matthias Creutziger; Anton Bruckner, Autograph, Erstausgabe mit Programmzet­ tel: © Österreichische Nationalbibliothek, Wien; Franz Joseph I.: © SLUB Dresden / Abt. Deutsche Foto­ thek; Ernst von Schuch, Programmzettel Dresden: Archiv der Sächsischen Staatsoper Dresden $$?KP?S2&JCKGLE *+?SDK?LL6^ Texte Redak tion Tobias Niederschlag G e s ta lt u n g u n d L ay o u t schech.net | www.schech.net Scans Janine Schütz «‹Meine Achte ist ein Mysterium›» von Dr. Torsten Blaich erschien erstmals in den Programmheften der Bamberger Symphoniker – Bayerische Staatsphilhar­ monie, 2006. «Gewachsene Tradition» von Tobias Niederschlag ist ein Originalbeitrag für die Pro­ grammhefte der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Urheber, die nicht ermittelt oder erreicht werden konnten, werden wegen nachträglicher Rechtsab­ geltung um Nachricht gebeten. Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheber­ rechtlichen Gründen nicht gestattet. Druck Union Druckerei Dresden GmbH 22 w w w . s ta at s k a p e l l e - d r e s d e n . d e 7?JJQRP?~C$PCQBCL 4CJ&?VUUUMNSQUC@BC ^DDLSLEQXCGRCL-M3?5FP