Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration 15.04.2015 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration Inhalt 1 Einführung in die Lernpsychologie ..................................................................................... 3 1.1 2 Lernen .......................................................................................................................... 3 1.1.1 Was beeinflusst Lernen? ...................................................................................... 3 1.1.2 Was bewirkt Lernen?............................................................................................ 3 1.2 Verschiedene Theorien ................................................................................................ 3 1.3 Fazit: Warum unterschiedliche Theorien des Lernens? .............................................. 4 Behaviorismus: Klassisches und operantes Konditionieren ............................................... 5 2.1 Die Studierenden kennen die Inhalte und Schlüsselbegriffe des klassischen und operanten Konditionierens und können mithilfe dieser Lerntheorien Lernsituationen im Unterricht beschreiben und erklären..................................................................................... 5 2.1.1 Klassisches Konditionieren= Verhaltensänderung durch Signallernen ................ 5 2.1.2 Instrumentelles Lernen = operantes Konditionieren ........................................... 7 2.2 Die Studierenden können begründen, weshalb die Prinzipien des klassischen und operanten Konditionierens nicht ausreichen, um Lernprozesse zu erklären. ..................... 10 3 4 5 Lernen am Modell (Seite 95-119)..................................................................................... 10 3.1 Albert Bandura begründet die sozial-kognitive Lerntheorie ..................................... 10 3.2 Überwindung der behavioristischen Sichtweise durch Bandura .............................. 11 3.3 Konzepterwerb und Nachbilden - zwei Phasen des Lernens am Modell .................. 13 3.3.1 Modellierende Ereignisse ................................................................................... 13 3.3.2 Nachbildungsleistungen ..................................................................................... 15 3.4 Lernen am Modell in Schulsituationen ...................................................................... 16 3.5 Wichtiges von Bandura aus dem Handout ................................................................ 17 Lernen am Modell – die sozial-kognitive Lerntheorie (Bandura) .................................... 17 4.1 Unterschiede zum Behaviorismus ............................................................................. 17 4.2 Zwei Phasen des Modelllernens ................................................................................ 18 4.2.1 Phase des Kompetenzerwerbs (Lernen des Verhaltens) ................................... 18 4.2.2 Phase der Nachbildung....................................................................................... 18 Kapitel 6: Konstruktivismus / Begriffsbildung .................................................................. 20 5.1 Formen des Wissens .................................................................................................. 20 5.2 Begriffsbildung ........................................................................................................... 20 5.2.1 Das Verhältnis von Denken und Sprechen ......................................................... 21 1 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration 5.2.2 Wie neues Wissen erworben wird ..................................................................... 21 5.2.3 Formen der Begriffsbildung ............................................................................... 21 5.3 Prozessmerkmale kognitiven Lernens aus konstruktivistischer Sicht: ...................... 22 5.4 Wie man erfolgreich neues Wissen erarbeitet:......................................................... 23 2 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration 1 Einführung in die Lernpsychologie 1. Einführung in die Lernpsychologie kennen verschiedene Ansätze/Definitionen von Lernen. verstehen, weshalb es unterschiedliche Theorien gibt, die sich mit dem Lernen auseinandersetzen. 1.1 Lernen „Lernen heisst, durch Üben, Problemlösen, Erklären und andere geistige Aktivitäten die bestehende Wissensbasis zu verändern.“ „Lernen ist der Prozess, der zu einer relativ stabilen Veränderung von ReizReaktionsbeziehungen führt; er ist eine Folge der Interaktion des Organismus mit seiner Umgebung mittels seiner Sinnesorgane.“ Lernen=relativ dauerhafte Veränderungen des Verhaltens, der Fähigkeiten oder der Emotionen, aus Erfahrungen, Übungen oder Einsicht resultieren Erlernen komplexer Tätigkeit: Besteht aus verschiedenen Teilfähigkeiten Lernen nicht zwingend Verbesserung 1.1.1 Abhängig von personenbezogenen, inneren und äusseren, situativen Prozessen und deren Wechselwirkung. Höhere Lernprozesse mehr von motivationalen und kognitiven Vorrausetzungen abhängig Lernaufgabe/ Lernziel 1.1.2 Was beeinflusst Lernen? Was bewirkt Lernen? Führt zur Veränderung von: Verhalten Erlebnisweisen Erweiterung Fähigkeiten Wissensstrukturen Disposition von Wissens- und Handlungsstrukturen (ermöglicht erst verändertes Handeln) Qualität Wissen zeigt sich in Anwendung 1.2 Verschiedene Theorien Behavioristische Lernpsychologie: Gewohnheitsbildung und Reiz- Reaktionslernen wird untersucht Bedingungen und Folgen des Verhaltens Lernen als Anpassung an die physische und soziale Umwelt Oberflächenorientierung (Quantitativer Zuwachs) 3 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration Kognitive Lernpsychologie: Augenmerk auf innere Prozesse (Transferprozess, komplexere Lernprozesse, Erweiterung individuelles Wissen…) Tiefenorientierung (Qualitativer Zuwachs) Lernen durch Auseinandersetzung des Lernenden mit Lernumwelt durch Piaget (/Vygotskji) entwickelt Konstruktivistische Lernpsychologie: Erklärung komplexere Fähigkeiten und Wissensstrukturen Lernen als aktiver und konstruktiver Prozess Lernen stützt auf Vorwissen und Lernabsichten (individueller Prozess) bei Lernprozessen neues Wissen in altes Integrieren bzw. altes differenzieren ( conceptual change) Gedächtnispsychologie: für Nutzung muss Wissen im Gedächtnis gespeichert/konsolidiert werden Lernen an Gedächtnisprozess geknüpft Gehirn wählt Informationen aus Umgebung aus was erleichtert/erschwert Lernen? Lernhierarchie Gagné: (Höhere Lernarten setzen tiefere voraus) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Signallernen Reiz-Reaktionslernen Kettenbildung Sprachliche Assoziation Multiples Diskriminieren Begriffslernen Regellernen Problemlösen 1.3 Fazit: Warum unterschiedliche Theorien des Lernens? Verschiedene Modelle stützen auf unterschiedlichen Annahmen über Lernprozesse oder Lernbedingungen Modelle erklären Lernphänomene Unterschiedliche Ansätze, um Lernen zu untersuchen (da lernen nicht direkt beobachtbar): Anfänglich Tierversuche Durch systematische Lernversuche Formulierung der Gedanken Beobachtung der Lösungswege und –Zeiten Simulations- und Planspiele Jedoch stellt jede Theorie nur ein vereinfachtes Modell der Realität dar 4 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration Gesamtheit der verschiedenen Theorien geben erst Überblick über Thematik Schaffen förderliche Lernsituationen und erlauben Vorhersagen Bilden Ausgangspunkte für zukünftige Forschung 2 Behaviorismus: Klassisches und operantes Konditionieren 2.1 Die Studierenden kennen die Inhalte und Schlüsselbegriffe des klassischen und operanten Konditionierens und können mithilfe dieser Lerntheorien Lernsituationen im Unterricht beschreiben und erklären 2.1.1 Klassisches Konditionieren= Verhaltensänderung durch Signallernen Beim klassischen Konditionieren werden Verbindungen von bereits vorhandenen, zum Teil angeborenen elementaren Verhaltensweisen mit neuen Reizen aufgebaut. Die klassische Konditionierung setzt den Schwerpunkt auf den Input: Was bewirkt ein Reiz von aussen in Bezug auf die Reaktion des Individuums darauf? Beim klassischen Konditionieren werden KEINE neuen Verhaltensweisen erlernt! (Schwimmen lernen, Velofahren lernen oder Sprachen lernen sind also keine klassischen Konditionierungen.) Das klassische Konditionieren ist reflexhaft, spontan und nicht durch kognitive Entscheidungen geprägt. Mit dem klassischen Konditionieren kann man den Erwerb von emotionalen Reaktionen wie Angst, Freude, Schmerz erklären. Schlüsselbegriffe: Reiz/ Stimulus ein Ereignis, das Verhalten aktiviert. Reaktion Beobachtbare Antwort auf den Reiz. Neutraler Reiz Reiz ohne feste Verbindung mit einer bestimmten Reaktion, löst keine Reaktion aus. (z.B. Lehrperson) Unbedingter (unkonditionierter) Reiz/ Stimulus Reiz löst zuverlässig eine ungelernte, reflexartige (oft emotionale) Reaktion aus. (z.B. rufen, schimpfen) Unbedingte Reaktion/ unkonditionierte Reaktion Natürlich vorkommende (oft emotionale) Reaktion auf einen vorangehenden unbedingten Reiz. (z.B. Angst, zittern) 5 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration Bedingter (konditionierter) Reiz/ Stimulus Ein ursprünglich neutraler Reiz, der nun allein eine Reaktion nach einem Konditionierungsvorgang hervorruft. (z.B. Lehrperson) Bedingte (konditionierte) Reaktion Erlernte Reaktion, welche durch den bedingten (konditionierten) Reiz ausgelöst wird. (z.B. Angst/ zittern) Kontiguität Zeitliche Berührung zweier Reize. Ist Voraussetzung für den Aufbau einer bedingten Reaktion. Reizgeneralisierung Die bedingte (konditionierte) Reaktion wird bei ähnlichen Reizen ebenfalls gezeigt. (z.B. Das Kind hat nun von allen Lehrpersonen Angst.) Reizdifferenzierung Ähnliche Reize können vom Individuum unterschieden werden. (z.B. Das Kind kann zwischen den versch. Lehrpersonen unterscheiden und zeigt nicht bei allen LP ein ängstliches Verhalten.) Löschung/Extinktion Das Verschwinden einer gelernten Reaktion durch den Entzug der die Reaktion auslösenden Reize. Gegenkonditionierung Es soll gegen eine bereits erworbene Reiz-Reaktions-Verbindung angegangen werden. Die Verbindung wird dadurch verlernt. Das Konditionieren von Furchtreaktionen Das Verlernen von Furchtreaktionen durch Gegenkonditionierung 6 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration Weitere Beispiele aus dem Schulalltag: Rituale, Gesten / Kommandos, Pfeifen im Turnen, Einstehen, Üben (Automatisieren), Glockenton, Schulglocke, Ängste, Freuden 2.1.2 Instrumentelles Lernen = operantes Konditionieren Beim operanten Konditionieren liegt das Hauptaugenmerk auf der Handlung (Output) und der darauffolgenden Reaktion (Input) der Umwelt: Wie reagiert die Umwelt auf das Verhalten des Individuums, und was bewirkt die Reaktion der Umwelt in Bezug auf das künftige Verhalten des handelnden Individuums? Das Lernen wird durch Konsequenzen gestärkt oder geschwächt. Schlüsselbegriffe: Verstärkung Erhöht die Intensität und die Häufigkeit des Verhaltens. Bestrafung Führt zu Abschwächung, Verminderung und Unterdrückung von Verhalten. Darbietung einer aversiven Konsequenz oder Wegfall einer belohnenden Konsequenz (Privilegienentzug) 7 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration Positive Verstärkung: - auf das Verhalten folgt ein angenehmes, erwünschtes und belohnendes Ereignis (Konsequenz)= Belohnung (z.B. Hans malt immer wieder ein Bild und zeigt es seiner Mutter. Diese lobt ihn jedes Mal.) (z.B. Hans kauft ein schnittiges Auto und fährt damit ziemlich schnell auf der Autobahn. Seine Raserei filmt er und zeigt den Film seinen Freunden. Er steigt damit in der Achtung seiner Kollegen.) Loben, Aufmerksamkeit, Belohnungen, Anerkennung der LP oder Peers Negative Bestrafung: - Entfällt jedoch der erwartete, angenehme Reiz, wirkt es als Bestrafung. Negative Verstärkung: - belohnende Wirkung kommt dadurch zustande, dass eine unangenehme, aversive Konsequenz wegfällt (Wenn du die Hausaufgaben nicht machst, darfst du auch nicht draussen spielen gehen.) (z.B. Fluchtlernen: Massnahmen, um einer unangenehmen Situation zu entkommen (Medikamente gegen den Schmerz).) (z.B. Vermeidungslernen: der aversive Reiz ist nicht gegenwärtig, er wird vor dessen Auftreten durch bestimmtes Verhalten aktiv umgangen (Kind hat Angst vor Bällen, es meidet deshalb in der Pause von Anfang an den Platz, auf welchem Ballspiele stattfinden).) Ignorieren, Vermeiden, Strafe, Auslachen, Drohungen, Lob bei Nichtauftreten Positive Bestrafung: - unangenehme Konsequenz wird gegeben = Bestrafung positiv und negativ haben in diesem Fall keinerlei wertende Bedeutung: positiv = angenehme oder unangenehme Konsequenz wird gegeben, negativ = angenehme oder unangenehme/aversive Konsequenz fällt weg Verhaltensformung (shaping) Verstärkung kleiner Teilschritte 8 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration Immerverstärkung Verhaltensweise sollte vor allem in der Aneignungsphase immer verstärkt werden. Kontingenz Unmittelbare, zeitlich-räumliche Verknüpfung eines instrumentellen Verhaltens mit seinen Folgen Ignorieren keine Konsequenzen auf eine Verhaltensweise= Löschung des Verhaltens Positive und negative Verhaltenskontrolle: Kombination von Verhaltensaufbau und Verhaltensabbau. Das Lernen von erwünschten Verhaltensweisen wird unterstützt durch den gleichzeitigen Abbau von damit unvereinbaren unerwünschten Verhaltensweisen. Umgekehrt wird das Verlernen von unerwünschten Verhaltensweisen unterstützt durch den gleichzeitigen Aufbau von erwünschten, aber damit nicht vereinbaren Verhaltensweisen. Positive Verstärkung – Löschung (Positive Verhaltenskontrolle) Negative Verstärkung – Bestrafung (negative Verhaltenskontrolle) Die negative Verhaltenskontrolle wird leider häufig in der Schule angewendet und ist oftmals zu Recht mit Angst verbunden. Besser wäre eine positive Verhaltenskontrolle. angenehmer Reiz Reiz Wirkt als Belohnung Geben (angenehmes geben) (positiv) Verhaltensaufbau Positive Verstärkung - Loben bei guten Noten - Bonuspunkte bei Tests Reiz Entfernen (negativ ) Wirkt als negative Bestrafung (angenehmes nehmen) Verhaltenslöschung Indirekte/negative Bestrafung durch Entzug - Arrest - Fernsehentzug - Gehen nicht in Sport, weil Verhalten schlecht war/geblieben ist 9 aversiver Reiz Wirkt als positive Bestrafung (unangenehmes geben) Verhaltenslöschung Direkte/positive Bestrafung durch Reizdarbeitung - Mehrarbeiten - Regeln - Schlechte Noten - Drohungen Wirkt als Belohnung (unangenehmes nehmen) Verhaltensaufbau Negative Verstärkung - Kind hört auf zu weinen, wenn es beachtet wird - Drohungen, die nicht realisiert werden z.B. gehen in Sport, weil Verhalten sich besserte Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration 2.2 Die Studierenden können begründen, weshalb die Prinzipien des klassischen und operanten Konditionierens nicht ausreichen, um Lernprozesse zu erklären. Die kognitiven Vorgänge können nicht alle durch Konditionierung gelernt werden, z.B. wie man rechnet oder liest. Ausserdem werden jegliche anderen Voraussetzungen zum Lernen wie zum Bsp. die Motivation, die persönlichen Interessen, oder andere kognitiven Vorgänge im Gehirn ausser Acht gelassen. 3 Lernen am Modell (Seite 95-119) Grundsätzlich gibt es bei diesem Lernvorgang also ein Modell, das etwas vormacht, und eine andere Person, die das Modell beobachtet und von dessen Verhalten beeinflusst wird. Das Lernen der beobachtenden Person erfolgt dabei nicht durch Verknüpfungen gepaarter Erfahrungen (Konditionierung), sondern durch die kognitive Verarbeitung der beobachteten Ereignisse. ohne Beobachtung anderer --> Lernvermögen wäre unzureichend (viel länger, und viele Fehler) Beispiel Nachmachen des Verhaltens vom Vater durch den Sohn: Durch Beobachtung schlüpft der kleine Junge in die Rolle der Erwachsenen und lernt ihr Verhalten und ihre Empfindungen kennen. Durch das übers Beobachte erworbene Wissen und die darauf bezogene Selbsteinschätzung ist er anschliessend in der Lage, deren Verhalten korrekt und detailgenau wiederzugeben. Dabei muss er die Merkmale der Körpersprache allesamt "im Kopf" haben, nur so kann er sie reproduzieren, ohne aktuell hinzuschauen. 3.1 Albert Bandura begründet die sozial-kognitive Lerntheorie Er brachte in den später 1960er und frühen 1970er Jahre einen radikalen Wandel in die Lernpsychologie. --> Konnte zeigen, dass nicht nur die unmittelbare Erfahrung, sondern auch die Beobachtung anderer das Verhalten und die Ziele von uns Menschen beeinflussen. 10 Zusammenfassung BE 102 Gruppe 1 • Rocky: aggressives Verhalten & nimmt Johnny Spielsachen weg • Johnny: erfolglose Gegenwehr Lernpsychologie Gruppe 2 Jahrgang H14 in Kollaboration Gruppe 3 • Rocky: aggressives Verhalten & nimmt Johnny Spielsachen weg • Johnny: erfolgreiche Gegenwehr • Rocky & Johnny frei von Aggressionen Gruppe 4 • anderer Film, hat nichts mit Experiment zu tun Experiment Rocky und Johnny Danach wurden die Kinder in ein Spielzimmer mit verschiedenen Materialien geführt. Gruppe 1: zeigten deutlich mehr aggressive Handlungen als die Kinder in den anderen Gruppen. Versuchsergebnisse zeigen, dass die Kinder allein durch das Beobachten lernen können. In diesem Fall lernen sie von Modellen, die sich mit aggressiven Verhalten erfolgreich durchsetzten vermochten. Von ihnen geht offenbar ein Anreiz zur Imitation voraus. Dagegen fehlt den Modellen, die sich mit ihrem aggressiven Verhalten nicht durchsetzten konnten, der Anreiz zur Imitation. zentraler Aspekt: Beobachtendes Individuum nimmt in sozialen Situationen Informationen auf, diese verarbeitet und dabei die Kompetenz zur Ausführung von Handlungen erwirbt, ohne das Gelernte sogleich in die Tat umzusetzen. Erst später wird das Gelernte in einer vergleichbaren Situation reaktiviert. Für Bandura stand fest (wie auch für Piaget und Bruner), dass das Lernen nicht allein durch Wenn-dann-Beziehungen zwischen Verhalten und Konsequenzen (bzw. zw. Reiz/Reaktion) erklärt werden kann. Durch Bandura drang die Erkenntnis in die Lerntheorie ein, dass Menschen durch beobachtete Erfahrungen genauso gut lernen können wie durch unmittelbare Erfahrungen. 3.2 Überwindung der behavioristischen Sichtweise durch Bandura behavioristischer Erklärungssatz: setzt bei den Nachbildungsleistungen an besagt für das Lernen am Modell, dass Menschen vieles imitieren, manches davon verstärkt wird und deshalb häufiger auftritt bzw. konditioniert wird. Modell regt Beobachter bloss an, die Konsequenzen dieses Verhaltens wird dann je nach dem verstärkt oder bestraft oder es bleibt unbeachtet. Wird als Form des Instrumentellen Lernens angesehen Stellvertretende Verstärkung (behavioristische Sichtweise von Bandura ergänzt) 11 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie 2. Theorie: Lernen = stellvertretende Verstärkung (früher Bandura) Modellierendes Ereignis Jahrgang H14 in Kollaboration 1. Theorie: Lernen = Verstärkung der Nachbildungsleis tung Beobachter Nachbildungsleistung 3. Theorie: Lernen = selbst gesteuerte, kognitive Verarbeitung von sozial vermittelten Informationen (später Bandura) Verstärkung ist nicht notwendig, aber förderlich --> zentraler Lernvorgang ist, dass der Beobachter in sozialen Situationen Informationen aufnimmt, diese verarbeitet und dabei selbstgesteuert lernt Der Lernvorgang beruht auf einer Innensteuerung und wird nicht mehr auf der Basis der Aussensteuerung erklärt wie beim instrumentellen Lernen oder beim Konzept der stellvertretenden Verstärkung. Merkmale zwischen behavioristischer Sichtweise und sozial-kognitiver Sichtweise Nicht nur unmittelbare Erfahrung, sondern auch durch Beobachtung anderer und deren stellvertretenden Erfahrung kann Verhalten gelernt werden. Die Soziale Vermittlung von Erfahrungen wird in der sozial-kognitiven Lerntheorie stark betont, in der behavioristischen Sichtweise ist sie ohne Bedeutung. Die langsame Formung des Verhaltens durch Verstärkung im instrumentellen Verhalten wird ergänzt durch den schnellen Erwerb von komplexen Verhaltensweisen durch Beobachtungen. Enger zeitlicher Zusammenhalt zwischen Verhalten und Konsequenzen wird durch kognitives verarbeiten gelockert. Menschliches Verhalten ist nicht alleine durch externale Einflüsse gesteuert. Die eigene verantwortliche Rolle wird des lernendes Individuums wird durch die sozialkognitive Sichtweise gestärkt. zwei verschiedene Modellierungseffekte des Beobachtungslernens (nach Bandura) Der modellierende Effekt: Durch die Beobachtung eines Modells wird eine neue Verhaltensweise gelernt, die später in einer analogen Situation abgerufen werden kann. Hemmung / Enthemmung: Durch die Beobachtung eines Modells sinkt/steigt die Hemmschwelle, das beobachtete Verhalten (das man schon kann) in einer ähnlichen Situation zu zeigen. 12 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration 3.3 Konzepterwerb und Nachbilden - zwei Phasen des Lernens am Modell 1: Phase des Konzepterwerbs, in der das Verhalten erlernt wird. Voraussetzungen: Aufmerksamkeit & Aufbau von Wissensrepräsentationen Das Modell muss beobachten, und die beobachteten Verhaltensmuster müssen im Gedächtnis kodiert und gespeichert werden. 2: Phase der Nachbildung, in der das Gelernte reproduziert wird. Voraussetzung: internale Steuerung der Verhaltens & Verstärkungs- und Motivationsprozesse Zwischen diesen Phasen kann eine lange zeitliche Lücke liegen. (Manchmal sogar Jahre) Gründe für ausfallendes Nachbildungsverhalten nach dem Beobachten: Evtl. wurde das Ereignis sensorisch nicht registriert, weil die Aufmerksamkeit fehlte oder die Wahrnehmung gestört war. Evtl. schlug der Aufbau der Wissensrepräsentation fehl, weil die Modellierungsreize für die Gedächtnisrepräsentation nicht angemessen kodiert wurden oder weil die Erinnerung nachliess. Evtl. gibt es motorische Schwächen, welche die Nachbildung behindern. Evtl. hatte die Person keine Lust, das Nachbildungsverhalten auszuführen. Vier Wechselwirkungen 3.3.1 Modellierende Ereignisse Aufmerksamkeitsprozesse: Merkmale: Differenziertheit, affektive Valenz, Komplexität, funktioneller Wert Merkmale des Beobachters: sensorische Fähigkeiten, Niveau der Erregbarkeit, Motivation, Wahrnehmungshaltung, frühere Verstärkung Faktoren, welche bestimmen, welche Modelle genau, und welche nicht beobachtet werden Emotionale Qualität der Beziehung zw. Beobachter und Modell; je intensiver, desto grösser die Wahrscheinlichkeit des Beobachtens Ähnlichkeit zw. Beobachter und Modell; Je ähnlicher, desto wahrscheinlicher findet Lernen am Modell statt. Sozialer Status des Modells: Personen mit einem höheren sozialen Status, mehr Macht usw. wie der Beobachter besitzt, wird eher als Modell angenommen. Ist dem Bobachter bewusst, dass das Modell über Sanktionsmacht verfügt und ihn belohnen oder bestrafen kann, ist die Wahrscheinlichkeit des Lernens am Modell am grössten. Kompetenzen und Sachkenntnis des Modells: hat das Modell aus der Sicht des Beobachters hohe Kompetenzen oder gr. Sachkenntnisse zu, so ist die Wahrscheinlichkeit des L.a.M. am grössten. Sichtbarkeit vs. Differenziertheit des Modells: Modellverhalten, dass gut sichtbar , eindeutig und auffällig ist, wir stärker modelliert. 13 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration Merkmale des Beobachters: Unterschiede im Selbstwertgefühlt & im Abhängigkeitsbedürfnis des Beobachters beeinflussen die Neigung zum L.a.M. hohes Abhängigkeitsbedürfnis & wenig Selbstwertgefühl --> neigen mehr zu L.a.M. als autonome Persönlichkeiten mit starkem Selbstwertgefühl Aufbau von Wissensrepräsentationen (symbolische Kodierung, kognitive Organisation, symbolische Wiederholung, motorische Wiederholung) Modellierende Ereignisse müssen als Wissen gespeichert werden. Erst dann vermögen sie zu einem späteren Zeitpunkt die Umsetzung des Gelernten in die Tat zu steuern. Dazu werden die Beobachtungen in kognitive Schemas umgeformt und im Langzeitgedächtnis gespeichert. --> vor allem sprachliche und bildhafte (oder auch handlungsmässige) Wissensrepräsentationen. sprachliche Repräsentationen: o von grosser Bedeutung o Versuch zeigt, dass die Kinder, die das modellierende Verhalten auch sprachlich kodiert hatten, deutlich bessere Nachbildungsleistungen brachten, als jene, die lediglich genau aufgepasst und das Modellverhalten nur visuell aufgenommen haben. symbolische Repräsentationen: o Beweis: Versuch Gebärdensprache lernen (1. Gr. Bewegungen durch Vorstellungsbilder, 2. gr. Verhalten sprachlich ausdrücken, 3. gr. prägnante Bilder in Gebärdensprache fassen, 4. Gr. Kontrollgruppe): Die summarischen Bezeichnungen und die Vorstellungsbilder erwiesen sich als gleichermassen geeignet, die Nachbildungsleistungen sofort zu reproduzieren. Beide Kodierungsarten waren bei der sofortigen Reproduktion der sprachlichen Kodierung (konkrete Verbalisierung) überlegen. Bei verzögerten Repräsentation zeigte sich, dass die kurzen, prägnanten Bezeichnungen das beste Kodierungssystem für die Gedächtnisrepräsentation ist. Die Versuchspersonen dieser Gruppen behielten deutlich mehr Nachbildungsleistungen als diejenigen, die Vorstellungsbilder oder konkrete Verbalisierungen verwendet hatten. Motorische Reproduktion (Körperliche Fähigkeiten, Verfügbarkeit der Teilreaktionen, Selbstbeobachtung bei den Reproduktionen, Feedback der Genauigkeit) Dabei steuern die erworbenen kognitiven Repräsentationen die Ausführung der Nachbildungsleistung. Diese Steuerung durch die kognitiven Repräsentationen ist quasi eine "innere Anleitung" vergleichbar mit einer "externen" Anleitung durch Instruktion. --> Die früher erworbenen sprachlichen, bildhaften oder handlungsmässigen Repräsentationen leiten also die spätere, praktische Umsetzung des neu gelernten Verhaltens. Versuch Papagos lernen Fragen stellen: Vorher: typisch, in Interaktionen, wenig Fragen zu stellen 14 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration 3 verschiedene Versuchsgruppen: 1. Gr: Film über Frageverhalten 2x, 2. Gr: Film über Frageverhalten 1x, 1x üben des Frageverhaltens wie im Film (jede Frage durch mündliches Lob verstärkt), 3. Gr: Kontrollgruppe, sahen einen anderen Film ohne Bezug --> anschliessendes Üben und Verstärkung hat dieses Verhalten massiv und nachhaltig verbessert. Verstärkungs- und Motivationsprozesse: (externe Verstärkung, stellvertretende Verstärkung, Selbstverstärkung) Verstärkung ist beim L.a.M. zwar keine notwendige, wohl aber eine förderliche Bedingung. Bei dieser letzten Grundfunktion geht es darum, Einfluss zu nehmen, ob der Beobachter das Erlernte auch ausführen wird drohen Sanktionen ( Bestrafung) hemmt das die beobachtende Person, das neu erlernte später auch selbständig auszuführen ( Hemmung der Reproduktion). Die LP beeinflusst mit Verstärkung und Bestrafung nur die Reproduktion des Verhaltens, nicht aber das Lernen selbst – und zwar unabhängig davon, ob die SuS diese direkt oder stellvertretend erfahren. D.h. also, stellvertretende Belohnungen ( Verstärkungen) oder Bestrafungen können das Verhalten ebenso formen und aufrechterhalten wie direkte. Der Lernprozess ist klar vom Reproduktionsprozess zu trennen. Lernprozess = der kognitive Prozess der Kodierung und der Wissenspräsentation Die Reproduktion der Nachbildungsleistungen und die Beobachtung des Modells wird von den Verstärkungs- und Motivationsprozessen reguliert. Dabei gilt folgedes: Erfolg in Sicht: Das Modellverhalten wird dann nachgeahmt, wenn es für den Beobachter sinnvoll und lohnend ist. Erkennen von Konsequenzen: Das, was das Modell an Konsequenzen erfährt, beeinflusst wiederum andere beobachtenden Personen. Für die LP bedeutet das folgendes: Wenn sie einen Schüler für ein erwünschtes Verhalten verstärkt, verstärkt sie dadurch auch alle anderen SuS, die das Modellverhalten gesehen haben. Ein Beispiel: Ein Schüler wird gelobt, weil er seine HA vorbildlich gelöst hat. Hierbei erfährt einerseits der betroffene Schüler die direkte Konsequenz (in diesem Beispiel also das Lob), gleichzeitig erfährt jedoch auch die ganze Klasse die indirekte Konsequenz: wenn ich meine HA mache, erhalte ich Lob. Beeinflussung: Verstärkungs- und Motivationsprozesse beeinflussen die Beobachtung der modellierenden Ereignissen, indem sie selektiv bestimmen, welche Ereignisse beachtet werden. 3.3.2 Nachbildungsleistungen Das Beobachten von Modellverhalten ist also ein sehr wirksames Lernprogramm zur Aneignung neuer Verhaltensweisen. Dessen Wirkung kann zudem weiter gesteigert werden, 15 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration wenn neben der Beobachtung auch noch die konkrete Umsetzung (Reproduktion) und eine positive Rückmeldung (Verstärkung) in das Lernprogramm eingebaut wird. 3.4 Lernen am Modell in Schulsituationen In vielen bewusst gesteuerten Lernprozessen ist Modelllernen wirksam und hilfreich: Musizieren, Turnen, Sprachenlernen, aber auch Problemlöse- und Analysestrategien in Mathematik, Geschichte, etc. können durch lautes Denken von LP modelliert werden. L.a.M. ist in der Schule nicht wegzudenken. Da eine LP aufgrund ihres Expertenwissens und ihrer Sanktionsmacht einen hohen Status hat, in der Regel eine emotional tragfähige Beziehung zu ihren SuS hat und zudem von allen SuS gut beobachtbar ist, dient sie als wichtiges Modell. Ständig wirkt die LP als Modell für: Angemessenes Sozialverhalten Effektive Informationsverarbeitung Angemessenes emotionales Verhalten Planvolles Handeln und Problemlösen Das Beispiel „respektvoller Umgang untereinander“ kann „nur“ durch L.a.M. vermittelt werden: der respektvolle Umgang muss von der LP vorgelebt werden. Der Umgang mit Fehlern beispielsweise ermöglich es der LP, angemessenes Sozialverhalten (wenn jemand einen Fehler macht, lache ich ihn nicht aus), effektive Informationsverarbeitung (Klärung des Sachverhaltes) und angemessenes emotionales Verhalten (Fehler zu machen ist kein Weltuntergang) gleichermassen zu modellieren. Die LP hat schliesslich auch einen Einfluss auf die Leistungen der Schüler: Wie ausdauernd SuS an einer anspruchsvollen Denkaufgabe arbeiten kann eine LP, die als Vorbild angesehen wird, beeinflussen. Kommentiert die LP optimistisch und ausdauernd den Lösungsweg einer solchen anspruchsvollen Denkaufgabe, arbeiten auch die SuS entsprechend ausdauernd und optimistisch (siehe Experiment S.121 von Zimmermann und Rignle). Bandura machte diesbezüglich ebenfalls Experimente: Er konnte beweisen, dass wir unsere Leistungsmassstäbe an Vorbildern bilden. Die Gütemassstäbe, mit denen die SuS ihre eigenen schulischen Leistungen beurteilen, werden durch unsere Vorbildfunktion beeinflusst. D.h. Niedrige Leistungsnormen und pessimistische Erfolgsbeurteilungen bedeuten mittelmässige Leistungen, hohe Leistungsn. Und optimistische Erfolgsb. Bedeuten dagegen überdurchschnittliche Leistungen. Ich leite davon ab, dass wir unsere SuS fordern sollen. Wir als LP sollen den SuS hohe Ziele stecken (hohe Leistungsnormen) und sie motivierend begleiten (optimistische Erfolgsbeurteilungen). 16 Zusammenfassung BE 102 3.5 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration Wichtiges von Bandura aus dem Handout Wichtiges Zitat von Bandura: „Die Bereitstellung von sozialen Modellen ist ein unerlässliches Mittel, um Verhaltensweisen in Situationen zu übermitteln oder zu modifizieren, wo Irrtümer fatale Konsequenzen hätten. Wenn das soziale Lernen nur auf der Basis von Belohnung und Bestrafung erfolgen würde, dann würden die meisten Menschen den Sozialisationsprozess nicht überleben“ (Bandura, 1969). Das „über die Strassen gehen“ beispielsweise kann nur durch L.a.M. erlernt werden -> Lebensgefahr! L.a.M. ist also ein wichtiger Bestandteil des Lernens. Banduras „Rocky-Experiment“ (1965): www.youtube.com/watch?v=ZeEYmzc1rE positiver Ansporn genügt nicht, um Ki zu motivieren, alles nach zu machen! Inwiefern können die Ergebnisse des Experimentes von Bandura auf kindliches Lernen übertragen werden? Die Ki reagieren unterschiedlich. …?? Was beachten Sie als LP beim „Nachahmungslernen“ und was bedeutet für Sie als LP „L.a.M.“? SuS beobachten uns (LP) immer, das müssen wir immer im Hinterkopf haben. D.h. beispielsweise, dass wir unsere eigenen Regeln vorleben sollten. 4 Lernen am Modell – die sozial-kognitive Lerntheorie (Bandura) Die Studierenden können Prozesse des sozial-kognitiven Lernens nach Bandura beschreiben. „Der Mensch lernt durch Beobachtung genauso gut wie durch unmittelbare Erfahrung.“ …beschreibt, unter Berücksichtigung der dabei ablaufenden kognitiven Prozesse, wie Menschen Verhalten durch das Verarbeiten von Beobachtungen anderer Menschen lernen. …unerlässliches Mittel, um Verhaltensweisen in Situationen zu übermitteln oder zu modifizieren, wo Irrtümer fatale Konsequenzen hätten. 4.1 Unterschiede zum Behaviorismus - Beeinflussung des Verhaltens nicht nur durch unmittelbare Erfahrung, sondern auch durch Beobachtung (& somit stellvertretende Erfahrung) - sozialer Aspekt bleibt in der behavioristischen Theorie ungeachtet - Verstärkung ist in der sozial-kognitiven Theorie nicht nötig; komplexe Verhaltensweisen können durch Beobachtung erworben werden, ohne die unmittelbare Umsetzung des beobachteten Verhaltens. - Der zeitliche Zusammenhang von Verhalten und Konsequenz ist gelockert: Zwischen Modellverhalten und Reproduktion des erlernten Verhaltens kann eine zeitliche Lücke liegen. 17 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration - Das Individuum lernt eigenverantwortlich (selbstgesteuerte, kognitive Prozesse laufen ab; Mensch als aktives Wesen) und wird nicht mehr durch externale Einflüsse gesteuert. 4.2 Zwei Phasen des Modelllernens 4.2.1 Phase des Kompetenzerwerbs (Lernen des Verhaltens) Voraussetzungen: Aufmerksamkeit, Aufbau von Wissensrepräsentationen Beobachtung des Modells, Kodierung & Speicherung der Verhaltensmuster Aufmerksamkeitsprozesse: Nicht jedes Beobachten führ zu Lernen. Es ist daher wichtig, dass das Individuum erst einmal auf ein bestimmtes Verhalten aufmerksam wird (zwingend notwendig). Aufmerksam sollen die unterschiedlichen Verhaltensweisen des Modells erkannt und differenziert werden. Die Aufmerksamkeitszuwendung wird ausgelöst, wenn zwischen Modell und Beobachter eine positive Beziehung besteht und/oder das Modell durch hohen sozialen Status auffällt. Je ähnlicher sich Beobachtender und Beobachteter sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Modell Aufmerksamkeit erregt und als Lernmodell akzeptiert wird. Zudem wird die Aufmerksamkeit und somit das Modelllernen von den Merkmalen des Beobachters (bezüglich Selbstwertgefühl und Abhängigkeitsbedürfnis) beeinflusst. Damit Lernen stattfindet ist aber auch die Situation wichtig. Wenn der Beobachter also mit einer Sanktion statt Lob auf ein Verhalten rechnen muss, wird er das Modell nicht nachahmen, auch wenn die Beziehung und die Kompetenz des Modells noch so treffend sind. Aufbau von Wissensrepräsentationen: Das beobachtete Verhalten wird in kognitive Schemata umgeformt (kodiert), d.h. in einer gewissen Weise gespeichert, sodass es zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen und schliesslich auch gezeigt werden kann. Bandura geht davon aus, dass das kognitive Repräsentieren bildhaft oder sprachlich/symbolisch erfolgt und dass die repräsentierten Verhaltensweisen sofort in Form von gut abrufbaren Schemata organisiert werden. Vor allem die sprachliche Repräsentation ist beim Modelllernen äusserst wichtig, da das beobachtete Verhalten in eigenen Worten widergegeben wird, was die spätere Nachbildungsleistung erhöht. 4.2.2 Phase der Nachbildung Gelerntes wird reproduziert Voraussetzungen: internale Steuerung des Verhaltens, Verstärkungs- und Motivationsprozesse Motorische Reproduktion: Die gespeicherte Verhaltensweise wird gemäss den kognitiven Repräsentationen ausgeführt (nachgeahmt). Je nachdem wie genau die Erinnerung ist, kann das nachgeahmte Verhalten dem Verhalten des Modells mehr oder weniger ähneln. Die Umsetzung der Verhaltensweisen wird durch stilles oder offenes Einüben genauer, d.h. wenn das Verhalten nach der Beobachtung noch mit dem Modell eingeübt wird. Wie Wirkung des Modelllernens wird dabei zudem gesteigert, wenn die konkrete Umsetzung (Reproduktion) sowie eine positive Rückmeldung (Verstärkung) in das Lernprogramm eingebaut werden. 18 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration Verstärkungs- und Motivationsprozesse: Ein Individuum wägt stets die Konsequenzen seines Handelns ab. Sind die Konsequenzen motivierend, wird also das Verhalten verstärkt, ist die Wahrscheinlichkeit grösser, dass es das Verhalten zum Vorschein bringt. Ist mit negativen Konsequenzen zu rechnen, wird das Verhalten aber nicht gezeigt. Die Konsequenzen auf das Verhalten können auch bloss beim Modell beobachtet werden, wirken sich aber ebenso auf den Beobachter aus (stellvertretende Belohnung oder Bestrafung). Der Anreiz zur Imitation besteht also dann, wenn sich das Modell mit dem gezeigten Verhalten durchzusetzen vermag und etwas damit erreicht. Bandura findet die Verstärkung des Motivationsprozesses förderlich, aber erachtet es nicht als notwendig für das Lernen und Ausführen. (Unterschied zu Behaviorismus: Verhalten wird ausschliesslich durch Verstärkung erlernt.) Wichtig: Der Lernprozess wird klar von dem Reproduktionsprozess getrennt! Der Lernprozess wird von Verstärkungs- und Motivationsprozessen nicht reguliert, wohl aber die Reproduktion oder Nachbildungsleistung und die Beobachtung des Modells. Zudem wird mit Verstärkung oder Bestrafung lediglich die Reproduktion des Verhaltens, nicht aber das Lernen selbst, beeinflusst. Zwischen den beiden Phasen ist eine längere zeitliche Lücke möglich, die Reproduktion muss also nicht unmittelbar auf die Beobachtung stattfinden, sondern das Gelernte wird in einer späteren, ähnlichen Situation reaktiviert. Die Studierenden können die Relevanz dieser Theorie in Schulsituationen beschreiben. - - - - - Als LP sollte man sich seiner Rolle als potenzielles Modell stets bewusst sein und sich dementsprechend verhalten. Von den SuS kein Verhalten einfordern, das man selbst nicht zeigt. Beim Modelllernen die Handlungen nicht bloss vormachen, sondern die SuS dazu auffordern, ihre Beobachtungen sprachlich zu etikettieren, um sie besser memorieren zu können. Wird ein einzelner Schüler für sein Verhalten belohnt bzw. Bestraft, so wirkt sich dies auf alle Schüler aus, die das Verhalten beobachtet haben. Die Schüler bilden ihre Leistungsmassstäbe an Vorbildern Niedrige Leistungsnormen und pessimistische Erfolgsbeurteilungen bedeuten mittelmässige Leistungen, hohe Leistungsnormen und optimistische Erfolgsbeurteilungen bedeuten dagegen überdurchschnittliche Leistungen. Mit Theorie Lernen fördern. Das Lernen optimieren, indem die LP die beschriebenen Prozesse anregt und unterstützt. Aufmerksamkeit durch Kompetenz wecken, gute evtl. mehrere Beobachtungmöglichkeiten bieten (Vorzeigen / Nachmachen), Motivation durch angenehmes Umfeld fördern,… typische Verhaltensweisen von SuS durch Modell-Lernen angeeignet: bestimmtes Outfit (coole Kappe, Modeschmuck,..) → Modell: Klassenführer / „Warte – luege – lose – laufe“ am Fussgängerstreifen → Modell: Polizist aus der Verkehrserziehung 19 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration 5 Kapitel 6: Konstruktivismus / Begriffsbildung (Escher & Messer S. 150 – 174 (ohne 165-166) LERNZIELE: 8. Begriffsbildung können Prozesse erklären, welche die Begriffsbildung unterstützen. verstehen, dass Begriffsbildung im Kindergarten und in der Primarschule zentral ist und auf vielfältige Art und Weise umgesetzt werden soll. 5.1 Formen des Wissens Deklaratives Wissen (bewusste Denkinhalte) Implizites Wissen (wenig bewusst gemacht u. kann nicht sprachlich gefasst werden) Explizites Wissen (bewusst gemacht u. sprachlich ausgedrückt) Alltagsbegriffe (bsp. Zahlbegriff) Klassifikationsbegriffe (bsp. Subkekt, Prädikat) Erklärungsbegriffe (bsp. Erosion, Oxidation) Prozedurales Wissen (nicht bewusste Handlungen u. Fertigkeiten) Fahrradfahren, Kochen, Logik Planmässiges Handeln oder Operieren (bsp. eine Gleichung lösen) 5.2 Begriffsbildung - - - - zentrales Bildungsziel der Schule Begriffes sind Bausteine des Wissens und Instrumente für das fachbezogene Denken und Erkennen (Analysieren, Erklären) von Phänomenen. Jedes Schulfach hat eine spezifische Begrifflichkeit (Bsp. Mathe -> versch. Zahlenbegriffe und Verfahren, wie Addition, negative Zahlen etc.) Definition von Begriffe in psychologischer Hinsicht: „Begriffe sind kognitive Strukturen oder Bedeutungen über einzelne Aspekte der Wirklichkeit, die mit einem Wort oder Symbol bezeichnet werden.“. Wörter und Zeichen gewinnen an Bedeutung, indem Lernende Elemente oder Aspekte des bezeichneten Sachverhalts unterschieden und die Beziehung zwischen diesen Elementen erkennen. Begriffe lassen sich als Bedeutungsnetze darstellen, welche den Begriffsinhalt repräsentieren -> Je reichhaltiger der Begriffsinhalt, desto kleiner der Begriffsumfang. (Bsp. Begriff Vogle = Vielzahl von Vogelarten, Begriff Raubvogel = betrifft nicht mehr alle Vogelarten) Begriffe haben eine sachliche oder denotative und wertende oder konnotative Bedeutung -> Begriffe mit negativen oder positiven Emotion verbunden. 20 Zusammenfassung BE 102 - 5.2.1 - 5.2.2 - - 5.2.3 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration Unterscheidung von Begriffen in zwei Hauptgruppen: o Eigenschaftsbegriffe o Erklärungsbegriffe Fazit S. 155 Das Verhältnis von Denken und Sprechen Die sprachliche Repräsentation des Wissens hat eine hohe Bedeutung für Lernen und Denken in der Schule. Das anfänglich „laute Sprechen“ wird allmählich zum „inneren Sprechen“ mit dem Lernende über neue Sachverhalte und Fragen nachdenken. Wichtige Form des Wissenserwerbs und des Denkens ist das Reden und Schreiben. -> Wenn wir über einen Sachverhalt sprechen oder schreiben, so verstehen wir die Sache besser und erweitern unser Wissen. SuS sollen deshalb nicht nur neue Wörter lernen, sondern die Bedeutung durch vielfältige Verwendung der Wörter klären und verstehen. Wie neues Wissen erworben wird Moderne Wissenspsychologie: der kognitive Verarbeitungsprozess des Lernenden (Verknüpfung, Strukturieren etc.) rückt beim Wissenserwerb bzw. bei der Begriffsbildung ins Zentrum. Neues Wissen muss mit Hilfe von individuellem Vorwissen und eigenem Wissen in das individuelle Wissenssystem integriert bzw. assimiliert werden => neue subjektive oder differenziertere Bedeutungen entstehen. Wissen wird nie passiv erworben. (Dies ist der Grundgedanke der konstruktivistischen Erkenntnistheorie.) Formen der Begriffsbildung Landwehr (1994) unterscheidet zwischen versch. Formen der Begriffsbildung: Korrektur eines vorhandenen Schemas oder Fehlkonzeptes Wenn neue Info oder Erfahrungen nahelegen, dass eine früher erworbenes Vorstellung unangemessen ist oder zur neuen Info im Wiederspruch steht. Aufbau eines neuen Fachbegriffs Neue Sachbegriffe oder Zusammenhänge werden erkannt und verstanden, die vorher nicht gesehen oder zumindest sprachlich nicht verfügbar waren. Anreicherung oder Differenzierung eines Vorbegriffs Der Lernende differenziert noch ungenaue Vorstellungen eines Sachverhaltens, indem er neue Unterscheidungen trifft und Details bzw. Fälle in das allgemeine Schema integriert. (Bsp. Unterschied zwischen Wärme und Temperatur) Problematisieren oder Bewusstmachen von Alltagskonzepten Handeln und Denken ist auch von unreflektierten und übernommenen Überzeugungen und Vorstellungen beeinflusst, die emotional positiv oder negative besetzt sind. Solche Überzeugungen oder Vorurteile sollen bewusst gemacht und hinterfragt werden -> ist auch eine Form des kognitiven Lernens 21 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration 5.3 Prozessmerkmale kognitiven Lernens aus konstruktivistischer Sicht: Wissenserwerb ist ein aktiver, kumulativer, zielorientierter, oft auf Kooperation beruhender sowie individuell ablaufender und mehrstufiger Prozess des Bedeutungsaufbaues. Erfolgreiches Lernen setzt voraus, dass diesen Prozessmerkmalen Rechnung getragen wird: 1. aktiver Prozess Eigene Auseinandersetzung mit Aufgabenstellungen und Assimilation neuer Inhalte an die bestehende Wissensstruktur. Durch dies wird die aufgenommene Info zu individuellem Wissen. Was Lernende aufnehmen, hängt wesentlich von ihrem Vorwissen und ihrer Lernabsicht ab, welche die Aufnahme des Neuen bestimmen. 2. kumulativer Prozess Bestehende Wissensstrukturen werden aufgebaut und erweitert. Neues Wissen wird auf vielfältige Weise mit dem Vorwissen verknüpft und vernetzt. Dies führt zur Transformation bzw. Neuorganisation des individuellen Wissens und zur Hierarchisierung des Gelernten (Ober- / Unterbegriff). 3. zielorientierter (intentionaler) Prozess Durch individuelle Lernabsicht können neue Erfahrungen und Informationen behalten und zum Bestandteil des eigenen expliziten Wissens werden. 4. individueller (synkritischer) Prozess Zwei Lernende in gleicher Situation gelangen kaum zu identischen Wissensstrukturen oder Bedeutungsnetzen. Vorwissen ist einer der wichtigsten Faktoren für kognitives Lernen. Aufgrund der versch. Lernvoraussetzungen verläuft der Erwerb neune Wissen meist stark individuell. 5. sozialer bzw. kooperativer Prozess Kognitives Lernen beruht meistens auf Interaktionen mit anderen Menschen und in Auseinandersetzung mit sozial-kulturellen Angeboten. Grundgedanke des Konstruktivismus: Austausch mit Personen welche auf einem Gebiet erfahrener sind, führt dazu, dass neue Begriffe und Bedeutungen verinnerlicht und zu persönlichem Wissen werde. Bedeutung für Schule: Durch Anleitung erfahrener Personen können Kinder anspruchsvolle Denkleistungen erbringen als in der spontanen Interaktion mit Gleichaltrigen. 6. situierter Prozess Wissenserwerb findet in der Auseinandersetzung mit möglichst authentischer Aufgabenstellung und Lernsituationen statt. Wissen ist dabei oft mit den Situationen und Beispielen verknüpft, in denen es erworben wurde. Es kann deshalb nicht ohne weiteres auf andere Situationen übertragen werden. Bedeutung für Schule: Lernende bauen ihr Wissen fachgebunden auf und können es in Alltagssituationen oft nur begrenzt nutzen. 7. mehrstufiger Prozess Wissenserwerb erfolgt in versch. Lernstufen des Verstehens, Verarbeitens und Wiedergebens, damit das Wissen nachhaltig verfügbar ist. 22 Zusammenfassung BE 102 Lernpsychologie Jahrgang H14 in Kollaboration Bedeutung für Schule: Ein einmaliges „Aha-Erlebnis“ garantier nicht keinen Wissenserwerb. Ein vollständiger Lernprozess erfordert immer auch eine bewusste Verarbeitung und Speicherung des Verstandenen. ! All diese Bedingungen sind für einen nachhaltigen Wissenserwerb von Bedeutung und bilden die Kriterien für eine erfolgreiche Unterrichtsgestaltung bei der Begriffsbildung im schulischen Unterricht. ! 5.4 Wie man erfolgreich neues Wissen erarbeitet: - - - - Wissen das für die Behandlung einer Aufgabe, für das Begreifen von Phänomenen oder für das Verständnis einer Lösung dient, muss mir der eigenen Erfahrung in konkreten Handlungs- und Problemsituationen verknüpft werden. Wesentlich für die aktive Auseinandersetzung mit neuen Wissensinhalten ist die Lernabsicht des Lernenden. Dies kann durch folgende Fragestellungen gefördert werden: o Worum geht es in diesem Kapitel? Was weiss ich schon darüber? Begriffe mit eigenen Worten umschreiben und Austausch darüber mit anderen Lernenden. Bildhafte Vorstellungen zum Gehörten und Gelesenen machen Erfolgreiches Lernen besteht darauf, dass Lernende Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden –> Reduzieren von Information: o Wichtige Begriffe und Schlüsselsätze unterstreichen o Räumliche Darstellungen (Mindmap, Begriffsnetze, Clusting etc.) o Prozesse in Form von Flussdiagrammen abbilden Verräumlichung von Wissensinhalte zeigt das Wesentliche im Überblick Selbständiges Strukturieren und Verarbeiten ist wichtiger Lernschritt im Prozess des Wissenserwerbes Wiederholen und Abrufen von neuem Wissen fördert das langfristige Behalten von neuem Wissen. FAZIT: „Strategien oder Methoden der Informationsverarbeitung sind wichtige Instrumente des Wissenserwerbes. Diese Lernaktivitäten unterstützen den selbstständigen Wissenserwerb von SuS, bedürfen aber auch der gezielten Einführung und Begleitung. Lernen lernen geschieht am besten in Verbindung mit dem fachlichen Lernen, indem verschiedene Strategien und Lernmethoden an konkreten Inhalten geübt werden.“ 23